Direkt zum Seiteninhalt springen

Das Militär in Tschetschenien: Hindernis auf dem Weg zu einer politischen Lösung

Arbeitspapier 2003/ Nr.02, 15.02.2003, 10 Seiten
9. Der Fall Troschew: Das Militär als Hort des alten Denkens

Die Haltung der Parteigänger Budanows weist auf eine unabweisbare Tatsache hin: Das Militär ist ein Hort alten, unreformierten Denkens. Auch deswegen ginge Putin ein großes Risiko ein, wenn er ernsthaft daran ginge, die Generale an die Kandarre zu nehmen. Er hat zwar im Zusammenhang mit der Ernennung Sergej Iwanows, seines Vertrauten aus dem Geheimdienst, zum Verteidigungsminister im März 2001 von einem Schritt zur »Demilitarisierung des öffentlichen Lebens« gesprochen. Iwanow ist aber in der riesigen Militärbürokratie isoliert; er und andere Zivilisten, die zu diesem Zeitpunkt ins Verteidigungsministerium berufen wurden, konnten sich nicht durchsetzen.

Es kommt zwar auch immer wieder vor, daß Putin Generale und Admirale ablöst, sei es wegen Unfähigkeit oder Insubordination. Das Reservoir an höchsten Offizieren ist allerdings mit mehr als 1 200 Generalen und Admiralen in den Streitkräften schier unerschöpflich, ihre zynische Haltung gegenüber dem Präsidenten und seinem Verteidigungsminister unverhüllt und ihr Selbstbewußtsein trotz des auch von Generalstabschef Anatolij Kwaschnin diagnostizierten »kritischen Zustands« der Streitkräfte ungebrochen. Letztes Beispiel hierfür ist die Weigerung General Troschews, des Oberkommandierenden des nordkaukasischen Militärbezirks, im Dezember 2002, sich seiner Versetzung in den Militärbezirk Sibirien zu fügen, worauf er seines Postens enthoben wurde. Die wirklichkeitsfremde und für die tschetschenische Bevölkerung wie Hohn klingende Begründung seiner Weigerung lautete: »Wenn ich ginge ... würde ich die Militärangehörigen des [Militär-] Bezirks und das tschetschenische Volk verraten, welche glauben, daß eine Anti-Terror-Operation geführt wird, die sich wirklich ihrem Ende nähert.«

© 2003 Stiftung Wissenschaft und Politik