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Von der Rohstoffkonkurrenz zur nachhaltigen Rohstoffaußenpolitik

Politikansätze für deutsche Akteure

SWP-Studie 2022/S 13, 22.12.2022, 45 Seiten

doi:10.18449/2022S13

Forschungsgebiete
  • Die Abhängigkeit deutscher und europäischer Unternehmen von metal­lischen Rohstoffen ist hoch. Perspektivisch wird der Bedarf an diesen Roh­stoffen noch steigen, da sie für die Energie- und die Mobilitäts­wende, die Digitalisierung und andere Zukunftstechnologien gebraucht werden.

  • Die Versorgungssicherheit wird zudem von geopolitischen Entwicklungen beeinflusst. Hierbei ist Chinas zentrale Rolle in Rohstofflieferketten ein Unsicherheitsfaktor.

  • Die Bundesregierung hat sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Diese in komplexen mehrstufigen Lieferketten metallischer Rohstoffe umzusetzen ist schwierig, weil die Umwelt- und Menschenrechtsrisiken in diesen Lieferketten erheblich sind.

  • Die Um- und Durchsetzung von Nachhaltigkeit sollte dennoch nicht dem Ziel Versorgungssicherheit untergeordnet werden. Vielmehr sollte die Bundesregierung eine strategische Rohstoffpolitik verfolgen, die Ansprüche an Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit miteinander verbindet.

  • Dabei muss sie die beiden großen Herausforderungen in der Nachhaltigkeitsgovernance angehen: zum einen die Vielfalt an unterschiedlichen Standards und deren unvollständige Um- und Durchsetzung, zum anderen die fehlende Transparenz sowie vorhandene Machtasymmetrien entlang metallischer Lieferketten.

  • Eine nachhaltige Rohstoffaußenpolitik sollte strategische Diversifizierung anvisieren und dabei internationale Partnerschaften mit Wertepartnern festigen, um so einseitige Abhängigkeiten zu reduzieren. Entscheidende Elemente dieser Politik sind Maßnahmen zur Steigerung von Transparenz und ein regulativer »Smart Mix«.

Inhaltsverzeichnis

1 Problemstellung und Empfehlungen

2 Ausgangslage: Dynamiken in der Versorgungssicherung

2.1 Steigender Bedarf und Import­abhängigkeit

2.2 Geopolitische Dynamiken und strategische Rohstoffpolitik(en)

2.3 Menschenrechts- und Nachhaltigkeits­verpflichtungen

3 Lieferketten metallischer Roh­stoffe: Merkmale, Governance und Schlüsselakteure

3.1 Materialfluss und Strukturmerkmale

3.2 Nachhaltigkeitsrisiken

3.3 Steuerung durch vertikale und horizontale Governance

3.4 Zentrale Akteure

4 Standardsetzung: Regulatorische Heterogenität im Bereich Nachhaltigkeit

4.1 Private Standards und Zertifizierungs­systeme in Lieferketten von Metallen

4.2 Unzureichende Transparenz und Standard­setzung im internationalen Handel

4.3 Erste Regulierungsansätze im Finanz­sektor und bei Investitionen

4.4 Nationalstaatliche Regulierung in Berg­bau und weiterverarbeitender Industrie

5 Herausforderung: Um‑ und Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards

5.1 Schwierigkeiten an den einzelnen Stufen der Lieferkette (horizontale Dimension)

5.2 Schwierigkeiten bei transnationalen Lieferketten (vertikale Dimension)

6 Rohstoffspezifische Lieferketten im Vergleich: Platin und Kupfer

6.1 Strukturelle Unterschiede

6.2 Lead Firms und staatliche Kooperation

6.3 Wichtiges Korrektiv: Zivilgesellschaft und Gewerkschaften

7 Auf dem Weg zu einer nach­haltigen Rohstoffaußenpolitik

7.1 Lieferketten diversifizieren

7.2 Abhängigkeiten von China reduzieren

7.3 Strategische Allianzen aus- und aufbauen

7.4 Europäische und internationale Kooperation intensivieren

7.5 Transparenz schaffen

7.6 Multi-Stakeholder-Prozesse statt Akteurskonkurrenz

7.7 »Smart Mix« statt regulatorischer Heterogenität

8 Fazit

9 Abkürzungsverzeichnis

10 Literaturempfehlungen

Problemstellung und Empfehlungen

Deutsche Unternehmen sind stark abhängig von Im­porten metallischer Rohstoffe, da Deutschland selbst nur eingeschränkt über derartige Vorkommen verfügt und der Bedarf nur teilweise über Recycling gedeckt werden kann. Für den Ausbau der Digitalisierung sowie für die Energie- und Mobilitätswende wird der Metall­bedarf in den nächsten Jahren erheblich an­steigen. So geht die Internationale Energieagentur (IEA) davon aus, dass 2040 weltweit viermal mehr kritische Metalle für Energiewende­technologien be­nötigt werden als heute.

Seit Beginn der Covid‑19-Pandemie haben sich die strukturellen Versorgungsrisiken in Lieferketten er­höht. Darüber hinaus gefährdet der russische Angriffs­krieg gegen die Ukraine nicht nur die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Energierohstoffen, sondern auch mit Metallen, beispielsweise Nickel. Hinzu kommt eine große Unsicherheit mit Blick auf China – einen zentralen Akteur in den Lieferketten vieler kritischer Metalle. Aktuell lässt sich ein zunehmender geopoliti­scher Wettbewerb um den Zugang zu metallischen Rohstoffen beobachten.

Diese Entwicklungen laufen parallel zu wachsenden Anforderungen an Unternehmen, unternehme­rische Sorgfaltspflichten (Due Diligence) einzuhalten und nachhaltigere Geschäftspraktiken einzuführen. In den vergangenen zehn Jahren ist eine Reihe von Initiativen auf den Weg gebracht worden, um nega­tive menschenrechtliche und ökologische Auswirkungen unter­nehmerischen Handelns in globalen Lieferketten zu minimieren. Während zunächst private Standards auf freiwilliger Basis dominierten, zeichnet sich heute eine Mischung aus freiwilligen Standards und verbindlicher Regulierung ab. Multi-Stakeholder-Initiativen, in denen staatliche Akteure, zivil­gesell­schaftliche Organisationen sowie private und staatliche Firmen vertreten sind, spielen bei deren Ent­wicklung eine wichtige Rolle. Die Bundes­regierung hat mit der Verabschiedung des Lieferketten­sorg­falts­pflichtengesetzes (LkSG) im Jahr 2021 den Pfad einer verbindlichen Regulierung beschritten. Auch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben sich darauf geeinigt, ein europäisches Liefer­kettengesetz umzusetzen.

Dennoch besteht aufgrund der geopolitischen Her­ausforderungen das Risiko, dass die langjährigen Be­mü­hungen um Nachhaltigkeit an Unterstützung ver­lieren. Die Schlussfolgerung, Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsziele hinter die Versorgungssicherheit zurückzustellen, greift jedoch zu kurz. Eine Reihe von Studien der letzten Jahre zeigt, dass die Um- und Durchsetzung von Nachhaltigkeits­standards sogar ein wesentliches Element von Versorgungs­sicherheit ist, sind doch Unternehmen und staatliche Akteure da­durch aufgefordert, strategischer vorzugehen und Risi­ken in Lieferketten vorzubeugen. Allerdings be­schränkt die technische wie auch die geopolitische Strukturierung metallischer Lieferketten die Möglichkeiten deutscher Akteure, Nachhaltigkeit in solchen Lieferketten zu beeinflussen, da sie als Abnehmer in der Regel keinen unmittelbaren Einfluss auf die ersten Produktionsschritte wie den Abbau und die Veredelung von Metallen haben.

Die vorliegende Studie geht daher der Frage nach, durch welche Governance­ansätze deutsche Akteure dazu beitragen können, Nachhaltigkeit in metallischen Lieferketten zu verbessern, und wie sie mit diesem Ziel auf andere Akteure und auf die vorgelagerten Stufen der Lieferketten einwirken können. »Nachhaltig­keit« und »nachhaltig« werden dabei im Sinne der Um­setzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen (VN) verstanden.

Grundlage dieser Studie ist die umfassende Analyse der Lieferketten zweier Metalle: Kupfer aus dem Anden­raum und Platin aus dem südlichen Afrika. Somit fokus­siert sie Lieferketten des industriellen Bergbaus und formuliert Politikempfehlungen für diesen Bereich.

Die Studie basiert auf über 130 Interviews und Gesprächen mit Vertretern und Vertreterinnen aus Politik und Verwaltung, der Industrie, der Zivilgesellschaft sowie von Forschungseinrichtungen. Geführt wurden sie 2021 und 2022 im Rahmen des Forschungs­projektes »Transnationale Governance-Ansätze für nachhaltige Rohstofflieferketten im Andenraum und im südlichen Afrika«, das durch das Bundesministe­rium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent­wicklung (BMZ) gefördert wird. Im Mittelpunkt stan­den Gespräche in den Abbau- und Produktionsländern Peru, Chile, Südafrika und Simbabwe, außerdem in der Schweiz und Großbritannien sowie in Deutschland und anderen Ländern der EU.

Der Vergleich der beiden Lieferketten erlaubt eine systematische Analyse und Schlussfolgerungen, die sowohl rohstoffspezifische als auch Kontextfaktoren berücksichtigen. So konnten zwei große Herausforderungen für die Governance metallischer Lieferketten iden­tifiziert werden:

Erstens ist in den letzten Jahren eine Vielzahl von freiwilligen und verpflichtenden Nachhaltig­keits­standards entstanden, die schwer zu überblicken sind und häufig noch unzureichend um- und durchgesetzt werden. Einige dieser Nachhaltigkeits­standards sind durchaus komplementär. Doch gibt es zum Teil Konkurrenzen, unterschiedliche Prio­ritäten und / oder ein unterschiedliches Verständnis von Nachhaltigkeit. Die ungenügende Nachhaltigkeits­governance vor allem des Finanzsektors sowie an den Handelsknotenpunkten für Rohstoffe (Commodity Hubs) führt zu Intransparenz entlang metallischer Lieferketten und begrenzt den regulatorischen Ein­fluss nachgelagerter Akteure.

Zweitens bestehen Machtasymmetrien zwischen den Betei­lig­ten in metal­lischen Lieferketten, die erhebliche Abhängigkeiten von einflussreichen Akteuren bedeuten, was die Gover­nance von Nachhaltigkeit betrifft. Da die Wege jedes Metalls anders verlaufen und sich die Lieferketten von Metal­len sowie die darin involvierten Akteure unterscheiden, ist eine rohstoff- und lieferketten­spezifische Betrachtung nötig. Wenigen Firmen und Staaten inner­halb einer Lieferkette kommt eine wich­tige Rolle bei der Umsetzung von Nachhaltigkeit zu – weil sie Stan­dards setzen und umsetzen können. Im Vergleich dazu haben zivilgesellschaftliche Organisationen und Gewerkschaften geringe Einfluss­möglich­keiten auf die Ausgestaltung der Lieferkettengovernance.

Die fehlende Transparenz in Lieferketten metallischer Rohstoffe erschwert die Identifikation von Macht­asymmetrien. Aufgrund der »Nadelöhre« (Schmelzhütten / Raffinerien und Handel) lassen sich Materialfluss und Lieferbeziehungen schlecht nachverfolgen.

Um eine nachhaltige und effektive Lieferkettengovernance voranzutreiben, muss die Bundesregierung Maßnahmen zur Diversifizierung von Lieferketten er­greifen. Ziel muss sein, zu große Abhängig­keiten von einzelnen Ländern zu verringern – dies gilt insbeson­dere für China. Dabei ist der Ausbau verlässlicher Part­nerschaften mit rohstoffreichen Ländern, die hohe Nach­haltigkeits­standards anvisieren, notwendig. In solchen Arrangements sollten die Bedürf­nisse der Partner beachtet und entsprechende Unter­stützungs­angebote unterbreitet werden. Eine nachhaltige Lie­fer­kettengovernance sollte zudem Trans­parenz und den Abbau von Macht­divergenzen anstreben. Gezielte Maßnahmen – wie die Förderung von Multi-Stake­holder-Prozessen – können dies unterstützen, um so zu einem »Smart Mix« aus freiwilligen und verpflich­ten­den Governanceinstru­menten zu gelangen.

Ausgangslage: Dynamiken in der Versorgungssicherung

Für die Bundesrepublik ist die sichere Versorgung mit metallischen Rohstoffen von wirtschaftlich zent­raler Bedeutung. Der zunehmende globale Bedarf an metallischen Rohstoffen wird die geopolitische Konkurrenz in den kommenden Jahren verschärfen. Zusätzlich steigen die Anforderungen an die nach­haltige Beschaffung von Rohstoffen. Deutsche Unter­nehmen stehen hier jedoch vor einer Herausforderung: Sie haben in der Regel wenig Einfluss auf die ersten Stufen von Lieferketten, weil sie nur unwesentlich am Abbau von Rohstoffen und den ersten Ver­arbeitungsschritten beteiligt sind.

Steigender Bedarf und Import­abhängigkeit

Die Nachfrage der deutschen und der europäischen Wirtschaft nach metallischen Rohstoffen ist bereits jetzt erheblich. Im Jahr 2020 importierte Deutschland Metalle im Wert von 53,35 Milliarden Euro.1 Der Großteil davon stammt aus dem außereuropäischen Ausland.2 Die Nachfrage wird in den nächsten Jahren weiter steigen, da Metalle wichtige Bausteine für die Energie- und die Mobilitätswende sowie die Digitalisierung sind.

Die Internationale Energieagentur (IEA) geht von einer Vervierfachung des Bedarfs an Mineralen für grüne Energietechnologien bis 2040 aus, damit die Ziele des Pariser Klimaabkommens erfüllt werden können. Ein noch schnellerer Übergang, um bis 2050 globale Klimaneutralität zu erreichen, würde im Jahr 2040 sogar sechsmal mehr Minerale erfordern als heute.3 Die Internationale Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA) definiert dabei fünf Metalle als besonders kritisch, um die globale Erwärmung auf durchschnittlich 1,5 °C zu begrenzen: Kupfer, Lithium, Nickel und zwei Seltene Erden – Neodym und Dys­prosium.4 Die EU erstellt seit 2011 ihre eigene Liste für Rohstoffe, die hohen Lieferrisiken unterliegen und zugleich für die Volkswirtschaften relevant sind. Die aktuell vierte Liste kritischer Rohstoffe umfasst dreißig verschiedene Einträge.5

Die Nachfrage nach Metallen in Deutschland (ebenso wie in der EU) kann auf absehbare Zeit nicht durch heimischen Bergbau oder geschlossene Wirt­schaftskreisläufe gedeckt werden, selbst wenn die im Koalitionsvertrag 2021 angekündigte »Nationale Kreis­lauf­wirtschaftsstrategie« zügig umgesetzt wird. Hier­für wären tech­no­logische Fortschritte und der weit­reichende Ausbau der Kreislaufwirtschaft notwendig, die nicht in einem kurzen Zeitraum bewerkstelligt werden können.6

Deutschland ist wegen seiner Industriestruktur besonders abhängig von Importen und hat selbst keinen bedeutsamen Inlandsbergbau im Bereich metallischer Rohstoffe. Vorkommen strategischer Metalle sind nur bedingt vorhanden, legislative und technologische Voraussetzungen für den Abbau kurzfristig nicht gegeben. Auch in anderen EU-Staa­ten spielt der Bergbau bislang keine wesentliche Rolle. Gleiches gilt für weitere Verarbeitungsstufen wie die Raffinadeproduktion.7

Die Importabhängigkeit europäischer Unternehmen liegt bei einigen Metallen bei 100 Prozent.

Deutsche und europäische Unternehmen importieren metallische Rohstoffe mehrheitlich aus anderen Weltregionen, wobei die Importabhängigkeit bei einer ganzen Reihe von Metallen bei zwischen 75 und 100 Prozent liegt.8 Viele der benötigten Primär­roh­stoffe werden in Ländern des Globalen Südens ab­gebaut, dort teilweise verarbeitet und oft auf Um­wegen – in vielen Fällen über China, wo sie weiter­verarbeitet werden – ins europäische Zielland zur Endverarbeitung transportiert.

Geopolitische Dynamiken und strategische Rohstoffpolitik(en)

Bedingt durch vielfältige geopolitische Disruptionen unterlagen Lieferketten von metallischen Rohstoffen in den vergangenen Jahren erheblichen Störungen. Die Covid‑19-Pandemie und die damit verbundenen Produktionsausfälle in unterschiedlichen Regionen verursachten weltweite Versorgungsengpässe. Dies wurde verstärkt durch die chinesische Energiekrise, die beispielsweise 2021 zu einer Magnesiumknappheit auf dem Weltmarkt führte und die auch deutsche Firmen betraf.9 Insgesamt steigt die Sorge, dass China, ein zentraler Akteur in Lieferketten metallischer Roh­stoffe, als Lieferant ausfallen könnte, sei es aufgrund internationaler Verwerfungen wie im Handelskonflikt mit den USA, sei es wegen der anhaltenden Energieknappheit im eigenen Land oder aus anderen innen- oder außenpolitischen Gründen.10

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bringt weitere Verschiebungen auf den globalen Märkten mit sich, weil Russland als wichtiger Exporteur für Metalle wie Nickel und Palladium ein politisches und ökonomisches Risiko geworden ist. Im Jahr 2020 im­portierten deutsche Unternehmen noch Metalle im Wert von 2,8 Milliarden Euro aus der Russischen Föde­ration.11 Seit Kriegsbeginn haben sich viele Unter­nehmen aus Geschäften mit Russland zurückgezogen, wenngleich noch keine verlässlichen Zahlen zur Ent­wicklung im Metallsektor vorliegen. Gleichzeitig sind die enormen Abhän­gigkeiten von China hinsichtlich metallischer Rohstoffe in den Fokus der politischen Aufmerksamkeit geraten (siehe Infokasten zu China, S. 9, und Abbildung 1, S. 10).12

Auf deutscher und europäischer Ebene wurden die Bemühungen zur Rohstoffsicherung seit der Pandemie noch einmal verstärkt, um auf die vielfältigen Herausforderungen für die Versorgungssicherheit zu reagieren.

Chinas Dominanz in metallischen Lieferketten

China ist entlang der Lieferketten vieler kritischer Metalle der dominante Akteur. Die Volksrepublik hat den heimischen Rohstoffabbau in den vergangenen Jahrzehnten massiv geför­dert und damit zahlreiche Vorkommen im eigenen Land erschlossen. Bei 42 Prozent der Bergwerksprodukte (Industrieminerale, Metalle und Kokskohle), die die Deutsche Rohstoff­agentur (DERA) 2021 als Produkte mit sehr hohem Preis- und Versorgungsrisiko bewertet hat, war China größter Produzent weltweit. Bei weiteren knapp 25 Prozent lag das Land auf Platz 2 oder 3.a

Darüber hinaus hat sich die chinesische Regierung einer Going-Global-Strategie verschrieben und vor allem durch die Seidenstraßeninitiative den Einfluss chinesischer Unternehmen in verschiedenen Lieferketten metallischer Rohstoffe ausge­weitet. Durch die Beteiligung chinesischer Unternehmen an allen (!) Stufen dieser Lieferketten hat sich China einen strate­gischen Vorteil im globalen Wettbewerb um Rohstoffe erarbei­tet.b Chinesische Investitionen fließen unmittelbar in den Rohstoffabbau und ausländische Lagerstätten.c Im Zuge dessen hat China zudem gezielt in den Ausbau der Transport­infra­struktur investiert, beispielsweise indem es Häfen oder Schienennetze finanzierte.d

Neben Investitionen in den heimischen und ausländischen Abbau sowie in transnationale Infrastruktur fördert(e) die chi­nesische Regierung in besonderem Maße auch die Schmelz­hütten und die Raffinadeproduktion im eigenen Land. Laut der Daten der DERA war China 2021 mit 93 Prozent der welt­weit größte Produzent von Raffinadeprodukten mit hohem Be­schaffungsrisiko. Diese Abhängigkeit des Weltmarktes zeigt sich auch bei der erweiterten Gruppe der Handelsprodukte mit hohem Risiko, die Halbzeuge miteinschließt. Hier ist China mit 41 Prozent Weltmarktanteil der größte Nettoexporteur.e

Derartige strategische Abhängigkeiten sind – dies zeigt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine – mit hohen Risiken verbunden. Sie schwächen die wirtschaftliche Souveränität Deutschlands und der EU. Die herausragende Rolle Chinas mit Blick auf den Ab­bau, die Verarbeitung und die Herstellung von Endprodukten aus metallischen Rohstoffen, aber auch als Knoten­punkt im internationalen Rohstoffhandel stellt ein Risiko dar, dem Unter­nehmen begegnen müssen und das politisch flan­kiert werden muss.f

a DERA, DERA-Rohstoffliste 2021, Berlin 2021 (DERA Rohstoff­informationen, Nr. 49), S. 5 (online, eingesehen am 8.2.2022).

b Yun Schüler-Zhou u. a., Einblicke in die chinesische Rohstoff­wirtschaft, Berlin: DERA, 2020 (DERA Rohstoffinformationen, Nr. 41), S. 8 (online, eingesehen am 16.12.2020).

c Ebd., S. 52–56.

d Ebd.

e DERA, DERA-Rohstoffliste 2021 [wie a].

f Jane Nakano, The Geopolitics of Critical Minerals Supply Chains. A Report of the CSIS Energy Security and Climate Change Program, Washington, D. C.: Center for Strategic and International Studies (CSIS), März 2021 (online, eingesehen am 21.2.2022).

Die erste Rohstoffstrategie der Bundesregierung stammt aus dem Jahr 2010; eine überarbeitete Ver­sion dieser Strategie mit insgesamt 17 Maßnahmen wurde im Januar 2020 vorgestellt.13 Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in den letzten Monaten Eckpunkte formuliert, die die Rohstoffstrategie der Bundesregierung ergänzen sollen. Diese Maßnahmen lassen sich drei Säulen zuordnen: erstens Recycling und Kreislaufwirtschaft, zweitens Diversifizierung, europäische und inter­nationale Kooperation, drittens Umsetzung von Nach­haltigkeitsstandards, auch in Allianz mit europäischen Partnern.14

Ähnliche Initiativen werden in anderen europäischen Ländern, allen voran Frankreich,15 sowie auf EU-Ebene diskutiert. Die deutsche und die französische Regierung haben bereits gemeinsame Vorschläge für die legislative Ausgestaltung des Europäischen Gesetzes über kritische Rohstoffe (Critical Raw Ma­terials Act) vorgestellt. Einen ersten Legislativentwurf will die EU‑Kommission im Frühjahr 2023 vorlegen.16 Die deutsch-französischen Vorschläge sehen vor, das Krisenmanagement bei kritischen Rohstoffen zu stär­ken und Finanzinstrumente zur Förderung von Pro­jekten sowie einen »fairen und nachhaltigen Markt­rahmen« umzusetzen.17

Abbildung 1

Quelle: Deutsche Rohstoffagentur (DERA), ROSYS – Rohstoffinformationssystem, <https://rosys.dera.bgr.de> (eingesehen am 22.8.2022).

Auch die US-Regierung hat eine Reihe von Maßnahmen zur Diversifizierung der Lieferketten minera­lischer Rohstoffe auf den Weg gebracht.18 Zusätzlich haben die USA im Juni 2022 die länderübergreifende Initiative Minerals Security Partnership (MSP) ange­kündigt. Gemeinsam mit wichtigen Industrie- und Exportnationen, darunter die EU, soll die Versorgungs­sicherheit in Lieferketten zentraler Metalle für die »saubere Energietransition« erhöht werden.19

Alle diese strategischen Initiativen formulieren hohe Anforderungen an Nachhaltigkeit für den Berg­bau und die Weiterverarbeitung mineralischer Roh­stoffe. Sie schließen damit an die vielfältigen Initiativen zur nachhaltigen Gestaltung von Lieferketten an, die in den letzten Jahren ins Leben gerufen worden sind.

Menschenrechts- und Nachhaltigkeits­verpflichtungen

Seit die Vereinten Nationen im Jahr 2011 Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte veröffentlicht haben, ist eine Reihe von Initiativen auf internatio­naler Ebene geschaffen worden. Weithin anerkannt sind inzwischen die Leitsätze der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für multinationale Unternehmen, die Normen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sowie Standards der Internationalen Organisation für Nor­mung (ISO) (siehe Abbildung 2, S. 11).

Auch auf EU-Ebene und in einzelnen Mitgliedstaaten sind im letzten Jahrzehnt Initiativen entstanden, die Nachhaltigkeitsstandards setzen sollen: Gesetze, die allgemeine unternehmerische Sorgfaltspflichten oder die speziell unternehmerische Sorgfaltspflichten

Abbildung 2

für Lieferketten von Mineralen vorschreiben, sind in Planung oder bereits verankert.20 Die EU hat 2017 mit der Verordnung über Konfliktminerale erstmals unter­nehmerische Sorgfaltspflichten für die Lieferket­ten von vier Metallen – Zinn, Tantal, Wolfram und Gold – gesetzlich verfügt.21 Anfang Dezember 2022 bestätigte der Ministerrat der EU-Mitgliedstaaten den Vorschlag der EU-Kommission, ein europäisches Liefer­kettengesetz umzusetzen. Ein solches Gesetz würde alle Lieferketten, also auch diejenigen weiterer Me­talle, betreffen.22 Einige Mitgliedstaaten gehen diesen Weg schon heute durch national verpflichtende Gesetz­gebungen für Lieferketten, zum Beispiel Frankreich und die Niederlande.23

Die Bundesregierung ist ebenfalls aktiv geworden: So bestehen nicht nur internationale Verpflichtungen im Rahmen der SDGs; Deutschland hat auch die VN-Leitprinzipien anerkannt und 2016 den ersten Natio­nalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet. Ein Update des deutschen NAP wird zurzeit erarbeitet. Mit dem Lieferkettensorgfalts­pflichtengesetz (LkSG), das 2023 in Kraft tritt, hat die Bundesrepublik diese Nachhaltigkeitsverpflichtung weiter gefestigt.

Lieferketten metallischer Roh­stoffe: Merkmale, Governance und Schlüsselakteure

Die komplexen Lieferketten metallischer Rohstoffe unterscheiden sich durch ihre jeweils eigene Struk­tur. Viele Akteure in solchen Lieferketten agieren im Unsichtbaren. Dies und die mangelnde Nachverfolgbarkeit des Materials erschweren die Um- und Durch­setzung von menschenrechtlichen und umweltbezo­ge­nen Sorgfaltspflichten. Die Steuerung von Nach­haltigkeit ist jedoch in metallischen Lieferketten be­sonders relevant, da hohe Risiken für Umwelt und Menschenrechte bestehen, vor allem beim Abbau und der Verarbeitung (siehe S. 14ff).

Materialfluss und Strukturmerkmale

Metallische Lieferketten können idealtypisch in vier Stufen unterteilt werden (siehe Abbildung 3, S. 14): Die ersten beiden Stufen beschreiben klassischerweise den Downstream, das heißt die vorgelagerte Lieferkette, die zwei weiteren den Upstream, die nachgelagerte Lieferkette.

Nach der erfolgreichen geologischen Exploration, der Projektentwicklung und ‑entscheidung findet an der ersten Stufe der Abbau von Erzen in Minen statt, entweder im Untertagebau oder überirdisch im Tage­bau. Im industriellen Bergbau ist dies mit einem hohen Einsatz von Kapital und Technologie verbun­den. Im handwerklichen Bergbau (den diese Studie nicht betrachtet) gibt es darüber hinaus weniger for­malisierte Methoden des Abbaus.24 Nach dem Abbau werden die Erze in einem ersten Prozessschritt zu Konzentrat verarbeitet, was in der Regel in Aufbereitungsanlagen in der Nähe der Minen geschieht.

Die zweite Stufe beschreibt die Raffinadeproduktion, wo aus dem Konzentrat die industriell nutzbaren Metalle gewonnen werden (Verhüttung / Raffination). Dies erfolgt, je nach Rohstoff und Region, in der Nähe oder aber in großer Entfernung zur Mine.

Im nächsten Schritt, der dritten Stufe, werden die Metalle industriell weiterverarbeitet. Dabei werden Zwischenprodukte hergestellt, die meisten raffinierten (veredelten) Metalle dabei zu Halbzeugen wie Blechen, Drähten oder Rohren verarbeitet. Diese Halb­zeuge werden danach in verschiedensten Endprodukten verbaut: Sie finden in relativ ein­fachen Produkten der Schmuckindustrie ebenso Anwendung wie in kom­plexen Endprodukten im Maschinen­bau oder in der Elektronik.

Die vierte Stufe stellt das Recycling von Metallen dar: Das Altmetall wird über die Schmelzhütten und Raf­fine­rien dem Kreislauf wieder zugeführt. Diese Stufe steht in der vorliegenden Analyse jedoch nicht im Fokus.

Die Lieferketten von Metallen25 folgen diesem ideal­typischen Verlauf, haben aber individuelle Strukturen (»Binnenorganisation«), die sich auf die Versorgungslage genauso wie auf die Nachhaltigkeitsgovernance auswirken. Diese je eigene Struktur ist stark durch materialspezifische Charakteristika geprägt, etwa die Verteilung geologischer Vorkommen oder die Art und Verwendung des metallischen Rohstoffs.

Ein erstes Strukturmerkmal ist die Zahl der Verarbeitungsschritte in einer Lieferkette. Industriemetalle wie Kupfer und Platin werden in der Regel in sehr vielen Produkten verbaut, was zu einer höheren Komplexität führt als beispielsweise bei Gold, das vor allem als Schmuck oder Investmentprodukt dient. Je mehr

Abbildung 3

industrielle Verarbeitungsschritte und je verschieden­artiger die Anwendung in Endprodukten, desto kom­plexer gestaltet sich die Lieferkette und umso schwie­riger ist es, das Material nachzuverfolgen.

Je komplexer und länger die Liefer­kette, desto schwieriger die Nachverfolgbarkeit des Materials.

Dadurch ergeben sich als zweites Merkmal unterschiedliche Längen von Lieferketten. Rohstofflieferketten erstrecken sich fast immer über mehrere Länder, teilweise auch über Kontinente. Dies vergrößert das Risiko, dass Nachhaltigkeitsstandards nicht einge­halten werden und auch die Versorgungssicherheit nicht (immer) gewährleistet werden kann.

Ein drittes Merkmal ist die Konzentration einzelner Schritte im Produktionsprozess an bestimmten Orten. Dabei muss neben den Ländern, die am jeweiligen Verarbeitungsschritt beteiligt sind, ebenfalls die Zahl der mitwirkenden Unternehmen einbezogen werden.26 Je konzentrierter eine Stufe ist, umso geringer sind die Ausweichmöglichkeiten für Importeure auf andere Länder oder Unternehmen – und desto größer ist die Abhängigkeit.

Zusammengefasst bedeutet das: Je komplexer die Lieferketten und ihre Dynamiken, desto schwieriger ist es, gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Nach­haltigkeit umzusetzen. Blockieren einzelne Akteure in der Kette die Governance von Nachhaltigkeit, können selbst in kürzeren, weniger komplexen Liefer­ketten Risiken entstehen.

Nachhaltigkeitsrisiken

Die Nachhaltigkeitsrisiken in metallischen Liefer­ketten sind vorrangig an der ersten Stufe zu finden, also beim Abbau.

Umweltschäden wirken sich dabei auf das direkte Minenumfeld aus, aber auch überregional.27 Bergbau­aktivitäten stellen einen erheblichen Eingriff in die Umwelt, in Flora und Fauna dar. Die Bewegung gro­ßer Erdmassen, besonders im Tagebau, hat Folgen für die Diversität und Landschaftsstruktur. Luftverschmut­zung durch Emissionen, Staub und Sprengungen sowie die Gefahr, dass sich an Halden saure Grubenwässer bilden, sind weitere Umweltrisiken des indust­riellen Rohstoffabbaus.28 Hinzu kommt, dass beim Bergbau sehr viel Wasser verbraucht wird, zum Bei­spiel bis zu 350 m3 für den Abbau und die Aufbereitung einer Tonne Kupfer.29 Außerdem erfordern der Abbau und die Aufbereitung von Erzen große Mengen Energie. Nicht zuletzt sind die Abraumwirtschaft und die mangelnde Rehabilitierung stillgeleg­ter Minen aus der Nachhaltigkeitsperspektive ein Problem, vor allem wenn Bergbauabfälle nicht ord­nungs­gemäß beseitigt werden.30

In dicht besiedelten Regionen hat der Abbau auch unmittelbare Auswirkungen auf das soziale Umfeld und geht mit Risiken für die Einhaltung von Menschenrechten einher, etwa des Rechts auf Gesundheit und sauberes Wasser. Das heißt, die Lebensgrundlagen ansässiger Gemeinden werden teils massiv beeinträch­tigt. Wenn beispielsweise Lebens- und landwirtschaftlicher Nutzungsraum für den Rohstoffabbau freigegeben wird, kann es zu Konflikten kommen, die nicht selten gewaltsam ausgetragen werden. So sind Streitigkeiten um Landnutzung und gerechte Entschä­digungen ein stets präsentes Thema in Bergbauregionen, etwa in Südafrika.31 Ebenso ist mangelnde lokale Wertschöpfung auf nationaler und kommunaler Ebene ein Streitthema. Gleiches gilt für die Verteilung von Kosten und Nutzen des Bergbaus zwischen Firmen und Arbeitskräften, lokalen Gemeinden und dem Staat.

Darüber hinaus bergen fehlende effektive Beschwerde­mecha­nismen für vom Bergbau betroffene Gemeinden Konfliktpotenzial, desgleichen die unzureichende Um­set­zung von Sozial- und Entwicklungsplänen durch Firmen, zum Beispiel bei der Bereitstellung lokaler Infrastruktur und der Unterbringung der Belegschaft.32 Seit 2012 hat die Nichtregierungsorganisa­tion (NGO) Global Witness weltweit über 145 Kon­flikte rund um den Bergbau und die Weiterverarbeitung dokumentiert, zudem über 280 Morde an Akti­vistinnen und Aktivisten, wobei von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werden muss.33 Die Arbeit im industriellen Rohstoffabbau – insbesondere Untertage – stellt hohe Anforderungen an den Arbeits­schutz und die Arbeitssicherheit, die nicht immer eingehalten werden. Ferner werden in einigen Län­dern zentrale Rechte eingeschränkt, wie das Recht auf Versammlung oder das Recht, eine Gewerkschaft zu gründen.34 In etlichen Ländern erfahren im Bergbausektor tätige Frauen sexualisierte oder sexuelle Ge­walt.35 Laut ILO liegt der Frauenanteil unter den in Minen Beschäftigten bei gerade einmal 10 Prozent. Geschlechtsspezifische Diskriminierung im Arbeitsumfeld ist weit verbreitet.36

Während die Risiken beim Abbau von Rohstoffen mittlerweile wissenschaftlich gut untersucht sind und das Thema gleichfalls auf politischer Ebene viel Auf­merksamkeit erhält, gilt dies nicht in gleichem Maße für Nachhaltigkeitsrisiken an der zweiten Stufe von Lie­fer­­ketten, also solche, die bei der Verhüttung / Raffina­tion oder auch dem Transport von Metallen auftreten. Werden Arbeits- und Umweltstandards nicht einge­hal­ten, geht dies zulasten von Beschäftigten und um­liegenden Gemeinden. Ein Beispiel ist die Raffinerie La Oroya in Peru: Sie soll über Jahrzehnte verantwortlich gewesen sein für die massive Verschmutzung von Boden und Wasser mit Schwermetallen und wurde 2012 geschlossen. Die durch die Verschmutzung ver­ursachten schweren Gesundheitsschäden werden seit Oktober 2021 vor der Inter­amerikanischen Kom­mis­sion für Menschenrechte (IAKMR) verhandelt.37

Die industriellen Prozesse bei der Verarbeitung von Metallen sind energieintensiv, mit Konsequenzen für Umwelt und Klima. Die enormen Energiemengen, die etwa zum Schmelzen und zur Veredelung von Platin- und Kupfererzen benötigt werden, werden bislang überwiegend aus fossilen Energieträgern gewonnen.38 Nach Schätzungen des Umweltprogramms der VN (UNEP) waren der Abbau und die Verarbeitung von Metallen 2011 für circa 18 Prozent des ressourcen­bezogenen Klimawandels verantwortlich.39 Hinzu kommen die langen Transporte über Land- und See­wege, wie bei Kupfer, die einen hohen Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) bedingen.40 Zusätzliche Risiken können durch mangelnde Transparenz über die Arbeitsbedingungen im Transportsektor entstehen.41

Chinas Rolle in metallischen Liefer­ketten muss unter den Gesichts­punkten Menschenrechte und Nach­haltigkeit betrachtet werden.

Wenn Nachhaltigkeit entlang metallischer Lieferketten erreicht werden soll, muss nicht zuletzt die zentrale Rolle Chinas aus einer Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsperspektive betrachtet werden. Immer wieder werden ungenügende Menschenrechts- und Arbeitsstandards in chinesischen Produktionsstätten aufgedeckt. Ein Bericht der Hohen Kommissarin der VN für Menschenrechte hat jüngst die schweren Menschenrechtsverletzungen gegen die Bevölkerungs­gruppe der Uiguren aufgearbeitet.42 Für Externe – insbesondere auch für die Wissenschaft – ist wegen der restriktiven Gesetzgebung in China und der ein­geschränkten Presse- und Meinungsfreiheit nicht nachvollziehbar, in welchem Umfeld Bergbau statt­findet, wie metallverarbeitende Firmen agieren und inwiefern diese an den alarmierenden Zuständen beteiligt sind.43 Dennoch kommen immer wieder Menschenrechtsverbrechen in chinesischen Produk­tionsstätten ans Licht, auch dort, wo deutsche Unter­nehmen produzieren lassen.44

Steuerung durch vertikale und horizontale Governance

Deutsche Firmen sind überwiegend ab der industriellen Verarbeitung (Stufe 3) an Lieferketten von Metal­len beteiligt. Somit stellt sich die Frage, welche Instru­mente der Lieferkettengovernance ihnen zur Verfü­gung stehen, mit denen sie auch die ersten beiden Stufen beeinflussen können. Der Begriff »Lieferketten­governance« wird verstanden als die Gesamtheit der mit- und nebeneinander bestehenden Formen der kollektiven Regelung von Sachverhalten in globalen Lieferketten, unter anderem durch verbindliche Ge­setze, freiwillige Standards, Normen, Initiativen und Institu­tionen.45 Ein solches Verständnis von Governance geht über das Instrument von Lieferketten­gesetzen hinaus und umfasst weitere Steuerungsmöglichkeiten an verschiedenen Stufen von Lieferketten – sowohl in ihrer vertikalen als auch in ihrer hori­zon­talen Dimension (siehe Abbildung 4, S. 17).

Abbildung 4

Die vertikale Dimension umfasst die transnational verbundenen Stufen von Lieferketten und folgt somit dem Fluss der Materialien über Grenzen hinweg. Der analytische Fokus liegt dabei auf den Akteuren und Standards, die die verschiedenen Stufen einer Liefer­kette miteinander verknüpfen. Ansatzpunkte für die Steuerung von Nachhaltigkeit auf vertikaler Ebene sind nationalstaatliche Instrumente, die entlang der Lieferkette greifen – also eine extraterritoriale Wir­kung haben. Hierunter fallen das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-Verord­nung über Konfliktminerale ebenso wie damit ver­bundene flankierende Maßnahmen. Darüber hinaus steuern private Standards das Akteursverhalten, wie beispielsweise The Copper Mark, ein Zertifizierungs­system im Kupferbereich, das sich auf die gesamte Lieferkette bezieht.

Die horizontale Dimension legt den Fokus auf die einzelnen Stufen und die geografischen Orte inner­halb einer Lieferkette. Hier spielen Macht­konstel­la­tionen und Interessen der jeweiligen Akteure, lokale Governancestrukturen und politische Einflussfaktoren eine bedeutsame Rolle. Ansatzpunkte für die Bundesregierung existieren hier im Rahmen außen- und entwicklungs­politischer Instrumente sowie der Außen­wirtschaftsförderung.

An einigen Stellen überlappen sich horizontale und vertikale Instrumente zur Steuerung von Nach­haltigkeit, etwa wenn dieselben Akteure auf beiden Ebenen interagieren, durch simultan geltende Stan­dards entlang der gesamten Lieferkette und an den einzelnen Stufen oder auch durch vorhandene inter­nationale Standards wie die VN-Leitprinzipien.

Zentrale Akteure

Die Nachhaltigkeitsgovernance von Lieferketten, also die Entwicklung und Umsetzung von Standards, wird an verschiedenen Stellen gesteuert.46 Es ist wichtig, diejenigen Akteure und ihre Netzwerke in metallischen Lieferketten zu identifizieren, die gezielt Ein­fluss auf die Governance von Nachhaltigkeit nehmen können.

Grundsätzlich lassen sich folgende sechs Akteursgruppen unterscheiden: erstens die Vereinten Natio­nen sowie andere internationale Organisationen, die zunehmend an der Setzung von Standards für nach­haltige Lieferketten beteiligt sind; zweitens Staaten, innerhalb derer eine oder mehrere Stufen einer Liefer­kette verortet sind; drittens Unternehmen, die sowohl auf nationaler als auch transnationaler Ebene agie­ren. Hierbei sind bestimmte Unternehmen besonders relevant: Bergbaukonzerne (staatlich oder privat), trans­nationale Händler und Börsen, schließlich sol­che aus dem Finanzsektor. Hinzu treten viertens Zertifizierungsunternehmen und Initiativen, die Stan­dards entwickeln bzw. auditieren; fünftens Arbeiterinnen und Arbeiter, die in Abbau und Verarbeitung tätig oder von dessen Folgen betroffen sind, lokale Gemeinden und ihre zivilgesellschaftlichen Vertretun­gen sowie sechstens die (End-)Verbraucher und ‑Ver­braucherinnen. Der Einfluss dieser Akteure bzw. Akteursgruppen variiert erheblich:

Die zweifellos wichtigsten Akteure in Lieferketten sind Unternehmen und Staaten. Unternehmen organisieren den Materialfluss und prägen die Organisation einer Lieferkette in entscheidender Weise. Außerdem können sie durch eigene Standards und Initiativen (z. B. zur Reduktion von CO2-Emissionen) die Ausge­stal­tung von Nachhal­tigkeit (mit)bestimmen. Staaten wie­derum schaffen Rahmenbedingungen für den Abbau, die Verarbeitung und den Handel von Metallen in ihrem Einfluss­bereich und setzen konkrete Rahmenbedingungen für Unternehmen entlang der Lieferkette. Besonders wirkungsreich sind Unternehmen (Lead Firms) und Länder, die Schlüsselpositionen in der Lie­fer­kette innehaben, etwa weil sie sehr hohe Bergbau- und / oder Raffinadekapazität eines kritischen Metalls besitzen; sie können die Nachhaltigkeitsgovernance an den einzelnen Stufen der Lieferkette sehr gezielt beeinflussen. Durch ihre zentrale Stellung können sie zudem Nachhaltigkeit entlang der Lieferkette beför­dern (siehe S. 33ff). Sie sind bedeutsame Partner für deutsche Akteure, wenn diese die Nachhaltigkeit an vorgelagerten Stufen der Kette erhöhen wollen.

Daneben besetzen einige Akteure insofern Schlüssel­positionen in Lieferketten, als sie als »Nadelöhre« für die Transparenz (siehe Infokasten zu Transparenz, S. 27) bzw. als »Bindeglieder« zwischen unterschiedlichen Stu­fen und geografischen Orten fungieren. Damit sind auch sie für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsinstru­menten entlang ganzer Lieferketten entscheidend.

Ein erstes Nadelöhr sind Schmelzhütten und Raffinerien. Sie verarbeiten häufig Erze aus unterschiedlichen Minen und können deshalb durch Offenlegung ihrer Bezugsquellen die Transparenz in metallischen Liefer­ketten aktiv fördern, diese umgekehrt aber ebenso behindern.47 Da die zweite Stufe der Lieferketten vieler unentbehrlicher Metalle in China angesiedelt ist bzw. ganz allgemein die Standardsetzung an dieser Stufe nicht ausreicht, sind die betroffenen Lieferketten meist sehr intransparent. Ein zweites Nadelöhr sind Rohstoffhändler und Metallbörsen. Sie geben Informationen aus der vorgelagerten Lieferkette an nachgelagerte Akteure weiter. Überdies haben Händler und Börsen die Möglichkeit, eigene Nachhaltigkeitsstandards zu setzen, was sie bislang jedoch nur in sehr geringem Maße tun.48

Der Transport muss als wichtiges Bindeglied in Liefer­ketten deutlicher wahrgenommen werden. Unternehmen organisieren die Bewegung von Rohstoffen und Produkten innerhalb von Ländern und über Län­der­grenzen hinweg – verbunden mit hohen Umwelt­auswirkungen und Menschenrechtsrisiken sowie zahl­reichen weiteren Gefahren, die zu Unterbrechungen von Lieferketten führen können. Ein anderes Binde­glied sind Finanzakteure, weil sie Materialflüsse und Projekte entlang kapitalintensiver Rohstofflieferketten oft erst ermöglichen und daran klare Vorgaben knüp­fen können.49 Auch hier sind die Potenziale, Nachhal­tig­keitsstandards zu setzen, noch nicht ausgeschöpft.

Standardsetzung: Regulatorische Heterogenität im Bereich Nachhaltigkeit

Die Governance von Nachhaltigkeit in Rohstofflieferketten schließt unterschiedliche Instrumente und Regulierungen ein. Dabei kommen freiwillige ebenso wie verbindliche Maßnahmen zur Steuerung von Nach­haltigkeit zum Einsatz. Diese werden von priva­ten und staatlichen Akteuren entwickelt und / oder etabliert.50

Private Standards und Zertifizierungs­systeme in Lieferketten von Metallen

Viele an metallischen Lieferketten beteiligte Firmen haben Instrumente in ihre Geschäftstätigkeit inte­g­riert, um sich gegenüber Nachhaltigkeitsrisiken ab­zusichern und ihren unternehmerischen Pflichten nachzukommen. Dabei nutzen sie sowohl interne Maßnahmen als auch externe Zertifizierungssysteme. Dies trifft auf große Bergbau- und Weiterverarbeitungs­firmen in der vorgelagerten Lieferkette genauso zu wie auf Abnehmer von Rohstoffen und Vorprodukten in der nachgelagerten Lieferkette. Diese Entwicklung ist ein Ergebnis des wachsenden öffentlichen Drucks, spiegelt aber ebenso steigende Anforderungen durch gesetzliche Vorgaben wider (siehe S. 11f).

Bisher orientieren sich viele Unter­nehmen lediglich an der Einhaltung gesetzlicher Mindeststandards.

Fester Bestandteil des Geschäfts von (großen) Unter­nehmen ist es mittlerweile, ihre Nachhaltigkeits­ansprüche und -strategien gegenüber Investoren und der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Dabei ist im Rohstoffsektor auffällig, dass der Schwerpunkt bis­lang auf klimabezogenen Themen liegt, beispielsweise indem CO2-Emissionen offengelegt werden. Es wird nicht in gleichem Maße auf die soziale Dimension von Nachhaltigkeit und die entsprechenden unterneh­merischen Sorgfaltspflichten eingegangen. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen, im Bergbau wie auch in der nachgelagerten Lieferkette, nach wie vor einem stark complianceorientierten Ansatz folgen, der sich lediglich an der Einhaltung gesetzlicher Min­destanforderungen ausrichtet. Indes sind umfassende (Risiko-)Analysen, die klar darüber hinausgehen und gleichermaßen Umwelt- und Menschenrechtsrisiken beachten, nötig. Zudem sollten unternehmerische Stra­tegien den Fokus nicht allein auf Risiken legen. Lang­fristige Entwicklungspotenziale sollten identifiziert und die dafür notwendige Zusammenarbeit mit Zu­lieferern und lokalen Akteuren im Unternehmens­umfeld gestärkt werden, um dauerhafte und nachhal­tige Verbesserungen in den Lieferketten von Metallen anzustoßen.

Unternehmen auf der Abnehmerseite geben Anfor­derungen an ihre internationalen Geschäftspartner entlang der Lieferkette weiter, indem sie einerseits verschiedene firmeninterne Maßnahmen nutzen: Etliche Unternehmen verpflichten ihre Zulieferer zum Bei­spiel vertraglich dazu, Umwelt- und Menschenrechte einzuhalten sowie Risikoanalysen und Audits durch­zuführen bzw. durchführen zu lassen, oder erheben mithilfe von Fragebögen nachhaltigkeitsbezogene Informationen. Gerade große Abnehmerfirmen ar­beiten darüber hinaus im Rahmen von Aktivitäten der Corporate Social Responsibility (CSR) oder von Capacity-Building-Maßnahmen zum Teil eng mit ihren Zulieferern zusammen.51

Unternehmen in der vorgelagerten Lieferkette, also auf der ersten und zweiten Stufe, bekommen die stei­genden Anforderungen zu spüren und müssen reagie­ren. Wenn sie ihrerseits interne Maßnahmen beschlie­ßen und nach außen kommunizieren, orientieren sie sich deutlich an den Vorgaben ihrer jeweiligen Mut­ter­gesellschaften sowie an denen ihrer Abnehmerfirmen.52 Aber auch lokale und internationale In­dust­riever­bände, wie der International Council on Mining and Metals (ICMM), haben starke Strahlkraft auf die Stan­dardsetzung im Bergbau.

Andererseits greifen Firmen entlang der Lieferkette zunehmend auch auf externe private Standard- und Zerti­fizierungssysteme zurück, um ihrem eigenen Anspruch an Nachhaltigkeit bzw. um externen Anforderungen gerecht zu werden. In metallischen Lieferketten hat sich eine Reihe von problem- oder sektorspezifischen priva­ten Standards etabliert, deren Zielgruppe, Verbind­lichkeit, Umfang und Reichweite erheblich variieren. Es handelt sich dabei zum Großteil um freiwillige Ini­tiativen, die unterschiedliche Vorgaben zur Bericht­erstattung von Unternehmen, zur Überprüfung, ob die Standards eingehalten werden (Auditprozesse), oder auch zur Nachverfolgbarkeit von Rohstoffen machen.53 Die Vielzahl an freiwilligen Standards mit ihren unterschiedlichen Regularien erschwert die Vergleichbarkeit und bereitet Unternehmen entlang der Lieferkette Schwierigkeiten, einen für sie passen­den Standard auszuwählen und umzusetzen (siehe S. 27f).

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass solche privaten Standards und Zertifikate für Rohstofflieferketten etabliert werden. Jedoch müssen folgende drei Aspekte beachtet werden: Erstens sind viele relevante private Standards und Zertifikate durch Industrieakteure ge­prägt und damit Ausdruck von Partikularinteressen. Damit sehen sich diese Akteure oft mit Legitimationsfragen seitens betroffener Gemeinden und der Zivil­gesellschaft konfrontiert.54 Multi-Stakeholder-Initiativen wie die Initiative for Responsible Mining Assurance (IRMA), die sich mit verschiedenen Akteuren aus Poli­tik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft für einen verant­wortungsvollen Bergbau einsetzt, gewinnen an Rele­vanz und können ein Korrektiv sein.

Zweitens gibt es für die meisten privaten Standards keine einheitlichen Richtlinien in puncto Umsetzung und Veröffentlichungspflicht. Gerade die Standards von Industrieakteuren, wie beispielsweise dem ICMM, set­zen stark auf Agendasetting oder die Aushandlung von Richtlinien für Firmen, aber weniger nachdrücklich auf die Durchsetzung und das Monitoring dieser Standards.55

Drittens beziehen sich nur wenige der verfügbaren privaten Standards oder Zertifikate auf die gesamte Liefer­kette. Wenn sie existieren, sind sie selten rohstoffspezi­fisch. Dies führt dazu, dass (rohstoff)spezifische Pro­duktions- und Kontextbedingungen nicht integriert sind, es fehlt also an regulatorischer Tiefe. Zudem gibt es kaum Standards, die die industrielle Weiterverarbeitung umfassen; auch risikobehaftete Bindeglieder der Lieferkette, wie der Transport, werden unzurei­chend beachtet.56 Zwar wäre eine (tiefgehende) Zerti­fizierung gesamter Lieferketten ein umfangreiches Unterfangen, doch böte sie eine Möglichkeit, das Prob­lem fehlender Transparenz (siehe S. 27f) entlang transnationaler Lieferketten anzugehen, und wäre insofern erstrebenswert.

Unzureichende Transparenz und Standard­setzung im internationalen Handel

Im Gegensatz zu Firmen im Abbau und der Weiterverarbeitung kommt Metallhändlern und ‑börsen, oft ein wichtiges Nadelöhr in den Lieferketten, und dem Finanzsektor deutlich weniger Aufmerksamkeit bei der gesetzlichen Regulierung zu. Ihre Einbindung ist jedoch unabdingbar, will man die Transparenz erhö­hen und lieferkettenübergreifende Standards wie das LkSG umsetzen.

Die Struktur des Rohstoffhandels erschwert es, Nachhaltigkeits­standards systematisch einzuführen.

Die Setzung von Nachhaltigkeitsstandards im Handel mit Rohstoffen ist eine besondere Herausforderung: Der Handel ist meistens rohstoffspezifisch, auf Akteursebene schwer zu fassen und dezentral organisiert. Innerhalb Europas sind die Schweiz und Großbritannien (London) die entscheidenden Orte für den Metallhandel, beides keine EU-Mitglieder. Gesetz­liche Vorgaben fehlen dort bislang – Nachhaltigkeits­initiativen der Unternehmen sind vor allem freiwillig.

Die Schweiz ist weltweit einer der größten Handelsplätze für Metalle und beheimatet zahlreiche bedeu­tende transnational agierende Rohstoffhändler, zum Beispiel Trafigura oder Glencore. Über verschiedene Handelsinstrumente, unter anderem Vorfinanzie­rungen der Rohstoffproduktion, haben diese Einfluss auf produzierende Länder, auf Preise und Verfügbar­keiten.57 Die Schweiz hat in den letzten Jahren einige Prozesse für mehr Transparenz und Unternehmens­verantwortung angestoßen. So ist das Land aktives Mitglied in internationalen Gremien wie der OECD und der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI), einer internationalen Initiative mit Fokus auf Good Governance und Transparenz im Rohstoffsek­tor. Außerdem hat die Schweiz einen Leitfaden für die Umsetzung der VN-Leitprinzipien initiiert, der sich an die Unternehmen des Handelssektors richtet.58 Im Januar 2021 schließlich ist das Schweizerische Obli­gationenrecht geändert worden: Es sieht nun vor, dass Rohstoffunternehmen Beträge von 100.000 Schweizer Franken (ca. 102.000 Euro) oder mehr, die sie an öffent­liche Verwaltungen weltweit zahlen, offenlegen müs­sen. Die gesetzlichen Anforderungen an Unterneh­men bleiben insgesamt aber gering. Ende 2020 ist die Konzernverantwortungsinitiative gescheitert, die eine Art schweizerisches LkSG erreichen wollte.59

Großbritannien gilt aufgrund der London Metal Ex­change (LME), wo ein bedeutender Teil des weltweiten Metallhandels stattfindet, als der europäische Com­modity Hub. Erst im Jahr 2019 hat die Börse Nachhaltig­keitsrichtlinien veröffentlicht, die sich an den OECD-Leitsätzen orientieren. Sie sollen Ende 2023 für alle Marktteilnehmer verpflichtend gelten und können bei Nichterfüllung den Ausschluss vom Handel zur Folge haben. Zudem wurde 2021 ein sogenannter LMEpass­port eingeführt, mit dem Produzenten Informationen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zur Verfügung stellen können, allerdings auf freiwilliger Basis.60 Die Hauptkritikpunkte gegenüber der LME lauten: Die Instrumente seien zum Teil unverbindlich, bei Verstö­ßen werde nicht konsequent vorgegangen, sie würde keinen Einblick in Beschwerden aus ihren Lieferketten gewähren.61

Daneben existieren einige außerbörsliche Handels­plätze, wie der London Platinum and Palladium Market (LPPM). Dort wurde bereits 2020 ein Responsible-Sourc­ing-Standard für alle Raffinerien verpflichtend einge­führt. Dieser ist zwar mit Blick auf seinen Umfang noch ausbaufähig, aber dennoch ein wichtiger Schritt, weil er auf Drittparteien-Audits (third party audits) basiert, also einer Prüfung durch unabhängige Ak­teure. Im Frühjahr 2022 hat der LPPM über diesen Sourcing-Standard beispielsweise zügig erwirkt, dass russische Raffinerien ausgeschlossen wurden.62

Die großen marktführenden Unternehmen und Händler bemühen sich zunehmend darum, ESG-Standards63 in ihrer Geschäftspraxis zu etablieren, was sowohl gestiegenen Erwartungen seitens der Kundinnen und Kunden als auch zum Teil massivem Druck durch NGOs geschuldet ist.64 Der regulatorische Zugriff auf transnationale Lieferketten und ihre Händler durch die Bundesregierung bleibt jedoch indirekt. Ganz übersehen werden nach wie vor die vielen kleineren, oft in der Schweiz ansässigen Händler. Sie fokussieren sich zum Großteil auf den Einkauf möglichst günsti­ger Ware auf digitalen Plattformen und sind von Lieferkettengesetzen bislang nur indirekt betroffen.65

Erste Regulierungsansätze im Finanz­sektor und bei Investitionen

Der Finanzsektor und Investitionen entlang von Rohstofflieferketten geraten erst allmählich in den Blick von Gesetzgebern, obwohl ihr Einfluss auf die Setzung von Nachhaltigkeitsstandards erheblich ist. So wird zum Beispiel die Hälfte aller Projekte im Bergbau von ausländischen Investoren finanziert.66 Dabei kommt privaten und teilweise auch öffent­lichen Banken über das Mittel der Kreditvergabe und andere Absicherungsinstrumente eine besondere Rolle zu. Denn oft sind sie es, die die Aktivitäten trans­nationaler Händler sowie Großinvestitionen in Pro­jekte entlang der Lieferkette erst ermöglichen.67

Erste Veränderungen in der Vergabe von Finanzierungen zeichnen sich im Bereich des Umwelt- und Klimaschutzes ab, etwa indem Initiativen wie die Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) gegründet wurden.68 Des Weiteren machen private Finanzakteure in ihren Vertragsbedingungen immer öfter ESG-gebundene Vorgaben für die Umset­zung wirtschaftlicher Aktivitäten von Unternehmen. Geldgeber sehen darin eine Möglichkeit, die Risiken zu minimieren, denen ihre Investitionen ausgesetzt sind.

Ähnliche Entwicklungen sind auch im öffentlichen Finanzsektor bzw. dessen Garantien zu beobachten. In Deutschland werden aktuell die Kriterien für Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sowie für Ungebundene Finanzkredite (UFK-Garantien) über­arbeitet. Die International Finance Corporation (IFC), die Weltbank und andere multilaterale Entwicklungs­banken haben ebenfalls Kriterien erstellt, die Projekte erfüllen müssen, um eine Finanzierung zu bekommen.

Dass die Aktivitäten des Finanzsektors und anderer privater Investoren strikteren Nachhaltigkeitsstandards unterliegen und diese auch eingehalten werden, wird insbesondere durch gestiegene Forderungen der Anleger und eine verbindliche Gesetzgebung vorangetrieben.69 So sollte dem Entwurf der EU-Kommission zu­folge das EU-Lieferkettengesetz den Finanzsektor mit­einschließen.70 Dieser Vorschlag steht mittlerweile aber wieder zur Debatte, da sich einige EU-Mitglied­staaten dagegen aussprechen.71 Problematisch auf der Umsetzungsseite sind zudem fehlende Überprüfungs­mechanismen durch unabhängige Dritte, die vor allem auch international agierende Finanzakteure umfassen.72

Nationalstaatliche Regulierung in Berg­bau und weiterverarbeitender Industrie

Die verbindliche Regulierung von Sorgfaltspflichten entlang von Liefer­ketten, wie das LkSG, sowie private Standards und Zertifikate für Unternehmen treffen in der horizontalen Dimension auf lokale Gover­nance­strukturen. Hier ist ausschlaggebend, dass in Abbau- und Verarbeitungs­ländern (Stufen 1 und 2) verpflich­tende Standards existieren oder geschaffen werden, die den gesetzlichen Rahmen für Arbeits- und Sozial­rechte sowie Umweltstandards bilden.

Einige Länder, in denen metallische Rohstoffe ab­gebaut werden, haben eine umfangreiche Gesetzgebung geschaffen, die den Bergbau- und den Verarbeitungs­sektor reguliert. Diese orientiert sich oft an internatio­naler Rahmengesetzgebung, etwa an Normen der ILO oder an der VN-Menschenrechtscharta. So hat Süd­afrika hohe Stan­dards bei Umwelt- und Sozialrechten gesetzt, auch spezifisch für den Bergbausektor, wenn­gleich weiterhin regulatorische Lücken und Rechtsunsicherheiten zum Beispiel im Hinblick auf Land­rechte bestehen. Chile ist als OECD-Mitglied nicht nur an deren Leitsätze gebunden, sondern hat überdies zahlreiche Gesetze erlassen, die eine Basis dafür bilden, dass Nachhaltigkeit und unternehmerische Sorgfaltspflichten implementiert werden. In beiden Ländern liegt die zentrale Herausforderung bei der Nach­haltigkeitsgovernance in der Umsetzung (siehe S. 25ff).

Einen Konfliktpunkt stellen in diesen beiden Abbau­ländern die Mitbestimmungsrechte von Berg­bau­gemeinden und der Zivilgesellschaft dar. So wird in Südafrika kritisiert, dass die Rechte betroffener Ge­meinden bezüglich der Lizenzvergabe für Bergbauprojekte nur unzureichend legislativ verankert sind. Außerdem sind keine staatlichen Beschwerde- oder Schlichtungsstellen vorgesehen.73 Einige Länder Latein­amerikas, darunter Peru, haben hingegen staat­liche Ombudsstellen eingerichtet, die die Rechte der betroffenen Gemeinden schützen und im Konfliktfall vermitteln sollen. Auch hier ist eher die Umsetzung ein Problem, da die Institutionen oft als parteiisch angesehen werden bzw. fehlende Sanktionsmechanis­men ihre Durchsetzungs­fähigkeit einschränken.74

In Ländern mit schwacher Regierungs­führung bzw. autoritären Strukturen ist es besonders schwierig, Nachhaltigkeits­standards zu setzen.

Herausforderungen bei der Setzung von Nachhaltig­keitsstandards treten vor allem in Ländern mit schwacher Regierungsführung bzw. autoritären Strukturen auf. Dort ansässige Unternehmen, die internationale Standards einhalten wollen, sind auf sich allein gestellt, Sorg­faltspflichten mithin schwieriger zu erfüllen. Dies gilt bei­spielsweise für Simbabwe. Dort ist die Bergbau­gesetzgebung generell veraltet und stark reformbedürf­tig; besonders mangelt es an der Verankerung von Nach­haltig­keits­standards. Die legislativen Prozesse stecken seit Jahren fest.75 Zudem erschweren autori­täre Strukturen, die die Rechte von Zivilgesellschaft und Gewerkschaften beschränken, die Durchsetzung von Nachhaltigkeitsagenden (siehe S. 35f).76

Ein weiteres strittiges Thema in vielen Abbauländern sind fehlende politische Strategien zur Erhöhung der lokalen Wertschöpfung in umliegenden Gemeinden. Der industrielle Bergbau bietet wegen seines hohen Technisierungsgrades nur eine sehr begrenzte Zahl unmittelbarer Arbeitsplätze. Zu wenig Arbeitsplätze, kaum Weiterbildungsmöglichkeiten oder nur geringe Chancen in der nachgelagerten Industrie führen nicht selten zu lokalen Konflikten und Blockaden. Damit eng verbunden sind auch Fragen der Transparenz im Rohstoffsektor sowie der Gewinnverteilung. Weder Südafrika noch Chile oder Simbabwe sind Mitglieder der EITI; Peru wurde kürzlich suspendiert, weil es Fristen nicht eingehalten hatte.77

Schließlich ist der Blick auf China aufschlussreich, denn das Land setzt zunehmend eigene Standards in Bergbau und Weiterverarbeitung, hauptsächlich zum Umwelt- und Klimaschutz. Schon vor über einem Jahr­zehnt hat die chinesische Regierung Umweltricht­linien entwickelt, die unter anderem strenge Berichtspflichten für Unternehmen vorsehen. Darüber hinaus verfolgt die Volksrepublik spezifische Strategien zur Förderung von Green Mining im heimischen Bergbau. Die chinesischen Arbeits- und Sozialstandards dagegen, und nicht zuletzt die Etablierung von Beschwerde­mechanismen, bleiben weit hinter internationalen Standards zurück.78 Dass in China gravierende Men­schenrechtsverletzungen bis hin zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit stattfinden, haben einige Staaten und Parlamente bereits scharf verurteilt. Ein Bericht der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages hat daher auch rechtliche Implikationen für deutsche Unternehmen untersucht.79

Herausforderung: Um‑ und Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards

Eine höhere Anzahl von Standards bedeutet nicht zwingend, dass tatsächlich soziale und umweltbezogene Risiken entlang der Lieferketten von Metallen minimiert würden. Dies liegt vornehmlich an Schwie­rigkeiten bei der Um- und Durchsetzung dieser Stan­dards: Erstens werden nicht in allen Produktions­ländern Standards gesetzt oder umgesetzt. Zweitens fordern nicht alle Unternehmen einer Lieferkette von ihren Handelspartnern, dass diese sich an bestimmte Standards halten oder Zertifikate vorweisen können. Drittens können nicht alle Unternehmen ihre Zulie­ferer identifizieren, weil die Lieferkette intransparent ist. Insbesondere Letzteres trifft auch auf viele deut­sche Abnehmer zu. Viertens stehen Akteure in der nachgelagerten Lieferkette vor der Herausforderung, konkret darauf einzuwirken, dass Nachhaltigkeitsstandards an vorherigen Stufen um- und durch­gesetzt werden, und dies effektiv zu kontrollieren.

Schwierigkeiten an den einzelnen Stufen der Lieferkette (horizontale Dimension)

Bei der Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards an den jeweiligen Produktionsstufen und damit auf der nationalen Ebene existieren Governancelücken. Aus der Perspektive von Akteuren der nächsten Stufe, zu denen deutsche Akteure oft gehören, sind diese Lücken schwer zu erkennen und zu verstehen. Grund dafür sind die komplexen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Sachzusammenhänge, aus denen sie sich ergeben.

Solche Lücken entstehen vor allem in Regionen mit schwacher Staatlichkeit,80 wo das Risiko negativer Umwelt- und sozialrechtlicher Auswirkungen beson­ders hoch ist. Dies betrifft viele Gebiete, in denen mineralische Rohstoffe abgebaut werden; Transportwege oder die Weiterverarbeitung sind jedoch keines­wegs davon ausgenommen (siehe S. 14ff).

Governancelücken behindern die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards.

In den in dieser Studie untersuchten Bergbauregio­nen sind es oft die fehlende Überwachung und Durchsetzung gesetzlicher Vorgaben, die eine effektive Nachhaltigkeits­governance behindern – obwohl teilweise hohe Stan­dards gesetzt sind. Innerhalb der nationalen Minis­terien und, in verschärfter Form, auf der regionalen und kommunalen Ebene sind nicht vorhandene finan­zielle und personelle Kapazitäten sowie geringes Know-How ein Problem. So mangelt es häufig an qua­lifiziertem Verwaltungspersonal: Aus- und Weiter­bildungsmöglichkeiten sind begrenzt, gut ausge­bil­dete Fachkräfte entscheiden sich oft für bessere Arbeits­bedingungen in der Privatwirtschaft. Hinzu kommen fehlende digitale Möglichkeiten und eine unzurei­chende Verwaltungsorganisation.81 Hierunter fällt auch der Umstand, dass nur selten Bußgelder ver­hängt werden bzw. eine strafrechtliche Verfolgung statt­findet, wenn Gesetze nicht eingehalten werden.

Diese ungenügende Umsetzungskapazität ist im Bereich von Umweltstandards an vielen Orten feststellbar. In Peru zum Beispiel ist es aufgrund fehlender Kontroll­instanzen eine Herausforderung für Verwaltungs­behörden zu überprüfen, ob in abgelegenen andinen Bergbauregionen Umweltstandards befolgt und Schad­stoffe ordnungsgemäß entsorgt werden.82 Auch in Südafrika bleiben staatliche Inspektionen im Minen­betrieb zum Teil aus, ebenso wie die Überwachung privatwirtschaftlicher Rehabilitation stillgelegter Minen. Beides führt zu lokalen Problemen.83

Des Weiteren können Zuständigkeits- und Interessen­konflikte auftreten. In Südafrika etwa sind die Bezie­hungen zwischen den Bundesministerien, die an der Regulierung des Bergbausektors beteiligt sind, geprägt von einem Machtungleichgewicht und fehlender Ko­operation.84 Auch Repräsentationsfragen sind bedeutsam für die Implementierung, wie wiederum das Bei­spiel Südafrika zeigt: Dort ist die Rolle traditioneller Auto­ritäten auf nationaler Ebene rechtlich festgeschrie­ben, wird jedoch in der Praxis verschieden ausgelegt und von Teilen der lokalen Bevölkerung angefochten. Konfliktlinien zwischen der nationalstaatlichen und der dezentralen Ebene findet man in vielen Bergbauregionen. In Peru werden etwa regio­nal und lokal eigene Richtlinien für den Bergbau formuliert, die teilweise zentralstaatlichen Vorgaben widersprechen oder deren Durchsetzung behindern. Letztendlich beein­trächtigt auch Korruption – in staatlichen Institutionen, betroffenen Gemeinden und involvierten Unter­nehmen – die Möglichkeiten des Staates, Standards durchzusetzen.

Auf Unternehmensebene lassen sich gleichfalls um­fassende Schwierigkeiten bei der Durchsetzung gesetz­licher und privater Nachhaltigkeitsstandards an den einzelnen Produktionsstufen beobachten. So werden etwa Leitlinien der oft transnational organisierten Bergbau- und Weiterverarbeitungsfirmen lokal nicht oder nur unzureichend umgesetzt. Gründe sind man­gelnde Kommunikation, Nachverfolgung und Schu­lung im Bereich Nachhaltigkeit, aber auch konkrete divergierende Ziele zwischen den Ebenen in vertikal integrierten Firmen.85

Zudem treten Zuständigkeitskonflikte auch zwischen Unternehmenseinheiten sowie mit Zulieferern auf. Beispiele hierfür findet man in der Zusammenarbeit großer Bergbaufirmen mit ihren ausgelagerten (outsourced) Organisationseinheiten sowie ihren lokalen Zulieferern, die etwa Transport oder Energie­versorgung bereitstellen: In Südafrika sind Arbeits­bedingungen von Angestellten in Drittfirmen oft deut­lich schlechter als von solchen, die direkt bei Bergbau­firmen angestellt sind;86 in Peru übernehmen Berg­baukonzerne nur teilweise Verantwortung für ihre Dienstleistungsfirmen.87 Die Frage, wer zuständig ist oder war, kann langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zur Folge haben. Einige Unternehmen mit niedrigen Anforderungen an Menschenrechte und Nachhaltigkeit nutzen diese Rechtsunsicherheit als Strategie, um bewusst Verantwortung zu umgehen.

Problematisch sind Zuständigkeits­konflikte, wenn Firmen anstelle von Staaten deren Aufgaben wahrnehmen.

Problematisch sind Zuständigkeitskonflikte überdies, wenn Firmen Aufgaben übernehmen, die in die Verantwortung von Staaten fallen, die diese aber nicht erfüllen (können), beispielsweise die Bereitstellung von Infrastruktur zur Daseinsvorsoge. Durchaus zu be­grüßen ist, dass Unternehmen sich freiwillig für die regionale Entwicklung engagieren, unter anderem im Rahmen von Public Private Partnerships (PPPs), oder gesetzlich dazu verpflichtet sind. Indes birgt so ein Engagement wegen ungeklärter Zuständigkeiten und einer häufig hohen Erwartungshaltung Potenzial für Konflikte, insbesondere bei der Lokalbevölkerung. Diese kann freiwillige Selbstverpflichtungen nicht verbindlich einfordern. In Südafrika sind die gesetz­lich vorgeschriebenen Social and Labour Plans, in denen Unternehmen Maßnahmen zur lokalen Ent­wicklung festlegen, zwar oft an lokalen Entwicklungsplänen ausgerichtet. Sie scheitern aber nicht selten in der Umsetzung – auch weil der Staat zu wenig in grundlegende Infrastruktur investiert.88

Schwierigkeiten bei transnationalen Lieferketten (vertikale Dimension)

Nachhaltigkeitsstandards entlang metallischer Liefer­ketten – also über mehrere Stufen hinweg – um- und durchzusetzen ist in Lieferketten, wie sie zurzeit gestaltet sind, schwierig. Entscheidend ist, dass Trans­parenz entlang transnationaler Lieferketten geschaffen wird (siehe Infokasten zu Transparenz, S. 27): Käufer müssen nachvollziehen können, unter welchen Be­dingungen ein Rohstoff produziert, verarbeitet und transportiert wurde, um ihren Sorgfaltspflichten nach­kommen zu können.

Deutsche und europäische Abnehmerfirmen kön­nen verschiedene Instrumente nutzen, um die Bedin­gungen transparenter zu machen, unter denen die von ihnen erworbenen Produkte hergestellt wurden. Viele haben beispielsweise firmeninterne Instrumente etabliert, um ihre unternehmerischen Sorgfaltspflichten zu erfüllen und direkt mit ihren Zulieferern in Austausch zu treten, und / oder sie nehmen als Unter­nehmen an externen Initiativen wie Branchendialogen teil. Schließlich können sie private Standards und Zertifikate von ihren Produzenten und Zulieferern einfordern oder diejenigen anerkennen, die diese bereits anwenden. Indem sie von diesen Möglich­kei­ten Gebrauch machen, können sie von ihren Geschäfts­partnern gewisse Standards erwarten bzw. deren Einhaltung überwachen (siehe S. 19f).

Damit dies gelingt, ist einerseits wichtig, dass Ab­nehmerfirmen in Deutschland und der EU die Kom­munikation und Zusammenarbeit mit Zulieferern, die im Abbau und an weiteren Verarbeitungsstufen von Metallen tätig sind, bewusst(er) und langfristig(er) gestalten – wo dies möglich und strategisch sinnvoll ist. Dabei handelt es sich um eine durchaus fordernde Aufgabe, die Unternehmenswillen und entsprechende Kapazitäten verlangt.

Andererseits müssen Unternehmen entlang der gesamten Lieferkette etliche Herausforderungen angehen, die die Umsetzung solcher Nachhaltigkeits­standards betreffen: Die erste Schwierigkeit liegt in der Heterogenität der Standardlandschaft begründet. Abnehmerfirmen müssen sich für einen geeigneten Standard bzw. ein Zertifikat entscheiden, ausgehend von der Frage, was sie von ihren Zulieferern einfordern können. Sollten Abnehmer planen, ihre Bezugs­quellen für bestimmte Metalle zu diversifizieren, wird es noch schwieriger, da der gewählte Stan­dard in verschiedenen regionalen Kontexten anwend­bar sein muss. Firmen in der vorgelagerten Lieferkette wieder­um sind damit konfrontiert, dass internatio­nale Käufer unterschiedliche private Standards und Zerti­fikate präferieren, die noch dazu nicht selten

»Nadelöhre« erschweren Transparenz / Nachverfolgbarkeit

Deutsche und europäische Unternehmen sind meist ab der dritten Stufe (industrielle Weiterverarbeitung) Teil von Lieferketten metallischer Rohstoffe. Werden diese Lieferketten nicht transparent(er), können diese Unter­nehmen nur schwer nachvollziehen, wo die Erze her­kommen, wie die Materialflüsse verlaufen sind, unter welchen Bedingungen an den früheren Stufen produziert wurde und ob Standards eingehalten wurden. Dies er­schwert die Steuerung von Nachhaltigkeit in der vertika­len Dimen­sion erheblich.

Zwei charakteristische »Nadelöhre« in metallischen Lieferketten schränken die Nachverfolgbarkeit des Mate­rials und die Identifikation von Zulieferfirmen ein. Das sind erstens Schmelzhütten und Raffinerien: Legen die hier beteiligten Unternehmen die Herkunft des Primärmate­rials und die Produktionsbedingungen nicht offen, ist für nachgelagerte Akteure die Nachverfolgung zu den Minen nicht möglich (siehe S. 29ff).

Das zweite Nadelöhr ist der internationale Rohstoffhandel. Er ist meist dezentral organisiert und durch hohe Intrans­parenz geprägt. Zwar bestehen zahlreiche langfristige Abnahmeverträge zwischen Bergbauunternehmen und Schmelzhütten / Raffinerien; zum Teil handelt es sich sogar um dieselben Firmen, die an beiden Stufen tätig sind. Außerdem gibt es, wenn auch nicht so häufig, direkte Abnahmeverträge zwischen verarbeitenden Firmen an der zweiten und dritten Stufe einer Lieferkette. Der Großteil der weltweit in raffinierter Form gehandelten Metalle hingegen wird über Handelshäuser und spezia­li­sierte Metallbörsen vertrieben. Auch hier ist die Offen­legung über Zulieferer und die Herkunft der Materialien noch unzureichend etabliert (siehe S. 21f). Teilweise sind Informationen zu Raffinerien über die Händler verfüg­bar, vor allem wenn es sich um zertifizierte Raffi­nerien handelt. Häufig legen die Handelshäuser jedoch keine Informationen darüber vor, aus welchen Minen die Roh­stoffe stammen. Da sich die Abbaubedingungen inner­halb eines Landes je nach Mine aber unterscheiden kön­nen, sind genaue Angaben zur Herkunft unabdingbar.

über Anforderungen lokaler Gesetzgebungen hinaus­gehen.89

Allerdings lässt sich bereits beobachten, dass sich die Anzahl privater Standards reduziert bzw. sich be­stimmte Standards durchsetzen.90 Zudem bestätigen Entwickler von Standards und Zertifikaten, dass in einigen Bereichen angestrebt wird, sie zu harmonisieren. Und Unternehmen an allen Stufen erklären, solche Harmonisierungen und gegenseitige Anerkennungsverfahren seien eine zentrale Aufgabe, um mehr Übersichtlichkeit und Transparenz zu schaffen.

Eine zweites Problem sind die Kosten. Unternehmen in der nachgelagerten Lieferkette müssen Umfang und Qualität der Informationen, die ihnen ihre Zulie­ferer direkt oder, im Falle beauftragter Audits, Dritt­firmen zur Verfügung stellen, kontinuierlich selbst prüfen. Dies ist für große und gut ausgestattete Unter­nehmen in der Regel leistbar, für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) nicht immer.

Auch in der vorgelagerten Lieferkette ist der Mehraufwand an Geld und Kapazitäten ein wichtiger Fak­tor, müssen doch die Produzenten ihren Abnehmern Bericht erstatten, zum Teil hohe Gebühren für den Erhalt eines Zertifikats zahlen und Audits durchführen (lassen). Bei Industriemetallen wie Platin oder Kupfer gibt es noch keine Preisprämie für zertifiziertes Material. Für Produzenten von Rohstoffen und Vorprodukten ist es somit schwierig, die Kosten für die Zertifizierungen auf ihre Abnehmer umzulegen. Dies senkt gerade für KMUs im Bergbau den Anreiz, sich zertifizieren zu lassen.91 Viele wünschen sich hier mehr Bereitschaft von Abnehmerseite, einen Aus­gleich zu erzielen.

Werden Audits nicht sorgfältig durchgeführt, besteht die Gefahr von Greenwashing.

Bei der dritten großen Schwierigkeit geht es um die Frage, ob bzw. wie die Produktionsstätten der in der vorgelagerten Lieferkette tätigen Unternehmen über­prüft werden, unabhängig davon, ob solche Audits Bestandteil von Initiativen sind oder durch einzelne Abnehmerfirmen beauftragt werden. Wenn Letzteres, werden sie häufig von Drittfirmen durchgeführt, zum Beispiel freiberuflichen Gutachtern oder etablierten Beratungsfirmen. Die Gefahr dabei liegt darin, dass ihnen oft das Wissen über den lokalen Kontext fehlt, dass sie ihr Vorgehen gegenüber dem Auftraggeber nur unzureichend transparent machen oder oberfläch­lich arbeiten. Werden Audits nicht sorgfältig aus­geführt, können sie zum Greenwashing missbraucht werden – und das erhaltene Zertifikat hat keinen Mehrwert.92

Wie wichtig die Qualität bei Audits ist, zeigt das Beispiel China: Es wurde dokumentiert, dass chinesi­sche Raffinerien, die sich an internationalen Zertifi­zie­rungssystemen beteiligen, ihre Berichts- und Offen­legungspflichten nur unzureichend erfüllen.93 Dadurch sind weder ihre Geschäftspraktiken transparent noch Informationen über die Herkunft ihrer Rohstoffe ver­fügbar. Das ist ein Problem, da es keine andere Mög­lichkeit gibt, die Firmen vor Ort zu überprüfen.

Rohstoffspezifische Lieferketten im Vergleich: Platin und Kupfer

Neben der generellen Herausforderung, Nachhaltigkeitsstandards in Lieferketten metallischer Rohstoffe um- und durchzusetzen, gibt es einige rohstoffspezi­fische Faktoren, die für die Nachhaltigkeitsgovernance zentral sind. Aus der je eigenen Struktur der Lieferketten verschiedener Rohstoffe ergeben sich unterschiedliche Beteiligung(smöglichkeit)en und Einflusssphären von Staaten und anderen Akteuren. Um Potenziale und Blockaden für Nachhaltigkeits­initiativen identifizieren zu können, ist eine rohstoffspezifische Betrachtung nötig, was im Folgenden am Beispiel von Platin und Kupfer geschieht.

Strukturelle Unterschiede

Die Lieferkette von Platin aus dem südlichen Afrika in die EU ist tendenziell kürzer als diejenige von Kupfer und weist eine höhere geografische und Unternehmenskonzentration auf, vor allem an den ersten beiden Stufen. Materialflüsse und beteiligte Akteure können damit leichter identifiziert werden als bei der oftmals längeren und stärker diversifizierten Kupferlieferkette.

Im Jahr 2021 war Deutschland der weltweit drittgrößte Platinimporteur (siehe Tabelle 1, S. 30).94 Platin wird für die Produktion von Abgaskatalysatoren ge­braucht und ist somit ein wichtiger Rohstoff für die deutsche Automobilindustrie. Darüber hinaus wird es industriell zum Beispiel in der Chemie, Elektronik und Medizin verwendet, außerdem in der Schmuck­herstellung und zunehmend auch als Geldanlage.

Zurzeit wird die globale Nachfrage nach Platin als moderat gewertet.95 Die Umstellung von Verbrennungs- auf Elektrofahrzeuge wird sie mittelfristig deutlich reduzieren. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich der Bedarf an Platin für Zukunftstechnologien entwickeln wird, namentlich für die Wasserelektrolyse. Eine Studie im Auftrag der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) prognostiziert, dass die zukünftige Nach­frage in einem Nachhaltigkeits­szenario unter dem heutigen Platinverbrauch liegen wird.96 Obwohl Deutschland einen Teil seines aktu­ellen Bedarfs aus dem eigenen Recyclingsektor deckt, wird weiterhin Primärmaterial importiert. Dabei stammt der über­wiegende Teil vom weltweit größten Exporteur Süd­afrika und wird in bereits raffinierter Form eingeführt. Einzig das deutsche Unternehmen Heraeus Precious Metals bildet hier eine Ausnahme, da es mit eigenen Raffinerien an deutschen Stand­orten an der Weiterverarbeitung beteiligt ist.97

Ein Großteil der globalen Platinvorkommen befindet sich in Südafrika und Simbabwe. Im Jahr 2021 verzeichneten beide Länder zusammen 76,5 Prozent der weltweiten Minenproduktion.98 Dadurch ist die Primärproduktion von Platin (Stufe 1 der Lieferkette) dort konzentriert. In Simbabwe gefördertes Erz wird meist vor Ort in der Nähe der Minen aufbereitet (noch Stu­fe 1), zum Teil auch in Hütten zu Konzentrat verarbei­tet. Die Veredelung (Stufe 2) findet jedoch hauptsächlich in Südafrika statt.

Tabelle 1 Platin

Verwendung (EU), 2021

Automobilindustrie (50,3%), Schmuck (12,2%), Investment (8,6%), Chemie (8,6%), Zahn- / Biomedizin (4,6%), Emissionsminderung (3,5%), Glas (1,3%), Sonstiges (10,1%)*

Zukunftstechnologien

Wasserelektrolyse, Rechenzentren

Import

Deutschland drittgrößter Importeur von Primärrohstoff (unverarbeitet), nach USA und VK

PGM-Reserven

Südafrika (90%), Russland (6,4%), Simbabwe (1,7%), USA (1,3%), Kanada (<0,1%), andere (k. A.)

Bergwerksförderung

Südafrika (67,5%), Russland (13,9%), Simbabwe (9%), Kanada (4,2%), USA (2,5%)

Recycling

27% des weltweit produzierten Platins stammen aus recycelten Schrotten; k. A. für Deutschland

Lieferkettenkonzentration

Vorkommen, Bergwerksförderung und Raffinadeproduktion stark konzen­t­riert in Südafrika. Nachgelagerte Lieferkette weniger konzentriert.

* Angaben beziehen sich auf EU+ (inklusive Großbritannien und Türkei, ohne Russland).

Quellen:

Johnson Matthey, PGM Market Report. May 2022, Mai 2022, <https://matthey.com/pgm-market-report-2022> (eingesehen am 3.8.2022); UN Comtrade, »International Trade Statistics«, o. J., <https://comtrade.un.org/data> (eingesehen am 14.9.2022), Jahr 2021, HS Code 7110, nach Handelswert; U. S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries 2022, Reston, Virginia, 2022, S. 126, <https://pubs.usgs.gov/periodicals/mcs2022 /mcs2022.pdf> (eingesehen am 15.9.2022); Frank Marscheider-Weidemann u. a., Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2021. Auftragsstudie, Berlin 2021 (DERA Rohstoffinformationen, Nr. 50), <https://www.deutsche-rohstoffagentur.de /DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads /DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-50.pdf> (ein­gesehen am 24.8.2022).

Diese Konzentration betrifft ebenfalls Unternehmen: Lediglich drei transnationale Unternehmen, Sibanye-Stillwater, Anglo American Platinum und Impala Platinum, dominieren die ersten beiden Stufen der Lieferkette. Sie betreiben, teilweise durch Tochter­gesellschaften, die Platinminen in Simbabwe. Zudem haben sie einen großen Marktanteil an der südafrikanischen Bergwerksproduktion und betreiben die dortigen Raffinerien, in denen Rohmaterial aus der ganzen Region verarbeitet wird. Mit kleineren Berg­baufirmen in Südafrika be­stehen langfristige Abnahme­verträge (Offtake Agree­ments), weil der Raffinerie­betrieb kostenintensiv und erst ab einer bestimmten Materialmenge profitabel ist. Selbst wenn bereits einige Raffinerien in Südafrika extern zertifiziert sind, etwa durch den Responsible-Sourcing-Standard des LPPM, stellen sie weiterhin ein »Nadelöhr« dar – samt dem damit einhergehenden Problem fehlender Trans­parenz (siehe Infokasten zu Transparenz, S. 27).

Laut der Datenbank UN Comtrade wird südafrikanisches Platin vornehmlich in die USA, nach Japan und Großbritannien verkauft.99 Hier zeigt sich die Dezentralität des Rohstoffhandels: Ein bedeutender Teil des Platinhandels wird über einen außerbörslichen Handelsplatz abgewickelt, den LPPM in London, oder über andere spezialisierte Zwischenhändler. Auf der anderen Seite bestehen in der stark konzentrierten Platinlieferkette häufig auch direkte Vertragsbeziehungen zwischen den Bergbaufirmen und den Unter­nehmen, die die Weiter- und Endverarbeitung durch­führen, darunter auch deutsche. Der physische Han­delsweg erfolgt in beiden Fällen meist direkt vom Produzenten zum Endabnehmer. Da Platin in gerin­gen Mengen gewonnen und genutzt wird und noch dazu einen hohen Rohstoffwert besitzt, wird es meis­tens über den Luftweg in die jeweiligen Zielländer zur Lagerung bzw. Weiterverarbeitung transportiert.

Die chinesische Industrie ist zwar kein relevanter Akteur beim Abbau von Platin, jedoch ein bedeutender Abnehmer des Rohstoffs. Anders als in Europa und Nordamerika wird Platin in China insbesondere für die Herstellung von Schmuck verwendet.100

Auch wenn die weltweite Nachfrage nach Platin derzeit moderat ist, ist von einem großen potenziellen Preis- und Lieferrisiko auszugehen. Gründe sind die hohe Konzentration beim Abbau und in der Weiterverarbei­tung sowie bestehende Risiken in den Abbauländern, beispielsweise Verzögerungen im Abbau durch Streiks oder Proteste. Die DERA stuft die Platinbeschaffung für die deutsche Industrie daher als kritisch ein.101

Tabelle 2 Kupfer

Verwendung (Deutschland), 2021

Elektroindustrie (57%), Bauwesen (10%), Automobilindustrie (9%), Maschinen- und Anlagenbau (8%), Handel (5%), Sonstiges (6%)

Zukunftstechnologien

Breite Anwendung in grünen Technologien; Mehrbedarf unter anderem durch Ausbau des Stromnetzes, E‑Kraftfahrzeuge, Windkraftanlagen und Feststoff­batterien.

Import

Deutschland viertgrößter Importeur von Primärrohstoff (unverarbeitet), nach China, Japan und Südkorea

Kupferreserven

Chile (22,7%), Australien (10,6%), Peru (8,6%), Russland (7,0%), Mexiko (6,0%), USA (5,4%), Demokratische Republik Kongo (3,5%), andere (36,2%)

Bergwerksförderung

Chile (27,8%), Peru (10,4%), China (8,4%), Demokratische Republik Kongo (7,8%), USA (5,8%), Australien (4,3%), Sambia (4,1%), andere (31,4%)

Recycling

17% des weltweit produzierten Kupfers stammen aus recycelten Schrotten; bei in Deutschland produziertem Kupfer liegt der Anteil bei 40% (Schätzung)

Lieferkettenkonzentration

Vorkommen und Bergbau auf allen Kontinenten; Schwerpunkt der Kupferförderung ist Südamerika. Raffinadeproduktion zunehmend konzentriert in China, das Land ist auch größter Nachfragemarkt von raffiniertem Kupfer.

Quellen:

Gesamtverband der deutschen Buntmetallindustrie (GDB), Recycling. Kupfer im Kreislauf, Berlin 2019, <https://www.gdb-online.org/wp-content/uploads/2019/12/Factsheet_Kupfer-Recycling.pdf> (eingesehen am 12.9.2022); UN Comtrade, »International Trade Statistics«,
o. J., <https://comtrade.un.org/data> (eingesehen am 14.9.2022), Jahr 2021, HS Code 2603, nach Handelswert; U. S. Geological Survey, Mineral Commodity Summaries 2022, Reston, Virginia, 2022, S. 54, <https://pubs.usgs.gov/periodicals/mcs2022/mcs2022.pdf> (eingesehen am 15.9.2022).

Die Lieferkette von Kupfer aus dem Andenraum in die EU ist länger als diejenige von Platin. Die Kupferproduktion ist hinsichtlich des Abbaus stärker diversifiziert, wobei Chile und Peru einen Förderschwerpunkt bil­den. Bei Schmelzhütten / Raffinerien und Abnehmern hingegen ist in der Kupferlieferkette eine hohe Kon­zentration festzustellen – mit einem Schwer­punkt in China.102

Deutschland hat eine bedeutende Kupferindustrie und ist hinter China, Japan und Südkorea der viert­größte Kupferimporteur weltweit (siehe Tabelle 2, S. 31). In der Bundesrepublik haben relevante kupfer­verarbeitende Firmen wie Aurubis und Wieland ihren Sitz. Kupfer wird vielfältig eingesetzt und ist ein zentraler Werk­stoff sowohl im Bau- und Maschinenbausektor als auch für die Elektronikbranche.103 Überdies ist es ein wichtiges Metall für die Energiewende und zahlreiche Zukunftstechnologien.104 Aus diesem Grund wird die Nachfrage massiv ansteigen: Die IRENA geht von einem globalen Bedarf von 50 bis 70 Megatonnen für 2050 aus, 2021 lag er noch bei 30.105 In Anbetracht der erwarte­ten Nachfragesteigerung ist nicht damit zu rechnen, dass der Bedarf mittelfristig durch Recycling gedeckt werden kann.106 Obwohl Deutschland bereits hohe Kapazitäten im Kupferrecycling hat, ist es weiterhin abhängig von Importen des Primärrohstoffs.

Die erste Stufe der Lieferkette ist bei Kupfer weniger stark konzentriert als bei Platin, da es Vorkommen auf allen Kontinenten gibt. Trotzdem sind Ab­bau und Export von Primärrohstoff aus Lateinamerika für den Weltmarkt von entscheidender Bedeutung. Chile ist einer der größten Kupferproduzenten der Welt und fungiert als wichtiges Lieferland von Kupfer­erzen und ‑konzentraten für die EU.107 Peru exportiert ebenfalls wesentliche Mengen. Im andinen Kupfersektor ist der Marktanteil kleiner und mittlerer Berg­bauunternehmen höher als bei Platin, aber auch hier dominieren große Firmen den Markt: Neben dem chi­le­nischen Staatsunternehmen CODELCO sind dies multi­nationale Konzerne (MNCs) wie Glencore oder BHP.

Die Kupferlieferkette ist mit einer weit verzweigten transnationalen Transportinfrastruktur verbunden. Wäh­rend Chile die weltweit zweithöchsten Produktionskapazitäten für raffiniertes Kupfer hat, sind diese in Peru marginal.108 Beide Abbauländer exportieren den größeren Teil des Kupferkonzentrats nach China. Da es sich dabei um schwere und große Mengen han­delt, sind eine umfangreiche Logistik in den beteiligten Ländern sowie eine transnationale Schifffahrt Teil der Lieferkette.

Die Konzentration bei der Raffinadeproduktion (Stufe 2) steigt seit zwei Jahrzehnten, wobei die Kapa­zität vor allem in China zunimmt. Im Jahr 2019 be­trug Chinas Anteil am weltweit produzierten raffi­nier­ten Kupfer 41 Prozent – damit ist es der wich­tigste Produzent. Darüber hinaus hat das Land eine große Weiterverarbeitungsindustrie (Stufe 3) auf­gebaut, sowohl für die eigene Endnutzung als auch für den weltweiten Export an kupferhaltigen Halb­zeugen und Vorprodukten. Das heißt auch, Chinas Stellung als Nachfragemarkt ist nicht zu unterschätzen; sein Anteil liegt bei über 50 Prozent des Welt­bedarfs.109

Der Materialfluss ist in der Kupferlieferkette besonders schwer nachzuverfolgen, weil die Diversifizie­rung im Abbau ausgeprägter ist und die transnatio­nalen Transportwege kaum nachvollziehbar sind. Beim »Nadelöhr« Schmelzhütten / Raffinerien stellt China eine wirkliche Herausforderung dar (siehe Info­kasten zu China, S. 9). Zusätzlich weist der Kupferhandel, ebenfalls ein Nadelöhr, eine noch größere Dezentralität auf als der Platinhandel: Kupfer wird als Basismetall über verschiedene transnationale Händler sowie an Metallbörsen weltweit, etwa der LME in Lon­don, in großen Mengen gehandelt. Diese Dezentralität ist unter anderem da­durch bedingt, dass es in sehr hohen Mengen indus­t­ri­ell genutzt wird und in un­zäh­ligen verschiedenen Produkten Verwendung findet.

Laut Einschätzung der DERA ist die Bergwerks­förderung wegen der mäßigen Länderkonzentration und eines moderaten Länderrisikos unkritisch. Die Konzentration im Bereich Weiterverarbeitung wird dagegen genau beobachtet.110

Lead Firms und staatliche Kooperation

Durch ihre Stellung in der Lieferkette können deut­sche Akteure kaum unmittelbaren Einfluss auf die Nachhaltigkeitsgovernance beim Abbau und der Weiterverarbeitung metallischer Rohstoffe ausüben. Wenn politische Entscheidungsträger und ‑trägerinnen oder Firmen Maßnahmen ergreifen wollen, um Nach­haltigkeit in der Lieferkette zu steuern, sind sie auf die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren angewie­sen. Diese unterscheiden sich von Lieferkette zu Liefer­kette und müssen für jeden einzelnen Fall (Rohstoff) identifiziert werden.

Deutsche Akteure sollten mit Lead Firms zusammenarbeiten, um Nachhaltigkeit in metallischen Liefer­ketten zu steuern.

Die Forschung zeigt, dass sogenannte Lead Firms in vielen transnationalen Lieferketten eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, Standards zu etablieren.111 Die Analyse der Kupfer- und der Platinlieferkette verdeutlicht jedoch, dass kein Unternehmen entlang der beiden Lie­ferketten über eine derart große Marktmacht ver­fügt, um die Etablierung bzw. Einhaltung bestimmter Standards allein durchzusetzen. Nichtsdestotrotz existieren einige Unternehmen, die aufgrund ihrer Position durchaus die Nachhaltigkeitsgovernance in eine positive Richtung lenken können.

Dabei handelt es sich um gut organisierte Konzerne, meist MNCs, die an den ersten beiden Stufen der Liefer­kette agieren. Oft bedingt durch eine hohe Unternehmenskonzentration kommt ihnen eine Führungsrolle zu. Sie können bewirken, dass ihre Zulieferer Standards einführen und regelmäßig überprüfen (lassen), und selbst kleinere Marktteilnehmer bis hin zu staatlichen Institutionen direkt beeinflussen. Je stärker diese Unternehmen vertikal integriert sind, desto besser kann ihnen dies gelingen. Das gilt nicht nur für Bergbaukonzerne, sondern auch für die Be­treiber von Schmelzhütten / Raffinerien sowie für Händler. Und insbesondere für Firmen, die mehrere Produktionsstufen in der Lieferkette übernehmen: beispielsweise Anglo American, einen Bergbaukonzern, der Minen, Schmelzhütten und Raffinerien be­treibt, oder Glencore, ein Schweizer Unternehmen, das darüber hinaus als breit aufgestellter Metallhändler tätig ist. Solche Unternehmen haben beste Voraus­setzungen, Materialflüsse transparent zu machen, indem sie dringend benötigte Informationen bereit­stellen (siehe Infokasten zu Transparenz, S. 27).

Die wichtigen Akteure im südlichen Afrika sind die drei Marktführer Sibanye-Stillwater, Anglo American Platinum und Impala Platinum, die weite Teile des (Platin-)Abbaus sowie die Schmelzhütten und Raffine­rien kontrollieren.112 Gerade über den lokalen Indus­trie­verband, den Minerals Council South Africa (MCSA), haben sie im Bereich Standardsetzung großen Ein­fluss auf das südafrikanische Bergbauministerium und andere Beteiligte. Zudem können sie die Arbeits- und Produktionsbedingungen in ihren Produktionsstätten in Simbabwe mitgestalten. Beim Handel mit Platin wird ferner deutlich, dass direkte langfristige Lieferverträge zwischen produzierenden Firmen und Endverarbeitern die Zusammenarbeit verbessern und vor allem die Transparenz der Lieferkette erhöhen. Wenn internationale Handelsplätze wie der LPPM in London Standards einführen, können sie Ähnliches erreichen (siehe S. 21f). So können Firmen in Deutsch­land oft relativ gut zurückverfolgen, woher das im­portierte Platin stammt.

In der stärker diversifizierten Lieferkette von Kup­fer aus dem Andenraum sind das chilenische Staats­unternehmen CODELCO und einige wenige MNCs die maßgeblichen Akteure in der Nachhaltigkeitsgovernance. Besonders hoch ist der Einfluss vertikal integ­rierter Unternehmen, die an mehreren Stufen der Lieferkette agieren. Dies trifft etwa auf CODELCO zu, dem durch seine Marktdominanz in Abbau und Wei­terverarbeitung sowie seine Position als staatliches Unternehmen eine Art Doppelrolle bei der Um- und Durchsetzung von Standards zufällt. In der Kupfer­lieferkette haben außerdem Rohstoffhändler wie Glencore und Metallbörsen wie die LME strukturell große Gestaltungsmacht bezüglich der Nachhaltigkeitsgovernance. Standards zu Nachhaltigkeit und Transparenz werden dort gerade erst etabliert und sind in Umfang und Verbindlichkeit noch ausbau­fähig. Dies ist ebenfalls mit Blick auf chinesische Akteure relevant, da Händler hier oft das Bindeglied zum europäischen Markt bilden und Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenz weitergeben können.

Die meisten der einflussreichen MNCs, die die beiden ersten Stufen der hier analysierten Lieferketten dominieren, sind im internationalen Industrieverband organisiert, dem International Council on Mining and Metals (ICMM). Dessen etablierte Stan­dards haben Strahlkraft – auch auf andere MNCs und KMUs im Bergbausektor. Grundsätzlich haben KMUs weniger Ressourcen zur Verfügung, um auf ihre Geschäftspartner einzuwirken, damit diese Standards einführen und umsetzen. Das heißt, bei ausreichender Nachfrage finden auch kleinere nicht zertifizierte Minen lokale oder internationale Ab­neh­mer, unabhängig davon, ob diese hohe oder nied­rige Standards anwenden. Größere Marktakteure und ‑ver­bände greifen jedoch in der Regel stärker ein. Sie können (öffentlichen) Druck erzeugen und Richt­linien sowie konkrete Unterstützung bei der Umset­zung von Standards anbieten.

In der Kupferlieferkette etabliert sich zunehmend der ressourcenspezifische und von der Industrie ge­tragene Standard The Copper Mark, mit dem mittler­weile auch das deutsche Unternehmen Aurubis seine Werke zertifizieren lässt. In wichtigen Produktionsländern wie Chile haben bereits einige Minen dieses Siegel erhalten.113 Im Platinabbau gibt es insofern eine Ausnahme von durch die Industrie geprägten Standards, als der Standard der Multi-Stakeholder-Initiative IRMA immer mehr an Bedeutung gewinnt. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Endabnehmer (hier: die Automobilbranche, allen voran die deutsche) auf die Produzenten Druck aus­geübt haben.114

(Große) deutsche Unternehmen können vor allem über direkte Lieferbeziehungen mit Produzenten in Abbau­ländern ihre Gestaltungsmacht ausbauen und dabei ihr ganzes Gewicht in die Waagschale werfen. Für kleinere Abnehmer kann es indes schwierig sein, ihre Lieferketten zurückzuverfolgen und effektive Inst­rumente zu etablieren, mit denen sie die Nach­haltig­keit an früheren Stufen beeinflussen könnten. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind staatliche Unterstützungsmaßnahmen nötig, wie sie beispielsweise der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Bundes­regierung schon anbietet. Auch der Austausch zwi­schen Akteuren aus derselben Branche ist hilf­reich – so bildet der Branchendialog Automobil­industrie eine wichtige Plattform für Unternehmen.

Die Analyse der Kupfer- und der Platinlieferkette zeigt auch, dass der Einfluss von Staaten auf die Nachhaltig­keitsgovernance unterschiedlich gelagert ist. Da Deutschland nur begrenzt legislativ auf die vorgelagerten Lieferketten einwirken kann, sollte es strategisch(er) zusammenarbeiten mit den Staaten, in denen Berg­bau und Weiterverarbeitung stattfinden oder die Einfluss auf Handelszentren haben (siehe Empfehlungen auf S. 40).

Da die Vorkommen und die Förderung von Kupfer geografisch stark verteilt sind, ist es für deutsche Unternehmen zwar einfacher, ihre Bezugsquellen für diesen Primarrohstoff zu diversifizieren, als es bei Platin der Fall ist. Gleichzeitig ist es dadurch schwie­riger, auf die Standardsetzung in der Lieferkette Einfluss zu nehmen, weil die gewählten Instrumente verschiedenen regionalen Kontexten und Prioritäten gerecht werden müssen. Hier ist die Zusammenarbeit mit wichtigen Kupferexporteuren wie Chile zentral: Chilenische Bestrebungen, verbindliche Nachhaltigkeitsstandards zu etablieren und Initiativen der In­dustrie zu Nachhaltigkeit aktiv zu fördern,115 können auf andere Abbauländer ausstrahlen sowie positive Effekte auf andere Stufen der Lieferkette zeitigen.

In der stärker konzentrierten Platinlieferkette ist Südafrika als Hauptexporteur von entscheidender Bedeutung. Eine enge bilaterale Zusammenarbeit ist essenziell, um Nachhaltigkeit(sgovernance) im Berg­bausektor sowie die Standardsetzung für Unternehmen voranzubringen. Dies hätte auch positive Folgen für andere Abbauländer, zum Beispiel Simbabwe, da viele südafrikanische Bergbaufirmen transnational tätig sind.

Einige Abbau- und Verarbeitungs­länder sind in einer mächtigen Verhandlungsposition.

Es steht zu erwarten, dass die Nachfrage nach Metal­len, insbesondere für grüne Technologien, die Verhandlungsposition einiger Abbau- und Verarbeitungs­länder stärkt. Ähnlich wie bei vertikal integrierten Firmen haben Staaten, die an mehreren Stufen einer Lieferkette verortet sind, eine bessere Verhandlungsposition auf dem globalen Markt und gegenüber Abnehmern. So befinden sich Chile und Südafrika in einer guten Position, weil sie nicht nur als Haupt­exporteure von Kupfer bzw. Platin agieren, sondern bereits Teile der Raffinadeproduktion im eigenen Land angesiedelt haben. Forderungen nach Technologie­transfers und dem Aufbau lokaler Wertschöpfungs­ketten werden künftig aller Voraussicht nach eine größere Rolle spielen, wenn bilaterale Handels- und Kooperationsverträge ausgehandelt werden.

Eine zentrale Machtposition in Lieferketten von Metal­len hat China, wie das Beispiel Kupfer illust­riert. Das erschwert die Transparenz der Lieferketten, da Trans­port und Weiterverarbeitungsschritte in China für europäische Abnehmer kaum nachvollzieh­bar sind – und zahlreiche, vor allem menschenrechtliche Risiken bestehen. Außerdem ist die Bereitschaft chinesischer Raffinerien, sich an entsprechenden Nachhaltigkeits- und Transparenzinitiativen zu betei­ligen, nach wie vor zu niedrig bzw. die Umsetzung mangelhaft.116

Auch beim Handel sind die Möglichkeiten für Deutschland und die EU begrenzt, denn innerhalb der EU gibt es seit dem Austritt Großbritanniens keinen bedeutenden Handelsplatz mehr, der über europäische Gesetzgebung direkt reguliert werden könnte.

Wichtiges Korrektiv: Zivilgesellschaft und Gewerkschaften

Um Nachhaltigkeitsrisiken entlang von Lieferketten wirksamer begegnen zu können, müssen Zivilgesellschaft und Gewerkschaften enger einbezogen werden. Beide können einen Beitrag dazu leisten, dass Nach­haltigkeitsstandards in den Ländern, in denen Abbau und Weiterverarbeitung stattfinden, besser ausge­staltet und überprüft werden können. Hierzu sind demokra­tische Strukturen in den jeweiligen Ländern eine wichtige Voraus­setzung, weil sie die freie Arbeit von Gewerkschaf­ten und Zivilgesellschaft überhaupt erst ermög­lichen. Unerlässlich sind zudem ausgeprägte lokale Organisationsstrukturen sowie finanzielle und perso­nelle Kapazitäten. Formalisierte zivilgesellschaft­liche Organisationen, die über gesicherte Finanz­mittel verfügen, sind hier im Vorteil gegenüber ehrenamtlich tätigen und oft weniger formalisierten Organi­satio­nen, wie sie in Bergbaugemeinden häufig anzu­treffen sind.

In der horizontalen Dimension von Lieferketten haben zivilgesellschaftliche Akteure und Gewerkschaften Einfluss über bestehende lokale Governance­strukturen. Diese sind jedoch nicht überall in gleichem Maße vorhanden (siehe S. 23f). In der Regel verfügen diese Akteure nur über geringe Ressourcen und einen eingeschränkten Zugang zu Informationen – im Ver­gleich zu Politik und Wirtschaft. Gerade im Bergbau­sektor werden diese Machtasymmetrien deutlich.

In den demokratischen Staaten Peru, Chile und Süd­afrika haben zivilgesellschaftliche Akteure und Gewerk­schaften größere Einflussmöglichkeiten als in auto­ritären Regimen wie Simbabwe. In Südafrika sind Gewerkschaften zum Beispiel aufgrund stark ausge­prägter korporatistischer Strukturen in Dialogprozesse auf nationaler Ebene eingebunden und können sich auf umfangreiche Arbeitsrechte berufen. In Chile existiert eine heterogene Landschaft an NGOs und Verbänden, die sich einsetzen für Nachhaltigkeit im Bergbau und für die Rechte von vom Bergbau be­troffenen Gemeinden.

Indes bestehen auch hier Governancelücken, insbesondere bei Mitbestimmungsrechten von Bergbau­gemeinden und der Zivilgesellschaft. In Südafrika fehlt die legislative Verankerung im Bereich der Lizenzvergabe und des Monitorings des Bergbausektors. Des Weiteren sind keine Beschwerde- oder Schlichtungsstellen vorgesehen. Betroffene wenden sich meist an lokale NGOs oder an die South African Human Rights Commission (SAHRC). Doch diese Organisationen haben keine formalen Eingriffsrechte und nutzen im Fall eines akuten Konflikts den oft langwierigen Weg über Gerichte.117 In vielen Ländern Lateinamerikas, etwa in Peru, gibt es staatliche Ombudsstellen, die die Rechte der betroffenen Gemeinden schützen und bei Konflikten vermitteln sollen. Chile verfügt trotz ver­schiedener Initiativen in der Vergangenheit derzeit nicht über ein vergleichbares staatliches Organ.118 Solche Stellen können besonders dann ihre Wirkung entfalten, wenn sie unabhängig besetzt sind und auf Sanktionsmechanismen zurückgreifen können.119

Zivilgesellschaftliche Akteure treffen auf viele Probleme und brauchen Unterstützung.

Vielen zivilgesellschaftlichen Akteuren fehlt es an Geld, um beispielsweise einen Rechtsbeistand zu be­zahlen. Weitere Probleme sind juristische wie prak­tische Unklarheiten über Einbeziehungs- und Mit­bestimmungsrechte; zudem behindern korrupte Struk­turen, Bedrohungen und Gewalt die Arbeit von Akti­vistinnen und Aktivisten (siehe S. 14ff).120

Vor solchen Schwierigkeiten stehen die Menschen vor allem in autoritären Staaten wie Simbabwe, wo die Einflussnahme von Gewerkschaften und Zivilgesellschaft sehr begrenzt ist. Zum Teil versuchen diese Grup­pen, über politische Oppositionsparteien auf ihre Anliegen aufmerksam zu machen; in Entscheidungs­prozesse werden sie aber kaum einbezogen und öffentliche Kritik ist gefährlich.121 Ähnlich verhält es sich in China, wo Bürgerrechte, Meinungs- und Ver­einigungsfreiheit massiv eingeschränkt sind.122

Abgesehen von den lokalen Herausforderungen ist es für zivilgesellschaftliche Akteure, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen noch weniger möglich, auf andere Stufen metallischer Lieferketten bzw. auf die gesamte Lieferkette Einfluss zu bekommen. Wie in Kapitel »Herausforderung: Um‑ und Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards« (S. 25ff) aufgezeigt, ver­hindert neben fehlenden finanziellen und personellen Res­sourcen oft auch die Intransparenz der Lieferkette, dass die Akteure auf Risiken und konkrete Rechtsverletzungen hinweisen können. Also versuchen sie in erster Linie über öffentlichen Druck, durch inter­natio­nale Medienkampagnen und Proteste, ähnlich wie man sie aus dem Textil- oder Agrarsektor kennt, Ver­änderungen zu erzielen.123

Auf dem Weg zu einer nach­haltigen Rohstoffaußenpolitik

Trotz zahlreicher geopolitischer und struktureller Herausforderungen bietet die aktuelle Situation Chancen für deutsche und europäische Firmen, ihre Lieferbeziehungen im Bereich der metallischen Roh­stoffe um- und mitzugestalten. Hier sind strategische Ansätze gefragt, die gleichzeitig über politische Steue­rung die drei Zieldimensionen Resilienz, Nachhaltigkeit und Effizienz miteinander verbinden.124

Lieferketten diversifizieren

Eine große Aufgabe für Unternehmen besteht darin, ihre Lieferketten, wo immer möglich, zu diversifizieren, einseitige Abhängigkeiten – wie die von China – zu reduzieren und stabile Lieferbeziehungen zu etablie­ren. Ihre Einkaufspolitik, die bislang vor allem mone­tären Überlegungen folgt, sollte zunehmend länger­fristige Perspektiven und potenzielle Risiken mitein­beziehen, um ihrer Verantwortung für Versorgungs­sicherheit und Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Politische Entscheidungsträger und ‑trägerinnen kön­nen solche Ansätze flankieren und Maßnahmen tref­fen, die Anreize zur und Unterstützung bei der Diver­sifizierung von Lieferketten bieten.

Insbesondere der Ausbau der europäischen wie der internationalen Kooperation muss dabei stärker in den Fokus rücken. Zwar wird häufig darüber disku­tiert, metallische Lieferketten in den unmittelbaren eigenen Wirkungsbereich zu verlegen (Onshoring oder Nearshoring). Solche Strategien lösen aber bei vielen metallischen Rohstoffen nicht das Problem und scheitern an der geografischen Verfügbarkeit, wie das Beispiel Platin veranschaulicht.

Darüber hinaus ist in europäischen Staaten die Akzeptanz für den heimischen Abbau von Rohstoffen nicht immer vor­handen und neue Explorationsvorhaben sind extrem langwierig. Beides bedeutet nicht, dass grundsätzlich auszuschließen ist, dass künftig (wieder) Rohstoffe in Europa gefördert werden (Reshor­ing) – vor allem dort, wo Projekte zeitnah und unter strengen Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt werden könnten. Jedoch ist es grundsätzlich nicht möglich, dass die EU oder gar Deutschland lediglich durch euro­päischen Bergbau eine strategische Autonomie im Metallsektor erreichen.

Um die Abhängigkeiten von einigen Metallen zu verringern, ist es sinnvoll, Rohstoffe effizienter zu nut­zen, deutlich mehr zu recyceln und – nicht zuletzt – weniger zu verbrauchen. Das Beispiel Kupfer zeigt aber, dass der Bedarf die Menge an Schrot­ten, die zum Recycling derzeit zur Verfügung stehen, über­steigt.125 Das gilt gleichermaßen für einige andere Metalle. Gerade weil der Bedarf bei vielen Metallen noch zu­neh­men wird, ist der Ausbau der Kreislaufwirtschaft zumindest kurz- und mittelfristig nur ein Teil der Lösung. Daher muss die europäische und internationale Kooperation im Rohstoffsektor als zentrale Säule einer nachhaltigen Rohstoffaußenpolitik intensiviert werden. Dabei ist wichtig, dass Kooperationen durch hohe Nachhaltigkeitsstandards und konkrete Unterstüt­zungsangebote bei der Umsetzung unterlegt werden.

Abhängigkeiten von China reduzieren

Eine der größten Herausforderungen für deutsche Unternehmen, aber auch für die Bundesregierung ist die Schlüsselstellung Chinas in Lieferketten metallischer Rohstoffe.

Unternehmen sind gefordert, geopolitische Risiken und Nachhaltigkeitsfragen grundsätzlich mitzudenken.

Bestehende Abhängigkeiten und geopolitische Unsicherheiten erfordern von Unternehmen, voraus­schauend und strategischer als bisher zu handeln. Durch die Arbeit der DERA können deutsche Akteure sich schon heute umfassend darüber informieren, welche Abhängigkeiten in welchen Lieferketten metal­lischer Rohstoffe vorhanden sind. Nun sind die Unter­nehmen gefragt, zum einen ihre Lieferbeziehungen stärker nachzuverfolgen, zum anderen geopolitische Risiken sowie Nachhaltigkeitskriterien bei ihrer Be­schaffungspolitik grundsätzlich mitzudenken – und, wo nötig, konkrete Krisensituationen zu anti­zipieren und Diversifizierung anzustreben.

Mittlerweile gibt es zahlreiche Angebote für deutsche Unternehmen – etwa den Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte der Bundesregierung oder An­gebote des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkont­rolle (BAFA) –, die auch KMUs nutzen können, um sich über Menschenrechts- und Nachhaltigkeits­risiken zu informieren. Die DERA stellt ihrerseits Informationen über verschiedene Rohstoffe und mög­liche Risiken bereit, mit deren Hilfe Unternehmen sich ein Bild über die Herkunft ihrer importierten Roh­stoffe machen können.

Eine stärkere Diversifizierung muss aber politisch unterlegt und flankiert werden. Es empfiehlt sich, die Herausforderungen im Bereich metallischer Rohstoffe bereits in der deutschen China-Strategie klar zu be­nennen. Politische Entscheidungsträger und ‑trägerin­nen sollten dabei nicht nur auf den Abbau blicken, sondern besonders auf die Schmelz- und Raffinadeproduktion, da sich China hier als weltweit dominanter Produzent etabliert hat. Das gilt ebenfalls für das Recycling von Metallen (siehe Infokasten zu China, S. 9). Deutschland und die EU könnten sich, wenn sie eine neue Strategie für den Umgang mit China ent­wickeln, an der Japan Organization for Metals and Energy Security (JOGMEC) orientieren und finanzielle Mittel für den Bau von Schmelzhütten und Raffinerien außerhalb Chinas zur Verfügung stellen, um so Abhängigkeiten zu reduzieren, Lieferketten zu ver­kürzen und hohe Nachhaltigkeitsstandards zu garan­tieren.

Um dies zu erreichen, ist ein rohstoffspezifisches Vorgehen notwendig, denn Chinas Rolle variiert, je nachdem, welche Lieferkette man betrachtet (siehe S. 29ff). Dabei sollte der Fokus auf Metalle gelegt werden, bei denen die Abhängigkeit von China beson­ders groß ist. Zum Beispiel könnten in bedeutenden Produktionsländern wie Chile (Kupfer) die Modernisierung und der Ausbau von Schmelzhütten / Raffi­nerien gezielt gefördert werden. Sinnvoll wäre, ent­sprechende Möglichkeiten für weitere strategisch relevante Metalle zu identifizieren.

Eine komplette Entkopplung von China als Handels­partner für Metalle und mineralische Rohstoffe ist auf absehbare Zeit nicht realistisch: zum einen weil Diver­si­fizierungsstrategien nur langfristig umgesetzt werden können und Abhängigkeiten nicht vollkommen auf­lösbar sind; zum anderen weil die Lieferbeziehungen in diesem Sektor eng verflochten sind – eine vorschnelle Entkopplung hätte für Unternehmen massive ökono­mische Folgen. Deutsche politische Akteure müssen aber, im Verbund mit gleichgesinnten internationalen Partnern, einfordern, dass Nachhaltigkeits- und Men­schenrechtsstandards in China umgesetzt werden.

Wichtig ist, innerhalb der EU ein Level Playing Field zu schaffen, indem das europäische Lieferkettengesetz beschlossen und angewendet wird. Hierüber würde sich der Druck auf chinesische Unternehmen erhö­hen, ihre Produktionsbedingungen offenzulegen, da die Zahl der Abnehmer, die Sorgfaltspflichten unterliegen, steigt. Sind chinesische Firmen dann nicht bereit, etwaige Missstände in der Produktion zu beheben, oder gibt es Belege für systematische Menschenrechts­verletzungen bei chinesischen Zulieferern, bliebe euro­päischen Unternehmen als letztes Mittel nur, die Liefer­beziehungen abzubrechen. Die europäische Gesetzgebung muss dafür den nötigen Rahmen liefern.

Schließlich kann sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass Metallbörsen und ‑händler stärkere ver­bindliche Maßnahmen ergreifen müssen. Sie hätten zum Ziel, die Transparenz über die Produktherkunft zu erhöhen sowie Zertifizierungen in Bergbauprojekten und der Weiterverarbeitung in China zu fördern. Allerdings müssten hierzu auch Länder wie Groß­britannien und die Schweiz, wichtige Handelsplätze, überzeugt werden.

Strategische Allianzen aus- und aufbauen

Die Bundesregierung sollte anstreben, weitere strate­gische Partnerschaften im Rohstoffbereich aufzubauen sowie bestehende und verlässliche Beziehungen zu vertiefen. Ihr Interesse sollte sich nicht nur auf bereits etablierte Partner wie Australien oder Kanada richten, sondern ebenso auf Länder des Globalen Südens mit Demokratie- und Menschenrechtsorientierung. Chile und Südafrika, die im Rohstoffsektor schon heute eng mit Deutschland und Europa zusammenarbeiten, ver­fügen über hohe Standards und haben ihrerseits den Wunsch, die Kooperation zu intensivieren. Das OECD-Land Chile bemüht sich zum Beispiel aktuell darum, die eigenen Wertschöpfungsketten auszubauen, und konzentriert sich stark auf die Umweltverträglichkeit im Bergbau. Südafrika hat ein ähnliches Interesse und könnte durch bilaterale Kooperation unterstützt werden, Nachhaltigkeitsstandards besser umzusetzen. Die Bundesregierung kann hier noch weitere Länder identifizieren, die vergleichbare Normen und Werte vertreten und bereit sind, ihre Bedingungen im Roh­stoffsektor entsprechend zu gestalten.

Deutschland und die EU müssen potenziellen Partnern attraktive Angebote machen.

Diese Strategie, Friendshoring genannt, muss die Bedürfnisse der Partner in den Blick nehmen.126 Aufgrund der gestiegenen Nachfrage nach Metallen können sich viele Abbauländer ihre Partner mittlerweile aussuchen. Deutschland und die EU müssen deshalb attraktive Angebote machen und sollten Folgendes in ihr Portfolio aufnehmen: Kooperation beim Ausbau lokaler Wertschöpfungsindustrien und in der Forschung, Begleitung durch Projekte der Ent­wicklungszusammenarbeit. Die einseitige Abhängigkeit von Rohstoffexporten hat sich für viele Staaten als Entwicklungshemmnis herausgestellt, zumal die Zahl der Arbeitsplätze im Bergbau wegen der Tech­nisierung beim Abbau stetig sinkt. Für die Partnerländer ist die Förderung der lokalen Wertschöpfung ein konkreter Anreiz, der zudem mit der Schaffung von Arbeitsplätzen und wirtschaftlicher Entwicklung einhergeht und damit an lokale Entwicklungsziele anknüpft.127

Dabei müssen Unternehmen vor Ort stärker unterstützt werden, insbesondere kleinere Bergbau- und Verarbeitungsunternehmen mit geringen Ressourcen. Denkbare Formen der Unterstützung sind Technologie­transfer, Forschungskooperationen im Bereich Climate Smart Mining, Aus- und Weiterbildungsprogramme im Bergbausektor. Eine erfolgreiche Strategie für die Überarbeitung der Partnerschaften erfordert eine enge, ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Bun­desebene.

Neben der bilateralen und der EU-koordinierten Arbeit mit Partnerländern im Rohstoffsektor sollte die Bundesregierung den Dialog mit China aufrecht­erhalten – ähnlich wie bei anderen Staaten, die die nötigen Anstrengungen zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards vermissen lassen. Trotzdem ist es geboten, Menschenrechtsverletzungen sowie fehlende Umwelt- und Klimabemühungen in China immer wieder offen anzusprechen und mögliche Hebel in der Kooperation auszuloten, um hier Fortschritte zu erzielen.

Staaten, die Offenheit und Bereitschaft zeigen, ihre Nachhaltigkeitsgovernance zu verbessern, sollten im Rahmen bilateraler Zusammenarbeit unterstützt wer­den. Damit solche Ansätze glaubwürdig bleiben, sollte die Bundesregierung aber keine strategischen Partner­schaften mit Staaten eingehen, die keinerlei Bemühungen erkennen lassen, Menschenrechts- und Nach­haltigkeitskriterien umzusetzen (wie beispielsweise Simbabwe).

Politische Akteure in Deutschland und der EU müs­sen aufpassen, dass sie sich in strategischen Partnerschaften nicht vorschnell beeindrucken lassen, wenn die jeweiligen Partner Zusagen zu Klima- und Energie­fragen machen. Vielmehr sollten sie ebenso auf soziale und politische Rechte achten, da hier häufig beson­ders große Umsetzungslücken bestehen. Auch Unter­nehmen müssen deutlicher als bislang rote Linien definieren und klar kommunizieren, dass es Konse­quenzen für die Lieferbeziehungen hat, wenn sie über­schritten werden.

Europäische und internationale Kooperation intensivieren

Zusätzlich sollte von politischer Seite der Druck auf »widerwillige« Handelspartner, Unternehmen wie Staa­ten, erhöht werden: So kann ein starkes Lieferketten­gesetz auf europäischer Ebene ein Level Playing Field für europäische Unternehmen schaffen. Dadurch er­hielten sie nicht nur ein solides Fundament, um ihre Nachhaltigkeitskonzepte verlässlich umzusetzen, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen den EU-Partnern würde verbessert. Deutschlands Kooperation mit verschiedenen Staaten auch außerhalb der EU im Kontext der Minerals Security Partnership (MSP) kann hier weitere Impulse in puncto Nachhaltigkeitsstandards setzen, wobei Letztere klar formuliert und gemeinsam kommuniziert werden sollten.

Zudem müssen bestehende internationale Dialogformate stärker genutzt werden, um den Austausch mit Partnern zu fördern und Offenheit zu signalisieren – gerade vor dem Hintergrund aktueller geo­politischer Dynamiken und Verschiebungen. So könn­ten die im Rahmen der G20 begonnenen Dialoge zu Austauschplattformen erweitert werden, um diese für nachfolgende Verhandlungen zu nutzen. Der Binding-Treaty-Prozess der VN bietet eine Chance, mit roh­stoffreichen Ländern thematisch zu kooperieren. Dies würde auch dem Ziel dienen, Standards international zu systematisieren und anzuerkennen. Die EU kann aber nur dann wirkmächtig agieren, wenn sie stärker in innereuropäische Abstimmungen investiert und ein Verhandlungsmandat erhält.

Auf europäischer Ebene wurde bislang versäumt, den Global-Gateway-Prozess dafür zu nutzen, die Kooperation mit Produktionsländern metallischer Rohstoffe auszuweiten. Als Teil der Global-Gateway-Strategie werden Partnerländer beim Aufbau solcher Infra­struktur finanziell unterstützt, die mit der Agenda 2030 und dem Pariser Klimaabkommen über­einstimmt. Deutschland sollte sich dafür einsetzen, dass künftig Gelder aus diesem Programm auch für den Ausbau lokaler Wertschöpfungsstrukturen ver­wendet werden, etwa für die Weiterverarbeitung von Metallen bzw. ganz konkret für die Förderung von Schmelzhütten / Raffinerien. Diese Investitionen soll­ten an die Bedingung geknüpft werden, dass hohe Um­welt- und Menschenrechtsstandards etabliert werden, um einer effektiven Nachhaltigkeitsgovernance näher zu kommen.

Transparenz schaffen

Wenn Kooperationen mit europäischen und inter­nationalen Partnern ausgebaut werden sollen, ist es unabdingbar, in den komplexen Lieferketten metal­lischer Rohstoffe für (mehr) Transparenz zu sorgen. Dafür müssen Akteure, die an den »Nadelöhren« der Lieferketten tätig sind, in den Fokus politischer Regulierung rücken.

Hier kommen unterschiedliche Instrumente in Frage: verbindliche Berichtspflichten für Rohstoffhändler über die Beschaffung von Materialien; Richt­linien für deutsche Unternehmen, die an Metallbörsen handeln; Mapping-Tools, angeboten von Dritten. Die Bundesregierung hat dabei allerdings keinen direkten Zugriff auf die Regulierungsinstrumente an Rohstoffhandelsplätzen wie der Schweiz und Großbritannien oder an vielen Standorten der Schmelzhütten und Raffinerien selbst. Klare Vorgaben für deutsche Ab­nehmerfirmen können jedoch Druck auf Handelspartner bzw. Zulieferer erzeugen, die Geschäftsbeziehungen zu deutschen Unternehmen unterhalten.

Gleichzeitig muss der politische und wirtschaft­liche Druck auf Staaten, die zu einem gewissen Grad von der vorherrschenden Intransparenz profitieren (wie China oder die Schweiz und Großbritannien als wich­tige Handelsplätze), erhöht werden. Ein starkes europäisches Lieferkettengesetz hätte Signalwirkung auf außereuropäische Staaten, die an Lieferketten von Metallen beteiligt sind, und könnte Zulieferer dazu bringen, Käufern innerhalb der EU relevante Infor­ma­tionen zur Verfügung zu stellen. Initiativen wie die European Partnership for Responsible Minerals (EPRM) können die Kooperation europäischer Firmen inner­halb von Rohstofflieferketten befördern. Auch dar­über ließe sich für mehr Transparenz sorgen, unter ande­rem indem sektorübergreifende Beschwerde­mechanis­men geschaffen werden.

Darüber hinaus gibt es auf internationaler Ebene Initiativen, deren Ziel eine verbesserte Transparenz ist, etwa die Extractive Industries Transparency Ini­tiative (EITI). Unternehmen in teilnehmenden Staaten müssen Informationen über die gesamte Wertschöpfungskette der Rohstoffindustrie vorlegen, in Form eines Berichts. Dazu gehört auch, dass sie über Vergabe­praktiken für Verträge, über Besitzverhältnisse sowie Steuern und Finanzflüsse Auskunft geben. Selbst wenn Initiativen wie die EITI in Teilen reformbedürftig sind,128 kann eine Teilnahme die Transparenz in metallischen Lieferketten signifikant erhöhen.

Multi-Stakeholder-Prozesse statt Akteurskonkurrenz

Die Machtdivergenzen zwischen den an der Lieferkette beteiligten Akteuren führen dazu, dass Gemeinden sowie Arbeiterinnen und Arbeiter, die vor allem von Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden betroffen sind, meist den geringsten Einfluss auf die Nachhaltigkeitsgovernance haben bzw. nehmen können. Gerade deswegen ist die Einrichtung von Beschwerdemechanismen, wie sie im LkSG für eine Reihe von Unternehmen ab 2023 verbindlich fest­geschrieben ist, ein relevantes Instrument. Durch niedrigschwellige Beschwerdemechanismen, ange­boten in den Sprachen der Importländer, haben betroffene Gruppen die Möglichkeit, auf Missstände hinzuweisen. Dies sollten Unternehmen weniger als lästiges Instrument ansehen, sondern vielmehr als Chance – schließlich werden sie frühzeitig auf Miss­stände aufmerksam gemacht und können so ihr Nachhaltigkeitsmanagement verbessern.

Über die bilaterale Zusammenarbeit, zum Beispiel auch durch politische Stiftungen vor Ort, sollten lokale NGOs sowie Aktivisten und Aktivistinnen dabei unter­stützt werden, ihre politischen Anliegen und konkre­ten Beschwerden bei den jeweils zuständigen Akteuren vorbringen zu können (Staat oder Unternehmen, ggf. sogar beide). Wünschenswert wäre, dass lokale Grup­pen mit Ressourcen ausgestattet und so in die Lage versetzt werden, sich mit zivilgesellschaftlichen Orga­nisationen sowie Unternehmen entlang transnatio­naler metallischer Lieferketten besser zu vernetzen. Bisher verfügen solche lokalen Gruppen, Arbeiterinnen und Arbeiter nämlich zumeist über wenig bzw. zu wenig Ressourcen, um sich (häufig ehrenamtlich) in Initia­tiven einzubringen; Beschäftigte in Unternehmen und öffentlichen Institutionen dagegen leis­ten dies im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit.129 Durch eine bessere Vernetzung würde gewährleistet, dass Infor­mationen zu Risiken aus­getauscht, aber auch Anlie­gen und Ideen lokaler Gruppen zur nach­haltigen Gestaltung von Lieferketten gehört würden. Hilfreich hierfür wären ebenfalls mehr Rohstoff­dialoge auf deutscher und europäischer Ebene zu einzelnen Roh­stoffen, wobei die Zivilgesellschaft einbezogen wer­den müsste, beispielsweise nach dem Vorbild des deutschen Branchendialogs Automobil­industrie.130

Will man effektive Instrumente für die Nachhaltig­keitsgovernance von Lieferketten entwickeln, führt kein Weg daran vorbei, verschiedene Akteure mit oftmals divergierenden Interessen zusammenzubringen, also gerade auch kritische zivilgesellschaftliche Akteure aktiv zu beteiligen. Dafür empfiehlt es sich, Multi-Stakholder-Ansätze zu stärken, und zwar so­wohl an einzelnen Stufen als auch entlang der gesam­ten Lieferkette. Multi-Stakeholder-Formate unterschei­den sich in ihrer institutionellen Ausgestaltung und Funktionsweise:131 Sie können zum Beispiel einge­setzt werden bei Verhandlungen und Entscheidungen über Abbauprojekte, bei der Einführung von Zertifika­ten und Nachhaltigkeitslabels (z. B. IRMA), bei Bran­chendialogen oder runden Tischen auf internationaler Ebene.

Derartige Initiativen bilden im Rohstoffsektor wie in Rohstofflieferketten bisher allerdings die Ausnahme. Aktu­ell dominieren industriegeleitete Initiativen und Stan­dards, die in erster Linie dem Imageaufbau dienen und gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Sie besitzen sehr unterschiedliche Tiefe. Überdies laufen sie Gefahr, für Greenwashing ge- bzw. missbraucht zu werden – ge­rade wenn kritische Stimmen nicht eingebunden wer­den. Informations- und Verhandlungsasymmetrien verschärfen sich dadurch. Multi-Stakeholder-Formate sind ein gangbarer Weg, solchen Entwicklungen ent­gegenzuwirken.

»Smart Mix« statt regulatorischer Heterogenität

Mittlerweile gibt es eine Reihe freiwilliger und priva­ter Standards und Zertifikate im Bereich Nachhaltig­keit, die entweder speziell den Bergbausektor betref­fen oder die gesamte Lieferkette betrachten. Gleich­zeitig wurden bzw. werden in mehreren EU-Ländern verbindliche unternehmerische Sorgfaltspflichten eingeführt, wie zum Beispiel in Deutschland und Frankreich. Politische Entscheidungsträger und ‑träge­rinnen haben sich zum Ziel gesetzt, freiwillige und private Standards und staatliche Vorgaben miteinander zu verknüpfen – der anvisierte »Smart Mix« die­ser Instrumente soll maximale Wirkung entfalten.

Das Konzept des Smart Mix bietet diverse Vorteile: Wenn Unternehmen sich bereits zu freiwilligen Stan­dards verpflichtet haben, können sie die dazu auf Firmenebene etablierten Instrumente nutzen, um auch gesetzliche Regelungen zu erfüllen. Dies erhöht gleichzeitig den Druck auf diejenigen Unternehmen, die bisher noch keine Maßnahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit ergriffen haben. Initiativen, die aus privaten und staatlichen Akteuren bestehen, können in einem Multi-Stakeholder-Prozess entsprechende Standards (weiter)entwickeln, statt nur auf staatliche Vorgaben zu pochen, bei denen die Unternehmensperspektive nicht immer ausreichend miteinbezogen wird. Dies verbessert die Praktikabilität und Anwendbarkeit derartiger Standards. Unternehmen, die bis­lang noch nicht von Regelungen wie dem LkSG be­troffen sind oder sich aus anderen Gründen noch nicht ausführlich mit Nachhaltigkeitsinstrumen­ten be­schäftigt haben, können so dabei unterstützt wer­den, Nachhaltigkeitsstandards in ihre Firmen­kon­zepte zu integrieren.

Die Idee eines Smart Mix ist jedoch praktisch nicht immer leicht umzusetzen. Die Heterogenität der Ini­tiativen, Instrumente und Standards, die in den letz­ten Jahren entstanden sind und teilweise mitein­ander konkurrieren, überfordert nicht wenige Unter­neh­men. Dies trifft insbesondere auf KMUs zu, die sich einer großen Anzahl möglicher Zertifizierungsanbieter und Richtlinien gegenübersehen, aus denen sie eine verlässliche Auswahl vornehmen sollen, die ihnen im besten Fall auch dabei hilft, den gesetz­lichen An­forderungen zu entsprechen.132 Eine solche Konkur­renz von Standards ist für einen effizienten Smart Mix nicht förderlich – vielmehr sollten sie einander ergänzen. Um branchenübergreifende Lösun­gen zu finden, ist es notwendig, branchen- und nicht bran­chenspezifische Standards besser zu koordinieren; außerdem braucht es mehr übergeordnete Kont­roll­instanzen, beispielsweise durch staatliche Akkre­di­tierung.

Zudem besteht die Gefahr eines Race to the Bottom durch Zertifizierer und Auditoren, wenn es um die einzuhaltenden Standards und Überprüfungsmecha­nismen geht: Für Zertifizierer und Auditoren zählt die Zufriedenheit ihrer Kunden durch eine schnelle und preisgünstige Umsetzung. Das wiederum kann zulasten der tatsächlichen Sorgfalt bei den Über­prüfungsprozessen gehen.

Ein weiteres Problem liegt darin, dass Initiativen aus dem Globalen Norden den Markt dominieren, während Akteure aus dem Globalen Süden kaum oder nur punktuell einbezogen sind. Existierende Nachhaltigkeitsstandards aus anderen Weltregionen als dem Globalen Norden finden bisher kaum Beach­tung, obwohl der transnationale Charakter von Liefer­ketten einen integrativeren Ansatz erfordert. Vor­handene Standards und Konzepte sowie Überprüfungs­instrumente müssen die Perspektiven und Vorschläge aus Ländern des Globalen Südens stärker aufgreifen und diese Länder integrieren.133

Deutschland und die EU sollten vor allem solche privaten Standards anerkennen, die in Multi-Stakeholder-Prozessen entwickelt wurden.

Der Anspruch lautet also, von dem Ungleichgewicht und der Unübersichtlichkeit der derzeitigen heterogenen Standardlandschaft zu einem effektiven Smart Mix für eine funktionierende Nachhaltigkeitsgovernance zu gelangen. Um dies zu erreichen, sollten die Bundesregierung und die EU, wenn sie private Stan­dards offiziell anerkennen, darauf achten, dass es sich dabei um ambitionierte und staatlich akkreditierte Standards handelt, die idealerweise in Multi-Stake­holder-Prozessen entwickelt wurden. Diese Prozesse sollten einem öffentlichen Prüfverfahren unterliegen, um Interessenkonflikte bei der Umsetzung zu berück­sichtigen.134 Zusätzlich gilt es, Akteure aus dem Glo­balen Süden einzubinden, wenn Standards und Regu­lierungen entworfen werden, anstatt Partnerländer vor vollendete Tatsachen zu stellen und ggf. zu riskie­ren, dass bestimmte Vorgaben nicht mit lokalen Realitäten vereinbar sind.

Fazit

Im letzten Jahrzehnt sind die Anforderungen an die nachhaltige Gestaltung transnationaler Lieferketten stetig gewachsen. Regulatorische Meilensteine wie die Verabschiedung der VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (2011) oder die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen haben maßgeblich dazu beigetragen. Darüber hinaus ist bei Unternehmen und auf der Seite der Konsumentinnen und Konsumenten das Bewusstsein dafür gestiegen, dass Unternehmen in transnationalen Lieferketten Ver­antwortung tragen.

Gleichzeitig sind auch die Anforderungen an die Versorgungssicherheit deutscher Unternehmen mit metallischen Rohstoffen größer geworden, aufgrund geopolitischer Dynamiken. Dieser Bedarf wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen, weil für Energie- und Mobilitätswende, Digitalisierung und andere Zukunftstechnologien erhebliche Mengen metallischer Rohstoffe benötigt werden. Hinzu kommt eine große Unsicherheit mit Blick auf die Beziehungen zu und den Umgang mit China als zentralem Akteur in den Lieferketten vieler wirtschaftlich bedeutender Metalle. Es ist daher wahrscheinlich, dass strukturelle Unsicherheiten bei der Versorgung mit wichtigen Metallen in der Zukunft eher die Regel als die Aus­nahme sein werden.

Diese Risiken könnten zu dem Schluss verleiten, Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsziele hinter die Versorgungssicherheit zurückzustellen. Auf politi­scher Ebene, etwa bei den Aushandlungsprozessen um das europäische Lieferkettengesetz, wird ein Gegensatz zwischen den Zielen Nachhaltigkeit einer­seits und Versorgungssicherheit andererseits konst­ruiert, der letztendlich so nicht haltbar ist. Die Unter­suchung der Nachhaltigkeitsgovernance in den Liefer­ketten von Kupfer und Platin verdeutlicht vielmehr, dass die Um- und Durchsetzung von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsstandards sogar ein Kernelement von Versorgungssicherheit darstellt. Sie helfen dabei, vielfältige Risiken in Rohstofflieferketten frühzeitig zu identifizieren und zu reduzieren. Zudem können sie dazu beitragen, die Transparenz zu erhöhen und die Herkunft der Produkte für Importeure nachvollziehbar zu machen.

Um eine nachhaltige und effektive Lieferkettengovernance im Bereich metallischer Rohstoffe zu för­dern, muss die Bundesregierung auf den Ausbau von Recycling und Kreislaufwirtschaft sowie darauf setzen, dass deutsche Unternehmen ihre Lieferketten diversifizieren, ferner müssen internationale Koope­rationen intensiviert werden. Eine komplette Entkopplung von China ist kurzfristig weder möglich noch politisch zielführend. Dennoch sollten die gravierenden und höchst riskanten Abhängigkeiten, die in eini­gen Lieferketten metallischer Rohstoffe bestehen, dringend verringert werden.

Das erfordert eine stärkere europäische Zusammen­arbeit, aber ebenso den Ausbau der Rohstoffkoope­rationen mit strategischen Partnerländern (Friend­shoring). Auch in solchen Arrangements ist es unerläss­lich, Umwelt- und Nachhaltigkeitsstandards zu über­prüfen, da die Risiken für die Einhaltung von Men­schenrechten und Nachhaltigkeit im Bergbausektor grundsätzlich hoch sind. Dabei sollten die Bedürfnisse der Partner stärker als bislang miteinbezogen und ihnen Unterstützungsangebote gemacht werden, um die lokale Wertschöpfung zu verbessern. Dieses stra­tegische Vorgehen wird der Bundesrepublik nicht im Alleingang gelingen – hierfür ist eine gute europäische Koordination Voraussetzung.

Abkürzungsverzeichnis

BAFA

Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle

BGR

Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

BMAS

Bundesministerium für Arbeit und Soziales

BMWi

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

BMWK

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz

BMZ

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammen­arbeit und Entwicklung

CO2

Kohlendioxid

CSIS

Center for Strategic and International Studies

CSR

Corporate Social Responsibility

DERA

Deutsche Rohstoffagentur

ECCJ

European Coalition for Corporate Justice

EITI

Extractive Industries Transparency Initiative

EPRM

European Partnership for Responsible Minerals

ESG

Environmental, Social and Governance

EU

Europäische Union

G20

Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer

GIZ

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

IAKMR

Interamerikanische Kommission für Menschen­rechte

ICMM

International Council on Mining and Metals

ICSG

International Copper Study Group

IEA

Internationale Energieagentur

IFC

International Finance Corporation

IHRB

Institute for Human Rights and Business

ILO

Internationale Arbeitsorganisation

IRENA

Internationale Organisation für Erneuerbare Energien

IRMA

International Responsible Minerals Assurance

ISO

Internationale Organisation für Normung

JOGMEC

Japan Organization for Metals and Energy Security

KfW

Kreditanstalt für Wiederaufbau

KMUs

Kleine und mittlere Unternehmen

LkSG

Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

LME

London Metal Exchange

LPPM

London Platinum and Palladium Market

MCSA

Minerals Council South Africa

MNC

Multinationaler Konzern

MPFPR

Max-Planck-Foundation for International Peace and the Rule of Law

MSP

Minerals Security Partnership

NAP

Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschen­rechte

NGO

Nichtregierungsorganisation

OECD

Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

OEM

Original Equipment Manufacturer

OHCHR

United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights

PPP

Public Private Partnership

RLS

Rosa-Luxemburg-Stiftung

SAHRC

South African Human Rights Commission

SDGs

Ziele für nachhaltige Entwicklung

SNIS

Swiss Network for International Studies

STRADE

Strategic Dialogue on Sustainable Raw Materials for Europe

TCFD

Task Force on Climate-Related Financial Disclosures

UBA

Umweltbundesamt

UFK

Ungebundene Finanzkredite

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development

UNEP

Umweltprogramm der Vereinten Nationen

VK

Vereinigtes Königreich

VN

Vereinte Nationen

Literaturempfehlungen

Günther Maihold

Die neue Geopolitik der Lieferketten. »Friend‑shoring« als Zielvorgabe für den Umbau von Lieferketten

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2022 (SWP-Aktuell 45/2022)

Günther Maihold / Melanie Müller / Christina Saulich / Svenja Schöneich

Verantwortung in Lieferketten. Das Sorgfaltspflichtengesetz ist ein erster Schritt

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2021 (SWP-Aktuell 19/2021)

Melanie Müller

Versorgungssicherheit: Marktdynamiken und Machtverschiebungen einplanen

in: Barbara Lippert u. a. (Hg.), Internationale Politik unter Pandemie-Bedingungen. Tendenzen und Perspektiven für 2021, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2020 (SWP-Studie 26/2020), S. 49–52

Melanie Müller

Krisensichere Lieferketten: »Es geht nicht nur um Diversifizierung, sondern auch um Menschen­rechte«

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 28.1.2021 (Kurz gesagt)

Melanie Müller / Christina Saulich / Meike Schulze

Staatlich-private Kooperationen für nachhaltige Rohstofflieferketten. Chancen und Risiken am Beispiel des südafrika­nischen Bergbausektors

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2021 (SWP-Aktuell 84/2021)

Viktoria Reisch

Das Rennen um die Rohstoffe. Debattenbeiträge zur Rohstoffpolitik der EU nach Veröffentlichung der vierten Liste kritischer Roh­stoffe und des Aktionsplans 2020

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, März 2022 (SWP-Zeitschriftenschau 1/2022)

Christina Saulich / Svenja Schöneich

Build Back Better global denken: Strategien aus dem Globalen Süden stärken

in: Günther Maihold u. a. (Hg.), Deutsche Außenpolitik im Wandel. Unstete Bedingungen, neue Impulse, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2021 (SWP-Studie 15/2021), S. 78–81

Meike Schulze / Viktoria Reisch

Auch in Krisenzeiten: Lieferketten durch unternehmerische Sorgfaltspflicht stärken

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 2.9.2022 (Kurz gesagt)

Endnoten

1

 Statista Research Department, »Importe nach Deutschland nach Güterabteilungen (Top 15) im Jahr 2021 (in Milli­arden Euro)«, 2022, <https://de.statista.com/statistik/daten/ studie/164506/umfrage/deutscher-export-und-import-im-1-halbjahr-2010-nach-gueterabteilungen/> (eingesehen am 25.10.2022).

2

 DERA, DERA-Rohstoffliste 2021, Berlin 2021 (DERA Rohstoffinformationen, Nr. 49), <https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/ DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformationen-49.pdf?__blob=publicationFile> (eingesehen am 8.2.2022).

3

 International Energy Agency (IEA), The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions. World Energy Outlook Special Report (Flagship Report), Paris, Mai 2021, S. 8, <https://www. iea.org/reports/the-role-of-critical-minerals-in-clean-energy-transitions> (eingesehen am 1.8.2022).

4

 International Renewable Energy Agency (IRENA), World Energy Transitions Outlook 2022. 1.5 °C Pathway, Abu Dhabi, 2022, <https://irena.org/publications/2022/Mar/World-Energy-Transitions-Outlook-2022> (eingesehen am 1.8.2022).

5

Viktoria Reisch, Das Rennen um die Rohstoffe. Debattenbeiträge zur Rohstoffpolitik der EU nach Veröffentlichung der vierten Liste kritischer Rohstoffe und des Aktionsplans 2020, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, März 2022 (SWP-Zeitschriften­schau 1/2022), <https://www.swp-berlin.org/publikation/das-rennen-um-die-rohstoffe> (eingesehen am 10.11.2022).

6

 Christian Hagelüken u. a., »The EU Circular Economy and Its Relevance to Metal Recycling«, in: Recycling, 1 (2016) 2, S. 242–253.

7

 Johannes Perger, Wirtschaftsmächte auf den metallischen Rohstoffmärkten. Ein Vergleich von China, der EU und den USA, Berlin: Deutsche Rohstoffagentur (DERA), November 2020 (DERA Rohstoffinformationen, Nr. 46), <https://www. deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/ Downloads/DERA_Rohstoffinformationen/rohstoffinformatio nen-46.pdf?__blob=publicationFile&v=2> (eingesehen am 18.1.2021).

8

 European Commission, 3rd Raw Materials Scoreboard. European Innovation Partnership on Raw Materials, Luxemburg 2021, <https://op.europa.eu/de/publication-detail/-/publication/eb052a18-c1f3-11eb-a925-01aa75ed71a1> (eingesehen am 14.9.2022).

9

 Eric Onstad, »EU in Talks with China on Magnesium Shortages«, Reuters (online), 22.10.2021, <https://www.reuters. com/article/metals-magnesium-eu-idUSKBN2HC19Y> (eingesehen am 15.9.2022).

10

 Keith Johnson/Elias Groll, »China Raises Threat of Rare-Earths Cutoff to U. S.«, in: Foreign Policy (online), 21.5.2019, <https://foreignpolicy.com/2019/05/21/china-raises-threat-of-rare-earth-mineral-cutoff-to-us/> (eingesehen am 25.10.2022); Yun Schüler-Zhou u. a., Einblicke in die chinesische Rohstoffwirtschaft, Berlin: DERA, 2020 (DERA Rohstoffinformationen, Nr. 41), <https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DERA/ DE/Aktuelles/rohstoff_china.html?nn=2361168> (eingesehen am 16.12.2020).

11

 DERA, Deutsche Metallimporte aus Russland, Berlin, Februar 2022 (Chart des Monats, Februar 2022), <https://www. deutsche-rohstoffagentur.de/DERA/DE/Downloads/DERA %202022_cdm_02_Metallimporte%20aus%20Russland.pdf?__blob=publicationFile&v=3> (eingesehen am 10.11.2022).

12

 Jörg Lau u. a., »An der goldenen Kette«, in: Zeit online, 14.8.2022, <https://www.zeit.de/2022/33/china-handels partner-politik-wirtschaft-abhaengigkeit> (eingesehen am 13.9.2022); Max Haerder u. a., »Deutschlands Schicksalspartner. Raus aus China!?«, in: Wirtschaftswoche (online), 25.8.2022, <https://www.wiwo.de/my/politik/ausland/ deutschlands-schicksalspartner-raus-aus-china/28624758. html?ticket=ST-2977890-KeepIg4IOE9gfDhPg5lv-cas01. example.org> (eingesehen am 13.9.2022).

13

  Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), Rohstoffstrategie der Bundesregierung. Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nichtenergetischen mineralischen Rohstoffen, Berlin 2020, <https://www.bmwk.de/Redak tion/DE/Publikationen/Industrie/rohstoffstrategie-der-bundesregierung.pdf?__blob=publicationFile&v=4> (einge­sehen am 25.10.2022).

14

 Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), »Sichere Rohstoffbeschaffung« (online), <https:// www.bmwk.de/Redaktion/DE/Schlaglichter-der-Wirtschafts politik/2022/10/03-im-fokus.html> (eingesehen am 8.11.2022).

15

 Sénat, Rapport d’information de Mmes Sophie Primas, Amel Gacquerre et M. Franck Montaugé, fait au nom de la commission des affaires économiques, Paris, 6.7.2022 (n° 755 [2021–2022]), <https://www.senat.fr/notice-rapport/2021/r21-755-notice. html> (eingesehen am 26.11.2022).

16

 European Commission, »Critical Raw Materials Act: Securing the New Gas & Oil at the Heart of Our Economy | Blog of Commissioner Thierry Breton«, Pressemitteilung, Brüssel, 14.9.2022, <https://ec.europa.eu/commission/ presscorner/detail/en/STATEMENT_22_5523> (eingesehen am 10.11.2022).

17

 BMWK, »Sichere Rohstoffbeschaffung« [wie Fn. 14].

18

 The White House, Executive Order on America’s Supply Chains. A Year of Action and Progress, Washington, D. C., Februar 2022, <https://www.whitehouse.gov/wp-content/ uploads/2022/02/Capstone-Report-Biden.pdf> (eingesehen am 10.11.2022).

19

 U. S. Department of State, »Minerals Security Partnership Convening Supports Robust Supply Chains for Clean Energy Technologies«, Washington, D. C., Pressemitteilung, 22.9.2022, <https://www.state.gov/minerals-security-partnership-convening-supports-robust-supply-chains-for-clean-energy-technologies/> (eingesehen am 10.11.2022).

20

 European Coalition for Corporate Justice (ECCJ), »Map: Corporate Accountability Legislative Progress in Europe«, Brüssel, 25.1.2022, <https://corporatejustice.org/publications /map-corporate-accountability-legislative-progress-in-europe/> (eingesehen am 13.9.2022).

21

 Europäisches Parlament/Rat der Europäischen Union, Verordnung (EU) 2017/821 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2017 zur Festlegung von Pflichten zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten in der Lieferkette für Unionseinführer von Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erzen und Gold aus Konflikt- und Hochrisiko­gebieten, 19.5.2017, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/ DE/TXT/?uri=celex:32017R0821> (eingesehen am 13.9.2022).

22

 Council of the European Union, »Council Adopts Position on Due Diligence Rules for Large Companies«, Pressemitteilung, Brüssel, 1.12.2022, <https://www.consilium .europa.eu/en/press/press-releases/2022/12/01/council-adopts-position-on-due-diligence-rules-for-large-companies/> (eingesehen am 10.12.2022).

23

 ECCJ, »Map: Corporate Accountability Legislative Progress in Europe« [wie Fn. 20].

24

 Bettina Engels, »Handwerklicher Bergbau«, in: Jan Brunner u. a. (Hg.), Wörterbuch Land- und Rohstoffkonflikte, Bielefeld: transcript Verlag, 2019 (Global Studies), S. 135–140, doi: 10.14361/9783839444337-019.

25

 Ausgenommen die Produktion von Eisen.

26

 DERA, DERA-Rohstoffliste 2021 [wie Fn. 2], S. 11ff.

27

 Sebastian Luckeneder u. a., »Surge in Global Metal Mining Threatens Vulnerable Ecosystems«, in: Global Environmental Change, 69 (2021), doi: 10.1016/j.gloenvcha.2021.102303.

28

 Lukas Rüttinger u. a., Impacts of Climate Change on Mining, Related Environmental Risks and Raw Material Supply. Final Report, Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt (UBA), Juni 2020 (Texte, Nr. 106/2020), <https://www.umweltbundesamt.de/ publikationen/impacts-of-climate-change-on-mining-related> (ein­ge­sehen am 2.11.2020).

29

 Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), Kupfer. Informationen zur Nachhaltigkeit, Hannover, Juli 2020, <https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/ Gemeinsames/Produkte/Downloads/Informationen_Nachhaltigkeit/ kupfer.pdf> (eingesehen am 10.9.2022).

30

 Daniel Weiss u. a., Umweltrisiken und -auswirkungen in glo­balen Lieferketten deutscher Unternehmen. Branchenstudie Automobil­industrie, Dessau-Roßlau: UBA, Mai 2022 (Texte, Nr. 56/2022), <https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltrisiken-auswirkungen-in-globalen-lieferketten> (eingesehen am 5.7.2022).

31

 Interview mit einem südafrikanischen Juristen/einer süd­afrikanischen Juristin und Gespräche mit NGOs, 2.11.2021, 4.11.2021 und 12.11.2021.

32

 Amnesty International u. a., Unearthing the Truth. How the Mines Failed Communities in the Sekhukhune Region of South Africa, London 2022, <https://www.wits.ac.za/media/wits-university/ faculties-and-schools/commerce-law-and-management/ research-entities/cals/documents/programmes/environment /resources/Unearthing%20the%20truth%20final%20 report. pdf> (eingesehen am 10.8.2022).

33

 Global Witness, »Which Industries Are Linked to the Killings?«, London, o. J., <https://www.globalwitness.org/ en/campaigns/environmental-activists/numbers-lethal-attacks-against-defenders-2012/> (eingesehen am 29.7.2022).

34

 Maximilian Spohr, Human Rights Risks in Mining. A Baseline Study, Hannover: BGR/Max-Planck-Foundation for Internatio­nal Peace and the Rule of Law (MPFPR), 2016, <https://www. bgr.bund.de/DE/Themen/Zusammenarbeit/Techn Zusammen arbeit/Downloads/human_rights_risks_in_mining.pdf> (eingesehen am 10.11.2022).

35

 Jane Pillinger/Nora Wintour, Risks of Gender-Based Violence and Harassment: Union Responses in the Mining, Garments and Electronics Sectors, IndustriALL Global Union/Friedrich-Ebert-Stiftung, 15.3.2022, <https://www.industriall-union.org/ sites/default/files/uploads/documents/2022/GBVH/gbvh_ mining.pdf> (eingesehen am 10.12.2022).

36

 International Labour Organization (ILO), Women in Mining. Towards Gender Equality, Genf 2021, <https://www.ilo. org/sector/Resources/publications/WCMS_821061/lang--en/index.htm> (eingesehen am 10.11.2022).

37

 »CIDH presenta caso sobre responsabilidad de Perú por efectos de la contaminación en la Comunidad de La Oroya« [IAKMR legt Fall zur Verantwortung Perus für die Auswirkungen der Kontamination in der Gemeinde La Oroya vor], in: Revista Energiminas (online), 22.10.2021, <https://energi minas.com/cidh-presenta-caso-sobre-responsabilidad-de-peru-por-efectos-de-la-contaminacion-en-la-comunidad-de-la-oroya/> (eingesehen am 16.9.2022).

38

 Sikho Luthango, Extraterritorial Obligations in the Governance Gap. What South Africa’s Mine Closures Can Teach Us about the Utility of Binding International Legal Frameworks, Berlin: Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS), April 2022 (Policy Paper, Nr. 1/2022), <https://www.rosalux.de/en/publication/id/46314/extraterritorial-obligations-in-the-governance-gap> (eingesehen am 11.5.2022).

39

 United Nations Environment Programme (UNEP), International Resource Panel, Global Resources Outlook 2019. Natural Resources for the Future We Want, Paris 2019, S. 76, <https://wedocs.unep.org/handle/20.500.11822/27517> (eingesehen am 16.9.2022).

40

 Wilhelm Kuckshinrichs u. a., »CO2 Emissions of Global Metal-Industries. The Case of Copper«, in: Applied Energy, 84 (2007) 7–8, S. 842–852.

41

 ILO, Sectoral Studies on Decent Work in Global Supply Chains. Comparative Analysis of Good Practices by Multinational Enterprises in Promoting Decent Work in Global Supply Chains, Genf 2015, S. 139ff, <https://www.ilo.org/sector/Resources/publications /WCMS_467295/lang--en/index.htm> (eingesehen am 10.11.2022).

42

 United Nations Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR), OHCHR Assessment of Human Rights Concerns in the Xinjiang Uyghur Autonomous Region, People’s Republic of China, Genf, 31.8.2022, <https://www.ohchr. org/en/documents/country-reports/ohchr-assessment-human-rights-concerns-xinjiang-uyghur-autonomous-region> (eingesehen am 12.9.2022).

43

Human Rights Watch, »China. Events of 2020«, <https://www.hrw.org/world-report/2021/country-chapters/ china-and-tibet#eaa21f> (eingesehen am 10.11.2022).

44

 Wasil Schauseil, »Problematische Lieferk