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Die Krise der Macht in Zentralasien spitzt sich zu

Arbeitspapier FG 5 2003/ Nr. 06, 15.09.2003, 9 Seiten

3. Neue Opposition aus dem Herzen des Establishments

Eine auffällige Tendenz in den zentralasiatischen Staaten ist derzeit die Entstehung einer system-immanenten Opposition, die aus den Reihen der herrschenden Elite stammt. In Kirgistan gehören ihre Vertreter bereits zur Führung der neuen Oppositionsbewegung.

Seit Herbst 2001 regt sich auch innerhalb Kasachstans Elite Widerstand gegen das Regime. Dies hat zu einer Machtkrise von Präsident Nursultan Nasarbajew geführt, auf die er unter anderem mit seiner Regierungsumbildung vom Januar 2002 reagierte. Für Unruhe sorgt hier ein interner Machtkampf unterschiedlicher Elite-Seilschaften. Dabei versuchen sich verschiedene Protagonisten für die Nachfolge Nasarbajews in Position zu bringen. Noch bedrohlicher für das Regime ist es, daß aus der Mitte des Establishments eine Fundamental-Opposition entstanden ist. Regierungsmitglieder und ehemals regime-nahe Wirtschaftsvertreter gründeten im November 2001 die Nasarbajew-kritische Sammelbewegung "Demokratische Wahl Kasachstans". Sie fordert eine Liberalisierung der Wirtschaft, den Kampf gegen die Korruption und eine Dezentralisierung der Staatsverwaltung. Die "Demokratische Wahl" hat gute Chancen, die Frustration weiter Bevölkerungsteile aufzugreifen und dem Regime damit gefährlich zu werden.

Ähnliche Tendenzen zur Entstehung einer system-immanenten Opposition zeigen sich auch in Turkmenistan. Im Gegensatz zu ihren kasachischen und kirgisischen "Kollegen" müssen die turkmenischen Regime-Gegner aus dem Exil heraus agieren. Drei Mitglieder der herrschenden Elite Turkmenistans setzten sich daher im Spätherbst 2001 nach Rußland ab, darunter der langjährige Außenminister Boris Schichmuradov. Im November 2001 hatte er die oppositionelle "Volksdemokratische Bewegung Turkmenistans" gebildet und Nijasow in einem Interview als Diktator bezeichnet. Im Juni 2002 wandten sich in Wien Vertreter unterschiedlicher turkmenischer Oppositionsgruppen an die Weltöffentlichkeit. Sie beklagten die fortgesetzte Mißachtung selbst der elementarsten Menschenrechte, die Diskriminierung nationaler Minderheiten und die rapide Verschlechterung der sozio-ökonomischen Lage in Turkmenistan. Dieser gemeinsame Auftritt kann als ein erster Ansatz zur Vereinigung der oppositionellen Kräfte gesehen werden, der ihnen mehr Schlagkraft gegen Nijasow verleihen könnte.

Auch in Usbekistan kann eine zunehmende Polarisierung innerhalb der herrschenden Schicht beobachtet werden. Tadschikistan ist ohnehin ein in Gefolge des Bürgerkriegs gespaltenes Land, in dem verschiedene regionale Clans gegeneinander und gegen die Regierung von Emomali Rachmonov kämpfen. Die hier beschriebene Entwicklung zeigt, daß die zentralasiatischen Regime es mit ihren bisherigen Mitteln immer weniger vermögen, die Loyalität der gesamten Elite zu sichern. Damit droht ihnen eine wichtige Grundlage ihrer bisherigen Herrschaft abhanden zu kommen.