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Die Krise der Macht in Zentralasien spitzt sich zu

Arbeitspapier FG 5 2003/ Nr. 06, 15.09.2003, 9 Seiten

9. Das Fazit: Ein Gesamtkonzept für die Stabilisierung Zentralasiens ist notwendig

Die hier skizzierten Entwicklungen sollten für die internationale Gemeinschaft Anlaß zum Handeln sein. Eine Stabilisierung Zentralasien stellt nicht nur für einen erfolgreichen Verlauf des "war on terrorism" eine Voraussetzung dar, sondern auch für die Umsetzung der langfristigen Interessen westlicher Staaten. Strategische Ziele mischen sich hier mit wirtschaftlichen. Die Region in der unmittelbaren Nachbarschaft von Afghanistan, Rußland, China und den Golfstaaten hat hohe geopolitische Bedeutung. Dies gilt um so mehr, wenn ein Angriff gegen den Irak erfolgen sollte. Ein gesicherter Zugang zu der erdöl- und erdgasreichen Region, die zeitweise gar als "zweiter Golf" gehandelt wurde, verspricht einen wichtigen Baustein in der energiepolitischen Diversifizierung der USA und europäischer Länder.

US-amerikanische Militär- und Finanzhilfe für die autoritären Regime in Zentralasien, deren Legitimität immer mehr von der Bevölkerung in Frage gestellt wird, kann sich zum Bumerang entwickeln. Denn sie birgt die Gefahr, daß die dortige Bevölkerung den Westen mit den korrupten Eliten identifiziert. Eine Verstärkung latent anti-amerikanischer Stimmungen in der Bevölkerung könnte dann die westlichen Interessen gefährden, erst recht, wenn die Region ins Chaos stürzt. Demokratie, Marktwirtschaft und liberale Werte, die von den herrschenden Regimen in Zentralasien pervertiert werden, drohen bei der Bevölkerung mehr und mehr in Mißkredit zu geraten. Die langfristigen Folgen dieser US-Politik in Zentralasien könnten genau diejenigen sein, welche die Allianz bekämpfen möchte: Regionale Instabilität und Staatsversagen, einhergehend mit einer Radikalisierung der Bevölkerung und dem Bedeutungszuwachs des politischen, religiösen oder ethno-nationalistischen Extremismus.

Vor diesem Hintergrund ist es dringend geboten, ein abgestimmtes Gesamtkonzept der USA und der europäischen Länder für die umfassende Stabilisierung des zentralasiatischen Raums zu entwickeln und zügig umzusetzen. Dieses muß weit über den Kampf gegen den Terrorismus hinausgehen. Die Probleme in Zentralasien lassen sich nicht alleine mit Kreditprogrammen oder Beihilfen bekämpfen. Ganz oben auf der Agenda sollten die Förderung von good governance, Menschenrechten und Demokratie sowie einer ausgewogenen sozio-ökonomischen Entwicklung stehen. Die Menschen in den zentralasiatischen Ländern müssen die Möglichkeit bekommen, von der Transformation zur Marktwirtschaft zu profitieren und die positive Wirkung liberaler Werte auf ihre persönliches Leben zu spüren. Hier sind sämtliche Mitglieder der Anti-Terror-Allianz und insbesondere die Europäischen Union und die atlantische Gemeinschaft aufgerufen, mit allen nur gebotenen Mitteln Druck auf die Potentaten vor Ort auszuüben - bevor es zu spät ist.

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