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Einigung über Beschlußmodus
Die Einigung auf den besten Beschlußmodus
Das Kohärenz- birgt im Gegensatz zum Konsenskonzept das Risiko, daß nicht zustimmende Konventsmitglieder konkurrierende Konzepte entwickeln oder unterstützen könnten. Vor allem aus diesem Grund favorisieren das EP, wichtige nationale Parlamente, viele Eurodiplomaten und Kommissionspräsident Prodi die Zielvorgabe eines einzigen Konsenstextes, der den Konvent gleichsam zur Einigung zwingt. Zwei Einwände seien hierzu erlaubt:
1. Im Charta-Konvent war das Konsensprinzip tatsächlich ein wichtiges Entscheidungsverfahren, vor allem weil es die Durchführung kontroverser Abstimmungen vermeidbar machte. Die vom Konvent selbst gewählte Präsidentschaft brachte in den verschiedenen Arbeitsphasen die Entwürfe ein, stellte aufgrund ihrer eigenen Einschätzung das Vorliegen eines Konsenses fest und teilte das in eigener Verantwortung der Ratspräsidentschaft mit. Das geschah mit so gutem Augenmaß, daß es die Handlungsfreiheit des Präsidenten nach innen und nach außen erhöhte und ohne Zweifel die rasche Erreichung des Ziels begünstigte.
Beim neuen Konvent läßt sich angesichts seiner größeren Teilnehmerzahl, des - großenteils von den Regierungen oktroyierten - Präsidiums, und des weit kontroverseren Gegenstands nur schwer vorstellen, daß der Konvent oder auch die Regierungen dem Präsidium diese Freiheiten geben. Hierzu hat es bereits einen ersten Austausch zwischen Europäischem Parlament und der Präsidentschaft gegeben. Der jetzt ins Auge gefaßte Rhythmus von zwei Plenarsitzungen pro Monat, und vieler Präsidentschaftssitzungen andererseits läßt viele Parlamentarier jedoch weiter fürchten, auch die jetzige Präsidentschaft wolle an ihnen vorbei mit einer von oben dirigierten Konsensstrategie die entscheidende Rolle bei der Konzipierung des Konventsberichts spielen. Valéry Giscard d’Estaing hat diese Sorgen dadurch zu entkräften versucht, daß er eine starke Rolle für die Parlamentarier versprach. Man sollte also nicht auf Konsens setzen. Überdies dürfte die Erfahrung von Abstimmungen und Mehrheitssuche im Konvent, an denen die Regierungsvertreter ja voll und ganz teilnehmen, auch als solche bereits einen wertvollen Vorlauf und eine Art von Präzedenz für die anschließende Regierungskonferenz bilden. Dort wird die Bereitschaft, zugunsten von kohärenten Mehrheitskonzepten auf die Durchsetzung einzelner Minderheitsanliegen zu verzichten, letztlich noch wichtiger sein.
Im übrigen hatte der Vertrag von Amsterdam von vornherein den Preis für den Konsens im Grundrechtekonvent ausgesetzt: sein Entwurf sollte ausdrücklich als Ganzes übernommen werden. Laeken dagegen hat durch seinen Optionenwunsch beim Verfassungskonvent für alle Teilnehmer erkennbar die Möglichkeit eröffnet, daß Minderheitenpositionen über die folgende Regierungskonferenz doch noch Eingang in die Vertragsrevision von 2004 finden. Der Konvent selber wird diese Perspektive bei einem solchen Thema schwerlich durch einen künstlichen Konsenszwang schließen können.
2. Auch und gerade die schwierige Phase der Vertragsratifizierung gibt schließlich Anlaß, die Variante eines ehrgeizigen und kohärenten Dokuments vorzuziehen. Denn Optionen für die Verbesserung verschiedener Verfahrensaspekte sind in den jeweiligen nationalen Debatten möglicherweise auch leichter auseinanderzunehmen, für einzelne von ihnen sind leichter Ausnahmen oder Neuverhandlungen zu verlangen, wie das nach den Referenden der letzten Vertragsänderungen geschehen ist. In den mühsamen und zweifellos zeitaufwendigen Ratifikationsprozeß geht man daher besser mit einem Projekt hinein, das für solche Strategien möglichst wenige Anhaltspunkte bietet und welches von seinem eigenen Anspruch her den großen politischen Aufwand rechtfertigt, in der Öffentlichkeit und für seine eigenen Initiatoren.