Der amerikanische Präsident Donald Trump hat verkündet, dass er das ultimative Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern vermitteln werde. Wie er das erreichen möchte, ist auch nach seinem Besuch in der Region nicht klarer geworden, wie Muriel Asseburg feststellt.
Kurz gesagt, 23.05.2017 ForschungsgebieteMuriel Asseburg
Der amerikanische Präsident Donald Trump hat verkündet, dass er das ultimative Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern vermitteln werde. Wie er das erreichen möchte, ist auch nach seinem Besuch in Israel und den palästinensischen Gebieten nicht klarer geworden, wie Muriel Asseburg feststellt.
Sicher ist hingegen, dass auch Trumps Bemühungen kaum über vertrauensbildende Maßnahmen und Gespräche hinauskommen dürften, wenn sie nicht von einem grundsätzlich veränderten Umgang mit den Konfliktparteien begleitet werden. Ein halbes Jahrhundert nach der Besetzung der palästinensischen Gebiete (West Bank, Ost-Jerusalem und Gaza-Streifen) hat Israels Regierung nicht nur die Siedlungstätigkeit weiter verstärkt, sie hat mit der Verabschiedung des „Gesetzes zur Regelung der Besiedlung Judäas und Samarias“ im Februar 2017 auch offen die Annexion von Teilen der West Bank eingeleitet. Ost-Jerusalem hatte Israel ohnehin schon 1980 annektiert und zu seiner ewigen und ungeteilten Hauptstadt erklärt. Eine Umkehr dieser Politik steht für Israels Regierung nicht auf der Agenda. Für die palästinensische Führung wiederum ist ein Abkommen inakzeptabel, das hinter die territoriale Minimalforderung eines unabhängigen und lebensfähigen Staates in den 1967 besetzten Gebieten, (wenn auch mit einem begrenzten Gebietstausch), zurückfällt.
Veränderte Rolle Europas im Nahostfriedensprozess
Auch wenn den Europäern bislang von Trump anscheinend keine Rolle im Friedensprozess zugedacht wird: Bald dürften Deutschland und seine Partner in der EU einmal mehr gefragt sein, die amerikanische Politik durch Maßnahmen zum Ankurbeln der Wirtschaft in der West Bank und zur Linderung der humanitären Notlage im Gaza-Streifen zu unterstützen. Doch angesichts der Verfestigung des Besatzungsregimes und der schrittweisen Ausweitung israelischer Hoheitsrechte auf die besetzten Gebiete sollten sie davon Abstand nehmen und ihren eigenen Ansatz überdenken. Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung kann unter den gegebenen Umständen der territorialen Zerstückelung und der Einschränkung des Personen- und Warenverkehrs in, zwischen und aus den palästinensischen Gebieten nicht angestoßen werden, wie in den Berichten der internationalen Finanz- und Entwicklungsinstitutionen regelmäßig hervorgehoben wird.
Deutsche und europäische Bemühungen sollten sich daher erstens darauf richten, Einfluss auf die Gestaltung des Rahmens zu nehmen, in dem Verhandlungen stattfinden – so es denn dazu kommt. Denn nur wenn Verhandlungen die legitimen Interessen beider Konfliktparteien berücksichtigen, haben sie Aussicht auf Erfolg. Die entsprechenden Parameter haben die EU3 bereits im Februar 2011 im UN-Sicherheitsrat vorgestellt: eine territoriale Regelung auf Grundlage der Grenzen von 1967 mit vereinbartem Gebietstausch; Sicherheitsarrangements, die die Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigen; eine gerechte und einvernehmliche Regelung der Flüchtlingsfrage sowie Jerusalem als Hauptstadt beider Staaten.
Zweitens sollten die Europäer ihren Beitrag dazu leisten, das Kosten-Nutzen-Kalkül der israelischen Regierung und Bevölkerung so zu beeinflussen, dass die Beendigung der Besatzung attraktiver wird als deren Verfestigung und der Übergang zur Annexion. Dazu gehört, die in den letzten Jahren bereits eingeleitete – und durch Sicherheitsratsresolution 2334 vom Dezember 2016 von allen Staaten geforderte – Differenzierungspolitik der EU im Umgang mit Israel und den Siedlungen konsequent fortzusetzen. Neben einem Monitoring der von Israel und Europäern ergriffenen Maßnahmen müsste dies die Ausarbeitung eines Verhaltenskodex‘ für europäische Unternehmen beinhalten, der auch solche europäischen Investitionen und Firmenbeteiligungen ächtet, die indirekt in Siedlungsaktivitäten fließen. Konsequent wäre auch ein Verbot des Imports von Siedlungsprodukten in die EU. Darüber hinaus sollten die EU-Mitgliedsstaaten mindestens ebenso dringlich darüber diskutieren, welche Maßnahmen jenseits von Differenzierung geeignet sind, die europäische Ablehnung des völkerrechtswidrigen Vorgehens in den besetzten Gebieten in aller Deutlichkeit zu signalisieren, und wie sie dies der israelischen Politik und Bevölkerung wesentlich eindringlicher und verständlicher als bislang kommunizieren können.
Drittens sollten Deutschland und die EU Verantwortung übernehmen, um das Konfliktpotential, das dem derzeitigen Umgang mit dem Gaza-Streifen durch Israel, Ägypten und die Palästinensische Autorität (PA) innewohnt, dauerhaft zu entschärfen. Dies ist angesichts der humanitären Notlage und der sich zuspitzenden Spannungen zwischen Ramallah und Gaza von großer Dringlichkeit. Eine Weichenstellung, die eine nachhaltige Verbesserung der Situation im Gaza-Streifen ermöglichen würde, erfordert das Aushandeln eines langfristigen Waffenstillstandes inklusive eines Krisenmechanismus. Ebenso notwendig ist zumindest eine teilweise Rückkehr zu den Vorkehrungen des Agreement on Movement and Access von 2005, das den Personen- und Warenverkehr aus dem Gaza-Streifen regeln sollte. Dabei könnte die EU-Mission EUBAM-Rafah eine (veränderte) Rolle an den Grenzübergängen, bei der Beobachtung der Küstengewässer und in einem Krisenmechanismus übernehmen.
Einbindung auch der Hamas
Ohne eine Einbeziehung der Hamas-Regierung vor Ort kann all dies jedoch nicht funktionieren. In diesem Sinne sollten die Europäer nicht länger den unversöhnlichen Ansatz des palästinensischen Präsidenten gegenüber seinen Konkurrenten in Gaza mittragen, sondern das kontraproduktive Kontaktverbot gegenüber der Hamas aufheben, sie in Gespräche einbinden und so auch dafür sorgen, dass der palästinensische Präsident als vollwertiger Verhandlungspartner für die West Bank und den Gaza-Streifen sprechen kann.
Sicherlich würden Deutschland und die EU mit einem solchen Ansatz nicht synchron mit der derzeitigen amerikanischen Führung arbeiten. Sie würden sich vielmehr darauf konzentrieren, die Punkte zu bearbeiten, die bei Präsident Trumps hemdsärmeligem Vorgehen unter den Teppich gekehrt werden und letztlich zu einem Scheitern seines Ansatzes führen dürften.
Mit ihrem Gesetz zur Legalisierung von bisher illegalen Siedlungen im Westjordanland hat die israelische Regierung den Geist der Zwei-Staaten-Lösung beerdigt, der bisher zentral für alle Friedensbemühungen mit den Palästinensern war, meint Peter Lintl.
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