Deutschland als arktischer Sicherheitsakteur
Neue Leitlinien deutscher Arktispolitik unter schwierigeren Bedingungen
SWP-Studie 2025/S 19, 16.12.2025, 33 Seitendoi:10.18449/2025S19
ForschungsgebieteFregattenkapitän Helge Adrians ist Gastwissenschaftler in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik.
Michael Däumer war für die Arbeitsbereiche Arktis und Ostseezusammenarbeit im Auswärtigen Amt zuständig und vertrat Deutschland von 2014 bis 2018 im Arktischen Rat.
Dr. Tobias Etzold ist als freier Wissenschaftler in Oslo / Norwegen tätig. Bis 2018 war er Wissenschaftler in der Forschungsgruppe EU/Europa der SWP und bis vor kurzem am Norwegischen Institut für Außenpolitik (NUPI).
Dr. Michael Paul ist Gastwissenschaftler und war von 2007 bis 2025 Senior Fellow in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik.
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Die Arktis und der arktisch-nordatlantische Raum gewinnen aufgrund der besseren Zugänglichkeit arktischer Seewege und Ressourcen an geopolitischer Relevanz. Deutschland sollte sich in diesem Raum stärker politisch, militärisch und wirtschaftlich einbringen.
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Erforderlich für eine erfolgreiche deutsche Arktispolitik sind eine engere Zusammenarbeit mit Arktisstaaten und Partnern in der EU und der Nato, eine stärkere sicherheitspolitische Einbindung Deutschlands und eine bessere Verzahnung von zivilen und militärischen Kapazitäten.
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Der arktisch-nordatlantische Raum ist als Einheit zu begreifen und im Kontext der Sicherheit Europas zu betrachten. Für Deutschland folgt daraus, dass es sich aktiv an der Stabilisierung dieses Raums beteiligen und zur Bewahrung der fragilen Balance in der Arktis beitragen sollte.
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Eine deutsche Arktisstrategie sollte Prinzipien wie eine regelbasierte Ordnung und Multilateralismus nicht nur bekräftigen, sondern sie auch mit klar definierten politischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Instrumenten zu schützen versuchen.
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Langfristig sollte eine deutsche Arktisstrategie über die Leitlinien von 2024 hinausgehen und konkrete Schritte zur Wahrung deutscher Interessen in der Region festlegen. Deutschland muss eine Strategie entwickeln, die klare Prioritäten setzt, politische und sicherheitspolitische Maßnahmen definiert, Ressourcen mobilisiert und insgesamt Handlungsfähigkeit generiert und ausstrahlt.
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Deutschland sollte seine neue Arktispolitik konsequenter in eine europäische Gesamtpolitik einbinden. Durch enge Abstimmung mit der EU‑Außen- und Sicherheitspolitik und eine aktive Mitgestaltung der EU‑Arktisstrategie kann Deutschland seine Interessen wirksamer vertreten und zugleich zur Handlungsfähigkeit Europas in der Region beitragen.
Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung und Schlussfolgerungen
2 Deutschlands Interessen in der Arktis
3 Die deutschen Arktisleitlinien
3.1 Sicherheit und Stabilität in der Arktis
3.2 Regelbasierte Ordnung als Sicherheitsfrage: Deutschlands normativer Anspruch in der Arktis
3.3 Klima, Umwelt, Forschung und nachhaltige Entwicklung
4 Arktispolitik im Umbruch: Die sicherheitspolitische Zeitenwende in Deutschlands Leitlinien
4.1 Hohe Ambitionen, geringe Umsetzungskraft: Prioritäten strategisch neu denken
4.2 Strategischer Kompass für die Arktis: Handlungsfelder und Prioritäten
4.3 Intensivierung der Zusammenarbeit mit verbündeten Arktisstaaten
4.4 Deutschlands Arktispolitik europäisch einbetten
4.5 Diplomatische Initiative und multilaterale Foren stärken
4.6 Wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen
4.7 Wissenschaftliche Zusammenarbeit stärken
4.8 Militärische Präsenz und Normalisierung des Übungsbetriebs
Problemstellung und Schlussfolgerungen
Im September 2024 hat die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz neue Leitlinien für die deutsche Arktispolitik veröffentlicht. Wie frühere Strategiepapiere zum Indo-Pazifik (2020), zu Afrika (2020), zur Sahel-Region (2020), zu China (2023), zur Nationalen Sicherheit (2023) und zur Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (2024) enthält auch dieses Dokument zahlreiche nachvollziehbare politische Zielsetzungen, darunter die Wahrung der Sicherheitsinteressen nicht nur Deutschlands, sondern auch der EU und der Nato in der Region und die Förderung eines besseren Verständnisses der Rolle der Arktis im globalen Klimasystem. Über die allgemeine Bekundung von Interesse und Unterstützung hinaus fehlt es jedoch an konkreten Plänen zur Umsetzung der Leitlinien und an einer strategischen Logik. Maßnahmen werden unter Finanzierungsvorbehalt gestellt, was die Glaubwürdigkeit des ambitionierten Anspruchs, den das Dokument erhebt, untergräbt und weder im Inland noch auf internationaler Ebene eine Erwartungssicherheit schafft. Mit dem Aufheben der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben ist dieses Problem teilweise behoben. Doch es fehlt an einer konkreten Vorstellung mit langfristiger Perspektive, wie mit bestimmten Mitteln die gesetzten Ziele realisiert werden können. Dadurch besteht die Gefahr, dass Ressourcen und Maßnahmen ineffizient oder nur in den Grenzen eingefahrener Denkweisen eingesetzt werden.
Während Kooperation und Multilateralismus in früheren Leitlinien als Garanten für Frieden und Sicherheit betrachtet wurden, zeigt sich nun ein umgekehrter Ansatz: Frieden und Sicherheit sollen die Grundlage dafür schaffen, internationale Zusammenarbeit und Stabilität in der Arktis zu bewahren. Dies stellt nicht nur einen Perspektivwechsel dar, sondern verdeutlicht die wachsende Relevanz der sicherheitspolitischen Dimension in der Arktis.
Aber wie sind Stabilität und Sicherheit unter schwierigeren Bedingungen zu erhalten? Worin besteht die deutsche Rolle im arktisch-nordatlantischen Raum und welche konkrete Unterstützung will und kann Deutschland bei der Friedenssicherung dort mittel- und langfristig leisten? Die Leitlinien lassen hier Spielräume offen. Sie betonen immerhin diplomatische Präsenz, militärische Sichtbarkeit im Rahmen von Bündnissen, die Erhöhung von Resilienz, den Ausbau von Infrastruktur und die Entwicklung strategischer Frühwarnfähigkeit. Diese Ambitionen müssen allerdings tatsächlich verfolgt und ihre Umsetzung durch geeignete (unter Umständen auch minilaterale) Maßnahmen ergänzt werden, zum Beispiel durch Gesprächsformate oder eine intensivierte Militärkooperation wie die Maritime Sicherheitspartnerschaft zwischen Deutschland, Norwegen und Kanada, der im Juni 2025 auch Dänemark beigetreten ist.
Die Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz wird sich vor der großen Herausforderung sehen, die Landes- und Bündnisverteidigung in zwei verschiedenen maritim geprägten Richtungen sicherzustellen, im Nordosten mit der Ostseeregion und im Nordwesten mit dem arktisch-nordatlantischen Raum. Dies erfordert eine intensivere operative Unterstützung von Verbündeten und Partnern in Nordeuropa und Nordamerika und eine engere Abstimmung mit ihnen. Es erfordert auch die Planung und Priorisierung von konkreten strategischen Projekten, die finanziell realisierbar sind. Nur so kann Deutschland als verlässlicher und glaubwürdiger Akteur in der Arktis wahrgenommen werden.
Darüber hinaus muss Deutschland sich stärker auf die Vertretung seiner nationalen Interessen fokussieren: Die Absicherung von Lieferketten und der Versorgung mit Rohstoffen und Energieträgern aus der europäischen Arktis ist heute noch unverzichtbar. Die Vorkommen von Seltenen Erden in der Region gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Die veränderte Sicherheitslage erfordert eine stärkere Verknüpfung von zivilen und militärischen Kapazitäten, um gesamtgesellschaftliche Interessen zu wahren. Dies gilt auch für wissenschaftliche Projekte, die sicherheitsrelevante Erkenntnisse liefern, die wiederum die Resilienz der deutschen Arktispolitik erhöhen können.
Die Bundesregierung steht vor der zentralen Herausforderung, die Leitlinien der deutschen Arktispolitik von 2024 in eine kohärente, umsetzungsfähige und zukunftsgerichtete nationale Arktisstrategie zu überführen. Dies setzt mehr voraus als die bloße Fortschreibung bestehender Positionen: Gefordert ist ein Politikwechsel, an dessen Ende Deutschland seine Rolle in der Arktis langfristig definiert. Dazu muss sicherheitspolitisches Denken systematisch in Politik, Verwaltung und Gesellschaft verankert werden, auf klaren Prioritäten und realistischen Wirkungserwartungen beruhen und sich in einem kohärenten Einsatz außenpolitischer Instrumente niederschlagen. Deutschland muss lernen, strategisch zu denken, langfristig zu planen und sicherheitspolitisch vorausschauend zu handeln. Dies schließt die Bereitstellung verlässlicher finanzieller Mittel ebenso ein wie den Aufbau einer spezifischen Expertise – etwa durch die Förderung von sicherheitspolitischen Studiengängen und die Integration von Arktisthemen in wissenschaftliche Netzwerke und Ausbildungsprogramme. Zugleich muss die Bundesregierung den engen Schulterschluss mit arktischen EU-Mitgliedstaaten und europäischen Beobachterländern im Arktischen Rat suchen, um gemeinsam die geopolitische Präsenz und Handlungsfähigkeit Europas im Hohen Norden auszubauen. Für Deutschland bedeutet dies, seine eigenen Interessen im Bereich Sicherheit, Klima und Forschung nicht isoliert zu verfolgen, sondern aktiv in eine europäische Gesamtstrategie einzubringen. Die deutsche Arktisleitlinie muss auf strategischer Vorausschau, finanzieller Verlässlichkeit, internationaler Bündnisfähigkeit und innovationsgetriebenen technologischen Kapazitäten basieren und zugleich die sicherheitspolitische Realität eines geopolitisch zunehmend wichtigen und umstrittenen Raums reflektieren. Wenn es der Bundesregierung gelingt, diesen strategischen Rahmen konsequent zu gestalten, leistet Deutschland nicht nur einen zentralen Beitrag zur Resilienz und Handlungsfähigkeit Europas in der Arktis, sondern stärkt auch seine eigene außenpolitische Souveränität in einer sich wandelnden Weltordnung.
Deutschlands Interessen in der Arktis
Deutschland hat als Land in der Mitte Europas ein besonderes Interesse an verlässlicher internationaler Sicherheit. Dies gilt auch für die Arktis als ein Zentrum des globalen Klimawandels und Schauplatz geopolitischer Rivalität. Selbst dort werden Frieden und Sicherheit durch die Konkurrenz der USA und Chinas in Frage gestellt und durch die Kriegspolitik Russlands bedroht. Diese Annahme liegt den neuen Leitlinien der deutschen Arktispolitik zugrunde, wenn eingangs erklärt wird: »Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sich das geopolitische Umfeld für die deutsche Arktispolitik nachhaltig verändert.«1 Die Bundesregierung beabsichtigt daher, »eine aktive sicherheitspolitische Rolle bei der Unterstützung ihrer Nato-Verbündeten und EU-Partner in der Region zu übernehmen.«2
Als drittgrößte Wirtschaftsmacht weltweit und einer der größten Rohstoffverbraucher wickelt Deutschland seinen Außenhandel zum größten Teil über die See ab. Aufgrund dieser Abhängigkeit von sicheren maritimen Verkehrswegen hat die Deutsche Marine eine besondere Verantwortung beim Schutz der Küstengewässer und der angrenzenden Seegebiete sowie der Seeverbindungslinien.3 Noch sind die arktischen Seewege – Nördliche Seeroute, Transpolare Route und Nordwestpassage – auf absehbare Zeit von Meereis bedeckt und deswegen für die kommerzielle Schifffahrt zu schwierig zu passieren, was das Zustandekommen eines kontinuierlichen Seeverkehrs behindert. Dies beginnt sich jedoch allmählich zu ändern: Arktische Passagen werden in Zukunft eine kostengünstigere und schnellere atlantisch-pazifische Verbindung zwischen Asien, Europa und Nordamerika ermöglichen. In der Arktisstrategie des Pentagon vom Juli 2024 wurde erstmals der Sommer des Jahres 2030 als mögliches Datum einer eisfreien Arktis genannt.4
Eine »eisfreie« Arktis ist ein Ozean, in dem weniger als eine Million Quadratkilometer von Meereis bedeckt ist.5 Das bedeutet aus verschiedenen Gründen nicht, dass dann schon ein reibungsloser Seeverkehr im Arktischen Ozean aufgenommen werden kann, wie über 20 Schiffe demonstriert haben, die im Winter 2021/22 auf der Nördlichen Seeroute durch Meereis blockiert wurden. Aber Pläne, die auf die Schiffbarkeit arktischer Transitwege und damit verknüpfte Hafenprojekte – ob im norwegischen Kirkenes oder im südkoreanischen Busan – bauen, haben zunehmend bessere Aussichten auf Verwirklichung. Wirtschafts- wie sicherheitspolitisch werden die Gewässer im Nordpolarraum perspektivisch als Verbindungsweg auch für nicht-arktische Akteure wie Deutschland, Frankreich und Großbritannien auf atlantischer sowie China, Japan und Südkorea auf pazifischer Seite des Arktischen Ozeans relevant.
Neben fossilen Energieträgern gewinnen weitere Ressourcen der Arktis an Bedeutung. So kommen in Grönland 25 von 34 Rohstoffen wie Kupfer, Lithium und Seltene Erden vor, welche die Europäische Kommission als strategisch wichtig eingestuft hat. Die EU und Grönland haben im November 2023 daher eine strategische Rohstoffpartnerschaft begründet, um die Entwicklung von Abbauprojekten zu unterstützen. Die Errichtung der erforderlichen Infrastruktur in Grönland soll mit Mitteln der Global-Gateway-Initiative gefördert werden.6 Ein Bezug darauf ist in den Leitlinien nur am Rande zu finden. So betont die Bundesregierung – im Einklang mit den Zielen der Global-Gateway-Initiative – die Wichtigkeit einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Rohstoffgewinnung in der Arktis, die zur Sicherheit der Rohstoffversorgung Deutschlands beitragen kann.7
»Die Bedeutung der Arktis für Deutschland hat in den letzten Jahren weiter zugenommen«8 und dieser Trend wird andauern. Die strategische, ökonomische und sicherheitspolitische Relevanz der Arktis für Deutschland wächst, da die Region nicht nur als Verkehrsweg und Wirtschaftsraum, sondern auch als geopolitischer Spannungsraum mit sicherheitspolitischen Herausforderungen zunehmend in den Fokus rückt. Russland hat schon 2007 begonnen, seine militärische Präsenz in der Region zu erneuern und auszubauen.9 Hinzu kommt das wachsende Engagement der Volksrepublik China in der Arktis,10 das zahlreiche Fragen aufwirft, insbesondere im Zusammenwirken mit Russland: Wenn zunehmend chinesische Schiffe die Nördliche Seeroute befahren, ist zum einen zu erwarten, dass die dortige defizitäre maritime Infrastruktur zu einem Problem wird; zum anderen stellt sich dann im Hinblick auf die künftige Nutzung als internationale Wasserstraße die Frage, ob durch das zurückgehende Meereis auch Artikel 234 des VN-Seerechtsübereinkommens (SRÜ) seine Berechtigung verliert.11 Auf Dauer wird anderen ausländischen Schiffen der Zugang nicht verwehrt werden können.12 Der ehemalige US-Marinestaatssekretär Kenneth Braithwaite hatte im Januar 2021 angekündigt,13 eine »Freedom of Navigation Operation« (FONOP) durchzuführen, was der US-Regierung zum Ende der ersten Amtszeit von Präsident Trump aber offenbar wenig erfolgversprechend erschien und weiterhin unter Umständen eine gefährliche Eskalation bedeuten kann.14 Deutschland wird sich auch mit diesen seerechtlichen Fragen befassen müssen, wenn es seine nationalen Interessen wahren will.
China will durch den Bau eines weiteren schweren Eisbrechers seine ständige Präsenz im Nordpolarmeer sicherstellen und damit seine Ambitionen als »polare Großmacht« unterstreichen. Diesem Anspruch und der damit einhergehenden Bedrohung amerikanischer Sicherheitsinteressen sucht die US-Regierung unter Donald Trump durch eigene Aktivitäten wie den Bau neuer Eisbrecher und Fähigkeiten zur Raketenabwehr zu begegnen. Damit erhöht sich die Gefahr, dass die Großmachtrivalität in der Arktis auch Nicht-Arktisstaaten erfasst. Das Risiko reicht von andauernden sicherheitsgefährdenden Vorfällen bis hin zur Blockade transatlantischer Verbindungswege im Fall eines militärischen Konflikts in Europa, weshalb die schon im Kalten Krieg wichtige Engstelle zwischen Grönland, Island und dem Vereinigten Königreich (GIUK Gap) wieder militärisch relevant geworden ist. Deutschland hat die Bedeutung der Nordflanke erkannt und bereits Maßnahmen zu ihrem Schutz eingeleitet. Diese müssen jedoch fortgesetzt und verstetigt werden.
Die deutschen Arktisleitlinien
Nach einem langwierigen interministeriellen Abstimmungsprozess hat die Bundesregierung unter dem damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz zum Abschluss einer ganzen Reihe von anderen strategischen Dokumenten (Indo-Pazifik-Leitlinien [2020], Kompass für Afrika [2020], Sahel-Strategie [2020], China-Strategie [2023], Nationale Sicherheitsstrategie [2023]) im September 2024 neue Leitlinien für die deutsche Arktispolitik veröffentlicht. Nach generellen Ausführungen über die Relevanz der Arktis für Deutschland enthält das Dokument drei Kapitel, die jeweils ein Thema in den Mittelpunkt stellen: erstens Sicherheit und Stabilität, zweitens regelbasierte Ordnung und Resilienz und drittens Klima-, Natur- und Umweltschutz sowie nachhaltige Entwicklung. Diese Abschnitte werden im Folgenden mit einem Fokus auf sicherheitspolitisch relevante Aspekte dargestellt und bewertet.
Sicherheit und Stabilität in der Arktis
Geopolitisch könne die Arktis nicht mehr als eine abgeschlossene Region betrachtet werden: »Sicherheit und Stabilität in der Arktis sind eng verbunden mit der Sicherheitslage in der Nord- und Ostsee sowie dem Nordatlantik.«15 Es liege daher weiter im deutschen Interesse, wie es in den Leitlinien von 2019 heißt, »bestehenden geopolitischen Spannungen in der Region zu begegnen und (Interessens-)Konflikten und potentiellen Krisen in der Arktis vorzubeugen«,16 um das Nordpolargebiet als konfliktarme Region zu erhalten, die dort vorkommenden Ressourcen auf friedliche und nachhaltige Weise zu nutzen und die freie Schifffahrt zu bewahren. Allerdings hat sich seit den Leitlinien von 2019 die geopolitische Lage weiter gravierend verändert: Die russische Vollinvasion der Ukraine 2022, Russlands zunehmende Militarisierung der Arktisregion und Trumps nationalistische Außenpolitik »Make America Great Again« (MAGA)« ziehen grundlegende Annahmen deutscher Sicherheitspolitik in Zweifel: Haben die Nato-Staaten, inklusive USA, noch ein gemeinsames Verständnis von Raumverantwortung, Aufgabenerfüllung und Abschreckung im Rahmen der Allianz?
Unter Präsident Donald Trump ist die sicherheitspolitische Abstimmung mit Europa von wachsender strategischer Unklarheit geprägt. Multilaterale Verpflichtungen werden von Washington selektiv behandelt und häufig kurzfristigen Interessen untergeordnet. Das Prinzip gemeinsamer Raumverantwortung in der Arktis gerät damit ins Wanken. Darüber hinaus stellt sich in dieser Lage die Frage, wie handlungsfähig Europa in einem zunehmend multipolar geprägten geopolitischen System der Arktis ist.
Deutschland betreibt seinen Außenhandel zum größten Teil über den Seeweg. Wichtige Rohstoffe für die großen deutschen Schlüsselindustrien werden fast ausschließlich über See beschafft.17 Aufgrund dieser Abhängigkeit von der Sicherheit maritimer Verkehrswege hat die Deutsche Marine eine besondere Verantwortung beim Schutz der eigenen Küstengewässer und der angrenzenden Seegebiete sowie der Seeverbindungslinien. Denn ein Land mit einer solchen Außenhandelsorientierung muss sich bewusst sein, »dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um [seine] Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege«.18 Die heftige Kritik an dieser Äußerung führte im Mai 2010 zum Rücktritt des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler – als ob er nur schnöde Wirtschaftsinteressen und nicht auch gesellschaftlichen Wohlstand und Sicherheit im Blick gehabt hätte.
Die naheliegende Frage wurde damals nicht gestellt, nämlich »wie Deutschland als Mitglied in einem Seebündnis wie der Nordatlantischen Allianz überhaupt seine Interessen wahrnehmen wolle, wenn es dem Interesse der Sicherung der Seewege keine politische Priorität gäbe«.19 Das Engagement zugunsten internationaler Regime und einer regelbasierten Ordnung darf daher den potentiellen Rückgriff auf militärische Mittel nicht ausschließen: »Internationale Regelwerke bedürfen der Untermauerung durch die Option, bei Zuwiderhandlung Zwangsmaßnahmen verhängen zu können. Die Bereithaltung von maritimen Kräften steht damit auch in den Diensten internationaler Regime.«20
Das Engagement zugunsten einer regelbasierten Ordnung darf den potentiellen Rückgriff auf militärische Mittel nicht ausschließen.
Seeseitig ist die Deutsche Marine heute deshalb regelmäßig mit ihren Kräften bei Übungen im Hohen Norden präsent. Ob als Bestandteil der ständigen maritimen Einsatzverbände der Nato (Standing NATO Maritime Groups), im Rahmen bilateraler Kooperationen mit Norwegen oder bei Gelegenheit anderweitiger maritimer Vorhaben: Der subarktische Bereich des Nordatlantiks gehört zu den Standardseegebieten, in denen die Deutsche Marine operiert, wobei die Nordsee im Spannungs- und Verteidigungsfall die entscheidende Verbindung zur Landes- und Bündnisverteidigung bildet.
Deutschland und seinen europäischen Partnern ist es ebenso wie Kanada und den USA ein wichtiges Anliegen, die Sicherheit und Resilienz der Länder im arktisch-nordatlantischen Raum zu erhöhen. Dies kann durch den Ausbau militärischer und ziviler Infrastruktur, eine höhere maritime Präsenz und eine Intensivierung des Informationsaustauschs unter Einbeziehung der Erkenntnisse nicht-militärischer Akteure erfolgen. Diese Maßnahmen werden aus zwei Gründen zusehends wichtiger: einerseits zur Abschreckung Chinas und Russlands, welche die Arktis mehr und mehr zur Machtprojektion gegenüber Europa nutzen; andererseits ist die Arktis für die Verteidigung der atlantischen Seeverbindungen zwischen Nordamerika und Europa von zentraler Bedeutung, ein Faktor, der – wie die US-Arktisstrategie des Pentagon von 2024 betont21 – aus dem zuvor genannten Umstand wieder aktuell geworden ist.
Die USA sind größter Bereitsteller maritimer Fähigkeiten in der Nato, jedoch vor dem Hintergrund der chinesischen Machtpolitik mehr und mehr außerhalb Europas und seiner Peripherie gefordert. Viele ihrer spezialisierten Fähigkeiten setzen sie daher bevorzugt dort ein, wo eine Konfrontation mit China nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Seit der ersten Regierungszeit von Trump wird der Arktis sicherheitspolitisch mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Dies darf aber über zwei Punkte nicht hinwegtäuschen: Erstens hat es über Jahrzehnte eine Vernachlässigung gegeben, aus der gravierende Defizite erwachsen sind.22 Zweitens betrifft dies noch stärker als den atlantischen den pazifischen Teil der Arktis, auf den die USA aufgrund der Lage ihres Bundesstaats Alaska und der Spannungen mit China in höherem Maße ihre Aufmerksamkeit richten.
Die neue US-Arktispolitik unter der zweiten Präsidentschaft Trumps zeichnet sich durch einen aggressiveren Kurs aus, der auf die robuste Durchsetzung von US-Interessen in der Region abzielt. Mit seiner wiederholten Ankündigung, Grönland notfalls gewaltsam annektieren zu wollen, wird der Nato-Partner Dänemark brüskiert und das transatlantische Vertrauen nachhaltig erschüttert. Ein solches Verhalten untergräbt das bestehende Sicherheitsgefüge, in dem die USA privilegierten Zugang zur Insel genießen und eng mit Dänemark zusammenarbeiten. Vor dem Hintergrund der 2011 angekündigten Schwerpunktverlagerung der US-Außenpolitik in den indo-pazifischen Raum (»Asia Pivot«, später »Rebalancing«) und der Auswirkungen der »Make America Great Again«-Politik wird es für Europa umso dringlicher, dass seine wirtschaftlich stärkste Nation, Deutschland, unmittelbaren Bedrohungen europäischer Sicherheit eigenständiger und glaubwürdiger entgegentritt,23 in Kooperation mit den europäischen Partnern. Nur wenn Deutschland und Europa mehr sicherheitspolitische Eigenverantwortung zeigen, lässt sich auch langfristig das Argument aufrechterhalten, dass Europa und das atlantische Bündnis für die Sicherheit der USA von zentraler Bedeutung sind.24 Die US-Außenpolitik unter Trump verdeutlicht, dass sich die Sicherheitsprioritäten Washingtons verschieben – was für Europa und insbesondere für Deutschland den Handlungsbedarf erhöht, militärische Fähigkeiten auf- und auszubauen, um den eigenen Kontinent zu verteidigen.
Die Arktis stellt Berlin vor neue sicherheitspolitische Herausforderungen. Die Nordflanke der Nato ist aufgrund ihrer geografischen Bedingungen ein schwierig zu überwachender Raum und es fehlt eine wirkungsvolle Sicherheitsarchitektur. Die in den Leitlinien angestrebte »aktive sicherheitspolitische Rolle«25 im arktisch-nordatlantischen Raum kann auf der diplomatischen Ebene in Zusammenarbeit mit den Arktisstaaten übernommen werden. Letztendlich hängt es jedoch von der Fähigkeit der deutschen Streitkräfte ab, diese Rolle auch an der Nordflanke militärisch auszufüllen. Eine stärkere Marinepräsenz kann nur mit einem hohen finanziellen Engagement und der Verwirklichung jener Planungen realisiert werden, die im Zielbild Marine 2035+26 formuliert sind und durch die die Flotte wachsen sowie moderner und kampfkräftiger werden soll. Das Zielbild fokussiert sich auf die Einführung neuer Technologien wie unbemannter Systeme und künstlicher Intelligenz und auf die Schaffung neuer Fähigkeiten.
»Die strategisch-militärische Bedeutung der Arktis wird auf absehbare Zeit weiter zunehmen«, wird in den Leitlinien konstatiert.27 Was aber folgt daraus?
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Erstens kann die Ostflanke nicht ohne die Nordflanke abgesichert werden: Deutschland und seine Verbündeten am Skagerrak und Kattegat müssen eine dauerhafte Verbindung zwischen Nord- und Ostsee sicherstellen können, damit Kräfte zugeführt und abgezogen werden können.
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Zweitens und daraus folgend muss es das Ziel sein, das maritime Lagebild zu verbessern und zu verdichten, um Überraschungen zu verhindern, zum Beispiel die Sabotage von kritischer Infrastruktur über und unter Wasser. Bei dieser Aufgabe hat die Deutsche Marine zum 1. Oktober 2024 mit dem Commander Task Force (CTF) Baltic in Rostock eine Führungsrolle in der Ostseeregion übernommen. CTF Baltic soll an entscheidender Stelle darauf hinwirken, die Kooperation zwischen den Nato-Seestreitkräften in der Ostsee zu vertiefen und deren Interoperabilität weiter zu verbessern.28
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Drittens braucht Deutschland eine Marine, deren Fähigkeiten seiner Abhängigkeit von sicheren Seeverkehrswegen, der angespannten geopolitischen Lage und den daraus resultierenden sicherheitspolitischen Erwartungen gerecht wird. So wird beim stetigen Blick auf die Ostflanke schnell vergessen, dass die Deutsche Marine für den Spannungs- und Verteidigungsfall ähnlich stark an der Nordflanke, allen voran in der Nordsee, aufgestellt sein muss. Wie im Kalten Krieg hat sie dort zum einen den Zugang der aus Nordamerika kommenden Transportschiffe zu Nato-Häfen zu schützen, zum anderen die in der Nordsee befindlichen Flottenverbände und die anliegende Infrastruktur gegen Bedrohungen aus allen Dimensionen abzusichern. In der aktuellen Lage kann die Deutsche Marine diesen Auftrag nur bedingt erfüllen: Es fehlt vor allem an modernem Material.
Auch nicht-arktische, außereuropäische Akteure verfolgen zunehmend strategische Interessen in der Arktis, allen voran China.
Die militärische Bedeutung der Arktis und die damit verbundenen Herausforderungen für Deutschland werden dadurch verstärkt, dass neben Russland auch nicht-arktische, außereuropäische Akteure zunehmend strategische Interessen in der Arktis verfolgen, allen voran China.
Die Volksrepublik erweitert ihre Präsenz in der Arktis seit Jahren,29 indem sie in wirtschaftliche und wissenschaftliche Projekte investiert und zugleich militärische Fähigkeiten entwickelt, wie in den Leitlinien konstatiert wird.30 Daraus sehr allgemein »Auswirkungen auf die Sicherheit von Nato-Bündnisgebiet und deutscher EU- und Nato-Partner, die internationale Schiff- und Luftfahrt in der Region sowie die Verteidigung der internationalen regelbasierten Ordnung«31 abzuleiten, ist ungenügend: Tatsächlich muss die territoriale Integrität und Souveränität der Alliierten als Kern der Sicherheitsgarantien der Nato durch eine entsprechende Präsenz der Bundeswehr in der Arktis geschützt werden.32 So sollte der Übungsbetrieb der Nato in arktischen Gewässern mit Blick auf potentielle russische Angriffsziele im arktisch-nordatlantischen Raum (wie Svalbard, Gotland) verstetigt und normalisiert werden. Russischen Marinemanövern sollte durch ad hoc oder durch permanent aufgestellte Marineverbände der Nato-Staaten in der Arktis begegnet werden. Ferner ist zu überlegen, wie diplomatisch reagiert wird, sollte es zu gemeinsamen russisch-chinesischen Übungen im arktisch-nordatlantischen Raum kommen. Im Pazifik fanden entsprechende Manöver zuletzt häufiger statt, zum Beispiel vor Alaska und im Ochotskischen Meer.33
Deutschland, Frankreich und Großbritannien sowie Japan und Südkorea sind zwar keine Arktisstaaten, aber ihre Sicherheitsinteressen sind im arktisch-nordatlantischen Raum und arktisch-pazifischen Raum betroffen. Deutschland ist bereits am Austausch über arktische sicherheitspolitische Themen und Fragestellungen im Rahmen des Arctic Security Forces Roundtable (ASFR) und der Treffen der Arctic Chiefs of Defence (AChoD) beteiligt. Es unterstützt zudem die regionale Sicherheitszusammenarbeit der nordischen Länder, wie die Nordic Defence Cooperation (NORDEFCO), insbesondere durch die Teilnahme an Übungen und Ausbildungsprojekten.34 Jedoch wäre es unter Umständen nötig, dass sich nicht-arktische Akteure in einem neuen Gremium über ihre spezifischen Sicherheitsbedürfnisse in der Arktis austauschen, etwa in Form eines Arctic Security Stakeholder Roundtable.
In den Leitlinien der deutschen Arktispolitik 2024 wird eine sicherheitspolitische Strategie formuliert, die sowohl auf Kooperation als auch auf Konfrontation im Sinne von Abschreckung setzt, um die Arktis als möglichst konfliktarme Region zu erhalten und auf wachsende sicherheitspolitische Herausforderungen zu reagieren. Deutschland will zur Stabilität in der Arktis beitragen, indem es sich für die friedliche Nutzung der Region und für die Achtung internationaler Normen und Kodizes einsetzt. Zentrales Ziel ist eine multilaterale Einbindung der Arktis-Stakeholder, insbesondere durch regionale Gremien, in denen Interessengegensätze einvernehmlich gelöst werden.
Die Bundesregierung beobachtet die sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Arktis genau, vor allem Russlands erhöhte militärische Präsenz35 und dessen wachsende Zusammenarbeit mit China, und betont die enge Abstimmung mit der Nato und der EU.36 Deutschland tritt dafür ein, dass diese Bündnisse in der Arktis eine exponiertere sicherheitspolitische Rolle spielen, und will die Bundeswehr durch erweiterte Fähigkeiten zur Lagebilderstellung und regelmäßige gemeinsame Übungen mit Partnern in der Region stärken.37
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Intensivierung der militärischen und rüstungsindustriellen Zusammenarbeit mit Nato- und EU-Partnern, um sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit in der Arktis zu gewährleisten. Zudem setzt sich Deutschland für die Wahrung der Schifffahrtsfreiheit und der Durchfahrtsrechte nach dem SRÜ ein.
Die Leitlinien kündigen eine stärkere sicherheitspolitische Rolle Deutschlands in der Arktis an, enthalten jedoch kaum Hinweise auf konkrete Maßnahmen.
Während die Leitlinien eine stärkere sicherheitspolitische Rolle Deutschlands in der Arktis ankündigen, enthalten sie kaum Hinweise auf konkrete Maßnahmen. Zwar werden eine Intensivierung der militärischen Zusammenarbeit und Ausbildungsaktivitäten erwähnt, doch es fehlen operative Konzepte oder Ausführungen dazu, wie eine eigenständige deutsche Sicherheitsstrategie für die Region aussehen könnte. Deutschlands Arktispolitik bleibt letztlich (zu) stark an die Nato und die EU gebunden, was seine Handlungsfähigkeit von der geopolitischen Dynamik innerhalb der Allianz und besonders von der oszillierenden Haltung der USA gegenüber ihren Bündnisverpflichtungen abhängig macht.
Langfristig muss sich Deutschland darauf einstellen, dass deutsche Handelsschiffe arktische Seewege nutzen werden – eine Entwicklung, die angesichts der schwierigen klimatischen Bedingungen und sicherheitspolitischen Risiken eine militärische Begleitung und Schutzmaßnahmen erforderlich machen.
Es ist zu begrüßen, wenn die Bundesregierung die Absicht erklärt, »ihre Rüstungskooperationen und gemeinsamen Beschaffungsinitiativen mit Nato- und EU-Partnern im arktischen Raum fortführen und weiter ausbauen«38 zu wollen. Und es ist klar, dass es angesichts der russischen Aufrüstung zahlreiche prioritäre Vorhaben zur Stärkung der Landes- und Bündnisverteidigung gibt. Doch sollten dabei mit Blick auf den arktisch-nordatlantischen Raum auch arktistaugliche Einsatzmittel erprobt und beschafft werden.
Regelbasierte Ordnung als Sicherheitsfrage: Deutschlands normativer Anspruch in der Arktis
Die Arktisleitlinien 2024 messen der regelbasierten Ordnung eine zentrale Bedeutung zu und stellen sie als unverzichtbare Grundlage für Stabilität, Sicherheit und Zusammenarbeit in der Region dar. »Der Erhalt dieser Ordnung schafft Stabilität und die Voraussetzungen für Frieden, Sicherheit und menschliche Entwicklung.«39 In Kontinuität zu den früheren Leitlinien betont die Bundesregierung, dass sie sich für »die friedliche Nutzung der Arktis im Rahmen der regelbasierten internationalen Ordnung auf Basis des Völkerrechts« einsetzt.40
Die regelbasierte Ordnung ruht auf Prinzipien wie der Achtung des Völkerrechts, der friedlichen Streitbeilegung und der multilateralen Zusammenarbeit in internationalen Foren wie dem SRÜ und dem Spitzbergenvertrag. Während Deutschland dieses System zu bewahren versucht, rücken die USA unter Trump zusehends davon ab, was in Berlin, aber auch in den Hauptstädten arktischer Staaten wie Kopenhagen und Oslo große Unsicherheit hervorruft – bis hin zu der Frage, ob Washington gegenüber einem Nato-Verbündeten militärische Gewalt einsetzen würde, um Grönland zu annektieren. In dieser Phase gilt es, die regelbasierte Ordnung mit Unterstützung gleichgesinnter Staaten zu wahren.
Die regelbasierte internationale Ordnung steht angesichts der sich verschärfenden geopolitischen Spannungen unter Druck. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat sie massiv erschüttert und Moskaus zunehmende Militarisierung der Arktis sowie Akte der im Westen als »hybrid« bezeichneten russischen Informationskriegsführung in Nord- und Ostsee werden als direkte Herausforderung für die Sicherheit und Zusammenarbeit in der arktisch-nordatlantischen Region wahrgenommen. Hinzu kommen die Ambitionen Chinas, das sich selbst als »arktisnahen Staat« definiert und zunehmend Einfluss auf die Governance der Region ausüben möchte. Die USA verfolgen unter Trump eine exklusive »MAGA«-Politik und distanzieren sich von der eigenen, nach dem Zweiten Weltkrieg begründeten Ordnung.
Diese geopolitischen Veränderungen bedrohen nicht nur die internationalen und regionalen Ordnungsstrukturen, sondern wirken sich auch unmittelbar auf die Lebensgrundlagen und Rechte der in der Arktis lebenden indigenen Bevölkerungen aus. Eine glaubwürdige regelbasierte Ordnung in der Arktis setzt voraus, dass die Rechte und Perspektiven dieser Gemeinschaften konsequent berücksichtigt werden. Die Menschen in den Arktisgebieten sind direkt von den ökologischen, wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Veränderungen betroffen. Sie sind der Hauptfaktor für das Gelingen einer nachhaltigen Governance in der Region und müssen an allen sie betreffenden Entscheidungsprozessen beteiligt werden.41 Deutschland kann hier durch seine wissenschaftliche Expertise und multilaterale Orientierung einen substantiellen Beitrag leisten – etwa durch Programme zur Stärkung der lokalen Resilienz, durch partizipative Forschungsprojekte oder ein Eintreten für internationale Normen zum Schutz indigener Rechte.42 Auf diese Weise würde die regelbasierte Ordnung nicht nur rechtlich, sondern auch gesellschaftlich verankert und in ihrer Legitimität gestärkt.
Als führende Polarforschungsnation hat Deutschland das multilaterale Format des Arktischen Rates seit dessen Gründung im Jahr 1996 konsequent unterstützt. Der Rat ermöglicht Deutschland als Beobachterstaat einen direkten Zugang zu politischen Prozessen in der Arktis und eröffnet indirekt Einflussmöglichkeiten auf Entwicklungen im arktischen Regelwerk. Umso schwerwiegender ist die Tatsache, dass die Arbeitsfähigkeit des Arktischen Rates seit Beginn des russischen Angriffskriegs erheblich eingeschränkt ist, insbesondere auf der politischen Ebene.43 Obwohl Deutschland im Rat lediglich den Status eines Beobachters innehat, ist es in vier der sechs Arbeitsgruppen vertreten, die den Kern der Arbeit des Arktischen Rates bilden. Deutschlands Beiträge wurden in der Vergangenheit regelmäßig gewürdigt, speziell in den Bereichen Wissenschaft und Umweltpolitik. Diese Anerkennung könnte sich nun als strategische Chance für Berlin erweisen. Angesichts der geopolitischen Spannungen wird die Zusammenarbeit unter den westlichen Arktis- und Nicht-Arktis-Staaten, vor allem im Rahmen der Nato, an Bedeutung gewinnen.
Ein weiteres zentrales Anliegen der Leitlinien ist die Implementierung und Weiterentwicklung des Polar Code. Dieses Regelwerk der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (IMO) ist essentiell für die Sicherheit des Schiffsverkehrs in der Arktis und für den Schutz der empfindlichen Ökosysteme der Region. Deutschland setzt sich nicht nur für die Einhaltung, sondern auch für eine Verschärfung des Polar Code ein, da der Klimawandel und das damit verbundene Abschmelzen des Eises neue Risiken schaffen.44 In diesem Zusammenhang ist auch Russlands sogenannte Schattenflotte eine wachsende Bedrohung: in exotischen Ländern registrierte alte Tanker mit undurchsichtigen Eigentümerverhältnissen und unklarer Vergangenheit, denen die nötigen Versicherungen fehlen.45 Diese stellen nicht nur ein Umweltrisiko dar, sondern untergraben, weil sie quasi im Schatten des offiziellen Seetransportgeschäfts operieren, die regelbasierte Ordnung, die Deutschland zu schützen versucht.
Die Leitlinien betonen die elementare Bedeutung der transatlantischen Sicherheitsarchitektur, zu der die USA einen wesentlichen Anteil beitragen, für die Sicherheit und Ordnung in der Arktis.46 Während der zweiten Regierung von Präsident Trump dürfte jedoch erneut die Frage aufgeworfen werden, ob der Arktische Rat weiterhin ausschließlich als Forum für zivile und ökologische Themen bestehen kann, während Sicherheitsfragen außen vor bleiben. Solche Entwicklungen könnten den Druck auf die regelbasierte Ordnung zusätzlich verstärken und würden die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit aller Akteure, die an deren Aufrechterhaltung interessiert sind, in der Region erhöhen.
Russland gilt als dominierender Akteur in der Arktis, nicht zuletzt aufgrund seiner geografischen Lage: Mit mehr als 50 Prozent der arktischen Küstenlinie verfügt es über den größten direkten Zugang zur Region. Diese geografische Vormachtstellung verschafft dem Land nicht nur erhebliche strategische Vorteile, sondern ermöglicht es ihm auch, als maßgebliche Ordnungsmacht in der Region aufzutreten. Über diese Tatsache ist sich Deutschland durchaus im Klaren, genauso wie es sich der »generellen Abkehr« Russlands von der regelbasierten internationalen Ordnung47 und dessen immer engerer Kooperation mit China zur Gestaltung eigener Vorstellungen einer machtbasierten Weltordnung bewusst ist.48 Die Entwicklungen in der Arktis verdeutlichen, dass Stabilität und Sicherheit in diesem Raum ohne eine realistische Einschätzung russischer Interessen und Machtprojektionen kaum gewährleistet werden können.
Die EU erscheint auf den ersten Blick als arktischer Sicherheitsanker, ohne aber auch nur im Ansatz über die notwendige Hard Power zu verfügen.
Diese geopolitische Realität hat gemäß den Leitlinien weitreichende Implikationen für die sicherheitspolitische und wirtschaftliche Dynamik in der Arktis und zwingt zu einer differenzierten, multilateralen Herangehensweise an die Frage einer regionalen Sicherheitsarchitektur.49 Da Russland nicht mehr als Kooperationspartner in diesem Bereich angesehen wird, betonen die Leitlinien die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit mit Partnern in der EU und der Nato sowie weiteren Staaten, die gemeinsame sicherheits- und wertepolitische Interessen teilen, zu vertiefen, um tragfähige Kooperationsformate ohne Beteiligung Russlands zu entwickeln.50 Dabei wird die verstärkte Einbindung entsprechender Aktivitäten in EU- und Nato-Strukturen als entscheidend betrachtet, um den regelbasierten Ansatz auch in einer zunehmend unsicheren und militarisierten Arktis zu bewahren. Aus transatlantischer Perspektive illustriert die zunehmende Hinwendung Kanadas in Richtung Europa allerdings, wie sehr die USA selbst zu einer Quelle von Unsicherheit geworden sind. Deshalb erscheint die EU auf den ersten Blick als Sicherheitsanker, ohne aber auch nur im Ansatz über die notwendige Hard Power zu verfügen.
Die Erhaltung der regelbasierten Ordnung bleibt eine große Herausforderung. Deutschland will nicht nur seine diplomatischen Anstrengungen intensivieren, sondern auch konkrete Schritte einleiten, um die erforderlichen Machtinstrumente zu entwickeln.51 Dazu zählen eine stärkere maritime Präsenz im Nordatlantik, ein Beitrag zur Ausformulierung der Nato-Arktispolitik und das Ansetzen und Bewegen von wirtschaftlichen Hebeln, um Einfluss in der Region ausüben zu können. Solche Maßnahmen gilt es – entsprechend den Leitlinien – nun umzusetzen. Dabei können EU-Programme wie die Global-Gateway-Initiative, der Europäische Verteidigungsfonds (European Defence Fonds, EDF) sowie Innovationsförderungen im Rahmen von Horizon Europe als Instrumente genutzt werden. Ohne diese Schritte bleibt Deutschlands Handlungsfähigkeit in der Arktis begrenzt. Darüber hinaus könnten diplomatische Anstrengungen im Dialog mit pazifischen Staaten wie Japan und Südkorea erweitert werden, um eine regelbasierte Ordnung in der Arktis zu erhalten und die Nutzung arktischer Seewege durch Investitionen in die maritime Infrastruktur auch im europäischen Teil des arktisch-nordatlantischen Raums zu gewährleisten.
Die Leitlinien von 2024 spiegeln sowohl ein Bekenntnis zur regelbasierten Ordnung als auch ein Bewusstsein für deren Gefährdung wider. Dabei versteht die Bundesregierung die regelbasierte Ordnung nicht als Ausdruck partikularer westlicher Interessen, sondern als universelles Prinzip einer internationalen Ordnung, die auf allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts, multilateralen Vereinbarungen und der Charta der Vereinten Nationen beruht. In der Arktis bedeutet dies, die Einhaltung dieser universellen Normen auch in einem regionalen Kontext sicherzustellen – etwa durch den Schutz bestehender völkerrechtlicher Regime wie des Seerechtsübereinkommens oder die Unterstützung multilateraler Foren wie des Arktischen Rates. Zugleich erkennt Deutschland in den Leitlinien an, diese Prinzipien zusammen mit seinen Partnern nur dann effektiv schützen zu können, wenn die Arktis in ein stabiles Gefüge westlicher Sicherheits- und Kooperationsstrukturen eingebettet bleibt.
Daraus ergibt sich aber auch die dringende Notwendigkeit, in und für Deutschland eine strategische Kultur zu entwickeln, die auf klar definierten Prioritäten, glaubwürdigen Instrumenten und einer multilateralen Wertebasis beruht. Die Etablierung einer solchen Kultur kann dazu beitragen, nationale Interessen nachhaltig zu wahren und eine kohärente multilaterale Sicherheitsarchitektur durchzusetzen. Die Zukunft der Arktis als Zone des Friedens und der Stabilität wird maßgeblich davon abhängen, ob ordnungsorientierte Staaten – wie Deutschland – in der Lage sein werden, diese Prinzipien gemeinsam zu wahren und gegen revisionistische Tendenzen zu verteidigen.
Klima, Umwelt, Forschung und nachhaltige Entwicklung
Der Nordpolarraum wird in den Leitlinien als »ein wichtiges Element im gesamten Klimasystem der Erde«52 bezeichnet. In dem Dokument herrscht ein konservatorischer Ansatz vor, dem gemäß Strategien der Anpassung an die Klimakrise benötigt werden.53 Selbst wenn dieser umfangreiche Themenkomplex in den neuen Leitlinien hinter die Agendapunkte Sicherheit und regelbasierte Ordnung gerückt ist, setzt sich die Bundesregierung weiterhin für konsequenten Klima- und Umweltschutz und die Erhaltung der einzigartigen Umwelt- und Lebensbedingungen und für den Schutz der biologischen Vielfalt in der Arktis ein. Dieser Aufgabenbereich stand bislang, eng verknüpft mit der deutschen Polarforschung, im Mittelpunkt der deutschen Arktisaktivitäten. So erstellte zum Beispiel das Umweltbundesamt 2023 eine Pilotstudie zum Monitoring von Kunststoffmüll an arktischen Küsten mittels fernerkundlicher oder luftgestützter Methoden.
Die Leitlinien sehen eine Reihe von Maßnahmen vor, wie die Entwicklung verbindlicher Regeln für einen ökologisch verträglichen Rohstoffabbau, die Ausweisung von effektiven Schutzgebieten und die Reduzierung von Ruß-, Schwefel- und Stickstoffoxidemissionen, beispielsweise in der Schifffahrt. Sie bleiben teilweise aber vage, was deren Umsetzung und den konkreten deutschen Beitrag dazu betrifft.
Auch was wirtschaftliche Aktivitäten und Ressourcenmanagement in der Arktis angeht, fehlt es offenbar an einer entsprechenden Befassung mit diesen Aspekten von Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums. Eine künftige Arktisstrategie der Bundesregierung müsste sich mit diesen Fragen in einer detaillierten Form und prioritär auseinandersetzen – speziell mit Blick auf Lieferketten und die Versorgung mit Rohstoffen und Metallen der Seltenen Erden.
Die Arktisforschung bleibt für das Verständnis grundlegender globaler Prozesse der Klima- und Umweltveränderungen essentiell. Die deutsche Wissenschaft hat auf diesem Feld großes Renommee. Die Bundesregierung will an diese Tradition anknüpfen und weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Nordpolarregion leisten und hat unter anderem vor, die Kooperation mit Forschungseinrichtungen in den westlichen Anrainerstaaten der Arktis durch die Verlagerung von zuvor mit Russland durchgeführten Forschungsvorhaben zu intensivieren.54 In der Arktis- und Meeresforschung ist jedoch eine weitere »Zeitenwende« nötig, denn die deutsche Gesellschaft kann sich die in friedlichen Zeiten mögliche Abstinenz wissenschaftlicher Forschung von militärischen Zwecken nicht mehr leisten. Die im Dienste der Wissenschaft erhobenen Daten müssen künftig militärisch genutzt werden können. Eine Selbstverpflichtung von wissenschaftlichen Einrichtungen wie Universitäten, ausschließlich für zivile Zwecke zu forschen, ist angesichts der Aktivitäten Chinas und Russlands unzeitgemäß und schadet deutschen Interessen in der Landes- und Bündnisverteidigung.
Für Deutschland zeichnet sich die Notwendigkeit ab, das hohe Gut der Wissenschaftsfreiheit mit seinen sicherheitspolitischen Interessen in Einklang zu bringen.
China beispielsweise verfolgt bekanntermaßen eine Doktrin der militärisch-zivilen Fusion. Forschungsinstitute arbeiten direkt den chinesischen Streitkräften und der Rüstungsindustrie zu. Das Australian Strategic Policy Institute hat über 90 Institute gelistet, die im Auftrag der Volksbefreiungsarmee und der Rüstungswirtschaft forschen und dabei von sieben Universitäten angeführt werden. Diese Universitäten sind bekannt als die »Sieben Söhne der nationalen Verteidigung« und sind dem Ministerium für Industrie und Informationstechnologie untergeordnet, das Chinas Rüstungsindustrie kontrolliert.55 Eine »chinesische Lösung« ist sicher kein Modell für Deutschland und Europa. Aber die Sicherheit Deutschlands und die Gebote der Landesverteidigung erfordern Offenheit der Forschung im Umgang mit der Bundeswehr, wozu auch das Teilen von Erkenntnissen und Forschungsdaten gehören kann.
Für Deutschland zeichnet sich zunehmend die Notwendigkeit ab, das hohe Gut der Wissenschaftsfreiheit mit den sicherheitspolitischen Interessen des Landes in Einklang zu bringen.56 Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat in einem Positionspapier bereits angeregt, »die Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung zu hinterfragen« und »Förderanreize für eine verstärkte Kooperation« zu prüfen.57 Vor dem Hintergrund wachsender sicherheitspolitischer Herausforderungen, insbesondere durch autoritäre Staaten mit stark integrierten zivil-militärischen Forschungsstrukturen, erscheint eine ideologisch motivierte Abschottung – wie sie wissenschaftliche Einrichtungen etwa durch Zivilklauseln praktizieren – mehr und mehr als strategischer Nachteil. Eine offene, rechtlich und ethisch verantwortungsvolle Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Sicherheitsinstitutionen könnte nicht nur die Resilienz demokratischer Gesellschaften erhöhen, sondern auch die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands im Bündnisrahmen stärken.
Arktispolitik im Umbruch: Die sicherheitspolitische Zeitenwende in Deutschlands Leitlinien
Ein Vergleich der deutschen Arktisleitlinien aus den Jahren 2013, 2019 und 2024 offenbart einen bemerkenswerten Wandel, der sich sowohl in den thematischen Schwerpunkten als auch in der strategischen Ausrichtung widerspiegelt.
In den Leitlinien des Jahres 2013 war die deutsche Arktispolitik vom Ideal des »arktischen Exzeptionalismus« geprägt. Das heißt, dass die Region als Ort der friedlichen Zusammenarbeit verstanden wurde, relativ losgelöst von den geopolitischen Spannungen, die in anderen Teilen der Welt auftraten. Deutschland betonte die Bedeutung internationaler Abkommen, wie des SRÜ, und engagierte sich vor allem im Arktischen Rat als Beobachter. Aus strategischer Perspektive wurde die Region kaum betrachtet, da das Hauptaugenmerk auf der Klima- und Umweltpolitik lag. Die Arktis wurde primär als ein geoökologischer Raum begriffen, dessen Schutz im internationalen Rahmen sichergestellt werden musste.
Mit den Leitlinien 2019 änderte sich zaghaft der Ton: Zwar legte die damalige Bundesregierung den Akzent weiterhin auf die kooperativen Elemente, jedoch wurde konstatiert, dass das zunehmende Infragestellen multilateraler Standards und Normen auch die Kooperation in der Arktis belaste. Nach wie vor betrachte die Bundesregierung aber die multilaterale Zusammenarbeit als fundamentale Voraussetzung für Stabilität und Frieden in der Arktis.58 Zudem wurde dem Klimawandel in den Leitlinien 2019 erhöhtes Gewicht zugemessen, indem er nicht nur als ökologisches Problem, sondern auch als sicherheitspolitisches Risiko für die Region und darüber hinaus eingestuft wurde. Die Bundesregierung stellte zudem fest, dass divergierende Interessen im Hinblick auf Rohstoffe und Seewege, ungelöste Gebietsstreitigkeiten und mögliche Ressourcenkonflikte das Potential nicht-kooperativen Verhaltens und damit die Wahrscheinlichkeit von Spannungen in der Region erhöhen könnten.59 Diese Phase markiert den Beginn eines subtilen Wandels: Die Arktis wird nicht mehr nur als Raum der Kooperation, sondern auch der Konfrontation wahrgenommen, in dem Krisen oder gar ein Konflikt möglich erscheinen. Sicherheitspolitische Fragestellungen spielen eine größere Rolle, wenn auch eher in Form einer latenten Sorge als einer unmittelbaren Bedrohungswahrnehmung.
In den 2019 aktualisierten Leitlinien wurde bewusst auf eine explizite Thematisierung der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 verzichtet – ein Ereignis, das das internationale Vertrauen in die Regierung in Moskau jedoch erheblich erschütterte und den Ausgangspunkt für die anhaltende Konfrontation zwischen Russland und den westlichen Staaten bildete. Diese Auslassung erfolgte vermutlich, um Gesprächskanäle offenzuhalten und die stabile Zusammenarbeit im Arktischen Rat nicht zu gefährden.60 Wie aber Sicherheit mit Blick auf Russland in Zukunft auch in der Arktis konzipiert und organisiert werden kann, müsste ein notwendiger Bestandteil einer künftigen Arktisstrategie sein.
In den Arktis-Leitlinien von 2024 rückt die sicherheitspolitische Dimension endgültig in den Vordergrund.
Die Leitlinien von 2024 markieren nun eine klare Zäsur in dieser Entwicklung. Die sicherheitspolitische Dimension rückt endgültig in den Vordergrund. Sicherheit und Stabilität in der Nordpolarregion werden im Gegensatz zu den Leitlinien von 2013 und 2019 als Voraussetzung angesehen, um dort friedliche Zusammenarbeit und Multilateralismus zu ermöglichen. Die Bundesregierung begründet diesen Politikwechsel mit Verweis auf das Ende der Idee des »arktischen Exzeptionalismus«.61 Angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Realität sieht Berlin in diesem Konzept keine tragfähige Grundlage mehr für strategische Planungen. Damit einher geht auch der Zwang zu einer Neuausrichtung der deutschen Arktispolitik, die stärker sicherheitspolitische Aspekte einbezieht und eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit Verbündeten in der Nato und der EU anstrebt.
Die Leitlinien von 2024 reflektieren diesen Paradigmenwechsel, indem sie die Rolle der Nato und der EU in der Arktis herausstellen, die Bedeutung einer engeren Abstimmung mit westlichen Partnern betonen und den Fokus verstärkt auf Stabilität und Abschreckung richten. Die Arktis wird nun als integraler Bestandteil der Sicherheitsstrategien der Nato und der EU betrachtet. Die Leitlinien bekräftigen gemäß der Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) die Notwendigkeit von »Wehrhaftigkeit«, »Nachhaltigkeit« und »Resilienz«.62 Diese sicherheitspolitische Wende der deutschen Arktispolitik geht einher mit einer Vertiefung der Partnerschaft mit EU- und Nato-Mitgliedern wie Finnland und Schweden, deren Beitritt zum Verteidigungsbündnis von der Bundesregierung als signifikanter Beitrag zur Stärkung der Nord- und Ostflanke der Allianz betrachtet wird.63
In Bezug auf die Umweltpolitik vollzieht die Bundesregierung mit den Leitlinien von 2024 eine noch stärkere Verknüpfung von Klimaschutz und nationalen Sicherheitsinteressen. Im Klimawandel wird nicht mehr nur ein Umweltproblem gesehen, sondern eine direkte Bedrohung für die Sicherheit und Resilienz Deutschlands. Die beschleunigte Eisschmelze in der Arktis, so heißt es in dem Dokument, sei ein existentielles Risiko für die Welt, das globale Umweltprobleme verstärke und wirtschaftliche und sicherheitspolitische Konsequenzen nach sich ziehe. Die Leitlinien von 2024 sind somit nicht nur eine Klimastrategie, sondern auch eine Sicherheitsstrategie, die den Klimawandel als zentralen Risikofaktor für die nationale und internationale Stabilität betrachtet.
Auch hinsichtlich des wirtschaftlichen Interesses Deutschlands an der Nordpolarregion hat sich die deutsche Arktispolitik weiterentwickelt. Während in den Leitlinien von 2013 noch die ökonomischen Chancen betont wurden, die sich im Zuge des Klimawandels ergäben, insbesondere durch die Erschließung neuer Erdöl- und Gasvorkommen,64 zeugte die Version von 2019 von einem deutlichen Sinneswandel. Nach dem Pariser Klimaabkommen von 2015 und der Verabschiedung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung durch die Vereinten Nationen65 im gleichen Jahr rückte die Förderung fossiler Energieträger in der Arktis in den Hintergrund und wurde nicht mehr als wirtschaftliches Ziel Deutschlands verfolgt. Die schon 2013 formulierte Verantwortung gegenüber der Umwelt blieb ein zentrales Element der Leitlinien, doch die wirtschaftliche Dimension wurde in der überarbeiteten Fassung von 2019 restriktiver bewertet und mit der Notwendigkeit einer nachhaltigen Nutzung der Arktis und entsprechender ökologischer Vorgaben verknüpft. Im Vergleich dazu unterstreichen die neuen Leitlinien zwar stärker die wachsende Bedeutung der Nordpolarregion für die Rohstoffversorgung, betonen aber weiterhin die Unverzichtbarkeit einer verantwortungsvollen Ressourcennutzung. Die rapide Erwärmung der Region verändere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und eröffne neue Potentiale für den Zugang zu kritischen Rohstoffen, die für die grüne Transformation und die Sicherstellung strategischer Lieferketten essentiell sind. Rohstoffe aus der Arktis können aus deutscher Sicht dazu beitragen, die Resilienz Deutschlands und Europas in Sachen Rohstoffversorgung zu erhöhen,66 sofern ihre Förderung unter höchsten Umweltstandards erfolgt.
Die Arktis wird somit nicht nur als Rohstoffquelle betrachtet, sondern auch als strategisch relevante Region, deren nachhaltige Entwicklung zur Sicherung der europäischen Rohstoffversorgung in Zeiten geopolitischer Umbrüche und unterbrochener Lieferketten beitragen kann.67 Dieser Wandel in der Perzeption der Arktis ist Ausdruck der größeren geopolitischen Unsicherheiten, die durch den Ukraine-Krieg und andere Krisen ausgelöst wurden. Eine neue, ressortübergreifend abgestimmte Rohstoffstrategie der Bundesregierung68 sollte daher auch den arktischen Raum berücksichtigen.
Die Arktis wird nun auch als strategisch relevante Region betrachtet, deren Entwicklung zur Sicherung der europäischen Rohstoffversorgung beitragen kann.
Der wissenschaftlichen Forschung wurde in allen drei Versionen der Leitlinien eine zentrale Rolle eingeräumt, jedoch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. 2013 war die Arktis vor allem ein Raum für freie Forschung und die Untersuchung ökologischer Prozesse. In den Leitlinien von 2019 wurden die wissenschaftlichen Aktivitäten vor allem unter dem Aspekt gesehen, die weiteren Entwicklungen des Klimawandels besser vorhersagen und managen zu können. In der Version von 2024 wird die Polar- und Klimaforschung explizit als strategische Notwendigkeit gesehen, um das Erreichen der globalen Klimaziele zu erleichtern und die Resilienz Deutschlands gegenüber den Folgen des Klimawandels zu stärken.
Der Vergleich der Leitlinien von 2013, 2019 und 2024 zeigt eine Verschiebung von einer kooperations- und umweltorientierten Arktispolitik hin zu einer stärker sicherheitspolitisch und geoökonomisch geprägten Strategie. Mit anderen Worten: Bis 2022 sollten Kooperation und Multilateralismus Sicherheit und Frieden in der Arktis ermöglichen. Nun hat sich das Verhältnis umgekehrt: Sicherheit und Frieden sollen internationale Zusammenarbeit und Stabilität gewährleisten. Die Arktis wird nun als strategisch bedeutendes Gebiet betrachtet, das eng mit Deutschlands Interessen in den Bereichen Resilienz und wirtschaftliche Stabilität verknüpft ist. Dennoch bleibt offen, ob dieser Anspruch in der Realität vollumfänglich umgesetzt werden kann und ob die Leitlinien den tatsächlichen geopolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wirklich gerecht werden.
Hohe Ambitionen, geringe Umsetzungskraft: Prioritäten strategisch neu denken
Die Leitlinien weisen zwar strategische Ziele aus, bei der Beschreibung, wie diese konkret erreicht werden sollen, verharren sie jedoch – wie auch die Nationale Sicherheitsstrategie von 2023 – oftmals auf einer allgemeinen Ebene. Dieses konzeptionelle bzw. strukturelle Problem betrifft nicht nur das Arktisengagement, sondern die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik insgesamt.69 Es fehlt an einer überwölbenden strategischen Denkweise und somit bleibt der Begriff »Strategie« abstrakt und wenig handlungsleitend. Dieses Defizit zeigt sich auch in unzureichenden institutionellen Strukturen, die eine Strategie in die Praxis überführen könnten, und im Fehlen operativer Mittel.
Vor diesem Hintergrund wirken die Leitlinien der deutschen Arktispolitik von 2024 zwar ambitioniert, doch sie bleiben in zentralen Punkten unverbindlich und vage. Besonders deutlich wird dies durch den Finanzierungsvorbehalt, der in einer Fußnote70 formuliert ist: »Aussagen über Maßnahmen mit finanzwirksamen Folgen für den Bundeshaushalt«, heißt es dort, stünden unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit entsprechender Mittel. Solche Einschränkungen sind zwar in strategischen Dokumenten der Bundesregierung nicht unüblich,71 wiegen in einem sicherheits- und außenpolitischen Kontext jedoch schwer – insbesondere wenn Deutschland, wie vom damaligen Bundeskanzler Olaf Scholz betont, »als einer der Hauptgaranten für die Sicherheit in Europa Verantwortung« übernehmen soll.72
Wie sollen Partnerstaaten Vertrauen in Deutschlands Absichtserklärungen fassen, wenn schon dessen Strategiepapier Zweifel an der Verbindlichkeit weckt?
Diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Umsetzungskompetenz wirft Fragen auf: Wie sollen Partnerstaaten Vertrauen in deutsche Absichtserklärungen oder gar Sicherheitszusagen fassen, wenn bereits das eigene Strategiepapier Zweifel an der Verbindlichkeit weckt? Der implizite Vorbehalt in puncto Finanzierung signalisiert strategische Unsicherheit und untergräbt die Glaubwürdigkeit deutscher Initiativen im internationalen Raum.
Was es braucht, ist eine neue Prioritätensetzung, wozu der folgende strategische Kompass dienen kann. Andernfalls werden die deutschen Arktisleitlinien ein weiteres Beispiel für wohlklingende Pläne und Intentionen bleiben, denen es an Umsetzungskraft fehlt.
Strategischer Kompass für die Arktis: Handlungsfelder und Prioritäten
Die wachsende Notwendigkeit, dass Deutschland mehr Verantwortung in der Arktis übernehmen muss, ergibt sich aus den sicherheitspolitischen, ökonomischen und ökologischen Interessen in der Region, die zunehmend zum Prüfstein deutscher und europäischer Handlungsfähigkeit sowie internationaler Stabilität wird.73 Die Leitlinien von 2024 verdeutlichen, dass sich die Rahmenbedingungen in der Arktis – etwa durch die Remilitarisierung des Gebiets durch Russland, durch Chinas verstärkten Einfluss und die gravierenden klimatischen Veränderungen – signifikant verändert haben. Gleichzeitig offenbaren sie eine Lücke: Wenngleich die neue Realität anerkannt wird, fehlt es in Deutschland bislang an einem breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens – insbesondere zwischen Regierung, Parlament und relevanten sicherheitspolitischen Akteuren –, der eine klare Priorisierung und Umsetzung strategisch notwendiger Maßnahmen ermöglicht. Um eine effektive und nachhaltige Strategie für Deutschlands Engagement in der Arktis zu entwickeln, bedarf es – analog zur NSS – eines Ansatzes der integrierten Sicherheit als einer Kombination aus sicherheitspolitischen, diplomatischen, wirtschaftlichen und klima-, umwelt- und forschungspolitischen Maßnahmen, die sich sowohl auf kurzfristige als auch auf langfristige Ziele richten.
Die Leitlinien 2024 bieten einen soliden Rahmen, doch um sie erfolgreich umzusetzen, müsste Deutschland seine diplomatische und militärische Präsenz in der Region planvoll verstärken und strategische Partnerschaften auf bilateraler, multilateraler und minilateraler Ebene mit noch mehr Engagement gestalten und mit Leben füllen. Dies bedeutet, bestehende und neue Kooperationsformate gezielt auf sicherheitspolitische Herausforderungen in der Arktis auszurichten und mit Partnern (einzelne Staaten, EU und Nato) gemeinsame Handlungsstrategien weiterzuentwickeln. Die minilaterale Zusammenarbeit, etwa mit besonders betroffenen oder engagierten Staaten wie Dänemark, Norwegen und Kanada, kann dabei helfen, sicherheitspolitische Maßnahmen schneller und zielgerichteter umzusetzen, gerade wenn größere multilaterale Formate blockiert, nur bedingt handlungsfähig oder komplett handlungsunfähig sind. Besonders relevant sind hierbei die militärische Absicherung der Region, eine engere sicherheitspolitische Abstimmung mit transatlantischen Verbündeten und eine flexible Anpassung an sich wandelnde geopolitische Rahmenbedingungen.
Wichtig bei all dem wäre zudem eine systematischere und kontinuierlichere Beschäftigung mit dem Thema Arktis in den politischen Diskussions- und Entscheidungsprozessen in Berlin. Trotz ihrer gestiegenen Relevanz ist die Nordpolarregion immer noch eher ein Nischenthema der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik und wenig präsent im politischen Diskurs. Paradoxerweise wurde die Bedeutung der Arktis für Deutschland weder im Koalitionsvertrag der Regierung aus SPD, Grünen und FDP vom November 2021 noch im neuen Koalitionsvertrag der Regierung aus CDU, CSU und SPD von April 2025 reflektiert. Trotz der Prioritäten Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel wurde sie in beiden Dokumenten nicht einmal erwähnt.
In den Jahren zwischen der Veröffentlichung der Arktisleitlinien 2013, 2019 und 2024 ist im Hinblick auf eine weitere Ausformulierung einer kohärenten deutschen Arktispolitik wenig passiert. Auch ist der erwartete und erhoffte Schritt von Leitlinien mit einem eher unverbindlichen Charakter zu einer konkreten und kohärenten Strategie nicht vollzogen worden. Es gab keine Debatten im Bundestag über die Arktis und nur wenige Anfragen und Positionspapiere der Bundestagsfraktionen zur wachsenden Relevanz des arktisch-nordatlantischen Raums. Das politische Interesse scheint zuzunehmen, ist aber immer noch eher kurzlebig und instabil. Um tatsächlich etwas erreichen zu können und Deutschlands Verantwortung gerecht zu werden, wäre eine systematischere und breitere politische Hinwendung zum Thema Arktis auf nationaler und internationaler Ebene hilfreich.
Intensivierung der Zusammenarbeit mit verbündeten Arktisstaaten
Im Dienste einer effektiven deutschen Arktissicherheitspolitik sollte die Zusammenarbeit mit den Nato-Arktisstaaten – insbesondere mit Norwegen, Dänemark, Island und den neu hinzugekommenen Mitgliedern Finnland und Schweden – intensiviert werden. Die fünf nordischen Länder sind generell wichtige Partner und Ansprechpartner für Deutschland in Arktisangelegenheiten.
Die Arktis ist für die nordischen Länder innen-, außen- und sicherheitspolitisch bedeutsam. Die sicherheitspolitische Relevanz der Region ist für sie seit 2022 nochmal drastisch gestiegen, für Finnland und Norwegen speziell aufgrund ihrer Grenzen zu Russland im Hohen Norden. Tun sich die nordischen Länder mitunter schwer mit »Einmischung« von außen in Arktisfragen, zum Beispiel Norwegen, wenn es um Ressourcen geht, werden Deutschlands Expertise, Erfahrung und Mittel in der Forschungs- und Wissenschaftskooperation am meisten geschätzt und benötigt. Die nordischen Länder nehmen Deutschland auf der europäischen und internationalen Bühne seit einigen Jahren verstärkt als einen wichtigen, gleichgesinnten Partner wahr, der bei der Durchsetzung eigener Interessen behilflich sein kann.
Vor allem Norwegen hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Partner Deutschlands für den Zugang zum arktischen Raum entwickelt.
Anders als in den Leitlinien für eine deutsche Arktispolitik von 2013 fehlt in den Dokumenten von 2019 und 2024 ein Paragraph mit expliziten Hinweisen auf die Bedeutung einer bi-, multilateralen und minilateralen Zusammenarbeit mit den Arktisanrainern, um auch als Nichtarktisstaat einen gewissen Einfluss auf Entwicklungen in der Nordpolarregion ausüben zu können.
Vor allem Norwegen hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Partner für den Zugang zum arktischen Raum entwickelt, gerade auch für deutsche Energieunternehmen. In Norwegen gilt umgekehrt Deutschland als ein besonderer Partner im Hohen Norden: Die Regierung in Oslo hat seit 1999 eine einzigartige explizite Deutschlandstrategie, die sie seitdem regelmäßig aktualisiert und an neue geopolitische Entwicklungen anpasst. Die norwegisch-deutsche Kooperation in den Nordgebieten ist ein Teil dieser Strategie bereits seit 2007. Die Strategie von 2019 gab sich als Zielsetzung, das deutsche Verständnis für norwegische Interessen in Bezug auf die Nordgebiete zu fördern und Kooperationsprojekte gemeinsam zu entwickeln.74 In der jüngsten Fassung der Strategie vom März 2024 wird Deutschland als zentraler Partner in Bereichen wie Schifffahrt, Energie, Forschung und Umweltschutz bezeichnet. Wie bereits 2019 wurde die Weiterentwicklung des deutsch-norwegischen Dialogs über die Nordgebiete und die Förderung von politischen Kontakten, Konsultationen auf Beamtenebene, Wirtschaftsseminaren und Forschungskooperationen als zentrales Ziel ausgegeben.75 Die in den letzten Jahren stark gewachsene verteidigungs- und sicherheitspolitische Kooperation zwischen Norwegen und Deutschland, speziell im maritimen Bereich (U-Boot-Projekt U212CD, gemeinsame militärische Übungen, Schutz maritimer kritischer Infrastruktur), hat ihre Relevanz auch im Hohen Norden Norwegens. Im Juli 2025 bekundeten die Regierungschefs Norwegens und Deutschlands, Jonas Gahr Støre und Friedrich Merz, in einer Gemeinsamen Erklärung, den Ausbau ihrer Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen Verteidigung und Rüstungsindustrie, und kündigten den Abschluss einer neuen bilateralen Verteidigungsvereinbarung an. Dabei soll der Hohe Norden weiterhin eine bedeutende Rolle spielen. Um die Stabilität und Sicherheit in maritimen Räumen wie dem Hohen Norden zu wahren, wurde unter anderem beschlossen, dass die bereits umfassende maritime Zusammenarbeit beider Länder um eine integrierte operative Partnerschaft im Nordatlantik und in der Nordsee erweitert werden soll. Dazu zählt auch der verstärkte Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur.76
Auch für Schweden ist Deutschland ein wichtiger Partner in der Arktis. Die schwedische Regierung erwähnte in ihrer letzten Arktisstrategie von 2020 in einem Absatz, in dem sie auf eine mögliche Kooperation mit nicht-arktischen Ländern und Akteuren zu sprechen kommt, nur China und Deutschland explizit. In dem Passus wird betont, dass Schweden der Zusammenarbeit mit Deutschland in Arktisfragen besondere Bedeutung beimesse, da Deutschland ein wachsendes Interesse und eine höhere Ambition in Bezug auf diese Region zeige. Zudem betrachte die schwedische Regierung Deutschland als engen Partner beim Einsatz für Multilateralismus, eine regelbasierte Weltordnung und die Umsetzung der Agenda 2030.77 Sicherheits- und verteidigungspolitisch kooperieren beide Länder vor allem in der Ostseeregion eng miteinander.
Deutschland und Island haben zuletzt ebenfalls ihre Zusammenarbeit ausgebaut. Verteidigungsminister Boris Pistorius und die isländische Außenministerin Thorgerdur Katrín Gunnarsdóttir unterzeichneten am 20. Oktober 2025 eine Absichtserklärung mit dem Ziel einer engeren Sicherheitskooperation. Diese richtet sich vor allem auf den Bereich maritime Logistik zur Unterstützung der Luft- und Seeraumüberwachung, den Schutz kritischer Infrastruktur und die Cyberabwehr. Deutschland will seine militärische Präsenz in Island erhöhen und damit auf einer Insel, die »als Brücke über den Nordatlantik und zugleich als ein Tor zur Arktis« gilt,78 einen strategisch wichtigen Anlauf- und Logistikpunkt bekommen für die Kampfschiffe, U-Boote und Versorger der deutschen Marine. Zudem sollen zeitweilig deutsche Seefernaufklärer vom Typ P-8A Poseidon in Island stationiert werden.
Norwegen und Deutschland arbeiten zusammen mit einem weiteren nicht-europäischen Arktisanrainer, Kanada, seit 2024 am Aufbau einer trilateralen maritimen Partnerschaft, die sich primär auf die Arktis bezieht und in erster Linie Rüstungsprojekte miteinschließt.79 In diesem Rahmen eruiert Kanada, das seine veraltete U-Boot-Flotte erneuern möchte, aktuell ein Angebot Deutschlands und Norwegens, sich einen frühen Zugang zu den neuen U-Booten vom Typ U212CD zu sichern.80
Deutschlands Arktispolitik europäisch einbetten
Die geopolitische Zeitenwende ist auch in der Arktis angekommen. Dies macht Deutschland unmissverständlich klar: Es wird seine arktischen Interessen künftig weiter in den transatlantischen Rahmen einbetten und gleichzeitig aber aktiv dazu beitragen müssen, das europäische Gewicht im arktisch-nordatlantischen Raum zu verstärken. Noch sind die Europäer wie im gesamten Nato-Gebiet auch in der europäischen Arktis auf die Fähigkeiten und Kapazitäten der USA angewiesen. Mittel- und langfristig müssen sie jedoch auch hier in der Lage sein, selbst- und eigenständiger zu agieren. Dazu soll die Bereitstellung von mehr Truppen und Material speziell im Hohen Norden der nordischen Nato-Länder beitragen. Nationale Alleingänge oder bilaterale Ad-hoc-Formate reichen nicht mehr aus, um auf die sicherheitspolitischen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen in einer Region zu reagieren, die zunehmend von Systemkonkurrenz, Ressourceninteressen und strategischer Konfrontation geprägt ist.
Für eine handlungsfähige Europapolitik im Allgemeinen wie auch Arktispolitik im Besonderen benötigt Deutschland eine strategisch ausgerichtete Partnerschaftspolitik. Statt sich vorrangig auf den Zusammenhalt der Gesamtunion oder den kleinsten gemeinsamen Nenner zu fokussieren, könnte die Bundesregierung auf themenbezogene, flexible und leistungsfähige Koalitionen setzen, die EU-Interessen in dynamischen geopolitischen Konstellationen wirksam vertreten. Zwar ist die EU bislang nicht offiziell als Beobachter im Arktischen Rat vertreten – trotz mehrerer Anläufe in den letzten Jahren.81 Doch auch ohne formalen Status ist die Union in der Region präsent und handlungsfähig: über die drei arktischen Mitgliedstaaten Dänemark, Finnland und Schweden sowie über die sieben EU-Mitglieder mit Beobachterstatus im Arktischen Rat, Deutschland, Frankreich, Italien, Polen, Niederlande und Spanien, die im Hohen Norden über Forschungstraditionen verfügen und an transnationalen Programmen im Bereich Klimaschutz, Wissenschaft und Nachhaltigkeit mitwirken. Weitere Akteure, auf die sich die EU stützen kann, sind die eng mit ihr assoziierten Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums Norwegen und Island, die mit ihr über bilaterale Abkommen eng verbundene Schweiz und das ehemalige EU-Mitglied Großbritannien. Die beiden Letztgenannten haben ebenfalls einen Beobachterstatus im Arktischen Rat inne. Diese Kooperationsansätze gilt es nun politisch zu bündeln, institutionell zu koordinieren und strategisch auszubauen.
Wenn die EU künftig in der Arktis mitgestalten will, dann muss sie gemeinsame Interessen identifizieren und politische Allianzen schmieden.
Die politische Notwendigkeit zur Europäisierung ergibt sich aus zwei gegenläufigen Dynamiken: Auf der einen Seite steht eine wachsende Verwundbarkeit der EU und ihrer europäischen Partner – durch Russlands aggressive, revisionistische Außenpolitik, die im Hohen Norden besonders sichtbar wird, sowie durch die Rückkehr eines US-Präsidenten, der die regelbasierte Ordnung offen in Frage stellt und die Europäer in ihrem Vertrauen auf Rückversicherung durch das Bündnis immer wieder verunsichert. Auf der anderen Seite wächst zugleich die Erwartung, dass die Europäer in der Nato souveräner, geeinter und eigenständiger agieren – auch im geopolitischen Vorfeld der EU, zu dem die Arktis zweifellos zählt.
Wenn die EU künftig in der Arktis mitgestalten will, dann muss sie gemeinsame Interessen identifizieren, politische Allianzen schmieden und strukturelle Voraussetzungen schaffen, um als glaubwürdiger Akteur aufzutreten.82 Eine europäische Einbettung der deutschen Arktispolitik ist dafür nicht nur ein logischer, sondern ein unabdingbarer Schritt.
Daher sollte Deutschland im EU-Kontext die folgenden konkreten Maßnahmen umsetzen:
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Strategische Abstimmung mit arktischen EU-Staaten: Deutschland muss die Arktisinteressen nicht für die gesamte EU definieren; es sollte aber gemeinsam mit den arktischen Mitgliedstaaten und den EU-Ländern mit Beobachterstatus im Arktischen Rat eine EU-Strategie für die Nordpolarregion entwickeln. Die territorialen, wirtschaftlichen, kulturellen und sicherheitspolitischen Realitäten der europäischen Arktisstaaten müssen die Grundlage jeder europäischen Arktisstrategie sein.
- 2.
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Europäische Arktisplattform schaffen: Eine zentrale Koordinationsstelle unter dem Dach der EU – etwa in Form einer »European Arctic Platform« – könnte als Knotenpunkt für die außenpolitischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten in der Arktis dienen. Ziel wäre es, bestehende Initiativen und Projekte zu synchronisieren, arktisrelevante Programme in den Bereichen Klimapolitik, Forschung und Infrastruktur zu verknüpfen und eine politische Stimme in arktisbezogenen Debatten zu formen – etwa gegenüber der Nato, den USA oder den subarktischen Partnerstaaten Norwegen und Island.
- 3.
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Investitionen in Arktisinfrastruktur und Forschung: Mit europäischen Mitteln – etwa aus den Plänen des »Green Deal«,83 von »Horizon Europe« oder dem neuen EU-Sicherheitsfonds – könnten gezielt Projekte in Nordeuropa gefördert werden, die strategisch relevant für die Arktis sind: zum Beispiel Häfen, maritime Such- und Rettungskapazitäten, Satellitenbeobachtungssysteme, Forschungsschiffe und Eisbrecher oder polare Ausbildungszentren. Diese Infrastruktur ist nicht nur ökonomisch, sondern auch sicherheitspolitisch von hoher Bedeutung, insbesondere mit Blick auf eine stärkere maritime Präsenz in der Region.
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Internationale Standards setzen – mit normativer Kraft Europas: Die EU verfügt im Bereich regulatorischer und normativer Ordnungspolitik über ihre größte Hebelwirkung. In der Arktis kann sie, gemeinsam mit ihren Mitgliedstaaten, Standards für eine nachhaltige Ressourcenpolitik, eine ökologisch verantwortliche Schifffahrt, den Schutz der Biodiversität und ESG-konforme Investitionen etablieren. Entscheidend ist, dass die »klimapolitische Stimme Europas« in der Arktis hörbar bleibt, da sich dort der Klimawandel überdurchschnittlich schnell vollzieht und seine Folgen Europa unmittelbar betreffen. Eine langfristig stabile ökologische und geopolitische Ordnung in der Arktis lässt sich nur durch verbindliche transnationale Regeln und eine konsequente Einbindung in multilaterale Strukturen sichern.
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Diplomatie und sicherheitspolitische Resilienz stärken: Schließlich sollte die EU ihre diplomatische und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit in der Arktis stärken – auch unabhängig von Washingtons Kurswechseln. Damit ist keine Militarisierung gemeint, aber eine Erhöhung der strategischen Resilienz. Erreicht werden kann diese über gemeinsame EU-Nato-Kooperationen, durch zivile Sicherheitsarchitekturen (etwa Katastrophenschutz, Eispatrouillen) und diplomatische Initiativen mit Norwegen, Kanada und Island. Auch der neue Gefechtsstand (Combined Air Operations Centre, CAOC), den die Nato im Oktober 2025 in Nordnorwegen eröffnet hat, könnte mittelfristig zu einem konkreten Ausdruck einer größeren europäischen Verantwortungsübernahme in der Nato im Hinblick auf die Arktis und die Nato-EU-Kooperation werden.84 Denn das CAOC, das Luft- und Überwachungsoperationen im Hohen Norden sowie im Nordatlantik und in der Barentssee koordinieren wird, steht unter norwegischem Kommando und die arktischen EU- und Nato-Mitglieder Finnland und Schweden sollen darin eine hervorgehobene Rolle spielen.
Als Führungsmacht innerhalb der EU könnte Deutschland Katalysator dieses europäischen Arktiskurses sein. Nicht mit dominanter Geste, sondern als strategischer Netzwerker mit klarem politischem Willen. Das Ziel muss eine sichtbare, eigenständige und dauerhafte Präsenz der EU in der Arktis sein, die von verantwortungsvollem Agieren geprägt, regelbasiert und resilient ist – und die europäischen Interessen verteidigt, ohne in nationalistische Muster zu verfallen.
Diplomatische Initiative und multilaterale Foren stärken
Da der Arktische Rat derzeit aufgrund der geopolitischen Spannungen auf der politischen Ebene blockiert ist, könnte Deutschland eine maßgebliche Rolle dabei spielen, die Zusammenarbeit zwischen westlichen Arktis- und Nicht-Arktis-Staaten neu zu gestalten. Die Gründung eines Arktis-Forums, das auch Nicht-Arktis-Staaten wie Indien, Japan und Südkorea die Möglichkeit bietet, substantielle Beiträge zur Stabilität und Governance der Region zu leisten, wäre ein entscheidender Schritt. Ein solches atlantisch-pazifisches Forum, das sich zu weltweit konsensualen Regeln wie dem SRÜ bekennt, könnte helfen, die Lücke zu schließen, die durch die eingeschränkte Funktionsfähigkeit des Arktischen Rates entstanden ist, und die regelbasierte Ordnung in der Arktis stärken. Deutschland wäre geeignet, eine entsprechende Initiative anzustoßen und mit auszugestalten, da es sich als führende Polarforschungsnation international einen Namen gemacht hat. Seit dessen Gründung im Jahr 1996 hat Berlin konsequent das multilaterale Format des Arktischen Rates unterstützt. Besonders in den Bereichen Wissenschaft und Umweltpolitik erfährt Deutschlands Engagement in der Arktis zunehmende Anerkennung. Am deutlichsten zeigt sich dies an Deutschlands starker Vertretung in den Arbeitsgruppen und an seinem herausragenden Standing als Kooperationspartner in der internationalen Arktisforschung.85
Deutschland könnte hier als Brückenbauer zwischen arktischen und nicht-arktischen Staaten agieren, indem es sein wissenschaftliches Renommee mit diplomatischen Initiativen verknüpft. Gleichzeitig wäre es von Bedeutung, ein solches Forum nicht als Konkurrenz zum Arktischen Rat, sondern als ergänzende Plattform zu etablieren.
Deutschland könnte sich für die Gründung eines Arctic Security Stakeholder Roundtable einsetzen, der auch pazifische Partner einbindet.
Deutschland könnte zudem in enger Abstimmung mit gleichgesinnten Verbündeten ein neues diplomatisches Forum ins Leben rufen und darin einen aktiven Part übernehmen. Ein mögliches Modell dafür wäre ein Arctic Security Stakeholder Roundtable, der neben den Nato-Staaten pazifische Partner einbindet. Dies würde nicht nur den Dialog mit außereuropäischen Akteuren vertiefen, sondern auch den politischen Willen zur Konfliktvermeidung fördern. Dabei könnten Maßnahmen eruiert werden, die auch im Interesse der Arktisstaaten sind, zum Beispiel Vorkehrungen zum Schutz vor hybriden Aktivitäten und die Verbesserung von Aufklärung und Erfassung der maritimen Lage (Maritime Domain Awareness, MDA) im arktisch-nordatlantischen Raum.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit ausbauen
Parallel zu den sicherheitspolitischen Maßnahmen sollte Deutschland seine Rolle als wichtige Wirtschafts- und Wissenschaftsnation in der Arktis stärker zum Tragen bringen. Die Förderung der Spitzenforschung in den Bereichen Klimawandel, Biodiversität und nachhaltige Entwicklung ist nicht nur ein Mittel zur Wissensgenerierung, sondern auch ein Hebel, um in multilateralen Foren Einfluss auszuüben und internationale Standards mitzugestalten. Ebenso könnte eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Arktisstaaten, etwa in den Bereichen erneuerbare Energien, Rohstoffe oder maritime Logistik, Deutschlands strategische Position in der Region langfristig stärken.
Deutschlands wirtschaftliche Position in der Arktis beruht auf dem Erfolg seiner maritimen Industrie, auf globalen Handelsverflechtungen und seiner innovativen Forschung. Eine leistungsstarke Marine – so betont es auch der Verband Deutscher Reeder – ist »im ureigenen Interesse deutscher Reeder«,86 da sie den freien und sicheren Zugang zu globalen Handelswegen gewährleistet. Dies gilt auch für die Schifffahrtsrouten durch arktische Gewässer, die aufgrund klimatischer Veränderungen an Bedeutung gewinnen können, deren Nutzung jedoch weiter unter schwierigen Bedingungen stattfinden wird.87
Darüber hinaus wird die Arktis als Rohstoffregion zunehmend für Deutschland bedeutsam. Vorkommen Seltener Erden, von Lithium, Nickel und Kobalt, die zentral für die Energiewende und für digitale Technologien sind, machen die Region geoökonomisch relevant. Deutschland fördert diese Rohstoffe nicht selbst, ist aber auf stabile, diversifizierte Lieferketten angewiesen. Eine stärkere Einbindung deutscher Unternehmen in internationale Rohstoffprojekte, etwa in Zusammenarbeit mit den nordischen Staaten, Grönland oder Kanada, könnte langfristig die Versorgungssicherheit erhöhen und politische Partnerschaften vertiefen. Grönland, das über große Ressourcen verfügt und geostrategisch immer wichtiger wird, könnte hier ein zentraler Kooperationspartner sein – auch über EU-Programme oder bilaterale Projekte mit Dänemark.
Wissenschaftliche Zusammenarbeit stärken
Seit der russischen Vollinvasion der Ukraine 2022 ist die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Russland in der Arktis nahezu zum Erliegen gekommen. Internationale Kooperationen wurden weitgehend ausgesetzt, was zu erheblichen Lücken in der Arktisforschung führte, da fast die Hälfte der arktischen Landfläche unter russischer Hoheit steht.88 Diese Entwicklung macht es erheblich schwieriger, die klimatischen Veränderungen in dieser sensiblen Region zu beobachten und zu verstehen. Um das daraus resultierende Datendefizit zu schließen, muss die deutsche Polarforschung alternative Strategien erarbeiten: Dazu gehört die Intensivierung der Zusammenarbeit mit westlichen Partnern wie den USA, Kanada, den skandinavischen Staaten und anderen polarforschenden Nationen. Daneben wäre es ratsam, eigene Forschungsinfrastrukturen verstärkt einzusetzen, wissenschaftliche Projekte zu lancieren und den Datenaustausch zu fördern. Zudem sollte Deutschland Forschungsinitiativen im Rahmen internationaler Organisationen wie dem Arktischen Rat oder der Europäischen Union unterstützen, um gemeinsame Standards zu setzen und Synergien zu nutzen. Auch technologisch muss Deutschland unabhängiger werden – etwa durch Satellitensysteme, autonome Messplattformen und eigene Eisbrecher.
Ein zentrales Desiderat bleibt die Modernisierung der Forschungsflotte. Die deutsche Polarforschung ist auf den geplanten neuen Forschungseisbrecher angewiesen, der als Nachfolger der Polarstern 2030 in Dienst gestellt werden soll. Ohne die 1982 vom Stapel gelaufene, 118 Meter lange Polarstern wäre das international besetzte MOSAiC-Forschungsprojekt (Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate) in den Jahren 2019–2020 kaum durchführbar gewesen. Allerdings war damals auch die Unterstützung russischer Eisbrecher nötig. Auf eine solche Unterstützung von Seiten Russlands kann momentan nicht mehr gerechnet werden. Eine Beendigung des Krieges in der Ukraine könnte grundsätzlich neue Spielräume für wissenschaftliche Kooperationen in der Arktis eröffnen – vorausgesetzt, es entsteht eine neue sicherheitspolitische Ausgangslage, die auf klaren Regeln und gegenseitigem Vertrauen beruht. Eine Rückkehr zum früheren Status quo erscheint jedoch kaum realistisch. Ob und in welchem Umfang eine Zusammenarbeit mit Russland künftig wieder möglich ist, wird maßgeblich davon abhängen, wie der Krieg endet, in welchem Zustand Russland daraus hervorgeht und welche Außen- und Sicherheitspolitik es danach verfolgt.
Trotz der politischen Spannungen bestehen weiterhin punktuelle Kontakte zu russischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern – etwa im Rahmen gemeinsamer Publikationen oder durch Konferenzen. Solche individuellen Kooperationen bleiben wichtig, solange sie im Einklang mit Sanktionsrecht stehen und die Sicherheit der Beteiligten nicht gefährden. Sie können dazu beitragen, die verbleibenden Kommunikationskanäle offen zu halten, um langfristig die Chance auf eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit zu erhalten.89
Durch die Stärkung der eigenen Forschungsinfrastruktur, die strategische Ausweitung wirtschaftlicher Kooperationen mit Partnern in der Arktisregion und den Schutz maritimer Schlüsselindustrien kann Deutschland seine Position in der Arktis sichern. Eine ganzheitliche Strategie, die ökonomische Interessen, sicherheitspolitische Notwendigkeiten und wissenschaftliche Kompetenz miteinander verbindet, ist dabei eminent wichtig, nicht zuletzt, damit Deutschland seine Rolle als verantwortungsbewusster Akteur im Hohen Norden behauptet.
Militärische Präsenz und Normalisierung des Übungsbetriebs
In Gegensatz zum Indo-Pazifik ist die Arktis durch eine vergleichsweise niedrige Eskalationsgefahr gekennzeichnet. Jedoch gibt es eine zunehmende Zahl sicherheitsgefährdender Vorkommnisse, die unter Umständen eskalieren können. Der Schutz vor sogenannten hybriden Aktivitäten in der Arktis spielt daher eine immer größere Rolle. Die Bundesregierung hat dies erkannt. Sie »misst dem Austausch von Erfahrungen und Best Practices – unter anderem bei Fragen der Resilienz – vor allem mit den europäischen Arktisstaaten große Bedeutung zu«.90 Die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Spionage, verdeckter Sabotage bis hin zu offenen Angriffen setzt die Verfügbarkeit eines umfassenden Lagebilds voraus. Ziel muss es sein, Anzeichen für böswillige Aktivitäten frühzeitig zu erkennen, damit rechtzeitig eingegriffen werden kann, um sie zu verhindern oder den Schaden gering zu halten. Dazu gilt es, die Zusammenarbeit bei der Informationsgewinnung und beim Datenaustausch zu verbessern.
Der Schutz vor sogenannten hybriden Aktivitäten in der Arktis spielt eine immer größere Rolle.
Für diese Aufgabe werden Spezialfähigkeiten benötigt. Angesichts der Größe des arktisch-nordatlantischen Raumes und der vergleichsweise kleinen Streitkräfte der nordischen Länder stehen diese nicht ausreichend zur Verfügung. Deutschland kann hier einen wertvollen Beitrag leisten. Wesentliches Kriterium dafür ist, dass die benötigten Fähigkeiten der Bundeswehr arktistauglich sind. Das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) sollte dies bei der Planung und Beschaffung neuer Plattformen generell sicherstellen und nicht nur von bestimmten Systemen fordern.91
Deutschlands bisherige militärische Aktivitäten im arktisch-nordatlantischen Raum haben keinen räumlichen Schwerpunkt erkennen lassen. Vielmehr wurde dort unterstützt, wo Nato und Partnernationen Bedarf festgestellt hatten. Dies erfordert von den Kräften und den von ihnen eingesetzten Systemen Flexibilität. Deutschland kann diese auf vier Weisen erreichen:
Erstens kann Deutschland durch Abhaltung von oder Teilnahme an Übungen im arktisch-nordatlantischen Raum seine Präsenz binnen kurzer Zeit erhöhen und damit einen Beitrag zur Abschreckung leisten. Derartige Aktionen haben in der Vergangenheit bereits öfter stattgefunden und werden künftig voraussichtlich fortgesetzt: Im August 2025 hat beispielsweise der Einsatzgruppenversorger Berlin eine Seefahrt nach Island, Grönland und Kanada unternommen.92 Für See- und Luftstreitkräfte ist es leicht, Ausrüstung und Personal schnell in entlegene Gebiete zu verlegen. Ein bedeutender weiterer Schritt wäre die Navalisierung von Truppen des Heeres. Damit ist gemeint, Landstreitkräfte für Operationen im maritimen Raum zu befähigen, zum Beispiel in Buchten oder auf Inseln.
Zweitens hat Deutschland bereits begonnen, Systeme zu beschaffen, die auch von Nationen im arktisch-nordatlantischen Raum genutzt werden. Hierzu zählen etwa Seefernaufklärer vom Typ P-8 Poseidon, seit Übergabe der ersten Maschine im Oktober 2025 das größte Kampfflugzeug der Bundeswehr.93 Auch Kanada, Norwegen, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika nutzen das Modell. Die acht bereits bestellten Maschinen möchte die Deutsche Marine um vier weitere ergänzen, was einen Bestand von zwölf bedeuten würde.94 Deren Wirkungsradius kann durch Flugdrohnen erhöht werden (Loyal-Wingman-Konzept). Die Deutsche Marine möchte dafür bis zu zwölf dieser unbemannten Systeme beschaffen.95 Ein Typ steht noch nicht fest. Da es in Norwegen und Dänemark ebenfalls Überlegungen gibt, in großen Höhen fliegende Langstreckendrohnen (High-Altitude Long-Endurance, HALE) zur Überwachung ihrer arktischen Gebiete einzuführen,96 bietet sich ein koordinierter Kauf an. Marktverfügbar ist die US-Drohne MQ-4C Triton,97 die bereits im arktisch-nordatlantischen Raum getestet wurde98 und in der abgewandelten Version RQ-4D Phoenix von der Nato zur Überwachung von Landräumen eingesetzt wird.99 Eine solche Harmonisierung hätte zwei Vorteile: den vereinfachten Datenaustausch und gegebenenfalls die Nutzung der Systeme von Partnernationen, sollten eigene nicht ausreichen oder zur Verfügung stehen. Das Prinzip lässt sich ebenso auf Schiffe anwenden: Beispielsweise planen die Niederlande zur Erhöhung der Feuerkraft ihrer Fregatten den Bau unbemannter Boote mittlerer Größe.100 Die Deutsche Marine hat ähnlichen Bedarf.101 Wie im Falle der Flugdrohnen sollte die Bundeswehr nicht die Fehler vergangener Beschaffungsvorhaben wiederholen und langwierige Planungsphasen aufsetzen, sondern sich den Initiativen von Partnernationen anschließen.
Drittens verfügt Deutschland über Fähigkeiten oder hat deren Beschaffung eingeleitet, die von seinen Verbündeten im arktisch-nordatlantischen Raum dringend benötigt werden. Dies gilt zum Beispiel für U-Boote (Klasse 212CD). Mit Norwegen besteht bereits eine Kooperation. Sie könnte um Kanada ergänzt werden, das seine U-Boot-Waffe schon seit längerer Zeit modernisieren möchte.102 Damit dies rasch gelingt und die Nato-Präsenz in der Arktis erhöht wird, wäre es denkbar, dass Deutschland und Norwegen jeweils eines der sechs zusammen bestellten U-Boote an ihren transatlantischen Verbündeten vorzeitig abgeben. Kanada müsste diese Hilfe durch weitere Bestellungen kompensieren. Der Schritt könnte Kosten reduzieren und würde die Produktion verlängern, was Wissen und Arbeitsplätze sichert.
Viertens ist eine großräumige Seeraumüberwachung mit bemannten Plattformen nur punktuell möglich. Alternativen bieten autonom agierende Systeme in den Dimensionen Luft und See sowie Sensoren in der Dimension Weltall. In Deutschland sind Unternehmen ansässig, die über die nötige Expertise zur Entwicklung und Herstellung solcher Mittel verfügen. Da derlei Technologien einen rasanten Innovationszyklus haben, sollten Möglichkeiten eröffnet werden, den meist langjährigen Beschaffungsprozess in Deutschland zu beschleunigen oder zu umgehen. Die Deutsche Marine setzt dabei seit Herbst 2024 auf »Operational Experimentation« (OPEX),103 das heißt auf die Erprobung neuer, in der Entwicklung befindlicher Systeme unter Einsatzbedingungen. Eine andere Möglichkeit wäre die Schaffung von ständigen Versuchseinheiten. In der US Navy wird dieser Ansatz seit Herbst 2021 mit der Task Force 59 verfolgt, die Teil der für den Mittleren Osten zuständigen 5. Flotte ist.104 Seit 2024 hat die für Europa und Afrika verantwortliche 6. Flotte mit der Task Force 66 eine ähnliche Einheit.105 2025 zog die Nato mit der Task Force X nach.106 Die Idee dahinter ist, unbemannte Systeme über ein Pacht- oder Mietkaufverhältnis zu nutzen, solange ihre Technologie dem aktuellen Stand der Möglichkeiten entspricht. Im Vergleich zu der Forderung, eine dritte Standing NATO Maritime Group für die Arktis ins Leben zu rufen, die üblicherweise aus Überwasserkriegsschiffen bestehen würde,107 dürfte eine Versuchseinheit mit unbemannten Systemen eine permanente Seeraumüberwachung eher sicherstellen. Großbritannien geht mit dem »Project CABOT« in diese Richtung: Mit großen Unterwasserdrohnen soll künftig die strategische Linie von Grönland über Island zum Vereinigten Königreich (GIUK) überwacht werden.108 Deutschland könnte mit Norwegen ein ähnliches Vorhaben aufsetzen, um die Linie zwischen Spitzbergen, der Bäreninsel und der Finnmark zu kontrollieren (Bear Gap). Ziel ist in beiden Fällen, die Bewegung russischer Kräfte, insbesondere von U-Booten, frühzeitig zu erfassen.
Strategische Anpassung an eine unsichere Zukunft
Die neuen Leitlinien bieten einen umfassenden Ansatz, aber ihre erfolgreiche Umsetzung erfordert eine kohärente, strategische Ausrichtung. Deutschland sollte seine Präsenz in der Arktis verstärken, Partnerschaften vertiefen und eine langfristige Sicherheitsstrategie entwickeln, die den geopolitischen Realitäten der Region gerecht wird. Nur durch eine ganzheitliche und proaktive Herangehensweise kann Deutschland seine Rolle als stabilisierender Akteur in der Arktis festigen und seine nationalen Interessen schützen.
Langfristig bleibt die Rückkehr zu einer Arktis, in der Kooperation herrscht, ein wünschenswertes Ziel. Vertrauensbildende Maßnahmen und die Offenhaltung von Kommunikationskanälen, insbesondere im Rahmen von Track-2-Diplomatie, können hierzu hilfreich sein.109 Auch wenn es derzeit eine Politik verfolgt, die konfrontativ statt kooperativ ist, wird Russland ein zentraler Akteur in der Arktis bleiben. Daher ist es wichtig, informelle Dialoge zu pflegen und über zukünftige Sicherheitsarchitekturen in der Region nachzudenken.
In den kommenden Jahren, möglicherweise sogar Jahrzehnten, ist jedoch eine Stärkung der Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit die realistischste Politikoption. Nordeuropäische Länder wie Norwegen haben in der Vergangenheit positive Erfahrungen mit einer Kombination aus Abschreckung und Rückversicherung gemacht,110 die als Modell für die Zukunft dienen kann.
Abschließend und zusammenfassend gilt es folgende Punkte umzusetzen:
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Eine umfassende »Strategische Kultur« schaffen: Sicherheitspolitisches Handeln sollte stärker auf langfristige Zielbilder, stringente Prioritäten und realistische Wirkungserwartungen ausgerichtet werden – gerade auch in geopolitisch sensiblen Regionen wie der Arktis.111 Es reicht daher nicht, Ad‑hoc-Reaktionen auf geopolitische Schocks zu formulieren. Deutschland muss persistente geopolitische Interessen definieren und gleichzeitig eine Kultur des strategischen Denkens fördern, die nicht nur auf technokratische Details, sondern auf weit in die Zukunft reichende Planungen fokussiert. Dazu bedarf es unter anderem der Förderung von Studiengängen zur Strategieforschung an Universitäten und Forschungseinrichtungen. Ein Beispiel für einen derartigen Studiengang ist der »Master of Intelligence and Security Studies« (MISS), der in einer Kooperation zwischen der Universität der Bundeswehr München und der Hochschule des Bundes angeboten wird. Dieser Studiengang richtet sich zwar primär an Mitglieder der Nachrichtendienste und der Bundeswehr, zeigt aber über diese Bereiche hinaus, dass Bedarf an solchen spezialisierten Ausbildungsprogrammen besteht. So bietet die Universität Bonn den Masterstudiengang »Strategy and International Security« an, der Studierenden vertiefte Kenntnisse in Strategieforschung und Sicherheitspolitik vermittelt.112 Im Juni/Juli 2025 fand zudem in Tromsø erstmals eine von der Sasakawa Peace Foundation (SPF) und der Arctic University of Norway (UiT) gemeinsam organisierte Arctic Summer School statt, in der sich Doktorandinnen und Doktoranden Arktisexpertise aneignen konnten.113
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Verbindliche internationale Kooperationen aufbauen: Deutschland sollte nicht nur multilaterale Foren unterstützen, sondern in Zusammenarbeit mit der EU und der Nato den Abschluss konkreter bilateraler und mini- bis multilateraler Abkommen zur Sicherung der Arktis vorantreiben. Solche Verträge und Vereinbarungen stärken das internationale Regelwerk und fördern die gemeinsame Sicherheit.
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Mittel und Maßnahmen priorisieren: Der arktisch-nordatlantische Raum ist geografisch zu groß, als dass er sich auf traditionelle Weise, nämlich durch patrouillierende Schiffe, kontrollieren ließe. Gleichwohl bleiben bemannte Plattformen wichtig, um konkrete Aufgaben an bestimmten Orten zu übernehmen, die sich mit automatisierter Technik noch nicht umsetzen lassen. Sensoren über und unter Wasser bieten Möglichkeiten, ein umfassendes Lagebild zu generieren. Ihre Verbringung und Vernetzung kann jedoch nur in Kooperation mit alliierten Partnern erfolgen.
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Klarere Finanzierungszusagen machen: Ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Umsetzung der Leitlinien ist die verbindliche Bereitstellung finanzieller Mittel. Ohne ausreichende Ressourcen werden die sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Ambitionen, die in den Leitlinien formuliert sind, unerfüllt bleiben. Die Bundesregierung hat, um militärische Ausrüstung und die entsprechende benötigte Infrastruktur unabhängig vom regulären Verteidigungsetat verlässlich finanzieren zu können, verteidigungsbezogene Ausgaben ab einer Höhe von 1 Prozent des deutschen BIP (ca. 44 Milliarden Euro) von der Schuldenbremse ausgenommen. Das neue Infrastruktursondervermögen soll ebenfalls militärischen Zwecken zugutekommen. Der sicherheitspolitische und militärische Aspekt der deutschen Arktispolitik ist Teil davon.
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Deutschlands Arktispolitik strategisch anpassen: Mit der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus verschieben sich die strategischen Koordinaten transatlantischer Politik grundlegend – auch für die Arktis. Die neue Bundesregierung steht vor der Aufgabe, die Leitlinien deutscher Arktispolitik von 2024 nicht nur umzusetzen, sondern sie angesichts der geopolitischen Umbrüche strategisch weiterzuentwickeln. In einem sicherheitspolitisch instabileren Umfeld, in dem die Verlässlichkeit amerikanischer Zusagen zunehmend in Frage steht, bleibt die transatlantische Zusammenarbeit zwar wichtig; mittel- und langfristig muss Deutschland aber stärker auf europäische Partnerschaften, eigene Resilienz und eine Arktisstrategie setzen, die sicherheitspolitisch verankert und umsetzbar ist. Nur durch eine koordinierte europäische Arktispolitik kann die EU als ernstzunehmender sicherheitspolitischer Akteur in der Region auftreten.
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Langfristige Planung mit militärischen Komponenten entwickeln: Angesichts der durch Russland remilitarisierten Arktis sollte Deutschland – in Abstimmung mit Nato-Partnern – konkrete Schritte zur Abschreckung und Verteidigung westlicher Interessen in der Region ergreifen. Diese könnten in der Entsendung, aber auch Stationierung von spezialisierten Truppen, wie Gebirgsjägern, bestehen.
Abkürzungen
AChoD Arctic Chiefs of Defence
ASFR Arctic Security Forces Roundtable
ASPI Australian Strategic Policy Institute (Canberra)
AWI Alfred-Wegener-Institut – Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung
BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung (bis 05.2025, seither: Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt, BMFTR)
BMVg Bundesministerium der Verteidigung
CAOC Combined Air Operation Center
CTF Commander Task Force
EDF European Defence Fund (Europäischer Verteidigungsfonds)
ESG Environmental, Social and Governance
EU Europäische Union
FONOP Freedom of Navigation Operation
GIUK Greenland-Iceland-United Kingdom
IMO International Maritime Organization
JEF Joint Expeditionary Force
LUUV Large Unmanned Underwater Vehicle
MAGA Make America Great Again
MOSAiC Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate
NIPR National Institute of Polar Research (Tokio)
NORDEFCO Nordic Defence Cooperation
NSIDC National Snow and Ice Data Center
NSS Nationale Sicherheitsstrategie
RBO Regelbasierte Ordnung
SDG Sustainable Development Goals (Nachhaltigkeitsziele)
SNMG Standing NATO Maritime Group
SPF Sasakawa Peace Foundation
SRÜ Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen
UiT The Arctic University of Norway (Tromsø)
Weitere SWP-Literatur zum Thema
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Chinas arktische Wende. Ursachen, Entwicklungen, Perspektiven
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Zurück in die Zukunft der Arktis. Die andauernde Relevanz von Rüstungskontrolle
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Die arktische Sicherheitspolitik der USA. Amerikanische Arktisstrategien, russische Hybris und chinesische Ambitionen
SWP-Aktuell 26/2023, April 2023
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Deutschland im arktisch-nordatlantischen Raum. Russlands militärische Aktivitäten brauchen Aufklärung
SWP-Aktuell 74/2021, November 2021
Michael Paul
Arktische Seewege. Zwiespältige Aussichten im Nordpolarmeer
SWP-Studie 14/2020, Juli 2020
Endnoten
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Die Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik. Deutschland und die Arktis im Kontext von Klimakrise und Zeitenwende, Berlin: Auswärtiges Amt, September 2024, S. 4, <www.auswaertiges-amt.de/blob/2676012/35e32e524625a 2020571390e1af8789b1fd7/arktis-leitlinien-data.pdf>. Sofern nicht anders angegeben, wurden alle Websites zuletzt am 14.11.2025 aufgerufen.
- 2
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Ebd., S. 6.
- 3
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Michael Paul / Göran Swistek Deutschland im arktisch-nordatlantischen Raum. Russlands militärische Aktivitäten brauchen Aufklärung, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2021 (SWP-Aktuell 74/2021), S. 1–2.
- 4
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»The Arctic may experience its first practically ice-free summer by 2030«, U.S. Department of Defense, 2024 Arctic Strategy, Washington, D.C., 2024, S. 6.
- 5
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Michon Scott, »Ask a Scientist: What Do Scientists Mean by ›Ice-free Arctic‹?«, National Snow and Ice Data Center (NSIDC), 23.10.2023, <https://nsidc.org/learn/ask-scientist/what-do-scientists-mean-ice-free-arctic>.
- 6
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Europäische Kommission, EU und Grönland unterzeichnen strategische Partnerschaft für nachhaltige Rohstoffwertschöpfungsketten, Pressemitteilung, Brüssel, 30.11.2023.
- 7
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Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 5 und 7.
- 8
-
Ebd., S. 11.
- 9
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Siehe Michael Däumer, »Von einer Zone des Friedens zum Konfliktherd? Die geopolitische Bedeutung der Arktis«, in: Die Arktis – Zwischen Konflikt und Kooperation, Berlin: Konrad Adenauer Stiftung, 18.4.2023 (KAS-Auslandsinformationen, 1/2023), S. 14.
- 10
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Michael Paul, Chinas arktische Wende. Ursachen, Entwicklungen, Perspektiven, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2024 (SWP-Aktuell 68/2024).
- 11
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Artikel 234 des Seerechtsübereinkommens (SRÜ) erlaubt Küstenstaaten, in eisbedeckten Seegebieten innerhalb ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone Vorschriften zum Schutz der Meeresumwelt zu erlassen, wenn diese Gebiete wegen Eisbedingungen besonders gefährlich sind, United Nations Convention on the Law of the Sea, 10.12.1982, <www.un.org/ depts/los/convention_agreements/texts/unclos/unclos_e.pdf>.
- 12
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»It is doubtful that Russia will allow us to sail through their sea route. But if it is an international passage, Russia cannot control it in the same way as their territorial waters. If they allow China but not the rest of the world, it creates tensions due to lost equal opportunities«, Admiral Rob Bauer (Royal Netherlands Navy), Chairman Military Committee, zitiert nach Trine Jonassen, »China’s Intentions in the Arctic Are Unclear – And that Is a Growing Concern«, High North News, 21.10.2024.
- 13
-
Paul McLeary, »Navy Secretary: US Plans Patrols Near Russian Arctic Bases«, Breaking Defense, 5.1.2021.
- 14
-
Rebecca Pincus, »Rushing Navy Ships into the Arctic for a FONOP Is Dangerous«, in: U.S. Naval Institute. Proceedings, Januar 2019, <https://www.usni.org/magazines/proceedings/ 2019/january/rushing-navy-ships-arctic-fonop-dangerous>.
- 15
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 11.
- 16
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik. Verantwortung übernehmen, Vertrauen schaffen, Zukunft gestalten, Berlin: Auswärtiges Amt, August 2019, S. 42, <https://www.auswaertiges-amt.de/resource/blob/257426/ 0c93a2823fcff8ce9f6bce5b6c87c171/arktisleitlinien-data.pdf>. Vgl. Bundesregierung, China-Strategie der Bundesregierung, Berlin: Auswärtiges Amt, 2023, S. 56.
- 17
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Bundeswehr, Marinekommando. Jahresbericht 2023. Fakten und Zahlen zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland, Rostock: Marinekommando, August 2023, S. 166.
- 18
-
Bundespräsident Horst Köhler, zitiert nach »Militäreinsatz für deutsche Wirtschaftsinteressen?«, Zeit online, 27.5.2010.
- 19
-
Ulrich Schlie, »Deutsche Sicherheitspolitik seit 1990: Auf der Suche nach einer Strategie«, in: SIRIUS, 4 (2020) 3, S. 304–314 (310).
- 20
-
Tjorven Bellmann / Jasper Wieck, »Maritime Sicherheit in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik«, in: Heinz Dieter Jopp (Hg.), Maritime Sicherheit im 21. Jahrhundert, Baden-Baden: Nomos, 2014, S. 119–133 (130).
- 21
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»The Arctic serves as an avenue for power projection to Europe and is vital to the defense of Atlantic sea lines of communication between North America and Europe«, U.S. Department of Defense, 2024 Arctic Strategy [wie Fn. 4], S. 2.
- 22
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Die Befürworter eines intensiveren Engagements in der Arktis in den USA bemühten sich lange erfolglos, den Kongress zur Bewilligung von Mitteln – zum Beispiel für neue Eisbrecher –zu bewegen. Zu ihnen zählte die Senatorin Lisa Murkowski aus Alaska, die im März 2015 im Senat dann aber doch einen »Arctic Caucus« etablierte, siehe Michael Paul, Die arktische Sicherheitspolitik der USA. Amerikanische Arktisstrategien, russische Hybris und chinesische Ambitionen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, April 2023 (SWP-Aktuell 26/2023).
- 23
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Michael Paul / Göran Swistek, »Maritime Wahl: Indo-pazifische versus arktisch-nordatlantische Prioritäten«, in: Günther Maihold et al. (Hg.), Deutsche Außenpolitik im Wandel. Unstete Bedingungen, neue Impulse, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2021 (SWP-Studie 15/2021), S. 41–44.
- 24
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»The United States’ ability to cope with the pressures of great-power competition hinges on securing Europe and preserving the trans-Atlantic alliance. While it is true that there are serious and pressing national security problems in Asia and the Middle East, these can only be dealt with effectively once the Atlantic foundation of Washington’s global strength is secure. To conduct a future pivot to Asia, the United States needs a fulcrum in Europe – not vice versa«, Wess Mitchell / Jakub Grygiel, »U.S. Strategy Should Be Europe First, Then Asia«, in: Foreign Policy, 6.9.2024.
- 25
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Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 6.
- 26
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Bundeswehr, Der Kurs für die Marine ab 2035, Rostock: Marinekommando, 29.3.2023, <http://www.bundeswehr.de/ de/organisation/marine/aktuelles/zielbild-marine-2035-5600748>; Jürgen Wagner, »Zielbild Marine 2035+: Aufrüstung nach Nato-Vorgaben«, Telepolis, 10.3.2023, <https://www.telepolis.de/features/Zielbild-Marine-2035-Aufruestung-nach-Nato-Vorgaben-7541519.html?seite=all>.
- 27
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Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 16.
- 28
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Bundeswehr, Commander Task Force Baltic aufgestellt, Rostock: Marinekommando, 21.10.2024, <http://www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/aktuelles/commander-task-force-baltic-aufgestellt-5848288>.
- 29
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Paul, Chinas arktische Wende [wie Fn. 10], S. 1.
- 30
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Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 16.
- 31
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Ebd.
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Vgl. ebd.
- 33
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Vgl. Yu Koizumi, »Russian Pacific Fleet Redux. Japan’s North as a New Center of Gravity«, War on the Rocks, 22.10.2024, <https://warontherocks.com/2024/10/russian-pacific-fleet-redux-japans-north-as-a-new-center-of-gravity/>.
- 34
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 17.
- 35
-
Ebd., S. 15.
- 36
-
Ebd., S. 16.
- 37
-
Ebd.
- 38
-
Ebd., S. 18.
- 39
-
Ebd., S. 20.
- 40
-
Ebd., S. 18.
- 41
-
Ebd., S. 44.
- 42
-
Ebd., S. 38.
- 43
-
Ebd., S. 21.
- 44
-
Ebd., S. 22.
- 45
-
Benjamin Hilgenstock / Oleksii Hrybanovskii / Anatoliy Kravtsev, Assessing Russia’s Shadow Fleet. Initial Build-Up, Links to the Global Shadow Fleet, and Future Prospects, Kiew: Kyiv School of Economics, Juni 2024, S. 13, <https://kse.ua/wp-content/ uploads/2024/06/Global-Shadow-Fleet-June-2024.pdf>.
- 46
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 16.
- 47
-
Ebd., S. 7.
- 48
-
Ebd., S. 6 und S. 16.
- 49
-
Ebd., S. 16.
- 50
-
Ebd., S. 7.
- 51
-
Ebd., S. 18, 23–24.
- 52
-
Ebd., S. 30.
- 53
-
Ebd., S. 27.
- 54
-
Ebd., S. 38.
- 55
-
Alex Joske, The China Defence Universities Tracker. Exploring the Military and Security Links of China’s Universities, Canberra: Australian Strategic Policy Institute (ASPI), November 2019 (Report 23/2019), S. 6; ASPI, China Defence Universities Tracker, <https://unitracker.aspi.org.au/>.
- 56
-
Deutscher Bundestag, Strategie der Bundesregierung zur Verzahnung von ziviler und militärischer Forschung, Berlin: Deutscher Bundestag, 1.6.2023 (Bundestags-Drucksache 20/13699), <https://dserver.bundestag.de/btd/20/136/ 2013699.pdf>.
- 57
-
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Positionspapier Forschungssicherheit im Lichte der Zeitenwende, Berlin 2024, S. 1, <www.bmbf.de/SharedDocs/Downloads/DE/ 2024/positionspapier-forschungssicherheit.pdf?__blob= publicationFile&v=4>.
- 58
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2019 [wie Fn. 16], S. 2 und S. 19.
- 59
-
Ebd., S. 23.
- 60
-
Eine umfassende Analyse bietet Bastian Matteo Scianna, Sonderzug nach Moskau. Geschichte der deutschen Russlandpolitik seit 1990, München: C.H. Beck, 2024, S. 421–430.
- 61
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 4.
- 62
-
Siehe ebd.
- 63
-
Siehe ebd., S. 16.
- 64
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik. Verantwortung übernehmen, Chancen nutzen, Berlin: Auswärtiges Amt, November 2013, S. 4, <https://www.arctic-office.de/ fileadmin/user_upload/www.arctic-office.de/PDF_uploads/ Leitlinien_deutscher_Arktispolitik.pdf>.
- 65
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2019 [wie Fn. 16], S. 32.
- 66
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 5.
- 67
-
Ebd.
- 68
-
Siehe Bundesregierung, Rohstoffstrategie der Bundesregierung. Sicherung einer nachhaltigen Rohstoffversorgung Deutschlands mit nichtenergetischen mineralischen Rohstoffen, Berlin: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Dezember 2019.
- 69
-
Siehe Carlo Masala, Bedingt abwehrbereit: Deutschlands Schwäche in der Zeitenwende. München: C.H. Beck, 2023.
- 70
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 12.
- 71
-
Siehe Bundesregierung, Nationale Sicherheitsstrategie. Wehrhaft. Resilient. Nachhaltig. Integrierte Sicherheit für Deutschland, Berlin: Auswärtiges Amt, Juni 2023, S. 29: »Wir werden die in dieser Sicherheitsstrategie beschriebenen Vorhaben, sofern sie nicht bereits mit entsprechenden Haushaltsmitteln unterlegt sind, in die jeweiligen Einzelpläne des Bundeshaushalts im Wege der Priorisierung einfügen. Angesichts der erheblichen aktuellen Anforderungen an unsere öffentlichen Haushalte streben wir an, die Aufgaben dieser Strategie ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts insgesamt zu bewältigen.« Ähnlich äußerte sich die Bundesregierung in ihrer China-Strategie, Berlin: Auswärtiges Amt, 2023, S. 9: »Die Bundesregierung wird die in dieser China-Strategie beschriebenen Vorhaben, sofern sie nicht bereits mit entsprechenden Haushaltsmitteln unterlegt sind, in die jeweiligen Einzelpläne des Bundeshaushalts im Wege der Priorisierung einfügen. Angesichts der erheblichen aktuellen Anforderungen an unsere öffentlichen Haushalte streben wir an, die Aufgaben dieser Strategie ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts insgesamt zu bewältigen.« Siehe auch Bundesregierung, Klimaschutzprogramm der Bundesregierung 2023, S. 2: »Alle Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt und dem Vorbehalt der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenz/Zuständigkeit des Bundes.« Ferner: Bundesregierung, Nationale Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie für die Zeitenwende, Berlin: BMVg, 4.12.2024, S. 5: »Die Umsetzung der Strategie erfolgt im Rahmen der Haushalts- und Finanzplanung der Bundesregierung. Sie erfolgt in enger Kooperation der betroffenen Ressorts unter Wahrung der bestehenden Ressortzuständigkeit.«
- 72
-
Olaf Scholz, »The Global Zeitenwende. How to Avoid a New Cold War in a Multipolar Era«, in: Foreign Affairs, 102 (Januar/Februar 2023) 1, <www.foreignaffairs.com/germany/ olaf-scholz-global-zeitenwende-how-avoid-new-cold-war>.
- 73
-
Vgl. NATO, The Future of the High North, Norfolk, VA: Allied Command Transformation, 12.5.2023, 2023, <https://www.act.nato.int/article/the-future-of-the-high-north/>; European Commission / High Representative for Foreign Affairs and Security Policy, A Stronger EU Engagement for a Peaceful, Sustainable and Prosperous Arctic, JOIN(2021) 27 final, Brüssel, 13.10.2021, S. 2–3.
- 74
-
Norwegisches Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Die Deutschland-Strategie der norwegischen Regierung 2019, Oslo, Juni 2019, S. 15, <https://www.regjeringen.no/globalassets/departementene/ud/dokumenter/planer/tysklandstrategi_ty2019_neues.pdf>.
- 75
-
Norwegisches Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Die Deutschland-Strategie der norwegischen Regierung, Oslo, März 2024, S. 7, <https://www.regjeringen.no/ contentassets/28109f74d956419488003f648beca8ac/e-1023-t-tysklandstrategi.pdf>.
- 76
-
Government of Norway, Joint Declaration between the Federal Republic of Germany and the Kingdom of Norway, Oslo, 22.7.2025, <https://www.regjeringen.no/globalassets/departementene/ smk/nyheter2025/joint-declaration.pdf>.
- 77
-
Government Offices of Sweden, Sweden’s Strategy for the Arctic Region, Stockholm 2020, S. 19, <https://www.government.se/contentassets/85de9103bbbe4373b55eddd7f71608da/swedens-strategy-for-the-arctic-region-2020.pdf>.
- 78
-
Bundesministerium der Verteidigung, »Pistorius in Reykjavik: Deutschland und Island vertiefen Militärkooperation«, 20.10.2025, <www.bmvg.de/de/aktuelles/deutschland-und-island-vertiefen-militaerkooperation-6034006>.
- 79
-
Murray Brewster, »Canada, Germany and Norway Discussing a Security Pact to Cover the North Atlantic and Arctic«, CBC News, 20.6.2024, <https://www.cbc.ca/news/ politics/canada-germany-norway-nato-submarines-1.7240569>.
- 80
-
»Canada Explores German-Norwegian Designed Submarines in Strategic Naval Upgrade«, Ready Aye Ready, 18.2.2025, <https://readyayeready.com/canada-explores-german-norwegian-designed-submarines-in-strategic-naval-upgrade/>.
- 81
-
Die Europäische Kommission hat im Dezember 2008 beantragt, als Beobachter zugelassen zu werden. In der letzten Erweiterungsrunde 2013 wurde diesem Antrag zugestimmt, aber kein endgültiger Beschluss gefasst. Auf Russlands Teilinvasion der Ukraine 2014 folgten westliche Sanktionen, woraufhin Moskau die Zulassung ablehnte.
- 82
-
Siehe hierzu European External Action Service, The EU in the Arctic, Brüssel, 22.1.2025, <www.eeas.europa.eu/ eeas/eu-arctic_en>.
- 83
-
Europäische Kommission, Der europäische Grüne Deal. Erster klimaneutraler Kontinent werden, 2019, <https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/european-green-deal_de>.
- 84
-
Kai Greet, »New Combined Air Operations Centre Opened by NATO in Norway«, in: The Aviationist, 11.10.2025.
- 85
-
Hervorragende Beiträge hierfür leisten das Alfred-Wegener-Institut (AWI) für Polar- und Meeresforschung und das Deutsche Arktisbüro am AWI in Potsdam.
- 86
-
Irina Haesler, »Strategische Partner«, in: Marineforum, 6/2023, S. 14.
- 87
-
Siehe Michael Paul, Arktische Seewege: Zwiespältige Aussichten im Nordpolarmeer, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2020 (SWP-Studie 14/2020).
- 88
-
Rachel Nuwer, »Fehlende russische Daten schaden der Arktisforschung«, in: Spektrum der Wissenschaft, 23.1.2024, <https://www.spektrum.de/news/fehlende-russische-daten-schaden-der-arktisforschung/2204986>.
- 89
-
Siehe »Russia-U.S. Relations in 2025: Can Arctic Science Diplomacy Mend Strategic Fences?«, Transkript des Workshops der Arctic Initiative des Belfer Center und des Davis Center for Russian and Eastern European Studies, Harvard University, Youtube, 5.12.2024. <https://www.youtube.com/watch?v=XQsoAYFUhEM>.
- 90
-
Bundesregierung, Leitlinien deutscher Arktispolitik 2024 [wie Fn. 1], S. 17.
- 91
-
Vgl. Knut Abraham, »Deutschland braucht einen neuen Blick auf die Arktispolitik«, TableMedia, 17.10.2023, <https://table.media/security/tablestandpunkt/deutschland-braucht-neuen-blick-auf-die-arktispolitik>.
- 92
-
Vgl. Hans-Uwe Mergener / Michael Nitz, »Deutschland wird noch in diesem Jahr mit der Marine in der Arktis präsent«, Europäische Sicherheit und Technik (online), 2.7.2025, <https://esut.de/2025/07/meldungen/61113/deutschland-wird-noch-in-diesem-jahr-mit-der-marine-in-der-arktis-praesent/>.
- 93
-
Vgl. Jonas Brandstetter, »Erste Poseidon P-8A übergeben«, Behörden Spiegel, 9.10.2025, <https://www.behoerden-spiegel.de/2025/10/09/erste-poseidon-p-8a-uebergeben/>.
- 94
-
Vgl. Kurs Marine. Den Gegner abschrecken, die Freiheit auf See verteidigen, Rostock: Marinekommando, 14.5.2025, S. 38, <https://www.bundeswehr.de/resource/blob/5939752/c083fa236013e9dfdad9b8bba0049a35/kurs-marine-2025-broschuere-final-data.pdf>.
- 95
-
Vgl. ebd.
- 96
-
Vgl. Astri Edvardsen / Brigitte Annie Hansen, »Norway and Denmark to Cooperate on Maritime Drone Surveillance in the Arctic«, High North News, 29.5.2024, <https://www.highnorthnews.com/en/norway-and-denmark-cooperate-maritime-drone-surveillance-arctic>.
- 97
-
Vgl. Jane Bishop, »Mission Capability of Uncrewed Aircraft Key to High North Security«, Northrop Gumman (online), o. D., <https://www.northropgrumman.com/what-we-do/air/triton/mission-capability-of-uncrewed-aircraft-key-to-high-north-security>.
- 98
-
Vgl. Lisa West, »MQ-4C Triton Demos Navigation Systems over Arctic«, UK Defence Journal, 26.9.2024, <https://ukdefencejournal.org.uk/mq-4c-triton-demos-navigation-systems-over-arctic/>.
- 99
-
Vgl. Kurs Marine 2035+. Energischer Einstieg in unbemannte Systeme und Künstliche Intelligenz, Rostock: Marinekommando, 15.9.2023, S. 10f, <www.bundeswehr.de/resource/blob/ 5727830/1273b4cff2988935599083e5f15b1ba3/kurs-marine-2035--data.pdf>.
- 100
-
Vgl. Richard Scott, »Netherlands Firms up Plans for Multifunction Support Vessels«, Naval News, 27.9.2024, <www.navalnews.com/naval-news/2024/09/netherlands-firms-up-plans-for-multifunction-support-vessels/>.
- 101
-
Vgl. Kurs Marine. Den Gegner abschrecken [wie Fn. 94], S. 38.
- 102
-
Vgl. Murray Brewster, »German, Norwegian Officials Urge Canada to Join ›Familiar Family‹ in Buying New Submarines«, CBC News, 4.6.2025, <https://www.cbc.ca/ news/politics/germany-norway-military-subs-1.7551526>.
- 103
-
Vgl. Mario W., »OPEX Blue Whale. Deutsche Marine setzt auf experimentelle Verfahren«, Bundeswehr (online), 27.11.2024, <www.bundeswehr.de/de/organisation/marine/ aktuelles/deutsche-marine-experimentelle-verfahren-5862322>.
- 104
-
Vgl. Peter Ong, »U.S. Navy’s New Task Force 59 Teams Manned with Unmanned Systems for CENTCOM’s Middle East«, Naval News, 9.9.2021 <www.navalnews.com/naval-news/2021/09/u-s-navys-new-task-force-59-teams-manned-with-unmanned-systems-for-centcoms-middle-east/>.
- 105
-
Vgl. Heather Mongilio, »Navy Sets up New Uncrewed Task Force in Europe, Africa«, USNI News, 11.7.2024, <https://news.usni.org/2024/07/11/navy-sets-up-new-uncrewed-task-force-in-europe-africa>.
- 106
-
Vgl. Lisa-Martina Klein, »Task Force X: Warum die Nato auf Leasing maritimer Drohnen in der Ostsee setzt«, TableMedia, 17.6.2025, <https://table.media/security/analyse/task-force-x-warum-die-nato-auf-leasing-maritimer-drohnen-in-der-ostsee-setzt> (aktualisiert am 24.6.2025).
- 107
-
Vgl. Rachael Gosnell / Lars Saunes, Integrated Naval Deterrence in the Arctic Region – Strategic Options for Enhancing Regional Naval Cooperation, Newport, RI: U.S. Naval War College, 23.7.2024 (Newport Arctic Scholars Initiative Report Nr. 2), S. 10 und S. 22, <https://digital-commons.usnwc. edu/nasi/2/>.
- 108
-
Vgl. Richard Scott, »UK Sets out Project CABOT Ambition to Deploy Autonomous ASW Screen in the North Atlantic«, Naval News, 18.2.2025, <www.navalnews.com/ naval-news/2025/02/uk-sets-out-project-cabot-ambition-to-deploy-autonomous-asw-screen-in-the-north-atlantic/>.
- 109
-
Michael Paul, Zurück in die Zukunft der Arktis. Die andauernde Relevanz von Rüstungskontrolle, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2024 (SWP-Aktuell 3/2024), S. 4.
- 110
-
Norwegen verfolgt seit dem Kalten Krieg eine sicherheitspolitische Doppelstrategie aus Abschreckung (deterrence) und Rückversicherung (reassurance): Einerseits wird durch die Nato-Mitgliedschaft, militärische Modernisierung und regelmäßige Übungen Abschreckung gegenüber potentiellen Gegnern – insbesondere Russland – aufrechterhalten. Andererseits vermeidet Norwegen durch freiwillige Selbstbeschränkungen, etwa das Verbot der dauerhaften Stationierung ausländischer Truppen in Friedenszeiten oder das Verbot der Lagerung westlicher Atomwaffen, provokative Schritte, um Eskalationen zu vermeiden und Stabilität in der Region zu sichern.
- 111
-
Holger Janusch / Thomas Dörfler, Strategie mit Logik: Eine neue Nationale Sicherheitsstrategie braucht eine »Theory of Success«, Berlin: Bundesakademie für Sicherheitspolitik, 2025 (BAKS-Arbeitspapier Sicherheitspolitik 5/2025), <https://www.baks.bund.de/sites/baks010/files/arbeitspapier_ sicherheitspolitik_2025_5.pdf>.
- 112
-
Siehe Universität Bonn, Master of Arts-Studiengang Strategy and International Security, <https://www.uni-bonn.de/de/studium/studienangebot/studiengaenge-a-z/strategy-and-international-security-ma>.
- 113
-
Organisiert von Gunnar Rekvig (SPF/UiT) werden die jeweiligen Module der »Arctic Summer School« von Hiroyuki Enomoto (NIPR; Climate Change) Michael Paul (SWP; Security) und Christopher Rossi (UiT; Governance) geleitet.
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