Innere Merkmale und außenpolitische Folgen des Systems Orbán
SWP-Aktuell 2015/A 06, 30.01.2015, 8 Seiten ForschungsgebieteViktor Orbán und seine Partei Fidesz regieren Ungarn seit knapp einem halben Jahrzehnt. Gestützt auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, betrieb Orbán eine multi-dimensionale Umgestaltung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, suchte sein Land aber auch im internationalen Umfeld neu zu positionieren. Sein erklärtes Bestreben, Ungarn zu stärken und zu erneuern, ging einher mit einer stetigen Machtzentralisierung. Nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel zur Umsetzung einer neotraditionalistisch-konservativen Reform- und Modernisierungsagenda. Die Demokratie in Ungarn wurde dabei nicht abgeschafft, aber verändert. Sie trägt Züge einer antagonistischen Mehrheitsdemokratie mit Hegemonialpartei und Exekutivdominanz. Deutschland, das für Ungarns Regierung zu einem zentralen Bezugspunkt avancierte, hat die Aufgabe, die Kooperation mit kritischem Realismus fortzugestalten und dabei innere Fehlentwicklungen dezidiert zu monieren. Außenpolitisch muss im Dialog mit Budapest die Gefahr eines strategischen Abdriftens Ungarns nach Russland thematisiert werden.