Paweł Tokarski
Mit dem sogenannten Genius Act schafft die US-Regierung klare Regeln für Stablecoins. Die damit verbundenen Risiken könnten für die EU zur Herausforderung werden – und den Druck erhöhen, mit dem digitalen Euro gegenzuhalten, meint Paweł Tokarski.
Stablecoins, also digitale Vermögenswerte mit einem stabilen Wertversprechen, spielen eine zunehmend wichtige Rolle im globalen Finanzsystem. Mit dem »Genius Act 2025«, einem US-Gesetz, das am vergangenen Freitag von US-Präsident Donald Trump unterzeichnet wurde, schafft die US-Regierung nun erstmals einen verbindlichen Rechtsrahmen für diese Form von Krypto-Assets. Der Schritt gilt als Meilenstein für die Regulierung digitaler Währungen, wirft jedoch auch Fragen hinsichtlich der globalen Finanzstabilität, geopolitischer Dynamiken und möglicher Interessenkonflikte auf.
Stablecoins sind eine besondere Art von Krypto-Assets, deren Ziel es ist, durch die Bindung an einen Referenzwert – in der Regel eine traditionelle Währung wie den US-Dollar – einen stabilen Wert zu halten. Der »Genius Act« integriert Stablecoins nun in das US-amerikanische Finanzsystem. Unternehmen sind demnach verpflichtet, bestimmte regulatorische Anforderungen zu erfüllen und eine vollständige Absicherung durch liquide, an den US-Dollar gebundene Vermögenswerte – hauptsächlich kurzfristige öffentliche Schuldtitel – zu gewährleisten. Die neuen Vorschriften schaffen einen klaren Rechtsrahmen für Stablecoins auf ihrem weltweit größten Markt, bergen jedoch auch erhebliche Risiken.
Die rasante Entwicklung von an den US-Dollar gekoppelten Stablecoins sowie die damit verbundene Verlagerung von Vermögenswerten oder Finanztransfers können in Zukunft die Währungshoheit und die Wirksamkeit der Geldpolitik im Euro-Währungsgebiet untergraben. Da Stablecoins hauptsächlich auf kurzfristigen US-Schulden basieren, bieten sie einen erheblichen Anreiz, weiterhin US-Anleihen zu kaufen, trotz wachsender Zweifel an der Schuldentragfähigkeit der USA. Dies könnte zu einer steigenden Nachfrage nach US-Schuldtiteln führen, während die Renditen europäischer Anleihen steigen – ein Risiko insbesondere für überschuldete Länder des Euro-Währungsgebiets.
Das größte Risiko liegt jedoch in der fehlenden Transparenz vieler Stablecoin-Emittenten. Zwar behaupten viele, durch traditionelle Vermögenswerte wie US-Dollar oder Staatsanleihen besichert zu sein, doch ein plötzlicher Vertrauensverlust durch Risiken aus der komplexen Kapital- und Reservestruktur von Emittenten birgt erhebliches Realisierungspotenzial. Dies könnte sehr schnell zu einer Marktpanik führen, die die Rücktauschfähigkeit in traditionelle Vermögenswerte übersteigt und auch den europäischen Finanzsektor destabilisiert.
Besonders kritisch ist der mögliche Interessenkonflikt durch das persönliche Engagement von Präsident Trumps Familienunternehmen im Bereich Krypto-Assets. Berichten zufolge haben diese Firmen enorme Gewinne aus Spekulationen erzielt. Angesichts der Notwendigkeit, die Nachfrage nach US-Staatsanleihen zu steigern, wozu Stablecoins beitragen könnten, liegt es im Interesse von Trump, diesen Markt so schnell wie möglich zu entwickeln. Dies wirft jedoch Zweifel an der Möglichkeit einer wirksamen Aufsicht über diesen Sektor in den Vereinigten Staaten auf.
Mit dem »Genius Act« schlagen die Vereinigten Staaten bei der Regulierung digitaler Währungen einen grundlegend anderen Weg als Europa ein. Sie setzen auf die rasche Entwicklung privater, an den Dollar gekoppelter Währungen. Das Vorzeigeprojekt der EU ist hingegen die digitale Währung Euro, eine digitale Zentralbankwährung (CBDC), die von der Europäischen Zentralbank ausgegeben werden soll. In den Vereinigten Staaten ist die Entwicklung von CBDCs derzeit verboten, da diese von der Zentralbank ausgegebene Geldform paradoxerweise als riskant eingestuft wurde.
Während der »Genius Act« einen stärkeren Schwerpunkt auf die Verwendung von Stablecoins zu legen scheint, um den Einfluss des Dollars zu stärken und die Anreize für den Kauf von US-Anleihen zu schaffen, verfolgt die EU mit der MiCA-Verordnung (Markets in Crypto-Assets) einen vorsichtigeren, umfassenderen und ausgewogeneren Ansatz. Dieser räumt der Finanzstabilität und dem Verbraucherschutz im gesamten Kryptowährungsökosystem Vorrang ein. Diese unterschiedlichen Regulierungsansätze bergen Konfliktpotenzial.
In jedem Fall verstärkt der »Genius Act« die Notwendigkeit der Einführung eines digitalen Euro, der die Währungshoheit im digitalen Ökosystem bewahrt, risikofrei ist und gleichzeitig eine Grundlage für Innovationen des privaten Sektors schafft – einschließlich Stablecoins, die sich darauf stützen können. Gleichzeitig ist es notwendig, die Entwicklungen auf dem US-Markt zu beobachten und potenzielle Risiken für Europa zu identifizieren. Ein rasantes Wachstum oder Turbulenzen auf diesem Markt würden nämlich eine Herausforderung für die Finanzstabilität in Europa darstellen.
Dr. Paweł Tokarski ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe EU / Europa.