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Die Präsidentschaft der Prager Pragmatiker

Der tschechische EU-Ratsvorsitz zwischen innenpolitischen Zerwürfnissen und internationalen Krisen

SWP-Aktuell 2009/A 02, 15.01.2009, 8 Seiten Forschungsgebiete

Die Regierung der Tschechischen Republik, die am 1. Januar 2009 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat, sieht sich mit mannigfachen Zweifeln an ihrer Führungs- und Konfliktlösungsfähigkeit konfrontiert. Anlass zur Sorge geben das brüchige Fundament der Prager Regierung und das Auftreten des europaskeptischen Staatspräsidenten Václav Klaus. Dass der Vorsitz für das kleine Land eine Premiere ist, hat zusätzlich für Misstrauen gesorgt, zumal die Meinung vorherrscht, dass die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise und der Umgang mit unerwarteten internationalen Problemlagen eine starke Präsidentschaft erfordern. Übermäßiger Pessimismus ist dennoch fehl am Platze. Der Ratsvorsitz wurde solide vorbereitet, und Premierminister Mirek Topolánek knüpft trotz einer gewissen Reserviertheit gegenüber der EU an die pragmatische europapolitische Tradition tschechischer Regierungen an. Angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise und der bereits stattfindenden massiven staatlichen Interventionen wird Prag nur eingeschränkte Möglichkeiten haben, dem marktorientierten Kernthema der Präsidentschaft Geltung zu verschaffen: der Idee eines »Europas ohne Barrieren«. Bei alledem bleibt Václav Klaus ein Störfaktor, da er die Aufmerksamkeit, die die Präsidentschaft erfährt, auf eine voraussichtlich von ihm unterstützte neue europaskeptische Partei lenken könnte.