Rahmenbedingungen und programmatischer Wandel
SWP-Studie 2007/S 05, 15.02.2007, 103 Seiten ForschungsgebieteIslamistische Bewegungen und Parteien konnten in den letzten Jahren ihre Popularität zum Teil in beachtliche Wahlerfolge umsetzen, so zum Beispiel in Ägypten, im Irak und in Palästina. Heute sind moderate Islamisten, neben den derzeitigen oder bisherigen Regimeeliten, bereits in vielen Staaten der Region die wichtigsten Akteure. Es ist abzusehen, dass sie dort auch langfristig einen größeren Einfluss auf die politische Entscheidungsfindung haben werden als radikale oder terroristische Gruppierungen.
Selbst wenn sie zumeist sozialkonservative Positionen verkörpern, sind viele dieser Gruppierungen explizit mit einer Reformagenda angetreten. Oftmals wird unterstellt, die islamistischen Forderungen nach Demokratisierung seien rein taktischer Natur und die Islamisten würden, kämen sie an die Macht, autoritäre Regime theokratischer Prägung etablieren. In der Tat liegt das "Risiko" politischer Öffnung darin, dass die Macht an Kräfte übergehen kann, von denen wir noch nicht wissen, ob sie sich dauerhaft an demokratische Spielregeln halten werden. Gleichzeitig liegt allerdings auf der Hand, dass politische Öffnung nicht möglich ist, solange diejenigen Kräfte ausgeschlossen bleiben, die den größten Rückhalt in der Bevölkerung haben und oftmals die einzige effektiv organisierte Alternative zu autoritären Regimen darstellen.
Der vorliegende Sammelband untersucht in den Fällen Iran, Türkei, Irak, Palästina, Algerien, Bahrain und Ägypten die Fragen: Welches sind die Prioritäten der islamistischen Akteure, wie gestaltet sich ihre Reformagenda? Wie haben sich Agenden durch Partizipation in Parlamenten bzw. an der Regierung verändert? Führt die Integration von Islamisten zu einer Stabilisierung autoritärer Herrschaft oder fördert sie politische Öffnung?
Muriel Asseburg
Einführung
Johannes Reissner
Iran: Wie sich die Politik von der Religion emanzipiert
Ioannis N. Grigoriadis
Die erste »muslimisch-demokratische« Partei? Die AKP und die Reform des politischen Islams in der Türkei
Guido Steinberg
Zwischen Pragmatismus und konfessioneller Säuberung: Schiitische Islamisten im Irak
Muriel Asseburg
Die palästinensische Hamas zwischen Widerstandsbewegung und Reformregierung
Isabelle Werenfels
Algeriens legale Islamisten: Von der »fünften Kolonne« zur Stütze des Regimes
Katja Niethammer
Bahrainisches Paradox: Autoritäre Islamisten durch Partizipation, prodemokratische durch Exklusion?
Noha Antar
Die Muslimbruderschaft in Ägypten: Zwiespältige Reformer
Eva Wegner
Inklusion oder Repression. Über die Kosten Nutzen-Kalküle autoritärer Herrscher
Muriel Asseburg
Schlussfolgerungen und Empfehlungen