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Die Modifikation des 2-Grad-Ziels

Klimapolitische Zielmarken im Spannungsfeld von wissenschaftlicher Beratung, politischen Präferenzen und ansteigenden Emissionen

SWP-Studie 2012/S 12, 11.06.2012, 31 Seiten Forschungsgebiete

Zwanzig Jahre nachdem die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen verabschiedet wurde, fällt die Bilanz der internationalen Klimapolitik bescheiden aus. Die jährlichen Emissionen sind seit 1992 um gut ein Drittel gewachsen. Die Interessengegensätze zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern sind anhaltend groß. Einer der wenigen Aspekte, über die Konsens besteht, ist das übergeordnete Ziel, den Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu beschränken.

Folgt man den Kernaussagen der Klimaforschung, müssten die Emissionen zwischen 2010 und 2020 bereits deutlich reduziert werden, um ein Scheitern des von der EU durchgesetzten 2-Grad-Ziels noch zu verhindern. Angesichts eines gegenläufigen globalen Emissionstrends ist dies völlig unrealistisch. Da ein als unerreichbar geltendes Ziel politisch aber weder eine positive Symbol- noch eine produktive Steuerungsfunktion erfüllen kann, wird das zentrale Ziel der internationalen Klimapolitik unweigerlich modifiziert werden müssen.

Vor diesem Hintergrund reiht sich die vorliegende Studie nicht in die Vielzahl von Untersuchungen ein, in denen dargelegt wird, mit welchen Maßnahmen sich das Überschreiten der 2-Grad-Marke theoretisch noch vermeiden ließe. Vielmehr werden hier erstmals systematisch mögliche Varianten einer Veränderung des 2-Grad-Ziels analysiert.

Eine politische Diskussion über die Zukunft des 2-Grad-Ziels ist bisher ausgeblieben. Da die Emissionen weltweit immer noch ansteigen, wird die EU dieser Frage aber nicht mehr lange ausweichen können. Die hierbei entscheidenden Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten werden sich darüber klarwerden müssen, wie eine Veränderung der Zielformel mit ihren jeweiligen klima-, außen- und wirtschaftspolitischen Interessen in Einklang gebracht werden kann.