Der Konvent über die Zukunft der Europäischen Union diskutiert seit Februar 2002 über die Ziele, Methoden und Instrumente zur weiteren Demokratisierung der EU. Im Zentrum der Debatte steht die Stärkung der Parlamentsfunktionen im europäischen Entscheidungssystem. Auch nach Abschluß der ersten 'Anhörungsphase' des Konvents bleibt offen, ob dies durch die weitere Aufwertung des Europäischen Parlaments (EP) als Gesetzgebungs-, Kontroll- und Ernennungsorgan der EU, die Ausweitung der Informations-, Kontroll- und Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente gegenüber ihren Regierungen, die Schaffung eines auf EU-Ebene anzusiedelnden Gremiums der nationalen Parlamente oder die pragmatische Weiterentwicklung bestehender Kooperationsstrukturen zwischen den Parlamenten geschehen kann.
Letztlich geht es im Konvent auch darum, Klarheit und gegenseitiges Verständnis über das auf die EU bezogene Demokratie- und Parlamentskonzept herzustellen. Schließlich lassen die relativ weit auseinander liegenden Konzeptionen Frankreichs und Großbritanniens einerseits und Deutschlands, Italiens und der Beneluxstaaten andererseits verschiedene Lesarten über das erforderliche Maß an parlamentarischer Rückkopplung der Europapolitik und hieraus ableitbare Demokratisierungsstrategien zu, die sich wiederum unterschiedlich auf die mögliche Erweiterung der Rechte des Europäischen Parlaments und der nationalparlamentarischer Mitwirkungsoptionen in der Europapolitik auswirken.
Weitgehende Übereinstimmung herrscht unter den Konventsmitgliedern darüber, daß die Stärkung der Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente auf die Tätigkeit des Ministerrats zu konzentrieren ist, weil Minister als demokratisch legitimierte Regierungsmitglieder gegenüber den nationalen Parlamenten rechenschaftspflichtig sind, nicht aber das EP oder die Kommission. Wie aber die Effektivierung der nationalparlamentarischen Informations-, Kontroll- und Mitspracherechte im Rahmen eines reformierten EU-Vertrags oder aber eines Verfassungsvertrags strukturiert werden kann, ist innerhalb des Konvents sowie zwischen Parlamenten und Regierungen umstritten. Die Studie analysiert und bewertet die folgenden Stoßrichtungen:
Im Ergebnis stellt sich die zweimal jährlich tagende Konferenz der Europa-Ausschüsse (COSAC) als ein entwicklungsfähiges Forum für die nationalen Parlamente dar. Sie könnte daher auch auf der Basis ihres jetzigen Institutionalisierungsgrads weiterentwickelt werden. Die COSAC bietet genügend Ansatzpunkte, um
Über die Reform der COSAC hinaus wäre die Schaffung eines parlamentarischen Kongresses vertieft zu diskutieren. Die Funktion des Kongresses bestünde hierbei vor allem in der Sichtbarmachung europäischer Großvorhaben - wie die Investitur der EU-Kommission, das Finanzsystem der EU oder die in Sevilla angedachten Strategieprogramme des Europäischen Rates.
Die Option der Mitwirkung nationaler Abgeordneter an den Sitzungen des Ministerrates bietet sich als ein vorsichtiger erster Schritt an, um den Ministerrat in eine Staatenkammer umzuwandeln. Hierbei wäre im Konvent zu prüfen, unter welchen Organisationsbedingungen die 'freiwillige' Öffnung der mitgliedstaatlichen Delegationen im Ministerrat analog zur Praxis der qualifizierten Mitwirkung des Deutschen Bundesrates zu gestalten ist.
Schließlich bietet sich die Verstetigung des Konvents als Modell der Parlamentarisierung europäischer Verfassungsreformen an. Als künftiges Modell wäre darüber nachzudenken, wie die gegenwärtige Form des Konvents, seine Zusammensetzung und Arbeitsweise, aber auch seine Mandatierung, in den reformierten EG / EU-Vertrag bzw. einen Verfassungsvertrag überführt werden könnten.