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Die US-Bündnisse mit Japan und Südkorea

Stärken und Bruchlinien in der sicherheitspolitischen Kooperation

SWP-Studie 2021/S 05, 10.05.2021, 47 Seiten

doi:10.18449/2021S05

Forschungsgebiete

Dr. Marco Overhaus ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Amerika.
Dr. Alexandra Sakaki ist Stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe Asien.

  • Die bilateralen Bündnisse der USA mit Japan und Südkorea bilden das Fundament der Sicherheitsarchitektur im Indo-Pazifik. Die Stärke dieser Bündnisbeziehungen ist damit von weitreichender Bedeutung für die Stabilität und Sicherheit der gesamten Region.

  • In den letzten Jahren standen beide Bündnisse vor großen Belastungs­proben. Unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump verschärften sich laufende Debatten über die finanzielle und verteidigungs­politische Lastenteilung. Sicherheitspolitische Entwicklungen im Indo-Pazifik – vor allem Chinas machtpolitischer Aufstieg und Nordkoreas militärische Aufrüstung – haben zudem neue Fragen nach Zusammenarbeit und Koordination aufgeworfen.

  • Die Bündnisse haben sich angesichts dieser grundlegenden sicherheits­politischen Veränderungen als bemerkenswert stabil erwiesen. Ihre zu­neh­mende Fokussierung auf die Bedrohungen durch China und Nord­korea birgt indes Risiken für den allianzinternen Zusammenhalt. Denn obwohl Washington, Tokio und Seoul strategische Sichtweisen und Ziele gegenüber diesen beiden Ländern im Wesentlichen teilen, gibt es teils erhebliche Differenzen mit Blick auf die Prioritätensetzungen und die Wahl der Mittel.

  • Die trilaterale sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit der USA mit Japan und Südkorea wird vor allem durch das historisch be­lastete Verhältnis der beiden asiatischen Länder erschwert. Für Washing­ton gewinnen stattdessen plurilaterale Formate wie die »Quad« an Bedeutung, an der sich Südkorea jedoch nicht beteiligt.

  • Die Bündnisse genießen in den drei Hauptstädten eine breite innen­politische Unterstützung. Während der Präsidentschaft Trumps galt dies für beide Parteien im US-Kongress. Der neue US-Präsident Joseph Biden hat die Stärkung der sicherheitspolitischen Allianzen, auch in Asien, zu einem zentralen Ziel seiner Administration erklärt.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Die USA und ihre asiatischen Verbündeten betrach­ten das amerikanisch geführte Allianzsystem seit dem Korea-Krieg (1950–53) als Garanten für Frieden und Stabilität in der Region. Formelle Verteidigungsbündnisse unterhalten die USA mit Australien, den Philippinen, Thailand, Japan und Südkorea, zu den beiden Letzteren in herausgehobener Form. In diesen beiden Ländern konzentriert sich auch die US-Militär­präsenz.

Die Bündnisbeziehungen zu Japan und Südkorea sind in den letzten Jahren jedoch großen Belastungen ausgesetzt gewesen. Dafür war zum einen die distan­zierte Haltung von US-Präsident Donald Trump ver­antwortlich. Bestehende Konflikte über Lastenteilung und Handelsstreitigkeiten haben sich unter diesem Präsidenten deutlich verschärft.

Zum anderen werfen die sicherheitspolitischen Ent­wicklungen in der Region neue Fragen für die Zusammenarbeit auf, vor allem Chinas machtpolitischer Aufstieg sowie Nordkoreas Status als De-facto-Nuklearmacht. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die USA, Japan und Südkorea gegenüber China und Nordkorea keineswegs immer die gleichen Ziele und Strategien verfolgen (vgl. Übersichtstabelle, S. 22f).

Washington betrachtet die Allianzen zunehmend als Instrument zur Einhegung Chinas. Das gilt auch für die Biden-Administration, obgleich diese den Bünd­nispartnern wieder mit mehr Wertschätzung begegnet und ihnen politisch mehr Aufmerksamkeit schenkt. Vor allem Südkorea aber wehrt sich gegen einen Anti-China-Fokus des Bündnisses. Das hängt sowohl mit seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit von Peking zusammen als auch mit seiner Hoffnung dar­auf, dass China in einem zukünftigen Friedensprozess auf der koreanischen Halbinsel eine konstruktive Rolle spielen wird.

Wie tragfähig sind vor diesem Hintergrund die beiden US-Allianzen mit Japan und Südkorea und welche politische und sicherheitspolitische Bedeutung haben sie jeweils für die drei Staaten? Diese Studie stellt die Belastbarkeit der Bündnisse in den Mittelpunkt der Betrachtung. Für die Beurteilung werden drei Kriterien herangezogen: (1) der Grad an Übereinstimmung bei den Bedrohungswahrnehmungen sowie den strategischen Sichtweisen und Zielen, (2) die jeweiligen politischen, militärischen und finan­ziellen Bündnisbeiträge sowie (3) die politische Unter­stützung für die Allianzen in den drei Hauptstädten.

Zustand und Perspektiven der beiden wichtigsten Verteidigungsbündnisse der USA in Asien sind nicht nur für die regionale Sicherheit in einem Raum rele­vant, mit dem Deutschland und Europa politisch und wirtschaftlich eng verknüpft sind. Die Entwicklungen in der Region sind für hiesige Entscheidungsträger auch mittelbar von strategischer Bedeutung, weil die USA den Schwerpunkt­ ihrer außen- und sicherheitspolitischen Aufmerksamkeit vom Atlantik in den Indo-Pazifik verlegen. Das hat Folgen für die euro­päische Sicherheitspolitik. Für Deutschland und Europa bietet die Studie überdies hilfreiche Rückschlüsse auf Bündnisdynamiken im außereuropäischen Kontext, etwa wenn es um den Umgang mit Konflikten über militärische Lastenteilung geht.

Die Studie kommt zu folgenden Schlussfolgerungen:

  • Die bilateralen Sicherheitsbündnisse der USA mit Japan und Südkorea haben sich angesichts großer politischer Herausforderungen und grundlegender Veränderungen des sicherheitspolitischen Umfelds als bemerkenswert belastbar erwiesen. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass sich die stra­tegischen Sichtweisen und Interessen der drei Part­ner ähneln.

  • Gleichwohl birgt die Fokussierung der Bündnisse auf die Bedrohungen durch China und Nordkorea Risiken. Denn mit Blick auf die Prioritätensetzung und die Wahl der Mittel im Umgang mit diesen bei­den Staaten gibt es zwischen den Allianzpartnern deutliche Unterschiede. Das gilt insbesondere für die USA und Südkorea. Das sogenannte progressive Lager Südkoreas unter dem amtierenden Präsidenten Moon Jae-in empfindet amerikanische Positionen häufig als Hindernis für innerkoreanische Versöhnungsinitiativen. Bündnisse wie die Nato, die sich einer breiten Palette sicherheitspolitischer Pro­bleme widmen, haben mehr Möglichkeiten, durch Verknüpfung von Themen einen Interessen­ausgleich zwischen den Allianzpartnern herbei­zuführen.

  • Im Unterschied zur Nato ist der Institutionalisierungsgrad in den US-Bündnissen mit Japan und Südkorea gering. Die USA und Japan haben jeweils separate Kommandostrukturen. Zwar verfügen die Streitkräfte der USA und Südkoreas über integrierte Kommandostrukturen, doch die politischen Kon­sultationsforen werden bislang nicht ausreichend für konstruktive Konfliktbearbeitung genutzt, wie die wiederkehrenden Unstimmigkeiten zeigen. Aufgrund des historisch belasteten Verhältnisses zwischen Japan und Südkorea funktioniert auch die von den USA angestrebte trilaterale Zusammenarbeit nur unzureichend. Allianzinstitutionen, die alle drei Länder umfassen, fehlen gänzlich.

  • Die Bündnisbeiträge der drei Länder sind substan­ziell: Die USA unterhalten in Japan und Südkorea die größte bzw. (derzeit nach Deutschland) drittgrößte Truppenpräsenz im Ausland, die beiden asia­tischen Bündnispartner steuern in erheblichem Maße militärische Fähigkeiten und Finanzmittel bei.

  • Der innenpolitische Rückhalt für die Bündnisse ist in allen drei Ländern weiterhin groß. Zwar zweifelte US-Präsident Trump den Wert von Bündnissen generell an, große Teile seiner eigenen Administration sowie der Kongress stellten sich aber in dieser Frage teils demonstrativ gegen ihn.

  • Mit Joseph Biden zog im Januar 2021 erneut ein Befürworter von engen Bündnisbeziehungen ins Weiße Haus ein. Ihre erste Auslandsreise im März 2021 führte US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin nach Japan und Südkorea, womit sie die Bedeutung der Bündnisse für die Biden-Administration unterstrichen. Weder Tokio noch Seoul ist jedoch entgangen, wie heftig der Ausgang der US-Wahlen im November 2020 innenpolitisch diskutiert wurde. Der »Trumpismus« und die von Trump aufgegrif­fene Parole »America First« werden in Amerika ideell und politisch einflussreich bleiben. Japan wie Südkorea suchen daher auch nach Möglich­keiten der Kooperation mit Partnern wie Indien, Austra­lien oder den Staaten Südostasiens und bauen die eigenen militärischen Fähigkeiten aus, um sich gegen zukünftige politische Kursänderungen Washingtons zu wappnen.

  • Die US-Bündnisse mit Japan und Südkorea offen­baren Probleme, die durch asymmetrische Beziehungen zwischen Partnern entstehen. Das betrifft erstens das militärische Machtgefälle zu den USA sowie – im Falle Japans – die Einseitigkeit der Bündniszusagen, was innenpolitisch in den USA durchaus thematisiert wird. Zweitens gibt es mit Blick auf den Stellenwert der US-Bündnispartner ein Bedeutungsgefälle zugunsten Japans, was wie­derum Seoul missfällt und dort Misstrauen sät.

Zur Stärke von Sicherheitsallianzen

Die Studie untersucht die Belastbarkeit bzw. Stärke der US-Allianzen in Asien bezogen auf das Binnenverhältnis – also auf die sicherheitspolitischen Bezie­hungen der USA mit Japan und Südkorea. Die Frage, wie effektiv diese Bündnisse mit externen Heraus­forderungen und Bedrohungen umgehen, ist nicht Gegenstand der Untersuchung.

Drei Faktoren beeinflussen die Belastbarkeit von Allianzen.

Relevant ist erstens das Maß an Übereinstimmung, das mit Blick auf strategische Sichtweisen und Inter­essen zwischen den Partnern herrscht. Je mehr sich diese im Bündnis decken, desto belastbarer ist eine Allianz.1 Doch auch in starken Bündnissen gibt es Konflikte, beispielsweise über Ziele und Mittel oder gerechte Lastenteilung. Die Stärke von Allianzen manifestiert sich deshalb auch im Umgang der Part­ner mit Differenzen und Konflikten. Werden zu diesem Zweck Konsultationsmechanismen und Bünd­nisinstitutionen genutzt?

In allianzinternen Beziehungen spielen zwei Ängste eine wesentliche Rolle, nämlich einerseits die, vom jeweils anderen Bündnispartner bei einer Kon­frontation im Stich gelassen zu werden (fear of aban­donment), und andererseits jene, vom Allianzpartner in eine ungewollte Konfrontation hineingezogen zu werden (fear of entrapment).2 Alle US-geführten Allian­zen haben asymmetrischen Charakter, das heißt, die Partner der USA sind von diesen sicherheitspolitisch in weit höherem Maße abhängig als umgekehrt. Nach klassischer Allianztheorie fürchten die abhängigen Partner in erster Linie abandonment, der dominante Staat dagegen vor allem entrapment durch die kleine­ren Partner.3 Anders als während der Zeit des Kalten Kriegs spielte die Furcht vor entrapment in der jünge­ren Vergangenheit für die amerikanische Bündnis­politik in Asien allerdings nur noch eine untergeordnete Rolle.4 Dagegen besteht in Südkorea heute die Sorge, von den USA in einen ungewollten Krieg mit China hineingezogen zu werden. Politische und insti­tutionelle Rückversicherungen im Umgang mit den jeweiligen Ängsten der Bündnispartner sind daher ebenfalls von Bedeutung für die Stärke einer Allianz.

Zweitens beruht die Belastbarkeit darauf, welche finanziellen und militärischen Beiträge die Partner zu investieren bereit sind. Konkret heißt das: Geld, die Stationierung bzw. Bereitstellung von Truppen und militärischen Fähigkeiten, die Bereitschaft zur Durch­führung ge­meinsamer Übungen und die Förderung der Interoperabilität der Streitkräfte. Da diese Bei­träge das militärische Beistandsversprechen untermauern, bedeuten sie für den Staat, der sie leistet, auch ein politisches Risiko. Das Ausmaß der Beiträge spiegelt somit den Wert des Bündnisses für den jeweiligen Partner wider.

Drittens basiert die Stärke einer Allianz auf dem Grad des politischen Rückhalts. Je breiter die Unter­stützung in Exekutive und Parlament, desto besser für eine Allianz. In präsidentiellen Systemen wie in den USA und Südkorea kommt es dabei entscheidend auf den Präsidenten und dessen Beraterumfeld an. Der Grad an gesellschaftlichem Rückhalt kommt in den jeweiligen Parlamenten zum Ausdruck. Und je größer die Übereinstimmung zwischen Regierung und Oppo­sition in der Bündnisfrage ist, desto tiefer ist die be­treffende Allianz innenpolitisch verankert.

In Kürze: Die Sicherheitsallianz zwischen den USA und Japan

Rechtliche und politische Grundlagen

Treaty on Mutual Cooperation and Security, unterzeichnet im Januar 1960 als Ersatz für einen Kooperationsvertrag aus dem Jahr 1951; Guidelines for U.S.–Japan Defense Cooperation (zuletzt 2015 aktualisiert)

Ausgestaltung und Verbindlichkeit der Beistandsverpflichtungen

Die Beistandsverpflichtungen zwischen den USA und Japan werden oft als einseitig charakterisiert, weil sich Artikel V des bilateralen Bündnisvertrags zur gemeinsamen Verteidigung – anders als dies für den Nato-Vertrag gilt – lediglich auf das Territorium eines der Vertragspartner bezieht, nämlich auf die »Gebiete unter der Verwaltung Japans«.

In den Allianzbeziehungen zwischen den beiden Ländern wurde in den letzten Jahren jedoch insofern Ausgewogenheit hergestellt, als Japan rechtliche Spielräume für den Einsatz seiner »Selbstverteidigungskräfte« erweiterte und sich an inter­nationalen Missionen unter Führung der USA beteiligte – bei­spielsweise im Irak (Wiederaufbauhilfe) und im Indischen Ozean (im Kontext des Afghanistan-Kriegs).

Planungs- und Kommandostrukturen

Die USA und Japan verfügen weder über gemeinsame Planungs- noch über integrierte Kommandostrukturen. Ein wichtiger Grund dafür sind die verfassungsrechtlichen Beschränkungen Japans mit Blick auf den Einsatz seines Militärs.

Politische Konsultations- und Entscheidungsstrukturen

Keines der US-Bündnisse mit Japan und Südkorea weist einen ähnlich hohen Grad an Institutionalisierung auf wie die Nato. So finden politische und militärische Konsultationen in bi­lateralen Formaten auf unterschiedlichen Ebenen statt.

Das wichtigste Konsultations- und Entscheidungsgremium ist das Security Consultative Committee (auch »Zwei-plus-zwei«-Gespräche genannt), in dem sich die Außen- und Verteidigungs­minister beider Länder bereits seit 1995 jährlich oder alle zwei Jahre treffen. 2015 wurde zudem der Alliance Coordination Mecha­nism etabliert, um die politische und operationelle Koordinie­rung beider Länder in allen Phasen einer möglichen Konflikt- und Gewalteskalation zu verbessern. Die genaue Zusammen­setzung des Gremiums ist situationsabhängig. Dar­über hinaus gibt es eine Reihe spezialisierter Ausschüsse und Arbeits­gruppen im Rahmen des Bündnisses.

Militärische Untermauerung des Bündnisses

Die USA hatten 2020 circa 55 300 Soldaten in Japan stationiert, zumeist Angehörige von Marine, Marineinfanterie und Luft­waffe. Diese Streitkräfte sind besonders mobil und daher für regionale Machtprojektion prädestiniert. Japan gilt aus Sicht der USA als regionaler Knotenpunkt (vgl. Grafik 2, S. 25).

Das Maß an Interoperabilität im Bündnis ist hoch; etwa 90 Prozent der japanischen Rüstungsimporte stammen aus den USA.

Die nukleare Dimension des Bündnisses

Die USA stützen ihre Sicherheitszusagen gegenüber Japan auch auf ihre Nuklearwaffen (erweiterte nukleare Abschreckung). Anders als in der Nato gibt es jedoch keine Strukturen und Arrangements für »nukleare Teilhabe«. Seit dem Abzug ameri­kanischer Nuklearwaffen Anfang der 1970er Jahre mit der Rück­gabe von Okinawa basiert die regionale Abschreckung in Asien somit allein auf den strategischen Nuklearwaffen der USA. Tokio hat sich an Manövern mit US-Bombern beteiligt, die auch mit Nuklearwaffen bestückt werden können. 2010 eta­blierte die Obama-Administration mit dem Extended Deterrence Dialogue (EDD) ein Gremium, das dem bilateralen Austausch mit Japan über Fragen der nuklearen Abschreckung dienen soll – darunter als wesentlicher Bestandteil die Raketenabwehr.

In Kürze: Die Sicherheitsallianz zwischen den USA und Südkorea

Rechtliche und politische Grundlagen

Mutual Defense Treaty between the United States and the Republic of Korea; unterzeichnet im Oktober 1953

Ausgestaltung und Verbindlichkeit der Beistandsverpflichtungen

Artikel III des o. g. Vertrags definiert den Bündnisfall als »einen bewaffneten Angriff im pazifischen Raum auf eine der beiden Vertragsparteien in Territorien, die ihrer jeweiligen administrativen Kontrolle unterstehen«. Damit sind die Beistandsverpflichtungen grundsätzlich gegenseitiger Natur, wenn auch nicht ausdrücklich auf den Einsatz militärischer Mittel beschränkt.

Südkorea hat sich außerdem an internationalen Einsätzen beteiligt, darunter etlichen UN-Missionen. Zudem entsandte Südkorea zwischen 2003 und 2008 insgesamt etwa 3 000 Sol­daten für den Kampfeinsatz in den Irak.

Planungs- und Kommandostrukturen

Die USA und Südkorea teilen eine hochgradig integrierte Kom­mandostruktur, die über das Maß anderer amerikanischer Bünd­nissysteme hinausgeht. Das Combined Forces Command (CFC) steht unter der Führung eines amerikanischen Vier-Sterne-Generals mit einem südkoreanischen General als dessen Stell­vertreter. Im Kriegsfall wären südkoreanische Truppen somit der operativen Führung (OPCON) der USA unterstellt. Dieser Umstand wird in Südkorea immer wieder kritisiert. Präsident Moon möchte daher bis zum Ende seiner Amtszeit im Mai 2022 den Transfer der OPCON von den USA auf Südkorea erreichen.

Politische Konsultations- und Entscheidungsstrukturen

Politische Konsultationen finden ebenso wie im Falle Japans im Rahmen bilateraler Formate statt. Die Verteidigungsminister beider Länder treffen sich jährlich im Rahmen des Security Con­sultative Meeting. Parallel dazu gibt es Treffen der militärischen Stabschefs. Seit 2010 finden außerdem unregelmäßig »Zwei-plus-zwei«-Gespräche der Außen- und Verteidigungsminister statt. 2011 wurde ferner auf Ebene politischer Beamter der U.S.–Korea Integrated Defense Dialogue (KIDD) eingerichtet.

Militärische Untermauerung des Bündnisses

Die US-Präsenz in Südkorea umfasste 2020 circa 31 050 Sol­daten, die zu etwa zwei Dritteln dem Heer angehören. Camp Humphreys ist die größte amerikanische Militärbasis außerhalb der USA. Die Zusammensetzung der US-Truppen und ihres Mate­rials auf der koreanischen Halbinsel deutet darauf hin, dass sich die USA auf der koreanischen Halbinsel in erster Linie für das Szenario eines Bodenkriegs gegen Nordkorea wappnen bzw. eine nordkoreanische Bodenoffensive abschrecken wollen (vgl. Grafik 2, S. 25).

Das Maß an Interoperabilität im Bündnis ist hoch, da Süd­korea etwa 80 Prozent seiner Rüstungsimporte aus den USA bezieht.

Die nukleare Dimension des Bündnisses

Südkorea steht ebenfalls unter dem »atomaren Schutzschirm« der USA. Die während des Kalten Kriegs auf der koreanischen Halbinsel stationierten amerikanischen Nuklearwaffen zog Washington 1991 ab. 2010 etablierte die Obama-Administration mit dem Extended Deterrence Policy Committee (EDPC) ein Gremium für den bilateralen Austausch über Fragen der nuklearen Ab­schreckung. Es wurde 2016 durch die Extended Deterrence Strategy and Consultation Group auf Ebene hoher Beamter ergänzt, die sich neben Abschreckungsfragen auch allgemeineren regionalen Sicherheitsthemen widmen soll.

Strategische Interessen der Bündnispartner

Grundlegende Übereinstimmungen und Differenzen

Das sicherheitspolitische Umfeld im Indo-Pazifik, so sehen es alle drei Bündnispartner, hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Die USA halten die Entwicklung eines »langfristigen, strategischen Wettbewerbs« mit »revisionistischen Mächten« für die größte Bedrohung,5 Japan und Südkorea bereiten neben der zunehmenden Großmachtkonkurrenz die Schwächung des regelbasierten Systems sowie regio­nale Aufrüstungstendenzen Sorge.6

Chinas wirtschaftlichen und militärischen Machtzuwachs sowie Nordkoreas Raketen- und Nuklear­waffenprogramme betrachten alle drei Länder als gra­vierende Risiken. Einig sind sich Washington, Tokio und Seoul auch darin, dass nicht-traditionelle Gefah­ren wie Terrorismus gegenüber klassischen – das heißt militärischen und zwischenstaatlichen – Bedro­hungen in den Hintergrund gerückt sind.

Des Weiteren ist die sicherheitspolitische Führungsrolle der USA einschließlich militärischer Präsenz unter den Bündnispartnern unbestritten; anders, so die einhellige Ansicht, ist Asiens Stabilität nicht zu wahren. Selbst unter Trump sahen sich die USA in diesem Sinne als pazifische Macht.7 Und ob­wohl dieser Präsident in Verfolgung seiner »America First«-Programmatik Allianzen in erster Linie als Belas­tung betrachtete, ließen amerikanische Strate­giedokumente sowie führende Vertreter des Außen- und des Verteidigungsministeriums, des Militärs und des Kongresses im selben Zeitraum eine hohe Wert­schätzung für die Bündnisse erkennen. Das Pentagon etwa verwies 2018 in seiner Nationalen Verteidigungsstrategie auf die strategischen Vorteile, die den USA aus ihren Bündnissen und Partnerschaften erwüchsen.8 Auch im Indo-Pacific Strategy Report des US-Verteidigungsministeriums hieß es, Alliierte und Partner seien »Kräfteverstärker« (force multiplier).9 Gleich­lautende Äußerungen von Trumps Nachfolger Joe Biden und von dessen Außen- sowie Verteidigungsminister zeigen, dass nun auch das Weiße Haus Allianzen wieder als strategischen Vorteil und nicht primär als Kostenfaktor ansieht10 – und dass damit Konflikte zwischen dem Präsidenten und »seiner« Administration sowie dem Kongress bei Fragen der Bündnispolitik abnehmen werden. Die sicherheitspolitische Führungsrolle in Asien will Biden neu beleben und dazu unter anderem die Präsenz der US‑Marine dort verstärken.11

Doch es gibt auch wichtige Differenzen zwischen den Bündnispartnern. Während die USA ihre Alli­anzen aus der Warte einer globalen Macht betrachten, stehen für Japan und Südkorea in erster Linie regionale Interessen im Vordergrund. Das amerika­nische Verteidigungsministerium sieht den indo-pazifischen Raum zwar als prioritär an,12 verfolgt aber auch in Europa und im Mittleren Osten sicher­heitspolitische Interessen. Gleichzeitig schwinden die finanziellen Ressourcen – erst recht infolge der Corona-Pandemie –, und ihre militärtechnologische Vorherrschaft haben die USA in einigen wichtigen Bereichen ebenfalls eingebüßt.

Bedingt durch die jeweilige geografische Lage offen­baren sich zudem Unterschiede in den Bedrohungswahrnehmungen der drei Länder. Zwar hat räumliche Distanz für die Verteidigungspolitik ange­sichts rüstungstechnologischer Fortschritte grundsätzlich an Bedeutung verloren. Sowohl China, das mitt­lerweile über Hyperschallwaffen, Bomber und ato­mare Langstreckenraketen verfügt, als auch Nord­korea mit seinen Interkontinentalraketen sind heute in der Lage, die USA auf ihrem eigenen Territorium zu erreichen.13 Trotzdem sehen sich Japan und ins­besondere Südkorea durch nordkoreanische Raketen viel akuter bedroht als die USA.

Unterschiede bestehen auch in der Prioritäten­setzung der drei Länder. Während Washington und Tokio die Bedrohung durch China an die erste Stelle setzen, gefolgt von Nordkorea und (recht weit ab­geschlagen) Russland, hat für Südkorea das Verhältnis zum Norden oberste Priorität und prägt maßgeblich seine Sichtweise auf China.

Während der Amtszeit von Präsident Trump wurden die Bündnisse zudem durch divergierende Sichtweisen auf multilaterale Ansätze und Institu­tionen belastet. Zwar verkündete Trump im November 2017 eine »Vision« für einen freien und offenen Indo-Pazifik (Free and Open Indo-Pacific, FOIP), die neben freier Seefahrt und offenen Handelswegen das Ziel einer regelbasierten internationalen Ordnung und Rechtstaatlichkeit einschloss.14 In Japan und Süd­korea, die sich diesen grundlegenden Zielen gleichfalls verpflichtet fühlen, bereitete jedoch die explizite Ablehnung des Multilateralismus Sorge, die wesentlich zu Trumps »America First«-Strategie gehörte. Kri­tisch sah Tokio zudem Trumps Ausstieg aus dem Trans­pazifischen Freihandelsvertrag (TPP) und schloss 2018 mit den verbliebenen Partnern das Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP).15 Auch für Südkorea, das sich als Mittelmacht versteht und sich gegenüber den Großmächten der Region behaupten will, spielen multilaterale Ansätze in der Außenpolitik eine herausragende Rolle.

Tokio und Seoul hoffen nun wieder auf ein starkes US-Engagement in regionalen Foren.

Hoffnungen Tokios und Seouls auf ein stärkeres US-Engagement in regionalen Foren könnten sich unter Präsident Biden erfüllen. Der Präsident und hochrangige Vertreter seiner Administration haben deutlich gemacht, dass Washington fortan nicht nur Bündnisse stärken, sondern auch multilaterale An­sätze in der US-Außenpolitik wieder in den Mittelpunkt rücken will. Unter der Biden-Administration sollen sich die USA nicht nur wieder mehr in multi­laterale Institutionen einbringen, sondern dort auch eine Führungsrolle übernehmen.16 Grundlegende Konflikte über den Stellenwert des Multilateralismus dürften daher innerhalb der US-geführten Allianzen entschärft werden. Zugleich ist die Verteidigung demokratischer Werte bzw. demokratischer Staaten gegenüber solchen, die autoritär regiert werden, ein Leitmotiv der Biden-Administration. Aus dem nor­mativ so definierten Verständnis zum Multilateralis­mus können auch Bündniskonflikte erwachsen, weil es erneut den Konflikt mit dem autoritär regierten China in den Fokus rückt. Die normative Ausrichtung der amerikanischen Außenpolitik könnte zudem Ein­fluss auf den Umgang mit Menschenrechtsverstößen durch Nordkorea haben und dabei Differenzen mit Südkorea offenlegen.

Ob Biden auch eine Rückkehr der USA in ein multi­laterales Freihandelsabkommen vorantreiben wird, ist bislang nicht absehbar. Gemäß seines Wahl­kampfversprechens will der neue Präsident sich zu­nächst auf Investitionen in die heimische Wirtschaft sowie in die »amerikanische Mittelklasse« konzentrieren, bevor die USA in neue Handelsabkommen ein­treten.17 Insgesamt ist das innenpolitische Klima in Washington gegenüber dem freien Handel deutlich abgekühlt.

China

Durch Chinas Streben nach regionaler Hegemonie im Indo-Pazifik sehen alle drei Länder, die USA, Japan und Südkorea, ureigene Interessen bedroht. Die Trump-Administration stellte den Wettbewerb mit China in puncto Wirtschaft, Technologie und Ver­teidigung in den Mittelpunkt ihrer Politik und setzte dabei auf Einhegung des Landes, auch wenn sie den vorbelasteten Begriff des Containment mied. Diese ein­seitig konfrontative Ausrichtung gegenüber Peking wollten die beiden asiatischen Verbündeten aus sicher­heitspolitischen und wirtschaftlichen Gründen jedoch nicht mittragen. Vor allem Seoul sucht es zu vermeiden, zwischen seinen sicherheitspolitisch und wirtschaftlich wichtigsten Partnern wählen zu müs­sen. Die Biden-Administration will an dem konfrontativen Kurs gegenüber Peking festhalten. So stellt sie in ihrem ersten Strategiedokument zur Nationalen Sicherheit – der Interim National Security Strategic Gui­dance vom März 2021 – heraus: Das Ziel laute, im strategischen Wettbewerb mit China zu bestehen; die USA und nicht China sollten die internationale Agenda bestimmen; schließlich gelte es, »chinesische Aggressionen« abzuschrecken. Offen zeigt sich die Biden-Administration hingegen für die Kooperation mit Peking bei der Bewältigung globaler Probleme wie dem Klimawandel oder der Verbreitung von Nu­klearwaffen.18

Keine Entspannung dürfte es absehbar mit Blick auf die Territorialkonflikte in Ostasien geben. Chinas Ansprüche auf Inseln und Gewässer im Süd- und im Ostchinesischen Meer konkurrieren mit denen von Anrainerstaaten, darunter Japan. China baut seine militärische Präsenz in der Umgebung der von Japan kontrollierten unbewohnten Senkaku-Inseln (für China sind es die Diaoyu-Inseln) »qualitativ und quan­titativ« aus und dringt damit nach Lesart Tokios regel­mäßig in japanische Territorialgewässer ein.19 Im Ver­gleich zum Vorjahr nahmen 2020 die entsprechenden mili­tärischen Aktivitäten Chinas in dem Gebiet trotz der globalen Corona-Krise deutlich zu.20

Für Japan ist der Einschluss der umstrittenen In­seln in die US-Bündnis­zusage daher wichtig. 2014 kam Barack Obama als erster US-Präsi­dent diesem Wunsch mit der expliziten Aussage nach, der Sicher­heitsvertrag umfasse »alle Gebiete unter japanischer Verwaltung, einschließlich der Senkaku-Inseln«.21 Diese Lesart des Vertrags bestätigte Trump im Februar 2017 erstmals schriftlich – ein Signal, das in Tokio auf positive Resonanz stieß.22 Auch die Biden-Admi­nis­tration hält an dieser Auffassung fest: So verweist die gemeinsame Erklärung der Außen- und Verteidigungsminister beider Länder vom 16. März 2021 auf die »unerschütterliche Verpflichtung der Vereinigten Staaten zur Verteidigung Japans […], welche die Sen­kaku-Inseln umfasst«.23 Als Bedrohung empfindet Japan auch Chinas Auftreten in Territorialkonflikten im Südchinesischen Meer, denn mit wachsendem Einfluss könnte Peking die Kontrolle über wichtige Handelsrouten Japans gewinnen und so seinem Ziel einer hegemonialen Rolle im ostasiatischen Raum näherkommen.

Seoul, das keinen Territorialkonflikt mit China hat, fühlt sich von Peking militärisch zwar nicht unmittel­bar bedroht. Beide Länder konkurrieren allerdings um eine maritime Exklusive Wirtschaftszone im Ost­chinesischen Meer, und Seoul zeigt sich verärgert dar­über, dass trotz bilateraler Festlegung überlappender Luft­überwachungszonen über dem umstrittenen Meeresgebiet (Air Defense Identification Zone, ADIZ) eine wach­sende Zahl chinesischer Militärflugzeuge ohne Ankündigung in seine Luftüberwachungszone ein­dringt.24 Vor dem Hintergrund dieser Konflikte be­trach­ten die USA, Japan und Südkorea die militä­rische Aufrüstung Chinas mit Sorge. China investiert zum einen stark in sogenannte A2/AD (Anti-Access/ Area Denial)-Fähigkeiten,25 die es den USA und ihren Verbündeten zunehmend erschweren, sowohl inner­halb des Gebiets zwischen Chinas Küsten und der ersten Inselkette als auch darüber hinaus militärisch zu operieren.26 Das US-Militär stellte bereits 2019 fest, dass China gegen Schiffe gerichtete Marschflugkörper sowie Boden-Luft-Raketen auf den umstrittenen Sprat­ley-Inseln im Südchinesischen Meer stationiert habe.27

Zum anderen setzt Peking auf die kontinuierliche Verbesserung seiner Raketensysteme sowie auf die Entwicklung neuer Waffensysteme wie Hyperschall-Waffen, Kampflugzeuge der 5. Generation und Flug­zeugträger.28 Washington deutet dies als direkte Bedro­hung seiner Allianzpartner und Taiwans sowie amerikanischer Truppen, Stützpunkte und Flugzeugträger in der Region – und zunehmend auch seines eigenen Territoriums.29 Auch Seoul beobachtet eine Ent­wicklung in China weg von Defensivwaffen hin zu offensiven Systemen mit größerer Reichweite und registriert wie Tokio, dass Peking überdies seine Fähig­keiten zur Kriegführung im Cyber- und im Welt­raum sowie mit elektronischen Mitteln ausbaut.30

Die USA sorgen sich wegen des wachsenden Drucks, den China auf Taiwan ausübt.

Sorge bereitet den USA außerdem der wachsende Druck, den China in den letzten Jahren militärisch, diplomatisch und wirtschaftlich auf Taiwan ausübt. Der Taiwan Relations Act von 1979 verpflichtet die USA dazu, für die Sicherheit Taiwans zu sorgen, auch wenn die Modalitäten dieser Unterstützung bewusst ambivalent formuliert sind. In einem Ausschuss des Senats deutete der seinerzeit für den Asien-Pazifik-Raum zuständige US-Admiral Philip Davidson im März 2021 die Befürchtung an, China könnte in den nächsten sechs Jahren versuchen, Taiwan mit mili­tärischen Mitteln zu einer Wiedervereinigung zu zwingen.31

Grafik 1

Quelle: International Monetary Fund, vgl. Fn. 35.

Auch Tokio sorgt sich über die wachsenden Spannungen in der Straße von Taiwan. In ihrer ersten gemeinsamen Erklärung bekräftigten Präsident Biden und der japanische Premierminister Yoshihide Suga im April 2021 die »Bedeutung von Frieden und Sta­bilität« in der Straße von Taiwan – die erste Erwäh­nung Taiwans in einer solchen Deklaration, seit Japan seine Beziehungen zu China 1972 normalisiert hatte.32 Laut Medienberichten wollen beide Seiten fortan eng kooperieren, sollte es zu einer militärischen Ausein­andersetzung kommen.33

Dem Ziel einer weitreichenden wirtschaftlichen Entkopplung von China in sicherheitsrelevanten Bereichen und in der Hochtechnologie, das Trump verfolgte, begegnen Japan und vor allem Südkorea mit Zurückhaltung. Die Position der Biden-Adminis­tration ist noch unklar, doch machte sie bereits deut­lich, dass auch für sie der Schutz der Lieferketten für kritische Sicherheitstechnologien sowie für medizi­nische Güter von großer Bedeutung ist.34

Für die unterschiedlichen Präferenzen der Bündnis­partner sind unter anderem Veränderungen in den wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen den USA, Japan, Südkorea und China von Gewicht. Im Verlauf der letzten 25 Jahre ist der US-Anteil am gesamten Außenhandel Japans und Südkoreas kontinuierlich zurückgegangen, die Bedeutung Chinas als Handelspartner für alle drei Allianzpartner dagegen massiv gestiegen. Entfielen 1995 noch mehr als 25 Prozent des japanischen Außenhandels mit Waren auf die USA, waren es 2020 nur noch 15. Ein ähnliches Bild ergibt sich für Südkorea, das 2020 mit China anteilig sogar mehr Warenaußenhandel (26 Prozent) betrieb als mit den USA (14 Prozent) und Japan (7 Prozent) zusammengenommen. Chinas Anteil am Waren­außenhandel mit Japan übertraf mit 23 Prozent den der USA um knapp neun Prozent.35

Die USA waren während der Präsidentschaft Don­ald Trumps dazu bereit, in ihrem Konfrontationskurs gegenüber China auch wirtschaftliche Risiken für sich selbst in Kauf zu nehmen. Allerdings agieren sie hin­sichtlich der Größe des eigenen Marktes mit China mindestens auf Augenhöhe. Südkorea dagegen ist von China wirtschaftlich viel abhängiger als umgekehrt und überdies mit einer Außenhandelsquote von 78 Prozent generell in weit höherem Maße auf reibungslosen Welthandel angewiesen als Japan (mit einem immer noch hohen Anteil von 36 Prozent) und die USA (mit 26 Prozent).36

Ähnlich wie Washington sieht Tokio in der chi­nesischen Belt and Road Initiative (BRI), auch als Neue Seidenstraße bekannt, ein geopolitisches Instrument zum Ausbau der internationalen Machtstellung Pekings.37 Dennoch ist Tokio im Rahmen seines eige­nen Konzepts des Free and Open Indo-Pacific für eine Kooperation mit China offener als Washington.38 Im Bereich der Infrastrukturentwicklung in Asien befür­wortete der ehemalige Premierminister Shinzo Abe sogar wiederholt eine Zusammenarbeit beim Seiden­straßenprojekt, wenn Prinzipien wie Transparenz und Fairness eingehalten würden.39

Südkorea verhält sich gegenüber China wesentlich ambivalenter – was in Washington mitunter für Irri­tationen sorgt.40 So erwähnte die gemeinsame Erklä­rung der Außen- und Verteidigungsminister Süd­koreas und der USA vom 18. März 2021 China mit keinem Wort.41 Demgegenüber hatten Japan und die USA in ihrem entsprechenden Statement zwei Tage zuvor deutliche Kritik an Chinas Verhalten geübt.42 Seoul verfolgt eine Strategie des Durch­lavierens, um sich möglichst beide Mächte, China und die USA, gewogen zu halten. Dagegen wünscht sich Washington von Seoul eine eindeutige Stellungnahme gegen­über China, beispielsweise zu den maritimen Streitig­keiten im Südchinesischen Meer.43

Zurückhaltend reagierte Seoul auch auf die amerikanische FOIP-Strategie. Erst nach mehrfachen Auf­forderungen aus Washington erklärte Moon im Juni 2019 seine Bereitschaft zu diesbezüglicher Zusammen­arbeit im Kontext seiner eigenen New Southern Policy, die auf engere Beziehungen mit Südostasien zielt.44 Seoul distanziert sich von der konfrontativen China-Politik der USA aber dadurch, dass traditionelle Sicher­heitsfragen dabei bisher ausgeklammert wer­den.45 Gleichzeitig verkündete Moon im Dezember 2019 die Absicht seiner Regierung, mit China im Rahmen der BRI zu kooperieren.46

Dass China nicht zögert, die wirtschaftliche Abhängigkeit Südkoreas im Sinne eigener sicherheits­politischer Interessen auszunutzen, musste Seoul im Zusammenhang mit dem amerikanischen Rake­tenabwehrsystem Terminal High Altitude Area Defense (THAAD) schmerzlich erfahren. Als sich Seoul im Juni 2016 angesichts nordkoreanischer Rüstungstendenzen zur Installation entschloss, konterte Peking mit Wirtschaftssanktionen und Boykott.

Neben den wirtschaftlichen Abhängigkeiten sind die engen Beziehungen Chinas zu Nordkorea eine wesentliche Ursache für Differenzen zwischen den USA und Südkorea. Seoul erachtet die Zustimmung Pekings nicht nur als Voraussetzung für eine mög­liche Wiedervereinigung, es hofft auch generell auf chinesische Unterstützung in seiner Nordkorea-Diplo­matie.47 Als wichtigster Handelspartner Pjöngjangs hat China mehr Möglichkeiten, Einfluss auf das Regime zu nehmen, als jedes andere Land. So schätzt die südkoreanische Korea International Trade Asso­ciation, dass 2019 gut 95 Prozent des nordkorea­nischen Außenhandels mit China abgewickelt wurden.48

Nordkorea

Ist China für die USA die größte strategische Herausforderung, so betrachtet Washington Nordkorea als die derzeit »unmittelbarste Bedrohung«.49 Die wach­sende Zahl und Reichweite nordkoreanischer Raketen sowie deren zunehmende Treffgenauigkeit stellen laut Nationaler Sicherheitsstrategie der USA eine beson­dere Gefahr dar.50 Zudem haben die USA Pjöng­jang seit längerem als Macht im Visier, die Kom­po­nenten und Technologien zum Bau von Mas­sen­vernich­tungswaffen an Dritte weitergibt.51

Japan und Südkorea teilen die Sorgen über die Raketen und Massenvernichtungswaffen Nordkoreas, ihre Bedrohungswahrnehmungen sind aufgrund ihrer jeweiligen geografischen Lage jedoch nicht identisch mit jenen der USA. Für Süd­korea ist der Norden schon lange eine ernsthafte konventionelle Bedrohung. Die Hauptstadt Seoul, das politische und wirtschaftliche Zentrum des Lan­des, liegt nur rund 50 Kilometer von der Demarkationslinie mit dem Norden entfernt.

Allein in Seoul und der umliegenden Provinz Gyeonggi sowie der Stadt Incheon leben mit rund 26 Millionen Menschen etwa die Hälfte der südkorea­nischen Bevölkerung.52 Bedrohlich ist aus Sicht Süd­koreas daher der Umstand, dass ein Groß­teil des nord­koreanischen Militärs südlich von Pjöngjang entlang der innerkoreanischen Grenze stationiert ist.53 Für Japan stellen nordkoreanische Mittelstreckenraketen bereits seit den 1990er Jahren eine Bedrohung dar. 1998 testete Nordkorea erstmals eine Taepodong-1-Rakete, die den Norden Japans überflog und im Pazifik landete.

Nordkorea schafft zunehmend Voraussetzungen für Überraschungsangriffe.

Angesichts der räumlichen Nähe und entsprechend kurzer Vorwarnzeiten beobachten Tokio und Seoul beunruhigt, dass Nordkorea sich zunehmend Fähig­keiten und Mittel für Überraschungsangriffe aneig­net.54 Das Regime führte seit 2017 mehrere Tests mit fest­stoffbetriebenen Raketen durch, die von straßen­mobilen Abschussfahrzeugen oder Unterseebooten transportiert werden können, was es den USA und ihren Verbündeten im Konfliktfall erschweren würde, nordkoreanische Abschussvorbereitungen zu ent­decken.55 Nach Einschätzung des japanischen Vertei­digungsministeriums strebt Nordkorea darüber hin­aus offenbar nach der Fähigkeit, »Sättigungsangriffe« auszuführen, die es dem Regime ermöglichen würden, Japans Raketenabwehrsystem durch gleichzeitigen Ab­schuss mehrerer Raketen zu überwältigen.56

Das US-amerikanische Kernland lag dagegen bis vor kurzem außerhalb der Reichweite nordkorea­nischer Raketen. Direkt bedroht wurden allein die US‑Stützpunkte in Japan und Südkorea. Für die USA erreichte die Bedrohung durch Nordkorea insofern eine qualitativ neue Dimension, als das Regime im Juli 2017 erstmals erfolgreich Interkontinentalraketen tes­tete, die, bestückt mit Atomsprengköpfen, auch die USA erreichen können.57 Unklar blieb zunächst noch, wann Pjöngjang auch in der Lage sein würde, einen passenden nuklearen Sprengkopf sowie einen Wie­der­eintrittskörper zu entwickeln. Den im Dezember 2018 veröffentlichten Verteidigungsrichtlinien Japans konnte man erstmals die Einschätzung entnehmen, dass Nordkorea bereits erfolgreich Nuklearwaffen minia­turisiert hat, also über derart verkleinerte Spreng­köpfe verfügt, dass sie auf Raketen verschiedener Reichweiten passen.58

In Japan und Südkorea fragt man sich, ob die Ent­wicklung und Stationierung atomarer Interkontinentalraketen durch Nordkorea mittel- und langfristig zu einer sicherheitspolitischen Abkopplung der USA von seinen asiatischen Bündnispartnern führen könnte.59 Werden die USA in Zukunft Drohgebärden Pjöngjangs und etwaige Erpressungsversuche gegenüber Japan und Südkorea akzeptieren, solange das eigene Ver­hältnis zu Nordkorea »stabil« bleibt? Sowohl Tokio als auch Seoul hegen die Befürchtung, dass die nord­koreanische Führung angesichts ihrer militärischen Fortschritte zu der Annahme verleitet wird, gegenüber Amerika strategische Abschreckungsfähigkeit erreicht zu haben. Dies könnte aus Sicht beider Länder dazu führen, dass Pjöngjang vermehrt mili­tärische Provokationen in der Region riskiert.60

Das Verhalten von Präsident Trump befeuerte seinerzeit entsprechende Abkopplungsängste. So ver­zichtete er darauf, nordkoreanische Kurzstrecken­raketen-Tests im Sommer 2019 zu verurteilen, be­zeich­nete aber die Entwicklung atomar bestückter Interkontinentalraketen durch Nordkorea als »rote Linie«,61 weil nur diese die USA unmittelbar bedrohen würden. In Tokio wurde dies als mangelnde Rücksicht auf die Sicherheitsinteressen der asiatischen Bündnispartner wahrgenommen, und man argwöhnte, die USA könn­ten mit Nordkorea ein Abkommen aushandeln, das Kurz- und Mittelstreckenraketen aus­klammert.62 Ähnliche Befürchtungen gab es durchaus auch in Seoul,63 wenngleich die Moon-Regierung auf die konziliante Haltung Trumps zu den Kurzstrecken­raketen-Tests von 2019 wesentlich gelassener reagierte als Tokio.64

Als Nordkorea im März 2021 Marschflugkörper testete,65 reagierte die Biden-Administration zunächst betont unaufgeregt und sah darin keine besondere Provokation. Sie verwies darauf, dass der Test solcher Flugkörper – anders als der von ballistischen Rake­ten – nicht gegen Resolutionen des UN-Sicherheits­rats verstoße.66 Erst als Pjöngjang kurz darauf auch ballis­tische Kurzstreckenraketen testete, hörte man aus Washington klare Worte der Verurteilung.67 Trotz­dem dürften die Ängste vor Abkopplungs­szenarien und nordkoreanischen Provokationen in Tokio und Seoul damit nicht gänzlich ausgeräumt sein. Denn das Grunddilemma erweiterter Abschreckung gegenüber einem Gegner, der die USA direkt atomar angreifen könnte, bleibt bestehen.

Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Bedrohungswahrnehmungen spiegeln sich auch in den politischen Ansätzen wider, welche die USA, Japan und Südkorea gegenüber Nordkorea verfolgen. Die US-Politik zielte sowohl unter Obama mit seiner Leitlinie der »strategischen Geduld« als auch unter Trump mit dem Versuch des »maximalen Drucks und Engagements« auf eine vollständige und überprüfbare Denuklearisierung Nordkoreas. Das Mittel der Wahl sind Wirtschaftssanktionen, kombiniert mit militärischer Abschreckung und unterschiedlichen diplomatischen Ansätzen.68

Japan befürwortet eine Politik des Drucks durch Sanktionen gegenüber Nordkorea und setzt ebenfalls auf Abschreckung. Tokio hegt aber große Zweifel daran, dass sich auf diplomatischem Wege Erfolge in der Nuklearfrage erzielen lassen. Nordkorea, so gab Pre­mier­minister Abe 2017 zu bedenken, habe die bisherigen Verhandlungen nur genutzt, um »uns zu täuschen und Zeit zu gewinnen«.69 Sanktionen sind für Japan dennoch ein wichtiges Eindämmungsinstrument sowie eine Form des Protests gegenüber Pjöngjang.

Anders gestaltet es sich in der Allianz zwischen Washington und Seoul. Während die USA vor allem auf wirtschaftlichen Druck und – insbesondere im ersten Jahr der Amtszeit Trumps – auch auf mili­tärische Drohungen setzten, wollte der südkoreanische Präsident Moon mehr Einbindung des Nordens wagen.70 Als Nordkorea im Sommer 2017 erfolgreich seine Interkontinentalrakete testete, schienen die USA auf eine militärische Konfrontation mit Pjöng­jang zuzusteuern. Präsident Trump drohte dem Regime mit »Feuer und Wut«, und US-amerikanische Medien berichteten von Gedankenspielen über Mili­tärschläge in den Reihen seiner Administration.71

In dieser Situation sah sich die südkoreanische Regierung der Gefahr ausgesetzt, durch die USA in einen Krieg mit Nordkorea hineingezogen zu werden. Im August 2017 betonte Moon daher in einem Ge­spräch mit Trump, dass Südkorea »nie akzeptieren kann, dass wieder Krieg auf der koreanischen Halb­insel ausbricht«.72

Bevor der US-Präsident 2018 selbst auf den Kurs persönlicher Gipfeldiplomatie mit dem nordkorea­nischen Machthaber einschwenkte, hatte er die Dia­log­bereitschaft Moons gegenüber Nordkorea noch verächtlich als »Appeasement« bezeichnet.73 Auch hochrangige Mitarbeiter der Trump-Administration wie Sicherheitsberater John Bolton hielten die so­genannte Sonnenschein-Politik Moons für ein »Fan­tasie«-Gebilde.74 Südkorea setzt unter dieser Bezeichnung bereits seit 1998 – damals noch unter Präsi­dent Kim Dae-Jung – gegenüber dem Norden auf Aussöhnung, Austausch und Kooperation und will so inkrementelle Veränderungen in Nordkorea errei­chen. Insofern ähnelt dieser Ansatz der westdeutschen Ostpolitik während des Kalten Kriegs.75 Süd­koreas konservative Opposition warnt dagegen vor unbegründetem Optimismus und einseitigen Zu­geständnissen gegenüber dem Norden.

Die Befürworter der Sonnenschein-Politik zweifeln an der Wirksamkeit von wirtschaftlichem Druck auf den Norden. Dementsprechend umstritten sind zwischen Washington und Seoul die Rolle und der Stellenwert von Sanktionen. Die Trump-Administra­tion hatte wie die beiden Vorgängerregierungen unter Obama und George W. Bush wiederholt erklärt, dass Sanktionen erst dann gelockert würden, wenn Nord­korea sein Nuklearwaffenprogramm vollständig, unumkehrbar und nachprüfbar aufgibt.

»Großer« oder »kleiner Deal«: Denuklearisierung sofort oder in kleinen Schritten?

Auf einen solchen »großen Deal« über Nordkoreas Nuklearwaffenprogramm hoffte Präsident Trump.76 Dagegen sprach sich die Moon-Regierung dafür aus, einen »kleinen Deal« anzustreben: Vertrauensbildung, Kooperation und Dialog durch eine Politik der kleinen Schritte. Nach Ansicht Seouls sollten Pjöng­jang bereits für erste Zugeständnisse Sanktionslockerungen in Aussicht gestellt werden.77

Das amerikanische Beharren auf Sanktionen lässt das progressive Lager Präsident Moons um Erfolge der eigenen Ein­bindungspolitik gegenüber Nordkorea fürchten.78 Umgekehrt argwöhnte Washington, Seoul könne das Sanktionsregime aufweichen. Als die da­malige südkoreanische Außenministerin Kang Kyung-wha beispielsweise im Oktober 2018 bekanntgab, dass Seoul die Lockerung von Sanktionen gegenüber Nord­korea prüfe, konterte Präsident Trump: »Ohne unsere Zustimmung werden sie dies nicht tun.«79

Das Ausbleiben diplomatischer Fortschritte bei der Denuklearisierung Nordkoreas darf, das ist der Moon-Regierung wichtig, nicht zum Stillstand bei inner­koreanischen Initiativen führen.80 Mit diesem Ziel vor Augen will Seoul seinen Einfluss sowohl auf Washington als auch auf Pjöngjang geltend machen und als Vermittler auftreten.81 Als Nordkorea sich 2018 zu Verhandlungen bereit zeigte, trat Moon daher erfolgreich für Gespräche zwischen den USA und Nordkorea ein und half beim Zustandekommen der Gipfeltreffen beider Seiten im Juni 2018 und Februar 2019.82

Gleichwohl wünscht sich Südkorea mehr politische Rückendeckung aus Washington für den Ausbau in­nerkoreanischer Kooperation. Zwar beteuerte der da­malige US-Sonderbeauftragte für Nordkorea, Stephen Biegun, im Juli 2020, dass die Trump-Regierung »ent­schieden« hinter Seouls Anstrengungen stehe.83 Tat­sächlich hat Washington aber konkrete Schritte Süd­koreas in diese Richtung konterkariert. Als Präsident Moon Anfang 2020 für Anstrengungen warb, die von beiden Koreas geführte Sonderwirtschaftszone Kaesong wie­der in Betrieb zu nehmen und Individualreisen südkoreanischer Touristen in den Norden zu ermög­lichen,84 reagierten die USA zurückhaltend und mahnten Seoul zur Abstimmung, um »Missverständ­nisse« zu vermeiden.85

Nach Wahrnehmung südkoreanischer Regierungsvertreter übt Washington vor allem in der US–ROK Working Group Druck aus, die Ende 2018 für die Ko­ordination der Nordkorea-Politik etabliert wurde.86 Dort sprach sich Washing­ton mit Verweis auf Sank­tionsvorgaben beispielsweise gegen eine von Seoul für Januar 2019 geplante Lieferung des Grippe-Medi­kaments Tamiflu an Pjöngjang aus.87

Für Verstimmung in Washington sorgten offenbar auch die militärischen Vereinbarungen zwischen Nord- und Südkorea vom September 2018, die Span­nungen abbauen sollten. Darin wurde unter anderem eine Flugverbotszone um die Demarkationslinie von 9 Kilometern auf 10 bis 40 Kilometer ausgeweitet, wo­durch Übungen und Aufklärungsflüge des US-Militärs eingeschränkt werden.88 Die USA warfen Südkorea daraufhin vor, sie über diese Abmachung nicht aus­reichend konsultiert zu haben.89

Bislang – Stand: Mai 2021 – hat die Biden-Admi­nistration ihre Vorstellungen zur Politik gegenüber Nordkorea noch nicht konkretisiert. Der Prozess einer Policy Review soll jedoch Klarheit bringen. Unstrittig ist, dass sich Washington weiterhin für die Denuklearisie­rung Nordkoreas90 sowie für die Vereinigung der koreanischen Halbinsel einsetzen wird.91 Zugleich bekräftigte Biden aber in Abgrenzung zu Trump, dass er ohne Fortschritte bei der nuklearen Abrüstung nicht auf persönliche Gespräche mit Machthaber Kim setze, sondern stattdessen den Unterhändlern eine wichtigere Rolle einräumen wolle.92

Das könnte zu einem höheren Maß an Berechenbarkeit der US-Politik führen. Ermutigend ist sowohl für Südkorea als auch für Japan, dass Präsident Biden der Abstimmung mit Verbündeten wieder größeren Wert beimisst. In Seoul gibt es allerdings die Sorge, dass sich Moon von nun an weniger Möglichkeiten bieten werden, als Vermittler zwischen dem Norden und den USA aufzutreten und in Washington Unter­stützung für einen »kleinen Deal« zu finden.93

Russland

Russland wird seitens der US-Regierung meist in einem Atemzug mit China als »revisionistische Macht« ge­nannt, welche die bestehende internationale Ord­nung samt Führungsrolle der USA unterminieren wolle. Die russischen Nuklearwaffen sind aus Sicht Washingtons eine größere Gefahr als die chi­nesischen und werden als »bedeutsamste existentielle Bedrohung« eingestuft.94 Im Indo-Pazifik betrachten die USA Russland jedoch eher als »Störenfried« (spoiler), von dem keine unmittelbare militärische Bedrohung ausgehe.95 Russ­land verlege sich eher darauf, den US-Interessen in der Region mittels diplomatischer und wirtschaft­licher Instrumente sowie durch Desinformation zu schaden. Zudem unterlaufe Moskau zwar die inter­nationalen Sank­tionen gegen Nordkorea nicht aktiv, unterstütze sie aber auch nicht.96

Auch Moskau will seine militärische Präsenz im Indo-Pazifik ausbauen.

Die aktuellen sicherheitspolitischen Trends deuten aus Sicht Washingtons allerdings darauf hin, dass Mos­kau sowohl seinen Einfluss als auch seine mili­tärische Präsenz im Indo-Pazifik ausbaut – unter ande­rem durch Modernisierung seiner Nuklearstreitkräfte und seiner Fähigkeiten im Bereich Anti-Access/ Area-Denial (A2/AD). Das US-Verteidigungsministe­rium stützt seine Bedrohungsperzeption zudem auf regelmäßige Flüge von russischen Bombern und Auf­klärungsmaschinen über dem Japanischen Meer so­wie auf Russlands Rüs­tungsverkäufe in der Region. Angesichts des sino-amerikanischen Konflikts, so eine weitere Sorge im Pentagon, könnte sich Russland ins­besondere gegen­über den Staaten Südostasiens erfolg­reich als »dritte« Option präsentieren.97

Auch wenn Japan und Südkorea diese Befürchtung nicht teilen, schätzen sie Russland ähnlich wie die USA im Indo-Pazifik als längst nicht so bedrohlich ein wie China und Nordkorea. Sorge bereitet ihnen den­noch, dass die russischen Streitkräfte ihre regionalen Aktivitäten in den letzten Jahren ausgeweitet haben.98 Kritisch beobachtet Japan insbesondere den Bau von Militäreinrichtungen auf den von Japan beanspruchten Kurilen-Inseln Etorofu/Iturup und Kunashiri/ Kuna­schir, wo Moskau seit 2016 auch Boden-Boden-Raketen stationiert.99

Alle drei Allianzpartner befürchten, dass Russland und China im Indo-Pazifik ihre sicherheitspolitische und militärische Zusammenarbeit intensivieren. Mos­kau wie Peking wollen den amerikanischen Einfluss im Indo-Pazifik zurückdrängen, ein Bestreben, das unter anderem in Rüstungs­kooperation und gemeinsamen Übungen beider Länder seinen Ausdruck fin­det.100 2005 fand das erste gemeinsame Manöver statt, 2018 nahm China erstmals an der russischen Militär­übung »Vostok« teil.101

Tabelle – Bedrohungswahrnehmungen und strategische Interessen der USA, Japans und Südkoreas im Vergleich

USA

Japan

Südkorea

Regionale Ordnung

globale Sicherheitsinteressen, aber Indo-Pazifik ist priority theatre für US-Verteidigungs­ministerium

Fokus auf regionaler Sicherheitsordnung im Indo-Pazifik

Fokus auf regionaler Sicher­heitsordnung im Indo-Pazifik, insb. auf der koreanischen Halbinsel

strategischer Wettbewerb mit China

USA als sicherheitspolitische Führungsmacht erwünscht

USA als sicherheitspolitische Führungsmacht erwünscht

Ziel einer regelbasierten regionalen Ordnung, Freiheit der Seefahrt und offener Handelswege (FOIP 2017)

Stärkung der regelbasierten internationalen Ordnung (einschl. Rechtsstaatlichkeit, Freiheit der Navigation, fried­licher Konfliktlösung)

Ziel eines dauerhaften Frie­dens auf der koreanischen Halbinsel als oberste Priorität

unter Trump: Geringschätzung multilateraler Ansätze
unter Biden: Rückkehr zum Multilateralismus; Leitmotiv: Verteidigung der Demokratien gegen autoritär regierte Staaten

zentraler Stellenwert multi­lateraler Institutionen und Verfahren

zentraler Stellenwert multi­lateraler Institutionen und Verfahren

Sichtweise auf Sicherheitsbündnisse: USA als Sicherheits­dienstleister für Verbündete (Trump) versus Allianzen als Kräfteverstärker für die USA (Teile der Trump-Administra­tion und Biden)

Sichtweise auf das Bündnis mit den USA: Bündnis in beidseitigem Interesse; Japan ist für regionale Präsenz der USA essenzieller Partner

Sichtweise auf das Bündnis mit den USA: herausragende Bedeutung wegen Bedrohung durch Norden, aber teils widersprüchliche Prioritätensetzung gegenüber Nordkorea und China

China

Streben Chinas nach regionaler (und globaler) Hegemonie be­droht die eigenen Interessen

Chinas wirtschaftlicher und militärischer Machtzuwachs bedroht die eigene Sicherheit und die der Region

Chinas wirtschaftlicher und militärischer Machtzuwachs gefährdet die eigene Sicherheit

unter Trump: Ziel einer umfas­senden Einhegung Chinas in den Bereichen Sicherheit, Wirt­schaft, Technologie; weitreichende wirtschaftliche und technologische Entkopplung von China
unter Biden: selektive Koopera­tion mit China bei globalen Problemen und Einschränkung von Handel und Technologie­kooperation in sicherheits­relevanten Bereichen

Fokus auf regionaler Bedrohung durch China, insb. durch bilateralen Territorialkonflikt

Skepsis gegenüber weitreichen­der wirtschaftlicher Entkopplung von China

grundsätzlich offen für wirt­schaftliche Kooperation mit China im Rahmen von BRI, etwa bei Infrastrukturentwicklung in Asien

kein Territorialkonflikt mit China, aber konkurrierende Ansprüche auf Exklusive Wirtschaftszonen im Ost­chinesischen Meer

Hoffnung auf konstruktive Rolle Chinas auf der korea­nischen Halbinsel wegen Einfluss auf Nordkorea

hohes Maß an wirtschaftlicher Abhängigkeit von China, kein Interesse an wirtschaftlicher Abkopplung; Kooperations­bereitschaft im Rahmen von BRI

Tabelle (Forts.) – Bedrohungswahrnehmungen und strategische Interessen der USA, Japans und Südkoreas im Vergleich

USA

Japan

Südkorea

Nordkorea

Nordkorea wegen wachsen­der Zahl und Reichweite von Rake­ten sowie Nuklearwaffen­programm »unmittelbarste Bedrohung«, rangiert jedoch hinter der »strategischen« Bedrohung durch China

Sorgen wegen Raketen und Massenvernichtungswaffen Nordkoreas; angesichts der geografischen Nähe: Augenmerk auf Kurz- und Mittel­streckenraketen

unmittelbare konventionelle Bedrohung durch Nordkorea: Hauptstadt Seoul nur circa 50 km von Demarkationslinie entfernt

Ziel der vollständigen und über­prüfbaren Denuklearisierung Nordkoreas

progressives Lager von Präsi­dent Moon Jae-in: Gegenüber dem Norden Politik, die auf Aussöhnung, Austausch und Kooperation setzt; Ziel in­krementeller Veränderungen in Nordkorea

Politik des »maximalen Drucks und Engagements« (Trump-Administration) gegenüber Nordkorea; Fokus auf Wirtschaftssanktionen und mili­tärischer Abschreckung

Japan teilt den Ansatz des »maximalen Drucks und Engagements«

progressives Lager: Fehlende diplomatische Fortschritte bei der Denuklearisierung Nord­koreas dürfen innerkorea­nische Initiativen nicht zum Stillstand bringen

Russland

Russland ebenso wie China »revisionistische Macht«

Russland »Störenfried« (spoiler) der regionalen Ordnung, aber (bislang noch) keine unmittelbare militärische Bedrohung

ähnliche Bedrohungswahrneh­mungen und Sichtweisen wie die USA, Fokus jedoch auf regionaler Perspektive, zum Beispiel den Bau russischer Militäreinrichtungen auf von Japan beanspruchten Kurilen-Inseln

grundsätzlich ähnliche Sicht wie die USA; Fokus vor allem auf Russlands Politik gegen­über Nordkorea; kein Terri­torialkonflikt mit Russland

wachsende Sorge wegen russisch-chinesischer Sicherheitskooperation

wachsende Sorge wegen russisch-chinesischer Sicherheitskooperation

wachsende Sorge wegen russisch-chinesischer Sicherheitskooperation

Beiträge und Lastenteilung im Bündnis

Die US-Militärpräsenz sowie die erweiterte nukleare Abschreckung sind für Tokio und Seoul wichtige Rückversicherungen im Bündnis. Trotz Trumps kri­tischer Bewertung von Allianzen sahen beide Länder auch während seiner Präsidentschaft angesichts zu­nehmender sino-amerikanischer Spannungen nur ein geringes Risiko, dass Washington die Bündnisse auf­geben würde. Mit der Verschlechterung des Sicherheitsumfelds stellen sich in beiden Allianzen jedoch Fragen nach der Ausgestaltung der regionalen Ab­schreckungsarchitektur sowie nach Möglichkeiten der formalisierten gegenseitigen Konsultation.

Gleichzeitig geht es immer wieder um die Auf­teilung der gemeinsamen Lasten. Bereits mit dem wirtschaftlichen Aufstieg Japans in den 1970er und 1980er Jahren und Südkoreas in den 1990er Jahren stellte Washington Forderungen nach Aufstockung ihrer finanziellen und militärischen Beiträge. Beide Partner weiteten ihr jeweiliges Engagement über die Jahre denn auch deutlich aus. Die Bündnisse sind nach wie vor asymmetrischer Natur, dennoch haben sich die Gewichte in den letzten Jahren in Richtung Ausgewogenheit verschoben.

Ein Ungleichgewicht besteht aus Sicht der USA allerdings weiterhin darin, dass der gemeinsame Sicherheitsvertrag mit Japan keine wechselseitigen Beistandsverpflichtungen für den Angriffsfall enthält. So garantieren zwar die USA für Japans Sicherheit, andersherum ist Tokio aber nicht verpflichtet, Ame­rika im Angriffsfall beizustehen. Präsident Trump bezeichnete diesen Sachverhalt im Juni 2019 als »un­fair«, eine Bewertung, die Tokio jedoch vehement zurückwies.102

Wie steht es im Detail um die Beiträge der einzelnen Partner – militärisch, finanziell, politisch?

Militärische Präsenz der USA

Die USA haben nirgendwo sonst im Ausland so viele Soldaten stationiert wie in Japan. Das Hauptquartier der rund 55 300 Männer und Frauen103 liegt in Yokota bei Tokio. Jeweils mehr als ein Drittel der Gesamtstärke entfällt auf Marine und Marineinfanterie, die zahlenmäßig drittgrößte Teilstreitkraft ist die Luft­waffe. Das Heer macht mit 2 500 Soldaten nur einen sehr kleinen Anteil an den dortigen Truppen aus. Das Rückgrat der maritimen US-Präsenz in Asien bildet die in Yokosuka stationierte siebte Flotte, deren ope­ra­tives Mandat den gesamten Westlichen Pazifik und Indischen Ozean umfasst.

Zieht man auch die in Japan stationierten Waffensysteme in Betracht – darunter Kampflugzeuge von Luftwaffe, Marine und Marineinfanterie, Tankflugzeuge, eine in Japan stationierte Flugzeugträgergruppe sowie mindestens elf Zerstörer und Kreuzer104 –, dann wird deutlich, dass es für die USA um regionale Machtprojektion geht, vor allem mit Blick auf den Rivalen China. Japan hat für die USA insofern als »regio­naler Knotenpunkt« eine besondere Bedeutung.105 Da auf der ersten Inselkette stationiert,

Grafik 2

können die US-Kräfte zudem den Zugang des chine­sischen Militärs zum Pazifik einschränken.106

Die US-Präsenz in Südkorea umfasst insgesamt 31 050 Soldaten, davon etwas mehr als zwei Drittel Angehörige des Heeres.107 Etwa 8 000 Soldaten wer­den von der Luftwaffe gestellt, während Marine und Marineinfanterie jeweils nur sehr kleine Anteile der militärischen Präsenz ausmachen. Die Ausrüstung des Heeres besteht unter anderem aus Kampfpanzern, Panzerhaubitzen, Kampf- und Transporthubschraubern sowie taktischer Raketenabwehr, die der Luft­waffe neben anderem aus Kampfflugzeugen mit Mehr­zweckfunktion sowie solchen, die auf die Be­kämpfung von Bodenzielen ausgerichtet sind. Beides, die Zusammensetzung der Truppen und die des Mate­rials, macht deutlich, dass sich die USA auf der korea­nischen Halbinsel in erster Linie für einen bewaff­neten Konflikt mit Nordkorea wappnen, der mit Bodentruppen ausgetragen wird.108 Aus militärischer Perspektive ist Südkorea für die USA in diesem Sinne ein lokaler Knotenpunkt.109

US-Präsident Trump hat offen mit dem Abzug von US-Truppen aus Südkorea gedroht.110 Entsprechend ernsthaft diskutieren koreanische Politiker und Ver­teidigungsexperten das Risiko einer reduzierten US-Präsenz. Der damit einhergehende Verlust des poli­tischen Einflusses Washingtons auf der koreanischen Halbinsel wäre aus ihrer Sicht im Kontext des sich verschärfenden Konflikts mit China für die USA indes nicht opportun.111

Deutlich schwerer als die Sorge vor einem Rückzug der USA wiegen in Südkorea daher Ängste davor, durch das Bündnis mit Washington in eine militärische Auseinandersetzung mit China hineingezogen zu werden (entrapment). Wie sollte Seoul sich bei­spiels­weise verhalten, wenn die USA in einem Konflikt um Taiwan ihre Basen in Südkorea nutzen wollen?112 In einer gemeinsamen Erklärung von 2005 hatte Süd­korea den USA zwar »strategische Flexibilität« beim Einsatz ihrer auf der Halbinsel stationierten Truppen für internationale Einsätze zugesagt, trotz­dem ist um­stritten, inwiefern Südkorea ein Vetorecht behält.113

Von Bedeutung für Japan und Südkorea ist außerdem die künftige Ausgestaltung und Umsetzung des Dynamic Force Employment-Konzepts, das die Trump-Regierung 2018 in die Nationale Verteidigungsstrategie einführte und das zum Ziel hat, das Militär agiler und operational weniger berechenbar zu machen.114 Da Chinas wachsende Fähigkeiten insbesondere im Bereich von präzisen Raketen und Marschflugkörpern mittlerer Reichweite die Verwundbarkeit der großen US-Stützpunkte auf Guam, in Südkorea und Japan sowie die Angreifbarkeit der schwerfälligen Flugzeugträgergruppen steigern, gibt es in Washington Über­legungen, in Zukunft mehr Truppen und Material im eigenen Kernland einsatzbereit zu halten und die Präsenzen im Ausland eher auf kleinere regionale Basen zu verteilen. Angriffspunkte wären damit für China (und andere potenzielle Gegner) weniger offen­sichtlich und nicht so leicht zu treffen. Dieser Logik folgend hat Washington im April 2020 die seit 2004 be­stehende dauerhafte Stationierung von Tarnkappen­bombern auf der Insel Guam beendet und diese Flugzeuge in die USA rückverlegt.115 Sie sollen künftig nur noch für Übungen oder im Krisenfall für eine begrenzte Zeit in die Region verlegt werden.

In Tokio und Seoul löst dieser Trend die Besorgnis aus, dass Washington seine militärische Präsenz wei­ter verringern könnte.116 Bereits als Präsidentschaftskandidat hatte sich Biden jedoch klar von den Dro­hungen seines Amtsvorgängers distanziert, Truppen aus Südkorea abzuziehen.117

Erweiterte nukleare Abschreckung

Die USA untermauern ihre Sicherheitszusagen gegen­über Japan und Südkorea mit ihren Nuklearwaffen – daran hat sich auch während der Präsidentschaft Donald Trumps nichts Grundsätzliches geändert.118 Die von Amtsvorgänger Barack Obama angestoßene Modernisierung der »strategischen Triade«, bestehend aus atomar bewaffneten Interkontinentalraketen, Lang­streckenbombern und Unterseebooten, setzte Trump fort.

Auch die Biden-Administration hat im April 2021 im Rahmen eines ersten Haushaltsentwurfs deutlich gemacht, dass sie grundsätzlich an der Modernisierung der amerikanischen Nuklearwaffen festhält.119 Bis dahin legte sie aber noch keine eigene Nuklear­waffenstrategie (Nuclear Posture Review, NPR) vor. Sie hat lediglich angekündigt, dass sie im Vergleich zur Vorgängerregierung den Stellenwert von Nuklear­waffen in der amerikanischen Verteidigungspolitik reduzieren will, ohne dadurch aber die an die Allianzpartner gerichtete Zusage einer erweiterten nuklearen Abschreckung infrage zu stellen.120

In der aktuell weiterhin gültigen NPR von 2018 setzen die USA auf die »Flexibilität« des Nuklear­waffen-Arsenals, insbesondere mit Blick auf die damit verbundenen Abschreckungs- und Einsatzoptionen. Die USA wollen im Falle einer Krise jenseits eines umfassenden Atomkriegs glaubhaft mit begrenzten Nuklearschlägen gegen einen Gegner wie China oder Russland drohen können, die ihrerseits zu einer »begrenzten nuklearen Eskalation« fähig seien.121 Kri­tiker sehen allerdings die Gefahr, dass die Schwelle für den Einsatz von Nuklearwaffen sinkt, da in der NPR eine Antwort mit Nuklearwaffen nicht nur auf ato­mare, sondern auch auf konventionelle strate­gische Angriffe eines Gegners vor­gesehen ist.122

Japan und Südkorea werteten die US-Nuklear­waffen­strategie von 2018 dagegen überwiegend positiv als Zeichen der Rückversicherung, auch wenn Seoul nicht ausdrücklich Stellung bezog.123 Tokio dagegen lobte sie explizit als Bekenntnis zur Ab­schreckung.124

Die Glaubwürdigkeit der erweiterten nuklearen Abschreckung untermauern die USA zudem mit operativen und konsultativen Instrumenten. Denn ein Arrangement wie das der nuklearen Teilhabe in der Nato – die USA lagern taktische Nuklearwaffen in Bündnisländern, welche diese im Kriegsfall mit eigenen Flugzeugen einsetzen können – fehlt in Asien. Auch die Nuklearwaffen, die Washington während des Kalten Kriegs für den eigenen Gebrauch in Südkorea stationiert hatte, wurden 1991 abgezogen.125 Daher nutzen die USA in Asien vor allem Übungsflüge ihrer Bomber – mitunter mit Betei­ligung Japans und Südkoreas – als sichtbaren Aus­druck ihrer nuklearen Sicherheitszusage.126

Japan und Südkorea befürworten generell die regelmäßige Präsenz der US-Bomber und sprechen Übungsflüge im Rahmen ihrer bilateralen Konsulta­tionen mit Washington ab.127 Das gelingt allerdings nicht immer zu allseitiger Zufriedenheit. Berichten zufolge ließ Washington im September 2017 nach nordkoreanischen Provokationen erstmals B-1-Bom­ber und andere Flugzeuge die Northern Limits Line – die maritime De-facto-Grenze zwischen den beiden Koreas – Richtung Norden überfliegen. Präsident Moon soll Washington daraufhin vorgeworfen haben, mit der Wahl dieser offenbar nicht abgestimmten Route »zu weit« gegangen zu sein.128

2010 etablierte die Obama-Admi­nis­tration bilaterale Dialoge mit Südkorea und Japan zur nuklearen Abschreckung.

Dem Ziel, die Optionen für nukleare Abschreckung und Rückversicherung flexibel zu gestalten, sollen Supplements (Ergänzungen) zur strategischen Triade die­nen, die auch im asiatischen Kontext von Bedeu­tung sind.129 Zum einen geht es um die Bestückung seegestützter ballistischer Raketen mit atomaren Ge­fechtsköpfen verhältnismäßig geringer Sprengkraft (low yield), zum anderen um die Entwicklung eines neuen see­gestützten Marschflugkörpers, dessen Vor­gänger – eine mit Nuklearwaffen bestückte Toma­hawk (TLAM-N) – bis zu seiner Abschaffung unter Präsident Obama ausdrücklich auch als Rückversicherung der asiatischen Bündnispartner gedacht war.130

In Reaktion auf japanische und südkoreanische Sorgen anlässlich der Ausmusterung der TLAM-N etablierte die damalige US-Administration 2010 mit beiden Bündnispartnern Dialoge zur nuklearen Ab­schreckung: mit Japan den Extended Deterrence Dialogue und mit Korea das Extended Deterrence Policy Committee. Nach Ansicht der japanischen Regierung ermöglicht dieser Dialog, »das Verständnis der US-Abschre­ckungs­politik zu vertiefen«.131 Mit bei­den Bündnispartnern halten die USA zudem regelmäßig stattfindende bilaterale »Zwei-plus-zwei«-Treffen der Außen- und Verteidigungsminister ab, auf denen ebenfalls Fragen der Abschreckung und Verteidigung diskutiert werden. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer Dialogformate auf der Ebene politischer Beamter. 2011 wurde zwischen den USA und Süd­korea bei­spielsweise der U.S.–Korea Integrated Defense Dialogue eingerichtet, in dessen Rahmen auch ein Deterrence Strategy Committee zusammenkommt.132

Die genannten Konsultationsforen wurden auch unter der Präsidentschaft Donald Trumps weiter genutzt, kritische Stimmen merkten jedoch an, es habe an präsidentieller Unterstützung gemangelt und an einer Agenda mit konkreten Schritten zur Anpassung der regionalen Abschreckungsarchitektur an die sich verschlechternden Gegebenheiten des Sicherheitsumfelds.133

Mittelstreckenraketen und das Ende des INF-Vertrags

Meinungsunterschiede zwischen den USA und ihren asiatischen Verbündeten zur regionalen Abschreckungs­architektur spiegelt auch die Debatte über den INF-Vertrag (Intermediate Range Nuclear Forces Treaty) wider, den Russland und die USA abgeschlossen haben. Dieser Vertrag sah das Verbot von landgestützten Mittelstreckenraketen vor und wurde von Washington im August 2019 beendet. Für den Austritt aus­schlaggebend war für die USA nicht nur die Russland un­terstellte Vertragsverletzung, sondern auch die weiter zunehmende Bedrohung durch chinesische Raketen dieser Gattung.134 Die USA erhoffen sich von der Möglichkeit, solche Mittelstreckenwaffen in Bünd­nisländern zu stationieren, China etwas Entsprechendes entgegensetzen zu können.135

Auf Washingtons Überlegungen zur Stationierung solcher Raketen in Japan, Südkorea oder Australien haben die US-Verbündeten allerdings verhalten bis ablehnend reagiert. China hatte im Vorfeld gewarnt, eine Stationierung liege nicht im Sicherheitsinteresse dieser Länder und man werde Gegenmaßnahmen ergreifen. In Japan, wo sich Strategen durchaus be­sorgt über Chinas wachsendes Raketenarsenal zeigen, träfe eine Stationierung von US-Raketen auf Widerstände in der Bevölkerung – insbesondere in Oki­nawa, wo ein solcher Schritt strategisch am sinnvoll­sten wäre.136

Kommandoarrangements und Übungen

Die USA und Südkorea haben mit dem Combined Forces Command eine integrierte Kommandostruktur auf­gebaut, deren Mission die Verteidigung des Südens ist.137 Das CFC steht unter der Führung eines amerika­nischen Vier-Sterne-Generals, Stellvertreter ist ein süd­korea­nischer General.138 Ein derart eng integriertes System militärischer Führung ist einzigartig unter den US-Bündnissen.139 Allerdings regt sich in Südkorea immer wieder Kritik daran, dass südkoreanische Trup­pen im Kriegsfall der operativen Führung der USA unterstellt wären.

Die USA und Südkorea führen regelmäßig gemeinsame militärische Übungen durch. Die drei größten jähr­lichen Manöver – Key Resolve und Foal Eagle im Früh­jahr sowie Ulchi Freedom Guardian im Spätsommer/Herbst – wurden jedoch im Zuge von Trumps Nordkorea-Diplomatie 2018 und 2019 abgesagt.140 An Ulchi Freedom Guardian nahmen 2017 noch 17 500 Soldaten aus den USA sowie 50 000 aus Südkorea teil.141 Statt der drei Großübungen wurden klei­nere Übungen durchgeführt. Kritiker monierten, dass regelmäßige Großmanöver deshalb so wichtig seien, weil ein Großteil der US-Soldaten nur ein Jahr in Südkorea stationiert ist und darum erworbene Erfah­rungen schnell verlorengingen.142 Das Pentagon hat jedoch darauf verwiesen, dass durch »kreative Re­organisation« viele der militärischen Übungsaktivitäten trotzdem, wenn auch in einem anderen Rah­men, stattfinden konnten.143 Dementsprechend sieht das Pentagon die gemeinsame Einsatzfähigkeit im Falle eines nordkoreanischen Angriffs nicht gefährdet.

Mit Japan haben die USA keine integrierten, sondern parallele Kommandostrukturen. 2015 beschlossen die Bündnispartner jedoch die Einführung des Alliance Coordination Mechanism (ACM), ein ständiger Konsultationsmechanismus, in den die je nach Situa­tion relevanten Akteure beider Regierungen berufen werden.144 Erleichtern soll ACM nicht nur politische Abstimmung und Informationsaustausch, son­dern auch die operationale Koordination beider Streit­kräfte.145

Mit Japan führen die USA ebenfalls regelmäßig gemeinsame militärische Übungen durch. Eine der größten gemeinsamen Übun­gen ist Keen Sword, die alle zwei Jahre stattfindet – zuletzt im Oktober 2020 mit Beteiligung von 9 000 US-Soldaten.146

Militärische Fähigkeiten Japans

Japan verfügt über hochmoderne, rund 227 000 Mann starke Streitkräfte, deren Einsatzmöglichkeiten und Ausstattung allerdings verfassungsrechtlichen Be­schrän­kungen unterliegen.147 Das japanische Vertei­digungsbudget liegt für das Fiskaljahr 2020 offiziellen Angaben zufolge bei 5,07 Billionen Yen (47,0 Milliar­den Dollar)148 und damit rund 9 Prozent höher als zu Beginn der Abe-Regierung im Jahr 2012.149 Die Aus­gaben für Verteidigung entsprechen etwa 0,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).150 Damit hielt sich die Abe-Regierung an die 1976 eingeführte Regel, die Verteidigungsausgaben mit Rücksicht auf die anti-militaristische Haltung der Bevölkerung bei einem Prozent zu deckeln. Das Festhalten an dieser Vorgabe sowie der wachsende staatliche Schuldenberg Japans setzen einer Aufrüstung der Streitkräfte finanzielle Grenzen. Würden in der Nato übliche Kostenkategorien zugrunde gelegt, läge das japanische Verteidigungs­budget zwar gemes­sen am BIP wohl zwischen 1,1 und 1,3 Prozent – aber noch immer deutlich unter den von den USA geforderten 2 Prozent.151

Von strategischer Bedeutung ist für die USA, dass unter Abe die Einsatzmöglich­keiten der Selbstverteidigungsstreitkräfte bei regionalen Krisen ausgeweitet und so die Voraussetzungen für eine engere militärische Zusammenarbeit und Krisenplanung geschaffen wurden. Mit einer Neuauslegung der Verfassung 2014 gestand sich Tokio die Ausübung des Rechts auf kol­lektive Selbstverteidigung zu – allerdings nur, wenn Japan und seine Bürger konkret bedroht sind.152 Damit wäre es Japan nun juristisch möglich, den USA beispielsweise in einem bewaffneten Konflikt auf der koreanischen Halbinsel Kampfunterstützung zu leis­ten.153 Abe selbst sah die Änderungen als wichtiges Instrument zur Stärkung der Allianz »zum beider­seitigen Vorteil«.154

Militärische Fähigkeiten Südkoreas

Südkorea verfügt ebenfalls über hochmoderne Streit­kräfte. Rund 599 000 Mann stehen unter Waffen,155 der Verteidigungshaushalt liegt offiziellen Angaben zufolge 2020 bei 50,1 Billionen Won (41,7 Milliarden Dollar).156 Gemessen an seiner Wirtschaftsleistung gibt Seoul mehr für seine Verteidigung aus als jeder andere Bündnispartner der USA in Asien oder in der Nato: Die Ausgaben bewegten sich in den vergangenen zehn Jahren um die 2,5 Prozent des BIP.157 An­gesichts dieser Eckdaten ist Trumps massive Kritik an der Lastenteilung im Bündnis mit Seoul bemerkenswert. Aufgrund weiterer Budgetsteigerungen wird Südkorea Japan bei der Summe der Verteidigungsausgaben voraussichtlich 2022 überholen.158

Die Moon-Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Streitkräfte zu modernisieren (»Defense Reform 2.0«).159 Dabei solle das Militär darauf vorbereitet werden, die operative Führung (Operational Control, OPCON) im Combined Forces Command im Kriegsfall zu übernehmen; bisher liegt sie bei den US-Streitkräften. Ein solcher OPCON-Transfer symbolisiert für viele Koreaner die Wiederherstellung militärischer Sou­veränität, auch wenn der CFC-Befehlshaber letztlich den Präsidenten beider Länder untersteht.160 Die Pläne für den Transfer wurden allerdings vor dem Hin­tergrund anhaltender Spannungen mit Nordkorea bereits mehrfach verschoben. In Washington und Seoul gibt es unter Allianzbefürwortern zudem die Sorge, dass China einen OPCON-Transfer als Schwächung des Bündnisverhältnisses verstehen könnte.161

Nach Ansicht mancher südkoreanischer Verteidigungsexperten bietet die militärische Modernisierung der eigenen Streitkräfte die Chance, sich in der Sicher­heitspolitik von den USA in gewissem Maße zu emanzipieren. Progressive Kräfte in Südkorea glauben zudem, dass sich dies positiv auf das inner­koreanische Verhältnis auswirken könnte.162

Finanzielle Beiträge Japans und Südkoreas zur US-Präsenz

Die Kritik von Präsident Trump an »unfairer Lastenteilung« entzündete sich nicht zuletzt an der aus seiner Sicht unzureichenden Beteiligung Japans und Südkoreas an den Kosten zur Stationierung der US-Truppen. Aber auch andere Vertreter seiner Administration äußerten sich in diese Richtung und prangerten dabei insbesondere Südkorea an. So beklagten der ehemalige US-Außenminister Michael Pompeo sowie der ehemalige US-Verteidigungs­minister Mark Esper in einem gemeinsamen Zeitungs­artikel Anfang 2020, dass Seoul gerade einmal ein Drittel der unmittelbaren Stationierungskosten schultere. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke solle das Land insgesamt mehr für seine eigene Verteidigung tun.163

Die genauen Anteile der beiden Bündnispartner an den Stationierungskosten lassen sich indes nur schwer beziffern; die Schätzungen variieren je nach­dem, welche Kosten berücksichtigt werden. Die letzte offizielle Schätzung des US-Verteidigungsminis­te­riums stammt noch aus dem Jahr 2003.164 Demnach deckte Japan 74,5 Prozent der unmittelbaren US-Sta­tio­nierungskosten165 – im Vergleich zu 40,0 Prozent im Falle Südkoreas und 32,6 Prozent im Falle Deutschlands.166 Neuere Schätzungen aus Japan und Süd­korea zu der jeweiligen Kostenbeteiligung fallen ähn­lich aus.167 Nach Meinung des japanischen Politik­wissenschaftlers Tomohito Shinoda ist Japan der wirt­schaftlichste Standort für die Stationierung von US-Truppen in der ganzen Welt – einschließlich des US‑Festlands.168

Das mit der US-Präsenz verbundene Budget Japans beläuft sich laut japanischem Verteidigungsministerium für das Fiskaljahr 2020 auf insgesamt 746,9 Mil­liarden Yen169 (6,9 Milliarden Dollar),170 was etwa 0,1 Prozent des japanischen BIP171 entspricht. An den unmittelbaren Stationierungskosten der Truppen betei­ligt sich Japan mit 200,5 Milliarden Yen (1,9 Mil­liarden Dollar).172 Darunter fallen mit 152,0 Milliarden Yen (1,4 Milliarden Dollar) die als »host nation support« (HNS) bezeichneten Beiträge, die im Special Measures Agreement (SMA) geregelt werden, wie etwa Kosten für den Lohn von Angestellten der Basen, Ver­sorgungsleistungen, Kosten für die Verlagerung von Übungen, die Modernisierung von Einrichtungen und Ver­sicherungszuschüsse.173 Das im März 2021 aus­laufende SMA wurde im Februar 2021 um ein Jahr verlängert, um Zeit für Neuverhandlungen nach Bidens Amtsübernahme zu gewinnen.174 Nach An­gaben seines Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton hatte Präsident Trump zuvor von Japan mehr als eine Verdreifachung (Medienberichten zufolge sogar eine Vervierfachung)175 des finanziellen Beitrags verlangt.176

Die letzte öffentlich verfügbare Übersicht über Südkoreas Beiträge zur Stationierung der US-Truppen betrifft das Jahr 2015. Danach beliefen sich die Bei­träge auf insgesamt fast 5,5 Billionen Won (4,9 Mil­liarden Dollar), was etwa 0,3 Prozent des BIP ent­spricht.177 Darin enthalten sind Zahlungen Seouls von 932 Milliarden Won (832 Millionen Dollar) entsprechend des bilateralen SMA für die Löhne koreanischer Angestellter der US-Basen, für militärische Baumaßnahmen sowie für logistische Unterstützung. Für das Jahr 2019 einigten sich die Bündnispartner auf eine Erhöhung dieses Betrags auf 1,04 Billionen Won (899 Millionen Dollar).178 Verhandlungen für das Jahr 2020 blieben zunächst erfolglos, nachdem Trump von Seoul eine Verfünffachung auf fünf Milliarden Dollar gefordert hatte.179 Im März 2021 einigten sich beide Seiten auf ein neues SMA, das für sechs Jahre gelten soll. Für 2021 zahlt Seoul danach 1,18 Billionen Won (1,05 Milliarden Dollar) an SMA-Beiträgen, ein sprung­hafter Anstieg von knapp 14 Prozent im Vergleich zu 2019.180

Zusammenarbeit in der Raketenabwehr

Von großer Bedeutung ist für die USA Japans und Süd­koreas Rolle beim Auf- und Ausbau einer mehr­schichtigen regionalen Raketenabwehr. In erster Linie geht es um den Schutz der Allianzpartner und der regionalen Basen. Die Raketenabwehr leistet aber auch einen Beitrag zum Schutz des amerikanischen Kernlandes: durch frühzeitige Radarverfolgung und künftig möglicherweise auch durch das Abfangen von Raketen.

In der Raketenabwehr kooperieren vor allem Japan und die USA eng miteinander. Washington hebt in der Missile Defense Review von 2019 Japan als einen der »stärksten Partner« in diesem Bereich hervor.181 Mit PAC-3-Lenkflugkörpern und Kriegsschiffen, die mit dem Aegis-System, inklusive den dazugehörigen SM-3-Abwehrraketen, ausgestattet sind, setzt Japan aus­schließlich auf amerikanische Technologie. Gemeinsam entwickeln die Bündnispartner eine neue Ab­wehr­rakete (SM-3 Block IIA), die Schutz gegen Inter­kontinentalraketen bieten soll und in einem Test im November 2020 erstmals eine solche Rakete erfolg­reich abfing.182 Für das Pentagon ist diese Zusammenarbeit ein »Beispiel für Lastenteilung zu beiderseitigem Vorteil«.183

Japans Raketenabwehr ist außerdem durch Datenaustausch tief in das amerikanische Sys­tem integriert. Informationen der japanischen Aegis-Schiffe können dank der sogenannten Cooperative Engagement Capa­bility in Echtzeit mit den USA geteilt werden.184 Auf­grund von technischen Schwierigkeiten und aus­ufern­den Kosten sagte Japan im Juni 2020 die ge­plante Stationierung zweier landgestützter Aegis-Ashore-Raketenabwehrsysteme allerdings ab.185 Stattdessen entschied sich Tokio im Dezember 2020 für die Anschaffung zweier Marineschiffe mit Aegis-System, womit sich die Gesamtzahl solcher Schiffe auf zehn erhöht.186

Im Vergleich zu Japan ist Südkorea aus Sicht der USA im Bereich der Raketenabwehr ein deutlich schwierigerer Partner, da Seoul dem Aufbau eines von den USA geführten regionalen Systems ablehnend gegenübersteht.187 Seit 2006 verfolgt das Land den Aufbau einer Korean Air and Missile Defense (KAMD), bei der eigene Entwicklungen (wie die KM-SAM- und LM-SAM-Abwehrraketen) mit amerikanischen Ele­menten wie PAC-3 und Aegis-Schiffen kombiniert werden. Seoul betont dabei die Eigenständigkeit des Systems.188 Damit reagiert es auf Chinas Sorge vor trilateraler Raketenabwehrkooperation der USA und seiner zwei Bündnispartner.189 Gleichzeitig heben Washington und Seoul das Ziel der Interoperabilität ihrer Systeme hervor.190

Das 2017 von den USA in Südkorea aufgestellte Raketenabwehrsystem THAAD zum Schutz vor Kurz- und Mittelstreckenraketen wird unabhängig von KAMD betrieben. Infolgedessen verschlechterten sich die Beziehungen zwischen China und Südkorea, wes­halb Seoul Ende 2017 erklärte, es werde keine weite­ren THAAD-Systeme stationieren und sich weder an einem regionalen Raketenabwehrsystem der USA noch an einer trilateralen Allianz mit den USA und Japan beteiligen.191

Die Trump-Administration hat betont, dass der Ausbau der Raketenabwehr nicht die »strategische Stabilität« im Verhältnis zu China sowie zu Russland gefährden solle.192 Damit ist die Bewahrung der Zweit­schlagsfähigkeit dieser beiden Länder gemeint, um zu verhindern, dass sie sich in einer Krisensituation gezwungen sehen könnten, gegen die USA einen nuklearen Erstschlag zu führen. Dennoch sieht China das Abwehrsystem auch als gegen sich gerichtet. Diese Wahrnehmung ist insofern berechtigt, als die regio­nalen Raketenabwehrsysteme in der Lage sind, chinesische Raketen mit Radar und Sensor zu er­fassen.193

Technologie- und Rüstungskooperation

Auch durch Technologie- und Rüstungskooperation leisten Japan und Südkorea Beiträge zum Bündnis. Die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung von Militärtechnologie bietet allen Seiten Vorteile: Seoul und Tokio verschaffen sich Zugang zu modern­ster amerikanischer Technologie, können eigenes Know-how einbringen, und alle profitieren von fort­schreitender Interoperabilität im Bündnis. Seit Ende der 1980er Jahre haben die USA und Japan mehr als zwanzig gemeinsame Forschungsprojekte im Bereich Verteidigung angestoßen;194 mit Südkorea kooperieren die USA beispielsweise im Rahmen von Südkoreas Entwicklung eines Lenkflugkörpers, der sich gegen gegen Schiffe und Panzer (K-LOGIR-Lenkflugkörper) einsetzen lässt.195

Zudem zählen Japan und Südkorea zu den weltweit größten Abnehmern amerikanischer Rüstungsgüter. In den letzten zwei Dekaden waren Südkorea zweitgrößter und Japan fünftgrößter Importeur schwe­rer konventioneller Waffen aus den USA,196 die wiederum ihr mit Abstand wichtigster ausländischer Rüstungslieferant sind: Über 90 Prozent der japa­nischen Rüstungsimporte stammen aus den USA, im Falle Südkoreas sind es etwa 80 Prozent.197

Amerikanischer Kritik an einer unausgewogenen Handelsbilanz lässt sich mit diesem Importvolumen durchaus etwas entgegensetzen.198 Zu den größten An­schaffungen Japans der letzten Jahre gehören un­ter anderem 147 F-35-Kampfflugzeuge,199 17 Osprey V-22-Kipprotor-Wandelflugzeuge200 und 13 E‑2D-Auf­klärungsflugzeuge.201 Südkorea hat bereits vierzig F‑35-Flugzeuge bei den USA bestellt und plant Berich­ten zufolge die Beschaffung von weiteren vierzig.202 Zudem bestellte Seoul unter anderem sechs P‑8A-Auf­klärungsflugzeuge203 und vier Drohnen des Typs Global Hawk.204

Beteiligung an internationalen Missionen

Große Bedeutung misst Washington der Bereitschaft von Bündnispartnern zu, sich an internationalen Mis­sionen zu beteiligen. Japan hat sein diesbezügliches Engagement seit Ende des Kalten Kriegs ausgeweitet, obwohl internationale Einsätze seiner Verteidigungs­streitkräfte verfassungsrechtlich begründeten Regeln unterliegen, beispielsweise beim Waffengebrauch.205 Neben Partizipation an verschiedenen internatio­nalen Missio­nen unterstützte Japan die USA von 2001 bis 2010 durch einen Truppeneinsatz im Indischen Ozean, der im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Krieg erfolgte. Im Irak leistete Japan zwischen 2004 und 2006 zudem humanitäre Wiederaufbauhilfe.

Dennoch: Zu Kampfeinsätzen an der Seite der USA (zum Beispiel in Afghanistan) ist Tokio nicht bereit,206 was immer wieder zu Spannungen im Bündnis führt.207 Neben den verfassungsrechtlichen Fragen mag für diese Zurückhaltung auch der Umstand eine Rolle spielen, dass sich in den letzten Jahren immer mehr sicherheitspolitische Experten in Japan dafür aus­sprechen, die begrenzten militärischen Fähigkeiten angesichts wachsender regionaler Spannungen eher auf Japan und sein direktes Umfeld zu konzen­trieren.208

Südkorea dagegen unterstützte die USA bereits im Vietnam-Krieg mit massivem Aufgebot.209 Seitdem hat sich Südkorea auch an anderen Missionen beteiligt, darunter etliche UN-Missionen, bei denen das Land nach Einschätzung des US-Außenministeriums einen »signifikanten« Beitrag leistet.210 Zudem entsandte Süd­korea zwischen 2003 und 2008 insgesamt etwa 3 000 Soldaten zum Kampfeinsatz in den Irak.211

Die tri- und plurilateralen Dimensionen der Allianzen

Die USA bekunden ein großes Interesse an der trilate­ralen Zusammenarbeit mit Japan und Südkorea.212 Washington sieht darin ein Signal für die Stärke des US-Bündnissystems und dessen Abschreckungsfähigkeit213 und erhofft sich konkret auch operative Vor­teile im Falle eines militärischen Konflikts auf der koreanischen Halbinsel. Denn dann wären die USA auf schnelle Verstärkung durch die in Japan stationierten US-Truppen und damit auf Japans Koopera­tion angewiesen.214 Darüber hinaus erhofft sich Wa­shington von einer trilateralen Kooperation mehr Durchschlagskraft zur Durchsetzung der internatio­nalen Sanktionen gegen Nordkorea.

Allerdings erschweren drei Faktoren die Zusammenarbeit in der Dreieckskonstellation. Erstens ste­hen ihr das historisch belastete Verhältnis zwischen Japan und Südkorea und die mangelnde Aufarbeitung der brutalen japanischen Kolonialzeit im Weg. Seit Ende 2018 stecken die bilateralen Beziehungen in einer tiefen Krise, ausgelöst durch einen Streit über die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter.215 Viele Koreaner lehnen vor diesem Hintergrund eine militärische oder sicherheitspolitische Kooperation ihres Landes mit dem ehemaligen Besatzer ab.

Zweitens fürchtet Seoul, dass China, Russland und Nordkorea als »nördliches Dreieck« ihrerseits enger zu­sammenarbeiten, wenn die USA, Japan und Süd­korea dies tun.216 Darin spiegelt sich Südkoreas Inter­esse wider, innerkoreanische Aussöhnungsmöglich­keiten nicht durch das US-Bündnissystem in Mit­leidenschaft zu ziehen. Denn eine verstärkte Zusam­menarbeit des »nördlichen Dreiecks« könnte Seouls diplomatische Spielräume im Umgang mit Nordkorea einschränken und die Fronten verhärten.

Drittens wird ein Ausbau zur trilateralen Kooperation durch die Asymmetrie in den Beziehungen behin­dert. Als sicherheitspolitischer Partner hat Japan für die USA, sehr zum Leidwesen Südkoreas, eine her­ausgehobene Bedeutung. Das hat unter anderem da­mit zu tun, dass Japan – anders als Südkorea – an für Washington bedeutsamen plurilateralen Forma­ten teilnimmt.

Für Washington ist Japans Teilnahme an plurilateralen Formaten wie der Quad von Bedeutung.

So gehört Japan zusammen mit den USA, Indien und Australien zur »Quad«, die in Washington als informelle Allianz gegenüber China begriffen wird. Aus Sicht der USA hat dieses Format erheblich an diplomatischer Bedeutung gewonnen, seit sich im September 2019 erstmals die Außenminister dieser vier Länder trafen.217 Am Rande des zweiten Treffens auf dieser Ebene im Oktober 2020 befürwortete Außenminister Pompeo eine stärkere Institutionali­sierung des Formats in Sicherheitsfragen,218 auch wenn das Treffen Differenzen der vier Staaten beim Umgang mit China offenlegte.219 Parallel zu solchen Überlegungen verstärkten die vier Länder bereits ihre Anstrengungen zum Ausbau der Verteidigungskooperation. Konkreten Ausdruck fand dies in der gemeinsame Marineübung Malabar im November 2020.220 Mit der Ausrichtung des – bedingt durch die Corona-Pandemie nur digitalen – ersten Quad-Gipfeltreffens im März 2021 unterstrich Präsident Biden die Bedeu­tung des Formats auch für seine Administration. Interesse an einer Mitgliedschaft in einer erweiterten Quad-Runde scheint Südkorea aber kaum zu haben, da es fürchtet, China könnte dies – erst recht, wenn eine engere verteidigungspolitische Zusammenarbeit vorgesehen ist – als Hinwendung zum amerika­nischen Konfrontationskurs verstehen.221

Von Bedeutung ist für Washington neben der Quad die trilaterale sicherheitspolitische Kooperation mit Japan und Australien – nicht zuletzt in puncto Raketenabwehr sowie Zusammenarbeit der Geheimdienste. So unterzeichneten die drei Länder im Okto­ber 2019 ein Trilateral Information Sharing Agreement (TISA).222

Aus Sicht Südkoreas läuft die Bevorzugung Japans durch die USA den eigenen Interessen zuwider. Denn Washington befördere eine »Militarisierung« Japans unter Abe, unterlasse es aber, Tokio beim Thema Geschichtsrevisionismus entschieden entgegenzutreten.223 Zwar haben sich sowohl die Obama- als auch die Trump-Administration für die Verbesserung der japanisch-südkoreanischen Beziehungen eingesetzt.224 Bei­spielsweise soll Washington – noch während der Amtszeit Obamas – darauf hingewirkt haben, dass Tokio und Seoul 2016 ein General Security of Military Information Agreement (GSOMIA) über den Austausch von Geheimdienstinformationen unterzeichneten. Die Trump-Administration wirkte ihrerseits 2019 auf die südkoreanische Regierung ein, ihre Drohung aufzugeben, das GSOMIA mit Japan vor dem Hinter­grund des Zwangsarbeiter-Streits auslaufen zu lassen.

Eine Reihe japanischer und südkoreanischer Außen­politik-Experten kritisiert jedoch, dass die Trump-Regierung zu wenig oder zu spät eingegriffen habe. Und trotz mehrerer trilateraler Treffen auf verschiedenen Ebenen führten diese zu keiner merk­lichen Verbesserung im angespannten Verhältnis zwischen Tokio und Seoul.225 Daran war Präsident Trump nach Einschätzung seines Sicherheitsberaters Bolton persönlich auch nicht interessiert.226

Die Biden-Administration brachte ihr Interesse an trilateraler Kooperation mit Japan und Südkorea bei »Zwei-plus-zwei«-Treffen der Außen- und Verteidigungsminister im März 2021 dagegen explizit zum Aus­druck; sie richtet Anfang April 2021 erstmalig ein trilaterales Treffen der jeweiligen Nationalen Sicher­heitsberater aus.227 Ob Präsident Biden bessere Ver­mittlungserfolge erzielen wird als die Vorgängerregierungen, ist angesichts der tiefen Kluft zwischen den beiden asiatischen Verbündeten allerdings offen.

Innenpolitische Debatten und Konflikte

Der innenpolitische Rückhalt in den jeweiligen Haupt­städten ist ein wesentlicher Indikator für die Stärke einer Allianz. Trotz der kritischen Haltung Trumps gab es auch während seiner Präsidentschaft eine brei­te überparteiliche Unterstützung für die Bündnisse mit Japan und Südkorea. Für Präsident Biden ist die Stär­kung der verteidigungspolitischen Bündnisse, zumal im indo-pazifischen Raum, ein Kernanliegen. In Japan stößt die US-zentrierte Sicherheitspolitik nur in der Präfektur Okinawa auf Kritik, wo sich viele US‑Kräfte bündeln. Auch im politisch polarisierten Südkorea ist der Rückhalt für die Allianz groß. Aller­dings divergieren die außenpolitischen Prioritäten des sogenannten progressiven Lagers häufig dann mit denen Washingtons, wenn es um Nordkorea geht. Kontrovers wird außerdem über Seouls Umgang mit der sino-amerikanischen Rivalität diskutiert.

USA

In Washington genießen die beiden Allianzen mit Japan und Südkorea nach wie vor breite Unterstützung im Kongress, in weiten Teilen der Bürokratie sowie im Militär. Das gilt insbesondere vor dem Hin­tergrund der wachsenden Spannungen mit China. In Washington hat sich in den letzten 15 Jahren ein chinakritischer Konsens verfestigt, den weite Teile von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft teilen.228 Dazu zählen auch Demokraten, die in der Außen­politik traditionell eher auf Diplomatie und nicht­militärische Mittel setzen. Der seinerzeit stellvertretende Vorsitzende im außenpolitischen Ausschuss des Senats, der Demokrat Robert Menendez, warf der Trump-Ad­minis­tration beispielsweise vor, sie sei nicht in der Lage, China effektiv abzuschrecken – insbesondere im Südchinesischen Meer.229 Biden hielt Trump im Wahlkampf ebenfalls Schwäche im Um­gang mit Peking vor.230

Im Kongress sowie im Pentagon herrscht die Sichtweise vor, die amerikanischen Allianzen mit Süd­korea und Japan verschafften den USA einen strate­gischen Vorteil, den es zu bewahren gelte. Trotzdem ist die Haltung des Präsidenten wichtig, denn sicher­heits- und verteidigungspolitische Entscheidungen werden, vor allem in Krisensituationen, im Weißen Haus getroffen. US-Präsident Trump ließ Pentagon und Kongress bei bedeutsamen bündnispolitischen Ent­schlüssen außen vor – so etwa bei der Ankündigung der Truppenreduktion in Deutschland.

Auf das Management amerikanischer Bündnisse – ob es um die Größe und Anzahl gemeinsamer Militär­übungen, die Stationierung bzw. den Abzug von US-Truppen oder die Umsetzung bzw. Beendigung von Bündnisverträgen geht – hat der Kongress nur ein­geschränkt Einfluss.231 Am ehesten kann er die Haus­halts­gesetzgebung als Hebel einsetzen, um eine bestimmte bündnispolitische Maßnahme zu forcieren oder zu blockieren. Das erfordert allerdings ein hohes Maß an parteiübergreifendem politischem Willen. Oft sind Resolutionen und Gesetzesentwürfe des Kon­gresses nur von symbolischer Bedeutung, da sie recht­lich nicht bindend sind.

Grafik 3

Resolutionen und Gesetzentwürfe des Kongresses haben für die Bündnispolitik symbolisches Gewicht.

Die Bedeutung der überparteilichen Unterstützung für die US-Allianzen in Washington könnte nach dem Wahlsieg des Bündnisbefürworters Joe Biden wieder in Vergessenheit geraten. Doch in der Präsidentschafts­wahl 2020 gelang es Trump, 74 Millionen Stimmen – und damit zehn Millionen mehr als 2016 – auf sich zu vereinen, was darauf hindeutet, dass »Trumpis­mus« und »America First« einflussreiche politische Strömungen bleiben werden. Das gilt vor allem in der Republikanischen Partei.

Trumps Allianzpolitik gegenüber Japan und Korea traf in drei Bereichen auf Widerstand in Kongress und Administration: bei der Frage der finanziellen Las­ten­teilung, der Debatte um mögliche Truppenreduktionen und bei der Entscheidung, gemeinsame Großübun­gen mit Südkorea zu beenden.

In beiden Parteien im US-Kongress gab es Kritik an den »exzessiven Forderungen« (so die Formulierung des republikanischen Senators Cory Gardner)232 sei­tens der Trump-Administration an Seoul, den Beitrag zu den Stationierungskosten der US-Truppen zu erhö­hen. Dennoch fand Trumps Haltung unter republikanischen Abgeordneten auch Zustimmung.233 Zudem drängten einige republikanische Abgeordnete und Senatoren darauf, die Bündnispartner sollten, bei­spielsweise durch Beteiligung an Freedom of Navigation Operations (FONOPS) im Südchinesischen Meer, sicher­heitspolitisch aktiver werden.234

Die laut Medienberichten angestellten Überlegungen Trumps zur Truppenreduktion in Südkorea fan­den in Kongress und Pentagon ebenfalls wenig Unter­stützung. Der Kongress machte 2019 wie 2020 in seinen Haushaltsgesetzen für das Verteidigungsministerium Vorgaben, die einen solchen Truppenabzug erschweren sollten.

So untersagt der National Defense Authorization Act (NDAA) für das Haushaltsjahr 2020 dem Pentagon einen Abbau des Truppenumfangs von 28 500 Sol­daten – Ausdruck des überparteilichen Konsenses im Kongress zugunsten des Bündnisses. In der Praxis hätte das Gesetz den Präsidenten aber kaum aufgehalten. Ein Abzug wäre nach wie vor möglich, wenn der Verteidigungsminister erklärt, dass dies den Inter­essen der USA dient, die Sicherheit der Bündnispartner nicht gefährdet und Letztere vor einem Ab­zug konsultiert würden.235 Da Präsident Biden in­zwischen keinen Truppenabzug aus Südkorea mehr ins Auge fasst, ist ein Konflikt mit dem Kongress in dieser Frage ohnehin erst einmal vom Tisch.

Mit dem Asia Reassurance Initiative Act (ARIA), der im Dezember 2018 in Kraft trat, soll überdies die sicher­heitspolitische Zusammenarbeit mit den asiatischen Verbündeten intensiviert und die Militärpräsenz im Indo-Pazifik untermauert werden.236 Die von Repu­blikanern und Demokraten gemeinsam unterstützte Pacific Deterrence Initiative (PDI) sieht zudem als Bestand­teil des Verteidigungsbudgets für 2021 zusätzliche Mittel in Höhe von 2,2 Milliarden US-Dollar für Ab­schreckung und Rückversicherung im Indo-Pazifik vor.237 Des Weiteren beauftragt der Kongress das Pen­tagon in dem Haushaltsgesetz damit, geeignete Maß­nahmen für die Ausgestaltung der PDI in den kom­menden Jahren zu erarbeiten. Diese Maßnahmen zielen in erster Linie darauf, die militärische Entwick­lung Chinas im Blick zu behalten.

Etwaige Szenarien für eine Truppenreduktion in Süd­korea oder Japan lehnt auch das US-Militär ab, da dies als militärische Schwächung gegenüber China und Nordkorea gedeutet werden könnte. Sowohl Admiral Philip S. Davidson, der Chef des amerika­nischen Indo-Pazifik-Kommandos, als auch General Robert B. Abrams, der Kommandant der USA in Süd­korea, haben vor dem Kongress die Auf­fassung ver­treten, dass die gegenwärtige Zahl der US‑Truppen in Südkorea »angemessen« sei, um eine glaubwürdige Abschreckung gegenüber Nordkorea zu gewährleisten.238 Abrams warnte zudem, ein sub­stanzieller Trup­penabzug berge erhebliche »taktische« und »ope­rative« Risiken, solange es »keine Veränderungen auf der anderen Seite der militärischen De­markations­linie« gebe.239

Im US-Kongress stieß schließlich auch das Ende großer Militärübungen mit Südkorea auf überparteiliche Ablehnung – sowohl aus bündnispolitischen und militärischen als auch aus verhandlungstak­tischen Gründen. Der ehedem stellvertretende Vor­sitzende – heute Vorsitzende – des Streitkräfte­ausschus­ses im US-Senat, Jack Reed von den Demokraten, äußerte beispielsweise die Sorge, dass dieser Schritt die militärische Einsatzbereitschaft beeinträch­tigen könnte.240 Der republikanische Senator Cory Gardner forderte, die Militärübungen mit Süd­korea in vollem Umfang wiederaufzunehmen – wie vor Beginn der Gipfeldiplomatie zwischen Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un.241

Grundsätzliches scheint sich an der überpartei­lichen Unterstützung für die Bündnisse mit Japan und Südkorea auch nach den Wahlen vom November 2020 nicht zu ändern. Die Demokraten haben nach den beiden Stichwahlen in Georgia im Januar 2021 zwar im Senat eine knappe Mehrheit errungen (wenn man die Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris als »tie breaker« berücksichtigt), im Repräsentantenhaus ist ihre Mehrheit aber geschrumpft. Angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse im Kongress könnte daher – zumindest in der Sicherheitspolitik – der Einfluss des »progressiven Flügels« der Demo­kratischen Partei schwinden, der sich beispielsweise für eine deutliche Reduzierung der Verteidigungs­ausgaben ausgesprochen hat.

Japan

Innenpolitisch herrscht in Japan weitgehend Einigkeit über die zentrale Bedeutung des Bündnisses für die eigene Sicherheitspolitik.242 Die von der Liberal-Demo­kratischen Partei (LDP) geführte Regierung – bis Sep­tem­ber 2020 unter Premierminister Abe und seitdem unter Premierminister Suga – hat sich ent­sprechend bemüht, gute Beziehungen sowohl zur Trump- als auch zur Biden-Administration aufzubauen.

Die ohnehin relativ schwache oppositionelle Kon­stitutionell-Demokratische Partei Japans (CDP) stellt sich nicht nennenswert gegen diese Politik. Zwischen 2009 und 2012 wurde die LDP in ihrer langjährigen Regierungsführung von der Opposition abgelöst – damals die Demokratische Partei Japans (DPJ), die Vorläuferin der CDP. Einige DPJ-Mitglieder schienen zwar zunächst eine US-kritischere Politik zu befürworten. Der damalige DPJ-Generalsekretär Ichiro Ozawa schlug im Februar 2009 beispielsweise vor, alle US-Truppen mit Ausnahme der siebten Flotte aus Japan abzuziehen, wobei er später klarstellte, dass dies eine Aufstockung der japanischen Streitkräfte voraussetze.243 Allerdings riefen derartige Verlaut­barungen deutlichen Widerspruch hervor, sowohl inner­halb Japans als auch vonseiten der USA. An­gesichts wachsender sicherheitspolitischer Span­nungen mit China und Nordkorea schwenkte die DPJ denn auch unter Premierminister Yoshihiko Noda 2011 auf eine pro-amerikanische Haltung um.244 Rückhalt erfährt die US-zentrierte Außenpolitikstrategie auch aus der Ministerialbürokratie und in der Bevölkerung.

Allein in der Präfektur Okinawa stößt die enge sicherheitspolitische Anlehnung an die USA auf Widerstand.

Allein in der im Südwesten gelegenen Präfektur Okinawa stößt die enge sicherheitspolitische Anleh­nung an die USA auf Widerstand. Mehr als die Hälfte der amerikanischen Soldaten in Japan ist auf der Hauptinsel Okinawa stationiert, obwohl deren Land­masse nur etwa ein Prozent der Gesamtfläche Japans ausmacht.245 Ihr Aufenthalt verursacht aus Sicht vieler Ansässiger eine unverhältnismäßig hohe Belas­tung, etwa hinsichtlich Umweltverschmutzung oder Kriminalität.246 Regelmäßig kommt es daher zu Pro­testen gegen die dortigen US-Basen. Die Zentralregierung hat seit den 1990er Jahren in Absprache mit Washington Maßnahmen getroffen, um die US-Prä­senz auf der Insel zu reduzieren sowie Landflächen freizugeben. Gleichzeitig betont Tokio aber die stra­tegische Nähe Okinawas zu wichtigen Handelsrouten sowie zu »möglichen Konfliktgebieten […], einschließlich der koreanischen Halbinsel und der Straße von Taiwan«.247 Im Kontext des Bündnisses mit den USA sei Okinawa daher wichtig für die Sicherheit Japans und der Region, so das japanische Verteidigungs­ministerium.248

In den letzten Jahren haben sich die Fronten zwischen der Protestbewegung in Okinawa und der Zentralregierung in Tokio deutlich verhärtet.249 Ein Hauptstreitthema ist die bereits 1996 von Japan und den USA vereinbarte Schließung der Marine Corps Air Station Futenma in der Stadt Ginowan (vgl. Grafik 2, S. 25). Die geplante Verlegung des Stützpunkts an die Bucht von Henoko, ein weniger dicht besiedeltes Gebiet im Nordosten Okinawas, stößt auch dort auf Ablehnung. Protestbewegung und Verzögerungen beim Bau in Henoko haben das Bündnisverhältnis bis­her aber kaum belastet, da der Stützpunkt Futenma den US-Truppen weiterhin zur Verfügung steht.

Umstrittener als das Bündnis selbst sind in Japan die eigene Rolle darin und die eigenen Beiträge. Nach wie vor verbreitet sind in der Bevölkerung anti-mili­taristische Einstellungen,250 weshalb beispielsweise die Neuinterpretation der Verfassung 2014, nach der Japan eingeschränkt das Recht auf kollektive Selbst­verteidigung ausüben darf, zu heftigen Debatten führte. Kritiker befürchten, dass Japan ungewollt in militärische Konflikte der USA hineingezogen werden könnte.251

Innenpolitisch ebenfalls strittig ist die Frage, wie sich Japan militärisch in den kommenden Jahren auf­stellen soll. Die bisherige Arbeitsteilung im Bündnis sah vor, dass Japan als »Schild« für seine Verteidigung zuständig ist, während die USA als »Schwert« offen­sive Fähigkeiten vorhalten. Doch immer mehr Poli­tiker und Sicherheitsexperten stellen diese Aufteilung angesichts der Rüstungstendenzen in der Region in­frage.252 Mitglieder der regierenden LDP befürworten schon seit einigen Jahren die Anschaffung von Waf­fen für Angriffe auf gegnerische Raketenbasen und finden damit positive Resonanz in Washington.253 Widerstand gegen derartige Pläne gibt es aber unter anderem bei der Komeito, der Koalitionspartnerin der LDP.254

Südkorea

Südkorea ist ein politisch tief gespaltenes Land – vor allem, wenn es um Fragen der Nordkoreapolitik geht. Die sogenannten Progressiven, die unter Präsident Moon die Regierung stellen, und die konservative Oppo­sition haben unterschiedliche Sichtweisen auf das Bündnis mit den USA. Die Darstellung des pro­gres­siven Lagers als anti-amerikanisch und pro-nord­koreanisch greift jedoch zu kurz.255 Eine grundsätz­lich anti-amerikanische Haltung findet sich allenfalls bei einer kleinen Minderheit der progressiven Kräfte.256

Insgesamt gibt es über politische Grenzen hinweg eine breite Unterstützung für die Allianz – sowohl unter politischen Führungskräften als auch in der Bevölkerung.257 Die USA gelten angesichts der wach­senden Bedrohung aus Nord­korea nicht nur als wich­tigster Sicherheitspartner Seouls, sie sind nach China auch zweitwichtigster Handelspartner. Das Bündnis kommt zudem Seouls politischem Gewicht auf der internationalen Bühne zugute. Südkorea, das sich oft als »Garnele unter Walen« sieht, kann sich an der Seite der USA besser gegenüber den Schwergewichten China und Japan behaupten.258

Dennoch vertritt das progressive Lager kritischere Positionen gegenüber den USA als die Konservativen. Zwei Faktoren beeinflussen diese Haltung. Erstens haben viele Vertreter der Progressiven – einschließlich Präsident Moon – ihre politischen Wurzeln in der Demokratiebewegung, die sich insbesondere in den 1980er Jahren gegen die damalige Militärdiktatur wandte.259 Washington hingegen stützte im Zuge seiner anti-kommunistischen Eindämmungspolitik während des Kalten Kriegs lange Zeit die südkorea­nische Militärdiktatur und nahm dabei deren brutale Unterdrückungsmaßnahmen in Kauf.260 Progressive Kräfte in Südkorea glauben zudem, dass Washingtons Politik auf der koreanischen Halbinsel primär durch eigene Interessen bestimmt wird. Trumps »America First«-Programmatik und die an Seoul gerichteten finan­ziellen Forderungen bestärkten sie in dieser Auffassung.

Zweitens möchten die Progressiven durch Kooperation, Dialog und Austausch einen innerkoreanischen Aussöhnungs- und Friedensprozess in Gang setzen. Washington, dessen oberste Ziele Abschreckung und Denuklearisierung lauten, nehmen sie dabei oft als Hindernis wahr.261

Von den USA erwarten die Progressiven, dass sie Seoul genügend Spielraum für politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Austausch mit Nord­korea lassen. Mehr noch: Sie hoffen, dass Washington selbst zum Abbau von Spannungen beiträgt. Lee Jong-seok, der Vorsitzende des südkoreanischen National Security Council, schlägt beispielsweise vor, dass die USA und Südkorea auf gemeinsame Militärübungen verzichten, solange Gespräche mit Nordkorea in Gang sind.262 Darüber hinaus fordert Moon Jae-ins außen­politischer Berater Moon Chung-in, die USA sollten in Betracht ziehen, den Korea-Krieg offiziell für beendet zu erklären.263

Die Frustration der Progressiven über Seouls beschränkte Handlungs­möglichkeiten gegenüber Pjöngjang hat zugenommen.

Die Frustration der Progressiven über Seouls beschränkte Handlungsmöglichkeiten gegenüber Pjöng­jang hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Internationale Sanktionen, die 2016 und 2017 noch erheblich verschärft wurden, verhindern praktisch jede Kooperation im Wirtschaftsbereich.264

Enttäuscht über mangelnde Fortschritte im innerkoreanischen Verhältnis fordern immer mehr Stimmen im progressiven Lager, dass Seoul in seiner Nordkorea-Politik mehr Unabhängigkeit von den USA zeigt – wohl wissend, dass Washington dem kritisch gegen­überstünde.265 Einer der prominentesten Vertreter dieser Forderung ist der im Juli 2020 von Moon neu ernannte Vereinigungsminister Lee In-young. Lee sprach sich beispielsweise dafür aus, dem Norden Essen und Düngemittel sowie medizinische und phar­mazeutische Hilfsleistungen anzubieten, ohne auf die Zustimmung der USA zu warten.266

Das konservative Lager Südkoreas setzt dagegen auf Abschreckung und ein starkes Bündnis mit den USA und kritisiert die Progressiven für Zugeständ­nisse gegenüber Nordkorea. So sprach sich die größte Oppositionspartei, die konservative United Futures Party, beispielsweise gegen den Vorschlag aus, den Korea-Krieg für beendet zu erklären.267

Innenpolitisch umstritten ist auch die Frage, wie sich Seoul zwischen den USA und China positionieren sollte. Die bisherige Strategie des »Durchlavierens« mit guten Beziehungen zu beiden Partnern gerät unter Druck, wie die damalige Außenministerin Kang Kyung-wha im Juli 2020 zugab.268 Das gilt gerade im Bereich Wirtschaft und Technologie, etwa im Huawei-Streit.269 Trotzdem findet die Strategie des »Durch­lavierens« weiterhin unter politischen Eliten und Ex­perten breiten Zuspruch. Einige wie Ahn Sung Kyoo vom Think Tank Asan Institute for Policy Studies plädieren allerdings dafür, in kritischen Fällen dem Sicherheitsbündnis mit den USA Vorrang zu geben, auch wenn gute Beziehungen zu Peking wichtig wären.270

Das progressive Lager hofft dagegen darauf, dass eine Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen dem sicherheitspolitischen Dilemma Seouls, sich zwischen China und den USA entscheiden zu müssen, die Schärfe nehmen könnte.271 Durch Erfolge im direkten Dialog mit Pjöngjang wäre Südkorea bei dem Bestreben, Stabilität auf der Halbinsel zu sichern und Fortschritte mit dem Norden zu erzielen, weniger auf die USA oder China angewiesen. Möglicherweise könnte eine positive Dynamik in den Beziehungen der Koreas auch helfen, Spannungen zwischen den Großmächten abzubauen, so die Erwartung.272

Eher unwahrscheinlich erscheint indes, dass Seoul sich China gegenüber auf eine einseitige Gefolgschaft einlässt. Südkoreas Sicht auf seinen großen Nachbarn ist nachhaltig negativ geprägt vom Streit um das Ra­ke­tenabwehrsystem THAAD und von Pekings kom­pro­misslosem Auftreten in Innen- und Außenpolitik.273 Dennoch geben Präsidentenberater Moon Chung-in und der Politikwissenschaftler Boo Seung-chang zu bedenken, dass diese Option mehr Zuspruch bekäme, sollte die Machtbalance sich weiterhin zugunsten Chinas verschieben.274

Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Bündnisse mit Japan und Südkorea bilden das Fundament des amerikanischen Sicherheitsengagements in Asien und im Indo-Pazifik. Sie heben sich durch die relativ enge Kooperation, die Existenz von bilateralen Konsultationsforen und die starke US-Militärpräsenz deutlich von den anderen drei Bünd­nisbeziehungen der USA in der Region ab. Für die Stabilität und Sicherheit des indo-pazifischen Raums sind diese zwei Allianzen von immenser Bedeutung, denn multilaterale Kooperationsforen sind dort ins­gesamt nur schwach institutionalisiert und auf nicht-traditionelle Sicherheitsfragen fokussiert. Die wach­senden Spannungen und militärische Aufrüstungstendenzen der letzten Jahre unterstreichen die Rolle der Bündnisse als »Rückgrat« der regionalen Sicher­heit.

Gemessen an den drei dieser Studie zugrunde gelegten Kriterien haben sich die beiden Bündnisse angesichts politischer und sicherheitspolitischer Her­ausforderungen als bemerkenswert belastbar erwie­sen. Die strategischen Sichtweisen und Interessen der Partner ähneln sich, auch wenn es mit Blick auf die Prioritätensetzungen und die Wahl der Mittel gegen­über den Bedrohungen durch China und Nordkorea zu Konflikten kommt. Alle drei Länder teilen die Besorgnis über Chinas politische, wirtschaftliche und militärische Machtzuwächse sowie über Nordkoreas Massenvernichtungswaffen und nukleare Aufrüstung. Vor allem die Ansätze der USA und Japans gegenüber China weisen ein hohes Maß an Übereinstimmung auf. Wie die USA macht Tokio keinen Hehl aus seiner Ablehnung von Pekings hegemonialen Ambitionen und machtpolitischem Auftreten in der Region. Die fortdauernde Selbstwahrnehmung Amerikas als pazi­fische Macht – im Sinne des Anspruchs auf sicherheits- und verteidigungspolitische Führung in der Region, der durch eine bedeutende militärische Prä­senz untermauert wird – sowie die wachsende Riva­lität mit China lassen die Bündnissysteme aus Sicht Washingtons nach wie vor als unverzichtbar erschei­nen. Diese Auffassung macht sich anders als der frü­here US-Präsident Trump nun auch die Biden-Admi­nistration ausdrücklich zu eigen.

Japan und Südkorea unterstützen die US-Truppen­präsenz in ihren Ländern nicht nur finanziell, son­dern bringen auch ihre eigenen militärischen Fähig­keiten und technisches Know-how ein. Durch ihre Beiträge und die Modernisierung ihrer Streitkräfte haben sie die deutliche Asymmetrie in den Bündnissen mit den USA etwas gelindert.

Risiken gibt es in den beiden Bündnissen dennoch. So kann es sich als problematisch erweisen, dass China für die USA immer mehr zum dominanten Bezugspunkt der Allianzen geworden ist. Diese Ver­engung des Fokus birgt die Gefahr von Brüchen in den jewei­ligen Allianzen, wenn die konkreten An­sätze Washingtons, Seouls und Tokios zum Umgang mit dem machtpolitischen Aufstieg Chinas sowie die eingesetzten Mittel divergieren.

Südkorea hat bislang im Kontext der sino-amerika­nischen Rivalität eine Strategie des »Durchlavierens« mit guten Beziehungen zu beiden Ländern gewählt. Peking ist für Seoul nicht nur wirtschaftlich enorm wichtig, sondern auch ein zentraler Partner in der Diplomatie gegenüber Nordkorea. Konflikte im Um­gang mit Nordkorea ergeben sich zwischen den USA und Südkorea vor allem daraus, dass Seoul das inner­koreanische Verhältnis als oberste Priorität einstuft, Washington dagegen die Denuklearisierung des Nor­dens. In Allianzen mit einer breiteren Themenpalette gibt es eher die Möglichkeit, durch Verknüpfung unterschiedlicher Fragestellungen einen Interessenausgleich oder Kompromiss zu finden.

Die Stärken und Probleme der US-geführten Bündnissysteme in Asien sind durchaus auch für deutsche und europäische Entscheidungsträger aufschlussreich, deren unmittelbare sicherheitspolitische Bezugspunkte in EU und Nato liegen. So kann der Blick nach Asien das Verständnis für zwei besondere Stärken der Nato schärfen: Ihr multilateraler Charakter und der hohe Grad ihrer politischen und militärischen Institutio­nali­sierung bieten allen Mitgliedstaaten Möglich­keiten des Interessenausgleichs. Beide Eigenschaften geben zudem den Mitgliedern mit kleineren Streitkräften die Gelegenheit, Nischenfähigkeiten in kollek­tive Anstrengungen einzubringen und damit Asym­metrien im Verhältnis zu den USA auszugleichen. Umgekehrt kann für europäische Bündnispolitiker die Beobachtung ermutigend sein, dass sich die bi­lateralen Bündnisse mit Japan und Südkorea trotz großer politischer und sicherheitspolitischer Heraus­forderungen als bemerkenswert belastbar erwiesen haben.

Die zunehmende sicherheitspolitische Fokussierung der USA auf China und den Indo-Pazifik wird auch Auswirkungen auf das europäische Bündnis­system haben. Angesichts schwindender innenpolitischer und finanzieller Ressourcen wird sich Washington sicherheitspolitisch absehbar noch stärker auf Asien konzentrieren. So stehen die Bündnispartner der USA in Asien und Europa einer ähnlichen Heraus­forderung gegenüber, wenn auch unter anderen Vor­zeichen. Die zentrale Frage lautet in beiden geografischen Räumen: Wie lässt sich die Abschreckungs­architektur in Zukunft gestalten?

Das betrifft erstens den Umgang mit Rüstungs­dynamiken in den jeweiligen Regionen, folglich mit neuen Herausforderungen im nuklearen, konventio­nellen und »hybriden« Bereich zwischen Krieg und Frieden. Schließlich geht es zweitens für die amerikanischen Bündnispartner auch darum, wie der Aus­bau eigener Verteidigungsfähigkeiten politisch im Spannungsfeld zwischen dem Streben nach Emanzipation von Washington und der Stärkung der Bünd­nisse mit den USA begründet wird.

Sowohl Japan als auch Südkorea werden absehbar ihre Bemühungen fortsetzen, einen Ausgleich zu ihrer Bündnisabhängigkeit von den USA zu schaffen, indem sie die eigenen Verteidigungsfähigkeiten stär­ken und die sicherheitspolitische Kooperation mit weiteren gleichgesinnten Partnern wie Indien, Austra­lien oder den Staaten Südostasiens ausbauen. Die Unsicherheiten, die Präsident Trump mit seiner Bünd­nis­politik ausgelöst hat, haben Tokio und Seoul in die­sem Unterfangen zweifelsfrei bestärkt. Diese Un­sicher­heiten sind auch nach dem Amtsantritt Bidens nicht vollends verschwunden.

Abkürzungen

A2/AD

Anti-Access/Area-Denial

ACM

Alliance Coordination Mechanism

ADIZ

Air Defense Identification Zone

ARIA

Asia Reassurance Initiative Act

Asean

Association of Southeast Asian Nations

BIP

Bruttoinlandsprodukt

BRI

Belt and Road Initiative (Neue Seidenstraße)

CDP

Konstitutionell-Demokratische Partei Japans

CFC

Combined Forces Command

CFR

Council on Foreign Relations

CPTPP

Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership

CQ

Congressional Quarterly

CRS

Congressional Research Service

CSIS

Center for Strategic and International Studies (Washington, D.C.)

DPJ

Demokratische Partei Japans

DSCA

Defense Security Cooperation Agency (Washington, D.C.)

EDD

Extended Deterrence Dialogue

EDPC

Extended Deterrence Policy Committee

EU

Europäische Union

FOIP

Free and Open Indo-Pacific (Strategy)

FONOPS

Freedom of Navigation Operations

GSOMIA

General Security of Military Information Agreement

HNS

host nation support

INF

Intermediate Range Nuclear Forces (Treaty)

ISIS

Islamischer Staat im Irak und Syrien

JIIA

Japan Institute of International Affairs (Tokio)

KAMD

Korean Air and Missile Defense

KIDD

U.S.–Korea Integrated Defense Dialogue

LDP

Liberal-Demokratische Partei (Japan)

Nato

North Atlantic Treaty Organization

NBR

The National Bureau of Asian Research (Washington, D.C.)

NDAA

National Defense Authorization Act

NPR

Nuclear Posture Review

OPCON

operational control

PDI

Pacific Deterrence Initiative

ROK

Republic of Korea

SIPRI

Stockholm International Peace Research Institute (Solna)

SMA

Special Measures Agreement

THAAD

Terminal High Altitude Area Defense

TISA

Trilateral Information Sharing Agreement

TPP

Trans-Pacific Partnership (Transpazifischer Frei­handelsvertrag)

UN

United Nations

UNC

United Nations Command

USFK

U.S. Forces in Korea

Endnoten

1

 Vgl. Glenn H. Snyder, Alliance Politics, Ithaca, NY: Cornell University Press, 1997 (Cornell Studies in Security Affairs), S. 10.

2

 Zum Verhältnis der beiden Ängste vgl. ebd., S. 181f.

3

 Vgl. ebd., S. 188.

4

 Vgl. Victor Cha, Powerplay. The Origins of the American Alliance System in Asia, Princeton, NJ: Princeton University Press, 2016 (Princeton Studies in International History and Politics), S. 7, doi: 10.1515/9781400883431.

5

 Jim Mattis, Summary of the 2018 National Defense Strategy, Washington, D.C.: Department of Defense, Januar 2018, S. 2, <https://dod.defense.gov/Portals/1/Documents/pubs/2018-National-Defense-Strategy-Summary.pdf> (eingesehen am 29.8.2018); zum Begriff der »revisionist powers« vgl. President of the United States of America (Hg.), National Security Strategy of the United States of America, Washington, D.C., Dezember 2017, S. 25.

6

 Vgl. Ministry of Foreign Affairs of Japan, Diplomatic Blue­book 2020, Tokio 2020, S. 10, <https://www.mofa.go.jp/files/ 100105301.pdf> (eingesehen am 4.11.2020); Ministry of Foreign Affairs Republic of Korea, Diplomatic White Paper 2019, 30.12.2019, S. 8, <https://www.mofa.go.kr/eng/brd/m_ 5684/view.do?seq=317963&srchFr=&amp;srchTo=&amp;srchWord=&amp;srchTp=&amp;multi_itm_seq=0&amp;itm_seq_1=0&amp;itm_seq_2=0&amp;company_cd=&amp;company_nm=&page=1&titleNm> (eingesehen am 1.7.2020).

7

 Vgl. President of the United States of America, National Security Strategy [wie Fn. 5], S. 4; Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report. Preparedness, Partnerships, and Promoting a Networked Region, Washington, D.C., 1.6.2019, S. 16.

8

 Vgl. Mattis, Summary of the 2018 National Defense Strategy [wie Fn. 5], S. 8.

9

 Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 7], S. 16.

10

 Vgl. The White House, Interim National Security Strategic Guidance, Washington, D.C., März 2021, S. 10, <https://www. whitehouse.gov/wp-content/uploads/2021/03/NSC-1v2.pdf> (eingesehen am 13.4.2021); Anthony J. Blinken/Loyd J. Austin III, »America’s Partnerships Are ›Force Multipliers‹ in the World«, in: The Washington Post (online), 14.3.2021, <https:// www.washingtonpost.com/opinions/2021/03/14/americas-partnerships-are-force-multipliers-world/> (eingesehen am 16.3.2021).

11

 Vgl. Council on Foreign Relations (CFR), »President-Elect Biden on Foreign Policy«, New York 2019, <https://www.cfr. org/election2020/candidate-tracker> (eingesehen am 12.11.2020).

12

 Vgl. Philip S. Davidson, »The United States’ Interests in the Indo-Pacific«, 13.2.2020, <https://www.pacom.mil/Media/ Speeches-Testimony/Article/2085461/the-united-states-interests-in-the-indo-pacific/> (eingesehen am 18.2.2020).

13

 Unklar bleibt im Falle Nordkoreas jedoch, ob es bereits einen passenden Wiedereintrittskörper entwickeln konnte.

14

 Vgl. The White House, »Remarks by President Trump at APEC CEO Summit«, Da Nang, 10.11.2017, <https://www. whitehouse.gov/briefings-statements/remarks-president-trump-apec-ceo-summit-da-nang-vietnam/> (eingesehen am 18.2.2020).

15

 Vgl. Patrick Welter, »Handelsregeln gegen China«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (online), 20.3.2018, <https:// www.faz.net/aktuell/wirtschaft/donald-trump-kuendigt-ausstieg-aus-tpp-abkommen-an-15502303.html> (eingesehen am 19.6.2020).

16

 Vgl. The White House, Interim National Security Strategic Guidance [wie Fn. 10].

17

 Vgl. Daisuke Akimoto, »Japan Expects Biden to Rejoin the TPP«, in: The Diplomat (online), 12.2.2021, <https:// thediplomat.com/2021/02/japan-expects-biden-to-rejoin-the-tpp/> (eingesehen am 13.4.2021); Alex Fang, »Biden's Trade Chief Pick Dodges Question on Rejoining TPP – Nikkei Asia«, in: Nikkei Asia (online), 26.2.2021, <https://asia.nikkei. com/Politics/International-relations/Biden-s-Asia-policy/Biden-s-trade-chief-pick-dodges-question-on-rejoining-TPP> (ein­gesehen am 13.4.2021).

18

 Vgl. The White House, Interim National Security Strategic Guidance [wie Fn. 10], S. 20f.

19

 Ministry of Defense of Japan, Defense of Japan 2019, Tokio 2019, S. 58, <https://www.mod.go.jp/e/publ/w_paper/pdf/2019/ DOJ2019_Full.pdf> (eingesehen am 10.3.2020). Als Analyse der militärischen Fähigkeiten, die Japan und China wegen der Inseln in Anschlag bringen, siehe auch Eric Sayers/Tetsuo Kotani, An Alliance Strategy for the East China Sea, The Sasakawa Peace Foundation, September 2019 (Asia Strategy Initiative Policy Memorandum, Nr. 2), <https://www.spf.org/en/global-image/units/upfiles/73168-1-20190920150746_b5d846cb24 fe0c.pdf> (eingesehen am 12.6.2020).

20

 Vgl. »China’s Intrusions into Seas around Senkakus Rise 57 %«, Japan News/Yomiuri Shimbun, 27.4.2020.

21

 Emma Chanlett-Avery u. a., Japan–U.S. Relations: Issues for Congress, Washington, D.C.: Congressional Research Service (CRS), 1.10.2019 (CRS Report, Nr. RL33436), S. 11, <https:// www.everycrsreport.com/files/20191001_RL33436_a2895e6c8713626541f58de916e27dfe44f05649.pdf> (eingesehen am 12.6.2020).

22

 Vgl. Ministry of Defense of Japan, Defense of Japan 2019 [wie Fn. 19], S. 82.

23

 Ministry of Defense of Japan, »Joint Statement of the U.S.-Japan Security Consultative Committee (2+2)«, 16.3.2021, <https://www.mod.go.jp/e/d_act/us/docs/20210316b_e-usa. html> (eingesehen am 29.3.2021).

24

 Vgl. Ministry of National Defense Republic of Korea, 2018 Defense White Paper, Dezember 2018, <https://www. mnd.go.kr/cop/pblictn/selectPublicationUser.do?siteId=mnd EN&componentId=51&categoryId=0&publicationSeq=846& pageIndex=1&id=mndEN_031300000000> (eingesehen am 1.7.2020).

25

 Vgl. U.S. Department of Defense, Military and Security Developments Involving the People’s Republic of China 2020. Annual Report to Congress, Washington, D.C., September 2020, S. ix, <https://media.defense.gov/2020/Sep/01/2002488689/-1/-1/1/2020-DOD-CHINA-MILITARY-POWER-REPORT-FINAL.PDF> (eingese­hen am 13.4.2021).

26

 Die ballistische Mittelstreckenrakete DF-26 etwa kann von China aus die »erste Inselkette« überwinden.

27

 Vgl. Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 7], S. 8.

28

 Vgl. U.S. Indo-Pacific Command, »ADM Phil Davidson Commander, U.S. Indo-Pacific Command House Armed Services Committee (HASC) Testimony Opening Remarks«, Pressemitteilung, Washington, D.C., 27.3.2019, <https:// www.pacom.mil/Media/Speeches-Testimony/Article/1797909/ house-armed-services-committee-hasc-opening-remarks/> (eingesehen am 4.2.2020).

29

 Vgl. U.S. Department of Defense, 2019 Missile Defense Review, Washington, D.C., 2019, S. 19.

30

 Vgl. Ministry of National Defense Republic of Korea, 2018 Defense White Paper [wie Fn. 24], S. 16f.; Ministry of Defense of Japan, Defense of Japan 2020, Tokio 2020, S. 57, <https://www.mod.go.jp/e/publ/w_paper/wp2020/DOJ2020_ EN_Full.pdf> (eingesehen am 3.11.2020).

31

 Vgl. Senate Armed Services Committee, »Hearing on United States Indo-Pacific Command. Testimony of Admiral Philip Davidson«, Washington, D.C., 2021, <https://www. armed-services.senate.gov/hearings/21-03-09-united-states-indo-pacific-command> (eingesehen am 11.3.2021).

32

 The White House, U.S.–Japan Joint Leaders’ Statement: U.S.–Japan Global Partnership for a New Era, 16.4.2021, <https://www. whitehouse.gov/briefing-room/statements-releases/2021/04/ 16/u-s-japan-joint-leaders-statement-u-s-japan-global-partnership-for-a-new-era/> (eingesehen am 17.4.2021).

33

 Vgl. »Japan, U.S. Defense Chiefs Affirm Cooperation over Taiwan Emergency«, in: Nikkei Asia (online), 21.3.2021, <https://asia.nikkei.com/Politics/International-relations/US-China-tensions/Japan-U.S.-defense-chiefs-affirm-cooperation-over-Taiwan-emergency> (eingesehen am 1.4.2021).

34

 Vgl. The White House, Interim National Security Strategic Guidance [wie Fn. 10], S. 20.

35

 Zu den hier genannten Daten vgl. International Mone­tary Fund, »Direction of Trade Statistics (DOTS)«, Washing­ton, D.C., 2021, <https://data.imf.org/?sk=9D6028D4-F14A-464C-A2F2-59B2CD424B85> (eingesehen am 29.3.2021).

36

 Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2019. Vgl. Inter­national Monetary Fund, »Balance of Payments Statistics (BOP)«, Washington, D.C, 2021, <https://data.imf.org/ regular.aspx?key=60961514> (eingesehen am 22.1.2021).

37

 Vgl. Ministry of Foreign Affairs of Japan, Diplomatic Blue­book 2019, Tokio 2019, S. 78, <https://www.mofa.go.jp/fp/ pp/page22e_000929.html> (eingesehen am 20.5.2020).

38

 Vgl. J. Berkshire Miller, »Japan’s Changing Vision of a Free and Open Indo-Pacific«, in: Global Asia: a journal of the East Asia Foundation, 14 (2019) 1, S. 70–73.

39

 Vgl. z. B. Felix Heiduk/Alexandra Sakaki, »Introduction to the Special Issue – China’s Belt and Road Initiative: The View from East Asia«, in: East Asia: An International Quarterly, 36 (2019) 2, S. 93–113 (104).

40

 Vgl. Victor Cha, »Collateral Damage: What U.S.–China Competition Means for Korea«, Washington, D.C.: Center for Strategic and International Studies (CSIS), 10.10.2019 (CSIS Newsletter), <https://www.csis.org/analysis/collateral-damage-what-us-china-competition-means-korea> (eingesehen am 17.8.2020).

41

 U.S. Department of State, »Joint Statement of the 2021 Republic of Korea – United States Foreign and Defense Ministerial Meeting (›2+2‹)«, 18.3.2021, <https://www.state. gov/joint-statement-of-the-2021-republic-of-korea-united-states-foreign-and-defense-ministerial-meeting-22/> (ein­gesehen am 29.3.2021).

42

 Ministry of Defense of Japan, »Joint Statement of the U.S.–Japan Security Consultative Committee (›2+2‹)« [wie Fn. 23].

43

 Vgl. Chung-in Moon/Seung-chang Boo, »Coping with China’s Rise: Domestic Politics and Strategic Adjustment in South Korea«, in: Asian Journal of Comparative Politics, 2 (2017) 1, S. 3–23.

44

 Vgl. Da-min Jung, »South Korea Responds to US Call for Support on Indo-Pacific Strategy«, in: Korea Times (online), 10.7.2019, <https://www.koreatimes.co.kr/www/nation/2019/ 12/356_272049.html> (eingesehen am 11.8.2020).

45

 Vgl. Andrew Yeo, South Korea and the Free and Open Indo-Pacific Strategy, Washington, D.C.: CSIS, 20.7.2020, <https:// www.csis.org/analysis/south-korea-and-free-and-open-indo-pacific-strategy> (eingesehen am 11.8.2020).

46

 Vgl. He-suk Choi, »Moon Stresses China’s Role in NK Issues, Says Stalled Dialogue Harms All Parties«, in: Korea Herald (online), 23.12.2019, <http://www.koreaherald.com/ view.php?ud=20191223000686> (eingesehen am 11.8.2020).

47

 Vgl. Alexandra Sakaki/Junya Nishino, »Japan’s South Korea Predicament«, in: International Affairs, 94 (2018) 4, S. 735–754 (746).

48

 Vgl. Kye-wan Cho, »N. Korea’s Trade Dependence on China Climbs to 95 %, Report Shows«, in: Hankyoreh (online), 17.5.2020, <http://english.hani.co.kr/arti/english_edition/ e_northkorea/945284.html> (eingesehen am 18.8.2020).

49

 Philip S. Davidson, »China’s Challenge to a Free and Open Indo-Pacific«. Speech by Admiral Phil Davidson, Com­mander, U.S. Indo-Pacific Command at Harvard Kennedy School MA, U.S. Indo-Pacific Command, 1.10.2019, <https:// www.pacom.mil/Media/Speeches-Testimony/Article/1976518/ chinas-challenge-to-a-free-and-open-indo-pacific/> (eingese­hen am 5.5.2021).

50

 Vgl. President of the United States of America, National Security Strategy [wie Fn. 5], S. 8.

51

 Vgl. ebd., S. 46.

52

 Vgl. Kyu-won Kim, »Greater Seoul Population Exceeds 50 % of S. Korea for First Time«, in: Hankyoreh (online), 7.1.2020, <http://english.hani.co.kr/arti/english_edition/e_ national/923529.html> (eingesehen am 16.7.2020).

53

 Vgl. Ministry of National Defense Republic of Korea, 2018 Defense White Paper [wie Fn. 24], S. 29f.

54

 Vgl. Ministry of Defense of Japan, Defense of Japan 2020 [wie Fn. 30]; dass., National Defense Program Guidelines for FY 2019 and Beyond, 18.12.2018, S. 6, <https://www.mod.go.jp/ j/approach/agenda/guideline/2019/pdf/20181218_e.pdf> (ein­gesehen am 27.5.2020); Seok-min Oh, »Shorter Firing Inter­val Indicates N.K.’s Super-large Rocket Launcher Almost Ready for Operation: Experts«, Yonhap News Agency (online), 29.11.2019, <https://en.yna.co.kr/view/AEN201911290023 00325> (eingesehen am 16.7.2020).

55