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Signalwirkung von ganz oben – der Sondergipfel zur internationalen Klimapolitik in New York

Der Sondergipfel zur Klimapolitik am 23. September in New York wäre eine gute Gelegenheit für Deutschland, eine Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik zu übernehmen, meint Susanne Dröge. Großes Potenzial hierfür ist vorhanden.

Kurz gesagt, 18.09.2014 Forschungsgebiete

Der Sondergipfel zur Klimapolitik in New York wäre eine gute Gelegenheit für Deutschland, eine Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik zu übernehmen, meint Susanne Dröge. Großes Potenzial hierfür ist vorhanden.

Der UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat für den 23. September zu einem Klimagipfel nach New York eingeladen. Angesichts der Herausforderung insbesondere für arme Entwicklungsländer und der schleppenden Verhandlungen im Rahmen der VN-Klimarahmenkonvention hatte er es zur Chefsache erklärt, die Staats- und Regierungschef auf mehr Klimaschutz einzuschwören. Der Sondergipfel in New York ist ein Startschuss für die letzten Monate bis Dezember 2015, wenn in Paris eine umfassende internationale Einigung über den Klimaschutz und den Umgang mit seinen Folgen erzielt werden soll.

Zuletzt hatten Daten der Weltwetterorganisation (WMO, World Meteorological Organization) Aufsehen erregt. Sie zeigen, dass der Bestand der Treibhausgase in der Atmosphäre im Jahr 2013 einen neuen Höchststand erreicht hat. Um aber die auf VN-Ebene beschlossene Begrenzung der globalen Erwärmung auf durchschnittlich zwei Grad gegenüber dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung zu erreichen, müsste es bis zum Jahr 2020 gelingen, den Anstieg der Emissionen zu stoppen. Längerfristig müssten die Emissionen sogar einen Wert nahe Null erreichen. Damit dies gelingt, bedürfte es großer Fortschritte in den internationalen Klimaverhandlungen.

Nach der Klimakonferenz von Kopenhagen im Jahr 2009 ist das Thema allerdings von der Agenda der internationalen Politik gerutscht. Der Ban-Ki-Moon Klimagipfel bekommt nun durch die Zusagen von derzeit 120 Staatsoberhäuptern eine große Strahlkraft. Die Bundesregierung wird mit drei der zuständigen Ressorts vertreten sein, jedoch nicht mit der Bundeskanzlerin. Damit überlässt es die deutsche Politik anderen Staatenlenkern, in den Klimaverhandlungen den Ton anzugeben.

Das Potenzial deutscher Klima-Außenpolitik

Dabei ist das politische Potenzial, das die deutsche Außenpolitik auf Basis des vielfältigen deutschen Klima-Engagements entwickeln könnte, sehr groß. Deutschland genießt ein hohes internationales Ansehen, das auf seine Wirtschaftstärke und Innovationskraft zurückgeht. Die Energiewende wird mit großem Interesse verfolgt, denn sie steht symbolisch für die Vereinbarkeit von Wirtschaftsentwicklung und Umweltschutz – die entscheidende Herausforderung für alle Staaten, die zum Klimaschutz beitragen wollen. Darüber hinaus hat Deutschland seit langem die Klimapolitik in seine Entwicklungspolitik integriert und erhöht seine Finanzzusagen für Projekte zum Klimaschutz bzw. zur Anpassung an den Klimawandel fortlaufend. Deutschland stellt auch Gelder für den neu eingerichteten Green Climate Fund der VN bereit, der Entwicklungsländern zugutekommen soll. Schließlich nimmt sich die deutsche Außenpolitik seit mehreren Jahren der sicherheitspolitischen Folgen des Klimawandels an: Zum einen hat sie dieses Thema vor den VN-Sicherheitsrat gebracht, zum anderen hat sie auf EU-Ebene angeregt, Klimapolitik als Teil einer präventiven Außenpolitik zu definieren. Dies unterstreicht die Rolle Deutschlands als verlässlichen Partner für jene Länder, die unter den Folgen des Klimawandels leiden.

Allerdings schöpft Deutschland sein Potenzial bisher nicht aus. Dies liegt zum einen daran, dass seine Klimapolitik nicht mehr allein im Umweltministerium verankert, sondern auf mehrere Ressorts verteilt ist. Dies ist einerseits sinnvoll, weil es nicht mehr allein um den Umweltschutz geht. Es führt aber zu einer Fragmentierung und zu großem Abstimmungsbedarf, auch im deutschen Auftreten nach außen. Deutschland wird ferner sein für 2020 selbstgesetztes Klimaziel einer 40-prozentigen Reduktion der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 nicht erreichen, was seine Glaubwürdigkeit derzeit untergräbt. Schließlich wird Deutschland in den internationalen Klimaverhandlungen durch die EU vertreten, die widersprüchliche Signale aussendet: Während einige Mitgliedstaaten ambitionierte internationale Klimaverhandlungen wünschen, lehnen andere eine Vorreiterrolle der EU ab.

Führung – das machen andere

Trotz dieser Einschränkungen hätte Deutschland beim Gipfeltreffen in New York Gelegenheit gehabt, Führung in der internationalen Klimapolitik zu beanspruchen. Im Moment sind es die USA, die die Führung übernommen haben. Sie gehören zu den großen Unterstützern der VN-Verhandlungen, seit Präsident Obama das Thema wieder aufgegriffen hat. In New York werden auch einzelne EU-Staaten Führungsstärke signalisieren müssen, da die EU hierzu augenblicklich nicht in der Lage ist: Internationale Zusagen kann sie erst machen, wenn der Europäische Rat einen Beschluss zur Klimapolitik verabschiedet hat. Dies geschieht frühestens im Oktober. So werden voraussichtlich die Regierungschefs Frankreichs, Großbritanniens und einiger anderer EU-Mitgliedstaaten zum Ausdruck bringen, dass Europa sich weiterhin für die internationale Klimapolitik engagieren wird. Deutschland wird angesichts der Abwesenheit der Regierungschefin keine tragende Rolle übernehmen können. Dies dürfte weniger die großen westlichen Wirtschaftsnationen irritieren – diese will die Bundesregierung in ihrer G7-Präsidentschaft im kommenden Jahr noch auf die Pariser Klimaverhandlungen einschwören. Vielmehr sind es die Schwellen- und Entwicklungsländer, die an der Glaubwürdigkeit des deutschen Engagements zweifeln könnten.

Der Sondergipfel ist somit eine vertane Chance für die deutsche Politik, ihre Anstrengungen im Klimaschutz auf höchster Ebene darzulegen und Verantwortung zu übernehmen. Als Profiteur der Globalisierung mit ihren überwiegend negativen Folgen für das Klima, aber auch als Vorzeigeland für den Umgang mit diesen Herausforderungen sollte Deutschland das internationale Engagement künftig stärker bündeln. Hierzu sollte die Bundesregierung jede der wenigen Gelegenheiten nutzen, auf Augenhöhe mit den Staats- und Regierungschefs zu sprechen. Nicht nur mit Blick auf Paris 2015, sondern auch als Gegengewicht zu den widersprüchlichen Signalen aus der EU.

Dieses »Kurz gesagt« ist auch bei Euractiv.de erschienen.