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Kerzen an der Station Park Kultury zum Gedenken an die Opfer des Terroranschlags auf die Moskauer U-Bahn

Eurasien und Asien

Eurasien – postsowjetischer Raum

Das Zentrum islamistischer Untergrundaktivität im GUS-Raum liegt nicht nördlich von Afghanistan, sondern südlich von Europa in dem zu Russland gehörenden Nordkaukasus mit seiner überwiegend muslimischen Bevölkerung. Dort entfalteten sich islamistische Bewegungen verstärkt seit dem Ende des ersten Tschetschenienkriegs 1996. Die Kampfmotivation verlagerte sich von einer gegen russische Oberherrschaft gerichteten nationalen Unabhängigkeitsbewegung zu einem Jihad, in dem nicht mehr die ethnische Identität ausschlaggebend ist. Diese Entwicklung trat über Tschetschenien hinaus in weitere Teile des Nordkaukasus und führte zur Ausrufung eines »Kaukasus-Emirats« im Jahr 2007. Dabei wurde Russland zu dem Staat, der im GUS-Raum am meisten von Terroranschlägen heimgesucht wurde. Seit 2014 verlagerte sich im bewaffneten Untergrund die Loyalität zunehmend vom »Kaukasus-Emirat«, das sich al-Qaida zuordnete, auf den sogenannten Islamischen Staat (IS). In der Folge haben sich Hunderte Jihadisten aus nordkaukasischen Teilrepubliken wie Dagestan in die Kampfgebiete Syriens begeben.

In Zentralasien, der größten vom Islam geprägten Region des postsowjetischen Raums, kam es 1999 zu militärischen Zusammenstößen mit der Islamischen Bewegung Usbekistans (IBU). In den folgenden Jahren wurde die IBU durch die usbekischen Sicherheitsorgane weitgehend nach Afghanistan und Pakistan verdrängt und hat sich dort zunehmend mit dem internationalen Jihadismus vernetzt. In Usbekistan kam es zuletzt 2004 zu terroristischen Anschlägen, insgesamt steht Zentralasien aber in der internationalen Terrorismusstatistik weit hinter anderen Regionen zurück. Gleichwohl schauen die Machteliten der fünf zentralasiatischen Staaten derzeit besorgt auf die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan und warnen vor einem Überschwappen jihadistischer Dynamiken auf ihre Region.

Publikationen

Südostasien

Wenngleich islamistische Militanz in Südostasien keineswegs ein neues Phänomen ist, hat sie erst durch die Anschläge auf zwei Nachtclubs auf der indonesischen Ferieninsel Bali 2002 internationale Aufmerksamkeit erfahren. Die Region, die vielfach als die zweite Front im »Global war on terror« neben Afghanistan bezeichnet wird, ist in den Folgejahren immer wieder von Terroranschlägen auf internationale Hotels, westliche Botschaften, aber auch auf lokale Ziele wie Kirchen und Fährschiffe erschüttert worden. Als Reaktion auf die Formierung der transnational operierenden, der al-Qaida nahestehenden »Islamischen Gemeinschaft« (Jemaah Islamiyah, JI), die sich u.a. zu den Attentaten auf Bali bekannt hatte, verschärften die betroffenen Staaten nicht nur ihre nationalen Anti-Terror-Gesetzgebungen, sondern intensivierten auch die zwischenstaatliche Kooperation im Rahmen der Regionalorganisation ASEAN. Der massive staatliche Repressionsdruck führte zu einer Schwächung der JI ab 2009, die sich durch interne Streitigkeiten zudem zunehmend fragmentierte. Auf lokaler Ebene, insbesondere in Indonesien sowie im Süden Thailands und der Philippinen, bestanden zwar eine Reihe jihadistischer Organisationen fort. Versuche, diese unterschiedlichen Gruppierungen transnational ideologisch und operativ zusammenzuführen, scheiterten jedoch. Die politischen und militärischen Erfolge des IS haben in Südostasien dennoch ihre Spuren hinterlassen. So sind nicht nur Jihadisten aus der Region zu Hunderten nach Syrien und in den Irak ausgereist, um dort für den IS zu kämpfen. Es haben auch mehrere lokale jihadistische Organisationen dem IS die Treue geschworen und in dessen Namen Anschläge verübt. Die Wurzeln islamistischer Militanz sind jedoch primär in lokalen Missständen wie Korruption, mangelnder wirtschaftlicher Entwicklung und schlechter Regierungsführung zu suchen.

Publikationen

Südasien

In Südasien haben verschiedene Entwicklungen den Nährboden für den Jihadismus bereitet. Zum einen kam es in Folge der sunnitisch geprägten Islamisierungspolitik von General Zia-ul Haq in Pakistan nach 1977 und der schiitisch inspirierten Islamischen Revolution im Iran 1979 in den 1980er Jahren in Pakistan zu einer stärkeren Abgrenzung zwischen sunnitischen Gruppen auf der einen und der schiitischen Minderheit auf der anderen Seite sowie zu einer Radikalisierung beider Gruppen. Zum anderen bildete der pakistanische Militärgeheimdienst die von den USA und den Golfstaaten unterstützten sunnitischen Mujahedin im Kampf gegen die sowjetische Besatzung Afghanistans aus. Der Erfolg der Mujahedin veranlasste die pakistanische Militärführung nach dem Rückzug der Sowjetunion 1988/89, eine ähnliche Strategie auch im Kaschmirkonflikt mit Indien zu verfolgen. Jihadistische Gruppen wie Lashkar-e-Taiba (LeT) und Jaish-e-Mohammed (JeM) haben bis heute enge Verbindungen zum pakistanischen Sicherheitsapparat und sind für eine Reihe von Anschlägen in Kaschmir und Indien, u.a. den Angriff auf das indische Parlament im Jahr 2001 und den Anschlag in Mumbai 2008, verantwortlich.

Auch die Erfolge der radikal-islamistischen Taliban im afghanischen Bürgerkrieg gehen zu großen Teilen auf die Unterstützung durch Pakistan zurück. Zwischen 1996 und 2001 wurde das Herrschaftsgebiet der Taliban zum Rückzugsort für die jihadistische al-Qaida. 2007 schlossen sich pakistanische Talibangruppen zur Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) zusammen und kämpfen seither mit dem Ziel, einen Talibanstaat in Pakistan zu errichten, gegen den pakistanischen Staat und die Armee. Infolge interner Auseinandersetzungen haben Teile der Taliban in Afghanistan und Pakistan ihre Gefolgschaft gegenüber dem Islamischen Staat (IS) bekundet. Ableger von al-Qaida und dem IS sind ebenfalls in Bangladesch aktiv. Die Malediven stellen in Relation zur Einwohnerzahl eine der größten Gruppen ausländischer Kämpfer des IS in Syrien und Irak.

Publikationen