Die USA sehen sich durch China und Russland herausgefordert und in ihrem Führungsanspruch bedroht. Beide gelten als »revisionistisch« und als Mächte, die die internationale Ordnung zu ihren Gunsten zu verändern suchen. Und beide Mächte beanspruchen eine eigene Interessensphäre. Dies läuft dem traditionellen geopolitischen Kerninteresse der USA zuwider: zu verhindern, dass eine oder mehrere feindliche Großmächte die Kontrolle über die Ressourcen Eurasiens gewinnen.
In einer Welt wachsender Machtkonkurrenzen wollen die USA erklärtermaßen ihre militärische Überlegenheit bewahren. Doch das Streben, ihre militärische Superiorität aufrechtzuerhalten, birgt Risiken: Es könnte das Sicherheitsdilemma im Verhältnis der USA zu Russland und zu China verschärfen, in der Folge eine Konfliktspirale antreiben und zur Verfestigung von Konfliktformationen beitragen.
Geopolitisch begründete Interessen sind mit dem Risiko eines Krieges behaftet. Damit ändert sich auch der Stellenwert nuklearer Abschreckung. Nukleare Abschreckung beruht im amerikanischen Denken, wie es sich in der »Nuclear Posture Review« vom Februar 2018 manifestiert, auf der Fähigkeit, im Falle eines Konflikts über eine große Bandbreite abgestufter und flexibel nutzbarer nuklearer Optionen zu verfügen, darunter den Einsatz von Atomwaffen mit relativ geringer Sprengkraft. Die USA werden zusehends vor der Herausforderung stehen, im Interesse globaler Kooperation und der Vermeidung eines Kriegsrisikos eine geopolitische Verständigung mit China und Russland zu suchen.