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Russisch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen

Moskaus Weg in die Abhängigkeit

SWP-Studie 2023/S 16, 06.12.2023, 40 Seiten

doi:10.18449/2023S16

Forschungsgebiete

Dr. Janis Kluge ist Stellvertretender Leiter der SWP-Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien.

  • Mit dem großangelegten Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Februar 2022 haben sich die Rahmenbedingungen der russisch-chinesischen Kooperation fundamental geändert. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit China ist für Russland überlebenswichtig geworden.

  • Der russisch-chinesische Handel hat seit Beginn von Moskaus Invasion stark zugenommen. Dagegen sind die chinesischen Investitionen in Russland, die ohnehin schon gering waren, seither weiter geschrumpft.

  • Fossile Energieträger bleiben das Rückgrat der russisch-chinesischen Wirtschaftskooperation, wobei jedoch die Infrastruktur für eine schnel­lere Ausweitung der russischen Exporte fehlt.

  • Russlands Rüstungsexporte nach China sind seit einigen Jahren rück­läufig. China exportiert seinerseits immer mehr Dual-Use-Güter nach Russland, die von der russischen Rüstungsindustrie dringend benötigt werden.

  • Die russisch-chinesische Kooperation in der IT-Industrie ist seit Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine stark zurückgegangen, da die chinesischen Digitalkonzerne US-Sekundärsanktionen fürchten.

  • Russlands Handel mit China wird größtenteils in Yuan abgewickelt. Für den Handel mit anderen Staaten ist Russland allerdings weiterhin auf den US-Dollar angewiesen.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Russlands postsowjetische Transformation von der Plan- zur Marktwirtschaft ging mit einer tiefen öko­nomischen Verflechtung des Landes mit dem Westen einher. Bedingt durch Geographie, Infrastruktur und den Umstand, dass die russische Bevölkerung größ­tenteils im europäischen Landesteil lebt, entwickelte sich besonders mit der EU ein intensiver wirtschaft­licher Austausch. Der Westen war mit seinem techno­logischen Vorsprung, mit Kapitalreichtum und Roh­stoffhunger die perfekte Ergänzung zur russischen Ökonomie.

China wurde erst durch seine starke Wirtschafts­entwicklung ab den frühen 2000er Jahren eine nennenswerte Alternative. Für Russland war die Volksrepublik zunächst vor allem ein Lieferant billiger Konsumgüter, doch gewann sie dank ihrer technologischen Aufholjagd immer mehr eine kom­plementäre Rolle für viele Sektoren der russischen Industrie. Zwar waren die Anfänge der russisch-chinesischen Wirtschaftskooperation eher zaghaft und von einer tiefsitzenden Skepsis in Moskau geprägt. Mit dem Bau einer großen Ölpipeline in den späten 2000er Jahren aber begann eine immer rascher werdende Expansion des russisch-chinesi­schen Handels. Chinas schier unersättliche Nachfrage nach Rohstoffen aus Russland und sein stetig wach­sendes Exportangebot führten in den 2010er Jahren dazu, dass sich der bilaterale Güterhandel kontinuier­lich steigerte.

Parallel kam es auch in der russischen Außen­politik zu einer deutlichen Verschiebung. Moskaus Verhältnis zum Westen kühlte ab. Spätestens nach­dem Russland 2014 die Krim annektiert und seinen verdeckten Krieg im Donbas begonnen hatte, domi­nierten Konflikte die Beziehungen. Nicht als direktes Ergebnis dieser Wandlung, aber doch von ihr an­getrieben, vertiefte sich die Partnerschaft zwischen Peking und Moskau. Im Februar 2022, kurz vor Beginn der russischen Vollinvasion in der Ukraine, charakterisierte Chinas Präsident Xi Jinping das bila­terale Verhältnis als »Freundschaft ohne Grenzen«.

Die wirtschaftliche Realität in Russland blieb aller­dings hinter dieser außenpolitischen Verlagerung zurück – den ab 2014 eingeführten Sanktionen zum Trotz. Es waren weiterhin westliches Kapital, west­liche Technologie und der Rohstoffverkauf in die Europäische Union, auf die sich russische Unternehmen konzentrierten, auch wenn Putin und Xi auf zahlreichen Gipfeltreffen medienwirksam die Erfolge der chinesisch-russischen Wirtschaftskooperation beschworen. Chinas ökonomische Bedeutung für das Nachbarland wuchs zwar graduell, allerdings war Russland bis zu seinem Einmarsch in die Ukraine wirtschaftlich in fast jeder Hinsicht noch immer weit­aus abhängiger vom Westen.

Der Beginn des Krieges 2022 markierte sowohl im russisch-westlichen als auch im russisch-chinesischen Verhältnis eine tiefe Zäsur. Die in der Folge vom Westen verhängten Sanktionen haben, wenngleich sie nicht alle Bereiche der ökonomischen Kooperation treffen, den Prozess eines dauerhaften »Decouplings« Russlands von der westlichen Wirtschaftswelt ein­geläutet. Vor diesem Hintergrund ist die Kooperation mit China für große Teile der russischen Volkswirtschaft und wohl auch für das Moskauer Regime über­lebenswichtig geworden. Dabei geht die Bedeutung der Volksrepublik über die durchaus beeindruckenden Kennziffern des seit 2022 boomenden Handels zwischen beiden Ländern hinaus.

Unter den großen Industrieländern ist China das einzig verbliebene, das weiterhin fast uneingeschränkt mit Russland handelt. Nicht nur das Volu­men der chinesischen Exporte ist dabei wichtig. Eine ebenso große Rolle spielt deren Zusammensetzung, weil etwa bestimmte Technik für Russland sanktionsbedingt anderswo kaum zu beschaffen wäre. Zudem sind Chinas Währung und finanzielle Infrastruktur für Russland an einigen Stellen zum Ersatz für das westliche Finanzsystem geworden. Pekings Verhalten gegenüber Moskau ist überdies ein Vorbild für andere Drittstaaten, die sich in einer ähnlichen Lage zwi­schen Russland und dem Westen sehen.

Wie sich die russisch-chinesischen Wirtschafts­beziehungen entwickeln, ist nicht nur für Russlands ökonomische Zukunft von größter Bedeutung, son­dern auch für den Fortgang des Krieges in der Ukraine und die langfristige Sicherheitslage in Europa. Über die Kooperation mit China kann Moskau die Wirkung der westlichen Sanktionen zumindest kurzfristig abmildern. Auch wenn die Volksrepublik weiterhin keine schweren Waffen an Russland liefert, ermög­lichen ihre umfangreichen Exporte von Dual-Use-Gütern, Materialien, Komponenten und Maschinen die Ausweitung der russischen Waffenproduktion. Sie bedrohen damit nicht nur unmittelbar die Ukrai­ne, sondern bestimmen auch auf längere Sicht über das strategische Machtpotential Russlands in Europa. Im Juni 2023 hat die EU erstmals chinesische Unter­nehmen sanktioniert, die die russische Militärindus­trie direkt unterstützt haben sollen. Hier zeigt sich, dass die russisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen auch das Verhältnis zwischen China und dem Westen stark belasten können.

Doch kann sich Moskau in seiner wirtschaftlichen Teilisolation keine Geschenke aus Peking erhoffen. Chinas Haltung gegenüber seinem Partner ist immer wieder ambivalent, teils aus Sorge vor US-amerika­nischen Sekundärsanktionen, teils wegen des Bemü­hens, die europäischen Staaten nicht vor den Kopf zu stoßen. So wurden seit Beginn des Krieges – im Gegensatz zu den Vorjahren – keine symbolträch­tigen gemeinsamen Großprojekte der beiden Länder mehr verkündet. Chinas Unternehmen profitieren zwar an vielen Stellen von den Lücken, die westliche Konzerne in Russland hinterlassen haben, aber die chinesische Führung versucht bislang, den Eindruck einer aktiven Hilfestellung für den Nachbarn zu ver­meiden.

Entwicklung der russisch-chinesischen Wirtschafts­beziehungen

In der immer enger werdenden Partnerschaft zwi­schen Russland und China führten die Wirtschafts­beziehungen lange Zeit ein Schattendasein. Zwar schmiedeten beide Seiten schon kurz nach Putins Amtsantritt als Präsident im Jahr 2000 weitreichende Pläne, die bilaterale Kooperation im Energie- und Rohstoffsektor zu intensivieren.1 Die meisten dieser Vorhaben verschwanden Mitte der 2000er Jahre aller­dings wieder in der Schublade. Sowohl Russland als auch China richteten sich stattdessen wirtschaftlich vor allem nach Westen, um von dortigen Technologien, Kapitalmitteln und Märkten zu profitieren.

Erste Zweifel an der Westorientierung kamen in Moskau mit der globalen Finanzkrise 2008/2009 auf. Der wirtschaftliche Einbruch in den USA und Europa und die darauffolgende tiefe Rezession in Russland gaben der Elite des Landes zu denken. Die Moskauer Entscheider machten für die russische Notlage vor allem Fehler der amerikanischen Wirtschaftspolitik verantwortlich. Deshalb sahen sie auch erstmals ein gravierendes Problem darin, dass Russland ökonomisch einseitig vom Westen abhängig war. China hingegen war glimpflich durch die globale Rezession gekommen und setzte seinen Wirtschaftsboom nahe­zu unbeeindruckt fort, was der russischen Führung imponierte.

Allerdings begann sie in der Folge nicht unmittelbar damit, die eigene Wirtschaft nach Osten um­zuorientieren. Stattdessen versuchte Russland unter Präsident Dmitri Medwedjew in den Jahren 2008 bis 2012 erst einmal, einen politischen »Neustart« der russisch-amerikanischen Beziehungen zu vollziehen. Außerdem initiierte Medwedjew als Megaprojekt seiner Präsidentschaft die »Modernisatsija«, eine wirt­schaftsliberal angehauchte Modernisierungs­kam­pagne. Das Aushängeschild des Programms war das nahe Moskau geplante Innovationszentrum Skolko­wo, bei dem der Westen als wichtigster Partner und das amerikanische Silicon Valley als Vorbild diente. Erst mit Putins Rückkehr in den Kreml 2012 verfolgte die Führung des Landes ernsthafter den wirtschaft­lichen wie auch politischen Schwenk nach China.

Schon im Vorfeld seiner Kandidatur zur Präsidentschaftswahl jenes Jahres hatte Putin einen programmatischen Text über Russlands wirtschaft­liche Zukunft veröffentlicht, in dem er vorschlug, »chinesischen Wind« in die Segel der eigenen Öko­nomie zu lenken.2 Dabei standen nicht mehr nur Wachstum und Fortschritt im Zentrum der Ambitionen, viel­mehr wurde Putins Wirtschaftspolitik immer stärker auch von einer antiwestlichen Grundeinstellung ge­prägt. Vor dem Hintergrund des Libyen-Einsatzes der Nato 2011 und westlicher Sympathien für die russi­sche Protestbewegung nach der Dumawahl im selben Jahr wurde seine Rhetorik gegenüber dem Westen zu Be­ginn der Dekade zunehmend ver­bittert und feindselig.

Chinas wirtschaftliche Gravitation wächst

Die Neuausrichtung der russischen Wirtschaft bekam zusätzlichen Aufwind, als EU und USA im Jahr 2014 erste sektorale Sanktionen gegen das Land verhängten, um so auf die verdeckte Intervention Moskaus im ukrainischen Donbas und die Annexion der Krim zu reagieren.3 Unter der Losung einer »Wende nach Osten« sollte die sanktionsbedingte Not der russischen Wirtschaft zur Tugend werden – zumindest in der staatlichen Propaganda. Nach innen wie nach außen nutzte Putin den wachsenden Handel mit China, um die westlichen Maßnahmen als sinn- und wirkungslos darzustellen.

Das tatsächlich stattfindende Wachstum des russisch-chinesischen Handels in den 2010er Jahren war aber weniger den westlichen Sanktionen oder dem Aufblühen der bilateralen Partnerschaft unter den Präsidenten Putin und Xi geschuldet. Zentrale Triebfeder war vielmehr die wirtschaftliche Expan­sion der Volksrepublik.4 Der Kreml brachte im Nach­gang der Ukraine-Krise von 2014 zwar einige russisch-chinesische Großprojekte in den Bereichen Rüstung und Energie auf die Zielgerade. Diese waren allerdings größtenteils bereits in den Jahren zuvor ein­gefädelt worden und keine unmittelbare Folge der veränderten außenpolitischen Großwetterlage.5

Der Krieg gegen die Ukraine hat die Rahmenbedingungen der russisch-chinesischen Kooperation fundamental verändert.

Auch nach 2014 blieb die russische Wirtschafts­politik von Widersprüchen und Partikularinteressen geprägt, die einer echten Vertiefung der geschäft­lichen Beziehungen zu China im Wege standen. Russ­lands industriepolitische Reaktion auf die westlichen Sanktionen von 2014 zielte vorrangig auf einen Stär­kung der eigenen wirtschaftlichen Souveränität – und weniger darauf, die äußeren Abhängigkeiten weg von westlichen Partnern nach China zu verlagern. Höchste Priorität hatte die Importsubstitution, auch weil sich hier die Interessen einflussreicher wirtschaft­licher Lobbygruppen mit den außen- und sicherheitspolitischen Überlegungen des Kremls über­schnitten.6 Nach wie vor begegnete Moskau dem immer mäch­tiger werdenden Nachbarn im Osten mit einer gewis­sen Vorsicht.

Betrachtet man beispielsweise die Handelspolitik, so kam es zwischen Russland und China in den 2010er Jahren zu keiner nennenswerten Annäherung. Moskau widersetzte sich den Bestrebungen Chinas, eine vertiefte wirtschaftliche Integration im Rahmen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit voranzutreiben. Peking entwickelte daraufhin das chinesisch geführte Projekt der Neuen Seidenstraße,7 während Russland 2015 die von ihm dominierte Eurasische Wirtschaftsunion (EAWU) gründete. Beide Seiten verfolgten wirtschaftliche Integration also nur dort, wo es die eigene Souveränität und Kontrolle nicht berührte.

Moskau fürchtete die Konkurrenz chinesischer Güter für die eigene Industrie und wollte aus der Volksrepublik vor allem ausländische Direktinvesti­tionen (FDI) anlocken, während China gerade daran interessiert war, seine Exporte auszuweiten. Das setzte gemeinsamen Vorhaben enge Grenzen. Putin und Xi verkündeten zwar im Jahr 2015 die »Verknüpfung« (Soprjaschenije) der beiden Großprojekte Neue Seidenstraße und EAWU. Abgesehen davon, dass hier­zu einige Arbeitsgruppen auf Expertenebene entstan­den, die dann nur selten tagen sollten, blieb es aber größtenteils bei dieser vagen Absichtserklärung. Ein im Mai 2018 unterschriebenes Freihandelsabkommen zwischen der EAWU und China ist »nichtpräferen­tiell«, beinhaltet also nicht unmittelbar einen Abbau von Zöllen oder nichttarifären Handelshemmnissen.8 Zu den wenigen strukturellen Veränderungen, mit denen die wirtschaftlichen Beziehungen vertieft wer­den sollten, gehörte die Gründung einiger bilateraler Kommissionen auf Ministerebene. So wurde 2014 die Russisch-Chinesische Kommission für Investitions­zusammenarbeit ins Leben gerufen.9 Hinzu kam unter anderem eine Kommission für die Entwicklung von Russlands strukturschwachem Fernen Osten, der Region Baikal und des Nordostens von China.10

Erfolgreich war die bilaterale Kooperation vor allem beim russischen Rohstoffexport und den angrenzen­den Geschäftsfeldern. Im Windschatten des chinesischen Ressourcenhungers stieg Russlands Aus­fuhr von Kohle, Flüssiggas, Metallen und Erzen, aber auch einigen landwirtschaftlichen Erzeugnissen von 2014 bis 2022 immer weiter an. In den Rohstoff- und Agrarsektor fielen auch die wenigen großen Investi­tionen, die China in Russland tätigte. Gleichzeitig blieb es dabei, dass die Volksrepublik für Russlands Wirtschaft in nahezu allen Bereichen sehr viel weni­ger bedeutend war als der Westen. Die ökonomische Realität unterschied sich also deutlich vom außen­politischen Klima, das aus Moskauer Sicht geprägt war von immer mehr Freundschaft mit China und einer stetigen Zunahme antiwestlicher Feindseligkeit.

In der Krise wird China zum Rettungsanker

Mit Beginn des großangelegten Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 veränderten sich die Rahmenbedingungen der russisch-chinesischen Ko­operation fundamental. Über Nacht hatte die politi­sche Wirklichkeit die ökonomische eingeholt. Russ­land stürzte für kurze Zeit in wirtschaftliches Chaos, weil über Jahrzehnte gewachsene Lieferketten mit westlichen Partnern zusammenbrachen. Unternehmen suchten händeringend nach Komponenten, Materialien und Ersatzteilen, um ihre Produktion auf­rechterhalten zu können. Fündig wurden sie dabei vor allem in China, dem einzigen großen Industrieland, das keine Sanktionen gegen Russland erlassen hatte.

Zwar kritisierte Peking die Strafmaßnahmen scharf, doch war zunächst unklar, ob chinesische Unternehmen bereit wären, Russland mit sanktionierten Gütern zu versorgen. Einige chinesische Groß­konzerne wie Huawei schränkten ihre Exporte nach Russland stark ein, während chinesische Banken aus Angst vor möglichen Sekundärsanktionen auf Ab­stand gingen.11 Beim Handel währte die anfängliche Zurückhaltung nicht lange. In anderen Bereichen der Wirtschaftskooperation sind die Sanktionen aber ein massiver Störfaktor geblieben.

Handel und Investitionen

Der Handelsumsatz zwischen Russland und China er­reichte im ersten Halbjahr 2023 einen neuen Rekord von 114,5 Milliarden US-Dollar.12 Auch wenn die Zunahme des russischen Handels mit China einem langjährigen Trend folgt, hinter dem vor allem das wirtschaftliche Wachstum der Volksrepublik steht, haben die westlichen Sanktionen gegen Russland noch einmal für einen starken Impuls gesorgt. Bei den chinesischen Investitionen in Russland (russische Investitionen in China gibt es kaum) ist der gegen­teilige Trend erkennbar: Mit Beginn der Ukraine-Invasion ist der ohnehin sehr geringe Zustrom chine­sischen Kapitals dorthin fast vollständig versiegt. Die Risiken eines langfristigen Engagements auf dem russischen Markt überwiegen gegenüber möglichen wirtschaftlichen Chancen.

Der Handel wächst dynamisch

China gehört seit Mitte der 2000er Jahre zu den wich­tigsten Handelspartnern Russlands (siehe Graphik 1). Im Jahr 2010 war der Handelsumsatz des Landes mit der Volksrepublik erstmals größer als der mit dem vorherigen Spitzenreiter Deutschland, auch wenn die Bedeutung Chinas bis 2022 hinter jener der EU ins­gesamt zurückblieb. Moskaus Ukraine-Invasion kata­pultierte den russisch-chinesischen Handel auf ein neues Niveau. Im ersten Halbjahr 2023 kamen 35 Pro­zent der russischen Importe aus China. Als Putin 2000 als Präsident die Macht im Kreml über­nahm, lag der Anteil noch bei 3 Prozent. Ähnlich war die Ent­wicklung der russischen Exporte, von denen 2022 über 30 Prozent nach China gingen. Aus chine­sischer Perspektive ist Russland hingegen ein relativ kleiner Partner geblieben, auch wenn dessen Anteil am chinesischen Handelsumsatz nach Kriegsbeginn von 2,5 Prozent auf 4 Prozent stieg.

Mit der Intensivierung des Handels wuchs die Asymmetrie in den Wirtschaftsbeziehungen. Das zeigt sich auch in der Art der gehandelten Waren. Bis Mitte der 2000er Jahre importierte Russland vor allem billi­gere, arbeitsintensive Konsumgüter aus China (wie Schuhe, Kleidung und Lederwaren). Seitdem sind die Einfuhren aus China immer technologieintensiver und hochwertiger geworden, und der Anteil der Investitionsgüter hat deutlich zugenommen. Über die Hälfte des gesamten Imports aus China entfiel im ersten Halbjahr 2023 auf die Kategorien Maschinenbau13 (23 Prozent), Fahrzeugbau14 (19 Prozent) und Elektronik15 (15 Prozent).

Auch die Zusammensetzung der russischen Ex­porte nach China hat sich im Laufe der Zeit deutlich gewandelt. Bis Mitte der 2000er Jahre wurden aus Russland kaum Energieträger ins Reich der Mitte geliefert. Es dominierten Industriegüter wie chemische Produkte, Maschinen und Stahlerzeugnisse. Heute hingegen verkauft Russland anteilig kaum noch technologieintensive Güter in die Volksrepublik (abgesehen von Rüstungsexporten, die nicht über die öffentliche Handelsstatistik einsehbar sind). Die wich­tigsten Exporte des Landes nach China im ersten Halb­jahr 2023 waren fossile Brennstoffe16 (74 Pro­zent), Metalle und Erze17 (10 Prozent) sowie Holz18 (4 Pro­zent).

Kleinere Erfolge jenseits des Rohstoffexports kann Russland auch in der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse verzeichnen. Pflanzenöle und Ölsamen19 (insbesondere Sojabohnen) machten im ersten Halb­jahr 2023 immerhin 3,5 Prozent der russischen Exporte nach China aus. Für die russische Fischereiindustrie20 (2,4 Prozent der russischen Gesamtexporte in die Volksrepublik) ist China an der Pazifikküste der wichtigste Abnehmer. Der Handel mit Dienstleistungen hingegen spielt bislang in den bilateralen Wirt­schaftsbeziehungen eine untergeordnete Rolle. Eine Ausnahme ist der chinesische Tourismus in Russland, der vor der Corona-Krise rasant wuchs.21

Graphik 1

Graphik 1: Russlands Außenhandel mit China

Die ab Februar 2022 gegen Russland verhängten Sanktionen ließen den wechselseitigen Handel kurz­zeitig einbrechen. Die Importe des Landes aus China fielen von 7,3 Milliarden US-Dollar im Januar 2022 auf 3,8 Milliarden US-Dollar im nachfolgenden März. Verantwortlich dafür waren vor allem Chaos und große Unsicherheit in den ersten Wochen der Sank­tionen. An vielen Stellen waren Logistikketten und Zahlungsverkehr für einige Zeit unterbrochen. Aller­dings erholte sich der Handel ab Mai 2022 sehr schnell, und schon im Dezember des Jahres erreichten Russlands Importe aus China mit 8,8 Milliarden US-Dollar ein neues Allzeithoch.

Im zweiten Quartal 2023 exportierte China Maschi­nenbau- und Elektronikgüter im Wert von monatlich rund 3,6 Milliarden US-Dollar nach Russland.22 Diese Warenkategorien sind besonders von Sanktionen betroffen. Russlands Importe aus der EU sind hier um über zwei Drittel zurückgegangen. Beim Maschinen­bau zeigt der Trend chinesischer Exporte in das Land schon länger nach oben.

Graphik 2

Graphik 2: Anteil Chinas am russischen Außenhandel

Graphik 3

Graphik 3: Anteil Russlands am chinesischen Außenhandel

Graphik 4

Graphik 4: Russische Importe aus China, 2021-2023

Graphik 5

Graphik 5: Russische Exporte nach China, 2021-2023

Ein Großteil russischer Unternehmen sucht aber Befragungen zufolge in der Volksrepublik auch nach Ersatz für ab Februar 2022 sanktionierte Güter.23 Chinesische Direktexporte von Elektronik nach Russ­land sind insgesamt jedoch eher zurückgegangen und haben das Niveau von Dezem­ber 2021 bisher nicht wieder erreicht.

Schnellzugtrasse Moskau-Kasan: Das ewige Prestigeprojekt

Die Liste der russisch-chinesischen Investitionsprojekte wird seit 2014 vom Neubau einer Schnellzugtrasse zwi­schen Moskau und der Stadt Kasan angeführt (Letztere liegt rund 700 Kilometer östlich der Hauptstadt). Bislang ver­fügt Russland über kein eigenes Schienennetz für Hoch­geschwindigkeitszüge. Das Projekt sollte nach der Krim-Annexion das Symbol der neuen Partnerschaft zwischen Russland und China werden. Inzwischen wird es aller­dings nicht mehr aktiv weiterverfolgt.24

Die Bahntrasse war als Segment der Verkehrsverbindung zwischen Moskau und Peking im Rahmen von Chi­nas Neuer Seidenstraße gedacht. Peking hatte sich bereit­erklärt, für den ersten Abschnitt der Strecke 52 Milliar­den Rubel (damals 700 Millionen Euro) und für den zweiten Abschnitt noch einmal eine Milliarde US-Dollar in das Eigenkapital der Trägergesellschaft einzubringen. Zudem wollte die Volksrepublik über die China Develop­ment Bank einen Kredit von 400 Milliarden Rubel (da­mals 5,7 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen. 2016 gelang es Russland sogar, die chinesische Seite von ihrer anfänglich hartnäckig vorgebrachten Forderung nach staatlichen Garantien für die Kredite abzubringen.25

Allerdings erklärte die russische Staatsbahn im Jahr darauf, die chinesischen Darlehen seien zu teuer und ihr Umfang zu gering. Parallel wurde mit einem deutschen Konsortium – bestehend unter anderem aus Siemens, der Deutschen Bank und der Deutschen Bahn – über eine alternative Kooperation verhandelt.26 Im Rahmen einer Budgetkonsolidierung kürzte Russland 2017 die Haushaltsmittel für das Projekt in einem ersten Schritt um 30 Prozent.27 Zudem entspann sich ein Rechtsstreit zwischen der russischen Staatsbahn und den teilweise aus China stammenden Planungsbüros für die Trasse.28 2020 schließlich verschwanden die Pläne für das Projekt wegen zu hoher Kosten und unsicheren Passagieraufkommens in der Schublade. Statt der Route Richtung Osten sollte eine von Russland selbst finanzierte Schnell­bahntrasse von Moskau zum nordwestlich gelegenen Sankt Petersburg entstehen, obwohl mit dem Sapsan (der auf dem allgemeinen Schienennetz verkehrt) bereits eine relativ schnelle Verbindung zwischen den beiden Städten besteht.29

Dafür ist der Export chinesischer Fahrzeuge nach Russland enorm gewachsen. Im zweiten Quartal 2023 machte er pro Monat rund 2 Milliarden US-Dollar aus, was etwa einer Verfünffachung des monatlichen Volumens im Vorkriegsjahr 2021 entspricht. Der monatliche Import chinesischer PKWs wuchs von 100 Millionen US-Dollar vor dem Krieg auf zuletzt knapp eine Milliarde US-Dollar. Ähnlich entwickelte sich der Handel mit Nutzfahrzeugen. Allein im Juni 2023 wurden LKW-Zugmaschinen30 für rund 437 Mil­lionen US-Dollar von China nach Russland geliefert.

Hauptgrund für den Anstieg der PKW-Importe ist der Einbruch der russischen Automobilproduktion, die größtenteils in der Hand westlicher Konzerne wie Renault, Volkswagen oder Hyundai lag. LKWs wurden bislang entweder in Russland produziert oder aus den sanktionierenden Staaten importiert. Chinesische Fahrzeuge führten hier vor Kriegsbeginn ein Nischen­dasein. Inzwischen jedoch bestimmt China den Groß­teil des russischen Markts für Neuwagen. Im Juni 2023 hielten chinesische LKWs die ersten fünf Plätze der Verkaufscharts.31 Die Top Ten der verkauften PKWs wird zwar noch vom russischen Lada Granta angeführt, insgesamt aber ebenfalls von chinesischen Modellen dominiert.32

Außer Fahrzeugen erhält Russland aus China neuerdings viele Materialien und Komponenten, deren Wert zwar in der Summe der Handelsdaten nicht auffällt, die aber trotzdem entscheidend für Wirtschaft und Kriegswirtschaft des Landes sind. So ist Russland bei der Rüstungsproduktion weiterhin auf die Halbleiter westlicher Hersteller angewiesen. Im Frühjahr 2022 stieg der Halbleiterexport von China nach Russland dramatisch an. Russische Zoll­daten zeigen, dass ein Großteil der chinesischen Aus­fuhr nicht »Made in China« ist, sondern für westliche Konzerne wie Intel, Texas Instruments oder Infineon in Drittstaaten wie Malaysia oder Taiwan produziert und von chinesischen Zwischenhändlern weiter­gereicht wird. Während einige große chinesische IT-Konzerne Russland aus Angst vor Sekundärsanktionen nicht mehr direkt mit eigener Technik beliefern, ist die Volksrepublik der größte Umschlagplatz für den russischen Import westlicher Dual-Use-Güter ge­worden.33

Auch die russischen Exporte nach China sanken mit Beginn der Sanktionen kurzzeitig, allerdings fiel der Rückgang unter anderem wegen steigender Roh­stoffpreise deutlich geringer aus. Russlands Ausfuhr nach China erreichte bereits im April 2022 einen neuen Rekordwert von 9,2 Milliarden US-Dollar. Aller­dings erhöhte China seinen Ölimport aus Russ­land in dem Jahr mengenmäßig deutlich weniger als etwa Indien, das die meisten der früher nach Europa ver­kauften Lieferungen abnahm.

Chinesische Investoren kaum interessiert

Die immer engere außenpolitische Partnerschaft zwi­schen Moskau und Peking hat das Interesse chinesischer Investoren an Russland kaum beflügelt. Dort spielen Investitionen aus der Volksrepublik bislang nur eine untergeordnete Rolle. Nach Beginn der Ukraine-Invasion haben sich chinesische Unternehmen eher noch mehr zurückgehalten.

Folgt man den letzten verfügbaren Statistiken der russischen Zentralbank, so trug China Ende 2021 mit 3,3 Milliarden US-Dollar weniger als ein Prozent zum Gesamtbestand ausländischer Direktinvestitionen in Russland bei (610 Milliarden US-Dollar).34 Tatsächlich ist der Anteil aber etwas größer. Ein Teil des Kapitals taucht in der bilateralen Statistik nicht auf, weil es auf dem Umweg über Holdings in Jurisdiktionen wie Zypern, den Kaimaninseln oder den Bahamas nach Russland gelangt.35

Die aktuellsten Daten des chinesischen Handelsministeriums, das solche Investitionen »über Bande« teils mitberücksichtigt, weisen einen Bestand von 10,6 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021 aus. Auch diese Zahl führt allerdings zur Schlussfolgerung, dass chinesische Investitionen für Russlands Wirtschaft bislang keine große Rolle spielen. Aus Sicht der Volksrepublik ist der Standort erst recht nicht rele­vant: Unter den gesamten chinesischen Direktinves­titionen im Ausland entfielen auf Russland 2021 gerade einmal 0,4 Prozent.36

Eine Annäherung an den tatsächlichen Umfang der chinesischen FDI in Russland ist mit Datenbanken möglich, die auf Medienberichten und Pressemitteilungen von Unternehmen basieren. Dazu gehört der China Global Investment Tracker (CGIT) des American Enterprise Institute (AEI).37 Für 2012–2021 gibt CGIT chinesische Investitionsprojekte in Russland im Umfang von durchschnittlich 4,5 Milliarden US-Dol­lar pro Jahr an, was etwa 2,6 Prozent der gesamten chinesischen Auslandsprojekte in diesem Zeitraum entspricht. Allerdings leidet auch CGIT unter metho­dischen Problemen, da nicht alle gelisteten Investi­tionsprojekte tatsächlich im angegebenen Umfang realisiert werden.

Die Verteilung der Sektoren, in die chinesische Unternehmen in Russland investieren, ähnelt stark der Struktur der russischen Güterexporte nach China. Zwischen 2012 und 2021 entfielen laut CGIT insge­samt 55,2 Prozent (25 Milliarden US-Dollar) der chine­sischen FDI auf die russische Energieindustrie. Dazu zählen insbesondere große Einzelinvestitionen in die Öl- und Gasförderung, aber auch in Stromnetze und Kraftwerke. Weitere 7,7 Prozent (3,5 Milliarden US-Dollar) flossen in Bergbau und Metallindustrie. Seit einigen Jahren rückt zudem die russische Chemie­industrie in den Fokus chinesischer Investoren (11 Pro­zent oder 5 Milliarden US-Dollar, davon 4,5 Milliarden in den Jahren 2019–2021).

Graphik 6

Graphik 6: Angekündigte chinesische Investitionsprojekte in Russland

Die Russisch-Chinesische Kommission für Investi­tionszusammenarbeit stellt jährlich eine Liste beson­ders wichtiger Projekte zusammen (siehe die Auf­stellung im Anhang, S. 36ff), von denen die meisten allerdings auch nach vielen Jahren nicht über den Status der Ankündigung hinauskommen. Neue Pro­jekte wurden überwiegend in den Jahren 2014–2019 in die Liste aufgenommen. Sie ist unvollständig und enthält Vorhaben sehr unterschiedlichen Charakters und Umfangs. Es fehlt etwa das große Investment Chinas in Flüssiggas-Projekte des russischen Unternehmens Novatek. Ähnlich wie in der Aufstellung des CGIT sanken hier die Investitionen mit Beginn der Corona-Pandemie aber deutlich. Ab 2022 wiederum sind sowohl in der CGIT-Liste (Stand Juni 2023) als auch in der Kommissionsübersicht (Stand November 2022) keine neuen Investitionen vermerkt. Stattdes­sen ist im letzten Sitzungsprotokoll der Kommission von »präzedenzlosen Herausforderungen« für die Zusammenarbeit die Rede.38

Graphik 7

Graphik 7: Geographie chinesischer Investitionsprojekte in Russland

In Chinas geringen Investitionen spiegelt sich vor allem die fehlende Anziehungskraft des russischen Marktes wider, der auch wegen westlicher Sanktionen auf lange Sicht kaum Wachstumschancen verspricht. In Russland für andere Märkte zu produzieren ist angesichts knapper Arbeitskräfte und einer unterentwickelten Infrastruktur wenig attraktiv. Gerade im Fernen Osten des Landes, wo sich Moskau einen Ent­wicklungsschub durch chinesisches Kapital erhoffte und wo ein großer Teil der gemeinsamen Investitions­projekte geplant ist, fällt die lückenhafte Infra­struk­tur ins Gewicht.39 Hinzu kommen hohe büro­krati­sche Hürden. Die Navigation durch ein Dickicht von Markt­barrieren, mit denen sich zum Teil auch russi­sche Lobbygruppen vor chinesischer Konkurrenz schützen wollen, wird durch die geringe Erfahrung chinesischer Unternehmen in dem Nachbarland weiter erschwert.

Auch die westlichen Sanktionen stehen einem stärkeren Engagement chinesischer Investoren im Weg. Mit den 2022 verhängten Maßnahmen ist der Standort Russland für viele chinesische Unternehmen geradezu toxisch geworden, sofern sie ihre Beziehungen nach Westen nicht gefährden wollen. Russland hat auf die Sanktionen unter anderem mit der Ver­schleierung potentiell heikler Geschäftsbeziehungen reagiert. Mit den Strafmaßnahmen belegte Firmen und Eigentümer sollen so vor westlichen Sanktionswächtern geschützt werden. Damit laufen aber gerade unerfahrene Investoren aus dem Ausland Gefahr, sich unwissentlich mit sanktionierten Geschäftspartnern einzulassen und schließlich selbst ins Fadenkreuz westlicher Maßnahmen zu geraten. Da Russland ein aus chinesischer Sicht relativ kleiner Markt ist, sind große Unternehmen und Banken aus der Volksrepub­lik häufig nicht bereit, solche Risiken für das Geschäft in dem Land einzugehen.40

Dabei wünscht sich Russland angesichts seiner sanktionsbedingten Wirtschaftskrise ausdrücklich ein stärkeres Engagement chinesischer Unternehmen. Präsident Putin sagte im März 2023, Moskau sei be­reit, chinesische Firmen dabei zu unterstützen, die Produktion westlicher Unternehmen zu ersetzen, die Russland verlassen haben.41 Chinesische Unternehmen sind etwa im Gespräch, was die Übernahme westlicher Fabriken für Haushaltsgeräte angeht.42 Bis­lang gibt es allerdings kaum konkrete Ergebnisse. Ähnlich sieht es bei der russischen Automobilindus­trie aus, die besonders unter dem Rückzug westlicher Hersteller leidet. Hier wird zwar ebenfalls über Inves­titionen aus der Volksrepublik nachgedacht. Die chinesische Seite scheut aber eine langfristige Fest­legung und ist eher am Export eigener Autos oder bestenfalls an einer Partnerschaft interessiert, bei der die Endmontage chinesischer Fahrzeuge in Russland stattfinden würde.43

Strategische Zusammenarbeit

Es gibt eine wachsende Zahl an Wirtschaftssektoren, auf denen Russland und China kooperieren, und manche davon haben besondere strategische Bedeu­tung. Traditionell sind die Energiebeziehungen für Moskau zentral. Große Investitionen in die Export-Infrastruktur setzen voraus, dass Lieferbeziehungen und damit auch außenpolitische Partnerschaften über mehrere Jahrzehnte stabil sind. Auch die Zusam­menarbeit bei der Rüstung, in der Digitalwirtschaft sowie bei Währung und Finanzsystemen spielt für Russland eine besondere Rolle, weil hier langfristig tiefe Abhängigkeiten entstehen können. In einigen der strategischen Wirtschaftsbereiche haben Krieg und Sanktionen für Auftrieb gesorgt, in anderen für massive Probleme.

Energie bleibt Rückgrat der Kooperation

Die Energieindustrie ist seit Mitte der 2000er Jahre die wichtigste Säule der russisch-chinesischen Wirt­schaftskooperation. Ölexporte dominieren seit Ende der Dekade die russische Ausfuhr nach China. Vor­aussetzung dafür war der Bau der insgesamt fast 5000 Kilometer langen Eastern Siberia-Pacific Ocean Oil Pipeline (ESPO), die im Jahr 2012 vollendet wurde und derzeit – nach einigen Erweiterungen – rund 80 Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr nach Osten transportieren kann, was 1,6 Millionen Barrel am Tag entspricht. Ein Teil der Lieferungen, nämlich bis zu 35 Millionen Tonnen pro Jahr, gelangt dabei direkt per Pipeline nach China. Der Rest wird im russischen Fernen Osten verarbeitet oder über die pazifischen Häfen verschifft.44

Der Bau der ESPO wurde 2009 vereinbart und mit einem Kredit in Höhe von 25 Milliarden US-Dollar von der China National Petroleum Corporation (CNPC) finanziert. Der russische Staatskonzern Rosneft ver­pflichtete sich im Gegenzug, 20 Jahre lang 15 Millio­nen Tonnen Rohöl jährlich zu liefern.45 2013 wurden eine Verdoppelung der Lieferungen über die ESPO und zusätzliche Lieferungen durch Kasachstan verein­bart.46 Der russische Ölexport nach China hat sich mengenmäßig zwischen 2010 und 2022 von 12,8 Mil­lionen Tonnen (6 Prozent der gesamten russischen Ölausfuhr) auf 86,2 Millionen Tonnen (36 Prozent) mehr als versechsfacht.47

Bei der Exploration und Erschließung von Öl­fel­dern – die technologisch schwieriger wird, weil es dabei um immer tiefere und entlegenere Vorräte geht – kann die russische Ölindustrie bislang nicht auf chinesische Hilfe setzen. Unternehmen von dort bie­ten keine Alternativen zu den hochspezialisierten westlichen Dienstleistern, die sich wegen des Techno­logieembargos gegen den russischen Energiesektor größtenteils zurückgezogen haben. Größere Ölvorräte auf dem arktischen Schelf bleiben damit für Russland erst einmal unerreichbar, was die Ölproduktion an­gesichts der Erschöpfung älterer Felder zunehmend limitiert.48

Im Gegensatz zu Erdöl spielte Erdgas lange Zeit kaum eine Rolle für die russischen Exporte nach China. Das änderte sich schrittweise ab Dezember 2019, als der längste Streckenabschnitt der Pipeline Power of Siberia (PoS) vom russischen Energiekonzern Gazprom in Betrieb genommen wurde. PoS verbindet China direkt mit russischen Gasfeldern im Osten Sibi­riens. Über den Bau der Pipeline war bereits seit Mitte der 2000er Jahre verhandelt worden. Endgültig ver­einbart wurde er im Jahr 2014 – unter dem Eindruck der ersten westlichen Wirtschaftssanktionen gegen den russischen Energiesektor. Gazprom bezifferte da­mals den Gesamtwert des vereinbarten Gasexports auf rund 400 Milliarden US-Dollar, was umgelegt auf die 30 Jahre Vertragslaufzeit 13,3 Milliarden US-Dollar jährlich entspricht. Geplant ist, dass die Pipe­line nach einer mehrjährigen Anlaufphase rund 38 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr nach China transportiert.49 Dieses Volumen soll Mitte der 2020er Jahre erreicht werden. Gazprom hofft darüber hinaus, den Umfang bis 2032 auf 44 Milliarden Kubikmeter zu steigern, sofern die chinesische Seite dem zu­stimmt. Im Jahr 2022 lag die durch PoS gelieferte Menge aller­dings noch bei 15,5 Milliarden Kubik­meter.50

Für Russlands Ölindustrie ist China bislang keine Alternative zu den hochspezialisierten Dienstleistern aus dem Westen.

Gazprom würde die Gasbeziehungen zu China gerne mit weiteren Pipelines durch das Altaigebirge bzw. die Mongolei ausbauen und langfristig insgesamt bis zu 130 Milliarden Kubikmeter jährlich in die Volksrepublik exportieren.51 Eine Rolle spielt dabei auch, dass der Konzern im Jahr 2022 die Gasversorgung nach Europa größtenteils kappte. 2019 hatte Gazprom noch 199 Milliarden Kubikmeter an euro­päische Abnehmer geliefert. Doch jetzt verfügt Russ­land über große brachliegende Kapazitäten auf der Jamal-Halbinsel, die es ohne weitere Infrastruktur nicht nach China umleiten kann.52 Konkret verhandelt die russische Führung mit China und der Mongo­lei über eine mögliche neue Pipeline, die eine Kapa­zität von 50 Milliarden Kubikmeter hätte. Mit ihr könnten die ehemals an Europa gekoppelten Gas­quellen auch dem Export nach China dienen. Aller­dings gibt es Zweifel, ob die zukünftige chinesische Importnachfrage bei Gas ein solches Mammutprojekt überhaupt rechtfertigt. Das dürfte auch ein Grund dafür sein, dass es noch keine finale Zusage von chi­nesischer Seite für das Vorhaben gibt. Gleichzeitig ist Peking wohl darauf bedacht, nicht allzu offensichtlich vom russischen Lieferstopp gegenüber der EU zu profitieren. Sollte die neue Pipeline gebaut werden, könnte sie wohl erst in den 2030er Jahren ans Netz gehen und auch nur einen kleinen Teil der ehemals für Europa bestimmten Produktionskapazitäten aus­lasten.53

China spielt als Abnehmer von russischem Flüssig-Erdgas (LNG) ebenfalls eine bedeutende Rolle. Russ­land hatte vor dem Ukraine-Krieg die Absicht, seine LNG-Ausfuhren deutlich zu steigern und ein führen­der Exporteur auf dem Weltmarkt zu werden. Ende 2020 prognostizierte der damalige Energieminister Aleksandr Nowak, dass die Produktion von russischem Flüssiggas bis 2025 auf jährlich 68 Millionen Tonnen (entspricht 94 Milliarden Kubikmetern) stei­gen werde.54 Ob das trotz der Sanktionen gelingt, ist allerdings mehr als fraglich, weil Russland bei der Verflüssigung bislang auf westliche Technik – unter anderem von der deutschen Firma Linde – ange­wiesen war. Im Jahr 2022 erreichte die Produktion 32 Millionen Tonnen (etwa 44 Milliarden Kubik­meter). Der Großteil davon entfällt auf LNG-Projekte des Unternehmens Novatek in der Arktis, an denen China als Kapitalgeber beteiligt ist. Insgesamt wurden 2022 rund 6,5 Millionen Tonnen LNG nach China geliefert.55 Das entspricht rund einem Fünftel des rus­si­schen Gesamtexports von Flüssiggas.

Der russische Export von Stein- und Braunkohle nach China stieg in den Jahren 2017 bis 2021 von 1,9 Milliarden US-Dollar (25,6 Millionen Tonnen) auf 4,6 Milliarden US-Dollar (53,6 Millionen Tonnen). Er trug damit besonders stark zum Wachstum des bila­teralen Handels in diesem Zeitraum bei. Russland würde diese Exporte gerne weiter steigern,56 auch weil entsprechende Ausfuhren in die EU im August 2022 sanktionsbedingt endeten. Die Lieferungen nach China wuchsen in jenem Jahr noch einmal um 11,2 Prozent auf 59,5 Millionen Tonnen, während der gesamte Kohleexport Russlands wegen logistischer Schwierigkeiten um 7,5 Prozent auf 210,9 Millionen Tonnen schrumpfte.57 Die Kohleförderung hat vor allem für das in Sibirien gelegene Kusnezker Becken eine große wirtschaftliche und sozio-ökonomische Bedeutung. Das entscheidende Nadelöhr für den rus­sischen Export ist die Bahnverbindung nach Osten, doch deren Kapazitäten sind begrenzt. Da Kohle pro Güterzug vergleichsweise wenig Geld einbringt, ist es wirtschaftlich häufig nicht sinnvoll, die Züge für den Kohleexport auszulasten, wenn auch das wertvollere Erdöl per Zug nach China transportiert werden kann.58

Im Bereich der Kernenergie schließlich verbindet Russland und China ebenfalls eine mehrere Jahr­zehnte zurückreichende Kooperation. Das größte Atomkraftwerk der Volksrepublik, das in Tianwan steht, wurde mit Unterstützung der russischen Staats­korporation Rosatom in den 1990er Jahren errichtet. Im Mai 2021 vereinbarten die beiden Länder den Bau von vier weiteren Reaktoren für die Kraftwerke Tian­wan und Xudapu. Beim Bau des »Schnellen Brüters« CFR‑600 wird China ebenfalls von Rosatom unterstützt, das auch die Brennelemente liefern soll. Im Vergleich zum Export von Öl, Kohle und Gas spielt die Kooperation in der Kernenergie finanziell aber eine geringere Rolle. Außerdem ist China inzwischen nicht mehr auf die Unterstützung Russlands ange­wiesen; es hat sich vielmehr zu einem Konkurrenten auf dem Weltmarkt für Kernkraftwerke entwickelt.59

Russlands Vorsprung bei der Rüstung schwindet

Die militärische Kooperation zwischen Russland und China hat sich Mitte der 2010er Jahre spürbar inten­siviert. Gemeinsame Manöver auf See,60 Militär­übungen an Land61 sowie eine Zusammenarbeit bei Raketenfrühwarnsystemen62 zeigen, dass die beiden Seiten immer weniger Berührungsängste haben. Gleichzeitig erlebten russische Rüstungsexporte nach China eine Renaissance. In den frühen 2000er Jahren war Peking schon einmal Großabnehmer russischer Waffen. So beziffert das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) den chinesischen Rüs­tungsimport aus Russland im Jahr 2005 auf über 3 Milliarden TIV.63 Danach ging der Handel zurück; seinen Tief­punkt in der Ära Putin erreichte er 2012 mit 598 Mil­lionen TIV. Bei vielen Waffensystemen hatte China seine Importabhängigkeit durch Lizenz­fertigung und die Entwicklung eigener Modelle ver­ringert, die häu­fig auf russischen Vorbildern basier­ten. Auch aus Angst vor Technologiediebstahl zögerte Moskau in der Folge, seine aktuellste Waffentechnik an China zu liefern.64

Graphik 8

Graphik 8: Russische Rüstungsexporte nach China

Das änderte sich kurz nach Beginn der Ukraine-Krise 2014. Russland erklärte sich bereit, sein zu die­sem Zeitpunkt modernstes Luftabwehrsystem S-400 sowie 24 Kampfflugzeuge vom Typ Su-35 für insge­samt 5 Milliarden US-Dollar nach China zu verkau­fen. Hinzu kamen Helikopter (Mi-171), U-Boot-Technik und eine große Zahl an Triebwerken für Flugzeuge, die China auch in eigenen Modellen einsetzt.65 Über diese Geschäfte war zwar schon vor 2014 verhandelt worden, doch politischer Auslöser für den Vertragsschluss war letztlich die Verschlechterung der rus­sisch-westlichen Beziehungen, die Chinas Bedeutung steigen ließ.66 Bis 2018 wuchs daraufhin der jährliche russische Rüstungsexport nach China auf 1,8 Milliar­den TIV.

Hinter Moskaus Bereitschaft, selbst modernste Waffen wie das S-400 oder die Su‑35 nach China zu verkaufen, standen auch militärstrategische Überlegungen. Die gelieferten Systeme sind vor allem dazu geeignet, China im Pazifik gegen Alliierte der USA wie Taiwan und Japan zu stärken. Für eine poten­tielle Konfrontation mit Russland selbst wären sie weniger bedeutsam. Außerdem würde das Kopieren der weiterentwickelten russischen Technologien, etwa hochkomplexer Radarsysteme des S-400, so viel Zeit in Anspruch nehmen, dass Russland bis dahin bereits überlegene Nachfolger (wie das S-500 oder die Su-57) hätte und seinen Vorsprung wahren könnte.67

Gleichzeitig vermutet Moskau, dass China ähnliche Technologien in den kommenden Jahren auch ohne russische Vorlage aus eigener Kraft entwickeln könn­te. Russlands noch bestehende Überlegenheit auf die­sem Feld könnte demnach bis Ende der 2020er Jahre von China wettgemacht werden.68 Damit bliebe nur ein kurzes Zeitfenster, um politisch und wirtschaftlich vom eigenen Vorsprung gegenüber Peking zu profitieren.69

Die Zukunft der russischen Rüstungsexporte nach China ist deshalb unsicher. Nach 2018 sind die Liefe­rungen wieder deutlich geschrumpft, wie die Daten von SIPRI zei­gen.70 Die Kooperation mit der russischen Rüstungsindustrie ist auch aufgrund westlicher Sanktionen für die chinesische Seite komplizierter geworden. Gleich­zeitig benötigt Russland selbst große Mengen an Rüstungsgütern für seinen Krieg gegen die Ukraine.

Wegen hoher Materialverluste in der Ukraine hofft Russland inzwischen darauf, seinerseits Waffen aus China importieren zu können. Berichten zufolge hat Moskau ein Interesse an Raketen, Drohnen, gepanzerten Fahrzeugen und spezialisierten Halbleitern be­kundet.71 Der chinesische Export von Komponenten und Materialien, die potentiell militärisch nutzbar sind, hat nach Beginn der russischen Invasion deut­lich zugenommen.72 Derweil versicherte die Volks­republik wiederholt, Russland keine Waffen geben zu wollen. Nach amerikanischen Angaben hat es bislang keine Rüstungslieferungen im großen Stil gegeben, allerdings ziehe Peking durchaus in Betracht, den Nachbarn mit Waffen zu unterstützen.73 Außerdem legen Recherchen nahe, dass chinesische Unternehmen große Mengen an Dual-Use-Gütern nach Russ­land verkaufen – wohlwissend, dass diese für den Krieg gegen die Ukraine vorgesehen sind.74

IT-Kooperation ausgebremst

Die russische IT-Industrie war in den 2010er Jahren eine von wenigen Erfolgsbranchen des Landes. Unter­nehmen wie Yandex, das sich ähnlich wie Google von einer Suchmaschine zu einem vielseitigen Digitalkonzern wandelte, konnten in einigen Bereichen technisch an der Weltspitze mitspielen. Russische Onlinehändler wie Ozon oder Wildberries wuchsen mit rasantem Tempo. In den großen Städten verfügt Russland über gut ausgebautes, günstiges Internet und ebensolche Mobilfunknetze.

Dieser Erfolg war größtenteils in Kooperation mit dem Westen entstanden. Denn auch von dort stamm­ten Kapitalgeber, digitale Infrastruktur, Technologien und Vorbilder, welche die Entwicklung in Russland vorantrieben. Die bis 2022 sehr lebendige Start-up-Szene des Landes orientierte sich ebenfalls nach Wes­ten, wo Netzwerke und Finanzierungsmöglichkeiten besser waren. So ging das boomende E‑Commerce-Unternehmen Ozon im November 2020 an die US-Börse Nasdaq, um sich mit frischem Kapital zu ver­sorgen.75 Auch beim Ausbau von Netzwerken und Server-Infrastruktur setzten russische Firmen vorran­gig auf westliche Zulieferer und Dienstleister.

2021 importierte Russland IT-Dienstleistungen76 für insgesamt 6,7 Milliarden US-Dollar, wovon nur 111 Millionen auf China (inkl. Hongkong und Macau) entfielen, 3,6 Milliarden hingegen auf die EU-27 und 698 Millionen auf die Vereinigten Staaten. Insgesamt stammten 80 Prozent der 2021 von Russland einge­führten IT‑Dienstleistungen aus der Staatengruppe EU, USA, Großbritannien und Schweiz, ganze 2 Pro­zent wiederum aus China.

Beim russischen Export von IT-Dienstleistungen war das Bild ähnlich. Zum Gesamtvolumen von 7,2 Milliarden US-Dollar trugen Ausfuhren in die EU‑27 mit 2,3 Milliarden bei, jene in die USA mit 2,3 Milliarden und die nach China (inkl. Hongkong und Macau) nur mit 247 Millionen.77 In die westliche Staatengruppe EU, USA, Großbritannien und Schweiz gingen damit 76 Prozent der russischen Exporte von IT-Dienstleistungen, während 3 Prozent auf China entfielen.

Allerdings haben chinesische Digitalkonzerne, allen voran Huawei und Alibaba, ab 2018 begonnen, ihre Russland-Präsenz in Wirtschaft und Forschung auszuweiten. Dabei ging es den Unternehmen nicht nur um Zugang zum russischen Markt. Ebenso großes Interesse bestand an dortigen Fachkräften. Innerhalb weniger Jahre knüpfte Huawei ein enges Netzwerk mit Forschungsinstituten und Universitäten, die in Russland führend auf dem Feld von IT und Kommunikationstechnik sind. Durch Einrichtung eigener Forschungszentren in Universitätsstädten wie Nischni Nowgorod und Nowosibirsk,78 über Fördergelder für russische Institute oder auch mit Wettbewerben für Studierende baute das chinesische Unternehmen seine Kontakte in Russland kontinuierlich aus.79

Die Zahl der russischen Mitarbeiter in den Forschungs- und Entwicklungszentren von Huawei stieg zwischen 2019 und 2020 von 550 auf rund 900. Die Einstellung von 1.000 weiteren russischen Spezialisten war bis 2024 geplant.80 Außerdem kaufte Huawei im Juni 2019 die Gesichtserkennungs-Software des russischen Start-ups Vocord für 50 Millionen US-Dollar und übernahm einen großen Teil des Teams. Auch andere chinesische Unternehmen haben Russ­lands KI-Expertise entdeckt, wie etwa Dahua Tech­nology, das mit dem russischen NtechLab bei der Ge­sichtserkennung kooperiert.81

Mit dem Ukraine-Krieg haben sich die Perspektiven der chinesisch-russischen IT-Kooperation stark eingetrübt.

In Russlands schnell wachsendem E-Commerce-Sektor ist der chinesische Konzern Alibaba mit seiner Tochterfirma AliExpress ein führender Wettbewer­ber. Das Land ist für Alibabas E-Commerce-Sparte der größte Markt außerhalb Chinas. Darauf wollte das Unternehmen mit russischen Partnern aufbauen; ge­plant wurde, in Russland einen Online-Händler für die gesamte Region zu entwickeln. Im Dezember 2018 unterzeichneten die Alibaba Group, der Russische Fonds für Direktinvestitionen (Russian Direct Invest­ment Fund, RDIF), das Mobilfunkunternehmen Mega­fon und die Mail.ru-Gruppe ein Joint Venture, in dem die russische Seite die Mehrheit der Stimmrechte kon­trolliert.82

Megafon und Mail.ru gehören zum Imperium des russischen Unternehmers Alischer Usmanow, der über enge Kontakte in den Kreml verfügt und häufig politisch heikle Investitionen betreut, seit seiner Sanktionierung im Jahr 2022 aber zurückgezogen in Usbekistan lebt. Auch bei Angeboten für digitale Be­zahlung wollte Usmanow mit Alibaba bzw. der Toch­terfirma Ant Group zusammenarbeiten.83

Die staatliche russische Sberbank setzte auf chinesische IT-Partner. Für ihre Cloud-Angebote wurde eine strategische Partnerschaft mit Huawei in die Wege ge­leitet. Unter der Leitung von German Gref sollte die Bank zu einem IT-Konzern umgewandelt werden, bis die westlichen Sanktionen diesen Träumen ein jähes Ende bereiteten.84

Schließlich spielen chinesische Konzerne auch bei der IT-Infrastruktur in Russland eine Rolle. In den dortigen Mobilfunknetzen hat sich Huawei zuletzt eine starke Marktstellung im Bereich der Netzwerk­technik erarbeitet, auch wenn die russischen Mobil­funkunternehmer vor allem in den Metropolen noch immer auf die Zusammenarbeit mit Ericsson und Nokia setzten. Aus russischer Sicht genoss Huawei dabei keine politische Präferenz gegenüber west­lichen Anbietern. Als vertrauenswürdig galt bei den nationalen Behörden nur solche Ausrüstung, die unter russischer Kontrolle entwickelt und gefertigt wurde. Deshalb war beabsichtigt, bis 2024 eine lokal produzierte 5G-Alternative auf die Beine zu stellen, die federführend vom staatlichen Rüstungs- und Technologiekonglomerat Rostec entwickelt werden sollte.85 Dabei wurde allerdings über eine exklusive Partnerschaft des mit dieser Aufgabe überforderten russischen Staatskonzerns mit Huawei spekuliert.86

Mit dem Einmarsch in die Ukraine und den west­lichen Sanktionen haben sich die Perspektiven der chinesisch-russischen Kooperation in der IT-Industrie allerdings stark eingetrübt. Unmittelbar nach der Invasion stoppte Huawei (genau wie Ericsson und Nokia) die Belieferung Russlands mit Mobilfunk- und Rechentechnik, was den Netzausbau im Land zum Erliegen brachte.87 Das Unternehmen zog sich im Ver­lauf des Jahres 2022 teilweise aus Russland zurück, schloss einen Teil seiner dortigen Niederlassungen und Läden und bot vielen Mitarbeitern an, in Nach­barstaaten wie Kasachstan versetzt zu werden.88

Graphik 9

Graphik 9: Währungsmix von Russlands Importen

Huawei verpflichtete die Programmierer und An­bieter von Apps für das eigene Betriebssystem Har­monyOS in Russland dazu, US-Sanktionen strikt zu beachten, und löschte die Apps von sanktionierten russischen Banken umgehend aus der hauseigenen AppGallery. Außerdem sperrte es die staatliche russi­sche Kreditkarte MIR in seinem mobilen Zahlungs­system HuaweiPay.89 Auch die Kooperation zwischen Huawei und Sberbank überlebte die Sanktionen nicht. Die russische Bank war gezwungen, ihr ehe­mals zukunftsträchtiges Cloud-Geschäft im Mai 2022 zu veräußern.90 Doch kehrte Huawei dem Land nicht vollständig den Rücken. Die Anstellung russischer Fachkräfte wurde fortgesetzt, und auch die Arbeit der Entwicklungszentren in Russland geht weiter. Mitte 2022 übernahm Huawei in Nischni Nowgorod rund 250 Mitarbeiter des amerikanischen Chipherstellers Intel, der sich aus Russland zurückzog.91

Graphik 10

Graphik 10: Währungsmix von Russlands Exporten

Die vielversprechende russische Kooperation mit Alibaba wiederum scheiterte nach der Ukraine-Invasion an den westlichen Sanktionen. Sowohl Usmanow als auch der RDIF wurden im März 2022 sanktioniert, was die Kooperation mit ihnen für das international agierende Alibaba zu einem Com­pliance-Problem machte. Erschwerend kam hinzu, dass Alibaba auch in der Ukraine aktiv ist. Kurz nach Kriegsbeginn teilte das Unternehmen seinen russi­schen Partnern mit, es werde nicht weiter in das Joint Venture investieren. Daraufhin stellten auch der RDIF und die Usmanow-Holding ihre Tätigkeit im Projekt ein.92 Schließlich wurde im August 2022 bekannt, dass der Anteilseigner VK seine Beteiligung am Joint Venture mit Alibaba in Höhe von 10 Milliarden Rubel vollständig abgeschrieben hatte.93

Yuan und Finanzkooperation werden wichtiger

Schon die Finanzsanktionen gegen Russland von 2014 machten der politischen Führung in Moskau deutlich, wie verwundbar die eigene Wirtschaft war, weil sie sich tief in westliche Kapitalmärkte integriert hatte und westliche Währungen nutzte. Peking teilt die russische Ablehnung der US-Dominanz im globalen Finanzsystem. Mit dem Ziel der »Dedollarisierung« eröffnete sich daher ein neues Kooperationsfeld für die russisch-chinesische Partnerschaft. Erste Schritte wurden bereits 2014 unternommen. Die russische und die chinesische Zentralbank vereinbarten damals ein Swap-Kontingent in Höhe von 150 Milliarden Yuan, über das sich beide Seiten mit Liquidität in der jeweils anderen Währung versorgen können. 2015 folgte die Gründung des Russisch-Chinesischen Finanzrats durch die russische Sberbank und die chinesische Harbin Bank. Ein Abkommen, das darauf zielt, die Landeswährungen im bilateralen Handel stärker zu nutzen, wurde im Juni 2019 unterzeichnet.94 Immer wieder wurde die Dedollarisierung bei russisch-chinesischen Treffen als Ziel bekräftigt, etwa beim China-Besuch von Außenminister Sergei Law­row im März 2021 oder in einem Telefonat der Präsi­denten Xi und Putin im Juni des Jahres.95

Dennoch blieb die Dedollarisierung zwischen 2014 und 2022 im Grunde ein leeres Versprechen. Moskau setzte bei seinen Bemühungen, unabhängiger vom US-Dollar zu werden, eher auf eine Diversifikation mit nichtamerikanischen Alternativen wie Euro und Yen, die im Gegensatz zum Yuan frei handelbar, aber ihrerseits tief mit dem US-Finanzsystem verbunden sind. In der »Ära Trump« fürchtete Moskau vor allem unilaterale US-Sanktionen, während konzertierte westliche Sanktionen, wie sie nach dem Einmarsch in die Ukraine 2022 folgen sollten, als unwahrscheinlich galten. So verringerte die russische Zentralbank nach einem neuen amerikanischen Sanktionspaket im April 2018 den Anteil des US-Dollars in ihren Reser­ven, allerdings primär zugunsten von Yen und Euro. Nur ein kleiner Teil der Reserven (14 Prozent) wurde in Yuan umgeschichtet.96

Im russischen Außenhandel, auch dem mit China selbst, spielte die chinesische Währung bis 2022 eben­falls eine geringe Rolle. Mit den massiven west­lichen Finanzsanktionen ab Februar des Jahres änderte sich die Verteilung allerdings deutlich. Die Strafmaßnahmen machten die Nutzung von Dollar, Euro und Yen für den russischen Staat, aber auch für Unternehmen und Privatleute teuer, kompliziert und teilweise un­möglich. Sowohl zur Wertaufbewahrung als auch zu Transaktionen (Überweisungen) in westlichen Wäh­rungen waren die meisten russischen Großbanken einschließlich der Zentralbank nicht mehr imstande. In der Folge gewann der Yuan erheblich an Bedeutung, auch wenn er nicht vollständig zu einer Alter­native zu westlichen Währungen geworden ist.

Im Mai 2023 lag der Anteil der Yuan-Zahlungen bei den russischen Exporten schon bei 25 Prozent und bei den russischen Importen bei 31 Prozent. Ein Groß­teil davon dürfte auf den Handel mit China entfallen, der von den russischen Exporten im selben Monat 31 Pro­zent ausmachte und von den russischen Impor­ten 35 Prozent. Im Handel mit anderen Staaten domi­niert hingegen weiter der US-Dollar. Die stärkere Nutzung der chinesischen Währung ließ zugleich den Yuan-Handel an der Moskauer Börse zunehmen. Der Anteil des Yuan an deren Geschäften stieg von Feb­ruar 2022 bis Mai 2023 explosionsartig von 0,32 Pro­zent auf fast 40 Prozent.97

Westliche Sanktionen schufen bei der Finanz­kooperation zwischen Russland und China allerdings auch Probleme. Die Angst vor Sekundärstrafen der USA sorgte dafür, dass chinesische Banken zu den ge­listeten russischen Geldhäusern auf Abstand gingen. Die chinesische Vorsicht bekamen einige russische Banken zu spüren, die nach dem Rückzug von Mas­terCard und Visa aus Russland auf die chinesischen UnionPay-Karten wechseln wollten. UnionPay ver­wei­gerte den sanktionierten russischen Banken die Ko­operation, wodurch ihnen nur die Herausgabe der russischen Kreditkarte MIR blieb (die ihrerseits von chinesischen Unternehmen und Zahlungsdienstleistern wie Alipay oder HuaweiPay nicht akzeptiert wird). Auch der Einstieg russischer Banken beim chi­nesischen Zahlungsabwicklungssystem CIPS, das eine SWIFT-ähnliche Funktionalität für den Austausch von Finanznachrichten bietet, verläuft bestenfalls schlep­pend. Die chinesische Seite möchte nicht, dass aus CIPS ein zwielichtiges Projekt zur Sanktions­umgehung wird.98

Für Russland ist der Yuan sanktions­bedingt die einzige einigermaßen praktikable Reservewährung.

Der Yuan hat indes auch für russische Privathaushalte an Bedeutung gewonnen. Im Laufe des Jahres 2022 begannen viele russische Banken, ihren Kunden Yuan-Sparkonten anzubieten. Letztere sind für russi­sche Privatleute attraktiv, weil sie gegen Inflation bzw. eine mögliche Abwertung des Rubels schützen können, während das Risiko westlicher Sanktionen und häufig auch die Gebühren für die Einlage gerin­ger sind. Im Februar 2023 hatten schon fast 50 Geld­häuser in Russland diese Konten im Angebot. Die Yuan-Einlagen der privaten Kundschaft beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf umgerechnet rund 6 Milliar­den US-Dollar, was zwar nur einem kleinen Teil der gesamten Deviseneinlagen von insgesamt 53 Milliar­den US-Dollar entspricht, aber ein deutliches Wachs­tum zeigt.99

Auch im Kreditgeschäft der russischen Banken ist die Bedeutung des Yuan gestiegen.100 Einige große russische Exporteure emittierten selbst Anleihen in Yuan, die an der russischen Börse gehandelt werden. Die Verschuldung in dieser Währung ermöglicht es den russischen Unternehmen, sich gegen zukünftige Wechselkursschwankungen abzusichern, da die Anleihen später aus den ebenfalls in Yuan anfallenden Exporterlösen zurückgezahlt werden. Die erste Anleihe dieser Art überhaupt wurde im August 2022 vom russischen Aluminiumkonzern Rusal begeben. Kurz darauf folgten weitere Rohstoffexporteure wie Rosneft, Polyus, Metalloinvest und Norilsk Nickel.101

Für die Zentralbank und das Finanzministerium Russlands ist der Yuan aufgrund der westlichen Sank­tionen die einzige einigermaßen praktikable Reserve­währung. Moskau änderte notgedrungen den Ver­teilungsschlüssel für neu anfallende Devisenreserven. Zukünftig sollen die Reserven primär aus Yuan und Gold bestehen. Andere nichtwestliche Währungen kommen nicht infrage, da sie entweder zu sehr schwanken oder nicht liquide genug sind. Sanktionsbedingt ist das Finanzministerium auch bei der russi­schen Fiskalregel, die den Aufbau von Devisenreserven in Phasen hoher Ölpreise vorschreibt, auf den Yuan angewiesen. Bis zu 80 Prozent des liquiden Teils des russischen Wohlfahrtsfonds sollen zukünftig aus der chinesischen Währung bestehen.102

Der chinesische Kapitalmarkt selbst hat hingegen für Russland weiterhin keine Bedeutung. Zwar hatte schon 2017 ein russisches Unternehmen erstmals eine Anleihe in China begeben. Vorreiter war auch hier der Aluminiumhersteller Rusal.103 Wegen der chine­sischen Kapitalkontrollen ist es für russische Unter­nehmen aber nicht sinnvoll, sich in der Volksrepublik selbst zu verschulden. Chinesische Anleger sind damit nicht an die Stelle westlicher Investoren in Russland getreten. Das gilt auch für die russische Staatsfinanzierung. Vor Kriegsbeginn wurde rund ein Drittel der russischen Staatsanleihen von ausländi­schen, d. h. größtenteils westlichen Investoren gehal­ten. Anleihen in China sind für das russische Finanz­ministerium gegenwärtig aber keine Alternative, ob­wohl darüber bereits seit einigen Jahren diskutiert wird.104 China müsste dafür seine Kapitalkontrollen lockern, wozu es derzeit nicht bereit ist.

Durch die zunehmende Nutzung des Yuan setzt sich Russland zusätzlichen wirtschaftlichen und poli­tischen Risiken aus. Der Wechselkurs der Wäh­rung wird von der Führung in Peking kontrolliert. Sie könnte den Yuan künstlich abwerten, um die chine­sischen Exporte wettbewerbsfähig zu halten.105 Die Reserven und Guthaben auf russischer Seite würden damit ebenfalls an Wert verlieren. Auch ist die Yuan-Liquidität in Russland noch nicht mit den Märkten für westliche Devisen vor Beginn des Krieges ver­gleichbar. Das setzt den Möglichkeiten eines An- und Verkaufs von Yuan weiterhin enge Grenzen.

Außerdem entspricht die neue Mischung der russi­schen Devisenreserven nicht der Währungsverteilung bei den Importen des Landes. Der Anteil der von Russ­lands Zentralbank als »toxisch« bezeichneten west­lichen Währungen am russischen Import ist zwar von 65 Prozent auf 46 Prozent geschrumpft.106 Damit wird aber noch immer knapp die Hälfte der russischen Importe in US-Dollar und Euro abgerechnet. Im Fall einer Währungskrise ließe sich mit den Yuan-Reser­ven also nur ein Teil der russischen Importe bezahlen. Zudem bräuchte es dafür die Genehmigung aus China. Peking gewinnt dadurch einen starken Hebel, den es in Zukunft auch für politische Konzessionen des Kremls einsetzen könnte. In dem unwahrschein­lichen Szenario, dass sich die chinesisch-russischen Beziehungen verschlechtern, könnte Moskau die Ab­hängigkeit teuer zu stehen kommen.107 Eine geeig­netere Alternative hat Russland angesichts der west­lichen Sanktionen allerdings nicht.

Russlands Eliten und öffentliche Meinung

Die größten Profiteure der wirtschaftlichen Kooperation mit China sind Eliten aus dem unmittelbaren persönlichen Umfeld von Wladimir Putin, die in Russland weite Teile der Energie- und Rüstungswirtschaft kontrollieren. Häufig spielen sie für die russi­sche China-Politik eine wichtigere Rolle als formal zuständige Behörden wie das Außen- oder das Wirt­schaftsministerium. Das hohe Maß an Personalisierung und die fehlende China-Kompetenz zentraler Entscheidungsträger bergen Risiken für das Verhältnis zu Peking. Auch innerrussische Interessenkon­flikte machen es für Moskau schwieriger, den wirt­schaftlichen Austausch mit der Volksrepublik kon­sequent im nationalen Interesse zu gestalten. Für die unteren Ebenen der Verwaltung gibt es zwar infor­melle Anreize, die Beziehungen nach China auszubauen. Allerdings sorgen diese Akteure häufig dafür, dass Initiativen übertrieben werden. So vereinbaren Behörden mit russischen und chinesischen Unterneh­men etwa eine Vielzahl folgen- und substanzloser »Memoranda of Understanding« (MoU), die als Signal gegenüber der politischen Führung dienen sollen.

Peking setzt auf Putins Entourage

Für die operative Umsetzung seiner Wirtschaftspolitik in strategischen Branchen wie Energie und Rüstung vertraut Putin auf einen kleinen Kreis loyaler Eliten, die größtenteils schon seit über 30 Jahren zu seinem persönlichen Netzwerk gehören.108 Da die bedeutends­ten Fortschritte in den ökonomischen Beziehungen zu China während der letzten Jahre auf den Fel­dern Energie und Rüstung erzielt wurden, überrascht es nicht, dass dieselben Eliten auch im Verhältnis zur Volksrepublik eine dominante Rolle einnehmen.

Von chinesischem Kapital besonders profitieren konnten dabei die Milliardäre und Geschäftspartner Gennadi Timtschenko und Leonid Michelson. Auf die von ihnen kontrollierten Unternehmen Novatek und SIBUR entfällt – mit insgesamt 8,7 Milliarden US-Dollar – ein Drittel der im CGIT gelisteten Direkt­investitionen, die zwischen 2011 und 2023 von der Volksrepublik nach Russland flossen. Hinzu kommen umfangreiche chinesische Bankkredite für das Unter­nehmer-Duo. So profitierte Novateks Flüssiggas-Terminal »Yamal LNG« von chinesischen Krediten in Höhe von 12,1 Milliarden US-Dollar und zwei Eigen­kapitel-Beteiligungen von 20 Prozent (die staatliche China National Petroleum Corporation, CNPC, inves­tierte eine Milliarde US-Dollar) bzw. 9,9 Prozent (der staatliche Silk Road Fund investierte 1,2 Milliarden US-Dollar).109 Auch am zweiten Großprojekt von Novatek, »Arctic LNG 2«, sind mit CNPC und der Chi­na National Offshore Oil Corporation zwei chine­sische Staatskonzerne mit jeweils 10 Prozent beteiligt (jeweils rund 2 Milliarden US-Dollar). Zusätzlich ist ein Kredit der China Development Bank in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar vorgesehen.110 An SIBUR, dem größten russischen Petrochemie-Unternehmen, be­teiligten sich der chinesische Erdgas- und Mineralölkonzern Sinopec (mit 1,3 Milliarden US-Dollar) und erneut der Silk Road Fund (1,2 Milliarden US-Dollar) mit je 10 Prozent des Eigenkapitals.

Ein weiterer wichtiger Empfänger chinesischer Direktinvestitionen und Kredite ist der von Igor Set­schin geleitete Staatskonzern Rosneft. Das Unternehmen finanzierte schon 2006 die Übernahme des von Michail Chodorkowski enteigneten Jukos-Vermögens mit chinesischen Krediten. Es folgte die Finanzierung der ESPO-Pipeline einschließlich Rosneft-Lieferver­pflichtungen. Zuletzt investierten chinesische Kapital­geber auch in Beteiligungen an zwei von Rosneft-Tochtergesellschaften entwickelten Ölfeldern (insge­samt 2,6 Milliarden US-Dollar). Ebenfalls erfolgreich war Oleg Deripaska, in dessen Unternehmen im Zeit­raum 2011–2023 aus China 3,8 Milliarden US-Dollar flossen. An der Rüstungskooperation mit dem Land verdient auf russischer Seite vor allem die Staats­korporation Rostec, die von Sergei Tschemesow kon­trolliert wird, der bereits in den 1980er Jahren ein Vertrauter Putins beim KGB in Dresden war.111

Peking lässt damit die mächtigsten russischen Eliten aus Putins Umfeld direkt von der Bindung an China profitieren.112 Das senkt für die Volksrepublik die politischen Risiken der Kooperation, solange Putins Entourage den Lauf der Dinge in Russland bestimmt. Die bilateralen Großprojekte werden von beiden Seiten auf höchster politischer Ebene unter­stützt. Gerade für China ist es wichtig, in der intrans­parenten russischen Wirtschaftswelt mit seinen Betei­ligungen nicht auf die falschen Akteure zu setzen. Der Draht zum Präsidenten ist bei den genannten Eliten kurz, und bürokratische Hürden fallen nicht ins Gewicht. Gleichzeitig legt sich China damit auf die herrschende Elite fest; es hat ein wirtschaftliches Interesse am Überleben des russischen Regimes, was durchaus im Sinne Putins sein dürfte.

Riskant für Russland ist hingegen, dass die eigenen Wirtschaftseliten in Sachen China größtenteils noch »Analphabeten« sind.113 So scheiterte etwa 2017 die Übernahme eines großen Rosneft-Aktienpakets im Wert von 9,1 Milliarden US-Dollar durch die chine­si­sche Energie-Holding CEFC, ein aufstrebendes Privat­unternehmen. Das weit gediehene Geschäft platzte zur großen Überraschung der russischen Seite, als der Gründer von CEFC in China festgenommen wurde und von der Bildfläche verschwand.114 Als der chine­sische Staat darauf­hin CEFC konfiszierte, wurde die Übernahme des Rosneft-Pakets abgeblasen, obwohl von der russischen Staatsbank VTB bereits eine Zusage für die Finanzierung eines großen Teils der Akquisition vorlag.

Die Dominanz der Wirtschaftseliten, die letztlich nur von Putin persönlich koordiniert und dirigiert werden können, schwächt die formalen außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Institutionen in Russland. Die für ökonomische Beziehungen zu China zuständigen Behörden – darunter das Außen­ministerium, das Wirtschaftsministerium, das Minis­terium für die Entwicklung des Fernen Ostens und die Verwaltungen der russischen Grenzregionen – haben wesentlich weniger Einfluss auf die Wirtschaftskooperation als die Konzernlenker aus Putins Umfeld.115 Als Ergebnis werden deren Partikularinter­essen nicht systematisch in übergeordnete Strategien rückgebunden. Bei den Großprojekten bleiben un­durchsichtige Hinterzimmer-Gespräche auf höchster Ebene entscheidend.

Das ist auch deshalb problematisch, weil die von den Eliten verfolgten Einzelinteressen zuweilen einem strategischeren Ansatz des Landes widersprechen. Ein Beispiel dafür ist der Energieexport. Um eine allzu große Abhängigkeit von China zu verhindern, wäre es für Russland sinnvoll, die betreffenden Ausfuhren nach Asien unter verschiedenen Abnehmerländern zu diversifizieren. Zunächst hat die ein­seitige Anbindung an China, auf die sich Rosneft unter der Leitung von Igor Setschin einließ, diese Diversifizierung erschwert.116 Setschin legte sich 2013 auf die Volksrepublik fest, weil er Kapital benötigte, um die Ausweitung des von ihm kontrollierten Firmenimperiums in Russland zu finanzieren; er ver­folgte also eigene Partikularinteressen.117 Deshalb gelingt es China, russische Energieunternehmen gegeneinander auszuspielen. So war die enge Koope­ration mit Novatek auch ein Ergebnis der vorangegan­genen Verhandlungen mit Gazprom, die jahrelang keinen Erfolg gebracht hatten.118 Novatek und Ros­neft nutzen ihr China-Engagement geschickt, um den ehemaligen Erdgas-Exportmonopolisten Gazprom unter Druck zu setzen.119

Scheinkooperation in den Regionen

Auf den unteren Verwaltungsebenen sind es vor allem politische Anreize informeller Art, mit denen der Ausbau der Beziehungen mit chinesischen Part­nern gefördert wird. Die vielen medienwirksamen Treffen Putins mit Xi dienen als Motivation. Für Russ­lands Gouverneure und Beamten, aber auch für Unternehmer signalisiert die Präsidentendiplomatie, dass sie sich mit chinesisch-russischen Kooperationsprojekten bei der Führung in Moskau profilieren können.120 Aus Sicht russischer Unternehmer oder Regionalpolitiker ist es auch deshalb erstrebenswert, etwa an einer der vielen von Putin und Xi organisierten Unterschriftszeremonien teilzunehmen, weil sie auf diesem Wege direkten Zugang zu ihrem Präsidenten erhalten. Ambitionierte MoUs mit chinesischen Partnern sind die Eintrittskarte für solche Veranstaltungen und werden entsprechend häufig produziert.

Das Ergebnis ist eine Inflation bilateraler Vorhaben, die meist nicht über den Status von Ankündigungen hinauskommen. Das betrifft auch Staatskonzerne auf beiden Seiten, die zuweilen aus politischen Gründen von ihren Führungen in die Pflicht genommen wer­den, Vereinbarungen miteinander zu schließen. Wenn für die Unternehmen kein genuin wirtschaft­liches Interesse hinter der Kooperation steht, ver­schwinden die imposanten Pläne nach den Staats­besuchen bald wieder in der Schublade.121 Besonders weit wird dieses Spiel zuweilen von russischen Unter­nehmern und Politikern im Fernen Osten getrieben, wo der Kreml besonders große Hoffnungen an chine­sische Investitionen knüpft. So wurden immer wieder neue Großinvestitionen aus der Volksrepublik ver­meldet, bei denen sich später herausstellte, dass die dortigen Partner nichts von ihnen wussten. Teilweise sind es diese »potemkinschen« Erfolge der chinesisch-russischen Kooperation, die zu eigentlich unbegründeten Ängsten und Ressentiments in der russischen Bevölkerung des Fernen Ostens führen.122

Außerdem sind die politischen Anreize für die unteren Ebenen auch von Widersprüchen geprägt, da die Annäherung an China nicht die einzige Priorität ist, die Moskau der russischen Peripherie vermittelt. Chinesische Investitionen anzulocken ist für den Fernen Osten häufig schwierig. Die Ausgangslage für Russlands relativ arme Grenzregionen ist deshalb zwiespältig. Zum einen fehlen ihnen die wirtschaftspolitischen Gestaltungsfreiheiten bei Besteuerung, Regulierung und Subventionen, um sich nach außen als Investitionsstandort zu profilieren. Zum anderen sind ihre Etats von umfangreichen Transfers aus Moskau abhängig. Es ist deshalb oft lohnender, die politische Energie in das Verhältnis zum föderalen Zentrum zu investieren, um zusätzliche »geopolitische« Budgethilfen herauszuschlagen. Die Regionen werben dafür auch mit Bedrohungsszenarien und stilisieren sich zum Vorposten an der Grenze zum übermächtigen China.

Die komplexe Interessenlage der Regionen schlägt sich in den Entwicklungsstrategien ihrer Regie­rungen nieder. Dort wird China als wirtschaftliche Chance und zugleich als Gefahr charakterisiert. Dabei gel­ten der Zugang zu günstigen Arbeitskräften und zu chi­nesischen Investitionen als Vorteil der eigenen Nähe zur Volksrepublik, während unkon­trollierte Migration als Risiko präsentiert wird. Einige russische Regionen betonen gar, dass die nahegele­genen chine­sischen Gebiete es ihnen erschwerten, ausländische Investoren (aus anderen Staaten) nach Russland zu locken, weil China der attraktivere Standort sei. Hin­ter diesen Signalen aus den Regionen nach Moskau steht die Hoffnung auf Fördermittel aus dem föderalen Etat.123

Sinophobie kein Hindernis

Auch wenn die Nähe zu China in Russland durchaus kontrovers diskutiert und von vielen Experten weiter­hin skeptisch betrachtet wird, ist Xenophobie bzw. Sinophobie in den meisten Fällen kein Hindernis für eine Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen. Die Sorge, dass Chinesen massenhaft in den dünn besie­delten Fernen Osten des Landes migrieren oder Peking gar historische Gebietsansprüche geltend macht, wird heute zumindest unter Moskauer Ent­scheidern nicht mehr geteilt. Auch Umfragen in der russischen Bevöl­kerung deuten darauf hin, dass China allgemein posi­tiv wahrgenommen wird – ein Ergebnis, das sicher­lich auch durch die insgesamt chinafreundliche Berichterstattung in der staatlichen Propaganda be­günstigt wird.124 Rund zwei Drittel der russischen Bevölkerung geben außerdem an, China entwickle sich in ihren Augen erfolgreicher als Russ­land.125 Bemerkenswert ist indes, dass diese posi­tive Attitüde primär dem Staat China auf internationaler Bühne gilt. Dagegen ist die Bereitschaft gering, sich gegenüber chinesischen Menschen zu öffnen, was vermu­ten lässt, dass hier weiter Ressentiments bestehen.126

In Einzelfällen kam es zu gesellschaftlichem Un­mut über chinesische Wirtschaftsprojekte; allerdings entstand er meistens in Kombination mit anders begründeten Ängsten oder wurde von russischen Lokalpolitikern instrumentalisiert. Insgesamt sind sinophobe Proteste in Russland eher selten und nicht vergleichbar mit dem Ausmaß entsprechender Vor­kommnisse in Zentralasien, etwa in Kasachstan.127

Landesweit bekannt wurde der Plan eines chinesischen Investors, Trinkwasser am Baikalsee abzufüllen und nach China zu exportieren. Aktivisten vor Ort be­fürchteten, das Projekt könnte ein Vogelschutz­gebiet beeinträchtigen. Diese Sorge wurde allerdings von lokalen Politikern auch geschickt ausgenutzt, um Wählerstimmen zu gewinnen. Über prominente Kriti­ker und Beiträge in den sozialen Medien erreichte der Fall auch die Moskauer Öffentlichkeit. Eine Online-Petition gegen die Anlage wurde 2017 von mehr als einer Million Unterstützern unterschrie­ben. Nachdem der damalige Premier Med­wedjew sich besorgt über das Vorhaben geäußert hatte, wurde die Baugenehmigung für den chinesischen Unternehmer schließlich von einem Moskauer Gericht ausgesetzt.128

Dabei ist es kein Zufall, wenn das in Russland politisch heikle Thema Umweltschutz mit den Akti­vitäten chinesischer Unternehmen verknüpft wird. Insbesondere im Fernen Osten, aber auch in Mos­kauer Oppositionskreisen werden immer wieder Be­fürch­tungen laut, chinesische Unternehmer könnten sich mit korrupten russischen Eliten verbünden, um die Naturschätze des Landes auszubeuten. Solche Vor­behalte gibt es etwa auch gegenüber der sibirischen Holzwirtschaft, die vor allem für den Export nach China produziert. Zudem wurde chinesischen Inves­toren in der Landwirtschaft unterstellt, durch falsche Düngung den russischen Boden unbrauchbar zu machen.129 Zuweilen sind diese Sorgen über Korruption und ökologische Gefahren berechtigt. Ein xeno­phober Unterton macht solche Umweltproteste aber anschlussfähig für ein größeres Publikum in Russ­land. Dies liegt natürlich auch daran, dass Poli­tiker und staatliche Medien verständnisvoller auf Beschwer­den über angeblich rücksichtslose Ausländer reagie­ren als auf Kritik an Moskaus eigener Umweltpolitik.

Ausblick

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Wirtschaftssanktionen des Westens haben ein tief­greifendes »Decoupling« Russlands vom Westen ein­geläutet. Das Land steht damit am Beginn einer er­neuten Transformationsphase, deren Folgen erst lang­fristig erkennbar sein werden. Zwar sind im zweiten Kriegsjahr keine wesentlichen neuen Sanktionen gegen Russland verhängt worden, allerdings vertieft sich die Kluft zum Westen mit jedem Jahr weiter, weil viele der Maßnahmen ihre Wirkung erst im Laufe der Zeit entfalten. Auch in längerfristigen Sze­narien ist es unwahrscheinlich, dass die russisch-westlichen Wirt­schaftsbeziehungen eine Renaissance erleben werden. Die Chancen für eine weitere Vertiefung der russisch-chinesischen Kooperation stehen deshalb gut. Auch die graduelle Umorientierung der russischen Wirt­schaft hin zu China beansprucht viel Zeit. Es muss hier erst gegenseitige Erfahrung gesammelt und teil­s auch neue Infrastruktur gebaut werden. Am deut­lichs­ten ist die Wende nach Osten bisher auf dem russi­schen Automobilmarkt zu sehen, der größ­ten­teils in chinesischer Hand ist. In anderen Bereichen könnte sich die Umstellung bis Ende des Jahr­zehnts hinziehen.

Die langfristigen Perspektiven der russischen Öko­nomie hängen deshalb stark davon ab, was für ein Partner China wirtschaftlich für Russland sein kann und will. Bislang hat vor allem der Handel zwischen den beiden Staaten zugenommen, ohne dass chine­sische Firmen sich langfristig stärker auf den Standort Russland eingelassen hätten. Für China ist Russland als Absatzmarkt und Rohstoffquelle interes­santer denn als Produktionsstandort oder als Binde­glied in eigenen Wertschöpfungsketten. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Russland, dass es zum Roh­stoffliefe­ranten und Käufer chinesischer Fertigwaren degradiert werden könnte, also deutlich weniger an der Wertschöpfung teilhaben und damit auch Wohlstand und industrielles Poten­tial einbüßen würde. Eine solche Kooperation mit China würde Russland einem Petrostaat ähnlicher werden lassen, während die hei­mische Industrieproduktion zu erodieren drohte.

Russlands wirtschaftliche Abhängigkeit von China dürfte auch in der politischen Dynamik zwischen Moskau und Peking ihre Spuren hinterlassen. Doch ist bislang offen, ob und wie China seinen neuen öko­nomischen Hebel nutzt. Bislang scheint Peking nicht zu versuchen, seine dominante Lage gegenüber Mos­kau auszuspielen. Unklar ist auch, welche Forderungen die Volksrepublik formu­lieren könnte. Im Krieg gegen die Ukraine wird Russ­land kaum Kompromisse eingehen; hier scheint der Kreml eher bereit, notfalls eine noch größere wirt­schaftliche Isolation in Kauf zu nehmen, als seinen Kurs zu ändern. Gleichzeitig ist für Peking zentral, dass Putin politisch überlebt – nicht nur, weil er derzeit der wichtigste Garant der russisch-chinesischen Partnerschaft ist, sondern auch weil politische Instabilität beim engsten Bündnispart­ner das Image der chinesischen Machthaber selbst be­schädigen könnte. Deshalb dürfte Peking wenig Inter­esse haben, Putin in einer für seinen Machterhalt her­ausfordernden Situation zusätzlich mit wirt­schaftli­chem Druck in die Enge zu treiben. Die öko­nomische Dominanz über Russland bringt China so zumin­dest kurzfristig kaum eine außenpolitische Dividende.

Für Deutschland und die EU ist vor allem wichtig, inwiefern Russlands Wirtschaftskooperation mit China dazu beiträgt, die Effektivität der westlichen Sanktionen zu schmälern. Abhängig vom Verlauf des Krieges in der Ukraine und von Pekings Haltung gegenüber Moskau birgt die chinesisch-russische Zu­sammenarbeit auch Konfliktpotential für das Verhält­nis des Westens zu China. Sollte Russland seine Waf­fenproduktion mit chinesischer Hilfe erfolgreich aus­weiten und so befähigt werden, die Ukraine militä­risch zurückzudrängen, würde die Rolle der Volks­republik im Westen schnell an Bedeutung gewinnen. Auch chinesische Unternehmen dürften dann stärker in den Fokus westlicher Sanktionen rücken. Sollte umgekehrt ein wirtschaftlicher oder militärischer Misserfolg Russlands den Machterhalt Putins gefähr­den, könnten die Entscheider in Peking geneigt sein, den Präsidenten offener zu unterstützen und womög­lich auch die Lieferung von Waffen an den Nachbarn zu erwägen. Ein solcher Schritt würde die Beziehungen zwischen EU und Volksrepublik erst recht in eine tiefe Krise stürzen.

Anhang

Liste russisch-chinesischer Kooperationsprojekte

Quelle: 9. Sitzung der Russisch-Chinesischen Kommission für Investitionszusammenarbeit. Minėkonomrazvitija Rossii, Protokol 9‑go zasedenija Mežpravitel’stvennoj Rossijsko-Kitajskoj komissii [wie Fn. 38]. Die Liste ist keine vollständige Darstellung aller bilateralen Investitionen, sondern zeigt die in der Russisch-Chinesischen Kommission für Investitionszusammenarbeit für am wichtigsten erachteten Projekte.


Geplantes Projekt


Branche


Region

Föderal­bezirk

Geplant seit

1

Bau der Schnellzugstrecke Moskau-Kasan

Infrastruktur

(k. A.)

2014

2

Eisenbahnbrücke in Nischneleninskoje

Infrastruktur

Jüdische Autonome Oblast

Fernost

2015

3

Sonderwirtschaftszone für Holzverar­beitung in Tomsk

Holzindustrie

Tomsk

Sibirien

2014

4

Kooperationszone für Waldwirtschaft

Holzindustrie

Transbaikalien

Fernost

2017

5

Gemeinsame Produktion von Butadien-Nitril-Kautschuk in Shanghai

Chemie

(China)

2014

6

Polyethylen-Produktionskomplex in Swobodny

Chemie

Amur

Fernost

2014

7

Bau einer Kühlschrankfabrik (Unternehmen Haier)

Konsumgüter

Tatarstan

Wolga

2015

8

Industriepark für Holzverarbeitung

Holzindustrie

Irkutsk

Sibirien

2018

9

Industriekomplex für die Herstellung von Aluminium in Henan

Metallindustrie

(China)

2015

10

Erschließung der Eisenerzlagerstätte Beresovsky

Bergbau

Transbaikalien

Fernost

2014

11

Erschließung des Kupfervorkommens in Udokan

Bergbau

Transbaikalien

Fernost

2014

12

Bau einer Bergbau- und Aufbereitungsanlage in der Lagerstätte Elegetskoje

Bergbau

Tuwa

Sibirien

2014

13

Erschließung des Kupfervorkommens in Baim

Bergbau

Tschukotka

Fernost

2014

14

Erschließung des Eisenerzvorkommens in Tajoschny

Bergbau

Sacha (Jakutien)

Fernost

2014

15

Erschließung des Kupfervorkommens Bystrinskoje

Bergbau

Transbaikalien

Fernost

2015

16

Erschließung von Erz-, Blei- und Zink­vorkommen

Bergbau

Tuwa

Sibirien

2015

17

Bergwerk für Seltene Erden in Saschi­chinskoje

Bergbau

Irkutsk

Sibirien

2015

18

Bau einer Fahrzeugproduktion für Great Wall Motor, Marke Haval

Fahrzeugbau

Tula

Zentral

2015

19

Gründung einer gemeinsamen Produk­tion von KAMAS- und WEICHAI-Motoren

Fahrzeugbau

Jaroslawl

Zentral

2017

20

Bau des internationalen Handels­zentrums »Greenwood«

Handel

Moskau

Zentral

2014

21

Russisch-chinesisches Ausstellungs­zentrum »Druschba«

Kunst und Kultur

Sankt Petersburg

Nordwest

2015

22

Gründung des fernöstlichen Zentrums für fortgeschrittene Holzverarbeitung

Landwirtschaft

Amur

Fernost

2016

23

Bau einer Methanolanlage in Irkutsk

Chemie

Irkutsk

Sibirien

2016

24

Bau einer Brücke über den Fluss Lena

Infrastruktur

Sacha (Jakutien)

Fernost

2016

25

Bau von chinesisch-russischen Innova­tions- und Industrieparks

Wirtschafts­förderung

(k. A.)

2016

26

Bau des Wohnkomplexes »Baltijskaja Schemtschuschina«

Infrastruktur

Sankt Petersburg

Nordwest

2016

27

Bau eines Getreide-Terminals

Landwirtschaft

Transbaikalien

Fernost

2016

28

Errichtung einer Methanol-Produktions­anlage in Skoworodino

Chemie

Amur

Fernost

2017

29

Logistikzentren bei Nischneleninskoje

Logistik

Jüdische Autonome Oblast

Fernost

2017

30

Errichtung eines Terminal- und Logistik­komplexes (»Bely Rast«)

Logistik

Oblast Moskau

Zentral

2017

31

Bau eines Aquakultur-Komplexes

Landwirtschaft

Primorje

Fernost

2017

32

Bau einer Methanolanlage in Nachodka

Chemie

Primorje

Fernost

2017

33

Bau einer Bergbau- und Aufbereitungsanlage für das Kupfervorkommen Ak-Sug

Bergbau

Tuwa

Sibirien

2017

34

Bau des russischen Teils der internationalen Verkehrsachse Europa-Westchina (Meridian)

Infrastruktur

(k. A.)

2017

35

Bau einer Straßenbrücke über den Amur in Blagoweschtschensk

Infrastruktur

Amur

Fernost

2017

36

Bau einer Seilbahn über den Fluss Amur in Blagoweschtschensk

Infrastruktur

Amur

Fernost

2017

37

Innovationscluster »Rostec City« mit einem Technologiepark und zugehöriger Infrastruktur in Moskau

Wirtschafts­förderung

Moskau

Zentral

2018

38

Einrichtung eines russisch-chinesischen Risikokapitalfonds in Wladiwostok

Finanzen

Primorje

Fernost

2018

39

Technologie-Cluster für die Aluminiumindustrie in Krasnojarsk

Wirtschafts­förderung

Krasnojarsk

Sibirien

2017

40

Entwicklung der Holzverarbeitungs­industrie (OOO SibirLjes) in Tomsk

Holzindustrie

Tomsk

Sibirien

2019

41

Agrar-Industriepark

Landwirtschaft

Pensa

Wolga

2018

42

Bau von Viehzuchtkomplexen in Tomsk

Landwirtschaft

Tomsk

Sibirien

2018

43

Erschließung der Kljutschewski-Goldmine

Bergbau

Transbaikalien

Fernost

2018

44

Bau eines Gas-Chemie-Komplexes für die Methanolproduktion

Chemie

Swerdlowsk

Ural

2016

45

Bergwerk und Aufbereitungsanlage für die Erzvorkommen Kingaschskoje und Werchnekingaschskoje

Bergbau

Krasnojarsk

Sibirien

2019

46

Bau eines Produktionskomplexes für Ammoniak und Harnstoff in Tula

Chemie

Tula

Zentral

2019

47

Bau eines Komplexes für die Herstellung von Salpetersäure und Ammoniumnitrat in Perwomaiski

Chemie

Tula

Zentral

2019

48

Empfangs- und Umschlagterminal für Flüssiggas und Propylen in Manjur

Logistik, Energie

(China)

2019

49

Gründung einer russisch-chinesischen Agrarholding mit AO »Legendagro Holding«

Landwirtschaft

Primorje

Fernost

2019

50

Herstellung und Vermarktung von monoklonalen Antikörpern (entwickelt von SAO »Biokad«)

Pharma

(China)

2019

51

Bau eines Zellstoffwerks im Bogu­tschanski Rajon

Holzindustrie

Krasnojarsk

Sibirien

2019

52

Lieferung von drei Schiffen (LNG-Tanker bis 51.000 Tonnen) von der Werft Swesda in Bolschoi Kamen

Schiffsbau

Primorje

Fernost

2019

53

Lieferung von zwei Schiffen (LNG-Tanker bis 114.000 Tonnen) von der Werft Swesda in Bolschoi Kamen

Schiffsbau

Primorje

Fernost

2019

54

Einrichtung eines gemeinsamen rus­sisch-chinesischen Innovationsfonds für Wissenschaft und Technologie

Wirtschafts­förderung

Moskau

Zentral

2019

55

E-Commerce Joint Venture »AliExpress Rossija«

Handel

Moskau