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Das Konditionalitätsprinzip hat sich in der Europäischen Union von einem Element ihrer auswärtigen Politik zu einem Instrument der Governance in der EU entwickelt.
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Dabei können verschiedene Typen der Konditionalität in der EU unterschieden werden: a) die Eintrittskonditionalität; b) die Governance-Konditionalität, die mit Hilfe der europäischen Ausgabenpolitiken gesteuert wird, und c) die Hebelkonditionalität, mit der verschiedene Politikbereiche miteinander verknüpft werden.
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Gegenwärtig ist insbesondere die Hebelkonditionalität heftig umstritten. Diesem Typus ist auch die Rechtsstaatskonditionalität zuzuordnen.
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Um angesichts dieser Konflikte das Konditionalitätsprinzip als Instrument europäischer Governance zu festigen, sollte sich die Europäische Union auf verschiedene Anpassungen des Prinzips verständigen.
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Hierzu gehören die Verankerung des Konditionalitätsprinzips in den europäischen Verträgen und darauf aufbauend die Konkretisierung der Anwendung des Prinzips im europäischen Sekundärrecht. Darüber hinaus sollte die Verpflichtung zur Umsetzung von vereinbarten Konditionalitäten auf der gleichen politischen Entscheidungsebene und in enger Zusammenarbeit zwischen der EU als Konditionalitätsanbieter und dem jeweiligen Konditionalitätsnehmer erfolgen.
Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung und Schlussfolgerungen
2 Annäherung an den Begriff der Konditionalität
3 Konditionalität in der Europäischen Union
3.1 Die Erweiterungs- oder Beitrittskonditionalität
3.2 Konditionalität in der Wirtschafts- und Währungsunion
3.3 Die wirtschaftspolitische Koordinierung und das Konzept der Konditionalität
3.4 Konditionalität in den europäischen Ausgabenpolitiken
3.4.1 a) Die Ex-ante-Konditionalitäten
3.4.2 b) Die Ex-post- oder Performance-Konditionalitäten
3.4.3 c) Die makroökonomische Konditionalität und die enge Verknüpfung mit dem Europäischen Semester
3.5 Die Umsetzungskonditionalität in der neuen Aufbau- und Resilienzfazilität
3.6 Die politische Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit
4 Versuch einer Typisierung der europäischen Konditionalitätspolitik
4.1 Die Eintrittskonditionalität
4.2 Die Governance-Konditionalität
4.3 Die politikfeldübergreifende Hebelkonditionalität
5 Die Weiterentwicklung der europäischen Konditionalitätspolitik
5.1 Stärken und Schwächen – eine vorläufige Bilanz
Problemstellung und Schlussfolgerungen
Es waren zunächst die internationalen Finanzinstitutionen, die zur Absicherung ihrer Kreditvereinbarungen das Prinzip der Konditionalität entwickelten. Auch die Europäische Union nutzt inzwischen dieses Prinzip in unterschiedlichen Formen und Anwendungsgebieten. Während sie es zunächst als Instrument zur Steuerung ihrer externen Handelsbeziehungen und entwicklungspolitischen Programme einsetzte, wurde es mit der Zeit zu einem bestimmenden Element ihrer Erweiterungspolitik. Mittlerweile greift die EU auf den Konditionalitätsansatz jedoch vornehmlich in den internen Politiken der EU zurück. Konditionalität hat sich zu einem durchaus erfolgreichen und produktiven Werkzeug der europäischen Politik entwickelt, denn sie führt zu einer Angleichung der politischen Ziele und Maßnahmen. Dabei nutzt die EU ihre finanziellen Förderprogramme durchaus wirksam als Hebel gegenüber den Mitgliedstaaten, um politische oder ökonomische Anpassungen durchzusetzen oder zu beschleunigen. Sie setzt ihre Fördergelder zum einen als finanzielle Anreize im Rahmen ihrer Ausgabenpolitiken ein, zum anderen aber auch dazu, um Verstöße gegen das europäische Recht oder eine fehlende oder unzureichende Implementierung gemeinsam vereinbarter Maßnahmen durch einzelne Mitgliedstaaten mit finanziellen Sanktionen zu belegen. Die Förderprogramme der EU fungieren dann als Sanktionsinstrumente und somit als finanzielle Hebel zur Durchsetzung der Konditionalität. Konditionalität ist also grundsätzlich eine Quid-pro-quo-Vereinbarung.
Die Umsetzung der jeweiligen Auflagen überwacht die EU in der Regel mit einem umfassenden Monitoring. Die europäische Konditionalitätspolitik hat sich so zu einer prozessorientierten Auflagenpolitik entwickelt; der Anspruch, der mit ihr verknüpft wird, reicht über eine punktuelle Anpassung spezifischer Entscheidungen hinaus. Sie soll vielmehr dauerhafte Veränderungen der nationalen Politiken in den Mitgliedstaaten bewirken, die Beachtung eingegangener Verpflichtungen gewährleisten und sicherstellen, dass die gemeinsamen europäischen Ziele verfolgt werden. Mit der Anwendung des Konditionalitätsprinzips eröffnen sich somit zusätzliche Möglichkeiten zur Governance im EU-Rahmen und zur Initiierung unabdingbarer politischer Anpassungen in einzelnen Mitgliedstaaten; die auferlegten Vorgaben können dabei auf die speziellen Bedingungen und Anforderungen in den betroffenen Mitgliedstaaten zugeschnitten werden. Konditionalität ist also ein differenziert und flexibel zu handhabendes Instrument, das als Teil des europapolitischen Werkzeugkastens geeignet ist, präventiv die Regelkonformität der Mitgliedstaaten herzustellen und zu festigen.
Insbesondere die politikfeldübergreifende Anwendung des Konditionalitätsprinzips hat gleichwohl Kritik hervorgerufen und Spannungen und Konflikte zwischen der EU und den betroffenen Mitgliedstaaten ausgelöst. Während der Eurozonen-Krise vor einem Jahrzehnt gab es Stimmen, die die Verknüpfung von Zuwendungen aus den europäischen Strukturfonds mit einer soliden Fiskalpolitik in den Mitgliedsländern ablehnten. Derzeit führt der Rechtsstaatsmechanismus, also die Nichtauszahlung europäischer Fördergelder an Polen und Ungarn wegen der rechtsstaatlichen Mängel in diesen Staaten, zu heftigen Auseinandersetzungen, die trotz der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im März 2022 nicht beigelegt sind. Darüber hinaus hat die Form, in der verschiedene Politikfelder mit dem Instrument der Konditionalität miteinander in Beziehung gesetzt werden, durchaus Einfluss auf die Wirkung, auf die Möglichkeiten zur Um- und Durchsetzung und auf den allgemeinen Charakter des Prinzips als politisches Steuerungs- und Sanktionsinstrument. Zum einen werden rechtlich und politisch zu unterscheidende Regelungsbereiche über die Konditionalität miteinander verknüpft und in der Folge der Radius europäischer Governance auf bislang vornehmlich mitgliedstaatlich regulierte Bereiche ausgeweitet. Zum anderen geht mit dem Funktionswandel des Konditionalitätskonzepts in der EU und der administrativen Begleitung und Überwachung der Auflagen eine Stärkung der europäischen Verwaltung, das heißt insbesondere der Europäischen Kommission, gegenüber den Mitgliedstaaten einher.
Das Ergebnis einer Analyse der Anwendung des Konditionalitätsprinzips in der Europäischen Union sollte sein, dass diese Konflikte minimiert werden und das grundsätzlich erfolgreiche Instrument europäischer Governance gefestigt wird. Insofern stellen sich einige elementare Fragen zur Praxis der Konditionalität in der europäischen Politik neu:
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Wie kann die Legitimität des veränderten Einsatzes europäischer Konditionalität auch in den betroffenen Mitgliedstaaten gesichert und der Einsatz selbst damit akzeptabel gemacht werden?
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Wie kann die Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit der Sanktionen gewahrt und erklärt werden – sowohl gegenüber dem jeweils betroffenen Mitgliedstaat als auch gegenüber den anderen Mitgliedstaaten, die sich rechts- und regelkonform verhalten?
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Wie kann bei einer differenzierten Anwendung von Konditionalität in der EU die Berücksichtigung nationaler Situationen vor dem Vorwurf der politisierten Beliebigkeit geschützt werden?
Um die Spannungen, die der Rückgriff auf das Konditionalitätsprinzip in der Europäischen Union auslöst, zu mildern und zugleich einen erfolgreichen, ergebnisorientierten und effizienten Einsatz des Prinzips weiterhin zu ermöglichen, sollte es reformiert werden.
Zunächst sollte der Konditionalitätsmechanismus nur auf einer gesicherten europarechtlichen Grundlage und gemeinsam verabschiedeter Umsetzungsregeln eingesetzt werden. Darüber hinaus gilt es, die Konditionalitätsvereinbarungen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten in einer engen, transparenten und konstruktiven Zusammenarbeit zu treffen. Dabei sollten die beiden Elemente der Konditionalität, also einerseits die Gewährung finanzieller Hilfen respektive die Androhung finanzieller Sanktionen durch die EU, sowie andererseits die Implementierung der vereinbarten Maßnahmen auf der jeweils gleichen politischen Entscheidungsebene erfolgen. Darüber hinaus sollte die europäische Governance-Konditionalität von einem ebenfalls gemeinsam abzustimmenden dichten, transparenten und wirkungsvollen Monitoring begleitet werden. Diese enge Kooperation bei der Vereinbarung eines Konditionalitätszusammenhangs und beim entsprechenden Monitoring dient dem Ziel, die Funktionalität und Legitimität des Konditionalitätskonzepts innerhalb des EU-Rahmens zu stärken. Denn die wichtigste Funktion der europäischen Governance-Konditionalität ist sicherlich ihre präventive Funktion, mit anderen Worten das Ziel, dass ihr Sanktionsmechanismus nicht angewandt werden muss.
Zunächst ist deshalb zu prüfen, wie das Konzept der Konditionalität bisher in der EU genutzt wurde und wo dessen besondere Stärken, aber auch Schwächen für die Politik in der Europäischen Union liegen. Welche Typen der Konditionalität haben sich herausgebildet und welche Besonderheiten kennzeichnen den jeweiligen Typus? Aufbauend auf dieser Analyse können dann Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung des Konzepts vorgeschlagen werden.
Annäherung an den Begriff der Konditionalität
Das Konzept der Konditionalität ist keineswegs neu.1 Es hat nach dem Zweiten Weltkrieg eine facettenreiche Entwicklung durchlaufen von einem Baustein zur Absicherung internationaler Finanzhilfen und Kredite zu einem Instrument der internationalen Handels- und Entwicklungspolitik und schließlich zu einem Steuerungselement der Governance in der Europäischen Union. Ganz grundsätzlich wird unter dem Begriff der »Konditionalität« das Verfahren verstanden, bei dem die Gewährung bestimmter Leistungen, insbesondere finanzieller Hilfen, an die Umsetzung spezifischer politischer Maßnahmen bzw. die Erfüllung konkreter Bedingungen geknüpft wird. Zunächst wurde diese Politik von internationalen Finanzinstitutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank verfolgt, die ihre Kredite und finanziellen Hilfen an die Voraussetzung banden, dass der Empfängerstaat bestimmten politischen oder wirtschaftlichen Auflagen nachkam.
Eine besondere Rolle bei der Entwicklung des Konditionalitätskonzepts kam dabei dem IWF zu.2 Sinn und Zweck der IWF-Konditionalität war es zunächst, der Washingtoner Organisation eine gewisse Form der Absicherung zu geben, dass der Empfänger von Finanzhilfen die gewährten Kredite auch zurückzahlen kann und wird. Darüber hinaus sollte mit den Konditionen gewährleistet werden, dass der Adressat die Mittel erfolgreich, möglichst effizient und nachhaltig verwendete.3 Mit der Zeit wurde das Instrument der Konditionalität breiter eingesetzt und politisch relevanter, indem es Eingang fand in bilaterale Handelsabkommen4 – nahezu jedes internationale Handelsabkommen beinhaltet inzwischen Konditionalitäten wie die Achtung der allgemeinen Menschenrechte, sozialer Grundrechte oder auch umwelt- und klimapolitischer Vorgaben.5 Zu Beginn der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts rekurrierten internationale Institutionen dann auf das Konditionalitätskonzept, wenn sie ihre Finanzhilfen in entwicklungspolitische Programme einbanden.6
Beide Seiten müssen von der Sinnhaftigkeit der Konditionalität überzeugt sein, damit die Umsetzung der Konditionalitätsvereinbarung ein Erfolg wird.
Grundsätzlich verbindet Konditionalität also die Handlungen zweier voneinander unabhängiger politischer Akteure, wobei diese Verbindung in der Regel von einer Asymmetrie der politischen Durchsetzungsfähigkeit bzw. von ungleichen politischen Abhängigkeiten oder Autonomiegraden geprägt ist. In der Implementierung setzt das Konzept dabei eine utilitaristische Rationalität beider Partner, des Gebers und des Empfängers, voraus. Bei der Vereinbarung der Konditionalitäten wägen sie ökonomische und politische Veränderungen gegen die in Aussicht gestellten politischen oder finanziellen Hilfen ab; sie nehmen demnach eine rationale Kosten-Nutzen-Kalkulation vor.
Wenn die Umsetzung der Konditionalitätsvereinbarung, also insbesondere die politische, wirtschaftliche oder rechtliche Veränderung im Empfängerstaat, effektiv, dauerhaft oder gar irreversibel sein soll, dann müssen beide Akteure von der Sinn- und Vorteilhaftigkeit der Konditionalität überzeugt sein. Häufig wird deshalb gefordert, die sogenannte ownership mit den Konditionalitäten zu verstärken – das heißt die Einsicht auf Seiten des Adressaten, dass die auferlegten Anpassungen erforderlich sind und er selbst für deren erfolgreiche Implementierung die Verantwortung trägt.7 Demnach sollten in erster Linie Reformen oder Entwicklungen gefördert werden, die der Empfänger von Finanzhilfen ohnehin geplant oder als notwendig erachtet hat.
Der Begriff der Konditionalität wird inzwischen in ganz unterschiedlichen Kontexten verwendet und mit vielen verschiedenen Zielen, Inhalten und Funktionen verknüpft.8 So lässt sich das Verhalten des Empfängers von finanziellen Unterstützungsleistungen durch Belohnungen oder umgekehrt durch den umfassenden oder teilweisen Entzug von Hilfen beeinflussen, das heißt durch positive oder negative Konditionalität. Positive Konditionalität, also eine auf Anreizen basierende Politik, bedeutet, dass eine Prämie ausgezahlt wird, wenn der Empfänger der Vergünstigungen das zuvor vereinbarte Konditionalitätsziel erfüllt. Negative oder punitive Konditionalität hingegen bedeutet, dass im Falle der Nichteinhaltung oder Nichterfüllung der Vorgaben oder Ziele Belohnungen einbehalten oder Sanktionen verhängt werden, um den Adressaten zu zwingen, seine Politik zu ändern oder anzupassen. Dabei kann es durchaus sein, dass Sanktionen über die eigentliche Konditionalitätsvereinbarung hinausreichen und auch nur indirekt Beteiligte mit dem Entzug oder der Nichtgewährung einer in Aussicht gestellten Unterstützung belegt werden. Auch der Zeitpunkt, zu dem die jeweilige Konditionalität angewendet wird, charakterisiert den Konditionalitätsmechanismus. Im Falle einer Ex-ante-Konditionalität müssen gewisse Bedingungen erfüllt sein, bevor eine Belohnung geleistet wird oder eine Sanktionierung erfolgt. Bei Ex-post-Konditionalitäten hingegen setzt der Hebel erst nach der Entscheidung des Empfängers an, seine Politik zu ändern oder an ihr festzuhalten.
Mit dem Begriff »Konditionalität« kann also ein bestimmtes Ziel verbunden werden oder ein länger andauernder politischer Anpassungsprozess, dessen Umsetzung Teil der Vereinbarung ist. Es können jedoch auch spezifische politische Maßnahmen infolge eines Anreizes von außen damit bezeichnet werden oder weitreichende Reformentscheidungen bzw. ein umfassendes Anpassungsprogramm oder eine breite Reformstrategie.
Obwohl dieses Konzept klar und einleuchtend erscheint und seine Anwendung in der politischen Praxis beständig zugenommen hat, ist es nach wie vor umstritten. Der häufige Einsatz und die politische Reichweite der Konditionalitäten werden ebenso kritisiert wie die Effektivität und Effizienz des Ansatzes. Hinterfragt wird auch die Kausalität zwischen den Konditionalitäten und den politischen Veränderungen. Schließlich gibt es Stimmen, die die Legitimität und die Transparenz des Konzepts sowie die Dauerhaftigkeit bzw. Nachhaltigkeit der Anpassungen in Zweifel ziehen.
Konditionalität in der Europäischen Union
Die Europäische Union übernahm zunächst das entwicklungspolitische Konditionalitätskonzept der internationalen Finanzinstitutionen für ihre eigene Entwicklungszusammenarbeit und dehnte die Strategie dann auf weitere Politiken gegenüber Drittstaaten aus.9 In der Folge übertrug sie den Ansatz zunehmend auf den Bereich ihrer internen Governance; so wurde das Konditionalitätsprinzip zu einem wichtigen Element der Finanzbeziehungen zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten. Mittlerweile greift die Union mehr und mehr auf das Mittel zurück, ihre Fördergelder an Konditionen zu knüpfen, um die Politik in den Mitgliedsländern zu beeinflussen. Diese Ausweitung des Konditionalitätskonzepts auf nahezu alle Ausgabensparten des EU-Budgets hat zur Bildung einer »permanent conditionality culture inside the EU«10 geführt.
Die Anwendung des Konditionalitätsmechanismus in der Europäischen Union lässt sich daher bei sehr unterschiedlichen externen und internen Politiken und Prozessen nachweisen: in der Erweiterungspolitik der EU, in der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, in der europäischen Kohäsionspolitik und in der Frage, ob und wie europäische Grundwerte mit dem Instrument der Konditionalität in den Mitgliedstaaten durchgesetzt werden können.
Die Erweiterungs- oder Beitrittskonditionalität
Die Erweiterungskonditionalität wird häufig als erfolgreichste Anwendung des Konditionalitätsmechanismus durch die Europäische Union angesehen.11 Die wissenschaftliche Aufmerksamkeit hat sich bislang allerdings vornehmlich auf die Analyse der Konditionen gerichtet, die die EU während des langen Prozesses der Osterweiterung von Anfang der 1990er Jahre bis zur Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Kandidaten in den Jahren 2004 und 2007 festgelegt hat; die früheren Erweiterungsprozesse wurden hingegen nicht mit diesem Konzept ausgeleuchtet.12 Dabei ist das Prinzip der Konditionalität für den Beitrittsprozess nicht im europäischen Vertragsrecht verankert; Artikel 49 des EU-Vertrags (EUV) erwähnt zwar zwei Bedingungen für die Beantragung der EU-Mitgliedschaft: der beitretende Staat muss ein europäischer Staat sein und das in Artikel 2 EUV formulierte Wertefundament der EU achten. Aber die differenzierte Form der Konditionalität, die im Zuge der Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Reformstaaten schrittweise entwickelt wurde, war Resultat einer politischen, keiner rechtlichen Festlegung.
Die Beitrittskonditionalitäten der EU‑Osterweiterung beinhalteten eine umfassende politische, ökonomische und gesellschaftliche Transformation.
Die Konditionalitäten, die im Rahmen der Aufnahme eines neuen Mitglieds zu beachten sind, wurden 1993 im Vorfeld der EU-Osterweiterung vom Europäischen Rat von Kopenhagen formuliert: die sogenannten Kopenhagener Beitrittskriterien.13 Diese politischen und ökonomischen Kriterien für die Beitrittsreife bedeuteten für die Kandidaten, dass sie ihre politischen, ökonomischen, sozialen und rechtlichen Strukturen und Systeme grundlegend transformieren mussten.14 Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten wurden zum Vorbild und Modell sowie zur Messlatte für diese Reformprozesse. Die Erweiterungskonditionalitäten waren umfassend und betrafen alle Politikfelder. Ihre Formulierung blieb insofern zwangsläufig relativ unbestimmt und offen für Anpassungen und Interpretationen. Die Konditionalitäten veränderten sich während der langjährigen Vorbereitungsphase der EU-Osterweiterung mehrfach und unterlagen einem evolutiven politischen Prozess, den die Europäische Union dominierte.15 Die EU nutzte dabei erfolgreich ihre »power of ultimate agreement«16; sie gab die politischen Ziele vor, bestimmte die Bedingungen und auch das Tempo der Umsetzung. Sie konkretisierte im Laufe der Zeit ihre zunächst sehr allgemeinen Beitrittskriterien und entwickelte neue Koordinierungsgremien und ‑instrumente, mit denen sie den Kandidaten zugleich half, ihre Politiken anzupassen, die Kriterien zu erfüllen und damit ihrer Mitgliedschaft in der Union näher zu kommen.17
Während der Beitrittsverhandlungen verband die EU dann die Öffnung oder den vorläufigen Abschluss einzelner Verhandlungskapitel mit spezifischen Konditionalitäten. Im Zuge eines kontinuierlichen Monitoringprozesses wurden die Entwicklungen – Fortschritte, Stagnation oder auch Verschlechterungen – in den Kandidatenländern verfolgt, analysiert und regelmäßig in Länderberichten bewertet. Im weiteren Verlauf der Beitrittsverhandlungen wuchs allerdings auch der politische Druck auf die EU selbst, diese erfolgreich abzuschließen. Brüssel beendete den Konditionalitätsmechanismus indes erst mit der tatsächlichen Aufnahme der zehn mittel- und osteuropäischen Kandidaten in die Europäische Union.
Die EU nutzte also ihre starke Position im Zuge dieser Ex-post-Konditionalität, um Vorbedingungen für die Aufnahme zu formulieren und um endgültig und autonom die jeweilige Beitrittsreife zu bewerten und dann zu entscheiden. Das Kriteriengerüst war dennoch keineswegs unpolitisch oder objektiv messbar – weder für die Kandidaten noch für die EU und ihre Mitgliedstaaten. Das Aufnahmeverfahren verlief auch nicht nach den Regeln einer rein ergebnisbezogenen Ex-post-Konditionalität, sondern war ein komplexer, flexibel handhabbarer Prozess, der ständigen Anpassungen und Veränderungen unterworfen war.
Konditionalität in der Wirtschafts- und Währungsunion
Das Konditionalitätskonzept für die europäische Wirtschafts- und Währungsunion ist im europäischen Primärrecht verankert. Die Teilnahmebedingungen an der Wirtschafts- und Währungsunion sind in Artikel 140 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definiert und werden mit dem Protokoll über die Konvergenzkriterien konkretisiert.18 Diese Kriterien dienten (und dienen noch immer) als Beitrittsvoraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Eurozone: Die Mitgliedstaaten der EU müssen ihre wirtschaftliche Konvergenz nachweisen und deren Nachhaltigkeit belegen, um der Eurozone beitreten zu können.
Das Konditionalitätskonzept für die europäische Wirtschafts- und Währungsunion entspricht demzufolge der Form einer Ex-ante-Konditionalität; mit anderen Worten, es fußt auf der bereits bestehenden Erfüllung der Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrags. Mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt und der Verpflichtung der Mitgliedstaaten in Artikel 126 AEUV, ein übermäßiges Defizit ihrer öffentlichen Haushalte zu vermeiden, sowie mit dem Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit wurden diese Konvergenzkriterien zu dauerhaft einzuhaltenden Bedingungen für die Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Konditionalitäten wurden darüber hinaus mit Sanktionen verbunden. Sollte ein Mitgliedstaat sein übermäßiges Defizit nicht abbauen, so kann der Rat weitere Informationen und Prüfungen anordnen und sogar Geldbußen verhängen.19
Die Mitgliedschaft in der Eurozone setzt die Akzeptanz von fiskalpolitischen Vorgaben voraus, deren Nichtbeachtung mit Sanktionen verbunden ist.
In der Eurozone bedeutet Konditionalität also nicht, dass ein spezifisches politisches Ziel erreicht oder eine zuvor definierte politische, rechtliche oder ökonomische Reform implementiert werden muss und dafür Anreize oder Belohnungen angeboten werden. Vielmehr erfordert die Mitgliedschaft in der Eurozone die Akzeptanz und Einhaltung von fiskalpolitischen Vorgaben, deren Nichtbeachtung mit Sanktionen verbunden ist. Aus einer positiven Ex‑ante-Konditionalität wird also nach dem Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion eine dauerhafte punitive Konditionalität.
Obwohl der Stabilitäts- und Wachstumspakt inzwischen mehrfach reformiert wurde, blieb das grundsätzliche Konzept der negativen Konditionalität und des dauerhaften Monitorings unverändert. Mit der präventiven und korrektiven Komponente, die Teil des Paktes ist, wurde die kontinuierliche Überwachung der Einhaltung der Konditionalität zugleich weiter spezifiziert und konkretisiert. Im Ergebnis wurde die negative Konditionalität in der Wirtschafts- und Währungsunion zu einem grundlegenden Steuerungsinstrument, das über einzelne fiskalpolitische Maßnahmen oder Bedingungen hinausreicht.20
Allerdings war die Konditionalität in der Wirtschafts- und Währungsunion bei weitem nicht so erfolgreich, wie es die Erweiterungskonditionalität im Fall der Ostweiterung war. Der Nachweis der Ex-ante-Konditionalitäten für die Mitgliedschaft in der Eurozone wurde in einigen Fällen geschönt. Darüber hinaus blieben bereits die ersten Konditionalitätsverstöße durch Deutschland und Frankreich 2003 unsanktioniert und die Einhaltung des mehrfach reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakts ist bis heute nicht zufriedenstellend – Sanktionen wurden noch nicht verhängt.
Während der Finanz- und Bankenkrise 2008, die sich dann ab 2010 zur Staatsschuldenkrise in der Eurozone weiterentwickelte, legten die EU und ihre Mitgliedstaaten sowie die Europäische Zentralbank (EZB) gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds umfangreiche Hilfspakete für angeschlagene Mitgliedstaaten auf. Diese wurden mit einer klassischen IWF-Konditionalität verbunden: Im Gegenzug für die Finanzhilfen mussten die Empfänger sich in Memoranda of Understanding zu weitreichenden und schmerzhaften Reformen und insbesondere drastischen Kürzungen ihrer staatlichen Ausgaben sowie zu tiefen Einschnitten in ihre nationalen Sozialsysteme verpflichten. Die EZB weitete diese Konditionalitäten im Verlauf der Krise aus und bezog auch Mitgliedstaaten der Eurozone in ihre Reformvorgaben mit ein, die keine Finanzhilfen erhielten oder angefragt hatten. Sie machte ihre Finanzhilfen nicht nur abhängig von harten Sparprogrammen in den Empfängerländern; sie erwartete sogar von den Oppositionsparteien des jeweiligen Landes, dass sie sich im Fall eines Regierungswechsels ebenfalls an die Vereinbarungen halten würden, und sie drängte auf die Übernahme der Zahlungsverpflichtungen privater Banken und die Entschädigung privater Gläubiger.21 EZB-Präsident Jean-Claude Trichet versandte darüber hinaus im Sommer 2011 Briefe an die Regierungen Italiens und Spaniens, die keine Finanzhilfen erhielten und also keinem akuten und förmlichen Konditionalitätsverfahren unterlagen. In diesen Schreiben mahnte Trichet Struktur- und Arbeitsmarktreformen, Privatisierungen und sogar Lohnkürzungen an, um das Vertrauen der Finanzmärkte in die fiskalpolitische Stabilität der beiden Staaten wiederherzustellen. Diese Briefe wurden als vorgezogene Konditionalitäten für potentielle Finanzhilfen der EZB interpretiert. Jacoby und Hopkin sprechen in diesem Zusammenhang von »implied conditionality«.22
Im Zuge der Krise wurden darüber hinaus eine Reihe neuer Instrumente geschaffen, insbesondere der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM). Zum anderen führte die EU zusätzliche Monitoring- und Kontrollmechanismen ein, um die Einhaltung der ursprünglichen Konditionalität der europäischen Verträge zu gewährleisten, das heißt die Selbstverpflichtung auf eine stabile und nachhaltige Haushaltspolitik in allen Mitgliedstaaten der EU.23 Damit wurde neben der spezifischen Konditionalität von Finanzhilfen und Sparprogrammen für einzelne Krisenstaaten in der EU und der Eurozone auch die allgemeine und grundsätzliche Konditionalität in der Wirtschafts- und Währungsunion geschärft. Diese Ausweitung der präventiven Konditionalitätsmechanismen fußte sowohl auf politischen Selbstverpflichtungen als auch auf zusätzlichen europarechtlichen Konditionalitäten durch neue Verordnungen und Richtlinien der EU.
Im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise nach 2008 wurde das Instrumentarium der EU-internen Konditionalität erheblich ausgeweitet.
Im März 2011 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der damals 17 Mitgliedstaaten der Eurozone und sechs weiterer Staaten (Bulgarien, Dänemark, Lettland, Litauen, Polen und Rumänien) auf den sogenannten »Euro-Plus-Pakt«.24 In diesem Übereinkommen verpflichteten sich die unterzeichnenden Staaten dazu, in Politikbereichen, »die in die einzelstaatliche Zuständigkeit fallen und die für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und die Vermeidung schädlicher Ungleichgewichte von entscheidender Bedeutung sind«, vier konkrete Ziele zu verwirklichen: die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten und die Finanzstabilität zu stärken. Die Europäische Union weitete demzufolge den Anwendungsbereich ihrer wirtschafts- und währungspolitischen Konditionalität in zweifacher Richtung aus: Sie verpflichtete, erstens, Mitglieder der EU, also nicht nur die Eurozonen-Teilnehmer, zu stabilitätsorientierten nationalen Fiskalpolitiken und zu wachstumsorientierten Wirtschaftspolitiken. Damit dehnte sie, zweitens, den materiellen Anwendungsbereich der europäischen Konditionalitätspolitik auf Politikfelder aus, die nur mittelbar auf die europäische Währungspolitik einwirken und zu deren Regulierung die Europäische Union nur über eingeschränkte Kompetenzen verfügt.
Mit dem sogenannten »Fiskalpakt«, der am 1. Januar 2013 in 25 EU-Mitgliedstaaten in Kraft trat, wurde der Konditionalitätsmechanismus in der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion nochmals erheblich verschärft.25 Mit diesem Vertrag verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten auf die Verabschiedung ausgeglichener Haushalte und, wenn möglich, auf die Fixierung nationaler Schuldenbremsen in ihren nationalen Verfassungen. Sollte ein Mitgliedstaat die Defizitgrenzen überschreiten und er den Empfehlungen der Europäischen Kommission zum Abbau seiner Schulden nicht nachkommen, kann er vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt werden. Dieser kann dann finanzielle Sanktionen gegen den Mitgliedstaat in Höhe von maximal 0,1 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verhängen.
Zusammengefasst bleibt festzuhalten, dass im Zuge der Finanz- und Staatsschuldenkrise in der EU und insbesondere in der Eurozone das Instrumentarium der EU-internen Konditionalität deutlich vergrößert wurde. Neue Formen der negativen Konditionalität wurden eingeführt und neue Institutionen und Instrumente geschaffen. Mit dem Fiskalpakt und der darin fixierten Selbstverpflichtung zur Einführung nationaler Schuldenbremsen wurde schließlich das europäische Konditionalitätskonzept der strikten Haushaltsdisziplin in der Eurozone auf die nationalen Fiskalpolitiken und sogar auf die nationalen Verfassungsordnungen ausgeweitet.
Die wirtschaftspolitische Koordinierung und das Konzept der Konditionalität
Als Reaktion auf die tiefe Staatsschuldenkrise 2010/11 verabschiedete die EU darüber hinaus zwei umfangreiche Gesetzespakete: das sogenannte »Sixpack«, das sechs Legislativakte umfasste und im Dezember 2011 in Kraft trat, und das »Twopack« vom Mai 2013, das zwei weitere Gesetzgebungsakte beinhaltete. Beide Legislativpakete sollten den Stabilitäts- und Wachstumspakt ergänzen und die Überwachung der nationalen Haushalte und der wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU verbessern.
Insbesondere mit dem neuen Modus zur Identifizierung makroökonomischer Ungleichgewichte wurden neue Konditionalitätskriterien und ‑indikatoren in das wirtschaftspolitische Monitoring eingeführt.26 Dieses Ungleichgewichteverfahren wurde mit der Möglichkeit von Sanktionen verbunden, sollte ein Staat nicht den Empfehlungen der EU zur Anpassung seiner nationalen Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialpolitiken folgen.27 Die zusätzliche negative Konditionalität sollte der EU dabei helfen, frühzeitig Risiken für die nationalen Fiskalpolitiken und damit mittelbar für die Stabilität der gemeinsamen Währung zu erkennen. Mit dem Twopack wurde darüber hinaus vorgegeben, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone ihre Haushaltsentwürfe vorab der Europäischen Kommission zur Prüfung und Stellungnahme vorlegen müssen. Teil dieser verstärkten fiskalpolitischen Überwachung war das Recht der Kommission, dem Mitgliedstaat Änderungen an dessen Etatentwurf vorzuschlagen, falls sie schwere Verstöße gegen die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts feststellt. Damit erhielt die Kommission zwar nicht die Kompetenz, im Namen der EU in die beanstandeten nationalen Haushaltsentwürfe einzugreifen, und die Mitgliedstaaten müssen auch nicht zwangsläufig die Änderungswünsche aus Brüssel umsetzen. Der Kommission öffneten sich dadurch jedoch zusätzliche Wege, um auf die nationalen Fiskalpolitiken Einfluss zu nehmen: Sie konnte fortan die einzelstaatlichen Budgetplanungen deutlich enger und genauer überwachen und auf deren Gestaltung einwirken; auch die mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt ohnehin schon bestehenden Instrumente der negativen Konditionalität im Rahmen der Haushaltsüberwachung wurden mit dem Twopack noch weiter verschärft.
Darüber hinaus werden seit 2011 in einem jährlichen Verfahren – dem Europäischen Semester – die nationalen Fiskalpolitiken und die mitgliedstaatlichen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitiken intensiver überwacht und aufeinander abgestimmt.28 Mit diesem präventiven Koordinierungs- und Monitoringverfahren werden nahezu alle Politikbereiche, die auf die nationalen Ökonomien der Mitgliedstaaten und somit mittelbar auch auf die EU und die gemeinsame Währung einwirken können, einer Vorabkontrolle durch die EU-Kommission unterzogen. Seither verfügt die Kommission mit dem Instrument der sogenannten länderspezifischen Empfehlungen über eine weitere Möglichkeit, die Mitgliedstaaten zu Anpassungen und Reformen ihrer jeweiligen Wirtschafts-, Beschäftigungs- oder Sozialpolitiken aufzufordern und die Umsetzung der Empfehlungen zu überwachen. Der Anwendungsbereich der ursprünglich auf fiskalpolitische und makroökonomische Fragen begrenzten Konditionalität in der Wirtschafts- und Währungsunion wurde so inhaltlich stark ausgeweitet.
Mit dem Europäischen Semester wurde eine besondere Form einer prozessorientierten impliziten Konditionalität geschaffen.
Mit dem Europäischen Semester wurde auch ein technisch-administrativer Mechanismus entwickelt, um ein kontinuierliches Monitoring der Politiken der Mitgliedstaaten zu gewährleisten und spezifische Reformempfehlungen zu formulieren. Es wurde also eine besondere Form einer prozessorientierten impliziten Konditionalität geschaffen.29 Der wirtschaftspolitische Konditionalitätsmechanismus beschränkt sich dabei nicht auf konkrete und eingrenzbare Programme oder spezifische Politikbereiche, sondern hat sich zu einem kontinuierlichen, politikfeldübergreifenden Monitoring-und-Governance-Mechanismus weiterentwickelt – zu einem Instrument der »governance by conditionality«.30 Das Monitoring im Rahmen des Europäischen Semesters dehnt Konditionalität zu einem dauerhaften Prozess aus, ohne dass dabei ein Ziel oder ein Endpunkt definiert würde.
Konditionalität in den europäischen Ausgabenpolitiken
Das Instrumentarium der Konditionalität – sowohl der positiven und negativen als auch der Ex-ante- und Ex-post-Varianten – war stets Teil der europäischen Ausgaben- und Förderpolitiken. Die europäischen Förderprogramme und Fördergelder wurden durchgängig mit der Umsetzung spezifischer Vorgaben verbunden, sowohl die Zahlungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik an die landwirtschaftlichen Betriebe und in der Fischereipolitik als auch die aus den europäischen Strukturfonds.31 Unkonditionierte EU-Förderprogramme, also reine Finanztransfers, die an keine Bedingungen der Förderungsfähigkeit oder an bestimmte Förderziele gebunden wären, gibt es nicht.32
Dennoch unterscheidet sich das Konzept der Konditionalität mit Hilfe der europäischen Ausgabenpolitiken und Förderprogramme von der eigentlichen Zweckbestimmung dieser Gelder. Denn dieser Ansatz verbindet verschiedene Entscheidungsebenen und Verantwortlichkeiten und verfolgt zunehmend auch weiterreichende Intentionen. Inzwischen werden die Fördergelder der EU immer öfter zu finanziellen Hebeln, um politische Ziele zu erreichen, die über das eigentliche Förderziel hinausgehen. So hat die EU mittlerweile eine besondere Form der europäischen »Ausgabenkonditionalität« oder »Haushaltskonditionalität« entwickelt.33
Die Grundlagen für diese »power of the purse«34 wurden bereits mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2014–2020 geschaffen und mit dem neuen MFR 2021–2027 weiter ausgebaut. Insbesondere die Gelder aus dem europäischen Strukturfonds bilden einen starken finanziellen Hebel. John Bachtler und Carlos Mendez sprechen im Kontext der europäischen Kohäsionspolitik deshalb von einer »institutionalisation of conditionality«.35
In der sekundärrechtlichen Dachverordnung,36 die allgemeine Bestimmungen für die europäischen Strukturfonds enthält, wurden drei Formen der Konditionalität für die Strukturfonds verankert:37
a) Die Ex-ante-Konditionalitäten
Bereits bevor die EU-Fördergelder bewilligt werden, müssen die nationalen Verwaltungen in den Empfängerstaaten nachweisen, dass zufriedenstellende ordnungspolitische und institutionelle Rahmenbedingungen geschaffen wurden, die eine möglichst effiziente Verwendung der EU-Mittel garantieren. Diese Vorbedingungen sollen sicherstellen, dass strukturelle Probleme oder institutionelle Schwächen in den Förderregionen vor Beginn der Auszahlung der Gelder beseitigt werden. In der neuen Förderperiode werden diese Ex-ante-Konditionalitäten nun als »grundlegende Voraussetzungen« bezeichnet.38 Diese reichen von vergaberechtlichen und beihilferechtlichen Erfordernissen über die Achtung und Anwendung der Charta der Grundrechte bis zur Umsetzung des UN-Übereinkommens zum Schutz von Menschen mit Behinderungen.
b) Die Ex-post- oder Performance-Konditionalitäten
Auch mit den Ex-post- oder Performance-Konditionalitäten soll die Ergebnisorientierung der europäischen Förderinstrumente gestärkt und somit die Effektivität und Effizienz der europäischen Kohäsionspolitik insgesamt verbessert werden. Mit diesem strategischen und leistungsorientierten Ansatz wurde zugleich ein Überwachungs- und Bewertungssystem eingeführt, um die erfolgreiche und nachhaltige Implementierung der Strukturpolitik sicherzustellen. Für die Förderperiode 2021–2027 haben die Mitgliedstaaten deshalb die Erstellung eines Leistungsrahmens mit festen Output- und Ergebnis-Indikatoren vereinbart und so ein administrativ-technisches Steuerungsinstrument entwickelt. Empfänger europäischer Fördergelder müssen für jedes Förderprogramm einen Leistungsrahmen erstellen und hierfür geeignete Indikatoren entwickeln sowie messbare Zwischenziele und Endziele fixieren. Damit dient der Leistungsrahmen der Bilanzierung der Förderprogramme und im Endeffekt zur Rechtfertigung für die Auszahlung von leistungsbezogenen Reserven im letzten Jahr der Förderperiode; darüber hinaus soll der Rahmen dazu nutzen, »die Leistung des Programms während dessen Durchführung zu begleiten und zu evaluieren und darüber Bericht zu erstatten«.39 Auf diese Weise trägt das Instrument zur Bemessung einer erfolgreichen europäischen Strukturförderung bei.
Mit der Performance-Konditionalität soll also grundsätzlich die Effizienz und Effektivität der europäischen Fördergelder verbessert werden. Allerdings hat die EU auf eine ergebnisbezogene negative Konditionalität und die Option der Sanktionierung verzichtet. Der Verlust von eingeplanten Fördergeldern droht den Regierungen in den EU-Ländern damit nicht. Diese negative Konditionalität war ohnehin höchst umstritten, sie wurde von den Mitgliedstaaten grundsätzlich abgelehnt und war in der Praxis der Fondsverwaltung nicht umsetzbar. An die Stelle einer solchen negativen Konditionalität ist ein Mechanismus der kontinuierlichen Begleitung und Überwachung der Förderprogramme getreten mit der Aufgabe, eine umfassende Programmevaluation zu ermöglichen. Das permanente Monitoring, das der inhaltlichen Steuerung der Förderprogramme dient, erfordert neben der ununterbrochenen Datenerhebung auch die Etablierung entsprechender administrativer Strukturen in den Empfängerstaaten und ‑regionen.
c) Die makroökonomische Konditionalität und die enge Verknüpfung mit dem Europäischen Semester
Bereits in der Förderperiode 2014–2020 wurde mit der sogenannten makroökonomischen Konditionalität (MöK) die Auszahlung der europäischen Fördergelder aus den Strukturfonds an die Einhaltung der Konvergenzkriterien des Stabilitäts- und Wachstumspakts geknüpft.40 Damit wurde die im europäischen Vertragsrecht bereits verankerte makroökonomische Konditionalität des europäischen Kohäsionsfonds auf alle Strukturfonds ausgeweitet und der Bezug von Leistungen aus diesen Töpfen darüber hinaus von der Befolgung der Empfehlungen abhängig gemacht, die die Kommission im Rahmen des Europäischen Semesters ausspricht. Die Strukturfonds wurden als Hebel zur Stärkung der haushaltspolitischen und fiskalischen Stabilität und zugleich als zusätzliche wirtschaftspolitische Lenkungsinstrumente eingesetzt.
Auch in der Förderperiode 2021–2027 hielt die EU an der direkten Anbindung der Auszahlung der europäischen Fördergelder an die relativ unverbindliche Koordinierung der mitgliedstaatlichen Wirtschaftspolitiken fest. Die Kommission kann demnach einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung und Anpassung seiner Förderprogramme auffordern, wenn diese im Widerspruch zu den wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Zielen der EU stehen. Ihr steht damit ein wirksames Instrument zur Verfügung, um die Mitgliedstaaten davon zu überzeugen, die länderspezifischen Empfehlungen, die sie im Rahmen des Europäischen Semesters aus Brüssel erhalten, auch wirklich umzusetzen oder makroökonomische Ungleichgewichte zu korrigieren. Sollte die betreffende Regierung keine Anpassungen vornehmen, kann die Kommission dem Rat vorschlagen, dass die Auszahlung der europäischen Fördergelder an den Mitgliedstaat teilweise oder vollständig ausgesetzt wird. Sie kann darüber hinaus dem Rat ähnliche Sanktionen empfehlen, wenn ein Mitgliedstaat keine Maßnahmen zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite ergreift.41 Dieses Verfahren zur Auslösung der makroökonomischen Konditionalität wurde mit der Einführung des Abstimmungsmodus der »umgekehrten qualifizierten Mehrheit« zudem deutlich erleichtert.42
Die Fördergelder und Strukturfonds dienen der EU als Hebel, um die Nicht-Umsetzung ihrer wirtschafts- und fiskalpolitischen Ziele mit finanziellen Sanktionen zu belegen.
Das Ziel der makroökonomischen Konditionalität ist es also, die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Vermeidung übermäßiger öffentlicher Haushaltsdefizite strenger zu handhaben und die Verfahren zur wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierung deutlich zu straffen und zu verschärfen.
Mit dieser Konditionalität werden zwei unterschiedliche Politikbereiche miteinander kombiniert, die sich zwar überlappen, aber doch unterschiedlichen Rationalitäten folgen: Einerseits dienen die Strukturfonds der Stärkung der europäischen Solidarität und der wirtschaftlichen Konvergenz in der EU sowie der Umverteilung von finanziellen Ressourcen. In der Verbindung mit den fiskalpolitischen Zielen der Nachhaltigkeit der nationalen Haushaltspolitiken und der Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite andererseits sehen Beobachter einen radikalen Paradigmenwechsel beim Konzept der europäischen Solidarität.43 Es gibt Stimmen, die die MöK als Bestrafung von Regionen in Mitgliedstaaten mit schlechter und nicht-nachhaltiger Fiskalpolitik kritisieren.44 Die Konditionalität wirke in Krisenzeiten potentiell prozyklisch und ihr fiskalpolitischer Effekt verursache damit eher größeren Schaden, als dass er den Zielen der europäischen Förderpolitik diene.45
Die Umsetzungskonditionalität in der neuen Aufbau- und Resilienzfazilität
Auch die zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Covid-19-Pandemie in der EU neu eingerichtete einmalige und befristete Aufbau- und Resilienzfazilität46 beinhaltet eine Verknüpfung mit den wirtschafts- und sozialpolitischen Zielen der EU.47 Ebenso wie die Verordnung mit den gemeinsamen Bestimmungen der EU-Strukturfonds operiert diese Fazilität mit einer deckungsgleichen makroökonomischen Konditionalität. Diese erlaubt es, bei Verstößen gegen das Gebot der Vermeidung eines übermäßigen Defizits und bei fehlender Umsetzung der EU-Empfehlung die Mittelbindungen oder Zahlungen aus der Fazilität an den Mitgliedstaat vollständig oder teilweise auszusetzen.48 Neben dieser spezifischen makroökonomischen Konditionalität enthält die Verordnung zusätzlich eine sehr weitreichende wirtschafts- und klimapolitische Konditionalität.49
Darüber hinaus verknüpft die Fazilität die Auszahlung der europäischen Fördergelder mit der Erstellung von nationalen Aufbau- und Resilienzplänen. Diese Pläne müssen den Zielen und Vorgaben des Europäischen Semesters zur wirtschaftspolitischen Koordinierung entsprechen; zugleich müssen sie die länderspezifischen wirtschafts-, sozial- und beschäftigungspolitischen Reformempfehlungen der EU und auch die energie- und klimapolitischen Ziele der Union berücksichtigen. Die Kommission prüft und bewertet die Umsetzung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne kontinuierlich, das heißt sie beobachtet, ob ihre materiellen Vorgaben wirksam, effizient und untereinander kohärent befolgt werden. Sollte sie zu dem Schluss kommen, dass das Agieren eines Mitgliedstaats unzureichend ist, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen, kann sie dem Rat vorschlagen, keine Gelder an den Mitgliedstaat auszuzahlen.50 Darüber hinaus beinhaltet die Aufbau- und Resilienzfazilität auch eine Verbindung mit der Rechtsstaatskonditionalität zum Schutz des EU-Budgets.51
Die Konditionalitäten, die mit der Aufbau- und Resilienzfazilität verknüpft sind, dienen also ebenso dem Ziel, die effektive und effiziente Verwendung der Fördergelder zu garantieren. Mit den Konditionalitäten ist notwendigerweise ein permanentes Monitoring in den (und durch die) Mitgliedstaaten verbunden. Die nationalen Aufbau- und Resilienzpläne müssen konkrete und messbare Etappen- und Endziele enthalten, deren Erreichen regelmäßig von den Mitgliedstaaten gemeldet und von der Europäischen Kommission geprüft wird. Sollte die Kommission feststellen, dass die Leistungsberichterstattung eines Mitgliedstaats fehlerhaft oder unvollständig war und die vereinbarten Etappenziele nicht erreicht wurden, kann sie die Auszahlung der Fördergelder ganz oder teilweise stoppen.
Auch hier wurden also mit dem Konzept der Konditionalität verschiedene Politikbereiche mit unterschiedlichen politischen Zielen und Aufgaben miteinander verkoppelt und darüber hinaus ein differenziertes Monitoringsystem zur Überwachung der Umsetzung geschaffen. Ein End- oder Zielpunkt der Konditionalität ist kaum mehr zu erkennen; stattdessen wird ein kontinuierliches Monitoring mitgliedstaatlicher Politiken im Gegenzug zur Gewährung europäischer Fördergelder installiert.
Die politische Konditionalität der Rechtsstaatlichkeit
Die im Rahmen der Verhandlungen über den mehrjährigen Haushalt der EU (MFR 2021–2027) eingeführte Rechtsstaatskonditionalität verbindet die Achtung der politischen Grundwerte der europäischen Verträge mit der Auszahlung von Fördergeldern. Die Europäische Kommission hatte diese Konditionalität bereits 2018 vorgeschlagen52 und war damit dem Drängen insbesondere einiger westeuropäischer Regierungen und des Europäischen Parlaments nachgekommen, die die Einführung einer »politischen Konditionalität« für den Bezug europäischer Fördergelder forderten.53 Die Kommission argumentierte, dass die Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips und der Gewaltenteilung, die Rechenschaftspflichtigkeit der Regierung, eine demokratische und freiheitliche Gesetzgebung, die Unabhängigkeit der Justiz und Rechtssicherheit Grundvoraussetzungen für den Schutz der finanziellen Interessen der EU seien.54 In den Fällen, in denen diese Voraussetzungen in einem Mitgliedstaat gefährdet oder in Frage gestellt wären, sollte die Kommission das Recht haben, die Auszahlung europäischer Fördergelder auszusetzen. Mit der Ausgestaltung als negative Ex-post-Konditionalität hatte die Rechtsstaatskonditionalität also die präventive Funktion, zum Schutz des EU-Budgets die Beachtung rechtsstaatlicher Strukturen in den Mitgliedstaaten zu sichern.
Allerdings gab es gegen den Legislativvorschlag aus grundsätzlichen Beweggründen heraus Einwände.55 Neben den deutlichen inhaltlichen Überlappungen mit dem Verfahren nach Artikel 7 EUV zur Aussetzung von Rechten eines Mitgliedstaats und den Zweifeln an der vorgeschlagenen Rechtsgrundlage56 wurde kritisiert, dass der Bewertungs- und Handlungsspielraum der Europäischen Kommission in diesem Verfahren zu stark ausgeweitet werde.57
Im weiteren Verlauf des Legislativverfahrens zwischen Rat und Europäischem Parlament wurde der Vorschlag der Europäischen Kommission verändert.58 Im Juli 2020 war die Rechtsstaatskonditionalität ein harter Streitpunkt in den Verhandlungen der Staats- und Regierungschefs über den MFR 2021–2027 und erst im Dezember 2020, nach einer erneuten Zuspitzung und einer zwischenzeitlichen Blockade der Verhandlungen über die Haushaltsgesetzgebung, gelangte der Europäische Rat zu einer politischen Klarstellung und zu einem Verfahrenskompromiss.59 Die eigentliche Verordnung, die rechtliche Grundlage der neuen Konditionalität, wurde nicht mehr modifiziert. Sie war nach einer politischen Verständigung zwischen der deutschen Ratspräsidentschaft und den Vertretern des Europäischen Parlaments im November 2020 mit Mehrheit und gegen die Stimmen Ungarns und Polens im Rat verabschiedet worden und trat zum 1. Januar 2021 in Kraft.60 Sie verbindet Verstöße gegen die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, die die finanziellen Interessen der EU und eine sparsame und rechtmäßige Ausführung des EU-Haushalts beinträchtigen könnten, mit der Möglichkeit von finanziellen Sanktionen.61 Die Europäische Kommission kann nach einem mehrstufigen Verfahren dem Rat die vollständige oder teilweise Aussetzung oder Verringerung von Zahlungen aus dem EU-Haushalt an den Mitgliedstaat empfehlen.
Wie im Europäischen Rat zugesagt, wartete die Kommission zunächst die Urteile des Europäischen Gerichtshofs zu den Klagen Polens und Ungarns gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnung im Februar 2022 ab und legte anschließend Leitlinien zur Anwendung der Konditionalität vor. Der EuGH hatte in zwei Grundsatzurteilen62 die juristischen Einwände gegen die Verordnung zurückgewiesen. Die Klagen hatten deren Rechtsgrundlage in Zweifel gezogen, sich gegen vermeintliche Unklarheiten bei der Definition der Rechtsstaatlichkeit gerichtet und Überschneidungen des Konditionalitätsmechanismus mit dem in Artikel 7 EU-Vertrag festgelegten Verfahren zur Suspendierung der EU-Mitgliedschaft thematisiert. Mit Rückgriff auf frühere Urteile argumentierte das Gericht, dass die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten durchaus ein gemeinsames Verständnis des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit teilen. Die Verordnung setze zudem einen engen und echten Zusammenhang zwischen einer Missachtung des Rechtsstaatlichkeitsprinzips und einer Bedrohung oder einem Verstoß gegen die finanziellen Interessen der EU voraus. Die Europäische Kommission hat daraufhin die Anwendung des Konditionalitätsmechanismus in ihren Leitlinien weiter konkretisiert.63 Darin präzisiert sie, welche Bedingungen und Voraussetzungen für den Vorschlag von Sanktionsmaßnahmen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit gegeben sein müssen und an welchen Kriterien sie sich bei der Bewertung orientiert, ob die finanziellen Interessen der EU beeinträchtigt sind.
Mit der Rechtsstaatskonditionalität wird die Achtung politischer Grundwerte zur Bedingung für die Auszahlung von Fördergeldern gemacht.
Obwohl in der Konditionalitätsverordnung besonders betont wird, dass diese nur dem Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Union und ihres Haushalts diene, hat sie im Kern doch die politische Funktion, eine argumentative Brücke zwischen der Auszahlung europäischer Fördergelder und der Verpflichtung auf die gemeinsamen Grundwerte der EU, insbesondere die Rechtsstaatlichkeit, zu schlagen. Die fehlende Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat ist ein Indiz dafür, dass eine ökonomische Haushaltsführung und die sachgemäße Verwendung der europäischen Fördergelder nicht gewährleistet sind. Umgekehrt ist indes der Betrug mit europäischen Fördergeldern jedoch kein ausreichendes Indiz für eine Gefährdung der rechtsstaatlichen Fundamente und Strukturen in einem Mitgliedstaat.
Mit der normativen Rechtsstaatskonditionalität werden also innenpolitische Grundsatz- und Strukturentscheidungen und die Achtung politischer Grundwerte, die für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union konstitutiv sind, zu Bedingungen für die Auszahlung europäischer Fördergelder gemacht. Beobachter kritisieren allerdings, dass in der Konsequenz mit dieser umfassenden materiellen Interpretation von Konditionalität die europäische Kompetenzordnung verändert werden könne.64 Die europäische Konditionalitätspolitik könne eine »›federalizing‹ force«65 entfalten und ein Momentum erzeugen zur weiteren Konstitutionalisierung der EU.66
Versuch einer Typisierung der europäischen Konditionalitätspolitik
Die Anwendung des Konditionalitätsprinzips in der Europäischen Union unterscheidet sich deutlich von der der internationalen Finanzinstitutionen. Deren Interesse besteht vornehmlich darin, die Rückzahlung der von ihnen ausgereichten Kredite und finanziellen Hilfen durch die Empfänger sicherzustellen. Die Konditionalitäten sind insofern ein Mittel zum Zweck der Rückzahlung.67 Im Unterschied dazu verfolgt die Europäische Union mit ihrer Konditionalitätspolitik das Ziel, die Um- und Durchsetzung von vereinbarten Regeln und Zielen zu garantieren oder zumindest zu fördern. Die Konditionalitäten sind für die EU also ein Mittel zum Zweck der Gewährleistung von Regelkonformität.
Diese europäische Konditionalitätspolitik hat in den letzten Jahrzehnten einen Wandlungsprozess durchlaufen der von Differenzierungen und Anpassungen ihrer Instrumente gekennzeichnet war. Die vorgestellten Anwendungsfälle des Konditionalitätsmechanismus in der Europäischen Union machen deutlich, dass die Konditionalität in der EU verschiedene Formen angenommen hat: Von einem zunächst auf die europäische Entwicklungshilfe und die Handelspolitik begrenzten Instrument der auswärtigen Politik der EU wurde sie zu einem Konzept, mit der die Union die Bedingungen zur Aufnahme in die europäische Integrationsgemeinschaft und in die europäische Wirtschafts- und Währungsunion definiert und die Beitrittsreife der Kandidatenländer bewertet. Ausgehend von dieser eher punktuellen Form der Konditionalität, entwickelte sich die europäische Konditionalitätspolitik dann zu einem wichtigen Governance-Instrument der europäischen Politik.
Der Anwendungsbereich der Konditionalitätspolitik hat sich also erheblich vergrößert und auch die damit verbundenen Ziele und Funktionen haben sich verändert. Mit Hilfe mehrerer Merkmale bzw. Indikatoren der Anwendung des Konditionalitätsprinzips in der europäischen Politik lassen sich unterschiedliche Grundtypen europäischer Konditionalität herausarbeiten; dazu gehören die Form und der Zeitpunkt der Anwendung, der rechtliche Status, die Reichweite und Wirkungsweise und die Funktion bzw. das Ziel der Konditionalität (siehe Tabelle 1).
Ausgehend von den vorgestellten Anwendungsfällen, der Weiterentwicklung des Konditionalitätsprinzips in der Europäischen Union und der Differenzierung anhand der aufgeführten Kriterien können drei Typen europäischer Konditionalität unterschieden werden:
1) |
die Eintrittskonditionalität, mit der der Beitritt zur EU oder auch der Eintritt in die europäische Wirtschafts- und Währungsunion konditioniert werden; |
2) |
der Typus der Governance-Konditionalität, mit der die EU versucht, die Mitgliedstaaten in der EU zur dauerhaften Einhaltung und Beachtung der jeweiligen rechtlichen Vorgaben und politischen Regeln in einem Politikbereich zu bringen; und schließlich |
3) |
eine politikfeldübergreifende Hebelkonditionalität, mit der die EU versucht, ihre politischen Ziele und Werte mit dem Hebel der europäischen Förderpolitik durchzusetzen. |
Die Eintrittskonditionalität
Aufbauend auf ihre Erfahrungen mit der Konditionalität in ihren handels- und entwicklungspolitischen Abkommen mit Drittstaaten nutzte die Europäische Union das Konzept der Konditionalität zunächst als Instrument ihrer Assoziierungs- und Erweiterungspolitik. Ähnlich wie sie in der Handelspolitik die Öffnung des Binnenmarkts an die Beachtung europäischer Regulierung knüpfte, verband sie die Aufnahme neuer Mitglieder mit der Bedingung, dass diese den gesamten Rechtsbestand übernehmen.68
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Der Mechanismus der Eintrittskonditionalität wurde zu einem politischen Instrument, um die Einhaltung der politisch-normativen Grundlagen der EU sicherzustellen und die Systementscheidungen und Strukturprinzipien der Union zu festigen, mit anderen Worten, um die geschriebenen und ungeschriebenen »Clubregeln« durchzusetzen. Das gleiche Prinzip wendet die Europäische Union auch für die Aufnahme in den Kreis der engsten Integration – die Eurozone – an. Im Unterschied zu den Konditionalitäten für den Beitritt zur Europäischen Union, für die sich im europäischen Vertragsrecht lediglich sehr allgemeine Formulierungen finden, sind die Konditionalitäten für die Aufnahme in die europäische Wirtschafts- und Währungsunion konkret im europäischen Primärrecht aufgeführt.
Die Eintrittskonditionalität ist eine positive, Anpassungen stimulierende Ex-post-Konditionalität.
Die europäische Eintrittskonditionalität arbeitet mit der Belohnung für die Umsetzung politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Anpassungen. Der Anreiz der Aufnahme in die Europäische Union oder in die Eurozone entfaltet in der Kosten-Nutzen-Abwägung der jeweiligen Kandidaten eine so starke Wirkung, dass die prognostizierten Vorteile der Mitgliedschaft in der jeweiligen Integrationsgemeinschaft die möglichen politischen oder ökonomischen Kosten der erforderlichen Transformation deutlich überwiegen. Die Eintrittskonditionalität ist demnach eine positive, Anpassungen stimulierende Ex-post-Konditionalität. Das Ziel, das mit ihr verbunden wird, ist die Aufnahme des jeweiligen Kandidaten. Sie ist somit auf eine abschließende politische Entscheidung fokussiert – die Anerkennung der Beitrittsreife. Der Weg zu dieser finalen Entscheidung kann zwar ein langwieriger Prozess mit einer Vielzahl an Zwischenstationen und vorläufigen Konditionalitätsprüfungen sein – ausschlaggebend ist jedoch ebenjener ultimative Beschluss. Bis dahin kann das Verfahren flexibel gestaltet werden und von der EU mit zusätzlichen Anreizen und Hilfen ergänzt werden.
Insofern ist es ein besonderes Charakteristikum der europäischen Eintrittskonditionalität, dass sie von einer auffälligen Machtasymmetrie zwischen den beiden Akteuren der Konditionalitätsvereinbarung gekennzeichnet ist. Das letzte Wort über die jeweils erreichte Eintrittsreife hat stets die Europäische Union. Die umfassende Reichweite dieser Konditionalität – und damit deren politische, rechtliche und institutionelle Bedeutung – macht es nahezu unabdingbar, dass die politische Entscheidung, die den Prozess abschließt, vom Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs getroffen wird. Die Eintrittskonditionalität ist somit eine politische Konditionalität mit konstitutioneller Wirkung und Bedeutung.
Die Governance-Konditionalität
Die Governance-Konditionalität, die die EU mit Hilfe ihrer Förderprogramme anwendet, wirkt grundsätzlich als regulative, politikfeldspezifische positive Konditionalität. Die einzuhaltenden Regeln sind dabei zum Teil primär- oder zumindest sekundärrechtlich vorgegeben und verankert. So ist die Auszahlung europäischer Fördergelder aus den Strukturfonds oder über die Gemeinsame Agrarpolitik stets an Voraussetzungen wie die Förderfähigkeit und die besonderen Förderziele gebunden. Die Governance-Konditionalität dient dann als Instrument, um die jeweiligen Förderprogramme in den Mitgliedstaaten und ihren Regionen zielorientiert umzusetzen und die europäischen Fördergelder möglichst effizient und effektiv zu verwenden.
Die Governance-Konditionalität erweitert zugleich auch die Handlungsmöglichkeiten der EU (und insbesondere der Europäischen Kommission). Diese kann mit Hilfe des Hebels die rechtskonforme Umsetzung der europäischen Ausgabenpolitiken und den ökonomischen und produktiven Einsatz der europäischen Fördergelder durch die Mitgliedstaaten besser überwachen. Denn üblicherweise teilen sich die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Mehrzahl der europäischen Förderpolitiken und Förderprogramme die Verantwortung für die Mittelverwendung. Während die Mitgliedstaaten eigene Verwaltungs- und Kontrollsysteme aufbauen, den Endbegünstigten über ihre Förderrichtlinien und Förderprogramme die Fördermittel zukommen lassen und diese dann gegenüber der Kommission abrechnen, beschränkt sich die Kommission auf eine Aufsichtsfunktion über die nationalen Verwaltungen. Die Governance-Konditionalität bietet bei dieser Form der sogenannten geteilten Mittelverwaltung eine zusätzliche Handhabe zur Kontrolle der regelkonformen Mittelverwendung. Die nationalen Förderpolitiken in den Mitgliedstaaten werden nicht mehr nur mit den Instrumenten des europäischen Rechts (und den daraus resultierenden Sanktionierungsoptionen durch Entscheidungen der europäischen Gerichte) auf ihre Ordnungsmäßigkeit hin beurteilt, sondern zunehmend auch mit dem Mechanismus der Konditionalität. Die EU setzt diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die nationalen und regionalen Förderpolitiken darüber hinaus ein, um ihre Lesart der Förderziele und ihre Festlegung der Förderprioritäten gegenüber den Empfängern der Gelder durchzusetzen. Die europäische Konditionalitätspolitik als eine besondere Form der europäischen Governance zielt so auf eine Lenkung der mitgliedstaatlichen Politiken im gemeinsamen Interesse. Die Ausgabenpolitiken werden zu Politiken des »goldenen Zügels«.
Innerhalb dieses Typus der Governance-Konditionalität entwickeln sich inzwischen vermehrt neue Varianten, bei denen die europäischen Förderpolitiken mit weiterreichenden Vorgaben verknüpft werden. So wird ein Teil der Fördermittel der Gemeinsamen Agrarpolitik, die den europäischen landwirtschaftlichen Betrieben zugutekommen, mit den klima- und umweltpolitischen Zielen der EU verbunden. Auch die erwähnten »grundlegenden Voraussetzungen« bzw. die früheren Ex-ante-Konditionalitäten, die die Bedingung zum Bezug von Geldern aus den europäischen Strukturfonds sind, reichen über die engen strukturpolitischen Förderziele hinaus. Allerdings besteht noch immer ein sachlicher und funktionaler Zusammenhang zwischen diesen neuen Konditionalitäten und den eigentlichen Intentionen der Förderpolitik. Der Zweck dieser Konditionalitäten ist erkennbar der, die Effektivität und die Effizienz der europäischen Förderprogramme zu erhöhen; es sollen keine sachfremden Vorhaben in anderen Politikbereichen mit europäischen Fördermitteln verfolgt werden. Langfristiges Ziel dieser europäischen Konditionalitätspolitik ist es, dauerhafte Veränderungen der Politiken in den Mitgliedstaaten auszulösen.
Um überwachen und bewerten zu können, ob die nachhaltigen Konditionalitäten der europäischen Ausgabenpolitiken erfüllt werden, bedarf es eines zusätzlichen Monitorings, angepasster Indikatoren und regelmäßiger Berichte. Insbesondere für dieses dauerhafte oder regelmäßige Monitoring der Implementierung ist eine Zusammenarbeit der EU mit den Empfängern der konditionierten Fördergelder erforderlich: zum einen, um die Kriterien und Indikatoren zu vereinbaren, und zum anderen, um die Daten und Messwerte, die im Zuge der Umsetzung der Förderprogramme erhoben werden, gemeinsam zu bewerten. Dabei wird auf Seiten des Empfängers eine gewisse politische ownership bzw. eine grundsätzliche Zustimmung und Einsicht in die Notwendigkeit und die Legitimität der Ziele und Vorgaben der Governance-Konditionalität vorausgesetzt. Allerdings ist eine formal-rechtliche ownership des jeweiligen Zielstaats schon gegeben, denn der Adressat der Konditionalität ist als Teil der europäischen Rechtsgemeinschaft bereits rechtlich gebunden.
Die politikfeldübergreifende Hebelkonditionalität
Der Typus der politikfeldübergreifenden Konditionalität ist eine besondere Form der europäischen Konditionalitätspolitik. Er verbindet den finanziellen Hebel der EU-Förderpolitiken mit Zielen in anderen Politikfeldern oder mit fundamentalen politisch-konstitutionellen Entscheidungen in den Mitgliedstaaten. Die Drohung, die Auszahlung von Fördergeldern im Fall einer nicht-ausreichenden Umsetzung europäischer Regeln oder vereinbarter Ziele zu sperren, zu kürzen oder zu verzögern, dient als punitive Konditionalität. Sie soll die Mitgliedstaaten zu Anpassungen an die EU-Vorgaben bewegen. Allerdings greift diese spezielle Form der Hebelkonditionalität über die Sanktionierung begrenzter politischer Entscheidungen in den Mitgliedstaaten weit hinaus. Dies gilt sowohl für die politische Konditionalität zur Achtung des Grundwerts der Rechtsstaatlichkeit als auch für die finanzpolitischen und makroökonomischen Konditionalitäten, mit denen die EU umfassend auf die nationalen Haushaltspolitiken einwirkt. Die EU versucht die nationalen Politiken zu beeinflussen und diese auf einen gemeinsam vereinbarten Politikpfad zu lenken.
Die Art der Anwendung dieses Typus europäischer Konditionalitätspolitik hat sich von der einer positiven Konditionalität, die mit finanziellen Anreizen operiert, zu der einer vornehmlich negativen oder punitiven Konditionalität gewandelt. Da es keinen spezifischen (Ziel)Punkt gibt, an dem sich die Einhaltung oder Umsetzung der eingegangenen Verpflichtung feststellen lässt, kann diese Form der Governance-Konditionalität auch weder ex ante noch ex post eingesetzt werden – sie muss vielmehr dauerhaft wirksam sein und die Umsetzung der mit ihr verknüpften Ziele muss demzufolge auch beständig geprüft und dann sanktioniert bzw. belohnt werden. Die Hebelkonditionalität fungiert also als kontinuierliches Druckmittel zur Einflussnahme auf die Politik in den Mitgliedstaaten. Diese Form der Konditionalität ist somit zwangsläufig stärker prozessorientiert und weniger auf das Erreichen eines konkreten Förderziels ausgerichtet. Konditionalitätspolitik wird in der Europäischen Union zu einem Prozess der Politiksteuerung.69
Die Europäische Kommission setzt diese Hebelkonditionalität inzwischen in Politikfeldern ein, in denen die Europäische Union nicht die alleinige und ausschließliche Rechtsetzungs- und Regulierungskompetenz besitzt.70 Im Gegenzug zur Gewährung finanzieller Hilfen erwartet die EU also die Umsetzung von Maßnahmen und Anpassungen auch in Politikbereichen, in denen sie nur über ergänzende oder subsidiäre Rechtssetzungszuständigkeiten und somit begrenzte rechtliche Sanktionsmöglichkeiten verfügt. Mit der Verknüpfung der europäischen Strukturfonds und des neuen Wiederaufbau- und Resilienzfonds mit dem Europäischen Semester zur wirtschaftspolitischen Koordinierung verfügt die Kommission nun über einen wirksamen Hebel. Sie kann die Beachtung der gemeinschaftlichen fiskal-, wirtschafts-, sozial-, beschäftigungs- und klimapolitischen Ziele und die Umsetzung der jeweiligen Reformempfehlungen der EU in den Mitgliedstaaten mit der Auszahlung europäischer Fördergelder verknüpfen und damit besser durchsetzen.
Die Rechtsgrundlagen dieser Form der Konditionalität sind nicht immer eindeutig. So wird die Beachtung der Rechtsstaatlichkeit bei der Auszahlung von EU-Fördergeldern in den europäischen Verträgen nicht weiter konkretisiert. Die Kommission beruft sich vielmehr auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, also auf europäisches Einzelfallrecht, und hat zur Anwendung der Rechtsstaatskonditionalität inzwischen eigene Leitlinien entwickelt.71 Auch die wirtschaftspolitische Konditionalität, die im Kontext der Staatsschuldenkrise in der Eurozone entwickelt wurde, ist nach dem sogenannten Pringle-Urteil des EuGH nur rechtens, weil »sie für die Wahrung der Finanzstabilität des gesamten Euro-Währungsgebiets unabdingbar«72 ist; sie stellt »kein Instrument zur Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten dar«, das in den Verträgen nicht vorgesehen wäre.73
Die jeweilige Konditionalität und die mit der Vergabe der europäischen Fördergelder verbundenen Auflagen werden nur in den jeweiligen sekundärrechtlichen Verordnungen verankert, also zum Beispiel in der speziellen Verordnung über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union oder in den Regelungen zur makroökonomischen Konditionalität in den allgemeinen Strukturfondsverordnungen. Dort werden nicht nur die einzuhaltenden europarechtlichen Vorgaben, zum Beispiel in Bezug auf die Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten, die sparsame und möglichst effiziente Verwendung europäischer Fördergelder oder die Verfolgung sozial- und klimapolitischer Ziele festgeschrieben; auch die möglichen Sanktionen und das jeweilige Verfahren zu deren Auslösung werden dort rechtlich verbindlich fixiert. Hinzu kamen während der Finanz- und Verschuldungskrise in der Eurozone auch Formen der impliziten Konditionalität, zum Beispiel in den Fällen, in denen die EU und die EZB ihre Hilfszusagen für einige von der Krise betroffene oder potentiell betroffene Mitgliedstaaten von tiefgreifenden finanzpolitischen Reformen abhängig machten, ohne auf eine bestehende rechtliche Grundlage zurückgreifen zu können.74 Gerade diese Einzelfälle »impliziter Konditionalität« zeigen, dass die EU mit der Konditionierung europäischer Fördergelder durchaus über einen starken Hebel verfügt.
Über die Hebelkonditionalitäten entscheidet zumeist der Europäische Rat mit politischer Intention.
Angesichts der politischen Bedeutung und Tragweite dieser Konditionalität für die konstitutionelle Kohärenz und Stabilität der Europäischen Union ist es in der Regel der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs, der de facto über die Ausgestaltung dieser Form der politischen Konditionalität entscheidet. So wurde für die fundamentalen Beschlüsse zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Eurozone im Zuge der Finanz- und Verschuldungskrise auch der Gipfel der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Eurozone als neue Institution etabliert. Die Entscheidungen über die Konkretisierung und Anwendung der Rechtsstaatskonditionalität musste ebenfalls der Europäische Rat treffen, wenngleich das formale Legislativverfahren zu der Verordnung im üblichen Prozedere zwischen Rat und Europäischem Parlament bereits abgeschlossen war.
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Mit dieser Verschiebung der Funktion und der Ziele sowohl der europäischen Förderpolitiken als auch der jeweiligen Konditionalitäten ändern sich auch die Bewertungsmaßstäbe für die Bedingungen, die im Rahmen dieser Politiken auferlegt werden: Die Strukturfonds werden zum Hebel für die Durchsetzung einer stabilen Fiskalpolitik und sind eben nicht mehr nur ein Instrument europäischer Solidarität oder ein Mittel zum Zweck, um ökonomische Aufholprozesse in rückständigen Regionen anzustoßen. Sie sind – mit dieser Form der Konditionalität – nur noch Ausdruck einer »konditionierten Solidarität«.75 Der Erfolg dieser Strategie des Förderns und Forderns bemisst sich dann nicht mehr nur am Aufschwung einer strukturschwachen Region, sondern auch an der Einhaltung der fiskalpolitischen Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts oder an der Umsetzung der bildungs- oder klimapolitischen Zielvorgaben im Rahmen des Europäischen Semesters zur wirtschaftlichen Koordinierung.
Die Weiterentwicklung der europäischen Konditionalitätspolitik
Konditionalität ist aus der Politik der Europäischen Union nicht mehr wegzudenken. Die Nutzung des Prinzips für neue Ziele ist ein deutliches Zeichen dafür, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten das Konditionalitätskonzept grundsätzlich positiv bewerten. Allerdings sollten die Effektivität und die Effizienz der Konditionalität in der Europäischen Union nicht überbewertet werden.76 Diskutiert wird zumeist darüber, ob die gewählte Konditionalität die angestrebte Wirkung erreichen kann und wie hoch die mit ihr verbundenen Kosten oder Nachteile sind – sowohl für die EU als Anbieter der Fördergelder als auch für die Mitgliedstaaten, die Beitrittsstaaten oder private Empfänger.
Stärken und Schwächen – eine vorläufige Bilanz
Die Wirkung des Prinzips Konditionalität für die europäische Politik unterscheidet sich je nach Konditionalitätstypus. Durch die Verknüpfung verschiedener Politikbereiche mit dem Konzept der Konditionalität ändern sich Bewertungsmaßstäbe und somit auch die Einschätzung dessen, was als Erfolg gelten kann. Die Beurteilung der Effektivität und Effizienz des Konzepts unterscheidet sich auch je nach Betrachtungsweise zwischen Anbieter und Empfänger der Konditionalitätsvereinbarung.
Die Eintrittskonditionalitäten und die politikfeldbezogene Governance-Konditionalität gelten als Erfolg.
Grundsätzlich haben sich die Eintrittskonditionalitäten und die politikfeldbezogene Governance-Konditionalität bewährt. Beide Varianten werden überwiegend als erfolgreich bewertet.77 Die Eintrittskonditionalität kommt zwar vergleichsweise selten zum Einsatz. Doch sie wurde im Zuge der verschiedenen Erweiterungsprozesse mehrfach angepasst und das Verfahren reformiert.78 Dieser Typus scheint inzwischen den Bedürfnissen der europäischen Politik und den Ansprüchen der EU und auch der Eurozone an die Steuerung eines Beitrittsverfahrens und an die Sicherung der »Clubregeln« zu entsprechen. Die EU verfügt bei diesem Typus der Eintrittskonditionalität über den starken Hebel, am Ende eines Prozesses autonom über die Beitrittsreife entscheiden zu können. Sie kann sich somit einer positiven Ex-post-Konditionalität bedienen – allerdings nur bis zum finalen Beschluss.
Die Governance-Konditionalitäten werden oft kritisiert. Ihr Einsatz sei übermäßig komplex, häufig zu bürokratisch und wenig intransparent.79 Das langwierige und umständliche Verfahren, mit dem diese Konditionalität zur Beeinflussung und Steuerung politischer Prozesse in den Mitgliedstaaten aktiviert wird, sei unangemessen, wenig effektiv und die Ergebnisse häufig sogar kontraproduktiv.
Die Umsetzung erfolgt gewöhnlich durch die Mitgliedstaaten oder deren Regionen; die Organe der Europäischen Union überwachen lediglich die Einhaltung der Vorgaben. Bei der Implementierung der im Rahmen der Konditionalitätsvereinbarung eingegangenen Anpassungs- oder Reformverpflichtungen verfügt der Mitgliedstaat deshalb in der Regel über einen gewissen Informationsvorsprung gegenüber der kontrollierenden EU-Kommission. Er entscheidet, wann und welche Zwischenstände oder Ergebnisse der Umsetzung nach Brüssel gemeldet werden. Hinzu kommt, dass die spezifischen Konditionalitäten zwischen der Europäischen Union und der jeweiligen Zentralregierung ausgehandelt werden. Deshalb können die institutionelle Zuständigkeit und die politische Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Vorgaben auf unterschiedlichen staatlichen Entscheidungsebenen liegen. Ein abweichendes Verständnis oder eine uneinheitliche Interpretation der Bedeutung der Konditionalitätsvereinbarungen ist häufig bereits in dieser Diskrepanz von Verantwortlichkeiten und Implementierungszuständigkeiten angelegt. Auch dass Ziele und Interessen divergieren und es Unstimmigkeiten bei der Umsetzung gibt, ist im europäischen Mehrebenensystem, in dem regionale, lokale und private Empfänger europäischer Fördergelder in die Durchführung der Förderprogramme und damit zugleich auch in die Konditionalitäten eingebunden sind, unvermeidlich. Die Bedingungen werden allerdings regelmäßig im Zuge der Verhandlungen über die jeweiligen sekundärrechtlichen Basisrechtsakte vor jeder neuen Förderperiode auf veränderte Herausforderungen, neue Bedürfnisse oder Erfordernisse angepasst. Dies zeigt, dass die Kommission im Wissen um ihren begrenzten Informations- und Wissensstand über die Umsetzung der Förderprogramme ihre Lehren gezogen hat. Für die Auszahlung der Fördergelder aus der europäischen Aufbau- und Resilienzfazilität hat sie mit den Mitgliedstaaten einen engmaschigen Prozess der Implementierung vereinbart, sowohl in Bezug auf die Indikatoren und die Kriterien dessen, was zu erreichen ist, als auch im Hinblick auf die Zeitpunkte der zu meldenden Zwischen- und Endergebnisse.
Die verschiedenen Anwendungsformen der politikfeldübergreifenden Hebelkonditionalität wurden bereits zum Zeitpunkt ihrer Etablierung heftig kritisiert – sowohl die makroökonomische Konditionalität, mit der die europäischen Strukturfonds operieren, als auch zuletzt die Rechtsstaatskonditionalität. Das Europäische Parlament und der Ausschuss der Regionen haben die makroökonomische Konditionalität zum Beispiel grundsätzlich abgelehnt. Der Stopp oder sogar der Verlust europäischer Fördergelder, weil eine Bedingung nicht erfüllt oder eingehalten wurde, sei dysfunktional und könne in einer Krise die Dramatik der Situation noch verschärfen.80
Die Anwendung der Hebelkonditionalität erfordert politische Flexibilität.
Die Hebelkonditionalität wird vornehmlich in Bereichen angewendet, in denen sich Zuständigkeiten zum Teil überlappen, die Mittelverwaltung geteilt ist und die EU und die Mitgliedstaaten gemeinsam verantwortlich sind für die sachgerechte und effiziente Implementierung der Förderprogramme. Sie greift also vor allem in Fällen, die potentiell eine größere politische Flexibilität in der Auslegung, Anwendung und Durchsetzung erfordern. Die Kehrseite einer regelbasierten europäischen Konditionalität und deren automatischer Anwendung in den Politikbereichen geteilter Zuständigkeit ist jedoch oft eine reduzierte politische Flexibilität mit nur begrenzten Ermessensspielräumen. Die Europäische Kommission, die in der Regel für den Einsatz der jeweiligen Konditionalität verantwortlich ist, versucht allerdings insbesondere in Bereichen oder Kontexten, die politisch sensibel sind, sich gewisse Reaktionsoptionen offenzuhalten. Dies gilt umso mehr, wenn die einzige Möglichkeit der Kommission, einen Mitgliedstaat zur Einhaltung eingegangener Verpflichtungen zu drängen, in der punitiven Konditionalität besteht, also der Verhängung finanzieller Sanktionen im Namen der Europäischen Union. Gerade in diesen Fällen, in denen die Kommission im Namen des Rates, also der anderen Mitgliedstaaten, agiert und sie häufig wegen der präzise vorgegebenen Verfahrensschritte zur Auslösung der Sanktion über nur begrenzte eigene Ermessensspielräume verfügt, stellt diese Form der Anwendung des Konditionalitätsprinzips die Verantwortlichen in Brüssel vor ein schwieriges Dilemma: Die Kommission sieht sich einerseits der Forderung gegenüber, die Konditionalität möglichst automatisch und technokratisch durchzusetzen, und will andererseits dem Bedürfnis entsprechen, auf den Einzelfall und die spezifischen Umstände in dem Mitgliedstaat zu reagieren. Ein allzu strikter Einsatz der jeweiligen politischen Konditionalität ist dann angesichts der Konsequenzen für die EU und die Mitgliedstaaten kaum zu erwarten. Eine rein technisch-bürokratische Anwendung der jeweiligen Konditionalität und der damit verknüpften Sanktionen ohne Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls und der individuellen politischen Umstände könnte ansonsten zu nationalen Abwehrreflexen führen. Bestehende politische Konflikte könnten sich eher verschärfen, wenn »Brüssel« eine punitive Konditionalität unsensibel aktivieren und kompromisslos durchsetzen würde. Eine solche »Rally around the flag«-Reaktion verschlechtert dann nicht nur die Chancen, dass die vereinbarten Anpassungen und Reformen tatsächlich implementiert werden; die zumeist innenpolitisch begründeten Mechanismen der Politisierung oder der populistischen Frontbildung können auch Ansätze einer grundsätzlichen Europaskepsis verschärfen oder gar in Richtung einer Europafeindlichkeit eskalieren lassen.
Dennoch ist das Prinzip der Konditionalität in der Europäischen Union mit vier grundsätzlichen Vorteilen verbunden:
Zum einen stärkt das Konzept die Kooperation der Europäischen Union mit ihren Mitgliedstaaten auch (und speziell) in den Politikbereichen, in denen die EU nur über nachrangige Zuständigkeiten verfügt bzw. in denen zunächst die nationalen Regierungen die Politik bestimmen. Mit diesem zusätzlichen Instrument der »soft governance« ist die EU in der Lage, die nationalen Politiken besser und zielführender aufeinander abzustimmen. Zumindest potentiell kann das Konditionalitätskonzept somit zu einer effektiveren und effizienteren europäischen Politik beitragen. Über die Umsetzungsergebnisse der Konditionalitäten hinaus setzt der Mechanismus die Übertragung spezifischer Ziele in objektive und messbare Kriterien und Bewertungsfaktoren voraus. Die Aufgaben und Ziele europäischer Politik werden konkretisiert und somit für politische Entscheidungen handhabbarer. Dies kann wiederum die Effektivität und die Effizienz der vereinbarten Maßnahmen erhöhen und in der Folge die jeweilige Politik insgesamt verbessern.81
Der primäre Anspruch der europäischen Konditionalitätspolitik ist es, präventiv zu wirken.
Zum Zweiten ist die europäische Konditionalität in der Regel justiziabel; sie ist zumindest im europäischen Sekundärrecht in Form von Verordnungen verankert. Damit können die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre politischen Ziele und Interessen auch gegenüber innerstaatlichen Akteuren wie Regionen oder Kommunen und sogar gegenüber privaten Begünstigten europäischer Fördergelder durchsetzen. Umgekehrt können die Konditionalitätsempfänger ihrerseits die jeweilige Anwendung einer positiven Konditionalität, also die Auszahlung europäischer Fördergelder, auf dem Rechtsweg einklagen oder eine punitive Konditionalität vor den europäischen Gerichten prüfen lassen.
Drittens ist es der Anspruch der europäischen Konditionalitätspolitik, zunächst präventiv zu wirken. Das vorrangige Ziel auch der punitiven Konditionalität ist es, dass erforderliche Veränderungen frühzeitig angestoßen werden und Sanktionen nicht angewandt werden müssen – und wenn, dann nur als letztes Mittel. Um das Potential dieses präventiven Effekts der Konditionalität auszuschöpfen, sind oft politische Absprachen und begrenzte Anpassungen der Konditionalitätsvereinbarungen hilfreich; außerdem ist es sinnvoll und erfolgversprechend, vorhandene Interpretations- und Handlungsspielräume auszunutzen.82 Eine solche Implementierungsflexibilität widerspricht auf den ersten Blick dem Anspruch, mit möglichst objektiven und vorab klar fixierten Kriterien die vereinbarte Konditionalität durchzusetzen – und somit die unbedingt erforderliche Glaubwürdigkeit des Konditionalitätsprinzips zu festigen. Mehr Implementierungsflexibilität führt so zu geringerer Implementierungsverlässlichkeit. Um diesem Manko entgegenzuwirken, sollten die Empfänger von konditionierten Hilfen eine ownership gegenüber den Konditionalitäten entwickeln, also ein eigenes Interesse an Reformen und eine begründete Einsicht in deren Notwendigkeit.
Viertens, schließlich, verfügt die EU mit dem Konditionalitätskonzept in Form einer Lenkung, Begleitung und eines Monitorings von Anpassungsvorhaben über einen zusätzlichen und mit einem finanziellen Sanktionshebel ausgestatteten Kontrollmechanismus über nationale Politiken.83 Dieser funktioniert im Gegensatz zu den förmlichen Verfahren vor den europäischen Gerichten und den Strafen, die dort gegebenenfalls ausgesprochen werden, nach einer anderen, einer politischen Logik. Im Hinblick auf die Durchsetzung europäischer Vorgaben und Regeln wirkt das Instrument der Konditionalität früher, flexibler und weniger einschneidend als formelle Vertragsverletzungsverfahren.
Anpassungen der europäischen Konditionalitätspolitik
Die EU hat mit Hilfe des Konditionalitätsmechanismus verschiedene Formen der kontinuierlichen Politiksteuerung entwickelt. Allerdings lässt sich mit diesem besonderen Ansatz der prozessualen und politischen Anwendung des Konditionalitätsprinzips nicht garantieren, dass in den Mitgliedstaaten tatsächlich eine Politikanpassung stattfindet. Im Zuge der Entwicklung des Konditionalitätsprinzips hat sich die Inanspruchnahme des Quid-pro-quo-Mechanismus zur Durchsetzung politischer Ziele verändert:
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Wenn sich die Nutzung des Konditionalitätsprinzips zu einem kontinuierlichen Prozess der Politiksteuerung wandelt, wird die Umsetzung der vereinbarten Bedingungen nicht mehr an punktuellen politischen Entscheidungen festgemacht werden können. Finanzielle Anreize bzw. Sanktionen können nicht durch einzelne politische Maßnahmen und das Erreichen eines zuvor definierten Ziels ausgelöst werden. Sie verlieren ihre direkte Wirkung, denn Konditionalität ist nicht mehr mit einem konkreten, erreichbaren Ziel verbunden, sondern mit einem präventiven Dauermonitoring mitgliedstaatlicher Politik.
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Die Transformation der Funktionsweise und der Ziele der Konditionalität in der EU haben zu einer Ausweitung und Dominanz der punitiven Konditionalität geführt, also zu einer Sanktionierung der Mitgliedstaaten durch die Sperrung europäischer Fördergelder. Die Möglichkeit, positive Anreize zur Umsetzung von ohnehin vertraglich vorgegebenen Regulierungen und gemeinsam verabschiedeten Regeln zu setzen, ist hingegen begrenzt.
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Bei dieser Form europäischer Prozesskonditionalität entfällt zugleich ein Element der erfolgreichen Anwendung, nämlich die Machtasymmetrie zwischen Konditionalitätsanbieter und ‑nehmer. Die europäische Konditionalitätspolitik verbindet die Organe der EU und die Exekutiven der Mitgliedstaaten. Bei dieser Konstellation ist eine Über- oder Unterordnung nicht zu erkennen, vielmehr begegnen sich beide Akteure politisch auf Augenhöhe. Die Machtasymmetrie ermöglichte es hingegen dem dominierenden Konditionalitätsanbieter, einseitig seine Auslegung der Konditionalität, seine Definition der Kriterien und damit seine Lesart der erfolgreichen Umsetzung zur Geltung zu bringen. Mittlerweile sind die Verhandlungen über die Konditionalitätsvereinbarung zu einem Schauplatz der Kompromisssuche und der Abstimmung einer gemeinsamen Auslegung der jeweiligen Bedingungen geworden – was potentiell zu einer Aufweichung der Konditionalität führt.
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Eine weitere Folge dieser Funktionsänderung des Konditionalitätskonzepts ist, dass auch die Anreize oder Sanktionen ihren Charakter ändern. Denn mit der Form der Hebelkonditionalität werden unterschiedliche Politiken miteinander verbunden. Diese beruhen jedoch nicht auf den gleichen rechtlichen und politischen Ausgangsbedingungen und verfolgen nicht die gleichen Ziele. Die politikfeldübergreifende Verknüpfung löst in der Regel mindestens Spannungen, zum Teil auch Zielkonflikte aus und führt zu widersprüchlichen Bewertungen.
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Kennzeichnend für diesen Typus der politikbereichsübergreifenden Hebelkonditionalität ist das immanente Missverhältnis zwischen der Flexibilität, mit der die Kommission den Mechanismus anwendet, und dessen grundsätzlicher Glaubwürdigkeit und Objektivität. Diese Diskrepanz tritt durch die politische Verwendung des Konditionalitätsinstruments noch deutlicher hervor. Denn diese stärkt einerseits zweifellos die Einwirkungsmöglichkeiten der EU auf zusätzliche Politikbereiche; auf der anderen Seite werden aber die bei Rechtsverstößen und der Nichtbeachtung europäischer Vorgaben eigentlich anzuwendenden rechtlichen Sanktionierungen implizit relativiert und zum Teil aufgeweicht. Diese Ausweitung der Grauzone bei der Anwendung europäischen Rechts kann den Boden bereiten für die populistische Instrumentalisierung eines Konflikts zwischen der EU und einzelnen europaskeptischen nationalen Regierungen.
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Es zeichnet sich darüber hinaus klar ab, dass die Verkoppelung unterschiedlicher Politikbereiche auch mit institutionellen Verschiebungen in der EU einhergeht. Zum Beispiel rückt die Europäische Kommission nahezu zwangsläufig ins Zentrum der wirtschaftspolitischen Koordinierung, indem sie die europäischen Strukturfonds als Instrument der punitiven Konditionalität nutzt mit dem Ziel, die Umsetzung und Durchsetzung der Empfehlungen des Europäischen Semesters zu verbessern. Die Kommission dominiert inzwischen diese Form der Politiksteuerung. Sie formuliert die Empfehlungen der EU an die Mitgliedstaaten zu wirtschafts-, beschäftigungs- und sozialpolitischen Reformen und überwacht deren Umsetzung. Mit dem Instrument der Konditionalität verfügt sie über einen wirksamen Mechanismus, um in Form einer indirekten Governance neue Politikbereiche zu beeinflussen.
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Die Rolle der Europäischen Kommission als Exekutive der EU wird mit der Anwendung des Konditionalitätsprinzips deutlich gestärkt. Konditionalität verstärkt die Tendenz der schleichenden Kompetenzausweitung auf zusätzliche Politikbereiche. Darüber hinaus kann die Kommission ihre diskretionären Handlungs- und politischen Interpretationsspielräume insbesondere in den Feldern ausdehnen, in denen sie Kompetenzen mit den Mitgliedstaaten teilt. Die Spielräume für nationale Sonderwege werden enger.
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Ein politisches Ziel, das mit dieser Form der europäischen Konditionalität verknüpft wird, ist auch die mittelbare Europäisierung von Politikbereichen, in denen die EU primärrechtlich nur über begrenzte Handlungsoptionen verfügt. Diese Ausweitung der Zuständigkeiten und politischen Lenkungsmöglichkeiten auf die Europäische Union und vor allem die Europäische Kommission erfolgt dabei ohne formelle Kompetenzübertragung im Zuge einer Änderung der europäischen Verträge.
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Die Exekutivlastigkeit und die damit einhergehende geringe (oder gar fehlende) parlamentarische Beteiligung stellt die demokratische Legitimität des Konditionalitätsprinzips in Frage. Ohnehin scheint die Legitimität der Konditionalität grundsätzlich gering zu sein.
Die Politik der Konditionalität mit Hilfe europäischer Fördergelder hat also eine durchaus weiterreichende integrationspolitische Funktion. Mit dieser Nutzung des Konditionalitätskonzepts wird der Prozess einer schleichenden Kompetenzerweiterung unter Verweis auf funktionale Notwendigkeiten und regulatorische Erfordernisse fortgesetzt, dessen Anfänge bereits in den 1990er Jahren zu beobachten waren.84 Konditionalität ist ein durchaus bekanntes Instrument in föderalen politischen Systemen – die zentrale politische Ebene verknüpft häufig ihre finanzielle Unterstützung für einzelne Gliedstaaten mit gemeinschaftlichen Zielen oder eigenen politischen Interessen.85 Dies dient der Festigung und Weiterentwicklung des föderativen Staatsverbands und liegt somit im kollektiven Interesse aller seiner Entitäten.
Bei der Ausweitung des Konditionalitätsprinzips zu einem Mittel der europäischen Governance sollten deshalb drei zusätzliche Voraussetzungen beachtet werden:
Erstens sollte der Einsatz der Hebelkonditionalität auf der Basis des europäischen Vertragsrechts und gemeinsam verabschiedeter Anwendungsregeln möglich sein. Ideal wäre eine Verankerung des jeweiligen Politikziels – verbunden mit spezifischen Maßstäben oder Kriterien – in den europäischen Verträgen, wie mit den primärrechtlich abgesicherten Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrags zur Wirtschafts- und Währungsunion. Bei dauerhaften Konditionalitäten, die von einem Mitgliedstaat weitreichende politische Anpassungen erfordern, würde mit einer solchen primärrechtlichen Verankerung eine stabile rechtliche Grundlage geschaffen, die unabhängig von kurzfristigen politischen Veränderungen oder abweichenden Interpretationen die Anwendung der Konditionalität sichern und legitimieren würde.
Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob eine allgemeine, horizontale Konditionalitätsklausel in die europäischen Verträge aufgenommen werden könnte. Eine solche primärrechtliche Verankerung des allgemeinen Konditionalitätsprinzips könnte den Empfang jeglicher europäischer Fördergelder explizit an die Einhaltung europäischen Rechts und die Beachtung europäischer Werte und Ziele binden. Die Regelung der konkreten Einzelheiten der Anwendung, die Spezifizierung der Konditionalitätsziele, der Kriterien und Indikatoren zur Umsetzung der Konditionalität, der möglichen Sanktionen und des Entscheidungsprozesses zur Auslösung der punitiven Konditionalität könnten dann in sekundärrechtlichen Rechtsgrundlagen erfolgen. Diese sollten wie bei den Governance-Konditionalitäten regelmäßig zu Beginn neuer Förderperioden überarbeitet und angepasst werden können.
Zweitens sollte bei jedem Versuch der politischen Einflussnahme der EU auf die Mitgliedstaaten mit Hilfe des Konditionalitätsmechanismus beachtet werden, dass die beiden Kernelemente der Konditionalität – die Gewährung finanzieller Hilfen respektive die Androhung finanzieller Sanktionen und die Implementierung der vereinbarten Konditionalitäten – auf der jeweils gleichen politischen Entscheidungs- und Verantwortlichkeitsebene abgewickelt werden. Wenn die EU als Konditionalitätsanbieter also eine Vereinbarung mit einer Zentralregierung trifft, dann sollte die Umsetzung der beschlossenen Konditionalitäten auch durch die Zentralregierung erfolgen müssen. Wenn aber eine Androhung, europäische Fördergelder zu sperren, auf regionale Förderprogramme zielt und die Regionen weder verantwortlich sind noch Einfluss auf die Umsetzung der jeweiligen Konditionalität haben, dann kann die punitive Konditionalität ihre Hebelwirkung nicht entfalten. Es wären also Fördergelder, die in den Zentralhaushalt fließen, mit der jeweiligen punitiven Konditionalität zu belegen.
Drittens sollte es die wichtigste Funktion der negativen Konditionalität bleiben, dass sie nicht angewandt werden muss – also ihre präventive Funktion. Die europäische Konditionalitätspolitik mit ihrer zwangsläufig vorherrschenden punitiven Form sollte das letzte Mittel der politischen Einflussnahme der Europäischen Union bleiben, bevor diese juristische Wege zur Durchsetzung von Regelkonformität beschreitet. Die präventive Funktion kann sich indes nur dann voll entfalten, wenn Konditionalitätsnehmer und -anbieter eng und transparent zusammenarbeiten. Die gemeinsame Fixierung der Kriterien und Indikatoren für die Erfüllung, Nicht-Erfüllung oder nur teilweise Erfüllung der Konditionalität erfordert eine dauerhafte und vertrauensvolle Kooperation beider Akteure. Der Erfolg der Konditionalitätsvereinbarung setzt nicht nur die Nachvollziehbarkeit und, wenn möglich, Messbarkeit der Umsetzung der vereinbarten Leistungen voraus, sondern häufig auch die Verständigung auf ein langfristig eingesetztes Monitoringsystem, mit dem die Erfüllung der Anforderungen über den gesamten Verlauf der eingegangenen Konditionalitätsvereinbarung beobachtet werden kann. Bereits wenn ein solches System verabredet wird, müssen die nationalen Exekutiven dazu bereit sein, der EU die erforderlichen Informationen über die Ergebnisse der Implementierung für das jeweilige Monitoring zur Verfügung zu stellen – zum Teil auch, um die Skepsis auf Seiten anderer Mitgliedstaaten abzubauen.
Diese Bereitschaft zur engen Kooperation mit der EU beruht zunächst auf einem gemeinsamen Verständnis über die Sinnhaftigkeit und Angemessenheit des Konditionalitätsprinzips im Allgemeinen und der jeweiligen Maßnahmen im Besonderen. Ein gesichertes Eigeninteresse der Mitgliedstaaten an einer effektiven Umsetzung festigt die jeweilige Konditionalität – auch für den Fall potentiell negativer Implementierungsfolgen.
Zugleich erhöht eine solche kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Mitgliedstaat bei der Implementierung und der Überwachung die für eine erfolgreiche Konditionalität unverzichtbare ownership des Empfängerstaats. Dies wiederum stärkt die Legitimität des Konditionalitätsprinzips insgesamt und der spezifischen Konditionalitätsabsprache. Das Gleiche gilt für die direkte Einbindung innenpolitischer, von der jeweiligen Konditionalität betroffener Akteure in die Verhandlungen zur Vereinbarung einer spezifischen Konditionalität und des jeweiligen Monitorings. Hierzu gehören das nationale Parlament, die betroffenen Regionen und die jeweiligen Interessenverbände. Ihre Integration in die genannten Prozesse steigert nicht zuletzt auch die Effizienz der Konditionalität.
Sind diese Voraussetzungen für eine Ausweitung und eine horizontale Nutzung des Konditionalitätsprinzips gegeben, so könnten damit drei elementare Anforderungen erfüllt werden:
a) |
Alle Akteure können auf die Vereinbarung und auf die Um- und Durchsetzung der Konditionalitäten und somit auf ein gemeinsames Verständnis der Konditionalität verpflichtet werden. Hilfreich für die erfolgreiche Implementierung ist dann eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union als Konditionalitätsanbieter und dem jeweiligen Konditionalitätsnehmer in den Mitgliedstaaten. |
b) |
Damit würde nicht nur die grundsätzliche Akzeptanz der mit dem Prinzip der Konditionalität zwangsläufig verbundenen potentiellen Sanktionierung mitgliedstaatlicher Politik gefestigt, die im Fall einer fehlerhaften oder nicht ausreichenden Umsetzung einer Konditionalitätsvereinbarung eintritt. |
c) |
Auch die grundsätzliche Legitimität des politischen Instruments könnte auf diese Weise gestärkt werden. |
Nicht alle Konflikte, die – wie derzeit an der Rechtsstaatskonditionalität sichtbar wird – im Zusammenhang mit der Anwendung und Auslegung des Konditionalitätsprinzips entstehen, können so ausgeräumt werden. Aber zumindest lassen sie sich dämpfen.
Abkürzungen
AEUV |
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
BIP |
Bruttoinlandsprodukt |
ESM |
Europäischer Stabilitätsmechanismus |
EuGH |
Europäischer Gerichtshof |
EUV |
EU-Vertrag |
EZB |
Europäische Zentralbank |
IWF |
Internationaler Währungsfonds |
MFR |
Mehrjähriger Finanzrahmen der EU |
MöK |
Makroökonomische Konditionalität |
WWU |
Wirtschafts- und Währungsunion |
Endnoten
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Bereits der sogenannte Marshallplan für den wirtschaftlichen und politischen Wiederaufbau Europas nach 1948 war an Bedingungen geknüpft, zum Beispiel an den Abbau von Handelshemmnissen, die Stabilisierung der nationalen Währung oder die zwischenstaatliche Kooperation der Empfängerstaaten, siehe Sarah L. Babb / Bruce G. Carruthers, »Conditionality: Forms, Functions, and History«, in: Annual Review of Law and Social Science, 4 (2008), S. 13–29; Roland Rich, »Applying Conditionality to Development Assistance«, in: Agenda, 11 (2004) 4, S. 321–334.
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Schon das Abkommen zur Gründung des IWF, die Articles of Agreement, vom 22.7.1944 machte die Finanzhilfen des Fonds abhängig von »adequate safeguards«; International Monetary Fund, Articles of Agreement, Washington 1944, hier Artikel 1(v) und Artikel 5(3a).
- 3
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Axel Dreher, »IMF Conditionality: Theory and Evidence«, in: Public Choice, 141 (2009) 1/2, S. 233–267; Graham Bird, »Reforming IMF Conditionality. From ›Streamlining‹ to ›Major Overhaul‹«, in: World Economics, 10 (2009) 3, S. 81–104; Quintin H. Beazer / Byungwon Woo, »IMF Conditionality, Government Partisanship, and the Progress of Economic Reforms«, in: American Journal of Political Science, 60 (2016) 2, S. 304–321; Graham Bird / Thomas D. Willett, »IMF Conditionality, Implementation and the New Political Economy of Ownership«, in: Comparative Economic Studies, 46 (2004), S. 423–450.
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Siehe mit weiteren Literaturhinweisen Maike Sippel / Karsten Neuhoff, »A History of Conditionality: Lessons for International Cooperation on Climate Policy«, in: Climate Policy, 9 (2009) 5, S. 481–494, und Lachlan McKenzie / Katharina L. Meissner, »Human Rights Conditionality in European Union Trade«, in: Journal of Common Market Studies, 55 (2017) 4, S. 832–849.
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Ein weiterer Bereich, in dem das Prinzip der Konditionalität zum Tragen kommt, ist das innerstaatliche Beziehungsgeflecht in Föderalstaaten. So werden häufig Finanzhilfen der bundesstaatlichen Ebene an die Gliedstaaten mit der Umsetzung spezifischer Aufgaben oder mit politischen Zielen und (zum Teil auch sachfremden) Auflagen verbunden. In den USA zum Beispiel wurden Leistungen des Bundesstaats, die sogenannten grants, wiederholt an die Erfüllung bestimmter Vorgaben gekoppelt. Diese bis in die Gründungsjahre der Vereinigten Staaten zurückreichende Praxis ermöglicht es der bundesstaatlichen Ebene seit jeher, durch eine an Bedingungen geknüpfte Vergabe von Geldern eine Reihe gesamtstaatlicher politischer Agendapunkte durchzusetzen, insbesondere in Politikfeldern und zu spezifischen Anliegen, in denen die Gesetzgebungszuständigkeit und die Implementierungsmöglichkeiten des Bundes begrenzt sind. Ähnliche Anbindungen von Mittelzusagen des Bundes an die Umsetzung politischer Vorhaben durch die Länder gibt es auch im deutschen Föderalismus, siehe Paul Bernd Spahn, Conditioning Intergovernmental Transfers and Modes of Interagency Cooperation for Greater Effectiveness of Multilevel Government in OECD Countries, Paris 2012 (OECD Workshop on Effective Public Investment at Sub-National Level in Times of Fiscal Constraints: Meeting the Co-ordination and Capacity Challenges, 21.6.2012); Viorica Viță, The Rise of Spending Conditionality in the EU: What Can EU Learn from the U.S. Conditional Spending Doctrine and Policies?, Florenz: European University Institute (EUI), 2017 (EUI Working Paper LAW, 2017/16).
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Stefan Koeberle et al. (Hg.), Conditionality Revisited: Concepts, Experiences, and Lessons Learned, Washington, D.C.: The World Bank, 2005.
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Willem H. Buiter, »›Country Ownership‹: A Term Whose Time Has Gone«, in: Development in Practice, 17 (2007) 4–5, S. 647–652.
- 8
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Vgl. Svea Koch, »A Typology of Political Conditionality beyond Aid: Conceptual Horizons Based on Lessons from the European Union«, in: World Development, 75 (2015), S. 97–108.
- 9
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Siehe McKenzie / Meissner, »Human Rights Conditionality in European Union Trade« [wie Fn. 4]; Katharina L. Meissner/ Lachlan McKenzie, »The Paradox of Human Rights Conditionality in EU Trade Policy: When Strategic Interests Drive Policy Outcomes«, in: Journal of European Public Policy, 26 (2019) 9, S. 1273–1291.
- 10
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Viorica Viță, »Revisiting the Dominant Discourse on Conditionality in the EU: The Case of EU Spending Conditionality«, in: Cambridge Yearbook of European Legal Studies, 19 (2017), S. 116–143 (120).
- 11
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Frank Schimmelfennig / Ulrich Sedelmeier, »Governance by Conditionality: EU Rule Transfer to the Candidate Countries of Central and Eastern Europe«, in: Journal of European Public Policy, 11 (2004) 4, S. 661–679; Ulrich Sedelmeier, »Is Europeanisation through Conditionality Sustainable? Lock-in of Institutional Change after EU Accession«, in: West European Politics, 35 (2012) 1, S. 20–38; ders., »After Conditionality: Post-accession Compliance with EU Law in East Central Europe«, in: Journal of European Public Policy, 15 (2008) 6, S. 806–825; Frank Schimmelfennig / Hanno Scholtz, »Legacies and Leverage: EU Political Conditionality and Democracy Promotion in Historical Perspective«, in: Europe-Asia Studies, 62 (2010) 3, S. 443–460.
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Dies verwundert insofern, als auch die zweistufige Süderweiterung um zunächst Griechenland 1981 und dann um Spanien und Portugal 1986 durch eine besondere Form der Konditionalität gekennzeichnet war. Mit dem Anreiz der Integration in die Europäische Gemeinschaft und der Aussicht auf umfangreiche finanzielle Hilfen aus den europäischen Strukturfonds reformierten die drei Kandidaten ihre politischen Systeme nach den langen Jahren der Militärdiktatur zu stabilen Demokratien und Rechtsstaaten.
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Die Kandidaten mussten sich zu stabilen und reifen Demokratien und Rechtsstaaten und zu funktionierenden Marktwirtschaften entwickeln, die dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften des Binnenmarkts standhalten können. Darüber hinaus wurden die vollständige Übernahme des Acquis Communautaire, also des gemeinschaftlichen Rechtsbestands, und die Verpflichtung auf die finalité politique, also auf die Vertiefung zur Politischen Union und zur Wirtschafts- und Währungsunion, als Konditionalitäten aufgeführt, Europäischer Rat Kopenhagen, 21.–22. Juni 1993 – Schlussfolgerungen des Vorsitzes.
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Alan Mayhew, Recreating Europe. The European Union’s Policy towards Central and Eastern Europe, Cambridge 2005.
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Heather Grabbe hat die Herausforderung, vor der die EU gestanden habe, als »moving target problem« bezeichnet: »The conditions are not fixed and definite, and new conditions have been added and old ones redefined at the biannual summits of EU leaders«, Heather Grabbe, »European Union Conditionality and the Acquis Communautaire«, in: International Political Science Review, 23 (2002) 3, S. 249–268 (251). Hughes, Sasse und Gordon haben von einer »fluid nature of conditionality« gesprochen, James Hughes / Gwendolyn Sasse / Claire Gordon, »Conditionality and Compliance in the EU’s Eastward Enlargement: Regional Policy and the Reform of Sub-national Government«, in: Journal of Common Market Studies, 42 (2004) 3, S. 523–552 (523).
- 16
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Geoffrey Pridham, »Change and Continuity in the European Union’s Political Conditionality: Aims, Approach, and Priorities«, in: Democratization, 14 (2007) 3, S. 446–471 (453).
- 17
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Heather Grabbe, The EU’s Transformative Power: Europeanization through Conditionality in Central and Eastern Europe, Basingstoke: Palgrave, 2006; Eli Gateva, »Post-accession Conditionality – Translating Benchmarks into Political Pressure?«, in: East European Politics, 29 (2013) 4, S. 420–442.
- 18
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Die Konvergenzkriterien sind eine niedrige durchschnittliche Inflationsrate, die Entwicklung der Verschuldung der öffentlichen Haushalte im Verhältnis zum jährlichen Haushaltsdefizit und der Höhe des Schuldenstands, die Entwicklung des Wechselkurses der nationalen Währung und das Niveau der langfristigen Zinssätze.
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So Artikel 126, Absatz 11 AEUV.
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Lorenzo Bini Smaghi, »Governance and Conditionality. Toward a Sustainable Framework?«, in: Journal of European Integration, 37 (2015) 7, S. 755–768.
- 21
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David M. Woodruff, »Governing by Panic: The Politics of the Eurozone Crisis«, in: Politics and Society, 44 (2016) 1, S. 81–116 (100). Welchen immensen Druck die EZB auf die irische Regierung ausübte, ist in den inzwischen veröffentlichten »Irish Letters« nachzulesen, <https://www.ecb.europa. eu/press/html/irish-letters.en.html> (Zugriff am 11.5.2022).
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Wade Jacoby / Jonathan Hopkin, »From Lever to Club? Conditionality in the European Union during the Financial Crisis«, in: Journal of European Public Policy, 27 (2020) 8, S. 1157–1177 (1167).
- 23
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André Gilles, Die Konditionalität der Finanzhilfen für Eurostaaten, Tübingen 2019.
- 24
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Schlussfolgerungen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebietes, Anlage 1: Ein Pakt für den Euro. Stärkere Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz, Brüssel, 11.3.2011.
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Der Fiskalpakt heißt formal »Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion«. Bis auf Tschechien und das Vereinigte Königreich unterschrieben ihn alle Mitgliedstaaten; Kroatien hat den Vertrag nach seinem Beitritt ebenfalls noch nicht unterzeichnet.
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»Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, (23.11.2011) L 306/25, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32011R1176&from=EN> (Zugriff am 11.5.2022). Zur Überwachung makroökonomischer Ungleichgewichte wurde ein Scoreboard mit elf Indikatoren entwickelt, die von Leistungsbilanzindikatoren über Lohnstückkosten bis hin zu Hauspreis-Indizes und dem Ausmaß der privaten Verschuldung reichen.
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Im korrektiven Arm des Verfahrens kann von einem Staat, der die empfohlenen Korrekturmaßnahmen nicht umsetzt, verlangt werden, dass er eine verzinsliche Einlage hinterlegt. Diese Maßgabe kann in eine Geldstrafe von 0,1 Prozent des BIP überführt werden, falls der betreffende Staat die Empfehlungen auch weiterhin nicht befolgt.
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Peter Becker, Wirtschaftspolitische Koordinierung in der Europäischen Union. Europäisierung ohne Souveränitätsverlust, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2014 (SWP-Studie 19/2014).
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Stefano Sacchi, »Conditionality by Other Means: EU Involvement in Italy’s Structural Reforms in the Sovereign Debt Crisis«, in: Comparative European Politics, 13 (2015) 1, S. 77–92.
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Fabrizio Di Mascio et al., »Influence of the European Semester on National Public Sector Reforms under Conditions of Fiscal Consolidation: The Policy of Conditionality in Italy 2011–2015«, in: Public Policy and Administration, 35 (2020) 2, S. 201–223 (218).
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Viorica Viță, Conditionalities in Cohesion Policy – Research for REGI Committee, Brüssel: European Parliament, Policy Department for Structural and Cohesion Policies, Directorate-General for Internal Policies, September 2018 (PE 617. 498), <https://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/STUD/2018/617498/IPOL_STU(2018)617498_EN.pdf> (Zugriff am 11.5.2022).
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Peter Becker, Die EU auf dem Weg in eine »Transferunion«? Ein Beitrag zur Entdramatisierung, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juni 2018 (SWP-Studie 8/2018); Ronald L. Watts, The Spending Power in Federal Systems: A Comparative Study, Kingston/Canada 1999.
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Viță, »Revisiting the Dominant Discourse on Conditionality in the EU« [wie Fn. 10]; Pola Schneemelcher / Jörg Haas, Rules Enforcement in the EU: »Conditionality« to the Rescue?, Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 28.5.2019.
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Willem Molle, »EU Membership and Budget Allocation Conditionality«, in: Studia Europejskie – Studies in European Affairs, 22 (2018) 4, S. 167–182 (174); Friedrich Heinemann, »Going for the Wallet? Rule-of-Law Conditionality in the Next EU Multiannual Financial Framework«, in: Intereconomics, 53 (2018) 6, S. 297–301.
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John Bachtler / Carlos Mendez, »Cohesion and the EU’s Budget: Is Conditionality Undermining Solidarity?«, in: Ramona Coman / Amandine Crespy / Vivien A. Schmidt (Hg.), Governance and Politics in the Post-crisis European Union, Cambridge: Cambridge University Press 2020, S. 121–139 (130).
- 36
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»Verordnung (EU) Nr. 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, (30.6.2021) L231, S. 159–706, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/?uri=CELEX%3A32021R1060> (Zugriff am 11.5.2022).
- 37
-
Peter Becker / Ronny Müller, »Die Kraft der Krise – die europäische Kohäsionspolitik und ihre Reform«, in: Integration, 38 (2015) 3, S. 231–247.
- 38
-
Artikel 15 und Absatz III der »Verordnung (EU) Nr. 2021/1060« [wie Fn. 36].
- 39
-
»Verordnung (EU) Nr. 2021/1060« [wie Fn. 36], Artikel 16, Absatz 1.
- 40
-
Vgl. Stijn Verhelst, Makroökonomische Konditionalitäten der Kohäsionspolitik – Themenpapier, Luxemburg: Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik, Regionale Entwicklung, Dezember 2012 (PE 474.552).
- 41
-
Artikel 19 der »Verordnung (EU) Nr. 2021/1060« [wie Fn. 36].
- 42
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Nach Artikel 19, Absatz 10 der Verordnung Nr. 2021/ 1060 gilt der Vorschlag der Kommission für einen Beschluss des Rates zur Aussetzung der Mittelbindungen der europäischen Fördergelder als angenommen, sofern eine qualifizierte Mehrheit im Rat ihm nicht widerspricht. Allerdings wurde das maximale Volumen der auszusetzenden europäischen Fördergelder auf 25 Prozent der Mittelzuweisungen oder maximal 0,25 Prozent des nominalen BIP des betreffenden Mitgliedstaats begrenzt.
- 43
-
Viță, »Revisiting the Dominant Discourse on Conditionality in the EU« [wie Fn. 10].
- 44
-
Marjorie Jouen, The Macro-economic Conditionality. The Story of a Triple Penalty for Regions, Paris/Berlin: Notre Europe/ Jacques Delors Institute, 31.3.201 (Policy Paper 131); Mario Kölling, Policy Conditionality – A New Instrument in the EU Budget Post-2020?, Stockholm: Sieps – Swedish Institute for European Policy Studies, November 2017 (European Policy Analysis 10/2017).
- 45
-
Martin Sacher, »Macroeconomic Conditionalities: Using the Controversial Link between EU Cohesion Policy and Economic Governance«, in: Journal of Contemporary European Research, 15 (2019) 2, S. 179–193; Kölling, Policy Conditionality [wie Fn. 44]; Paweł Tokarski / Stijn Verhelst, Macroeconomic Conditionality in Cohesion Policy: Added Value or Unnecessary Burden?, Brüssel: Egmont Institute, November 2012 (European Policy Brief 13); John Bachtler / Martin Ferry, »Conditionalities and the Performance of European Structural Funds: A Principal-Agent Analysis of Control Mechanisms in European Union Cohesion Policy«, in: Regional Studies, 49 (2015) 8, S. 1258–1273.
- 46
-
»Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, (18.2.2021) L 57, S. 17–74, <https://eur-lex. europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX: 32021R0241&from=DE> (Zugriff am 11.5.2022).
- 47
-
In Erwägungsgrund 4 der Verordnung heißt es: »Auf Unionsebene bildet das Europäische Semester für die Koordinierung der Wirtschaftspolitik (im Folgenden »Europäisches Semester«), einschließlich der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte, den Rahmen für die Ermittlung nationaler Reformprioritäten und die Überwachung ihrer Umsetzung.«
- 48
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»Verordnung (EU) 2021/241« [wie Fn. 46], Artikel 10.
- 49
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Ebd., Artikel 17.
- 50
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Ebd., Artikel 20.
- 51
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Ebd., Artikel 8.
- 52
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Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten, KOM(2018) 324 final, Brüssel, 2.5.2018.
- 53
-
Das Europäische Parlament hatte in einer Entschließung vom 14. März 2018 die Kommission aufgefordert, »ein Verfahren vorzuschlagen, durch das Mitgliedstaaten, die den in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) verankerten Werten nicht gerecht werden, finanzielle Konsequenzen auferlegt werden können«, Europäisches Parlament, Der nächste MFR: Vorbereitung des Standpunkts des Parlaments zum MFR nach 2020, P8_TA-PROV(2018)0075, 14.3.2018, Ziffer 119.
- 54
-
Justyna Łacny, »The Rule of Law Conditionality under Regulation No 2092/2020 – Is It All about the Money?«, in: The Hague Journal on the Rule of Law, 13 (2021), S. 79–105; Dimitry Kochenov, »Elephants in the Room: The European Commission’s 2019 Communication on the Rule of Law«, in: The Hague Journal on the Rule of Law, 11 (2019), S. 423–438.
- 55
-
Marco Fisicaro, »Rule of Law Conditionality in EU Funds: The Value of Money in the Crisis of European Values«, in: European Papers, 4 (2019) 3, S. 695–722.
- 56
-
Jens Brauneck, »Gefährdung des EU-Haushalts durch rechtsstaatliche Mängel in den Mitgliedstaaten?«, in: Europarecht, 54 (2019) 1, S. 37–60.
- 57
-
Europäischer Rechnungshof, »Stellungnahme Nr. 1/2018 (gemäß Artikel 322 Absatz 1 Buchstabe a AEUV) zu dem Vorschlag vom 2. Mai 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, (17.8.2018) C 291, S. 1–7.
- 58
-
Europäisches Parlament, Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 4. April 2019 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten (COM(2018)0324 – C8-0178/2018 –2018/0136(COD)), P8_TA(2019)0349, 4.4.2019.
- 59
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Demnach sollte die Anwendung des neuen Konditionalitätsmechanismus »objektiv, fair, unparteiisch und faktengestützt erfolgen«. Die in diesem Rahmen ergriffenen Maßnahmen sollten nur als ultima ratio zur Anwendung kommen. Dabei werde insbesondere die Verhältnismäßigkeit der Sanktionen zu Verstößen gegen den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit beachtet; die bloße Feststellung einer Verletzung der Rechtsstaatlichkeit reiche nicht aus, um den Mechanismus auszulösen. Die Konditionalität gelte insofern nicht für generelle rechtsstaatliche Mängel. Vorab sagte die Europäische Kommission die Vorlage von Leitlinien zu, Tagung des Europäischen Rates (10. und 11. Dezember 2020) – Schlussfolgerungen, Ziffern1–4.
- 60
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»Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2020 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, (22.12.2020) L 433 I, S. 1–10.
- 61
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Łacny, »The Rule of Law Conditionality under Regulation No 2092/2020« [wie Fn. 54].
- 62
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Europäischer Gerichtshof, Urteil des Gerichtshofs (Plenum) vom 16. Februar 2022, Ungarn gegen Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, Rechtssache C-156/21, und ders., Urteil des Gerichtshofs (Plenum) vom 16. Februar 2022, Republik Polen gegen Europäisches Parlament und Rat der Europäischen Union, Rechtssache C-157/21.
- 63
-
Europäische Kommission, Leitlinien für die Anwendung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 über eine allgemeine Konditionalitätsregelung zum Schutz des Haushalts der Union, C(2022) 1382 final, Brüssel, 2.3.2022, <https://ec.europa.eu/info/sites/ default/files/about_the_european_commission/eu_budget/c_2022_1382_3_de_act_part1_v1.pdf> (Zugriff am 11.5.2022).
- 64
-
So auch das Gutachten des Europäischen Rechnungshofs zum ersten Entwurf der Europäischen Kommission, Europäischer Rechnungshof, »Stellungnahme Nr. 1/2018 (gemäß Artikel 322 Absatz 1 Buchstabe a AEUV) zu dem Vorschlag vom 2. Mai 2018 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, (17.8.2018) C 291, S. 1–7.
- 65
-
Antonia Baraggia / Matteo Bonelli, »Linking Money to Values: The New Rule of Law Conditionality Regulation and Its Constitutional Challenges, in: German Law Journal, 23 (2022) 2, S. 131–156 (154).
- 66
-
Armin von Bogdandy et al., »A Potential Constitutional Moment for the European Rule of Law: The Importance of Red Lines«, in: Armin von Bogdandy et al. (Hg.), Defending Checks and Balances in EU Member States. Taking Stock of Europe’s Action, Berlin 2021, S. 385–401.
- 67
-
Bird / Willett, »IMF Conditionality« [wie Fn. 3].
- 68
-
Heather Grabbe, »European Union Conditionality and the Acquis Communautaire«, in: International Political Science Review, 23 (2002) 3, S. 249–268.
- 69
-
Bachtler / Ferry, »Conditionalities and the Performance of European Structural Funds« [wie Fn. 45]; Stefano Sacchi, »Conditionality by Other Means: EU Involvement in Italy’s Structural Reforms in the Sovereign Debt Crisis«, in: Comparative European Politics, 13 (2015) 1, S. 77–92.
- 70
-
Viță, The Rise of Spending Conditionality in the EU [wie Fn. 5].
- 71
-
Europäische Kommission, Leitlinien für die Anwendung der Verordnung (EU, Euratom) 2020/2092 [wie Fn. 63].
- 72
-
Europäischer Gerichtshof, Urteil des Gerichtshofs (Plenum) vom 27. November 2012 (Vorabentscheidungsersuchen des Supreme Court — Irland) — Thomas Pringle / Government of Ireland, Ireland and the Attorney General, Rechtssache C-370/12, Randnummer 136.
- 73
-
Ebd., Randnummer 111.
- 74
-
Jacoby / Hopkin, »From Lever to Club?« [wie Fn. 22].
- 75
-
Viță, »Revisiting the Dominant Discourse on Conditionality in the EU« [wie Fn. 10], S. 119; auch Molle, »EU Membership and Budget Allocation Conditionality« [wie Fn. 34].
- 76
-
Dimitry Kochenov, Overestimating Conditionality, Groningen: University of Groningen, Faculty of Law, Januar 2014 (Research Paper Series 3/2014).
- 77
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Sedelmeier, »Is Europeanisation through Conditionality Sustainable?« [wie Fn. 11]; ders., »After Conditionality« [wie Fn. 11]; Schimmelfennig / Scholtz, »Legacies and Leverage« [wie Fn. 11]; Peter Berkowitz / Ángel Catalina-Rubianes / Jerzy Pieńkowski, The European Union’s Experiences with Policy Conditionalities, 28.4.2017 (EC-OECD Seminar Series on Designing Better Economic Development Policies for Regions and Cities). Anderer Meinung ist jedoch Linka Toneva-Metodieva, »Beyond the Carrots and Sticks Paradigm: Rethinking the Cooperation and Verification Mechanism Experience of Bulgaria and Romania«, in: Perspectives on European Politics and Society, 15 (2014) 4, S. 534–551.
- 78
-
Eli Gateva, European Union Enlargement Conditionality, Basingstoke / New York 2015; Gateva, »Post-accession Conditionality« [wie Fn. 17].
- 79
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Bachtler / Mendez, »Cohesion and the EU’s Budget« [wie Fn. 35]; Kölling, Policy Conditionality [wie Fn. 44]; Schneemelcher / Haas, Rules Enforcement in the EU [wie Fn. 33]; Nicolaus Heinen, Bedingt tauglich. Konditionalität im EU-Finanzrahmen 2014–2020, Frankfurt a.M.: DB Research, 11.3.2013 (Research Briefing, Europäische Integration).
- 80
-
Sacher, »Macroeconomic Conditionalities« [wie Fn. 45]; Tokarski / Verhelst, Macroeconomic Conditionality in Cohesion Policy [wie Fn. 45]; Kölling, Policy Conditionality [wie Fn. 44].
- 81
-
Spahn, Conditioning Intergovernmental Transfers [wie Fn. 5].
- 82
-
Sacher, »Macroeconomic Conditionalities« [wie Fn. 45]; Kevin Featherstone, »Conditionality, Democracy and Institutional Weakness: the Euro-crisis Trilemma«, in: Journal of Common Market Studies, 54 (2016), Annual Review, S. 48–64.
- 83
-
Bachtler / Ferry, »Conditionalities and the Performance of European Structural Funds« [wie Fn. 45].
- 84
-
Mark A. Pollack, »Creeping Competence: The Expanding Agenda of the European Community«, in: Journal of Public Policy, 14 (1994) 2, S. 95–145; Sacha Garben, »Competence Creep Revisited«, in: Journal of Common Market Studies, 57 (2019) 2, S. 205–222.
- 85
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Viță, The Rise of Spending Conditionality in the EU [wie Fn. 5]; Spahn, Conditioning Intergovernmental Transfers [wie Fn. 5]; Watts, The Spending Power in Federal Systems [wie Fn. 32].
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doi: 10.18449/2022S06