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Dokumentation zum afghanischen National Solidarity Program

Partizipative Entwicklung als Instrument für nachhaltigen Wiederaufbau und nationale Stabilisierung

Arbeitspapier, 15.05.2008, 21 Seiten

1. Das National Solidarity Program in Afghanistan als Beispiel für Community Driven Development im Postkonfliktkontext

a. Überblick über das National Solidarity Program

Die Idee eines Programms zur partizipativen, selbstbestimmten Entwicklung der Dorfgemeinschaften in Afghanistan ist im folgenden Entwurf des National Development Framework (NDF) als National Solidarity (Hambastigee Millie) aufgeführt:

Afghan Assistance Coordination Authority (2002): National Development Framework (Draft).

Unter dem Namen Community Empowerment Program wurde ab Mitte 2002 von der Weltbank ein mit dem späteren NSP weitgehend identisches Programm im Rahmen des Emergency Community Empowerment and Public Works Project gestartet, das bis Ende 2004 als eine Art Vorläuferprogramm durchgeführt wurde (vgl. auch Evaluation des Community Empowerment Program: World Bank 2005: Report 33120-AF).

World Bank (2002): Emergency Community Empowerment and Public Works Project. Report T7535-AF.

Die folgenden Dokumente der Weltbank geben einen Überblick über die Ziele, die intendierte Vorgehensweise, die geplanten Ausgaben sowie Fragen der Evaluation des Programms:

World Bank (2003d): Project Information Document AB372 (Concept Stage).

World Bank (2003b): National Solidarity Project. Technical Annex. T7609.

Anfang 2004 wurde zwischen der International Development Association (IDA) der Weltbankgruppe und der Afghanischen Übergangsregierung das Development Grant Agreement. Emergency National Solidarity Project. H072-AF abgeschlossen. (Das National Solidarity Project wird teilweise ebenfalls als NSP abgekürzt, was zu Verwirrungen führen kann. Es umfasste am Anfang neben der Finanzierung des National Solidarity Program auch noch Gelder für das National Emergency Employment Program (NEEP).)

Das im Oktober 2004 veröffentlichte NSP Operational Manual bildet als Teil des Development Grant Agreement die Arbeitsgrundlage für alle beteiligten Akteure. Seit einiger Zeit ist das Dokument nicht mehr online verfügbar. Im Kapitel 2.b werden deswegen die wichtigsten Inhalte dargestellt.

Aufgrund der positiven Bewertungen wurde das Programm im Mai 2005 ausgeweitet. Die folgenden Dokumente der Weltbank dokumentieren die Evaluation, den Antrag und die Genehmigung der zusätzlichen Mittel.

World Bank (2005): Report 33120-AF. Implementation Completion and Results Report for the Emergency Community Empowerment and Public Works Project.

World Bank/International Development Association (2005b): Report 32528-AF. Proposed Additional Financing of SDR 18.76 Million.

World Bank/International Development Association (2005a): Agreement Amending Development Grant Agreement. Emergency National Solidarity Project. IDA Grant Number H174 AF Amendment.

Einbindung des NSP in die nationale Entwicklungsstrategie (ANDS)

Im Januar 2006 wurde mit der Interim Afghanistan National Development Strategy (I-ANDS) ein neuer Rahmen für die Bekämpfung der Armut und die Entwicklung des Landes gelegt. Am 21.04.2008 wurde die endgültige Fassung der Afghanistan National Development Strategy verabschiedet. Die auf den drei Säulen 1. Sicherheit, 2. Governance, Rechtsstaatlichkeit und Menschrechte und 3. wirtschaftliche und soziale Entwicklung basierende Strategie gilt als zentrales Konzept für die Zukunft des Landes. Das abschließende Papier zeichnet eine präzise Vision von Afghanistan im Jahr 2020 und bildet mit Strategien, Prinzipien und Zielen das Poverty Reduction Strategy Paper (PRSP) für das Land.

Das NSP soll durch die Entwicklung der ländlichen Regionen einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen der in der ANDS skizzierten Vision leisten, weswegen 2006 die Verlängerung des Programms um weitere 3 Jahre vorangetrieben wurde (NSP Phase II):

World Bank (2006): Report T7683-AF. Technical Annex for a proposed Grant of SDR 81,2 Million (US$ 120 Million equivalent) to the Islamic Republic of Afghanistan for a second Emergency National Solidarity Project (NSP II).

Das MRRD schreibt 2006 in seinem Vorschlag »The Expansion of the National Solidarity Programme. Empowering Communities to Deliver the I-ANDS Benchmarks. Proposal for a 3-year Programme Extension.« (zurzeit nicht online verfügbar): »The I-ANDS states, 'People are our greatest resource. We cannot achieve the vision set out in the constitution or national development strategy without investing in our citizens.' The NSP currently is the only national programme working directly with the people at the community level in every province of the country.« (S.3)

In erster Linie zielt NSP II darauf ab, das Programm in Gemeinschaften zu ermöglichen, die bisher noch nicht davon profitiert haben. Jedoch hat es auch einige Veränderungen in der Strategie gegeben, die auf die Lessons Learned der ersten Phase zurückgeführt werden. So versucht das überarbeitete Programm realistischer, unbürokratischer und besser koordiniert zu sein. Die wichtigste Veränderung ist die Übertragung der Funktionen des Oversight Consultant (OC) von der deutschen GTZ an das MRRD. Die Verbesserungsmöglichkeiten werden im Technical Annex des Projektvorschlags aufgeführt (Report T7683-AF).

Mit der Einrichtung des National Area Based Development Program (NABDP) ist eine Möglichkeit geschaffen, nach den Prinzipien des NSP einerseits Gemeinschaften weiter zu unterstützen, die das NSP schon beendet haben und andererseits Planung und Projekte in einem größeren Rahmen (Distrikt- oder Provinzebene) durchzuführen.

Zusammengefasst werden die Programme des Ministry of Rural Rehabilitation and Development in folgendem Dokument:

Ministry of Rural Rehabilitation and Development (2007b): MRRD Strategy and Programme Summary: Poverty Reduction through Pro-Poor Growth.

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Abb. 1.: Einbindung des NSP in die nationale Entwicklungsstrategie Afghanistans

Quelle: Ministry of Rural Rehabilitation and Development (2007b): MRRD Strategy and Programme Summary: Poverty Reduction through Pro-Poor Growth, S. 1

Einbindung des National Solidarity Program in die Verfassung

Die afghanische Verfassung sieht in den Artikeln 138-140 vor, dass auf Provinz-, Distrikt- und Dorfebene repräsentative Versammlungen gewählt werden. Dies ist bisher nur auf der Provinzebene mit der Wahl der Distriktversammlungen (Wolejati Shuras) im September 2005 geschehen.

Sowohl die durch das NSP geschaffenen Community Development Councils (CDCs) als auch die auf Beschluss des Kabinetts eingerichteten Provincial Development Councils (PDCs) stehen außerhalb des konstitutionellen Systems. De facto üben die demokratisch gewählten CDCs jedoch bereits einige Funktionen der geplanten repräsentativen Gemeinderäte aus (besonders in Fragen der Konfliktbeilegung). Durch eine von Präsident Hamed Karsai erlassene Bestimmung vom 4.11.2006 (in der Regel als CDC By-Law zitiert) wird den CDCs eine formale Existenz als staatliches Organ zugeschrieben, in der sie neben der ihnen zugedachten Funktion der Projektplanung und -implementierung auch administrative staatliche Aufgaben übernehmen und aktiver im Entwicklungsprozess agieren können. In der Verfassung festgeschrieben werden kann diese erste Institutionalisierung jedoch erst durch eine Ratifizierung durch das Parlament. Da dies bisher nicht geschehen ist, bleibt die Zukunft der CDCs sowie ihre Beziehung zu anderen staatlichen Akteuren bisher ungeklärt.

Ändern soll dies das ebenfalls durch präsidialen Erlass im August 2007 entstandene Independent Directorate of Local Governance (IDLG). Seine Aufgabe ist es, ein Konzept für die Institutionen auf subnationaler Ebene zu entwickeln und umzusetzen. Dadurch wird auch die zukünftige Rolle und institutionelle Einbindung der CDCs geklärt werden. Darüber hinaus soll das IDLG die Arbeit der Provinzversammlungen, der Provinzgouverneure, der Distriktgouverneure und der Stadtverwaltungen überwachen und koordinieren. Die zukünftige Rolle der CDCs war auch das Thema einer landesweiten Konferenz der CDCs im Oktober 2007. (National Consultation Conference on the Role of Community Development Councils) Die von den CDC-Delegierten verabschiedete Resolution zeugt von ihrer selbstbewussten Eigenwahrnehmung als bedeutender Akteur auf lokaler Ebene.

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Abb. 2.: Substaatliche Versorgungsstrukturen in Afghanistan

Quelle: Weltbank (2007): Service Delivery and Governance at the Sub-National Level in Afghanistan. S. 10 (X)

Aktueller Stand 2008

Auf der Internetseite des National Solidarity Program werden die aktuellen Fortschritte dokumentiert und regelmäßig Progress Reports veröffentlicht. Das Ministry for Rural Rehabilitation and Development bietet auf seiner Internetseite eine Karte mit der Dichte an NSP-Projekten im gesamten Land sowie eine Liste mit allen unter dem Programm durchgeführten Entwicklungsprojekten an. Dokumentation dieser Art, die als Grundlage für die Bewertung als »Erfolgsstory NSP« genutzt werden, beruhen ausschließlich auf quantitativen Indikatoren und werden daher von einigen Analysten kritisiert. (vgl. Kapitel 3).

b. Das Konzept Community Driven Development (CDD)

Die Idee der selbstbestimmten Entwicklung ist in der Entwicklungszusammenarbeit nicht neu. In der Politik der großen multinationalen Entwicklungsbanken fand sie Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre als Antwort auf die vorangegangenen gescheiterten Versuche der Armutsbekämpfung verstärkte Beachtung. Im Jahr 2000 wurde Community Driven Development (CDD) offiziell als operationelles Konzept in den Katalog der Weltbank aufgenommen.

Seitdem ist die Weltbank einer der größten Akteure im Vorantreiben von CDD-Projekten. Die CDD-Homepage der Weltbank gibt einen guten Überblick über das Konzept, die Regeln für CDD und verweist auf umgesetzte Projekte sowie thematische Querbezüge.

Grundlage für die Umsetzung von CDD-Projekten bildet das Poverty Reduction Strategy Sourcebook der Weltbank, das Ländern als Leitfaden bei der Erstellung und Umsetzung ihrer eigenen Armutsbekämpfungsstrategien (Poverty Reduction Strategy) dienen soll. In Kapitel 9 werden die Möglichkeiten für Regierungen dargestellt, CDD zu unterstützen. Es werden die Bedeutung, Vorteile des Konzepts, Richtlinien und wichtige Bestandteile vorgestellt.

Es gibt eine Vielzahl anderer Entwicklungskonzepte, die für sich Partizipation beanspruchen. Sie unterscheiden sich aber teilweise erheblich im Grad der tatsächlichen Teilhabe.

Besonders im Kontext von Konflikten wird dem CDD-Konzept eine hohe Wirksamkeit zugeschrieben:

World Bank (2006): Community-Driven Development in the Context of Conflict-Affected Countries: Challenges and Opportunities.

Chopra, Jarat und Hohe, Tanja (2004): Participatory Intervention. (Dieses Dokument ist nicht online verfügbar.)

Samset, Ingrid (2007): A Promising Experience: Building Peace through Community Development.