Prof Dr. iur. Dr. h. c. Peter-Tobias Stoll ist Gastwissenschaftler in der Forschungsgruppe Globale Fragen und Professor für öffentliches Recht und Völkerrecht (Internationales Wirtschaftsrecht) an der Georg-August-Universität Göttingen. Er gehört der auswärtigen Fakultät für Völkerrecht und Europarecht der Diplomatischen Akademie Wien an.
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Die EU verfügt über ein weltweit einzigartiges Netz von Freihandelsabkommen. In oft langwierigen Verhandlungen hat sie dafür Vereinbarungen geschlossen, die über eine gegenseitige Öffnung der Märkte weit hinausgehen. Vielmehr beziehen die Abkommen wirtschaftliche und außenpolitische Themen mit ein, ebenso Fragen der ökonomischen Entwicklung und des Schutzes menschenwürdiger Arbeit, der Umwelt und der Menschenrechte.
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Allerdings ändern sich zunehmend die Rahmenbedingungen. Dies betrifft nicht nur die neuesten Aktivitäten der US-Regierung in der Handelspolitik, die Erosion der Welthandelsorganisation (WTO) als multilateraler Ordnungsrahmen oder die geoökonomischen Prioritäten anderer Akteure sowie die zunehmende Konkurrenz mit ihnen. Auch die Handelspolitik der EU selbst hat sich gewandelt, neue Ziele definiert und neue Instrumente entwickelt.
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Diese Herausforderungen bieten Anlass, die bisherige Praxis der EU auf den Prüfstand zu stellen, was den Umgang mit geplanten Freihandelsabkommen angeht. Das gilt für deren Inhalt und Zuschnitt, aber auch für die Verhandlungen mit den jeweiligen Partnern sowie die EU-internen Abläufe der Zustimmung und des Abschlusses.
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Wesentlich muss die EU in die Lage kommen, Freihandelsabkommen erforderlichenfalls leichter und schneller abschließen zu können. Sie kann dazu ihren Partnern in einigem Umfang eine Modularisierung und Dynamisierung der Vereinbarungen anbieten, ebenso eine Kooperation bei der Umsetzung der EU-seitigen autonomen Nachhaltigkeitsinstrumente.
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Die EU muss aber auch intern die Zustimmung zu Abkommen und deren Abschluss erleichtern und beschleunigen. Sie kann dabei in weitem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch machen, den »Handelsteil« von Abkommen im Rahmen ihrer Handelskompetenz allein und mit einer qualifizierten Mehrheit im Rat abzuschließen.
Inhaltsverzeichnis
1 Problemstellung und Empfehlungen
2 Freihandelsabkommen und die EU
2.1 FHAs und die Hybridisierung der globalen Ordnung des Handels
2.2 Die EU als Akteur, ihre Praxis und der Brüssel-Effekt
3.1 Verhinderung oder Einhegung eines transatlantischen Handelskonflikts
3.2 Die EU im Wettlauf um Präferenzen auf den Märkten der Welt
3.3 Erosion der regelbasierten Welthandelsordnung
3.4 Geoökonomische Prioritäten und strategische Partnerschaften
3.5 Versorgungssicherheit der EU bei Energie und Rohstoffen
3.6 Fazit: Kontinuitäten, Wandel und neue Prioritäten
4 Freihandelsabkommen leichter und schneller abschließen
4.1 Wie kann die EU die Zustimmung ihrer Partner erleichtern und beschleunigen?
4.2 Abkommen modularisieren und dynamisieren
4.3 Eine partnerschaftliche Umsetzung autonomer EU-Instrumente anbieten
4.4 Zustimmung der EU erleichtern und beschleunigen
4.5 Aktuelle Probleme der EU beim Abschluss von Freihandelsabkommen
4.6 Zügiger Abschluss »reiner« Handelsabkommen in der EU
Problemstellung und Empfehlungen
Die EU verfügt über ein weltweit einzigartiges Netz von Freihandelsabkommen (FHAs). Seit 2006 hat sie dafür in oft langwierigen Verhandlungen entsprechende Vereinbarungen geschlossen, die über eine gegenseitige Öffnung der Märkte weit hinausgehen. Vielmehr beziehen die Abkommen auch wirtschaftliche und außenpolitische Themen mit ein, ebenso Fragen der ökonomischen Entwicklung und des Schutzes menschenwürdiger Arbeit, der Umwelt und der Menschenrechte. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission betonen immer wieder ihre Absicht, dieses Netz an FHAs weiterzuentwickeln. Allerdings ändern sich dafür zunehmend die Rahmenbedingungen. Dies liegt nicht allein an den disruptiven Initiativen der amerikanischen Handelspolitik, der Erosion der Welthandelsorganisation (WTO) als multilateraler Ordnungsrahmen, den geoökonomischen Prioritäten anderer Akteure und der zunehmenden Konkurrenz mit ihnen. Auch die Handelspolitik der EU selbst hat sich gewandelt, neue Ziele definiert und neue Instrumente entwickelt. Diese Herausforderungen bieten Anlass, die bisherige Praxis der EU auf den Prüfstand zu stellen, was den Umgang mit geplanten Freihandelsabkommen angeht. Das gilt für deren Inhalt und Zuschnitt, aber auch für die Verhandlungen mit den jeweiligen Partnern sowie die EU-internen Abläufe der Zustimmung und des Abschlusses.
Wesentlich muss die EU in die Lage kommen, FHAs erforderlichenfalls leichter und schneller abschließen zu können. Sie kann dazu ihren Partnern in einigem Umfang eine Modularisierung und Dynamisierung der Abkommen anbieten, ebenso eine Kooperation bei der Umsetzung der EU-seitigen autonomen Nachhaltigkeitsinstrumente.
Die EU muss aber auch intern die Zustimmung zu Abkommen und deren Abschluss erleichtern und beschleunigen. Sie kann dazu in weitem Umfang von der Möglichkeit Gebrauch machen, den »Handelsteil« von FHAs im Rahmen ihrer Handelskompetenz allein und mit einer qualifizierten Mehrheit im Rat abzuschließen. Vereinbarungen über die politischen Beziehungen beider Seiten und über ihre Zusammenarbeit sowie einzelne andere Regelungsteile können getrennt behandelt werden – nach den sonstigen Kompetenzgrundlagen und Verfahren, die dafür jeweils gelten. Ferner sollte die EU über den Einzelfall hinaus Grundlagen und Strukturen entwickeln, um mit den etwaigen Folgen eines Strukturwandels umzugehen, der sich für bestimmte Gruppen und Branchen aus dem Vollzug eines Freihandelsabkommens ergeben kann.
Die damit zusammenhängenden Fragen richten sich zuerst an die Organe der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten, im Falle Deutschlands konkret an die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat. Letztlich ist hier aber auch die deutsche und europäische Öffentlichkeit angesprochen, die in der Vergangenheit geplante Freihandelsabkommen oft kritisch und kontrovers diskutiert hat.
Freihandelsabkommen und die EU
Freihandelsabkommen prägen in zunehmendem Maße den Welthandel und die Handelspolitik. In der Entwicklung hin zu einer hybriden Ordnung des Handels auf globaler Ebene spielt die EU eine eminente Rolle, sie verfolgt dabei aber einen durchaus besonderen und eigenständigen Ansatz.
FHAs und die Hybridisierung der globalen Ordnung des Handels
Die WTO verzeichnet inzwischen 373 Freihandelsabkommen. Der steile Anstieg der Zahlen in jüngerer Zeit erschließt sich aus Graphik 1 (Seite 8). Ebenso eindrucksvoll wie die schiere Menge der Abkommen ist deren Bedeutung – mehr als die Hälfte des Welthandels wird heute unter Geltung solcher Vereinbarungen abgewickelt.1 Im Sinne einer hybriden Ordnung des Handels wird dessen multilaterale Struktur – mit der WTO als Kern – immer mehr von vorwiegend bilateralen Arrangements umlagert. Formal ermöglicht wird diese Hybridisierung durch eine Ausnahmeregel, die historisch wohl vorgesehen war, um eine regionale Wirtschaftsintegration zu ermöglichen. Eigentlich müssen nämlich die einer anderen Partei eingeräumten Vorteile auch allen übrigen WTO-Mitgliedern gewährt werden. Diese sogenannte Meistbegünstigung ist einer der fundamentalen Grundsätze der Organisation. Ausnahmsweise gilt das aber nicht für jene Verpflichtungen, die Parteien wechselseitig vereinbaren, um eine Freihandelszone oder sogar eine Zollunion einzurichten. Heute sehen FHAs ganz überwiegend eine Freihandelszone vor, für die nach Artikel XXIV Absatz 8 Buchstabe b des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT)2 als Teil des WTO-Rechts Handelsbeschränkungen »im Wesentlichen« für den gesamten Handel zwischen den Beteiligten abgeschafft werden müssen. Welche Anforderungen sich daraus konkret ergeben, ist bisher offen geblieben. Der WTO-Ausschuss für regionale Handelsabkommen hat sich damit vor einiger Zeit beschäftigt, ohne zu einem konkreten Ergebnis zu gelangen.3 Der Rechtsprechung der WTO sind ebenfalls kaum weiterführende Hinweise zu entnehmen.4 In der Praxis wird meist zugrunde gelegt, dass 95 Prozent des Handels liberalisiert werden müssen, wobei nicht ganz klar ist, ob sich dies auf die entsprechenden Tariflinien oder die Handelsströme beziehen soll.
Der Aufwand zur Schaffung einer Freihandelszone ist erheblich. Die Beteiligten müssen praktisch große Teile ihrer Volkswirtschaft für den Handel unter dem Abkommen öffnen. Auf der anderen Seite gewinnen sie wechselseitig Zugang zu Märkten und einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft. Anfangs wurden diese Möglichkeiten vor allem für die regionale Wirtschaftsintegration genutzt, worauf heute noch die offizielle Terminologie der WTO hinweist, die von »regionalen Handelsabkommen« spricht. Die EU, die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), aber auch die verschiedenen Strukturen regionaler Integration in Afrika, Amerika und Asien sind hier als Beispiele zu nennen. Darüber ist die Zeit hinweggegangen. Heute werden solche Abkommen auch ohne regionalen Nähebezug und weitere Integrationsabsichten abgeschlossen; sie firmieren dann oft als »Präferenzielle Handelsabkommen« oder eben als Freihandelsabkommen. FHAs verfügen regelmäßig über starke Vertragsinstitutionen, um ihre Implementierung zu überwachen, und über Mechanismen der Streitschlichtung und Durchsetzung. Deshalb werden sie vielfach genutzt, um neben der Errichtung der Freihandelszone sehr viel weitergehende Regelungen zu Wirtschaftsfragen, aber auch mit Blick auf Nachhaltigkeit zu treffen.
FHAs werden zu Recht als Form eines Bilateralismus verstanden. Allerdings trifft das nicht auf alle von ihnen zu. Die vielfältigen Systeme einer regionalen Wirtschaftsintegration umfassen mehrere Staaten. Im asiatisch-pazifischen Raum haben sich daneben mit der Regionalen Wirtschaftspartnerschaft (RCEP) und der Trans-Pazifischen Partnerschaft (CPTPP) größere Verbünde entwickelt, die teilweise auch weiteren Akteuren offenstehen. So ist etwa das Vereinigte Königreich jüngst der CPTPP beigetreten.
Die EU als Akteur, ihre Praxis und der Brüssel-Effekt
Lange Zeit hat die EU dem Multilateralismus in der WTO Priorität eingeräumt. Erst 2006 änderte sie mit der »Global Europe«-Strategie ihre Haltung – unter dem Eindruck, dass die Aussichten sich eintrübten, die Doha-Verhandlungsrunde der WTO erfolgreich abzuschließen.5 Innerhalb weniger Jahre avancierte die EU zu einem bestimmenden Akteur auf dem Feld bilateraler Handelsabkommen und schuf ein einzigartig weit gespanntes Netz anspruchsvoller und umfangreicher Vereinbarungen, das bis heute seinesgleichen sucht. Graphik 2 zeigt die Vertragsbeziehungen in verschiedenen Stadien, basierend auf einer Weltkarte der Brüsseler Generaldirektion Handel. Schon diese Art der Darstellung bringt den strategischen und globalen Anspruch zum Ausdruck, den die EU mit ihren Handelsabkommen verbindet.
Nach Zahlen der WTO6 ist die EU mit 47 Abkommen der bei weitem aktivste Akteur inmitten eines Trends zu immer mehr Handelsabkommen. Weitere Akteure folgen mit einem allerdings zunehmend schwindenden Abstand, wie Tabelle 1 (S. 10) zu entnehmen ist, die für einzelne ausgewählte Länder deren wachsende Zahl an Freihandelsabkommen von 1990 bis heute ausweist.
Die Abkommen der EU eint, dass sie einen Kernbestand an übereinstimmenden Grundelementen eines FHA enthalten, mit denen eine Freihandelszone nach den genannten WTO-Vorgaben errichtet wird. Allerdings schließt die EU nur in geringerer Zahl »reine« Handelsabkommen, obwohl ihr dieser Weg auf Basis ihrer ausschließlichen Handelskompetenz offensteht. Überwiegend verbindet die EU den »Handelsteil« der Abkommen mit weiteren außenpolitischen Zielsetzungen, für die dann andere Kompetenzen und anspruchsvollere Verfahren gelten. Oft schließt die EU diese Übereinkünfte nicht als bloße »EU-only«-Abkommen, sondern zusammen mit den Mitgliedstaaten als »gemischte« Abkommen. Insoweit lassen sich verschiedene Kategorien an Übereinkünften unterscheiden:7
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Eine sehr eigenständige Ausprägung haben die Beitrittsabkommen der EU, weil hier das Konstrukt einer Freihandelszone nur als Zwischenschritt vorgesehen ist und neben sehr viel umfangreicheren wie weitergehenden Regelungen steht.
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Kernelemente von FHAs finden sich auch in den Assoziierungsabkommen, die im Kontext der europäischen Nachbarschaftspolitik mit Staaten Osteuropas und des Mittelmeerraumes geschlossen wurden.
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Dasselbe gilt für eine Reihe von Vereinbarungen, die als Assoziierungsabkommen mit dem Anspruch geschlossen werden, eine über die Handelsliberalisierung hinausgehende Regelung der Verhältnisse zwischen den Parteien zu begründen. Diesem Muster folgt in Umrissen beispielhaft das EU-Mercosur-Abkommen, das neben dem so bezeichneten »Handelsteil« einen zusätzlichen »Assoziierungsteil« enthält, der die politischen Beziehungen und die Zusammenarbeit beider Seiten zum Gegenstand hat.
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Eine große Zahl von Wirtschaftspartnerschaftsabkommen dient auf der Grundlage des Cotonou-Abkommens bzw. jetzt des Samoa-Abkommens dazu, einzelnen Staaten der Gruppe afrikanischer, karibischer und pazifischer (AKP‑) Staaten besonders günstige Bedingungen einzuräumen.
»Reine« Handelsabkommen sind demgegenüber in der Minderzahl. Überhaupt nur vier Abkommen der EU tragen ausdrücklich den Titel eines »Freihandelsabkommens« (mit Japan, Neuseeland, Südkorea, Vietnam). Eine weitere Besonderheit der EU-Abkommen liegt darin, dass sie inhaltlich weit über das hinausgehen, was für die bloße Errichtung einer Freihandelszone erforderlich ist. Als sogenannte »tiefe« Abkommen befassen sie sich regelmäßig mit einer Vielzahl weiterer Themen, von Subventionen bis zu nachhaltiger Entwicklung, vom Verbraucherschutz über geographische Herkunftsangaben bis zum Investitionsschutz. Gerade die EU hat zu einer Ausweitung der Abkommen und damit zum sogenannten »Brüssel-Effekt« beigetragen.8 Die vielfältigen Regulierungen verfolgen – oft überlappend – eine Reihe von Zwecken (weiter auf S. 12):
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Sie dienen der Harmonisierung interner Regelungen in den betroffenen Märkten. Auf diese Weise sollen »nichttarifäre Handelshemmnisse« (NTBs) abgebaut werden.
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Sie stellen im Sinne von »WTO-plus«-Regeln Bezüge zum WTO-Recht her, klären Begriffe, fördern die Umsetzung durch Formen der Kooperation und ergänzen und erhöhen die Standards. Dazu gehören »technische« Themen, die wenig umstritten sind, aber auch höchst kontroverse Punkte wie die von der EU oft geforderte Verbesserung des Schutzes von geographischen Herkunftsangaben oder von Patenten auf Pharmazeutika oder Pflanzenschutzmittel.
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Sie verstehen sich zum Teil als Pioniervorgaben, mit denen die Parteien neue Standards und Regulierungen einführen, diese mit gebündelter Marktmacht auf dem Weltmarkt durchsetzen und damit eine regulatorische Kooperation entwickeln.
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Schließlich dienen besonders die Kapitel über Handel und nachhaltige Entwicklung dazu, die Vorstellungen der EU von einem »freien und fairen« Handel zu verwirklichen. So will man zu menschenwürdiger Arbeit, zum Schutz der Umwelt und dem der Menschenrechte beitragen.
Einen Eindruck von Umfang und Vielfalt solcher Regelungen vermittelt Tabelle 2, die entsprechende Kapitel des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Neuseeland auflistet. Genannt werden dabei zunächst die jeweilige Kapitelnummer und der betreffende Titel bzw. Gegenstand. Dann ist ausgewiesen, ob die entsprechenden Regelungen einen Bezug zu Regelungsgegenständen der WTO haben, inwiefern sie der Streitschlichtung und Durchsetzung unter dem Abkommen unterliegen und welche alternativen Regelungsformen sich für die jeweiligen Anliegen bieten.
Themen, Umfang und Dichte von Regulierungen in FHAs sind nicht vorgegeben, sondern stehen einer politischen Abwägung offen.
Die vielfältigen Regulierungen spielen in den Verhandlungen mit den Partnern, beim Ringen um Zustimmung innerhalb der EU und in der öffentlichen Diskussion eine große und häufig kontroverse Rolle. Dies ist allerdings weder vorgegeben noch unabänderlich, denn solche Regulierungen sind für ein Freihandelsabkommen nicht zwingend erforderlich. Die Errichtung einer Freihandelszone als Kernbestandteil eines FHA bedarf – wie oben ausgeführt – lediglich der Liberalisierung des Handels, nicht aber einer weitergehenden Regulierung. Für viele Regulierungen ist darüber hinaus die Exklusivität, die FHAs bieten, gar nicht erforderlich und noch nicht einmal förderlich. So haben die Beteiligten, wenn sie innovative Standards entwickeln, oft ein großes Interesse daran, dass diese sich rasch verbreiten und weithin Anwendung finden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Regulierungen häufig nicht in FHAs, sondern separat in anderen Formaten geregelt werden, wie Tabelle 2 unter »Alternativen« ausweist.
So gibt es in kaum überschaubarer Zahl meist monothematische bilaterale Abkommen, die etwa der gegenseitigen Anerkennung von Standards und Konformitätsbewertungen, der Zusammenarbeit in Kartellfragen oder dem Investitionsschutz dienen. Zwischen den USA und der EU ist 2012 etwa ein Konformitätsabkommen für Bioprodukte abgeschlossen worden.9 Außerdem ist 2021 ein amerikanisch-europäischer Handels- und Technologierat entstanden. Auch wenn von ihm bisher keine bedeutenden Impulse ausgegangen sind und wenig Anlass besteht, dies in naher Zukunft zu erwarten, könnte er zu einer Art Blaupause werden. So wurde kürzlich ein solcher Rat zwischen der EU und Indien aus der Taufe gehoben.10 Neben diesen bilateralen Abkommen und Prozessen gibt es verschiedene Initiativen größerer Akteursgruppen, die »joint initiatives«, auf die noch zurückzukommen ist und die in Tabelle 2 als »WTO-Initiativen« ausgewiesen sind.
Obwohl damit die Verknüpfung von Freihandelsabkommen und Regulierungen im technischen Sinne keineswegs notwendig ist, kann sie im Einzelfall durchaus sinnvoll sein. Sie liegt wegen der engen Verbindung von FHAs mit dem Regelwerk der Welthandelsorganisation nahe, wenn es im Sinne eines WTO-plus um Ergänzungen des WTO-Rechts geht, wie Tabelle 2 unter »WTO-Bezug« anzeigt. Die Einbeziehung eines Gegenstandes in ein Freihandelsabkommen bietet sich auch an, wenn dessen Streitschlichtungs- und Durchsetzungsmechanismen in Anspruch genommen werden sollen, wobei davon allerdings einige Regelungsbereiche gar keinen Gebrauch machen, wie die Tabelle unter »Streitschlichtung/Durchsetzbarkeit« ausweist.
Unumgänglich ist eine Verknüpfung vor allem dann, wenn es auf eine enge Reziprozität ankommt. Damit sind die Fälle gemeint, in denen erst die Aussicht auf die Liberalisierung des Handels durch ein FHA die andere Seite dazu bewegen kann, Verpflichtungen im Hinblick auf bestimmte Regulierungen zu übernehmen. Oft geht es der EU dabei um Forderungen nach einem besseren Schutz der Rechte geistigen Eigentums, zudem aber auch um zahlreiche Verpflichtungen im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Insgesamt ist festzuhalten, dass Themen, Umfang und Regelungsdichte von Regulierungen in Freihandelsabkommen nicht vorgegeben sind, sondern Routinen und Erwartungsmustern der Partner und der EU, ihrer Organe und der Mitgliedstaaten folgen. Damit stehen sie einer politischen Abwägung offen; berücksichtigen lassen sich dabei unter anderem das Gewicht des Regulierungsinteresses, die Bedeutung des Reziprozitätsansatzes und die verfügbaren Zeiträume in den Verhandlungen.
Neue Herausforderungen
Das System der EU-Freihandelsabkommen hat sich seit 2006 entwickelt – unter Rahmenbedingungen, die lange beständig waren, sich jetzt aber radikal ändern. Angesichts der disruptiven Handelspolitik der USA unter ihrem jetzigen Präsidenten liegt dieser Wandel auf der Hand. Bei genauerer Betrachtung wirft der Kurs Donald Trumps aber nur ein grelles Schlaglicht auf Entwicklungen, die sich schon länger angekündigt haben. Neue Akteure – darunter besonders die Volksrepublik China – sind auf den Plan getreten, während die multilaterale Ordnung des Welthandels in der WTO zunehmend erodiert. Die internationale Wirtschaftspolitik wird mehr und mehr von anderen Feldern der internationalen Beziehungen überlagert; die entsprechenden Stichworte lauten hier Geopolitik und Versicherheitlichung. Teilweise in Reaktion darauf hat sich auch die EU-Handelspolitik grundlegend verändert. Sie nimmt heute sehr viel weitergehende Ziele in den Blick als früher und hat neue Instrumente entwickelt. Insgesamt fünf aktuelle Herausforderungen sind zu erkennen, die die Handelspolitik der EU beschäftigen und Anlass geben, die Strategien im Hinblick auf Freihandelsabkommen neu zu bewerten:
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ein wahrscheinlicher werdender transatlantischer Handelskonflikt
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die zunehmende Konkurrenz mit anderen Akteuren
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die Erosion der regelbasierten Welthandelsordnung
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neue geoökonomische Prioritäten
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die Versorgung der EU mit Energie und Rohstoffen
Im Lichte dieser Ereignisse und Entwicklungen müssen die Perspektiven für das künftige System der EU-Freihandelsabkommen mit ihren Chancen und Risiken gesehen werden. Das betrifft die Frage, weshalb solche Abkommen angestrebt werden sollen, aber ebenso die Wahl der Partner, den Zuschnitt, die Inhalte und die Verfahrensweise.
Verhinderung oder Einhegung eines transatlantischen Handelskonflikts
US-Präsident Trump verfolgt nach seinem Wiedereinzug ins Weiße Haus die schon während seiner ersten Amtsperiode entwickelte und erklärtermaßen »disruptive« Handelspolitik weiter. Er hat einseitig und sprunghaft die Zölle für Einfuhren aus diversen Staaten und der EU erhöht und will von ihnen auf diese Weise Zugeständnisse erzwingen.11
Ende März 2025 lief zudem ein Stillhalteabkommen zwischen den USA und der EU aus, das die amerikanischen Zollerhöhungen auf Stahl und Aluminium aus Trumps erster Amtszeit und die Gegenmaßnahmen der EU betrifft.12 Der Präsident könnte auch das zum Anlass nehmen, um Maßnahmen in Form von Zollerhöhungen gegen die EU zu ergreifen. Die EU wird dann erwägen, Beschwerde vor der WTO zu erheben und parallel dazu Gegenmaßnahmen einzuleiten. Für Letztere ist ein neues handelspolitisches Instrument verfügbar, um Zwangsmaßnahmen zu bekämpfen.13
Die EU wird außerdem bestrebt sein, Verhandlungen mit den USA aufzunehmen, wie sie es schon in Trumps erster Amtszeit mit einigem Erfolg praktiziert hat. Sie kann dafür eine Reihe von Zugeständnissen aus dem weiteren Bereich der Handels- und Wirtschaftspolitik anbieten und so Entgegenkommen zeigen. Der 2021 geschaffene bilaterale Handels- und Technologierat mag bei solchen Anstrengungen eine Rolle spielen.
Es ist aber höchst fraglich, ob gerade ein Freihandelsabkommen als Form für eine transatlantische Verständigung in Betracht kommt. Zwar wurde vereinzelt vorgeschlagen, die früheren Bemühungen um ein FHA mit den Vereinigten Staaten wieder aufzunehmen. Ein solches Vorhaben war bereits 2013 begonnen worden, von Trump aber in seiner ersten Amtszeit ausgesetzt worden. Zuvor hatten die Verhandlungen in der EU heftige Proteste hervorgerufen, die sich vor allem gegen die geplante Zusammenarbeit bei Standards, Regulierungen und Investitionsschutz richteten. Es wäre daher kaum aussichtsreich, die damaligen Verhandlungen mit unveränderten Absichten und Inhalten fortzusetzen. In dieser Situation könnte man daran denken, ein auf Zölle beschränktes Freihandelsabkommen vorzuschlagen. Immerhin hatte es unter Trump I sowie unter seinem Nachfolger Joe Biden erste Sondierungen zu einer Vereinbarung über Stahl und Aluminium gegeben, die allerdings nicht erfolgreich waren. Ein solche auf bestimmte Warengruppen und Branchen limitierte Vereinbarung mag attraktiv erscheinen. In dieselbe Richtung gehen Überlegungen zu einem Freihandelsabkommen für Industriegüter.
Es ist sehr fraglich, ob gerade ein Freihandelsabkommen als Form für eine transatlantische Verständigung in Betracht kommt.
Es ist aber schwer denkbar, dass eine wechselseitige Abschaffung der Handelshemmnisse nur für einen solchen Bereich die Anforderungen an ein FHA nach den oben dargestellten Regeln erfüllen könnte. Wird aber – wie erläutert – eine Liberalisierung des gesamten Handels zwischen den Parteien verfehlt, dann greift die daran geknüpfte Ausnahme vom Meistbegünstigungsprinzip nicht. Damit müssten die USA und die EU nach Artikel I Absatz 1 des GATT allen anderen WTO-Mitgliedern dieselben Vorteile einräumen, die sie unter sich vereinbart haben. Ein Regelbruch an dieser Stelle würde vermutlich zu mehreren Beschwerden vor der WTO führen. Zudem könnte das Verhalten zur Nachahmung einladen und in einem kaum überschaubaren sektoralen Bilateralismus enden. Beides würde die Stabilität der bestehenden Ordnung des Handels weiter gefährden. Hinzu kommt, dass die Aushandlung eines FHA auch bei aller Beschleunigung geraume Zeit in Anspruch nimmt. Weder schwebende Verhandlungen noch eine glücklich abgeschlossene Übereinkunft versprechen darüber hinaus in den handelspolitischen Beziehungen zwischen der EU und den USA ein Maß an Vorhersehbarkeit und Sicherheit, wie es im Umgang mit anderen Partnern zu erwarten wäre.
Die EU im Wettlauf um Präferenzen auf den Märkten der Welt
Eine weitere dringliche Herausforderung für die EU liegt darin, dass zunehmend auch andere Akteure Freihandelsabkommen verhandeln und abschließen. Das betrifft einen Punkt, der in Diskursen über die Handelspolitik oft wenig deutlich wird. Neben dem stets hervorgehobenen Marktzugang als absoluter Größe geht es nämlich ebenso um die Wettbewerbsverhältnisse als relative Größe. An dieser Stelle spielen die FHAs eine kritische Sonderrolle. Der allgemein geltende Meistbegünstigungsgrundsatz gewährleistet nämlich regelmäßig die Wettbewerbsgleichheit dadurch, dass Güter und Dienstleistungen aus jedem Ursprung gleichbehandelt werden müssen. Wie oben dargelegt, sind FHAs davon aber ausgenommen. Die mit dem Abkommen bewirkte Öffnung der Märkte gilt nur zwischen den Beteiligten. Mit ihrem ausgedehnten Netz an Freihandelsabkommen hat die EU den europäischen Unternehmen also nicht nur einen Zugang zu fremden Märkten, sondern auch einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil verschafft. Leicht in Vergessenheit gerät jedoch, dass umgekehrt gilt: Wo andere Akteure Abkommen geschlossen haben, muss die EU hinnehmen, dass ihre Unternehmen weniger günstig behandelt werden. Häufig vereinbaren Staaten zudem Abkommen nicht nur mit der EU, sondern auch mit anderen Parteien. Dann genießen europäische Firmen zwar den liberalisierten Marktzugang, aber ihr Wettbewerbsvorteil schrumpft mit dem Hinzukommen jedes weiteren Partners, mit dem ein entsprechendes Abkommen geschlossen wird.
Neben der EU mit ihrem ausgedehnten Netzwerk haben schon immer auch andere Akteure Freihandelsabkommen in größerer Zahl vereinbart. Einige Staaten wie Chile und Singapur unterhalten aus verschiedenen Gründen besonders viele Abkommen, weshalb sie in der Literatur oft als »hubs« bezeichnet werden. Aus europäischer Sicht ist auf die EFTA-Staaten hinzuweisen, die sich über die Jahre und in vielerlei Hinsicht parallel zur EU ein beachtliches Netz an Freihandelsabkommen geschaffen haben. Dazu zählt seit jüngster Zeit auch ein FHA mit Indien, das am 10. März 2024 unterzeichnet worden ist. Die EFTA-Staaten haben hier ein erhebliches Zugeständnis gemacht. Sie verpflichten sich, ihre Investitionen in Indien in zehn Jahren um 50 Milliarden US‑Dollar und in weiteren fünf Jahren um denselben Betrag zu steigern und zu diesem Zweck Investitionen zu fördern. Sollten die EFTA-Staaten ihre Pflichten nicht erfüllen, kann Indien dies in einem besonderen Streitschlichtungsverfahren geltend machen und am Ende im Wege eines »rebalancing« sogar seine eigenen Verpflichtungen unter dem Abkommen entsprechend kürzen.14 Am 6. Mai 2025 hat Indien ein weiteres Abkommen mit dem Vereinigten Königreich abgeschlossen. Die Vereinbarungen dürften richtungsweisend sein und haben besondere Bedeutung für die EU, die sich gerade ebenfalls um ein FHA mit Indien bemüht.15
Tabelle 3 Die Freihandelsabkommen Chinas: Abschlüsse, Verhandlungen und Vorbereitungen |
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Auch das Vereinigte Königreich hat nach dem Brexit rasch und erfolgreich Abkommen abgeschlossen, um den Verlust an präferentiellem Marktzugang auszugleichen. Dabei ist London neue und innovative Wege gegangen, etwa mit dem jüngst erfolgten Beitritt zur CPTPP. Inzwischen treten weitere Akteure auf den Plan und schließen mit ähnlicher strategischer Zielsetzung solche Abkommen. Beispielsweise verfolgt die Volksrepublik China mit zurzeit 20 Abkommen das strategische Ziel, ebenfalls ein globales Netzwerk von FHAs zu schaffen.16 Peking ist dabei sehr erfolgreich, wie Tabelle 3 zeigt. Sie weist aus, mit wem China schon Abkommen abgeschlosen hat (nach Fünfjahreszeiträumen), mit wem es verhandelt und mit welchen Partnern Machbarkeitsstudien durchgeführt werden.
Schon die Zahl der Abkommen beeindruckt, aber erst recht der schnelle Aufbau des Netzwerks.17 Die kritische Bedeutung von Chinas Aktivitäten wird umso klarer, wenn man sie im Kontext mit dem sprunghaft steigenden Handel des Landes sieht, wie besonders ein Blick auf die Mercosur-Region zeigt. Von 2012 bis 2022 erhöhten sich die chinesischen Ausfuhren dorthin um 80 Prozent. Umgekehrt nahmen die Exporte der Mercosur-Staaten nach China um 112 Prozent zu.18 Beachtung verdient, dass ein Freihandelsabkommen zwischen China und Uruguay, einem der Mercosur-Staaten, im Raum steht.19
Greifbar wird hier, welche Bedeutung der zunehmende Wettlauf um Freihandelsabkommen hat. Es liegt auf der Hand, dass europäische Unternehmen weit zurückfallen werden, wenn chinesische Wettbewerber von FHAs profitieren. Dabei geht es um mehr als ökonomische Vorteile. Mit der Intensivierung des Handels vertiefen sich wirtschaftliche, gesellschaftliche und am Ende auch politische Beziehungen.
Eine wichtige Rolle in Verhandlungen spielen aber auch Freihandelsabkommen, die einer der Partner bereits mit dritten Akteuren angebahnt oder geschlossen hat. Die darin enthaltenen Regeln und Zugeständnisse prägen die jeweilige Erwartungshaltung. So ist es möglich, dass etwa Indien von der EU fordert, einer Regelung über den Investitionsfluss zuzustimmen, wie Neu-Delhi sie im Verhältnis zu den EFTA-Staaten gerade erfolgreich vereinbart hat. Auch die Zeitachse von Verhandlungen kann betroffen sein. Dies gilt dann, wenn ein konkurrierender Akteur dem eigenen Partner in Aussicht stellt, schneller und zu weniger anspruchsvollen Bedingungen abzuschließen und damit schon wichtige seiner Handelsinteressen zu erfüllen.
Zusammengenommen ergibt sich daraus ein starkes Interesse der EU, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Exportwirtschaft auf den betreffenden ausländischen Märkten zu sichern und das eigene Gewicht als handelspolitischer Akteur durch weitere FHAs zu erhöhen. Das Interesse der EU gilt aus dieser Perspektive in erster Linie solchen Staaten, die wegen ihres wirtschaftlichen und politischen Profils auch für Dritte attraktiv sind. Um hier Erfolg zu haben, muss die EU in der Lage sein, schnell zu handeln und inhaltlich flexibel zu sein. Gemäß dem zentralen Interesse an der Sicherung der eigenen Wettbewerbsposition geht es primär darum, mit den jeweiligen Partnern eine Freihandelszone einzurichten. Regulatorische Elemente können insofern weniger relevant sein. Allein unter dem Gesichtspunkt von Marktzugang und Wettbewerb ließen sich die Abkommen inhaltlich darauf beschränken, die notwendigen Elemente zur Schaffung einer Freihandelszone festzulegen. Tatsächlich gibt es eine Reihe älterer Übereinkünfte, die nur einen Bruchteil der heute üblichen Regelungen enthalten.20
Erosion der regelbasierten Welthandelsordnung
Die EU und Deutschland bekennen sich mit vielen anderen Staaten zu einer regelbasierten Welthandelsordnung. In deren Zentrum steht die 1995 gegründete WTO. Als multilaterales System bietet sie ein umfassendes Regelwerk, ein System der Streitschlichtung und Durchsetzung sowie ein politisches Forum – und damit ein hohes Maß an Effektivität und Legitimität. Allerdings befindet sich die Organisation in einer tiefen Krise. Ihr politisches Flaggschiffprojekt, die sogenannte Doha-Verhandlungsrunde, kommt
Tabelle 4 »Joint initiatives« in der WTO nach Themen, Beteiligten und Stand |
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seit mehr als zwei Dekaden nicht zum Abschluss, weil der Anspruch, im Konsens ein Gesamtpaket für alle zu vereinbaren, Vetospieler auf den Plan gerufen hat. Die Berufungsinstanz (»Appellate Body«) als Teil des WTO-Streitschlichtungssystems ist nicht mehr handlungsfähig, seit die Amtszeiten ihrer Mitglieder abgelaufen sind, weil die USA seit der Präsidentschaft Barack Obamas Nachwahlen blockieren. Der Wegfall der Rechtsmittelinstanz mindert die Qualität der WTO-Streitschlichtung. Weit schwerer wiegt, dass die Einlegung einer Berufung trotz der Undurchführbarkeit des Verfahrens noch möglich ist und missbräuchlich dazu genutzt wird, den Abschluss des Verfahrens und damit auch die spätere Durchsetzung zu verhindern (auch bezeichnet als Berufung ins Leere).21
Allerdings haben inzwischen mehr als 50 Mitglieder der WTO – unter ihnen die EU und China – das sogenannte Mehrparteien-Interimsabkommen zur Beilegung von Handelsstreitigkeiten geschlossen, das eine Art Ersatz für das Berufungsverfahren vorsieht und die Verpflichtung enthält, auf eine Berufung ins Leere zu verzichten.22
Seit 2017 machen zudem die sogenannten »joint initiatives« gute Fortschritte. Dabei handelt es sich um Initiativen, die Gruppen von WTO-Mitgliedern zugunsten weiterführender Regelungen gestartet haben. Diese Vorhaben beziehen sich auf vier wichtige und aktuelle Themenbereiche, jeweils unterstützt von einer stattlichen Zahl an Staaten. Wie Tabelle 4 zeigt, haben die Initiativen schon beachtliche Ergebnisse erzielt.
Diese neueren Trends bieten durchaus hoffnungsvolle Ansätze. Zwar mag die WTO bisher nur enttäuschend wenig unternommen haben, um amerikanische Einflüsse einzuhegen. Die anderen Mitglieder haben sich davon aber offensichtlich nur wenig beeindrucken lassen. Sie sehen die WTO weiterhin als Ordnungsrahmen für Handel und Handelspolitik. Auch die EU und Deutschland stehen zu der Organisation; ebenso haben sie die genannten Initiativen unterstützt.
Für die Politik der EU auf dem Feld von Freihandelsabkommen sind diese Entwicklungen von kritischer Bedeutung. Solche Abkommen sind – wie oben ausgeführt – im System der WTO zulässig, stehen aber in einem Spannungsverhältnis zu deren multilateralem Anspruch. Lange wurde diskutiert, ob sie eher ein Stolperstein oder eine Trittstufe für die WTO darstellen. Die EU hat üblicherweise ihre Freihandelsabkommen eher als punktuelle bilaterale Vertiefung in einer leidlich funktionierenden offenen Welthandelsordnung verstanden.
Mit Blick auf deren Erosionserscheinungen gewinnen die zahlreichen Abkommen der EU und anderer Akteure aber eine neue, zusätzliche Bedeutung als mögliche Auffangebene der regelbasierten Welthandelsordnung. FHAs bilden nämlich nicht nur selbst ein beachtliches Regelwerk, sondern inkorporieren umfassend das Recht der WTO und sehen eigene, der WTO nachempfundene Streitbeilegungsmechanismen vor, mit denen sich das eigene und das übernommene Recht der Organisation durchsetzen lassen. Darüber hinaus können Freihandelsabkommen dazu beitragen, die WTO zu reaktivieren, indem sie die dortigen »joint initiatives« unterstützen und ein gemeinsames Vorgehen festlegen, wie dies in Ansätzen auch schon geschieht.
Geoökonomische Prioritäten und strategische Partnerschaften
Zunehmend stehen auch Fragen der Geoökonomie auf der handelspolitischen Agenda.23 Sichtweisen, Analysen und Prioritäten der Außen- und Sicherheitspolitik finden damit Eingang in die Handelspolitik, darunter das Konzept der wirtschaftlichen Sicherheit. Die damit angesprochenen Aspekte sind vielfältig, und konzeptionelle Konturen werden erst in Ansätzen greifbar. Erkennbar sind eine Reihe von Merkmalen, die den Wandel prägen: eine deutlichere Kategorisierung von Freunden und Gegnern in den internationalen Beziehungen, das Streben nach sicheren Lieferketten und nach Versorgungssicherheit bei Energie wie kritischen Rohstoffen, die Entwicklung spezifischer neuer Instrumente, etwa im Bereich der Investitionskontrolle nach innen und außen, die Ertüchtigung der Exportkontrolle und der breitere, intensivere Einsatz von Wirtschaftssanktionen.
An den neuen Prioritäten kommt auch die EU nicht vorbei, was ihren Umgang mit Freihandelsabkommen angeht. Das betrifft die Auswahl der Partner ebenso wie die Inhalte der Vereinbarungen. In beiderlei Hinsicht sind die hergebrachten Begründungsmuster und Vorstellungen um Belange der Geoökonomie zu ergänzen.
FHAs versprechen eine enge und vorteilhafte Bindung zwischen den Parteien. Sie eignen sich damit gut als Bausteine zum Aufbau »strategischer« Partnerschaften, die weitergehenden außen- und sicherheitspolitischen Interessen dienen.24 In diesem Sinne können schon bestehende Freihandelsabkommen nützlich sein, um eine umfassendere Partnerschaft zu entwickeln. Es ist auch möglich und angebracht, strategische Interessen bei der Frage zu berücksichtigen, welche bereits laufenden Vorhaben mit Priorität verfolgt und welche neuen Vorhaben in Angriff genommen werden sollten. Einschränkend ist dabei aber zu beachten, dass FHAs ein besonderes Format mit besonderen Anforderungen darstellen. Wo die Voraussetzungen für eine Liberalisierung hin zum Aufbau einer Freihandelszone noch nicht gegeben sind, kommt es kaum in Betracht, ein solches Abkommen allein wegen strategischer Prioritäten zu schließen. Ebenso ist der erhebliche Zeitbedarf für Verhandlungen und Abschluss in Rechnung zu stellen. Um ein strategisches Interesse durch eine Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet zu flankieren, bieten sich dann eher andere Formate an, etwa Abkommen zur Erleichterung von Investitionen.
Inhaltlich gesehen können bestehende und noch abzuschließende FHAs genutzt werden, um auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Sicherheit zu kooperieren. Deshalb ist jeweils zu prüfen, ob und in welcher Form eine Zusammenarbeit bei der Außenwirtschaftskontrolle, beim Investitionsscreening oder im Hinblick auf Wirtschaftssanktionen in Betracht kommt. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass auch andere Akteure, insbesondere die USA, das Instrumentarium von Freihandelsabkommen nutzen, um ihre Position im Bereich der wirtschaftlichen Sicherheit durchzusetzen. So verpflichten die USA ihre Partner, die amerikanische Rechtsauffassung zu akzeptieren, wonach die Inanspruchnahme der WTO-Ausnahmen zugunsten der nationalen Sicherheit keiner Überprüfung unterliegt, obwohl dies in WTO-Streitschlichtungsverfahren25 klar zurückgewiesen wurde.26 Die EU hat diese amerikanische Position nicht geteilt und dürfte daher auch keine Veranlassung sehen, entsprechende Regelungen in Freihandelsabkommen vorzusehen. Es wäre eher zu überlegen, ob Anlass besteht, die in der WTO entwickelte eingeschränkte Auslegung festzuschreiben.
Versorgungssicherheit der EU bei Energie und Rohstoffen
Zu den aktuellen »geopolitischen« Herausforderungen der EU gehört auch die Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung. Der plötzliche Lieferstopp für russisches Erdgas und Engpässe bei bestimmten Industrierohstoffen haben die hier bestehenden Risiken deutlich gemacht, insbesondere die hohe Abhängigkeit von einzelnen Lieferländern. Die EU wie auch die Bundesregierung (ausweislich deren Rohstoffstrategie) sehen in diesem Zusammenhang eine Rolle für Freihandelsabkommen. Tatsächlich werden die Sektoren Energie und Rohstoffe zunehmend in FHAs adressiert. Deren Beitrag zu einer entsprechenden Versorgungssicherheit bemisst sich danach, welchen Anteil des tatsächlichen und potentiellen Energie- und Rohstoffhandels sie abdecken bzw. abdecken können und welche Regelungen sie inhaltlich enthalten bzw. enthalten sollten. Zu berücksichtigen ist dabei auch der Gesamtkontext der bilateralen Rohstoffbeziehungen mit ihren Zielen, Themen und alternativen Regelungsformen.
Die EU betont in ihrem Critical Raw Materials Act, dass »Länder, mit denen die Union [...] ein Freihandelsabkommen oder andere Formen der Zusammenarbeit im Rohstoffbereich geschlossen hat, [...] eine größere Sicherheit in Bezug auf Versorgungsrisiken bieten«.27 Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie für das Europäische Parlament decken die bestehenden Freihandelsabkommen der EU etwa 27 Prozent der EU-Importe (2021) im Bereich kritischer Rohstoffe ab. Abkommen, die sich in verschiedenen Stadien der Verhandlung und des Abschlusses befinden, würden diesen Anteil mehr als verdoppeln.28
Diese Prognose und die zitierte Feststellung des Critical Raw Materials Act gehen davon aus, dass schon die bloße Existenz eines FHA der Versorgungssicherheit zugutekommt. Viele Abkommen befassen sich aber darüber hinaus in unterschiedlicher Form auch inhaltlich mit dem Energie- und Rohstoffhandel. Weit verbreitet sind Vorgaben, die Exportbeschränkungen bzw. Exportzölle oder -steuern untersagen, wobei auf das GATT-Regime und die dort geregelten Ausnahmen verwiesen wird. In jüngerer Zeit finden sich in einzelnen Freihandelsabkommen der EU allerdings auch ganze Kapitel zum Bereich Energie und Rohstoffe. Geregelt werden dort Wettbewerbsfragen (Monopole, Preisregulierung, Infrastrukturzugang), Explorations- und Förderlizenzen, Umweltschutz sowie die Zusammenarbeit bei technischen Standards, bei Forschung, Entwicklung und Innovation.29
Freihandelsabkommen erfüllen eine wichtige Auffangfunktion, sollte die WTO weiter erodieren.
Inhaltlich können damit FHAs durchaus einen Beitrag zur Rohstoffsicherheit der EU leisten. Für viele weitere Fragen kommen aber eher Partnerschaftsabkommen und spezielle Abkommen zur Erleichterung von Investitionen in Betracht. Dies betrifft Themen von Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Entwicklung über Investitionen bis hin zur Kooperation bei Exploration, Erschließung und Förderung von Rohstoffen.
Trotzdem sollte das Potential von Freihandelsabkommen voll ausgeschöpft werden, wo diese erstmalig oder im Wege ihrer Modernisierung verhandelt werden. Sofern ein besonderes Versorgungsinteresse Deutschlands und der EU dafür spricht, kann es auch angebracht sein, den Abschluss eines bereits in Vorbereitung befindlichen FHA zu beschleunigen. Dagegen wird es kaum je sinnvoll sein, ein Freihandelsabkommen nur deshalb in Angriff zu nehmen, um eine Energie- und Rohstoffquelle zu sichern, denn dafür ist der erforderliche Weg zu einer umfassenden Liberalisierung des gesamten Handels zu langwierig.
Fazit: Kontinuitäten, Wandel und neue Prioritäten
Der Blick auf die verschiedenen aktuellen Herausforderungen spricht dafür, auf Kontinuität und Wandel zu setzen. Im Sinne von Kontinuität finden sich viele gute Gründe für die Absicht der EU, ihr System der Freihandelsabkommen weiter auszubauen. Die Sicherung des Marktzugangs und einer Präferenz für europäische Unternehmen ist weiterhin der primäre Zweck eines FHA. Aber die EU muss sich jetzt stärker der Konkurrenz mit anderen Akteuren stellen und kann nicht mehr unumschränkt darauf vertrauen, dass notfalls die Regeln der WTO als Rückfallbasis dienen. Daher muss sie jetzt bemüht sein, im Hinblick auf Marktzugang und Präferenzen gegenüber anderen Akteuren nicht zurückzubleiben. Zu beachten gilt umgekehrt, dass Freihandelsabkommen eine wichtige Auffangfunktion zukommt, sollte die WTO weiter erodieren.
Angesichts der Herausforderungen sollte die EU dort Prioritäten setzen, wo wichtige Handelsbeziehungen schon existieren oder entwickelt werden können, und einen zügigen Abschluss anstreben, wo sie in Konkurrenz mit Dritten steht. Das Interesse der EU an strategischen Partnerschaften und der Versorgung mit Rohstoffen und Energie kann durch FHAs ebenfalls wirksam unterstützt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen für den Abschluss solcher Abkommen gegeben sind.
Das Kernelement eines FHA ist die Errichtung einer Freihandelszone, die den Marktzugang und eine präferentielle Wettbewerbsstellung gewährleistet. Angesichts der bröckelnden Welthandelsordnung ist es daneben wichtig, weitere Teile des WTO-Rechts in das betreffende Abkommen zu integrieren, was unproblematisch sein dürfte. Die EU hat auch ein essentielles Interesse daran, umfangreiche Regulierungen in Freihandelsabkommen einzubinden – zum eigenen wirtschaftlichen Nutzen, zur Förderung der Nachhaltigkeit und mit Blick auf die Weiterentwicklung der internationalen Handelsordnung. Hier bieten sich jedoch Alternativen zu einer umfassenden, möglicherweise kontroversen und zeitaufwendigen Regelung. Wie verschiedentlich deutlich geworden ist, können entsprechende Initiativen zu einem gewissen Grade auch mit parallelen bilateralen Vereinbarungen, durch gemeinsame Vorstöße im Umfeld der WTO und zum Teil auch mit den neuen autonomen Instrumenten der EU gefördert werden. Das sollte bei Verhandlungen berücksichtigt werden.
Freihandelsabkommen leichter und schneller abschließen
Für die EU gewinnen Freihandelsabkommen also weiter an Bedeutung. Dementsprechend strebt sie – und mit ihr auch Deutschland – an, das Netz der FHAs auszubauen und dazu neue Abkommen zu schließen. Solche Vereinbarungen zu erreichen ist ein komplexer und langwieriger Prozess, weil dafür die Öffnung ganzer Volkswirtschaften verhandelt und die Zustimmung der zuständigen Stellen auf beiden Seiten erreicht werden muss. Die EU und auch andere Akteure brauchen mitunter lange Zeit, um eine Übereinkunft zum Abschluss zu bringen. Angesichts der geschilderten Herausforderungen und ihrer Dringlichkeit stellt sich aber die Frage, ob FHAs nicht erfolgreicher und schneller abgeschlossen werden können. Das kann nur gelingen, wenn sich die Zustimmung zu einem Abkommen auf beiden Seiten leichter und zügiger erreichen lässt. Die EU steht damit vor einer doppelten Aufgabe. Sie muss nach außen in der Lage sein, ihren Verhandlungspartnern attraktive Formate und Inhalte anzubieten, und sie muss »zuhause« rasch und verlässlich eine Entscheidung über das Ja zu einem Abkommen herbeiführen können.
Wie kann die EU die Zustimmung ihrer Partner erleichtern und beschleunigen?
Üblicherweise strebt die EU mit ihren Partnern umfassende Freihandelsabkommen an, die sämtliche Themen einschließen und diese vollständig regeln. Die Breite der Gegenstände soll einen Interessenausgleich ermöglichen, der nach oft langwierigen Verhandlungen und dem Abschluss aller einzelnen Kapitel zu einem singulären Akt des Vertragsschlusses führt.
Das entspricht der Kultur der internationalen Handelspolitik. Der damit verbundene Zeitbedarf ist unter den aktuellen Gegebenheiten allerdings kritisch zu sehen. Während der Prozess andauert, können sich politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen ändern und andere Akteure ihrerseits Abkommen schneller und zu günstiger erscheinenden Konditionen anbieten. Abhilfe versprechen hier eine Dynamisierung und Modularisierung der Übereinkünfte, ebenso inhaltliche Anreize in Form einer Zusammenarbeit bei der Umsetzung unilateraler Instrumente der EU.
Abkommen modularisieren und dynamisieren
Freihandelsabkommen werden herkömmlich von einem starken Moment der Gegenseitigkeit getrieben. In einem singulären Akt des Vertragsschlusses werden in Form wechselseitiger Rechte und Pflichten die Interessen beider Seiten zum Ausgleich gebracht. Das veranlasst die Parteien, in der Verhandlung für diesen einmaligen Vertragsschluss alle ihre Interessen und Vorstellungen auf den Tisch zu legen und die betreffenden Positionen bis hin zur Formulierung konkreter Rechte und Pflichten auszuhandeln. Die thematische Bandbreite von Marktzugang und Regulierungen über Rechte geistigen Eigentums bis hin zur Nachhaltigkeit ermöglicht einen Interessenausgleich, der in separaten singulären Vereinbarungen zunächst kaum erreichbar erscheint. So ist plausibel, dass Partner der EU erst durch die Aussicht auf einen besseren Zugang zum europäischen Binnenmarkt veranlasst werden, sich etwa zum Schutz geographischer Herkunftsangaben oder zu mehr Nachhaltigkeit zu verpflichten.
Die Gegenseitigkeit prägt nicht nur Verhandlung und Abschluss, sondern auch die spätere Durchsetzung. Kommt eine Seite ihren Pflichten nicht nach, so kann die andere Seite nach ihrer Wahl eigene Pflichten aus dem Abkommen aussetzen. Der eigentlich ungenaue Begriff der »Handelssanktion« bringt es auf den Punkt: Wird beispielsweise der versprochene Schutz von Herkunftsangaben nicht gewährleistet oder werden die vereinbarten Nachhaltigkeitspflichten nicht eingehalten, so kann die andere Partei ihrerseits Verpflichtungen aus dem Übereinkommen, etwa ihre Zusagen für den Marktzugang, suspendieren. Die Praxis der EU hat diese zeitraubende Logik des Gebens und Nehmens in einem Zug – die sogenannte enge Reziprozität – allerdings ein Stück weit hinter sich gelassen, womit neue Spielräume möglich werden.
Eine Option besteht darin, im Sinne einer Modularisierung einzelne Gegenstände aus dem Gesamtpaket des Freihandelsabkommens herauszulösen und separat zu vereinbaren. So sind etwa in mehreren Fällen Kapitel über den Investitionsschutz gesondert abgeschlossen worden, weil der Europäische Gerichtshof (EuGH) dafür die ausschließliche Kompetenz der EU verneint hatte und ein Abschluss des gesamten FHA als gemischtes Abkommen vermieden werden sollte.30 Das lag deswegen nahe, weil hier Investoren selbst Ansprüche auf Kompensation in eigens vorgesehenen Investor-Staat-Schiedsgerichten geltend machen können und daher eine Durchsetzung über das FHA weniger wichtig erschien. Ähnliche Möglichkeiten einer Auskopplung bieten sich an für Kapitel über Wettbewerbspolitik, über die gegenseitige Anerkennung technischer Standards oder über deren gemeinsame Entwicklung im Wege der regulatorischen Zusammenarbeit. Diese Gegenstände werden oft auch ohne Bezug zu FHAs vereinbart. Das deutet schon darauf hin, dass hier der Hebel der Reziprozität für Abschluss und Durchsetzung der Vereinbarung oft eine geringere Rolle spielt und stattdessen diese Übereinkünfte eher dem Muster eines kooperativen Zusammenwirkens entsprechen.
Solche separaten Vereinbarungen können das Momentum eines FHA nutzen und danach abgeschlossen werden. Sie können aber auch schon im Vorfeld getroffen werden und damit eine Vertrauensgrundlage schaffen, die den späteren Abschluss eines Freihandelsabkommens erleichtert. Dass sich bereits in einer frühen Phase der Verhandlungen über ein FHA einzelne Themen vorantreiben lassen, zeigen die jüngsten Entwicklungen in den Beziehungen zwischen der EU und Indien – wo ein Handels- und Technologierat gegründet wurde und Gespräche über ein Abkommen zu geographischen Herkunftsangaben stattfinden. Zur Vertrauensbildung dienen können auch unilaterale Vorleistungen der Parteien, wie die Ratifizierung von Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) oder die Verabschiedung einer Erklärung, wonach freiwillige nationale Beiträge gemäß dem Pariser Klimaschutzabkommen übernommen werden.
Eine Dynamisierung von Abkommen lässt sich erreichen, indem offene Themen an Vertragsgremien delegiert werden.
Es ist die Gesamtheit einzelner Maßnahmen der Verständigung, die am Ende Spielräume schafft, um das Band einer engen Reziprozität zugunsten einer Form der Kooperation zu überwinden, in der die Partner in mehreren Schritten auch einseitige Verpflichtungen eingehen. Sie tun dies, weil sie darauf vertrauen können, dass sich die bilateralen Handelsbeziehungen insgesamt zu ihrem Vorteil entwickeln werden.
Potential für eine leichtere und zügigere Zustimmung der Partner bietet aber auch eine Dynamisierung der Vertragsbeziehungen. Diese lässt sich erreichen, indem offene Themen an die Vertragsgremien delegiert werden. FHAs verfügen heute über komplexe Strukturen von Gremien, die nicht selten ein Mandat haben, um Bestimmungen des Abkommens in begrenztem Maße zu konkretisieren und fortzuschreiben. Zum Teil ist dabei auch die Zivilgesellschaft einbezogen. Dies schafft Spielräume, um einzelne Sachthemen entsprechend zu verweisen.
Eine ähnliche Form der Delegation liegt in den sogenannten »Dialogen«, die in einigen Freihandelsabkommen für politisch besonders relevante Themen vorgesehen sind. Sie sind nach Zielsetzung, Verfahren und gewünschtem Ergebnis sehr viel weniger strukturiert. Dialoge werden einerseits eingerichtet, um erkennbar wichtige Fragen zu bearbeiten, die noch nicht reif für eine konkrete Regelung sind. Andererseits werden sie aber auch genutzt, um kontroverse Themen zu behandeln und so einzuhegen. Ein Beispiel dafür sind die Dialoge im CETA-Abkommen mit Kanada, die sich ebenso der Landwirtschaft, der Regulierung des Finanzdienstleistungssektors und dem elektronischen Geschäftsverkehr widmen wie arbeitsrechtlichen Bestimmungen, Fragen des Zugangs zum Biotechnologiemarkt, forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und Rohstoffen.31 Das vorläufige EU-Mercosur-Abkommen sieht ebenfalls Dialoge vor – über Tierschutzfragen, Themen im Zusammenhang mit der Anwendung landwirtschaftlicher Biotechnologie, über die Bekämpfung der antimikrobiellen Resistenz und wissenschaftliche Fragen betreffend Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit.32
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Schließlich kann die zunehmende Praxis der »Modernisierung« von FHAs dabei helfen, die Zustimmung der Partner zu erleichtern und zu beschleunigen. Im Zuge der Modernisierung eines Abkommens bewerten die Parteien gemeinsam dessen Erfolg und Auswirkungen, bevor sie über eine Anpassung und Weiterentwicklung des Vertragswerks verhandeln, um neuen Gegebenheiten Rechnung zu tragen. Die Aussicht auf eine spätere Modernisierung – wie sie vielfach vorgesehen ist – erleichtert es den Parteien, einzelne ihrer Anliegen und Wünsche beim erstmaligen Vertragsschluss zurückzustellen. Eine Reihe von Modernisierungen befinden sich aktuell im Verhandlungsstadium. In einigen Fällen konnten die Verhandlungen auch schon abgeschlossen werden. Tabelle 5 zeigt den jeweiligen Stand.
Zu den neu vereinbarten Texten des EU-Mercosur-Abkommens nach der politischen Einigung vom 4. Dezember 2024 gehört auch eine Bestimmung zur »Überprüfung« des Vertrages.33 Darin ist vorgesehen, dass der gemeinsame Ausschuss als Vertragsgremium die Übereinkunft drei Jahre nach Abschluss und fortan alle fünf Jahre überprüfen und auf Basis der Ergebnisse über etwaige Änderungen beraten soll. Dieses Vorgehen dürfte einer Modernisierung nahekommen und deren Wirkung vielleicht noch übertreffen. Insgesamt bietet eine solche Dynamisierung ein erhebliches Potential zur Entlastung und damit zur Erleichterung und Beschleunigung. Abgesehen davon ist sie angesichts der absehbar volatiler werdenden internationalen Handelsbeziehungen auch ein wichtiges Instrument, um die Abkommen anzupassen und damit insgesamt stabiler zu machen.
Eine partnerschaftliche Umsetzung autonomer EU-Instrumente anbieten
Neben diesen Formen der Auffächerung und Dynamisierung von Vertragsverhältnissen kann die EU aber auch eine beiderseits vorteilhafte Verknüpfung mit ihren autonomen Instrumenten zur Nachhaltigkeit anbieten.
Wie erwähnt, hat die EU autonome Instrumente in der Handelspolitik entwickelt, um einen nachhaltigen Handel zu fördern. Dazu zählen etwa das CO2-Grenzausgleichssystem, die Entwaldungsverordnung, die Verordnung zum Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten und die Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Diese Instrumente überschneiden sich inhaltlich mit den Zielen und Regelungen der Nachhaltigkeitskapitel in den Freihandelsabkommen. Zudem entfalten sie eine Durchsetzungswirkung, die jener von FHAs und deren Nachhaltigkeitskapiteln nicht nachsteht, sie sogar übertreffen kann. Die Einführung der Instrumente wurde allerdings von Handelspartnern der EU zum Teil heftig kritisiert. In mehreren Fällen wurden Verhandlungspartner mit dem Beschluss solcher autonomen Maßnahmen konfrontiert, während die EU mit ihnen über ganz ähnliche Themen im Rahmen von FHAs verhandelte. Dadurch sind Irritationen entstanden. Schon deswegen, aber auch in der Sache selbst bietet es sich an, die beiden unterschiedlichen Ansätze – also das einseitige Vorgehen mit autonomen Instrumenten und die partnerschaftliche Herangehensweise in Freihandelsabkommen – aufeinander abzustimmen, um das volle Potential der zweigleisigen Vorgehensweise für mehr Nachhaltigkeit im Handel zu erschließen.
Die EU als Ganzes muss in der Lage sein, »nach innen« ihre Haltung zu Verhandlungsergebnissen rasch zu klären.
Eine solche Koordination könnte Entlastungen und Synergien in zweifacher Hinsicht bringen. Zum einen lassen sich Nachhaltigkeitskapitel in FHAs wesentlich schlanker gestalten, wenn sie auf die autonomen Instrumente Bezug nehmen und sich auf die darüber hinausgehenden Regelungen konzentrieren. Zum anderen aber können es Freihandelsabkommen umgekehrt auch ermöglichen, die Umsetzung autonomer Instrumente im Wege einer partnerschaftlichen Kooperation zu erleichtern. Die autonomen Instrumente der EU enthalten bereits einige Regelungen, die eine partnerschaftliche Umsetzung ihrer Ziele vorsehen und dafür eine Erleichterung der EU-Vorgaben offerieren. Die damit angelegten Schnittstellen für eine partnerschaftliche Umsetzung in FHAs könnten durch eine Klärung und Konkretisierung, aber auch durch eine Änderung der Rechtsinstrumente erweitert werden.
Daneben bietet sich in großem Umfang die technische Zusammenarbeit an. Ermöglichen kann diese etwa eine Unterstützung bei der Umsetzung von Standards, ihrer Kontrolle und der Zertifizierung, bei der Einführung nachhaltiger Bewirtschaftungs- und Produktionsweisen und bei der Entwicklung nachhaltiger Herstellungsweisen und Produkte.34
Zustimmung der EU erleichtern und beschleunigen
Der Wunsch, FHAs leichter und schneller abschließen zu können, ist aber nicht allein dadurch zu erfüllen, dass »nach außen« mit attraktiven Formaten und Inhalten geworben wird. Die EU als Ganzes muss auch in der Lage sein, »nach innen« ihre Haltung zu Verhandlungsergebnissen rasch zu klären und Übereinkünfte zügig zum Abschluss zu bringen. Das bestimmt die Handlungsfähigkeit, aber auch die externe Wahrnehmung der EU. Sie verfügt durchaus über Möglichkeiten, so vorzugehen. Bisher hat sie aber überwiegend anspruchsvollere Grundlagen und Verfahren gewählt, sich damit eingeschränkt und beträchtliche Verzögerungen hervorgerufen.
Seit Jahren ringen die Organe der EU, die Öffentlichkeit, die Wissenschaft und der EuGH darum, einen Modus zu finden, mit dem sich FHAs auf vorhersehbare und effiziente Weise billigen und abschließen lassen. Im Vordergrund stehen dabei eine Reihe von Zuständigkeits- und Verfahrensfragen, die die Modalitäten zur Beschlussfassung im Rat und den Punkt betreffen, ob die Mitgliedstaaten im Sinne eines gemischten Abkommens selbständig Parteien der Vereinbarung werden. Eine Rolle spielt aber auch, ob die Interessen bestimmter Branchen und einzelner Mitgliedstaaten ausreichend gewürdigt werden. Aktuell kündigt sich ein Wiederaufleben dieser Debatte an, da eine Entscheidung über die Zeichnung des EU-Mercosur-Abkommens bevorsteht.
Aktuelle Probleme der EU beim Abschluss von Freihandelsabkommen
An sich besitzt die EU durchaus eine Handhabe, über die Zustimmung zu einem FHA effizient zu entscheiden und dieses rasch abzuschließen. Auf Grundlage ihrer ausschließlichen Kompetenz in der gemeinsamen Handelspolitik kann sie – nach Artikel 207 Absätze 3 und 4 AEUV – Handelsverträge regelmäßig mit einer qualifizierten Mehrheit im Rat und der Zustimmung des Parlaments allein (»EU only«) abschließen, was nach allgemeiner Einschätzung durchaus zügig möglich ist. Die EU spannt für ihre Abkommensvorhaben aber häufig einen größeren Rahmen auf. In den einleitenden Vorschlägen der Kommission, den Stellungnahmen des Parlaments und den grundlegenden Mandaten des Rates wird oft ein Assoziierungsabkommen angestrebt. Damit kommen anspruchsvollere Verfahrensmodalitäten und Abkommensgestaltungen ins Spiel. Neben dem Erfordernis der einstimmigen Beschlussfassung im Rat ist häufig der Abschluss eines gemischten Abkommens zu erwägen, bei dem neben der EU auch die Mitgliedstaaten selbst Partei werden.
Schon die nötige Einstimmigkeit bei Beschlüssen im Rat bildet eine hohe Hürde, weil dann jedem einzelnen Mitgliedstaat eine Art Vetorecht zukommt. Bei gemischten Abkommen müssen zudem neben der EU alle Mitgliedstaaten separat die Übereinkunft zeichnen und ratifizieren, bevor sie am Ende einheitlich für EU und Mitgliedstaaten in Kraft treten kann. Während die mitgliedstaatlichen Interessen im Rat durch die Regierungen vertreten werden, entscheiden dann auch die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht berufenen Vertragsschlussorgane, die in Diskurse und Abstimmungen der EU weniger eingebunden sind. An dieser Stelle wird oft kritisch auf das Regionalparlament der Wallonie verwiesen. Es repräsentiert weniger als ein Prozent der EU-Gesamtbevölkerung, ist aber berufen, in Belgien über völkerrechtliche Verträge mitzuvotieren. Und mehr als einmal stand es Freihandelsverträgen höchst skeptisch gegenüber.35
Tabelle 6 EU-Handelsabkommen: Ausstehende Ratifikationen der Mitgliedstaaten |
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Die Notwendigkeit eines nationalen Vertragsschlussverfahrens hat in einer Reihe von Fällen das Inkrafttreten eines Abkommens erheblich verzögert. Besonders gravierend ist der Fall von CETA, der Vereinbarung mit Kanada, die 2017 von der EU selbst ratifiziert, aber bis heute nicht in Kraft getreten ist, weil die Ratifikation von insgesamt neun Mitgliedstaaten aussteht. Spitzenreiter bei den Verzögerungen ist aber das EU-CARIFORUM-Abkommen. Diese Übereinkunft mit der Gruppe karibischer Staaten wurde 2009 von der EU abgeschlossen, konnte aber wegen der fehlenden Ratifikation Ungarns bis heute, also 16 Jahre später, nicht in Kraft treten. Tabelle 6 führt eine Reihe gemischter Abkommen auf. Jeweils angegeben ist die Zahl der Mitgliedstaaten, deren Ratifikation noch aussteht, das Jahr der politischen Einigung sowie jenes der Ratifikation durch die EU – und in Klammern die inzwischen verstrichene Zeit in Jahren.
Aus Tabelle 7 wiederum ergibt sich, dass einige Mitgliedstaaten besonders häufig mit der innerstaatlichen Ratifikation in Verzug sind.
Dabei hat es kritische Bedeutung, wenn unentschlossene Mitgliedstaaten das Inkrafttreten verzögern. Zwar kann das Übereinkommen schon früher »vorläufig« angewendet werden. In der Tat wird eine solche vorläufige Anwendung regelmäßig vereinbart und angeordnet. Deren praktische Bedeutung wird auch nicht wesentlich dadurch gemindert, dass sie auf Regelungsbereiche beschränkt ist, die unter Kompetenz der EU fallen. Problematischer ist schon, dass das Europäische Parlament nicht beteiligt ist, wenn über die vorläufige Anwendung entschieden wird.36 Noch mehr Gewicht hat der Umstand, dass erst mit dem Inkrafttreten die volle rechtliche Bindung der EU und der Mitgliedstaaten eintritt. Zuvor kann jeder Mitgliedstaat das Abkommen mitsamt dessen vorläufiger Anwendung für alle zu Fall bringen, indem er die Ratifikation endgültig ablehnt. Das mag politisch Verantwortliche in einzelnen Staaten veranlassen, eine Beschlussfassung mit Blick auf eine günstige Gelegenheit zu verschieben – und damit den Schwebezustand zu verlängern. Ebenso mag ein EU-Mitglied versucht sein, seine Ratifikationsentscheidung zum eigenen Vorteil an Bedingungen zu knüpfen.
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Zügiger Abschluss »reiner« Handelsabkommen in der EU
In Anbetracht dieser erheblichen Schwierigkeiten sollte die EU bestrebt sein, die eingangs geschilderten Möglichkeiten nach Artikel 207 Absatz 4 AEUV auszuschöpfen, die ein weniger aufwendiges Verfahren für Abkommen in der gemeinsamen Handelspolitik erlauben.
Inhaltlich gesehen ist ein solches Vorgehen ohne weiteres gangbar. Die hier als typische und wünschenswerte Bestandteile eines FHA angesprochenen Themen lassen sich auf Basis der ausschließlichen Handelskompetenz umfassend regeln. Der Gegenstandsbereich der gemeinsamen Handelspolitik ist mit dem Lissaboner Vertrag in Artikel 207 Absatz 1 AEUV breiter gefasst und unter anderem durch das Gutachten des EuGH zum Abkommen mit Singapur großzügig ausgelegt und abgegrenzt worden.37 Demnach umfasst die ausschließliche Kompetenz der EU in der Handelspolitik im Hinblick auf die Elemente eines FHA nicht nur sämtliche Regelungen zur Einrichtung einer Freihandelszone bzw. Zollunion mit den Vorgaben zur Beseitigung der Handelshemmnisse, Verwaltungsvorschriften und Ursprungsregelungen, sondern auch die üblichen Regelungsteile zur Konkretisierung und Fortführung von WTO-Verpflichtungen und die übrigen Vorschriften zu Regulierungen und Standards. Besonders hervorzuheben ist, dass nach dem Singapur-Gutachten des EuGH auch die handelsbezogenen Regelungen zur Nachhaltigkeit dazugehören, die sich meist in den Kapiteln über Handel und Nachhaltigkeit finden und im Wesentlichen dazu dienen, die Belange des Umweltschutzes und der menschenwürdigen Arbeit in den Handelsbeziehungen zwischen den Beteiligten zu berücksichtigen. Das Singapur-Gutachten hat von diesem weiteren Bereich der ausschließlichen Handelskompetenz der EU nur wenige spezifische Bereiche ausgenommen. Dazu zählen Vorschriften zur Investor-Staat-Streitschlichtung und zu Investitionen, die keine Direktinvestitionen sind.
Dies gilt auch für das EU-Mercosur-Abkommen. Die Texte, die die Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission unter der Bezeichnung »Handelsteil« am 7. Dezember 2024 über die politische Einigung zu diesem Abkommen veröffentlicht hat, entsprechen weitgehend dem so umrissenen Zuständigkeitsbereich.
Was das Verfahren der Zustimmung und den Abschluss betrifft, ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die für Abkommen in der Handelspolitik nach Artikel 207 Absatz 4 Unterabsatz 1 AEUV regelmäßig vorgesehene Beschlussfassung im Rat mit qualifizierter Mehrheit nicht ohne Ausnahmen gilt. Nach Artikel 207 Absatz 4 Unterabsätze 2 und 3 ist in bestimmten Fällen Einstimmigkeit erforderlich – nämlich bei Einzelaspekten des Dienstleistungsverkehrs, des geistigen Eigentums und der ausländischen Direktinvestitionen, beim Handel mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen und jenem mit Dienstleistungen des Sozial-, des Bildungs- und des Gesundheitssektors. Dies ist bei der Redaktion der Texte und mit Blick auf die weitere Vorgehensweise bei der Entscheidung über eine Zeichnung zu berücksichtigen.
Bevor der gesonderte Abschluss eines solchen Handelsteils erwogen wird, ist aber zu klären, wie sich dies zu den übrigen Teilen eines geplanten Abkommens verhält, die nicht von der Handelskompetenz gedeckt sind. Dies betrifft etwa Regelungen zu den politischen Beziehungen und der Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Partner oder zur Investor-Staat-Streitschlichtung.
Dafür kommt technisch gesehen in Frage, diese Teile getrennt nach den dafür geltenden anderen Rechtsgrundlagen zu behandeln und abzuschließen. Die EU hat dies mehrfach praktiziert. So sind Regelungen zum Investor-Staat-Streitschlichtungsverfahren abgetrennt und gesondert in gemischten Abkommen vereinbart worden, nachdem der EuGH in seinem Singapur-Gutachten ausgeführt hatte, dass diese Fragen außerhalb der Handelskompetenz liegen. Bei der Modernisierung des EU-Chile-Abkommens wurde der Handelsteil vorgezogen als Interimsabkommen allein durch die EU abgeschlossen. Es wird in ein sehr viel weitergehendes »fortgeschrittenes Rahmenabkommen« überführt, wenn dies nach der Ratifikation der EU und der Mitgliedstaaten in Kraft tritt. Diese Vorgehensweise würde sich auch für Zustimmung und Abschluss im Falle des EU-Mercosur-Abkommens anbieten, das ebenfalls als Assoziierungsabkommen angelegt war. Ein ebensolches Verfahren könnte bei der Modernisierung des Abkommens mit Mexiko angebracht sein, die bereits mit einer politischen Einigung abgeschlossen ist.
Ob dieser Weg einer getrennten Behandlung von Zustimmung und Abschluss gangbar ist, hängt aber auch von politischen und rechtlichen Voraussetzungen ab. Politisch gesehen wäre eine Trennung verfehlt, wo der Handelsteil mit den übrigen Teilen eines Abkommens eng und zwingend verknüpft ist. Das würde dann gelten, wenn der Handelsteil für sich genommen keinen Sinn ergäbe und von der EU auch nicht gewollt wäre. Das mag Fälle eines geplanten Beitritts zur EU betreffen, bei denen der Handelsteil nur als Zwischenschritt auf dem Weg zu einer vollen Beteiligung am EU-Binnenmarkt anzusehen ist. Davon ist allerdings bei FHAs nicht auszugehen.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten sollten aufzeigen, wie sich der durch FHAs ausgelöste Strukturwandel bewältigen lässt.
Im konkreten Fall des EU-Mercosur-Abkommens wurde vereinzelt darauf hingewiesen, dass das 1999 beschlossene Mandat des Rates für die Verhandlungen ein Assoziierungsabkommen angestrebt habe und daher jetzt eine Trennung der Teile rechtlich problematisch sei. Es ist aber schon fraglich, ob das Mandat tatsächlich ein zwingend einheitliches Abkommen vorsieht und ob der Rat der Kommission solche engen Vorgaben machen dürfte.38 Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass dieses ursprüngliche Verhandlungsmandat die Kommission rechtlich daran hindern würde, dem Rat den Handelsteil und den Assoziierungsteil in zwei gesonderten Abkommen zur Zeichnung vorzuschlagen. Ebenso wenig wären dem Rat durch seine Mandatserteilung von 1999 rechtlich die Hände gebunden, wenn er über die vorgeschlagenen Abkommenstexte befindet. In der nun anstehenden Entscheidung geht es konkret darum, den Vorschlag der Kommission mit dem einen oder mit zwei Abkommenstexten anzunehmen oder abzulehnen. Auch die Frage der heranzuziehenden Rechtsgrundlagen und der sich daraus ergebenden Beschlussfassungsmodalitäten bestimmt sich konkret nach dem Inhalt der vorgelegten Texte – nicht mehr nach dem ursprünglich erteilten Verhandlungsmandat und den darin zum Ausdruck kommenden Vorstellungen über den Inhalt einer Vereinbarung. Sofern der Rat einen Anlass sieht, Vorgehensweise und Verhandlungsführung der Kommission zu beanstanden, kann er dem in diesem Stadium des Vorhabens Rechnung tragen, indem er die Abkommenstexte ablehnt. So hat es bereits das Gericht der Europäischen Union in der Rechtssache Italien vs. Kommission T-226/04 ausgeführt.39
Wie kann man die Akzeptanz von FHAs in der EU steigern?
Die Frage nach der Handlungsfähigkeit der EU führt am Ende aber über formale Punkte wie Zuständigkeiten, Verfahren und die Gestaltung von Abkommen hinaus. Aktuell wird etwa erneut darüber diskutiert, welche Folgen ein offenerer Handel mit den Mercosur-Staaten für Frankreichs Bauern hat. Hier zeigt sich, dass die Zustimmung der EU zu entsprechenden Vereinbarungen auch von gesellschaftspolitischen Aspekten abhängt. Schon in der Vergangenheit sind Abkommensvorhaben auf massive Proteste gestoßen und daran sogar gescheitert.
Es ist allgemein bekannt, dass die Öffnung von Märkten im Ganzen vorteilhaft ist, aber neben Gewinnern auch Verlierer hat. Widerstände gegen Freihandelsabkommen kommen oft aus der letzteren Gruppe. Besonders häufig geht es dabei um Sorgen hinsichtlich der Landwirtschaft. Weithin akzeptiert ist, dass die insgesamt wünschenswerte Beteiligung von Ökonomien am Welthandel interner Politiken bedarf, die für benachteiligte Branchen den Strukturwandel abfedern und eine Kompensation bieten. Ziel muss sein, das Gesamtinteresse an einem FHA und die Partikularinteressen einzelner Wirtschaftszweige zu thematisieren, beides zum Ausgleich zu bringen und so einen Konsens herbeizuführen. Die Fähigkeit dazu bestimmt wesentlich über die Akzeptabilität und Akzeptanz von Abkommen innerhalb der EU und damit am Ende auch über deren Handlungsfähigkeit. Ein weit entwickeltes System der Folgenabschätzung gewährleistet, dass die Vor- und Nachteile eines Handelsabkommens vorab eingehend erfasst werden können. Mechanismen in den Abkommen wie etwa Schutzmaßnahmen tragen aus handelspolitischer Sicht dazu bei, die Marktöffnung zu steuern, was ihre Auswirkungen auf wirtschaftliche und soziale Strukturen in der EU angeht.
Es ist dann die Aufgabe von EU und Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen mit den Instrumenten der allgemeinen Wirtschafts- und Sozialpolitik und konkret auch der Landwirtschaftspolitik den Strukturwandel abzufedern, der durch eine Marktöffnung bewirkt wurde. Zu empfehlen ist, in diesem Sinne die Handelspolitik der EU einschließlich der FHAs sichtbarer mit ihren internen Politiken und jenen der Mitgliedstaaten zu verknüpfen.
Die EU hat in Teilbereichen Instrumente entwickelt, die den Strukturwandel zusätzlich abfedern sollen. Hier ist der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer zu nennen, dessen Wirksamkeit allerdings beschränkt war.40 Für das EU-Mercosur-Abkommen hat die Kommission zudem in Aussicht gestellt, »[ü]ber die Schutzklauseln hinaus […] durch die Einrichtung einer Reserve in Höhe von mindestens 1 Mrd. EUR zusätzliche Unterstützung für den unwahrscheinlichen Fall [zu] mobilisieren, dass infolge der Umsetzung des Abkommens Marktstörungen auftreten«.41 Gegenwärtig stehen mehrere Vorhaben zum Abschluss von Freihandelsabkommen an. Insofern wäre es hilfreich, wenn über den Einzelfall hinaus geklärt und sichtbar gemacht werden könnte, welche Maßnahmen die EU und ihre Mitgliedstaaten ergreifen, damit sich der durch ein FHA ausgelöste Strukturwandel mit seinen wirtschaftlichen und sozialen Folgen bewältigen lässt.
Abkürzungsverzeichnis
AEUV |
Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
AKP-Staaten |
Staaten in Afrika, der Karibik und dem Pazifik |
CARIFORUM |
Karibisches Forum (Caribbean Forum) |
CETA |
Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen EU-Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement) |
CPTPP |
Umfassende und fortschrittliche Vereinbarung für eine Trans-Pazifische Partnerschaft (Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership) |
EFTA |
Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association) |
ESA |
Östliches und südliches Afrika (Eastern and Southern Africa) |
EU |
Europäische Union |
EuGH |
Europäischer Gerichtshof |
FHA |
Freihandelsabkommen |
GATT |
Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Tariffs and Trade) |
ICN |
International Competition Network |
ILO |
Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization) |
IPPC |
Internationales Pflanzenschutzübereinkommen (International Plant Protection Convention) |
MEA |
Internationales Umweltabkommen (Multilateral Environmental Agreement) |
Mercosur |
Gemeinsamer Markt im südlichen Lateinamerika (Mercado Común del Sur) |
MRA |
Abkommen über die gegenseitige Anerkennung (Mutual Recognition Agreement) |
MSMES |
Kleinst-, Klein- und mittelständische Unternehmen (Micro, Small and Medium-sized Enterprises) |
NTBs |
Nichttarifäre Handelshemmnisse (Non-tariff barriers to trade) |
OECD |
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development) |
RCEP |
Regionale umfassende Wirtschaftspartnerschaft (Regional Comprehensive Economic Partnership) |
SADC |
Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (Southern African Development Community) |
UK |
United Kingdom (Vereinigtes Königreich) |
Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (United Nations Conference on Trade and Development) |
|
WIPO |
Weltorganisation für geistiges Eigentum (World Intellectual Property Organization) |
WOAH |
Weltorganisation für Tiergesundheit (World Organisation for Animal Health) |
WTO |
Welthandelsorganisation (World Trade Organization) |
Endnoten
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Welthandelsorganisation (WTO), World Trade Report 2011. The WTO and Preferential Trade Agreements: From Co-existence to Coherence, Genf 2011, <https://www.wto.org/english/res_e/ booksp_e/anrep_e/world_trade_report11_e.pdf> (eingesehen am 3.3.2025).
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Ähnlich: WTO, Allgemeines Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) – Art. V, Genf 1995, <https://www. wto.org/english/res_e/publications_e/ai17_e/gats_art5_ jur.pdf> (eingesehen am 5.3.2025).
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Siehe WTO, Committee on Regional Trade Agreements, Synopsis of »Systemic« Issues Related to Regional Trade Agreements, Note by the Secretariat, WTO-Doc. WT/REG/W/37, 2.3.2000.
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WTO, Turkey – Restrictions on Imports of Textile and Clothing Products. Report of the Appellate Body, WTO-Doc. WT/DS34/AB/R, 22.10.1999, Ziff. 48.
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Europäische Kommission, Communication from the Commission of the Council, the European Parliament, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions. Global Europe: Competing in the World. A Contribution to the EU’s Growth and Jobs Strategy, Brüssel, COM(2006) 567 final, 4.10.2006, <https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri= COM:2006:0567:FIN:en:PDF> (eingesehen am 5.3.2025).
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Siehe WTO, »Regional Trade Agreements Database«, 2025, <http://rtais.wto.org/UI/publicPreDefRepByCountry. aspx> (eingesehen am 6.3.2025).
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Bettina Rudloff, Handeln für eine bessere EU-Handelspolitik. Mehr Legitimierung, Beteiligung und Transparenz, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2017 (SWP-Studie 23/2017), S. 9ff, <https://www.swp-berlin.org/publications/ products/studien/2017S23_rff.pdf> (eingesehen am 30.7.2024). Siehe auch die Aufstellung: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, »Freihandelsabkommen der EU«, <https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussen wirtschaft/freihandelsabkommen-der-eu.html> (eingesehen am 20.3.2025).
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Anu Bradford, The Brussels Effect: How the European Union Rules the World, Oxford 2019.
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Europäische Kommission, »Europäische Union und Vereinigte Staaten gehen historische neue Partnerschaft im Handel mit Bio-Erzeugnissen ein«, Pressemitteilung, Brüssel, 15.2.2012, <https://ec.europa.eu/commission/presscorner/ detail/de/ip_12_138> (eingesehen am 30.7.2024).
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Europäische Kommission, »EU und USA gründen Handels- und Technologierat – für eine Führungsrolle beim wertebasierten globalen digitalen Wandel«, Pressemitteilung, Brüssel, 15.6.2021, <https://ec.europa.eu/commission/ presscorner/detail/de/ip_21_2990> (eingesehen am 29.7.2024).
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Peter-Tobias Stoll, »Reciprocity in Trade? The Recent Initiative of the US President on ›Reciprocal Trade and Tariffs‹«, VerfBlog, 28.2.2025, <https://verfassungsblog.de/ reciprocity-in-trade/> (eingesehen am 5.3.2025).
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Europäische Kommission, »Durchführungsverordnung (EU) 2023/2882 der Kommission vom 18. Dezember 2023 zur Aussetzung der mit den Durchführungsverordnungen (EU) 2018/886 und (EU) 2020/502 eingeführten handelspolitischen Maßnahmen in Bezug auf bestimmte Waren mit Ursprung in den Vereinigten Staaten von Amerika«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L, 2023/2882, 19.12.2023, Art. 1, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri= OJ:L_202302882> (eingesehen am 5.3.2025).
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Europäisches Parlament und Europäischer Rat, »Verordnung (EU) 2023/2675 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. November 2023 über den Schutz der Union und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, ABl. L, 2023/2675, 7.12.2023, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L_202302675> (eingesehen am 5.3.2025).
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EFTA States/Republic of India, Trade and Economic Partnership Agreement Between the EFTA States and the Republic of India, 10.3.2024, Art. 7.1, 7.2, 7.7 und 7.8, <https://www. efta.int/sites/default/files/documents/legal-texts/free-trade-relations/india/1.%20Main%20Agreement.pdf> (eingesehen am 5.3.2025).
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Hanns Günther Hilpert/Bettina Rudloff/Christian Wagner, Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU. Ambitionen, Erwartungen, Widerstände und Anreize, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2023 (SWP-Aktuell 11/2023), doi: 10.18449/2023A11.
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Chinas Behörden haben erklärt, dass die Volksrepublik entschlossen sei, ein globales Netzwerk von Handelsabkommen aufzubauen. Siehe WTO, Trade Policy Review. Report by the Secretariat. China, WTO Doc. WT/TPR/S/415, 15.9.2021, Ziff. 2.3.2, S. 34ff, <https://www.wto.org/english/tratop_e/ tpr_e/s415_e.pdf> (eingesehen am 3.3.2025).
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Hanns Günther Hilpert/Gudrun Wacker, Geoökonomie trifft Geopolitik. Chinas neue außenwirtschaftliche und außenpolitische Initiativen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Mai 2015 (SWP-Aktuell 52/2015), S. 2, <https://www.swp-berlin. org/publikation/china-geooekonomie-trifft-geopolitik> (eingesehen am 4.4.2025).
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Samina Sultan, Mercosur-Handel. Läuft uns China den Rang ab?, Köln: Institut der deutschen Wirtschaft (IW), 2023 (IW-Kurzbericht Nr. 49/2023), <https://www.iwkoeln.de/fileadmin/ user_upload/Studien/Kurzberichte/PDF/2023/IW-Kurzbericht_ 2023-Mercosur-Handel.pdf> (eingesehen am 5.3.2025).
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Tobias Käufer, »Uruguay: Flirt mit China«, Deutsche Welle, 3.7.2023, <https://www.dw.com/de/uruguays-freihandelsflirt-mit-china/a-66082863> (eingesehen am 3.3.2025).
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So nimmt das EU-Schweiz-Abkommen vom 22. Juli 1972 im Amtsblatt der EU mit sämtlichen Teilen und Zusätzen nur 90 Seiten ein. Europäische Wirtschaftsgemeinschaft/Schweizerische Eidgenossenschaft, »Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft«, in: Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, L 300/189, 31.12.1972, <https:// eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv% 3AOJ.L_.1972.300.01.0189.01.DEU&toc=OJ%3AL%3A1972 %3A300%3ATOC> (eingesehen am 5.3.2025).
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Zu den bisher moderaten Auswirkungen siehe Peter Ungphakorn, »Technical Note: Appeals ›into the Void‹ in WTO Dispute Settlement«, Trade β Blog, 13.2.2021, <https:// tradebetablog.wordpress.com/technical-note-appeals-into-the-void-in-wto-dispute-settlement/> (eingesehen am 28.2.2025).
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Siehe Geneva Trade Platform, »Multi-Party Interim Appeal Arbitration Arrangement (MPIA)«, WTO Plurilaterals, 2025, <https://wtoplurilaterals.info/plural_initiative/the-mpia/> (eingesehen am 3.3.2025).
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Hanns Günther Hilpert/Sascha Lohmann/Hanns W. Maull, »Deutschland und die geoökonomische Zeitenwende – kluge Machtpolitik gefragt«, in: Barbara Lippert/Stefan Mair (Hg.), Neue Verhältnisse – schwierige Beziehungen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2024 (SWP-Studie 24/2024), S. 43–46, doi: 10.18449/2024S24.
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Europäische Kommission, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Umsetzung und Durchsetzung von Handelsabkommen der EU, COM(2023) 740 final, 15.11.2023, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/ DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52023DC0740> (eingesehen am 3.3.2025).
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Siehe WTO, Russia – Measures Concerning Traffic in Transit. Report of the Panel, WT/DS512/R, 5.4.2019, paras. 7.27–7.28, <https://www.wto-ilibrary.org/content/reports/25189832/ 223/read> (eingesehen am 8.8.2024); WTO, United States – Certain Measures on Steel and Aluminium Products. Report of the Panel, WT/DS547/R, 8.8.2023, paras. 7.121–7.137, <https:// www.worldtradelaw.net/document.php?id=reports/wto panels/us-originmarking(panel).pdf&mode=download> (eingesehen am 5.8.2024); WTO, Saudi Arabia – Measures Concerning the Protection of Intellectual Property Rights. Report of the Panel, WT/DS567/R, 16.6.2020, <https://www.wto-ilibrary.org/ content/reports/25189832/245/read> (eingesehen am 5.8.2024); WTO, United States – Origin Marking Requirement. Report of the Panel, WT/DS597/R, 21.12.2022, para. 7.148, <https://www.worldtradelaw.net/document.php?id=reports/ wtopanels/us-originmarking(panel).pdf&mode=download> (eingesehen am 3.3.2025).
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Takemasa Sekine, Security Exception Clauses under Free Trade Agreements, Tokio: Institute for Future Initiatives, 3.3.2023 (SSU-Working Paper), <https://papers.ssrn.com/sol3/ papers.cfm?abstract_id=4370053> (eingesehen am 5.8.2024); James Mendenhall, »The Evolution of the Essential Security Exception in U. S. Trade and Investment Agreements«, in: Karl P. Sauvant/Lisa E. Sachs/Wouter P. F. Schmit Jongbloed (Hg.), Sovereign Investment: Concerns and Policy Reactions, Oxford: Oxford University Press, 2012, S. 310–403.
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Europäisches Parlament/Rat der Europäischen Union, »Verordnung 2024/1252 zur Schaffung eines Rahmens für die Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 168/2013, (EU) 2018/858, (EU) 2018/1724 und (EU) 2019/1020«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, L 2024/122, 3.5.2024, <https://eur-lex.europa.eu/eli/reg/2024/ 1252/oj> (eingesehen am 29.7.2024).
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Alessia A. Amighini/Andreas Maurer/Elitsa Garnizova/Jan Hagemejer/Peter-Tobias Stoll/Marcus Dietrich/Riya Roy/Agnieszka Skowronek/Davide Tentori, Global Value Chains: Potential Synergies between External Trade Policy and Internal Economic Initiatives to Address the Strategic Dependencies of the EU, Brüssel: INTA Committee, European Parliament, 2023, S. 28, <https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/ EXPO_STU(2023)702582> (eingesehen am 4.4.2025).
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In ihrer Handelsstrategie von 2015 (»Handel für alle«) kündigte die Kommission an, für alle Handelsabkommen »ein Kapitel zu Energie und Rohstoffen« vorzuschlagen, siehe COM(2015) 497 final vom 14.10.2015, S. 11. Solche Kapitel finden sich unter anderem in den Abkommen mit Chile, Mexiko und Neuseeland.
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Siehe das Singapur-Gutachten: Europäischer Gerichtshof (EuGH), Gutachten 2/15 des Gerichtshofs, 16.5.2017, ECLI:EU:C:2017:376, Rn. 290–293, <https://curia.europa. eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=190727& doclang=DE> (eingesehen am 5.3.2025).
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Europäische Kommission, Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Unterzeichnung – im Namen der Europäischen Union – des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits, Art. 2.13 Abs. 4, Art. 13.18 Abs. 3 lit. B, Art. 16.6 Abs. 1, Art. 15.1, 5.7.2016, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX: 52016PC0444> (eingesehen am 3.3.2025).
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Siehe vorläufigen Text des Abkommens: Europäische Kommission, Trade Part of the EU-Mercosur Association Agreement, 2024, <https://circabc.europa.eu/ui/group/09242a36-a438-40fd-a7af-fe32e36cbd0e/library/f141ad24-71cd-4043-8d1d-728cca9bf841/details?download=true> (eingesehen am 3.3.2025).
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Europäische Kommission, Review Provisions in the Mercosur-European Union Agreement – Draft Provisions, 10.12.2024, <https://circabc.europa.eu/ui/group/09242a36-a438-40fd-a7af-fe32e36cbd0e/library/7310e0b7-66a7-41cf-bde7-d5383048e 3f6/details?download=true> (eingesehen am 2.2.2025).
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Siehe auch Bettina Rudloff, Die EU zwischen unilateralen Nachhaltigkeitsansätzen und Handelsabkommen. Wege zu besseren Partnerschaften, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2025 (SWP-Studie 2/2025), doi: 10.18449/2025S02.
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So beispielsweise beim CETA-Abkommen, siehe Paola Conconi/Cristina Herghelegiu/Laura Puccio, »EU Trade Agreements: To Mix or Not to Mix, That Is the Question«, in: Journal of World Trade, 55 (2021) 2, S. 232.
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Rudolf Mögele, »Gemischte Abkommen: eine Dauerbaustelle der europäischen Integration«, in: Matthias Pechstein u. a. (Hg.), Zur Verwirklichung eines Vereinten Europas. Festschrift für Rudolf Streinz, München 2023, S. 294.
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Marc Bungenberg, »Going Global? The EU Common Commercial Policy After Lisbon«, in: Christoph Herrmann/Jörg-Philipp Terhechte (Hg.), European Yearbook of International Economic Law, Heidelberg 2010, S. 151.
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EuGH, Rechtssache C-425/13: Urteil des Gerichtshofs vom 16.7.2015, C-425/13, Rn. 90ff, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62013CA0425> (eingesehen am 3.3.2025).
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EuGH, Rechtssache T-226/04: Urteil des Gerichtshofs vom 15.3.2006, T-226/04, Rn. 76f.
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Siehe »Europäische Union, VO 2021/691 vom 28. April 2021 über den Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung zugunsten entlassener Arbeitnehmer (EGF)«, in: Amtsblatt der Europäischen Union, L153/48, 3.5.2021, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri= CELEX:32021R0691> (eingesehen am 5.3.2025); Europäische Kommission, Report from the Commission on the Mid-term Evaluation of the European Globalisation Adjustment Fund (EGF), COM(2018) 297 final, Brüssel, 16.5.2018, <https://eur-lex. europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=celex:52018DC0297> (eingesehen am 2.3.2025).
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Europäische Kommission, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen. Ein Kompass für eine wettbewerbsfähige EU, COM/2025/30 final, Brüssel, 29.1.2025, S. 16, <https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX: 52025DC0030> (eingesehen am 2.3.2025).
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