Staatszerfall wird häufig als wesentliche Bedingung für die Funktions- und Handlungsfähigkeit transnationaler Terrornetzwerke genannt. Doch welcher Zusammenhang besteht zwischen fragiler Staatlichkeit und Terrorismus? Von welchen Prozessen, die fragile Staatlichkeit verursachen, profitieren transnationale Terroristen? Welche Fähigkeiten müssen Terrornetzwerke haben, um sich selbst zu erhalten? Wie tragen - meist wider Willen - fragile Staaten dazu bei?
Für eine differenzierte Bewertung genügt es zum einen nicht, sich auf die gravierendsten Fälle von Staatszerfall konzentrieren. Zum zweiten sind mehrere infrastrukturelle Komponenten zu unterscheiden, über die Terrornetzwerke verfügen müssen, um auf Dauer handlungsfähig zu bleiben - von Rekrutierung über Training und Planung bis zum Zugang zu Ressourcen.
Die Analyse ergibt: Für transnationale Terroristen sind vor allem jene Länder interessant, deren Staatlichkeit "auf der Kippe" steht. Diese können aber nicht als gescheitert gelten, da sie noch eine gewisse Ordnung aufrechterhalten, teilweise mit autoritären Mitteln. Gescheiterte Staaten bzw. akute Bürgerkriegsgebiete sind dagegen für Terrornetzwerke nur begrenzt von Nutzen - mit der Ausnahme Afghanistans. Für die Bekämpfung von Al-Qaida und anderen Netzwerken sind daher vor allem Saudi-Arabien, Jemen, Pakistan, Indonesien und die Philippinen relevant.
Die deutsche und europäische Außenpolitik sollte sich darauf konzentrieren, die Attraktivität dieser Staaten für transnationale Terroristen zu verringern. Dazu bedarf es sowohl der Stabilisierung als auch der Reform staatlicher Strukturen. Schwerpunkte sollten dabei sein: Stärkung des legitimen Gewaltmonopols und Reformen im Sicherheitsapparat, Stärkung staatlicher Investitionen und Reformen im Wohlfahrtsbereich sowie Stärkung demokratischer Potentiale und Reformen im Bereich Rechtsstaatlichkeit.