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Stabilitätspolitik in Zentralasien und Kaukasien im Rahmen der "Anti-Terror-Allianz"

Arbeitspapier FG 5, 2002/ Nr.02, 15.12.2001, 3 Seiten

Uwe Halbach

Stabilitätspolitik in Zentralasien und Kaukasien im Rahmen der "Anti-Terror-Allianz"

Diskussionspapier der Forschungsgruppe Rußland/ GUS, 2002/ Nr.02

Diskussionspapiere sind Arbeiten im Feld der Forschungsgruppe, die nicht als SWP-Papiere herausgegeben werden. Dabei kann es sich um Vorstudien zu späteren SWP-Arbeiten handeln oder um Arbeiten, die woanders veröffentlicht werden.

1. Vom "Great Game" zur Sicherheitspartnerschaft: Das russisch-amerikanische Verhältnis

Unter dem Dach globaler Terrorbekämpfung kam es zur Ausweitung westlicher Sicherheitskooperation mit zentralasiatischen und südkaukasischen Staaten. Das militärische Spektrum reicht von der Stationierung von Tausenden Soldaten in Zentralasien - allein in Kirgisistan bis jetzt 1.900, vorgesehen 3.000-5.000 - bis zu dem quantitativ weit bescheideneren, gleichwohl stärker wahrgenommenen amerikanischen "Train and Equip"-Programm in Georgien. Gleichzeitig erweitern internationale Organisationen und Einzelstaaten ihre entwicklungspolitischen Programme für instabile südliche GUS-Staaten. Bislang vernachlässigte und besonders hilfsbedürftige Länder wie Tadschikistan wurden dabei strategisch aufgewertet.

Rußlands Verhalten gegenüber der Expansion westlicher Politik im "postsowjetischen" Raum wurde als eine der Sensationen der "Nach-September-Welt" behandelt. Die Vorgeschichte relativiert dies. Schon lange vorher - z.B. auf dem OSZE-Gipfel in Istanbul 1999 - hatten die betroffenen Staaten mit Hinweis auf spezifische Sicherheitsrisiken wie Drogenhandel, undichte Grenzen, islamistische Gewaltakteure und die Auswirkungen des afghanischen Konfliktherds auf den eurasischen Raum für internationale Aufmerksamkeit und Maßnahmen geworben. Auch Rußland präsentiert seit 1999 Zentralasien und Kaukasien als Abschnitte eines weiter gespannten Bogens der Instabilität. Aus diesem Wahrnehmungs- und Darstellungsmuster versuchte Moskau freilich auch Legitimation für seinen erneuten Krieg im Nordkaukasus zu schöpfen.

Ist die Wahrnehmung gemeinsamer Sicherheitsinteressen an die Stelle dessen getreten, was man als "Great Game" bezeichnet hat? Geht es bei der russischen Reaktion um passive Duldung von US-Einfluß oder um aktive Sicherheitspartnerschaft im postsowjetischen Raum? Anfangs sah es nach bloßer Duldung aus: die beiden "eurasischen" Formate, mit denen Moskau in Kooperation mit China Sicherheitspolitik in Zentralasien gestaltete, der "kollektive Sicherheitsvertrag" der GUS und die "Shanghaier Organisation für Kooperation" überließen die sicherheitspolitische Initiative in der Region recht kleinlaut den USA. Mit der Entwicklung der russisch-amerikanischen Beziehungen in der Folgezeit wuchsen aber Erwartungen an ein gemeinsames Krisenmanagement in Zentralasien und im Kaukasus.

Die offizielle Haltung Moskaus wird nicht vom gesamten außen- und sicherheitspolitischen Establishment geteilt. So erklingen immer wieder Stimmen politischer und militärischer Amtsträger, die eine andere Sicht als die des Präsidenten darlegen. Außerdem hat auch die offizielle russische Außenpolitik in den beiden Regionen noch längst nicht ihre Flagge eingerollt. Auch Putin versuchte in den letzten Wochen, GUS-interne Sicherheits- und Kooperationsmechanismen wie den kollektiven Sicherheitsvertrag oder die Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft wieder zu stärken, um das Feld nicht ohne Gegenbemühung externen Akteuren zu überlassen. Dabei tut sich Rußland mit der Ausweitung amerikanischer Militärpolitik im Südkaukasus eindeutig schwerer als im Falle Zentralasiens.