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Erwartungen der Neuen Nachbarn Ukraine, Belarus und Moldova an die EU

Arbeitspapier 2003/ Nr. 07, 15.09.2003, 4 Seiten
Ukraine

Die Ukraine, der wichtigste Neue Nachbar der EU, räumt nach Jahren des Balancierens zwischen Rußland und der EU den Beziehungen zur Union heute Vorrang ein. Nach dem Beispiel der Ostmitteleuropäer möchte sie zunächst bis 2007 die Zwischenstufe einer EU-Assoziierung mit entsprechender Förderung und komplexer Verdichtung der Beziehungen erreichen, um dann im Jahre 2011 die Vollmitgliedschaft zu erlangen. Dabei verweist die Führung - vor dem Hintergrund von Krisen und Konflikten im westlichen Balkan - auf die politische Stabilität des Landes und auf einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung in Form eines stetigen Wachstums von fünf bis sechs Prozent. Selbst die KP, die zweitstärkste Partei des Landes, lehnt einen EU-Beitritt heute nicht mehr grundsätzlich ab.

Ein starkes proeuropäisches Signal bildet die 2002 verabschiedete, umfangreiche Präsidentenadresse an das Parlament mit dem programmatischen Titel "Europäische Wahl". Würde das Strategie-Dokument, das sich ausdrücklich an den Kopenhagener Kriterien orientiert, in ihrem Kern realisiert, so hätte die Ukraine gewiß gute Beitrittschancen. Unglücklicherweise fallen bei der ukrainischen Führung Wort und Tat jedoch weit auseinander.

Angesichts der vielversprechenden Papierform äußerte die Kiewer Führung ihre Enttäuschung darüber, daß die EU - in Gestalt von Rat, Kommission und Parlament - eine Beitrittsperspektive für das Land nicht vorsieht. Die Ukraine möchte mehr sein als gemeinsam mit Belarus und Moldova den östlichen "Freundeskreis der EU" zu bilden. Immerhin werden bestimmte Mängel und Unklarheiten der eigenen Politik von den Verantwortlichen in Kiew inzwischen anerkannt, verbunden mit einer Selbstkritik an Defiziten des politischen Systems und an seiner unzureichenden Fähigkeit, eine moderne Wirtschaft zu schaffen. Zu solchen Problemen in Stichworten vier zentrale Punkte, über die hier anschließend breiter diskutiert werden könnte:

Immerhin gibt es gewisse Anzeichen für eine Dynamik, in der die deklarierten Reformvorhaben schrittweise auf die Handlungsebene überführt werden. So könnten die wachsenden wirtschaftlichen Interdependenzen, verbunden mit internationalen Kontrollen und Verpflichtungen, die Macht der Oligarchen zurückdrängen. Wichtige Anstöße gehen auch von dem mit dem EU-Beitritt gekrönten Transformationen beim direkten Nachbarn Polen aus, zu dem die Ukraine eine Vertiefung der Trennlinien vermeiden, zu dem sie Anschluß gewinnen möchte. Vor diesem Hintergrund hat das proeuropäische Reformlager um Juschtschenko durchaus Chancen, bei den Präsidentschaftswahlen 2004 den Sieg über den Kandidaten des von den Oligarchen dominierten Kutschma-Lagers davonzutragen.