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Die EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik im Schatten der Ungewissheit

Bestandsaufnahme und Optionen nach dem irischen Nein zum Lissabonner Vertrag

SWP-Studie 2008/S 27, 15.10.2008, 29 Seiten Forschungsgebiete

Der Ausbau der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) stellt trotz der Ablehnung des Lissabonner Vertrags in Irland weiterhin eines der zentralen Integrationsprojekte der EU dar. Während bei Krisen wie in Georgien oder Somalia weltweit nach einem Engagement der EU gerufen wird, stellt sich allerdings die Frage, auf welcher Basis die Union in den nächsten Jahren als sicherheits- und verteidigungspolitischer Akteur handeln kann. In Anbetracht dieser Ungewissheit analysiert die vorliegende Studie die rechtspolitischen Grundlagen des aktuell gültigen Nizza-Vertrags, die Probleme, die er aufwirft, und die Lösungsansätze der Lissabonner Revision.

 

Solange offen ist, ob das Reformwerk in Irland ratifiziert wird, sollten sich die Politikgestalter und Verhandlungsführer in den EU-Mitgliedstaaten auf zwei sehr unterschiedliche Szenarien vorbereiten. Falls der Lissabonner Vertrag in Kraft tritt, müssen wichtige Detailaspekte zügig ausgehandelt werden, die das Vertragswerk offengelassen hat. Dies betrifft etwa die Zusammenarbeit im Bereich militärischer Fähigkeiten oder die Rolle des Hohen Vertreters. Auch maßgebliche Personalentscheidungen sind dann zu treffen. Falls die Blockade der Ratifikation jedoch nicht zu überwinden ist, bleibt der Vertrag von Nizza bis auf weiteres vertragliche Grundlage. Dann würden sich insbesondere jene institutionellen Reformen kaum umsetzen lassen, mit denen die Kohärenz der Entscheidungsfindung gestärkt und die Durchführung der ESVP flexibler gestaltet werden sollten. Angesichts dieser Alternativen sollte sich Deutschland – als Vertreter einer stärker zivil ausgerichteten Sicherheitspolitik und Mittler zu den kleineren EU-Staaten – möglichst früh mit seinen Partnern konsultieren und sich dabei für eine breitangelegte und kohärente ESVP einsetzen.