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Internationale Klimaverhandlungen: Von Durban nach Doha und weiter

Bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Doha, Katar, geht es vor allem darum, den Weg für die Verhandlungen über einen neuen Weltklimavertrag zu ebnen, so die Einschätzung von Susanne Dröge.

Kurz gesagt, 26.11.2012 Forschungsgebiete

Bei der Klimakonferenz der Vereinten Nationen in Doha, Katar, geht es vor allem darum, den Weg für die Verhandlungen über einen neuen Weltklimavertrag zu ebnen, so die Einschätzung von Susanne Dröge.

Die Agenda von Doha

Im Dezember 2011 sind bei der Klimakonferenz im südafrikanischen Durban die Weichen für die nächsten Jahre der internationalen Klimaverhandlungen gestellt worden. Auf dem Weg zu einem neuen umfassenden Klimaabkommen müssen in Doha nun zwei wichtige Schritte erfolgen. Zum einen muss die Agenda für die neue Arbeitsgruppe der so genannten Durban Plattform (ADP) gefunden werden, die diese Vertragsverhandlungen führen soll. Ihre Hauptaufgabe ist es, mit allen großen Emittenten von Treibhausgasen neue Zusagen für den Klimaschutz ab 2020 - das Jahr, in dem das neue Abkommen in Kraft treten soll - auszuhandeln. Ferner soll sie auch für die Übergangsphase bis 2020 Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasen vereinbaren.

Zum anderen müssen sich die EU und weitere Staaten auf eine zweite Periode unter dem Kyoto-Protokoll einigen, in der sich die Industrieländer ab 2013 zu einer Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichten.

Darüber hinaus gibt es weiteren Klärungsbedarf über die künftigen internationalen Märkte für Emissionszertifikate, den Waldschutz und die Finanzierung der internationalen Klimapolitik nach 2013.

Die Verhandlungen über ein neues Klimaabkommen

Das bis 2015 zu verhandelnde Abkommen soll den internationalen Klimaschutz unter der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) ab 2020 neu regeln. In Durban ist hierzu vereinbart worden, die Logik der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten, wie sie im Kyoto-Protokoll umgesetzt wurde, zu beenden. Die großen Schwellenländer berufen sich auf diese Logik, um von den Industriestaaten eine Vorreiterrolle zu fordern, selbst aber keine Verpflichtungen eingehen zu müssen. Daher hat sich dieses Kernprinzip der Lastenverteilung zum Synonym für die bisherige Zweiteilung der Staatengemeinschaft entwickelt, unter der einige der größten Klimasünder keinen Klimaschutz betreiben müssen. Im Rahmen des neuen Abkommens müssten sich nun erstmals alle Emittenten von Treibhausgasen zu einer Reduktion verpflichten – allen voran die großen Verschmutzer der G20. Die Art der Beteiligung soll ebenfalls neu ausgehandelt werden. Ob feste Oberziele, flexible relative Ziele, freiwillige Zusagen, rechtlich verbindliche Ziele - alle Varianten werden zu diskutieren sein.

Zunächst aber fällt es den Beteiligten nicht leicht, Vertrauen in die neu eingerichtete ADP zu fassen. Insbesondere befürchten einige Staaten, dass die Verhandlungserfolge der letzten Jahre in einem neuen Prozess nicht genügend abgesichert werden. Um die Verhandlungen aber nicht mit Detailfragen zu überlasten, sollte die ADP in Doha durch die bestehenden Untergruppen und Ausschüsse (zum Beispiel zur Technologiekooperation, zur Anpassung an den Klimawandel oder zu Finanzierungsfragen) unterstützt werden. Nachdem bereits ein Jahr für die Diskussion über neue Prozesse ins Land gegangen ist, muss in Doha auch ein konkreter Zeitplan für die eigentlichen Verhandlungen mit Blick auf 2015 festgelegt werden.

Die Zeit bis 2020 muss für mehr Klimaschutz genutzt werden

In der ADP sollen auch Maßnahmen verhandelt werden, mit denen der Klimaschutz bis zum Jahr 2020 vorangebracht werden kann. Hierbei geht es vor allem um kurz- und mittelfristig wirksame Minderungen von Emissionen. Das Kyoto-Protokoll, das nur noch ca. 15 Prozent der globalen Emissionen erfasst, wird hierzu keinen Beitrag leisten. Vielmehr könnten einzelne Klimaschutzinitiativen auf bi- oder multilateraler Ebene Abhilfe schaffen. Es wäre sinnvoll, in besonders wichtigen Sektoren wie der Energieversorgung oder der Landnutzung Projekte auf den Weg zu bringen. Hier sind insbesondere die EU und Deutschland gefordert, ihre laufenden Maßnahmen einzubringen und auszweiten.

Eine zweite Kyoto-Periode

Die zweite Verpflichtungsperiode unter dem Kyoto-Protokoll ist vor allem von symbolischer Bedeutung. Denn der Kyoto-Klub besteht im Wesentlichen nur noch aus der EU, Australien, Norwegen und der Schweiz. Wichtige Länder wie Japan, Kanada und Russland haben sich zurückgezogen, die USA sind schon vor zehn Jahren ausgestiegen. Dennoch war eine zweite Periode die Bedingung der armen Entwicklungsländer und Inselstaaten im Jahr 2011, der sprachlich unpräzisen und in der Ausgestaltung gefährlich weich formulierten "Durban Plattform" zuzustimmen. Ihre Ansage war mehr als deutlich: keine Zustimmung zu einer neuen Verhandlungsgruppe (der ADP), wenn die verbliebenen Kyoto-Staaten nicht wenigstens in der Zeit zwischen 2013 und 2020 eine international verbindliche Zusage machen und damit ihrer historischen Verantwortung für die Erderwärmung gerecht werden.

Die Verabschiedung einer zweiten Kyoto-Periode ist wohl nicht grundsätzlich in Gefahr, auch wenn ihre Dauer, die rechtliche Kontinuität und die Verwendung verbleibender Emissionsrechte noch zu klären sind. Allerdings nutzen einige Staaten die Situation strategisch aus, um den gesamten UNFCCC-Prozess zu bremsen. Dies erhöht zusätzlich den Druck, in Doha zu einem Ergebnis zu kommen.

Um Ländern wie Indien, den USA oder China, die gerne bremsend eingreifen möchten, nicht zu viel Raum zu geben, mangelt es der EU allerdings an politischen Hebeln. Leider hat sie mit ihrem Einlenken im Streit um die Beteiligung der Luftfahrtunternehmen dieser Staaten am EU-Emissionshandel gerade einen Trumpf abgegeben.

Die Bedeutung der Doha-Runde

In  Doha ist nicht mit großen Durchbrüchen zu rechnen. Vielmehr müssen die Beteiligten erstens dafür sorgen, dass die zweite Periode unter dem Kyoto-Protokoll geklärt wird und kein Hindernis mehr für weiteres Verhandeln darstellt. Zweitens darf der Klimaschutz in den kommenden Jahren nicht einschlafen - eine Gefahr, die angesichts des langen Zeithorizonts für ein neues internationales Abkommen sehr groß ist. Hier sind die Vorreiterstaaten, zu denen Deutschland gehört, gefordert, zugkräftige Initiativen vorzuschlagen. Und nicht zuletzt bedarf die ADP der Stärkung: Themen müssen gesetzt und Zeitpläne formuliert werden, damit in den nächsten drei Jahren auch wirklich Textentwürfe entstehen, über die im Jahr 2015 entschieden werden kann.

Der Text ist auch auf EurActiv.de und Tagesspiegel.de erschienen.