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Vom Asien-Pazifik zum Indo‑Pazifik

Bedeutung, Umsetzung und Herausforderung

SWP-Studie 2020/S 09, 25.05.2020, 45 Seiten

doi:10.18449/2020S09

Forschungsgebiete

Dr. Felix Heiduk ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Asien.

Dr. Gudrun Wacker ist Senior Fellow in der Forschungs­gruppe Asien.

 Immer mehr Staaten und Regionalorganisationen verwenden den Begriff »Indo-Pazifik«. Er verdrängt zunehmend das bisher übliche Konstrukt »Asien-Pazifik«. In Europa hat bisher nur Frankreich eine eigene »Indo-Pazifik«-Konzeption vorgelegt.

 Hinter der Verwendung des Begriffs »Indo-Pazifik« verbergen sich unter­schiedliche, teilweise divergente Konzeptionen. Diesen liegen wiederum sehr verschiedene ordnungspolitische Vorstellungen zugrunde. Allen gemein ist der Verweis auf die Wichtigkeit einer regelbasierten inter­natio­nalen Ordnung.

 »Indo-Pazifik« ist ein politischer Begriff und daher weder allein beschreibend noch wertneutral. Insbeson­dere das Konzept des »Free and Open Indo-Pacific« der Trump-Administration zielt auf die Eindämmung Chinas ab und ist somit Ausdruck der wachsenden strategischen Rivalität zwischen Washington und Peking. In Peking wird »Indo-Pazifik« primär als gegen China gerichtete, US-geführte Eindämmungs­strategie verstanden.

 Andere Akteure, zum Beispiel die ASEAN oder Indien, betonen in ihren Indo-Pazifik-Konzeptionen Aspekte wie wirtschaftliche Prosperität, Konnektivität und multilaterale Kooperation.

 Die EU und ihre Mitgliedstaaten sehen sich verstärkt Druck aus Washington ausgesetzt, sich direkt oder indirekt zum »Indo-Pazifik« zu be­kennen – und damit aus Sicht der USA für Washington und gegen Peking. Bei ihren Überlegungen sollten sich die Europäer nicht auf diese Nullsummen-Logik einlassen.

 Der EU und ihren Mitgliedstaaten stehen drei idealtypische Handlungs­optionen offen: »Äquidistanz«, »Alignment« und »Autonomie«. Um sich für eine Option entscheiden zu können, müssen die Europäer ihre wirtschaft­lichen, sicherheitspolitischen und ordnungspolitischen Interessen in der Region klären und die not­wendigen Ressourcen zu ihrer Umsetzung bereitstellen.

Inhaltsverzeichnis

1 Problemstellung und Empfehlungen

2 »Indo-Pazifik«: Die Konstruktion einer Region

3 Der Indo-Pazifik: Entstehung, Zielsetzungen, Schwerpunkte und Ordnungsvorstellungen

3.1 Die »Free and Open Indo-Pacific«-Strategie der USA

3.1.1 Konzeption, Evolution und Ziele

3.1.2 Konkrete Initiativen und Umsetzung

3.1.3 Ordnungspolitische Vorstellungen

3.2 Der »Free and Open Indo-Pacific« Japans: Von der Strategie zur Vision

3.2.1 Konzeption, Evolution und Ziele

3.2.2 Konkrete Initiativen und Umsetzung

3.2.3 Ordnungspolitische Vorstellungen

3.3 Australien und der Indo-Pazifik als fester regionaler Bezugsrahmen

3.3.1 Konzeption, Evolution und Ziele

3.3.2 Konkrete Initiativen und Umsetzung

3.3.3 Ordnungspolitische Vorstellungen

3.4 Indiens »Act East«-Politik und der Indo‑Pazifik

3.4.1 Konzeption, Evolution und Ziele

3.4.2 Konkrete Initiativen und Umsetzung

3.4.3 Ordnungspolitische Vorstellungen

3.5 Der »ASEAN Outlook on the Indo-Pacific«

3.5.1 Konzeption, Evolution und Ziele

3.5.2 Ordnungspolitische Vorstellungen

3.6 Zwischenfazit

4 Chinas Reaktion auf den Indo‑Pazifik

4.1 Die Wahrnehmung des Indo-Pazifik in China

4.2 Chinesische Initiativen in Reaktion auf den Indo-Pazifik

4.3 Der Indo-Pazifik als Eindämmungsstrategie

5 Wo steht Europa mit Blick auf den Indo-Pazifik?

5.1 Die Indo-Pazifik-Konzeption Frankreichs

5.2 Initiativen Frankreichs und anderer europäischer Staaten

6 Schlussfolgerungen und Empfehlungen: Wie sollten EU und Mitgliedstaaten mit dem »Indo-Pazifik« umgehen?

7 Abkürzungen

8 Literaturhinweise

Problemstellung und Empfehlungen

In Asien sind in den letzten Jahren konkurrierende Ordnungsvorstellungen für die Region entstanden, die multiples Konfliktpotential bergen. Fast 70 Jahre lang war das vielfach als »Pax Americana« bezeich­nete, von den USA dominierte Ordnungssystem im asiatisch-pazifischen Raum nicht in Frage gestellt worden. Dies hat sich in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts gewandelt. Im Kontext des Aufstiegs Chinas zur größten Volkswirtschaft der Welt, der auch in politischer und militärischer Hinsicht die regionale Machtbalance verändert hat, hat Peking eigene ordnungspolitische Ideen und Initiativen lanciert. Dahinter steht der zunehmende Anspruch Pekings, die regionale (und internationale) Ordnung gemäß den eigenen Interessen mit- bzw. umzugestalten. Die chinesische »Belt and Road«-Initiative (BRI) ist unmittelbarer Ausdruck dieses Anspruchs.

Als Reaktion hierauf hat eine Reihe von Staaten in den letzten Jahren unter dem Label »Indo-Pazifik« Gegenentwürfe entwickelt. Allen voran haben die USA unter Präsident Donald Trump mit dem strate­gischen Konzept des »Free and Open Indo-Pacific« (FOIP) versucht, auf die chinesische Herausforderung direkt zu antworten, indem sie den FOIP als Gegenentwurf zu einer sino-zentrischen Neu- bzw. Um­ordnung der Region präsentiert haben. Daneben haben auch Japan, Australien, Indien sowie die süd­ostasiatische Staatengemeinschaft Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) eigene Konzeptionen des »Indo-Pazifik« vorgelegt. Frankreich hat als einziges Mitgliedsland der Europäischen Union (EU) den Begriff »Indo-Pazifik« übernommen und eine entsprechende Strategie entworfen; sie leitet sich hauptsächlich aus dem Schutz nationaler Interessen in den eigenen Territorien in der Region her. China hingegen lehnt das Konzept »Indo-Pazifik« und vor allem den FOIP als eine gegen Peking gerichtete Eindämmungsstrategie ab.

Besonders von Seiten der USA wächst der Druck auf Staaten in und außerhalb der Region, inklusive auf Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten, sich zum Konzept des »Indo-Pazifik« direkt oder indirekt zu bekennen.

Die vorliegende Analyse zeigt, dass es bisher kein einheitliches Indo-Pazifik-Konzept gibt. Vielmehr verbergen sich hinter der Verwendung des Begriffs durch die USA, Japan, Australien, Indien und die ASEAN sehr unterschiedliche, teilweise divergente Konzeptionen, denen wiederum sehr verschiedene ordnungspolitische Vorstellungen zugrunde liegen. Divergenzen betreffen unter anderem a) die Aus­dehnung des Indo-Pazifik als geographischer Raum, b) die mit dem jeweiligen Konzept verbundenen Zielsetzungen, c) die Schwerpunktsetzung bzw. Gewichtung unterschiedlicher Politikfelder innerhalb der jeweiligen Konzeption, d) die Frage nach der Inklusion oder Exklusion Chinas und e) den Stellenwert von bi-, mini- und multilateralen Ansätzen in der Handels- und der Sicherheitspolitik. Und während vor allem die USA sich mit dem FOIP politikfeldübergreifend offen gegen China positionieren, suchen Staaten wie Japan oder Australien kein umfassendes »decoupling« von China, insbesondere nicht wirtschaftlich.

Weiterhin macht die Analyse deutlich, dass keine der bis dato vorliegenden Indo-Pazifik-Konzeptionen neue ord­nungspolitische Ideen dafür bietet, wie man mit dem Aufstieg Chinas umgehen kann, der viele Politikbereiche berührt. Der FOIP der Trump-Adminis­t­ration etwa, aber nicht nur dieser, sieht bislang für eine derart multidimensionale Heraus­forderung in erster Linie sicherheitspolitische Antworten vor.

Zudem scheint Washington zurzeit kaum bereit, auf eine stärker multilateral ausgerichtete bzw. in­klusivere Konzeption des Indo-Pazifik einzugehen. Im Gegenteil: Aus Sicht der US-Regierung stellen sich die geopolitischen Veränderungen in Asien als Null­summenspiel dar, in dem sich die »Freunde« der USA »entscheiden« sollten, ob sie mit China oder den USA zusammenarbeiten wollen. So drückte es Verteidigungsminister Mark Esper auf der Münchner Sicher­heitskonferenz aus.

Vor diesem Hintergrund wird in Europa vielerorts diskutiert, ob und wie man sich in der Debatte über eine Indo-Pazifik-Strategie positionieren bzw. ver­hal­ten sollte. Deutsche wie europäische Entscheidungs­träger und ‑trägerinnen sind gut beraten, sich mit den existierenden Konzeptionen intensiv aus­einander­zusetzen, Konvergenzen und Divergenzen im Hin­blick auf die eigenen Interessen zu identifizieren und die jeweilige Tragweite der unterschiedlichen Indo-Pazifik-Konzeptionen realistisch einzuschätzen.

Bisher werden einige Fragen bzw. Herausforderungen in der europäischen Debatte nur unzureichend reflektiert: Kann der Begriff »Indo-Pazifik« in einer weniger versicherheitlichten und weniger geopolitisierten Form verwendet werden? (Er könnte zum Beispiel zunächst als (wirtschafts-)geographische Bezeichnung dienen, die eine ökonomische Schwerpunktverlagerung und die gewachsene Bedeutung des Indischen Ozeans und Indiens adäquater beschreibt als das bislang übliche Konstrukt »Asien-Pazifik«. Diese Verwendung wäre auch für die Europäer akzep­tabel.) Sind Synergieeffekte im Zusammenspiel mit bereits existierenden Indo-Pazifik-Konzeptionen denkbar? Welche konkreten Ziel- und Schwerpunktsetzungen, inklusive des Stellenwertes von bi-, mini- und multilateralen Ansätzen, sollte die EU verfolgen? Auch die Frage nach der Inklusion oder Exklusion Chinas in das Indo-Pazifik-Konzept wird bisher in Europa kaum erörtert.

Bei ihren Überlegungen sollten sich die EU und ihre Mitgliedstaaten indes nicht auf die derzeit vor­herrschende Nullsummen-Logik einlassen. Ideal­typisch gibt es drei mögliche Herangehensweisen:

  1. »Äquidistanz«: Man entscheidet sich bewusst und offen für die Beibehaltung des Begriffs »Asien-Pazifik« und verwendet das Konstrukt »Indo-Pazi­fik« selbst nicht.

  2. »Alignment«: Man übernimmt eine der schon existierenden Interpretationen des »Indo-Pazifik« und internalisiert sie. Aus deutscher bzw. europäischer Sicht wäre hierfür die Übernahme der französischen Konzeption naheliegend.

  3. »Autonomie«: Man definiert ein eigenes europäisches Verständnis des »Indo-Pazifik« auf der Basis der eigenen Normen und Werte, wobei man sich auf die bereits auf europäischer Ebene entwickelten Ideen und Ansätze bezieht.

Fast wichtiger allerdings als die Entscheidung für eine der drei Herangehensweisen ist eine klare Definition der wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und ord­nungspolitischen Interessen der Europäer in der Region. Dazu gehört auch die Bereitstellung der dafür notwendigen Ressourcen. Nur wenn Letzteres gege­ben ist, kann Europa glaubwürdig in der Region auf­treten – einschließlich gegenüber China.

»Indo-Pazifik«: Die Konstruktion einer Region

Der »Indo-Pazifik« bzw. die »indopazifische Region« erfreut sich seit über 10 Jahren als geographisches wie strategisches Konstrukt wachsender Popularität im außen- und sicherheitspolitischen Diskurs in Japan, den USA, Australien, Indien, Frankreich und einigen südostasiatischen Staaten. »Indo-Pazifik« gilt vielen als neuer geographischer wie strategischer Bezugsrahmen, der das bisher dominierende Kon­strukt »Asien-Pazifik« zumindest in Teilen verdrängt hat.

Der Begriff hat Eingang gefunden in offizielle Doku­mente wie nationale Sicherheitsstrategien oder Ver­tei­di­gungsweißbücher sowie in die Rhetorik der Eliten. Immer öfter wird er auch in Think-Tanks und akade­mischen Einrichtungen diskutiert. Dadurch ist er zu einer Art »geopolitischer Nomenklatur«1 geworden.

Obwohl jedes Land ein eigenes Verständnis des Konzeptes hat, sowohl was die geographische Ausdeh­nung des indopazifischen Raumes betrifft als auch seine strategische Ausrichtung und seine wesent­lichen Attribute, gibt es einen gemeinsamen Nenner: Die beiden Ozeane, Indischer Ozean und Pazifik, sind als ein zusammenhängender Raum zu betrachten. Diese Annahme stützt sich darauf, dass der über­wiegende Anteil der weltweiten Warenströme, aber auch Energielieferungen, über die Seewege dieser beiden Meere transportiert wird. Darüber hinaus ist der Indo-Pazifik zurzeit der Schauplatz der zunehmenden Rivalität zwischen den USA und China in Asien. Demgemäß hat er geopolitisch und geo­ökonomisch in den letzten beiden Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Mehr noch, viele Akteure Asiens verstehen ihn nicht nur als »rein« geographisches Konstrukt, sondern als ordnungspolitischen Gegenentwurf zur chinesischen »Belt and Road«-Initiative (BRI) (siehe blauen Kasten auf Seite 8). Geopolitische und geoökonomische Aspekte werden so im Indo-Pazifik eng miteinander verzahnt.

Der Indo-Pazifik ist eng verknüpft mit unterschiedlichen Aspekten der sino-amerikanischen Rivalität.

Diese Verschränkung vollzieht sich im Kontext der Rivalität zwischen den USA und China. In den letzten zwei Jahren ist diese zu einem Leitparadigma der internationalen Beziehungen geworden, insbesondere in Asien. Sie prägt strategische Debatten ebenso wie reale politi­sche, militärische und wirtschaftliche Dynamiken. Die sino-amerikanische Konkurrenz um Macht und Status umfasst verschiedene Dimensionen. Dazu gehören zunächst militärische Bedrohungswahrnehmungen, Konflikte in der Handelspolitik, politisch-ideologische Aspekte und ordnungspolitische Fragen. Die Rivalität macht jedoch auch nicht halt vor der Technologiepolitik oder dem Thema Konnektivität, zum Beispiel in Bezug auf Infrastruktur­politik. Zunehmend werden daher Technologie­entwicklung und ‑nutzung sowie Infrastruktur als Bestandteil des Wettbewerbs zwischen den USA und China verstanden.2 Der Indo-Pazifik ist also in vielerlei Hinsicht eng verknüpft mit unterschiedlichsten Aspekten der sino-amerika­nischen Rivalität.

Nicht alle Staaten inner- und außerhalb der Region haben sich dem Konzept des Indo-Pazifik als neuem regionalem Bezugsrahmen verschrieben: allen voran China nicht, das den Indo-Pazifik primär als eine gegen sich selbst gerichtete Strategie der USA inter­pretiert. In manchen südostasiatischen Staaten herrscht ebenfalls Skepsis bzw. wird Kritik geäußert; zum einen weil das Konzept die Zentralität der ASEAN in Frage stellt, zum anderen weil sein Schwer­punkt, vor allem in der Ausformulierung der USA, auf der Sicherheitspolitik liegt, namentlich auf der Eindämmung Chinas. Dabei komme unter anderem die Dimension der wirtschaftlichen Prosperität der Gesamtregion zu kurz. Auch Staaten wie Südkorea oder Kanada verwenden den Begriff bisher nicht. Von den Mitgliedstaaten der EU hat ihn sich bis heute nur Frankreich zu eigen gemacht und eine Indo-Pazifik-Strategie vorgelegt.3

Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass die (unterschiedlichen) Vorstellungen des Indo-Pazifik als geographisch wie strategisch verstandener Raum auf jeweils spezifischen politischen Intentionen und Inter­essen basieren. Der Begriff »Indo-Pazifik« selbst, wie auch seine Verwendung, ist deshalb niemals nur beschreibend oder gar wertneutral. Vielmehr sind die mit ihm assoziierten oder aktiv vorgenommenen Grenzziehungen, Ein- und Ausschlussmechanismen sowie die Zuschreibung bestimmter Attribute immer politischer Natur.4

Hintergrund: Die »Belt and Road«-Initiative (BRI)

 Chinas Staatspräsident und Parteichef Xi Jinping hat die BRI 2013 unter der ursprünglichen Bezeichnung »One Belt, One Road« (OBOR) angekündigt, erst in Kasachstan (September), dann in Indonesien (Oktober). Er stellte eine große Infrastruktur-Initiative zur Verbindung Chinas / Asiens mit Europa unter Einbeziehung Afrikas (»neue Seidenstraßen«) in Aussicht. Das Konzept blieb zunächst vage und nahm erst im Laufe der folgenden Jahre Gestalt an.

 Das offizielle Dokument Visions and Actions stellte 2015 fol­gende Säulen von OBOR vor: Koordination auf politischer Ebene, Konnektivität von Einrichtungen (Infrastruktur und Stand­ards), Handelskonnektivität, finanzielle Integration und Verbindungen auf menschlicher Ebene (»people-to-people«). 2017 wurde die BRI im Statut der Kommunisti­schen Partei Chinas festgeschrieben, Xi Jinping lud zum ersten Seidenstraßen- oder »Belt and Road«-Gipfel in Peking ein. 2019 folgte ein zweites Gipfeltreffen.

 Die Mitte 2016 erfolgte Umbenennung der englischen Bezeichnung in BRI sollte signalisieren, dass es sich »nur«

um eine Initiative handelt, gleichzeitig nicht nur um eine Straße und einen Gürtel, sondern um ein globales Netz­werk. Die BRI wurde der Rahmen für bereits zuvor exis­tierende Projekte, z. B. Wirtschaftskorridore. Neue Dimensionen wie die digitale, die arktische oder die »grüne« Seidenstraße sind hinzugekommen.

 Bei der BRI handelt es sich um ein multidimensionales globales Projekt China-zentrierter Konnektivität und Netzwerkbildung. Die konkreten Vorhaben werden über­wiegend mit chinesischen Krediten finanziert und meist auch von chinesischen Firmen realisiert. Während China die BRI mit Attributen wie »offen«, »inklusive« und »win-win«-Kooperation beschreibt, kritisieren ausländische Beobachter vor allem die Intransparenz der Abkommen zwischen China und den BRI-Partnerländern, die Ver­schuldung und damit Abhängigkeit dieser Partner von China. Insbesondere der Westen sieht die BRI als wesentlichen Teil des chinesischen Versuchs, eine Alternative zur bestehenden internationalen Ordnung zu schaffen.

Literatur:

Nadine Godehardt, No End of History. A Chinese Alternative Concept of International Order?, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Poli­tik, Januar 2016 (SWP Research Paper 2/2016).

Paul Joscha Kohlenberg / Nadine Godehardt, Chinas globale Konnektivitätspolitik. Zum selbstbewussten Umgang mit chinesischen Initiativen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, März 2018 (SWP-Aktuell 18/2018).

Colin Flint / Cuiping Zhu, »The Geopolitics of Connectivity, Cooperation, and Hegemonic Competition: The Belt and Road Initiative«, in: Geoforum, 99 (Februar 2019), S. 95–101.

European Union Chamber of Commerce in China, The Road Less Travelled. European Involvement in China’s Belt and Road Initiative, 2020 (online, Zugriff am 28.4.2020).

Die Karte auf Seite 10 zeigt die Raumverständnisse des Indo-Pazifik der USA, Japans, Australiens und Indiens, die Karte auf Seite 39 das Raumverständnis Frankreichs.

Diese Studie untersucht im ersten Teil mittels einer vergleichenden Fallanalyse die unterschiedlichen Kon­zeptionen und Implementationen des Indo-Pazifik in den USA, Japan, Australien, Indien und der ASEAN. Zwar sind bereits einige Sammlungen von Artikeln erschienen, die den Indo-Pazifik aus der Perspektive verschiedener Staaten beleuchten,5 doch ein syste­matischer Vergleich auf Basis eines einheitlichen Analyserasters wird hier erstmals vorgestellt. Fol­gen­de Leitfragen liegen den Fallanalysen zugrunde:

  1. Wie hat sich die Begriffsgenese vollzogen, wie und von wem wird der Begriff »Indo-Pazifik« aktuell verwendet?

  2. Welche Ziele und Schwerpunktsetzungen lassen die Konzeptionen erkennen?

  3. Welche Initiativen wurden bislang unter dem Label »Indo-Pazifik« lanciert?

  4. Welche ordnungspolitischen Vorstellungen wer­den mit dem »Indo-Pazifik« verbunden? Wird er als ein neues, alternatives Ordnungsmodell für die Region verstanden?

Im zweiten Schritt fragt die Studie nach den Reaktionen Chinas auf das Konzept »Indo-Pazifik«. Im An­schluss analysiert sie die Antwort der EU und ihrer Mitgliedstaaten, geht der Frage nach, welche Aus­wirkungen für die deutsche und europäische Außen­politik zu erwarten sind und welche Herausforde­rungen sich aus den unterschiedlichen Indo-Pazifik-Konzeptionen ergeben. Abschließend werden drei Optionen dargelegt, wie die EU und ihre Mitglieder idealtypisch mit diesem Konstrukt umgehen könnten.

Karte 1

Der Indo-Pazifik: Entstehung, Zielsetzungen, Schwerpunkte und Ordnungsvorstellungen

Die »Free and Open Indo-Pacific«-Strategie der USA

Die »Vision« eines Free and Open Indo-Pacific (FOIP) hat Präsident Donald Trump erstmals im November 2017 auf dem Gipfel der Asia-Pacific Economic Co­operation (APEC) in Hanoi vorgestellt.6 Eine strategische Verbindung von Indischem und Pazifischem Ozean als »Indo-Pacific« war bereits unter Präsident Barack Obama erfolgt und umfasste neben dem politischen und militärischen »pivot to Asia« auch Ideen zu einem Indo-Pacific Economic Corridor (IPEC).7 Im Unterschied zur Regierungszeit Obamas bildet jedoch der »indopazifische Raum« den zent­ralen außen- und wirtschaftspolitischen Schauplatz der Trump-Administration für die Auseinander­setzung mit China. Vizepräsident Mike Pence prangerte in einer viel beachteten Rede 2018 Chinas Verhalten an: unter anderem seine wiederholten Einmischungen in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten, inklusive der USA, und seine aggres­sive Politik im Südchinesischen Meer.8 Und der damalige US-Außenminister Rex Tillerson beschrieb als wesentliche Herausforderung Washingtons den »verantwortungslosen« Umgang eines immer stärker werdenden Chinas mit internationalen Normen sowie Pekings gezielte Unterminierung der »regelbasierten internationalen Ordnung«.9

Trump sucht mittels des FOIP eine Neuausrichtung gegenüber China umzusetzen. Als Grund(lage) dafür dient ihm seine Kritik an der Asienpolitik der Vor­gänger­regierung, die in seiner Wahrnehmung zwar zunächst einen »Asia pivot« und später eine Gewichts­verlagerung (»rebalancing«) auf die Region ange­kündigt, aber nie vollständig implementiert hat.10 »Freunde« der USA sollten sich nun zwischen den Systemen der USA und Chinas »entscheiden«, wenn sie sich überlegen, mit wem sie zusammenarbeiten wollen, wie es Verteidigungsminister Mark Esper auf der Münchner Sicherheitskonferenz ausdrückte.11

Seit Ende 2017 ist der Begriff »FOIP« in offiziellen Dokumenten, zum Beispiel der nationalen Sicherheitsstrategie des Weißen Hauses, verankert worden (siehe Zeitstrahl auf Seite 12) und wird seit 2018 als »whole of government«-Ansatz bezeichnet. Das Weiße Haus sowie unter anderem das amerikanische Ver­teidigungs-, Außen- und Handelsministerium haben

 Zeitstrahl

diesbezüglich entweder eigene Strategiepapiere ver­öffentlicht oder deren Repräsentanten haben sich zumindest öffentlich auf den FOIP bezogen. Obschon es bisher kein zentrales Regie­rungsdokument gibt, das die FOIP-Strategie der Trump-Regierung ausführlich darlegt, besteht über unterschiedliche Ministerien hinweg Kohärenz, wenn es um die maßgeblichen Ziele des FOIP geht, insbesondere die Eindämmung Chinas. Diese sollen auf der Basis von vier Prinzipien erreicht werden: Respekt vor der Souveränität und Unabhängigkeit aller Staaten, friedliche Konflikt­beilegung, freier Handel und Achtung internatio­nalen Rechts.12

Konzeption, Evolution und Ziele

Der Indo-Pazifik wird in den offiziellen Dokumenten dargestellt als der für die globalen Interessen der USA zentrale geopolitische und geoökonomische Raum. Seine geographischen Grenzen werden hierbei aller­dings nicht präzise benannt. Er erstreckt sich quer über den gesamten Indischen Ozean über US-Übersee­territorien wie Guam und American Samoa im West­pazifik bis hin zu US-Bundesstaaten wie Hawaii oder Kalifornien und bezieht alle an diese beiden Ozeane angrenzenden Nationen ein.13

Die Frage, ob China Teil des FOIP ist bzw. sein könnte, wird in den offiziellen Verlautbarungen zum Indo-Pazifik bis zur zweiten Jahreshälfte 2019 weder explizit verneint noch bejaht. Parallel dazu veröffentlichte allgemeinere Strategiepapiere, etwa die National Security Strategy (NSS), bezeichnen China jedoch klar als Kontrahenten, der auf die Unterminierung der regelbasierten internationalen Ordnung abziele.14 Das amerikanische Außenministerium hat Ende 2019 indes klargestellt, dass (zumindest theoretisch) die US-Vision des FOIP keine Nation ausschließt.15 Und Verteidigungsminister Esper wurde in einer Rede in Hanoi noch deutlicher, indem er den inklusiven Charakter des FOIP herausstellte, der sich »an alle Nationen, inklusive China« richte.16 Am Ende seiner Rede hob er dann aber hervor, China werde mit seiner derzeitigen Verfassung und außenpolitischen Zielrichtung in erster Linie als Gegner und Konkurrent gesehen, was den von Washington favorisierten Ordnungsentwurf für die Region angeht.

Die Entwicklung des FOIP seit 2017 fußt vor allem auf der Festschreibung von Normen und Prinzipien. Anfangs bezogen sie sich hauptsächlich auf die öko­nomische Interaktion zwischen den USA und den Staaten der Region, allen voran China. Trump unter­strich die Notwendigkeit, »faire«, »reziproke« Handels­beziehungen zu etablieren. Diese sollten auf Prinzi­pien wie dem Respekt der Rechte des geistigen Eigen­tums, freiem Handel, dem Schutz von Privateigentum sowie fairem Wettbewerb und offenen Märkten be­ruhen.17 Die Achtung dieser Prinzipien umschrieb Trump in Da Nang 2017 mit »nach den Regeln spielen«.

Mittlerweile sind weitere, über die wirtschaftliche Zusammenarbeit hinausgehende Prinzipien hinzu­gekommen, die in der Lesart Washingtons das Fun­dament der heute existierenden internationalen Ord­nung bilden: Respekt für die Souveränität und Un­abhängigkeit aller Staaten, friedliche Konfliktlösung, Achtung internationaler Regeln, inklusive Freiheit der Luft- und Schifffahrt.18 Der Fortbestand der inter­nationalen Ordnung ist nach Meinung Washingtons zurzeit durch illiberale, autoritäre Gegenentwürfe bedroht.

Das »Free« in »FOIP« steht im internationalen Be­reich für die Freiheit aller Staaten, in der Ausübung ihrer Souveränität nicht durch andere Staaten ein­geschränkt zu werden. Auf nationaler Ebene ent­spricht dies Good Governance und der Garantie der Menschen- und Bürgerrechte. »Open« wird interpretiert als freier Zugang zu internationalen Gewässern, Lufträumen und digitalen Räumen, darüber hinaus als offener Zugang zu Märkten und als fairer, rezi­proker Handel.19 Auch das Prinzip der Offenheit unterminiert China aus US-Perspektive immer mehr, unter anderem durch seine Militarisierung künst­licher Inseln im Südchinesischen Meer.20

Die FOIP-relevanten Dokumente betonen die Wich­tigkeit von Investitionen für die Region, ins­besondere im Bereich Infrastruktur, und streben für die USA eine stärkere Rolle im Infrastrukturinvestment an. Auf diese Weise wollen die USA eine Alter­native zu »staatlich gelenkten«, sprich chinesischen Investitionen anbieten.21 Diese Dokumente lassen somit wenig Zweifel daran, dass die wesentliche Stoßrichtung des FOIP eine Reaktion auf das Verhal­ten Chinas ist, das aus Sicht Washingtons zunehmend »aggressiv« auf­tritt und die regelbasierte internatio­nale Ordnung »unterminiert«. Namentlich das FOIP-Papier des Pen­tagon verwendet weitaus mehr Seiten für die Dar­stellung Chinas als »revisionistische Macht«, als es für die Darlegung der eigentlichen US-Ziele und der US-Strategie im Zusammenhang mit dem FOIP benötigt.

Die Schwerpunkte des US-amerikanischen FOIP liegen bislang in den Politikfeldern Sicherheit und Verteidigung.

Ob der Dominanz des Pentagon in der Debatte um den FOIP ist es nicht verwunderlich, dass die Schwer­punkte des FOIP bislang vor allem in den Politik­feldern Sicherheit und Verteidigung liegen. Das Verteidigungsministerium fokussiert hierbei die drei Dimensionen Einsatzbereitschaft, Partnerschaften und Förderung einer vernetzten Region. Unter »Einsatzbereitschaft« wird generell eine umfassende Modernisierung der US-Streitkräfte verstanden. Diese ist laut Pentagon notwendig, um den US-Einfluss in der Region nachhaltig abzusichern. Dahinter steht die Annahme, dass zukünftige Konflikt- und Kriegsszenarien dort stattfinden werden, wo »konkurrierende Mächte« ihre Einflussbereiche zuungunsten der USA mit militärischer Macht ausweiten wollen. Um auf derartige Szenarien schnell reagieren zu können, soll in enger Zusammenarbeit mit Partnern wie Japan und Australien der Ausbau militärischer Kapazitäten vorangetrieben werden.

Unter »Partnerschaften« fällt primär die Stärkung des existierenden Systems bilateraler Militärallianzen mit asiatischen Staaten wie Japan oder Südkorea, aber auch der Ausbau dieses Systems durch vertiefte Kooperation mit etablierten Partnern wie Singapur, Taiwan, Neuseeland und der Mongolei. Für Südasien wird neben einer »bedeutenden Verteidigungspartnerschaft« mit Indien die Intensivierung der Zusammenarbeit mit Sri Lanka, den Malediven, Bangladesch und Nepal angestrebt. Das Gleiche gilt für die südost­asiatischen Staaten Vietnam, Indonesien, Malaysia, Kambodscha, Laos, Brunei Darussalam sowie für die westpazifischen Inselstaaten. Als Hauptinstrument zur Festigung bestehender und zur Etablierung neuer Partnerschaften sind Rüstungsverkäufe (Foreign Military Sales) vorgesehen. Außer dem Verkauf von US-Militär­technologie an Partner werden Militär­hilfen, Ausbildungsprogramme für (ausländische) Mili­tärs in den USA und gemeinsame Manöver aufgelistet.22 Jedoch werden in diesem Zusammenhang auch Staaten wie Kambodscha, Laos oder einige pazifische Inselstaaten genannt, mit denen bisher noch gar keine aktive militärische Kooperation besteht oder die, wie Kambodscha 2017, die militärische Kooperation mit den USA unilateral beendet haben.23

In den Jahren 2017 und 2018 wurde vor allem aus Südostasien immer wieder Kritik laut, weil der FOIP (bis dahin) auf bilateralen Allianzen basierte. 2019 reagierten die USA darauf durch den Punkt »Förderung einer vernetzten Region«: Tri- und multilaterale Engagements sollen ausgebaut und eine den Indo-Pazifik umspannende »vernetzte Sicherheitsarchitektur« errichtet werden. ASEAN soll im Zentrum dieser multilateralen Dimension stehen,24 wobei auf etab­lierte multilaterale Foren wie das ASEAN Regional Forum (ARF) und den East Asia Summit (EAS) zurück­gegriffen wird. Offenbar sind unter dem Label »FOIP« keine neuen multilateralen Initiativen in der Sicher­heitspolitik geplant.25 Vielmehr werden bereits existierende multilaterale Initiativen, wie die Lower Mekong Initiative (LMI), quasi nachträglich, unter dem FOIP-Label subsumiert.26

Ein weiterer Schwerpunkt des FOIP liegt auf der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den Ländern der Region und dem Infrastrukturausbau in der Region. Der FOIP-Report des State Department räumt diesem Aspekt den größten Anteil ein. Auch hier findet sich eine Mischung aus bereits bestehenden Maßnahmen, nachträglich unter dem FOIP-Schirm zusammengefasst, und neuen Initiativen.

Inhaltlich weitaus schwächer ausgearbeitet erscheinen die Prinzipien Good Governance und Handel. Dem Bereich Good Governance widmet selbst der Bericht des Außenministeriums lediglich eine Seite. Hervorgehoben wird die Indo-Pacific Transparency Initiative (IPTI), die die Korruptionsbekämpfung in der Region unterstützt, aber auch auf Demokratie­förderung, Jugendförderung und Pressefreiheit abzielt und die diese Anliegen seit 2018 mit über 600 Millio­nen US-Dollar gefördert hat. Unter dem Label »Good Governance« wird zudem die humanitäre Hilfe für die Rohingya angeführt und die US-Unterstützung Myanmars bei der Durchführung freier und fairer Wahlen 2020. Darüber hinaus listet dieser Abschnitt jedoch im Wesentlichen die autoritären Verfeh­lungen Chinas auf und beschränkt sich auf die Pro­klamation vermeintlich universeller Normen wie offener Gesellschaften (»open societies«) und offener Märkte (»open markets«).27

Die Umsetzung von »America first« hat handelspolitisch vielfach zu Konflikten mit Ländern der Region geführt.

Der Bereich Handel ist der in seiner Außenwirkung potentiell problematischste Teil des FOIP. Die Ziel­vorgabe des »freien, fairen und reziproken Handels« unterstreicht gegenüber Partnern in Asien in erster Linie das Verständnis von Handelspolitik der Trump-Administration, das unmittelbare Gegenleistungen verlangt und vom Grundsatz »America first« geleitet ist. Der Schwerpunkt entsprechender Initiativen im Rahmen des FOIP liegt folglich auf dem »Einsatz neuer und innovativer Mechanismen zur Verbesserung des Marktzugangs und für faire Wettbewerbs­bedingungen für US-Unternehmen«. Hierbei sollen unter anderem Anreize für private US-Unternehmen geschaffen werden, um stärker in den Schwellen­ländern der Region zu investieren. Konkret erwähnt werden lediglich das Handelsabkommen zwischen den USA und Japan sowie die Neuverhandlung des Freihandelsabkommens zwischen Südkorea und den USA.28 Entgegen vielerorts gehegter Erwartungen gelang es bisher nicht, ein Freihandelsabkommen zwischen den USA und Indien abzuschließen. Aus dem multilateralen Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership (TPP) haben sich die USA bereits kurz nach dem Amtsantritt Trumps zurückgezogen.

So hat die Umsetzung von »America first« handelspolitisch vielfach eher zu Konflikten mit Ländern in der Region geführt, als dass sie die Staaten Asiens handelspolitisch enger an die USA gebunden hätte. Ideen für eine regionale, über bilaterale Abkommen hinausgehende Handelsstrategie finden sich in den FOIP-Dokumenten nicht.

Konkrete Initiativen und Umsetzung

Die Analyse des politischen Kontextes wie auch der erklärten Ziele des FOIP hat deutlich gemacht, dass es sich beim FOIP in erster Linie um eine Reaktion auf Chinas BRI (siehe blauen Kasten auf Seite 8) handelt. Diese chinesische Initiative umfasst laut Schätzungen derzeit ein Gesamtvolumen von über einer Trillion US-Dollar und mehr als 2200 Projekte in 87 Ländern. Sie hat Peking vor allem in der Entwicklungszusammenarbeit als zentralen Akteur in Asien etabliert.

Darauf versucht der FOIP über eine Reihe unterschiedlicher Initiativen zu antworten. Partner dafür finden sich vornehmlich unter US-Alliierten und nachgeordnet unter den »strategischen Partnern« der USA in Asien. Im sicherheitspolitischen Bereich wurden US-Rüstungsexporte in Partnerländer aus­gebaut, beispielsweise der Export von F‑18- und F‑16-Kampfflugzeugen nach Indien.29 Um für künftige Konfliktszenarien gewappnet zu sein, soll in Zu­sammenarbeit mit Japan und Australien der Ankauf neuer Luft-Luft-Raketen, Luft-Boden-Raketen, Anti-U‑Boot-Abwehrsysteme, Raketenabwehrsysteme sowie Kampf­jets vorangetrieben werden. Zusätzlich zu den bereits existierenden US-Militärbasen in der Region soll in Kooperation mit Papua-Neuguinea und Australien der Lombrum-Marinestützpunkt auf der Insel Manus ausgebaut werden.30

Kooperationen im Sicherheits- und Verteidigungssektor sind intensiviert worden. Ein Beispiel hierfür ist die seit 2018 erfolgende Ausbildung sri-lankischer Sicherheitskräfte durch FBI-Experten in der Terrorismusbekämpfung. Zudem werden bereits bestehende Kooperationsformen nunmehr als FOIP-Initiativen deklariert, etwa das jährlich vor der Küste Indiens stattfindende »Malabar«-Manöver, an dem seit 2015 amerikanische, indische und japanische Marine­einheiten teilnehmen, oder die jährlich abgehaltene »Chiefs of Defense Conference«, seit 2019 umbenannt in »Indo-Pacific Chiefs of Defense Conference«. Im Kontext der FOIP-Politik wurde darüber hinaus der Quadrilateral Security Dialogue (Quad) mit Japan, Indien und Australien wiederbelebt, der auf institu­tioneller Ebene als Herzstück des FOIP angesehen werden kann und 2019 auf Ministerebene aufge­wertet wurde. Schließlich haben die USA ihre Free­dom of Navigation Operations (FONOPs) im Süd­chinesischen Meer verstärkt durchgeführt.

Wenngleich die ASEAN und ihr anhängende multilaterale Foren wie ARF und EAS als institutionelles Kernstück eines FOIP beschrieben wurden, so sind entsprechende US-Initiativen dennoch ausgeblieben. Nicht nur das: Die Trump-Administration brüskierte 2019 viele ihrer Partner in Südostasien dadurch, dass sie zum EAS-Gipfel, der auf der Ebene der Staatsoberhäupter angesiedelt ist, lediglich den amerikanischen nationalen Sicherheitsberater entsandte – nicht einmal ein Kabinettsmitglied.

Auch in der Entwicklungszusammenarbeit wurden im Kontext des FOIP neue Initiativen lanciert. Auf Gesetzesebene wurden mit dem Better Utilization of Investments Leading to Development Act (BUILD Act) und dem Asia Reassurance Initiative Act (ARIA) zwei Initiativen verabschiedet, die die Rolle der USA als Geberland in Asien festigen sollen, vor allem mit Blick auf China. Der BUILD Act sieht die Errichtung der US International Development Finance Corporation (IDFC) vor. Sie soll die Kreditvergabe an Entwicklungsländer insbesondere in Asien und Afrika nicht nur besser koordinieren, sondern auch Alternativen zu »›staatlich gelenkten Initiativen mit verborgenen Verpflichtungen‹« bereitstellen.31 Weiterhin soll mit dem »Blue Dot Network« gemeinsam mit Australien und Japan ein Netzwerk zur Zertifizierung eben solcher qualitativ hochwertiger, transparenter Infra­strukturprojekte als Alternative zu chinesischen Investments aufgebaut werden.

Die verfügbare Obergrenze für das IDFC von 60 Milliarden US-Dollar erscheint jedoch im Vergleich zur BRI als Tropfen auf den heißen Stein.32 Der Ende 2018 verabschiedete ARIA ermöglicht der Regierung zusätzliche Ausgaben in Höhe von jährlich bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar, um eine Reihe von Zielen umzusetzen, die mit dem FOIP-Konzept verknüpft sind, etwa den Ausbau der Verteidigungskapazitäten von US-Partnern oder die Demokratieförderung.33 Hinzu kommen weitere Initiativen wie Enhancing Development and Growth through Energy (Asia EDGE) oder das Indo-Pacific Business Forum (IPBF). Ihr Ziel ist, die Rolle von US-Investoren in der Region in geopolitisch als wichtig erachteten Bereichen wie Ener­gie und Infrastruktur zu stärken sowie dies­bezüglich die Koordination zwischen US-Politik und ‑Wirtschaft zu verbessern.34

Ein neueres Projekt ist das Infrastructure Trans­action and Assistance Network (ITAN), das regionale Infrastruktur- und Konnektivitäts-Initiativen unter­stützen und somit asiatischen Staaten eine Alterna­tive zur BRI aufzeigen soll. Als Teil von ITAN wurde ein Transaction Advisory Fund (TAF) eingerichtet, der asiatischen Partnern helfen soll, finanzielle wie öko­logische Auswirkungen von Infrastrukturmaßnahmen einzuschätzen.35

Zu den neueren Initiativen gehört der »Pacific Pledge« der US-Regierung von 100 Millionen US-Dollar, um in den nächsten Jahren die Entwicklungsgelder der USA für die pazifischen Staaten zu ver­doppeln. Er sieht außerdem vor, dass die United States Agency for International Development (USAID) ihre Präsenz im Westpazifik aufstockt. Überdies hat Washington im Rahmen der Asian Development Bank (ADB) die Pacific Region Infrastructure Facility (PRIF) aufgestellt, die der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen im Pazifik dienen soll. Ebenfalls neu ist die Papua New Guinea Electrification Partner­ship (PEP), ins Leben gerufen mit dem Ziel, zusammen mit Australien, Japan und Neuseeland die Stromversorgung in Papua-Neuguinea grundlegend zu verbessern.36

Ordnungspolitische Vorstellungen

In den Veröffentlichungen unterschiedlicher Minis­terien wie auch in den Reden US-Offizieller zum FOIP findet sich implizit eine Vielzahl ordnungspolitischer Elemente, die nicht unbedingt immer kongruent sind. Diesen Unterschieden zum Trotz lassen sich mindestens drei immer wiederkehrende Elemente festmachen: den Staaten der Region eine Alternative zur chinesischen BRI anzubieten, die Freiheit der Schifffahrt im Indo-Pazifik zu sichern und die Handelsbeziehungen zwischen den Staaten Asiens und den USA »frei, fair und reziprok« zu gestalten.37

Implizite Kernintention des FOIP ist ein ressortübergreifender Gegen­entwurf der USA zum wachsenden Einfluss Chinas in der Region.

Diese drei Elemente lassen erkennen, dass die im­plizite Kern­intention des FOIP in erster Linie ein kohärenter, ressortübergreifender Gegenentwurf der USA zum wachsenden Einfluss Chinas in der Region ist. Daher fordert der FOIP weder, zur Ära der »Pax Americana« zurückzukehren, noch ein verändertes, alternatives Ordnungsmodell zu schaffen. Stattdessen ist er vor allem ein reaktives Konzept, das kein neues Ordnungsmodell in Aussicht stellt. Er markiert dem­nach auch keine neue Asien-Strategie der USA – weder wird ein derartiger Anspruch formuliert noch werden entsprechende Kapazitäten und Mittel dafür bereit­gestellt. Dazu passt ferner, dass die mehrfach ange­kündigte Veröffentlichung eines umfassenden FOIP-Strategiedokumentes bisher ausgeblieben ist.

Der FOIP basiert auf dem bestehenden US-domi­nierten Ordnungsmodell, das bilaterale Allianzen und strategische Partnerschaften fokussiert. Die wenigen multilateralen Elemente, etwa die Betonung der ASEAN-Zentralität, sind bislang zwar deklaratorisch eingestreut, aber in der Realität so gut wie gar nicht berücksichtigt worden. Dem entspricht nicht nur die Herabstufung der US-Präsenz in multilateralen Foren, sondern auch die Vernachlässigung multilateraler Elemente zugunsten bilateraler »Deals«.

Somit macht der FOIP zwar einerseits die Schwerpunkte und Ziele der Trump-Administration deutlich, kann aber andererseits die Divergenzen zwischen der oftmals normativen FOIP-Rhetorik und dem beobacht­baren Handeln der US-Regierung nicht aufheben – zum Beispiel hinsichtlich ihres Verständnisses von Frei­handel sowie ihrer skeptischen Haltung zum Multilateralismus.

Der »Free and Open Indo-Pacific« Japans: Von der Strategie zur Vision

Der Begriff »Free and Open Indo-Pacific« ist keine Kre­ation des amerikanischen Präsidenten Donald Trump, sondern hat seinen Ursprung in einer Rede des japa­nischen Premierministers Shinzo Abe (siehe Zeitstrahl auf Seite 12). Während seiner ersten Amts­zeit hielt Abe 2007 vor dem indischen Kongress eine Rede mit dem Titel »Zusammenfluss der zwei Meere«. Darin stellte er seine Vision einer engeren politischen wie ökonomischen Konnektivität zwischen dem Pazifik und dem Indischen Ozean vor. Diese beruhe auf einer intensiven Kooperation der demokratischen Staaten der Region, die gewissermaßen als Zentrum eines den gesamten Indischen Ozean und den Pazifik um­spannen­den Netzwerkes fungiere. Auf diese Weise solle der »freie Fluss von Personen, Gütern, Kapital und Wissen« ermöglicht und so »Freiheit und Wohl­stand« garantiert werden. Hierfür kommt laut Abe der Sicherheit der Schifffahrtswege eine zentrale stra­tegische Bedeutung zu. Abes Konnektivitätskonzept betont zudem »uni­ver­selle« Normen, die die Demokratien in der Region politisch wie wirtschaftlich eng miteinander ver­bin­den und das Verhalten nicht­demokratischer Staaten, allen voran China, regulieren sollen.38

Abes Konnektivitätskonzept betont »universelle« Normen, die die Demokratien in der Indo-Pazifik-Region eng miteinander verbinden.

In diesem Kontext schlug Abe 2007 auch vor, den Quad zu etablieren, bestehend aus Japan, Australien, Indien und den USA. Die erste Amtszeit Abes währte jedoch nur ein Jahr, so dass die entsprechenden Konzepte erst in seiner zweiten, seit 2012 andauernden Amtszeit mit Leben gefüllt werden konnten.

Zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Premier­minister Japans veröffentlichte Abe Ende 2012 seinen Essay »Asia’s Democratic Security Diamond«, in dem er frühere Ideen wieder aufgriff. Als Antwort auf Chinas »aggressives Verhalten« in Asien schlug er die Formierung einer demokratischen Koalition aus Japan, den USA, Indien und Australien vor, die glo­bale öffentliche Güter, insbesondere die Freiheit der Schifffahrt, gemeinsam schützen solle.39 Diese Idee lancierte Abe erneut in einer viel beachteten Rede 2016 in Nairobi, in der er von einer »Verbindung von zwei freien und offenen Ozeanen und zwei Kontinenten« (»union of two free and open oceans and two continents«) sprach40 – im Nachgang wurde sie mit dem Label »FOIP Strategy« versehen.

Die »FOIP Strategy«41 hat in der Folge Einzug ge­halten in den offiziellen Diskurs und die Strategie­papiere Japans. Die Allianz mit den USA wird hierbei weiterhin als Sicherheitsgarant Japans erachtet.42 Das japanische Außenministerium fasst die Grund­prinzipien des FOIP in drei Kernbereiche zusammen: Erstens, Erhalt einer regelbasierten Ordnung, mit den Prinzipien Freihandel und Freiheit der Schifffahrt als Grundlage. Zweitens, Sicherung wirtschaftlicher Prosperität mittels mehr physischer Konnektivität durch den Ausbau von Infrastruktur, mehr »people-to-people«-Konnektivität durch den Ausbau von Austauschprogrammen sowie institutioneller Konnek­tivität durch die Harmonisierung globaler Standards und Regeln. Und drittens, Erhalt von Frieden und Sicherheit durch verstärkte Sicherheitskoopera­tion mit den USA, Indien, Australien und anderen Partnern.

Konzeption, Evolution und Ziele

Die oben erwähnten Kernbereiche des FOIP sind seit 2016 unverändert geblieben, das heißt auch das Ziel, die Freiheit der Schifffahrt und die regelbasierte Ordnung für den gesamten Indo-Pazifik zu bewahren. Die Gewässer des indopazifischen Raumes bezeich­nete Abe dementsprechend als »öffentliche Güter«,43 die durch die Einhaltung internationalen Rechts, nament­lich der United Nations Convention of the Law of the Sea (UNCLOS), geschützt werden müssen.44 Ohne China konkret als Widersacher zu nennen, verdeutlicht diese Schwerpunktsetzung und Rhetorik das Ziel der Eindämmung Pekings.45 Geographisch wird in Tokyo unter »Indo-Pazifik« der gesamte Raum von der Ostküste Afrikas bis zur amerikanischen Pazifikküste verstanden.

Trotz etlicher Konstanten hat die »FOIP Strategy« seit 2016 einige Neuerungen erfahren. Zunächst ist sie im September 2018 in »FOIP Vision« umbenannt worden. Seither sprechen japanische Diplomaten ebenso wie Premier­minister Abe nicht mehr von einer »Strategie«, sondern von einer »Vision«. Zudem hat sich neben dem Label auch die inhaltliche Aus­richtung gegenüber China geändert: Verwendete Tokyo den FOIP bis 2018 vor allem als Eindämmungsstrategie gegenüber dem Land, insbesondere mit Blick auf Pekings BRI, so ist die Rhetorik seit 2018 eine andere. In einer Rede vor dem japanischen Parlament kündigte Abe in­direkt eine mögliche Komplementa­rität seiner FOIP‑Vision mit der chinesischen BRI an und erwog hier­bei eine zukünftige enge Kooperation mit China im Bereich Infrastrukturausbau in Asien.46 Bislang ist von der Umsetzung derartiger Projekte jedoch nichts öffentlich bekannt geworden.

Japan ist seit 2018 bemüht, FOIP nicht (mehr) als Eindämmungsstrategie gegenüber China erscheinen zu lassen.

Parallel hierzu hat sich die Bedeutung normativer Elemente wie Demokratieförderung (»democracy promotion«) im Kontext des FOIP verringert.47 Wäh­rend das Diplomatic Bluebook 2017 die Wichtigkeit von Demokratie, Marktwirtschaft und internationalem Recht für die Aufrechterhaltung von Stabilität und Prosperität in Asien betont,48 erwähnt das Diplomatic Bluebook 2019 nur noch letzteren Aspekt (internationales Recht) im Zusammenhang mit dem FOIP.49 Der damalige Außenminister Japans, Taro Kono, sprach 2018 beispielsweise lediglich von einer regelbasierten, freien und offenen maritimen Ordnung (»free and open maritime order based on the rule of law«).50

Somit entsteht der Eindruck, Japan bemühe sich seit 2018 darum, seine eigene Interpretation des FOIP nicht (mehr) als eine Eindämmungsstrategie gegenüber China erscheinen zu lassen. Die Gründe hierfür liegen laut Beobachtern zum einen darin, dass sich seit 2018 die Beziehungen zwischen Japan und China wieder erwärmen,51 zum anderen in der Kritik süd- und südostasiatischer Partner an der von Abe ange­stoßenen Initiative; aus ihrer Sicht war diese zu stark antichinesisch und sicherheitspolitisch ausgerichtet.52

Diese Veränderung fand ihre Entsprechung in Regierungsdokumenten und Erklärungen, wenn sie die für den FOIP zentralen Politikfelder benennen: Wurden 2016 und 2017 vor allem sicherheitspolitische Bedrohungen im Zusammenhang mit dem FOIP aufgeführt, spielen in letzter Zeit auch Aspekte wie »Konnektivität«, »Infrastrukturausbau«, »nationale Entwicklung« und »wirtschaftliches Wachstum« eine Rolle. Harte sicherheitspolitische Themen, zum Beispiel die maritimen Konflikte mit China im Ost- und im Südchinesischen Meer oder der Ausbau und die Modernisierung der japanischen Streitkräfte, traten ab 2018 rhetorisch etwas in den Hintergrund.53

Konkrete Initiativen und Umsetzung

Diese Verschiebung ist jedoch nicht allein rhetorischer Natur, sondern spiegelt sich auch in den kon­kreten Initiativen Japans wider, die bisher als Teil des FOIP geplant bzw. initiiert worden sind. Die über­große Mehrzahl dieser Projekte steht in Verbindung mit dem erklärten Ziel Tokyos, die Konnektivität zwischen den zwei Ozeanen zu optimieren. Damit ist konkret die Expansion von Handel und Investitionen durch eine verbesserte Infrastruktur gemeint.54

Die ADB schätzte 2015 den Bedarf an Infrastruktur­investitionen in Asien für die kommenden 15 Jahre auf 26 Trillionen US-Dollar. Im Rahmen der Initiative »Partnership for Quality Infrastructure« Abes will Tokyo 200 Milliarden US-Dollar für Projekte von Afrika bis in den Südpazifik bereitstellen. Japanische »Quality Infrastructure«-Projekte sollen den Anrainerstaaten eine fairere, transparentere, effizientere und nachhaltigere Alternative zu chinesischen Infra­strukturvorhaben bieten.55

Entsprechende japanische Projekte umfassen unter anderem gestützte Kredite (»soft loans«) für Hafen­anlagen in einer Reihe von Ländern: zum Beispiel in Mosambik (230 Millionen US-Dollar), in Kenia (300 Mio.) und auf Madagaskar (400 Mio.), den Bau eines »trans-harbour link« in Mumbai, Indien, für 2,2 Milliarden US-Dollar, einen Containerterminal in Yangon, Myanmar, für 200 Millionen sowie einen Hafen mit Sonderwirtschaftszone in Dawei, Myanmar, für 800 Millionen. In Kambodscha beteiligte sich Japan mit über 200 Millionen am Ausbau des Con­tai­ner­hafens in Sihanoukville.56 Schließlich sollen japanische Investoren im Süden Bangladeschs den Hafen in Matarbari bauen.

Daneben finden sich »Quality Infrastructure«-Projekte auch im Bereich der Eisenbahn. Die Strecke Mumbai–Ahmedabad, auf der nach Fertigstellung Schnellzüge verkehren sollen, finanziert Japan zu 80 Prozent (8 Milliarden US-Dollar), in Thai­land ist der Ausbau der Strecke Bangkok–Chiang Mai mittels japanischer Investitionen geplant. Der Bau von Straßen, wie in Vietnam, Laos und Kambodscha, oder von Elektrizitätswerken, wie in Tansania und Indien, wird ebenfalls gefördert.

Im Rahmen der »Japan–Mekong Connectivity Initia­tive« wurde 2016 begonnen, einen Wirtschaftskorridor aufzubauen, der von der vietnamesischen Hafenstadt Da Nang über Laos und Thailand bis nach Myanmar verlaufen soll. Japan finanziert dar­über hinaus einen weiter südlich gelegenen Wirtschaftskorridor, der Ho Chi Minh City im Süden Vietnams und Dawei in Myanmar miteinander ver­binden soll. Nicht zuletzt hat Tokyo Ende 2019 bekannt gegeben, sich an der Asien-Konnektivitäts­strategie der EU zu beteiligen.

Auf handelspolitischer Ebene hat Tokyo die Federführung des Freihandelsabkommens Trans-Pacific Partnership (TPP) übernommen, nachdem sich die USA 2017 aus dem Abkommen zurückgezogen hatten. Im März 2018 unterzeichneten die 11 ver­blie­benen Staaten in Tokyo das Freihandelsabkommen, nunmehr Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) genannt. Japan spielte außerdem in den bisherigen Verhandlungsrunden der Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP)57 eine wichtige Rolle. Dieses regio­nale Freihandelsabkommen soll unter anderem China und Indien einbinden – Indien hat allerdings 2019 die Verhandlungen abgebrochen. Auch das Frei­handelsabkommen mit der EU (Japan–EU Economic Partnership Agreement) muss erwähnt werden.

Neben »Quality Infrastructure« und handelspoli­tischen Projekten hat Japan seine Bedeutung als eines der zentralen Geberländer im Bereich Entwicklungszusammenarbeit unterstrichen. Das White Paper on Development Cooperation 2017 folgt in seiner Schwerpunktsetzung direkt den Schwerpunkten der FOIP-Strategie.58 Tokyo hat seine Entwicklungsgelder seit 2016 zum Teil stark angehoben, etwa für Projekte in Ländern des West- und Südpazifiks, Südost- und Südasiens und Afrikas.

Auf sicherheits- und verteidigungspolitischer Ebene lag der Fokus Japans auf der Vertiefung der Militär­allianz mit den USA und der Wiederbelebung des Quad. Zudem wurden bilaterale Dialoge in der Sicher­heits- und Verteidigungspolitik ausgebaut; beispielsweise vereinbarten Indien und Japan im Oktober 2018 regelmäßige »2+2«-Dialoge (zwischen den jewei­ligen Außen- und Verteidigungsministern). In diesem Zusammenhang wurden 2018 Verhand­lungen über ein Acquisition and Cross-Servicing Agreement (ACSA) aufgenommen, das die gegenseitige Nutzung von Militärbasen für logistische Zwecke (Nahrungsmittel, Munitionierung, Treibstoff) sowie gemeinsame Ma­növer erleichtern soll, wobei Dritt­staaten wie die USA einbezogen werden könnten.

In den letzten Jahren führten die Marine und die Küstenwache Japans, Indiens, Australiens und der USA eine Reihe gemeinsamer Manöver und Übungen im Südchinesischen Meer durch. Auch mit einigen ASEAN-Staaten, etwa Vietnam, fanden Marine­übungen statt. Japanische Kriegsschiffe liefen in diesem Rahmen Häfen in Indien, Sri Lanka, Singapur, Indonesien und den Philippinen an. Die verteidigungspolitische Ertüchtigung von Partnern gehört gleichermaßen zu den sicherheits­politischen Ini­tiativen Japans im Kontext des FOIP; das Land hat zum Beispiel Sri Lanka, Vietnam und den Philippinen Küstenwachen-Patrouillenboote geschenkt. Auf diplomatischer Ebene dominierten bilaterale Ansätze mit Indien, den USA, Australien und anderen Part­nern. Ausnahmen hiervon sind einige kleinere multilaterale Initiativen wie Tokyos Unterstützung des Pacific Islands Leaders Meeting (PALM).

Ordnungspolitische Vorstellungen

Die Transition des japanischen FOIP von der Strategie zur Vision ebenso wie die Schwerpunktsetzung auf Infrastrukturprojekte, handelspolitische Initiativen und Entwicklungszusammenarbeit machen deutlich, dass die derzeitige Interpretation und Implementa­tion des FOIP in Tokyo viel stärker über wirtschaft­liche als sicherheitspolitische Ideen und Initiativen angetrieben wird. Klar ist, dass der FOIP auch aus japanischer Sicht in vielerlei Hinsicht eine Alternative zur chinesischen BRI bilden soll, wenngleich ab 2018 eine schrittweise Öffnung Tokyos in Richtung BRI erfolgt ist. Dabei hat es Tokyo jedoch stets vermieden, seine FOIP-Vision offensiv als eine Eindämmungs­strategie gegenüber China darzustellen.

Von einer Versicherheitlichung seiner Bezie­hungen zum großen Nachbarn hat Tokyo bislang abgesehen, trotz seiner Bedenken bezüglich der außenpolitischen Ambitionen Chinas und der innen­politischen Veränderungen im Land (u. a. Uighuren-Problematik, Hongkong). Zu eng erscheinen die wirtschaftlichen Interdependenzen zwischen Tokyo und Peking. Hierin unterscheidet sich die japanische Interpretation des FOIP dezidiert von derjenigen Washingtons und Canberras.

Viele Aspekte der FOIP-Vision Japans wirken wie ein Neuaufguss alter außenpolitischer Prinzipien und Ansätze.

Insofern wirken viele Aspekte der FOIP-Vision wie ein Neuaufguss alter außenpolitischer Prinzipien und Ansätze Japans. Sie betont lang etablierte Grund­sätze japanischer Außenpolitik wie die regelbasierte inter­nationale Ordnung, den Schutz des Freihandels und die Zentralität der Allianz mit den USA. Die von Beob­achtern angemahnte Notwendigkeit der Entwicklung eigener ordnungspolitischer Ideen, um die Transition Japans vom »rule promoter« zum »rule maker« zu ermöglichen, scheint mittels der derzeitigen FOIP-Vision deshalb schwerlich möglich.59

Australien und der Indo-Pazifik als fester regionaler Bezugsrahmen

Für Australien ist der Indo-Pazifik schon seit 2013 der regionale Bezugsrahmen für die eigene geographische und strategische Verortung geworden; der Begriff »Indo-Pazifik« ist in offiziellen Dokumenten fest ver­ankert. Er wird bereits 2012 in einem White Paper der Regierung gebraucht, allerdings nur zwei Mal, um einen geographischen Bogen zu bezeichnen, der den westlichen Pazifik und den Indischen Ozean um­spannt.60 Das australische Verteidigungsweißbuch von 201361 widmet dem Konzept dann ein ganzes Kapi­tel (bei insgesamt 56 Nennungen), die Verwendung setzt sich im Verteidigungsweißbuch 201662 und im Weißbuch zur Außenpolitik 201763 fort. Seitdem findet sich der Begriff als zentrales Thema in Reden von Politikern und Politikerinnen64 und wird auch in akademischen Kreisen diskutiert.

Mit Rory Medcalf meldete sich 2012 einer der bekanntesten Spezialisten für die Sicherheitspolitik Australiens mit einem wegweisenden Artikel zum Begriff »Indo-Pazifik« zu Wort.65 In wissenschaft­lichen Texten der letzten Jahre über Australiens stra­tegische Positionierung stehen der sino-ameri­ka­ni­sche Konflikt, die Machtverschiebungen in der Region und die regelbasierte internationale Ordnung im Vordergrund – sie alle werden im Bezugsrahmen des Indo-Pazifik besprochen.66 Hervorgehoben werden zwei vorherrschende Traditionen in Australiens Außen­politik, die beide das Konzept »Indo-Pazifik« einsetzen: einerseits die der Mittelmacht, andererseits die des »abhängigen Verbündeten« der USA.67

Konzeption, Evolution und Ziele

Als Rory Medcalfs überarbeiteter Artikel im Jahr 2013 erschien, waren die Begrifflichkeiten noch im Fluss, denn in der amerikanischen Politik sprach man ganz überwiegend noch von »Asien-Pazifik«. Für Medcalf ergibt die Bezeichnung »Indo-Pazifik« insofern Sinn, als Ostasien und Südasien nicht länger getrennt zu betrachten seien und die maritime Domäne für Handel und Wettbewerb an Bedeutung gewonnen habe. Insbesondere aufgrund der wachsenden Ab­hängigkeit Chinas, Japans und Indiens vom Mittleren Osten und Afrika sieht er den Indo-Pazifik als geo­ökonomische Realität, die bereits 2005 durch den ersten East Asia Summit (EAS) mit der Beteiligung In­diens angelegt war. Die Region Indo-Pazifik zeichne sich aber nicht durch eine einheitliche Sicherheits­architektur aus, sondern es existiere eine Vielzahl regionaler, minilateraler und bilateraler Formate.68

Die australische Interpretation des Indo-Pazifik hat sich zwischen 2013 und 2016 / 2017 gewandelt von einer »im Entstehen begriffenen« Region als natür­licher Erweiterung des »weiteren asiatisch-pazifischen Raumes« hin zur festen regionalen Bezugsgröße für Australiens Außen-, Wirtschafts- und Sicherheits­politik. Geographisch erstreckt sich das Gebiet »vom östlichen Indischen Ozean bis zum Pazifischen Ozean, verbunden durch Südostasien, einschließlich Indiens, Nordasiens und der USA«.69

Australiens Indo-Pazifik-Konzept stellt das maritime Südostasien ins Zentrum.

Offizielle australische Dokumente verweisen stets auf die zentrale Stellung des maritimen Süd­ostasien als Verbindungsglied und Brücke zwischen Indischem und Pazifischem Ozean; insofern kommen sie mög­lichen Bedenken der ASEAN-Staaten – Infrage­stellung der ASEAN-Zentralität – gegen das neue Konstrukt entgegen. Dies ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass für Australien Indonesien einer der wich­tigs­ten Partnerstaaten in der Region war und bleibt. Das heißt, auch im Falle Australiens dauern lange bestehende Prioritäten in der Außenpolitik (Indone­sien, Timor-Leste, Papua-Neuguinea) unter dem neuen Bezugsrahmen fort.

Für die Stabilität des Indo-Pazifik sieht Australien zwei Dinge als ausschlaggebend an: die weitere Präsenz der USA und das Engagement der regionalen Staaten für eine regelbasierte Ordnung. Regierungsdokumente sprechen von einer »sicheren, offenen, wohlhabenden indopazifischen Region«, übernehmen also nicht die US-amerikanische Formulierung eines »freien und offenen Indo-Pazifik« (FOIP). Australien sei pragmatisch, heißt es im Weißbuch zur Außen­politik von 2017. Es wolle seine Werte nicht anderen oktroyieren, sei aber auch entschlossen, für liberale Institutionen, universelle Werte und Menschenrechte einzutreten.70 Dafür will Australien mit den großen Demokratien der Region enger zusammenarbeiten, bilateral und in kleinen Gruppierungen.

Außer den USA werden hier Japan, Indonesien, Indien und Südkorea explizit genannt, darüber hinaus die regionalen Organisationen und mini­late­rale Formate wie der EAS, das ASEAN Defence Ministers’ Meeting Plus (ADMM-Plus) und die Indian Ocean Rim Association (IORA). Auch die wachsende trilaterale Kooperation mit den USA und Japan einerseits, mit Japan und Indien andererseits wird betont. Der Quad, das heißt die sicherheitspolitische Zusammenarbeit aller vier Staaten – bereits 2007 initiiert, aber damals nur von kurzer Lebensdauer –, der 2017 wiederbelebt wurde, findet dagegen zu­mindest keine prominente Erwähnung in den offiziellen Dokumenten.

Für Australien sind die Präsenz der USA in der Region und die Allianz mit den USA weiterhin von großer Bedeutung.

Dass für Australien die Präsenz der USA als Stabilisator für die Region und die Allianz mit den USA weiterhin zentral sind, kam auch in der Rede der australischen Verteidigungsministerin Linda Reynolds beim Shangri-La-Dialog 2019 in Singapur zum Aus­druck. Von China wünsche man sich mehr Beiträge zu Frieden und Stabilität, unterstrich sie in ihrer Rede.71

Konkrete Initiativen und Umsetzung

Die australische Verteidigungsministerin Reynolds verwies im Juni 2019 auf eine Reihe konkreter Bei­träge, die Australien vor allem im Südpazifik (Infra­struktur und Patrouillenboote) und im maritimen Südostasien (1000 Plätze für militärisches Training jährlich, strategische Verteidigungsdialoge mit allen ASEAN-Staaten, Militärübung »Indo-Pacific Endeavour« seit 2017 jährlich) leiste.72

Des Weiteren gibt es gemeinsame Infrastruktur-Initiativen mit den USA (Australia–United States Ministerial Consultations, Juli 2018) sowie mit den USA und Japan seit November 2018.73 Der geographische Fokus liegt dabei auf einer Reihe von Inseln im Südpazifik und Papua-Neuguinea (April 2019).74 Beim APEC-Gipfel in Papua-Neuguinea 2018 gaben Austra­lien und die USA Pläne für den gemeinsamen Ausbau der Marinebasis Lombrum auf der Insel Manus be­kannt.75 Im November 2019 kündigten die USA, Japan und Australien am Rande des ASEAN-Gipfels die »Blue Dot«-Initiative an.76 Ein diesbezügliches State­ment der Overseas Private Investment Corporation (OPIC) ging aber kaum mehr ins Detail als eine im Jahr zuvor erfolgte Erklärung.77

Die Infrastrukturkooperation Australiens mit den USA und Japan betont Qualität (»globaler Goldstandard«), Transparenz, Nachhaltigkeit, die Involvierung des Privatsektors und Schuldenvermeidung.78 Damit setzt sie sich implizit von der BRI Chinas ab, die ins­besondere dafür kritisiert wird, andere Länder in eine Schuldenfalle zu treiben und keinen der genannten Standards einzuhalten.79

Schließlich ermöglicht der »New Colombo Plan«, schon 2014 ins Leben gerufen, jungen Australiern Studienaufenthalte oder Praktika in insgesamt 40 Staaten der Indo-Pazifik-Region.80

Ordnungspolitische Vorstellungen

Erklärtes Ziel Australiens ist es, durch eine regel­basierte Ordnung dauerhaften Frieden in der Indo-Pazifik-Region herzustellen – einer Region, in der die Rechte aller respektiert werden und offene Märkte für den freien Fluss von Waren, Kapital und Ideen sorgen.81 Es liege nicht in Australiens Interesse (und auch nicht im Interesse anderer Staaten in der Region), so wird betont, dass sich das sino-amerika­nische Verhältnis weiter zuspitze, da dies Kollateralschäden nach sich ziehen würde. Die Furcht, sich irgendwann zwischen dem Sicherheitspartner USA und dem Hauptwirtschaftspartner China entscheiden zu müssen, treibt Canberra eher zu einer Politik der Wahrung des Status quo. Dieser wird zwar nach aus­t­ralischer Diagnose komplexer und zunehmend um­stritten, aber wenn alle im eigenen Interesse handel­ten, müsse die Lage nicht außer Kontrolle geraten.

Die Allianz mit den USA wird trotz Donald Trumps disruptiver Politik nicht wirklich in Frage gestellt, die Beziehungen zu anderen Demokratien und Mittelmächten im Indo-Pazifik, namentlich zu Japan, erscheinen demgegenüber sekundär für die Aufrechterhaltung gemeinsamer Regeln. Australiens Vision des Indo-Pazifik setzt die ASEAN ins Zentrum als engen geographischen Bezugsrahmen australischer Außen- und Sicherheitspolitik. Daher unterstützt man explizit auch den »ASEAN Outlook on the Indo-Pacific« (AOIP).82

Indiens »Act East«-Politik und der Indo‑Pazifik

In Indien erlebte der Indo-Pazifik im August 2007 insofern eine seiner offiziellen Geburtsstunden, als der japanische Premierminister Abe dort vor dem Parlament seine Rede über den »Zusammenfluss der zwei Meere«83 hielt. Dennoch finden sich danach und bis heute kaum offizielle indische Dokumente zum Thema Indo-Pazifik, wobei allerdings anzumerken ist, dass die indische Regierung keine Weißbücher zur Außen- oder Verteidigungspolitik veröffentlicht. Ein spezielleres Dokument, die Indian Maritime Security Strategy von 2015, spricht bereits in der Einleitung von einer Verlagerung des globalen Fokus vom »Euro-Atlantik« hin zum »Indo-Pazifik« und verbindet letz­teres Konzept mit Indiens »Act East«-Politik.84 Auch die National Security Strategy, von der indischen Opposi­tionspartei Congress in Auftrag gegeben und im März 2019 veröffentlicht, verwendet »Indo-Pazifik« sieben Mal. Sie fordert unter anderem, der Harmonisierung der unterschiedlichen Auffassungen des Indo-Pazifik als strategischem Rahmen Priorität einzuräumen.85

Vertreter indischer Think-Tanks diskutieren sowohl den Begriff »Indo-Pazifik« als auch Indiens Um­gang damit; dabei identifizieren sie ebenso Widersprüche und Ambiguitäten in der indischen Strategie.86 Indiens »Look East«-Politik (seit 1991) und später »Act East«-Politik (seit 2014) mit dem Fokus auf Süd­ost­asien passt sich in den weiteren Indo-Pazifik-Rahmen ein, wobei strategische und Sicher­heits­aspekte gegenüber wirtschaftlichen in den Vordergrund getreten sind.87

Traditionelle Grundpfeiler indischer Außenpolitik spielen bei der Interpretation des Indo-Pazifik-Konzeptes eine zentrale Rolle.

Traditionelle Grundpfeiler indischer Außenpolitik, das heißt Blockfreiheit und strategische Autonomie, spielen bei der Interpretation des Indo-Pazifik-Kon­zep­tes eine maßgebliche Rolle.88

Obwohl dies offiziell nicht offen formuliert und oft sogar explizit verneint wird, wird China als der eigent­liche Treiber hinter dem indischen Indo-Pazifik-Konzept gesehen, wie überhaupt der große Nachbar im Nordosten unausgesprochen zentrales Thema indischer Außenpolitik ist. Drei Faktoren sind hier relevant: Indien nimmt Chinas Politik als »strategische Einkreisung« wahr, es sorgt sich um die Freiheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer und es ist alarmiert über die stärkere militärische Präsenz Chinas im Indischen Ozean (z. B. unter dem Deck­mantel der Pirateriebekämpfung).89

Konzeption, Evolution und Ziele

Im Dezember 2015 besuchte der japanische Premierminister Shinzo Abe Indien und unterzeichnete mit dem indischen Premierminister Narendra Modi eine Gemeinsame Erklärung über Indiens und Japans Vision für 2025, nämlich die einer »besonderen strategischen und globalen Partnerschaft für Frieden und Wohlstand der indopazifischen Region und der Welt«.90 Beim nächsten Besuch Abes in Indien im September 2017 folgte eine zweite Gemeinsame Erklärung unter dem Titel »Toward a Free, Open and Prosperous Indo-Pacific«.91 Hier heißt es im Absatz über die gemeinsame Verteidigung der regelbasierten Ordnung, Indiens »Act East«-Politik könne mit Japans Strategie92 eines »freien und offenen Indo-Pazifik« abgestimmt werden, und zwar durch den Ausbau der Kooperation zur maritimen Sicherheit, durch Ver­besserung der Konnektivität in der weiteren Region Indo-Pazifik, eine stärkere Kooperation mit der ASEAN sowie regelmäßige Diskussionen zwischen Strategen und Fachleuten beider Länder.

Premierminister Modi war im Juni 2018 einge­laden, Auftaktrede und Keynote bei der Shangri-La-Sicherheitskonferenz in Singapur zu halten. Diese Rede Modis93 gilt bis heute als wichtiger Referenzpunkt für das indische Verständnis des Indo-Pazifik-Konzeptes. Die Erwartungshaltung seitens der USA war, dass er ein starkes Bekenntnis zum »freien und offenen Indo-Pazifik« (FOIP) ablegen würde.94 Modi stellte jedoch die ASEAN ins Zentrum seiner Ausfüh­rungen, sprach von Sicherheit und Wachstum für die gesamte Region und betonte außerdem Indiens Engagement in den regionalen ASEAN-zentrierten Organisationen (EAS, ADMM-Plus). Abgesehen von Süd­ostasien verwies er auf Indiens transformierte Beziehungen zu Japan sowie neue Impulse im Verhältnis zu Südkorea, Australien, Neuseeland und den pazifischen Inseln. Auch die intensivierten Bezie­hungen Indiens zu Afrika, die sich zum Beispiel in einem Gipfel mit afrikanischen Staaten manifestierten, sprach Modi an.95 Die strategische Partnerschaft mit Russland sei eine Demonstration indischer stra­tegischer Autonomie – beide Staaten träten für eine starke multipolare Weltordnung ein. Schließlich seien in der globalen strategischen Partnerschaft mit den USA früheres Zögern und Vorbehalte überwunden worden und beide teilten die Vision eines offe­nen, stabilen und wohlhabenden Indo-Pazifik. In­diens Beziehung zu China sei die komplexeste – der Handel nehme zu, beide zeigten sich verantwortungs­voll im Umgang mit den Grenzproblemen.96 Ein zent­raler Satz der Rede lautete: Indien sehe die Re­gion Indo-Pazifik weder als eine Strategie oder einen Club auserwählter Mitglieder noch als Gruppe, die domi­nie­ren wolle oder sich gegen ein einzelnes Land richte.

Konkrete Initiativen und Umsetzung

Während sich die indische Regierung in ihrer Rhe­torik zurückhält und eine inklusive Version des Indo-Pazifik vertritt, wurde eine Reihe von Schritten unternommen, die ein Gegengewicht zu China auf­bauen sollen (»soft balancing«, »evasive balancing«97). Diese wurden zum Teil schon eingeleitet, bevor der Indo-Pazifik als Bezugsrahmen galt.

Im Vordergrund steht dabei die verstärkte Sicherheitskooperation sowohl mit den USA, Japan und Australien als auch mit einigen Staaten in Südost­asien (Vietnam, Singapur und Indonesien).98 Indiens Kriegsmarine kooperiert mit Staaten der Region in gemeinsamen Übungen, unter anderem im Bereich Humanitarian Assistance and Disaster Relief (HADR). An der seit den 1990er Jahren existierenden maritimen Militärübung »Malabar«, die zunächst bilateral mit den USA durchgeführt wurde, nimmt seit 2015 auch Japan regelmäßig teil, Australien hingegen nicht. Mit Indonesien teilt Indien die Vision maritimer Zusammenarbeit im Indo-Pazifik.

Mit der Region strebt Indien zwar nach eigener Aussage im Rahmen des Indo-Pazifik-Konzeptes Wirtschafts- bzw. Freihandelsabkommen an, jedoch hat es sich im November 2019 aus dem regionalen Freihandelsabkommen RCEP zurückgezogen. Wesent­licher Grund dafür war die Furcht vor einem noch höheren Handelsdefizit mit China und vor nationalistischem Widerstand im eigenen Land.99

Da Indien Chinas BRI kritisch gegenübersteht, ver­folgt es im Rahmen des Indo-Pazifik-Konzeptes Infra­strukturpartnerschaften, vor allem mit Japan (Projekte in Indien und den Asia–Africa Growth Corridor).100 Diese sind, wie auch der Nord-Süd-Korridor (mit Russ­land und Iran), als Alternativen zur BRI angelegt. Der Realisierung des Asia–Africa Growth Corridor stehen allerdings erhebliche Hürden im Weg.101 An der »Blue Dot«-Initiative der USA, Japans und Australiens beteiligt sich Indien bisher nicht.

Ordnungspolitische Vorstellungen

Modis Rede auf der Shangri-La-Sicherheitskonferenz 2018 brachte deutlich eine Vision des Indo-Pazifik zum Ausdruck, die sich am Status quo orientiert. Er stellte die Zentralität der ASEAN nicht in Frage und betonte eine freie, offene und inklusive Region, in der sich alle Mächte an die Regeln halten. Gleicher Zu­gang zu See und Luftraum auf der Basis internatio­nalen Rechts seien dabei essenziell. Konnektivität spiele eine wichtige Rolle, wobei bestimmte Prinzipien wie Transparenz einzuhalten seien und Ver­schuldung vermieden werden solle. Solche Vorstellungen setzen aber laut Modi voraus, dass es keine Rückkehr zur Großmachtrivalität gibt. Indiens Freundschaften seien keine »Allianzen der Eindämmung«. Indirekt ist hier, gleichsam in verhüllter Form, Kritik an China zu erkennen, sowohl was den geforderten »gleichen Zugang« für alle betrifft als auch beim Thema Konnektivität.

Das Grunddilemma indischer Außenpolitik bleibt die Balance zwischen Konflikt und Kooperation mit China.

Hauptziel indischer Politik im Indo-Pazifik ist es, die Dominanz Chinas in der Region zu verhindern. Experten interpretieren diese Politik Indiens als wesentlichen Bestandteil einer Politik des Gegen­gewichts zu China, selbst wenn Indiens Regierung zugleich Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Land signalisiert.102 Diese demonstriert man nicht zuletzt durch die Mitgliedschaft in Organisationen, die China maßgeblich mit initiiert hat oder prägt, wie der Staaten-Gruppe BRICS103 und ihrer Entwicklungsbank, der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) und der Shanghai Cooperation Organisation (SCO). Das Grunddilemma indischer Außenpolitik bleibt die Balance zwischen Konflikt und Kooperation mit China, das heißt die Spannung zwischen Glaub­würdigkeit gegenüber den eigent­lichen indopazifischen Partnern USA, Japan und Australien einerseits und gleichzeitig konstruktiver Beziehung mit China andererseits.

Der »ASEAN Outlook on the Indo-Pacific«

Bis zum Juni 2019 fand der Begriff »Indo-Pazifik« in den offiziellen Verlautbarungen und Dokumenten der ASEAN keine Verwendung. Jedoch muss in diesem Zusammenhang erwähnt werden, dass das indonesische Außenministerium bereits im Mai 2013 konkrete Ideen für einen »Indo-Pacific Friendship and Cooperation Treaty« vorgelegt hat. Diesen Vertrag hatte der damalige Außenminister Marty Natalegawa als mögliches neues außenpolitisches »Paradigma« vorgestellt. Es sollte den sich wandelnden geopolitischen und geoökonomischen Rahmen der Region aufgreifen und die daraus resultierenden zwischenstaatlichen Rivalitäten einhegen. Sicherheit in Asien sollte als gemeinsam verwaltetes öffentliches Gut verstanden und durch den »Indo-Pacific Friendship and Cooperation Treaty« abgesichert werden.104 Diese Initiative fand indes zum damaligen Zeitpunkt außer­halb Indonesiens keinen Widerhall.

Wenngleich also zumindest innerhalb der ASEAN seit Jahren Ideen zum Indo-Pazifik zirkulieren, so ist der im Juni 2019 erschienene »Outlook on the Indo-Pacific« (AOIP) in erster Linie zu verstehen als Reak­tion auf die Veröffentlichung der FOIP-Strategie der Trump-Regierung und die Antworten anderer Staaten in der Region wie Australien, Japan und Indien.

Die ASEAN-Staaten sahen sich gezwungen, ihre eigene Vision des Indo-Pazifik zu lancieren, um in die regionalen Debatten eingreifen zu können. Dahinter stehen zum einen historische Faktoren, etwa die Be­fürchtung, die ASEAN-Staaten könnten zum Spielball von Großmächten werden, und das Bestreben, die ASEAN als zentralen Anker regionaler Sicherheits­kooperation zu etablieren (ASEAN-Zentralität),105 zum anderen aktuelle Faktoren, zum Beispiel die Sorge vor den möglichen negativen politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer Eskalation der sino-ame­ri­ka­nischen Rivalität auf die ASEAN-Staaten.106 Die Staa­ten Südostasiens sahen sich unter anderem auf­grund ihrer geographischen Lage zwischen Indischem Ozean und Pazifik genötigt, den konkurrierenden Ordnungs­vorstellungen der beiden Großmächte China (BRI) und USA (FOIP) eine eigene Antwort ent­gegenzusetzen.

Konzeption, Evolution und Ziele

Laut dem AOIP ist das Hauptinteresse der ASEAN, die wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Strukturen selbst zu bestimmen, um dadurch sicher­zustellen, dass sie »Frieden, Sicherheit, Stabilität und Prosperität für die Menschen in Südostasien« bringen.107 Vor diesem Hintergrund definiert die ASEAN »Indo-Pazi­fik« weniger als territorial klar ab­gegrenzten (geo­politischen) Raum, sondern als interdependente, eng verbundene Region ohne ein­deutig gesetzte Grenzen, aber mit der ASEAN als Zentrum. Zudem werden die Elemente »Dialog und Kooperation statt Rivalität« und »Entwicklung und Wohlstand für alle« betont.108

ASEAN vertritt ein inklusives Verständnis des Indo-Pazifik als Konnektivitätskonzept, das allen Staaten der Region offensteht.

Dem zugrunde liegt ein inklusives Verständnis von »Indo-Pazifik« als Konnektivitätskonzept, das dezi­diert allen Staaten der Region, inklusive China, offen­steht. Demgemäß nennt das Dokument kein einziges Land namentlich – weder die USA oder China noch andere Akteure wie Japan, Indien oder Russland.109 Speziell aufgeführt werden jedoch andere Regionalorganisationen wie die Indian Ocean Rim Association (IORA) oder die Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation (BIMSTEC), und zwar als potentielle Kooperationspartner der ASEAN.

Wiederholt hebt das Dokument den inklusiven Charakter des AOIP hervor; ferner beinhaltet es keinerlei militärische Aspekte.110 In diesem Zusammenhang muss indes erwähnt werden, dass der AOIP zuvorderst eine Art »kleinsten gemeinsamen Nenner« auf regionaler Ebene darstellt. Einzelne ASEAN-Mitglieder haben sich durchaus unterschiedlich zu den Initiativen der Großmächte (BRI und FOIP) ver­halten. Beispielsweise haben sich Kambodscha und Laos wirtschaftlich und politisch sehr eng an China ange­bunden. Indonesien hingegen legt Wert auf die Bewah­rung seiner strategischen Autonomie und das Prinzip der ASEAN-Zentralität gegenüber ex­ternen Akteuren.111

Die im AOIP festgeschriebenen Ziele spiegeln im Wesentlichen die bekannten Kernprinzipien der ASEAN wider: Intensivierung regionaler Integrationsprozesse, Aufrechterhaltung einer regelbasierten regio­nalen Ordnung, friedliche Konfliktregelung, Multi­lateralismus, Stärkung des Völkerrechts. Es werden keine Ziele genannt, die darüber hinausgingen. Deshalb verzichtet der AOIP auch darauf, neue Me­cha­nismen oder Institutionen zu etablieren. Statt­dessen setzt er auf die Stärkung ASEAN-geführter Mechanismen wie EAS, ARF, ADMM-Plus, Expanded ASEAN Maritime Forum (EAMF) und Treaty of Amity and Cooperation (TAC).112

Die Politikfelder, die der AOIP als bedeutende Kooperationsbereiche deklariert, umfassen maritime Ko­operation, Konnektivität im Rahmen des Master Plan on ASEAN Connectivity (MPAC 2025), wirtschaftliche Zusammenarbeit sowie Kooperation zur Errei­chung der Sustainable Development Goals (SDGs).113 Die ASEAN solle auch in Zukunft eine »zentrale Rolle« in der sich verändernden regionalen Architektur Südost­asiens spielen. Nur so sei sie ein Garant für Inklusivität und könne zwischen konkurrierenden Inter­essen als »ehrlicher Vermittler« auftreten.114 Die ASEAN hat bislang keine eigenständigen Initiativen oder Pro­jekte als Teil des AOIP auf den Weg gebracht.

Ordnungspolitische Vorstellungen

Inhalte und Ziele des AOIP bieten somit wenig Neues: Die ASEAN trägt Entsprechendes seit Jahrzehnten vor sich her. Weder hinsichtlich seiner normativen Aus­richtung noch in Bezug auf die favorisierten Koopera­tions­mechanismen geht er über bereits existierende ASEAN-Agenden hinaus. Kritiker haben daher mo­niert, dass der AOIP kein neues strategisches Konzept zum Umgang mit der sino-amerikanischen Großmächte­rivalität enthält – oder gar einen neuen Ord­nungsentwurf für die Region. Ihnen zufolge ist er in erster Linie ein Versuch der ASEAN und ihrer Mitglied­staaten, sich selbst eine Stimme zu verleihen in der immer lauter werdenden Debatte um die Zukunft der Region.115 In den Worten eines führenden indonesischen Diplomaten ist der AOIP »eine Antwort auf die wachsenden Herausforderungen aufgrund externer Belastungen, die ASEANs Einigkeit bedrohen, ASEANs Bedeutung unterminieren und ASEANs Zentralität angreifen könnten«.116

Trotz der Verwendung des Begriffs »Indo-Pazifik« im Titel ist der AOIP keinesfalls eine Akklamation für den FOIP. Im Unterschied zum FOIP wendet sich der AOIP nicht gegen China, sondern ohne Einschränkung an alle Staaten der Region. Mehr noch: Der AOIP ist wegen seiner Betonung des »ASEAN Way« und seiner inklusiven Ausrichtung unbedenklich für andere Akteure und deren Inter­pretation des Indo-Pazifik.

Der AOIP basiert auf der Idee einer multilateralen, inklusiven Sicherheitsarchitektur für die Region mit der ASEAN im Zentrum.

Denn die ASEAN-Interpretation des Indo-Pazifik bietet allen Akteuren konzeptionell einen Platz an – vorausgesetzt, sie lassen sich ein auf die der Interpretation inhärente multilaterale regionale Sicherheitsarchitektur mit der ASEAN im Zentrum. Der AOIP scheint eine Antwort der ASEAN auf die Sorge vieler in Südostasien zu sein, die Region könnte in zwei sich feindlich gegenüberstehende Lager gespalten werden. Folglich definiert sich der AOIP denn auch mehr über allgemein gehaltene Ziele und Normen denn über konkrete, praxisorientierte Lösungsvorschläge.117

Mithin ist der AOIP vornehmlich »an attempt to reclaim the geopolitical narrative amid the strategic rivalry between China and the United States«;118 ein Ansatz, der bereits erste kleinere Früchte trägt. Zum einen hat Tokyo sein FOIP-Konzept Ende 2018 über­arbeitet und um einen Absatz zur Bedeutung regio­naler, ASEAN-geleiteter multilateraler Organisationen ergänzt. Zum anderen fand die ASEAN prominente Erwähnung im Zusammenhang mit dem Indo-Pazifik in der Gemeinsamen Erklärung von Premierminister Modi und Präsident Trump, die im Rahmen der Indien-Reise Trumps veröffentlicht wurde.119

Zwischenfazit

Die vergleichende Fallanalyse hat ergeben, dass der Begriff »Indo-Pazifik« mittlerweile von einer ganzen Reihe von Akteuren mit sehr unterschiedlichen außen- und sicherheitspolitischen Traditionen, Dok­t­rinen und Kapazitäten verwendet wird; selbst die geographischen Definitionen variieren erheblich (siehe Karte auf Seite 10). Daher verwundert es nicht, dass trotz ähnlicher Begriffsverwendung Interpretatio­nen und Schwerpunkte weit auseinanderliegen. Kurz gesagt: Zwischen dem, was zum Beispiel die USA und die ASEAN-Staaten meinen, wenn sie die Be­zeich­nung »Indo-Pazifik« gebrauchen, liegen große Unter­schiede. Der FOIP der Regierung Trump richtet sich dezidiert gegen den wachsenden Einfluss Chinas in der Region und zielt auf dessen Eindämmung ab, während der AOIP der ASEAN-Staaten China direkt miteinbezieht.

Die unterschiedlichen Konzeptionen bzw. Verständnisse zeigen sich auch sehr deutlich mit Blick auf die entsprechenden Schwerpunktsetzungen und Initiativen. Während ein Schwerpunkt Japans etwa auf dem Abschluss multilateraler Freihandels­abkommen liegt, betrachtet Indien solche Anliegen eher ambivalent und ist Ende 2019 aus den Verhandlungen über das RCEP ausgestiegen. Die Trump-Ad­ministration steht multilateralen Freihandelsabkommen ebenfalls ablehnend gegenüber, sucht aber den Abschluss bilateraler Abkommen.

Derartige Unterschiede bestehen ebenso bei der Gewichtung verschiedener Politikfelder. Hier springt besonders der starke Fokus auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Washington ins Auge, wohin­gegen Japan, Australien und Indien bisher Bereichen wie Infrastrukturausbau und Konnektivität größere Bedeutung beimessen. Diese Gewichtung spiegelt sich in den gewählten Ansätzen: Alle Akteure außer der ASEAN (der es um die Wahrung der eigenen Zentralität geht) verfolgen in der Sicherheitspolitik bislang kaum multilaterale Ansätze, obwohl alle Akteure rhetorisch die Wichtigkeit der existierenden regionalen Foren wie ARF und EAS betonen. Auch in Bezug auf das Politikfeld »Infrastruktur« sind die gewählten Ansätze zumeist bi- oder minilateral. In der Wirtschaftspolitik dagegen bevorzugen alle Akteure, abgesehen von den USA und Indien, überwiegend multilaterale Ansätze.

Nichtsdestotrotz offenbart die Analyse auch einige Gemeinsamkeiten: Alle untersuchten Akteure bezie­hen sich zumindest in ihrer Rhetorik positiv auf die regelbasierte internationale Ordnung und internationale Normen, zum Beispiel die Freiheit der Schifffahrt. Des Weiteren haben sich alle untersuchten Akteure der Verbesserung der Infrastruktur in der Region und dem Ausbau der Konnektivität verschrieben, selbst wenn hierbei die Gewichtung unterschiedlich ausfällt. Mit Ausnahme der USA ist zudem allen Akteuren gemein, dass sie eine Versicherheitlichung des Indo-Pazifik, vor allem mit Blick auf seine wirt­schaftliche Dimension, direkt oder indirekt ablehnen. Zumindest in den offiziellen Dokumenten wird dar­über hinaus eine offen gegen China gerichtete Kon­zeption vermieden. Deshalb strebt keiner der betrach­teten Akteure außer den USA eine wirtschaftliche Entkoppelung (»decoupling«) von China an. Und im sicherheitspolitischen Bereich setzen mit Ausnahme der ASEAN alle auf ein »balancing« (mal weicher, mal härter) gegenüber Peking.

Die unterschiedlichen Indo-Pazifik-Konzepte beinhalten sämtlich kaum neue Ideen, wie mit dem Aufstieg Chinas umzugehen ist.

Schließlich verbindet alle die Wahrnehmung des derzeitigen Status quo als in vielerlei Hinsicht fragil. Dennoch liefern die unterschiedlichen Indo-Pazifik-Konzepte wenig neue Ideen und Impulse, wie Chinas Aufstieg robuster als bisher gemanagt werden könnte. Generell ist festzustellen, dass »Indo-Pazifik« bei allen Akteuren immer in erster Linie konzipiert ist als Reaktion auf die mit dem Aufstieg Chinas verbundenen Herausforderungen. »Indo-Pazifik« ist darum in seinen verschiedenen Ausprägungen gegenwärtig nicht als eigenständige neue Strategie oder Vision einer wie auch immer gearteten veränderten regio­nalen Ordnung zu verstehen. Selbst der FOIP Tokyos und Washingtons enthält bis dato keine neuen, konkreten Ordnungsentwürfe für die Region. Der Begriff »Indo-Pazifik« offenbart, den offenen Konfrontationskurs der USA ausgenommen, ein Stück weit die Ratlosigkeit der Akteure in Bezug auf den zukünf­tigen Umgang mit China.

Einen Überblick über Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Indo-Pazifik-Konzeptionen der unter­suchten Akteure gibt die Tabelle auf Seite 31.

Tabelle

Chinas Reaktion auf den Indo‑Pazifik

Offiziell wird der Begriff »Indo-Pazifik« in China (noch) nicht benutzt. In zentralen Dokumenten wie zum Beispiel dem Verteidigungsweißbuch vom Juli 2019 sucht man das Konzept daher vergeblich.120 In einigen Pressekonferenzen des chinesischen Außenministeriums fiel zwar die Bezeichnung, aber immer nur in den Fragen ausländischer Journalisten. Die chinesische Seite blieb in den Antworten beim Aus­druck »Asien-Pazifik«. Noch im März 2018 erklärte der chinesische Außenminister Wang Yi das Konzept des Indo-Pazifik für so kurzlebig wie den Schaum auf den beiden Meeren.121

Was akademische Publikationen anbetrifft, wurde der »Indo-Pazifik« bis 2017 in nur relativ wenigen Arti­keln überhaupt erwähnt (2016: 126; 2017: 202), ab 2018 stieg ihre Zahl jedoch rasant an (2018: 793; 2019 bis Oktober: 612).122 Man hatte offenbar akzep­tiert, dass dieses Konzept zumindest aus dem außen- und sicherheitspolitischen Vokabular der USA nicht wieder verschwinden würde und es wichtig war, das neue Konstrukt besser zu verstehen. Das Gros der akademischen Publikationen von Think-Tanks und Universitäten bezieht sich auf die Indo-Pazifik-Strate­gie der USA, darüber hinaus wird die Rolle Japans, Australiens und Indiens analysiert. Eine Reihe von Texten vergleicht die Indo-Pazifik-Strategie mit Chinas eigener BRI. In chinesischen Medien sind es ebenfalls Artikel von Experten für internationale Politik, die das Indo-Pazifik-Konzept thematisieren bzw. kommentieren.123 Eine Distanzierung von dem Begriff wird bereits dadurch deutlich, dass er in den meisten chinesischen Veröffentlichungen in An­füh­rungs­zeichen gesetzt wird.

Die Wahrnehmung des Indo-Pazifik in China

Nachdem Donald Trump das neue geopolitische Kon­s­t­rukt als amerikanische Strategie bei seiner ersten Asienreise im November 2017 in Vietnam (APEC-Gipfel) verkündet hatte, fiel nicht nur die Reaktion der chinesischen Führung, sondern auch chinesischer Wissenschaftler zunächst zurückhaltend aus.124 Tat­sächlich sehen chinesische Experten und Wissenschaftler das Konzept selbst zwei Jahre nach seiner Ankündigung durch Trump noch im Fluss.125 Fast ausnahmslos interpretieren sie die Indo-Pazifik-Stra­tegie der USA als Reaktion auf globale und regionale Machtverschiebungen, auf Chinas Aufstieg und seinen wachsenden wirtschaftlichen, politischen und militärischen Einfluss.

Die Indo-Pazifik-Strategie Trumps ersetzt aus chinesischer Sicht die Politik des »rebalancing« Richtung Asien der Obama-Regierung.

Die Strategie Trumps ersetzt aus chinesischer Sicht die Politik des »rebalancing« bzw. der Umorientierung Richtung Asien (»pivot to Asia«) der Obama-Regie­rung.126 Ihr Ziel liegt für chinesische Analystinnen und Analysten auf der Hand: Den USA geht es um die Wahrung ihrer Vormachtstellung in der Region (und global) und darum, Chinas weiteren Aufstieg zu bremsen bzw. einzudämmen.127

Nur ein einziger, allerdings bereits 2013 erschienener Artikel kann dem Indo-Pazifik-Konzept etwas Positives abgewinnen, indem er gemeinsame Inter­essen im Indischen Ozean bei der Bekämpfung von Piraterie und Ähnlichem hervorhebt – und damit eine Möglichkeit zur Kooperation auch für China.128

Beim Vergleich von FOIP und BRI wird betont, dass Letztere auf Entwicklung abziele, »Indo-Pazifik« dagegen die Sicherheit in den Vordergrund stelle.129 Diese Sicherheitsdimension wird insbesondere fest­gemacht an dem vierseitigen Sicherheitsformat Quad zwischen den USA, Japan, Australien und Indien, das 2017 nach zehnjähriger Pause wiederbelebt wurde. Der FOIP sei ein Zeichen dafür, dass sich die Konkurrenz mit China von der Ebene der Interessen und Einflussmacht auf eine höhere Ebene zubewege, bei der es um Prinzipien und Ordnung gehe.130

Chinesische Expertinnen und Experten identifizieren verschiedene Schwächen der amerikanischen Indo-Pazifik-Strategie: Einige zweifeln am Willen der USA, die notwendigen Ressourcen für die Umsetzung der Strategie aufzubringen, zumal diese seit dem Amts­antritt Trumps mehr Lastenteilung von ihren Verbündeten verlangen (vor allem von Japan und Südkorea).131 Dass unter den vier Protagonisten des Indo-Pazifik-Konzeptes – USA, Japan, Australien und Indien – erhebliche Unterschiede im Verständnis existieren, wird ebenfalls als Schwachpunkt gesehen.132 Nicht nur die geographische Definition des Raumes variiere erheblich, sondern auch die stra­tegische Zielsetzung.133

Dabei steht nach chinesischer Einschätzung das Bekenntnis Indiens – des einzigen der drei Partner, der nicht durch eine formelle Allianz an die USA gebunden ist – zum Indo-Pazifik auf besonders wackligen Füßen, denn, so das Argument, Indien wolle sich nicht von den USA, Japan und Australien instrumentalisieren lassen. Schon wegen seiner Identität als Mitbegründer des Non-Aligned Movement (NAM) sei es nicht zu einem Bündnis bereit.134 Zudem nähmen die USA im Indischen Ozean keine überragende Stellung ein, weil sie keine Ver­bündeten und keine starke Präsenz in dieser Region hätten, anders als im Pazifik und in Ostasien.135

China sieht die Gefahr einer regionalen Isolierung, sollten sich die ASEAN-Staaten dem US-geführten Indo-Pazifik-Rahmen anschließen.

Außerdem nehmen, nach Analyse chinesischer Experten, die Staaten in der Region China nicht (oder noch nicht) als gemeinsame Bedrohung wahr. Für viele Nachbarstaaten biete das Land trotz territorialer Streitigkeiten und Interessendivergenzen vielmehr eine Gelegenheit für Entwicklung.136 Dennoch wird die Gefahr einer möglichen regionalen Isolierung Chinas erkannt, falls sich die ASEAN dem Indo-Pazifik-Rahmen anschließen sollte.137

Die größte Schwäche des Indo-Pazifik-Konzeptes aus Sicht chinesischer Analysten ist, dass es bislang keine glaubwürdige wirtschaftliche Dimension / Säule besitze und somit der Attraktivität Chinas als Handels- und Investitionspartner (auch im Rahmen der BRI) nicht wirklich etwas entgegenzusetzen habe. Diese Kritik bezieht sich vor allem auf die USA, deren Indo-Pazifik-Strategie FOIP sich hauptsächlich auf Sicher­heit fokussiere. Aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen der vier Hauptverfechter des Indo-Pazifik stellen chinesische Fachleute die längerfristige Tragfähigkeit des Konzeptes in Frage.138 Eine ganze Reihe von Publikationen unterstreicht in diesem Zusammenhang den Rückzug der USA aus dem Handelsabkommen TPP. Allerdings könnten gemeinsame Infrastruktur-Initiativen der USA und ihrer Partner in der Region potentiell zu einer echten Konkurrenz für Chinas BRI werden.139 Es findet sich auch die Meinung, der seit 2018 eskalierende Han­dels­krieg zwischen den USA und China sei die eigentliche ökonomische Dimension der amerikanischen Ein­dämmungspolitik gegenüber China.140

Nach Ansicht einiger Experten liegt der Schlüssel für Erfolg oder Scheitern der amerikanischen Indo-Pazifik-Strategie bei China selbst: Wenn sich die Beziehungen zu den Nachbarstaaten an allen Fronten verschlechtern, fördere es selbst das Zustandekommen einer gegen sich gerichteten Allianz.141 Dementsprechend formulieren viele Artikel Empfehlungen für die chinesische Politik, wie mit der Indo-Pazifik-Stra­te­gie umzugehen ist. Sie reichen von einer »Spaltung« des Quad, vor allem durch Verbesserung des chine­sischen Verhältnisses zu Japan und Australien, über mehr Engagement Chinas in Südostasien und in den ASEAN-zentrierten Organisationen (ASEAN+3, ASEAN 10+1, EAS, ARF),142 Beschleunigung der Ver­handlungen über das regionale Freihandelsabkommen RCEP, eine aktive Öffnung der chinesischen Wirtschaft zur Vertiefung bestehender Interdependenzen bis hin zur Ermutigung südostasiatischer Staaten (Indonesien, ASEAN als Ganzes), sich dem Indo-Pazifik-Konzept anzuschließen, um damit den Einfluss der USA auf die Entscheidungsfindung zu schwächen. Und schließlich solle China aktiv die Zusammenarbeit mit den Infrastruktur-Initiativen der Quad-Mitglieder suchen.143

Chinesische Initiativen in Reaktion auf den Indo-Pazifik

Auf Basis dieser Analysen der Indo-Pazifik-Strategie geht es für China im Wesentlichen darum zu ver­hindern, dass sich dieses geopolitische Konzept zu einem Sammelbecken für eine gemeinsame Front der Nachbarstaaten und der gesamten Region gegen China entwickelt.

Chinesische Experten und Expertinnen sehen tat­sächlich eine Abmilderung des forschen und ag­gres­siven außenpolitischen Verhaltens seitens der eige­nen Führung nach dem Amtsantritt Donald Trumps 2017.144 Sie arbeitet dabei in erster Linie auf eine Aufweichung / Spaltung des Quad hin. In diesen Kon­text gehört etwa die Wieder­annäherung zwischen China und Japan: Im Mai 2018 besuchte Premier­minister Li Keqiang Tokyo, im Oktober 2018 fand der Gegenbesuch von Premierminister Shinzo Abe in Peking statt – erstmals nach sieben Jahren. Auch die nach dem Grenzzwischenfall in Doklam 2017 ange­spannten Beziehungen zwischen China und Indien verlaufen wieder in konstruktiveren Bahnen, nach­dem sich Präsident Xi Jinping und Premierminister Narendra Modi im April 2018 in Wuhan und im Oktober 2019 in Mamallapuram zu informellen Gipfeln getroffen haben. Mit Australien sind dagegen bislang keine Annäherungsversuche auszumachen – möglicherweise verhindert die dortige sehr kritische innenpolitische Debatte über Chinas Einflussnahme einen versöhnlicheren Ton. Oder die chinesische Seite sieht hier wegen der starken wirtschaftlichen Abhängig­keit Australiens von China keinen Handlungsbedarf.

Gegenüber den ASEAN-Staaten bemüht sich China nach Meinung seiner Fachleute ebenfalls um eine akzeptablere Politik, indem es den seit langem ver­handelten Verhaltenskodex (Code of Conduct) im Südchinesischen Meer vorantreibt. Ein weiteres Bei­spiel sei der Ausbau der Sicherheitskooperation in Form einer erstmalig gemeinsam abgehaltenen mari­timen Militärübung im Oktober 2018.145

Gegenüber den USA hielt man sich trotz des 2019 eskalierenden Handels- und Technologiestreits zu­min­dest von offizieller Seite rhetorisch zurück. Auch wenn Medien wie die Global Times, die für nationa­listische und »hard line«-Artikel bekannt ist, schärfere Töne anschlagen, ist das Bemühen der chinesischen Führung (sowie vieler Experten) zu erkennen, Kon­kur­renz, strategische Rivalität und Kooperation in den Beziehungen zu den USA auszubalancieren.

Es darf allerdings bezweifelt werden, dass auch die umliegenden Länder Chinas selbst diagnostizierte Ver­haltensänderung als so einschneidend wahrnehmen und dass ihre Befürchtungen wirklich ausgeräumt werden konnten.

Der Indo-Pazifik als Eindämmungsstrategie

China hat sich offiziell den Begriff »Indo-Pazifik« nicht zu eigen gemacht, sondern ist bei der Bezeichnung »Asien-Pazifik« geblieben. Die verschiedenen Logiken, die die Vertreter des Indo-Pazifik anführen – Verlagerung des globalen wirtschaftlichen Schwerpunktes in die Region, Zusammenwachsen der beiden Meere, gestiegene strategische Bedeutung Indiens und des Indischen Ozeans, regionale Gemein­schaft von Werten und Normen –, werden in chine­sischen akademischen Publikationen sämtlich als nicht überzeugend zurückgewiesen.

Dennoch erkennt man auf chinesischer Seite in der Indo-Pazifik-Strategie den Trend einer zunehmen­den strategischen Rivalität zwischen den USA und China: Diese verschiebt die – aus chinesischer Sicht schon Jahrzehnte bestehende – Mischung aus Kooperations- und Eindämmungspolitik seitens der USA deutlich zugunsten Letzterer.

Für China geht es darum, die potentielle Gefahr einer ausgewachsenen Konfrontation mit den USA abzuwenden.

Deshalb geht es für China darum, die potentielle Gefahr einer ausgewachsenen wirtschaftlichen und / oder militärischen Konfrontation abzuwenden. Ansatzpunkt dafür ist vor allem die Politik gegenüber den Nachbarstaaten und der Region, um die Ent­stehung einer gemeinsamen Front mit den USA und gegen China zu verhindern. China geht davon aus, dass friedliche Koexistenz auch zwischen etablierter (USA) und aufstrebender Macht (China) möglich ist bzw. sein muss, weil die Kosten und die Kollateralschäden einer Konfrontation für beide Seiten (und die Staaten der Region) nicht tragbar sind.

Wo steht Europa mit Blick auf den Indo-Pazifik?

Die EU und ihre Mitgliedstaaten haben sich, mit einer Ausnahme, bislang gegenüber dem Konzept des Indo-Pazifik nicht eigenständig positioniert. Explizit hat sich nur Frankreich dazu bekannt. 2016 hatte es mit dem offiziellen Papier Frankreich und Sicherheit in Asien-Pazifik146 seine Rolle als Akteur (»resident power«) in der Region untermauert, 2019 wurde ein Nachfolgedokument unter dem Titel Frankreich und Sicherheit im Indo-Pazifik147 publiziert. Weniger deutlich hat Groß­britannien Position bezogen; zumindest nehmen offizielle Dokumente bisher fast gar nicht Bezug auf den Indo-Pazifik.148 Weder die EU selbst noch eines ihrer Mitglieder haben bis dato offiziell erklärt, die FOIP-Strategie der Trump-Regierung oder die Indo-Pazifik-Konzepte anderer Akteure mitzutragen, auch wenn europäische Politiker in Asien den Begriff »Indo-Pazifik« bisweilen in Reden verwenden.149

Vertreterinnen und Vertreter europäischer (und außereuropäischer) Think-Tanks diskutieren dagegen intensiv, ob die EU bzw. die europäischen Staaten die Bezeichnung »Indo-Pazifik« aufgreifen und sich aktiv an dem Konzept beteiligen sollten. Dabei geht es gleicher­maßen um die Frage, ob Europa hier einen spezifischen Beitrag leisten könnte und, wenn ja, welchen.150

(Asien-)Experten inner- und außerhalb Europas führen verschiedene Argumente an für eine klare Positionierung der EU (und der Mitgliedstaaten) zum Indo-Pazifik sowie für die Übernahme des Begriffs. Dabei sehen sie die Tatsache, dass es bisher kein einheitliches Verständnis unter den Verfechtern bzw. Beteiligten des Konzeptes gibt, nicht als Hindernis. Gerade weil die Ausgestaltung noch in der Entstehung begriffen sei, könnten die Europäer die strategischen Debatten über den Indo-Pazifik mitgestalten, wenn sie sich jetzt einbringen.151 Eine Rolle für die EU sei angesichts ihrer Abhängigkeit vom Handel und ihrer wirtschaftlichen Interessen keine Option, sondern eine Notwendigkeit.152 Die internationale Ordnung, so heißt es in einer gemeinsamen Publikation eines indischen und eines australischen Autors, werde im Indo-Pazifik durch Chinas unilaterales Vorgehen langfristig stärker herausgefordert als in Eurasien durch Russland.153 Gerade für Deutschland wird deshalb ein größeres Engagement als alternativlos dargestellt:

»Aus diesem Grund haben Länder mit unmittel­baren Interessen sowohl im Indo-Pazifik als auch in der internationalen Ordnung keine andere Wahl, als auf Chinas Herausforderung und die Unsicherheit darüber, inwieweit Washington bereit ist, die globale Ordnung zu erhalten, zu reagieren.«154

Sicherheitsexperten aus der Region unterstreichen den Umstand, dass im Gegensatz zu Europa multi­laterale Ansätze im Indo-Pazifik nicht unbedingt erfolg­versprechend sind, da hier eher bi-, tri- und mini­laterale Formate vorherrschen.155 Außerdem ver­füge Europa über geringe militärische Kapazitäten in der Region.

Bei ihrem Engagement im Indo-Pazifik, so argumentieren einige Autoren und Autorinnen, könnten sich die Europäer jedoch auf Bereiche konzentrieren, die andere Akteure vernachlässigen. Dazu gehören nichttraditionelle Sicherheitsprobleme, Good Govern­ance, Klimapolitik und schließlich eine stabilisierende Rolle in der wachsenden Großmachtrivalität in der Region, nämlich als neutraler Akteur durch Förderung der regelbasierten Ordnung und kooperativer Sicherheitsinitiativen.156 Auch in Fragen des Handels könnte die EU eine Führungsrolle übernehmen, aufbauend auf dem Freihandelsabkommen mit Japan. Nicht zuletzt könnten sich weitere europäische Natio­nen wie Deutschland oder Norwegen an militä­rischen Operationen im Südchinesischen Meer betei­ligen, wie sie Frankreich regelmäßig durchführt.157 Eine Heraus­forderung für die Europäer wird aller­dings darin ge­sehen, Verpflichtungen gegenüber China einzuhalten und gleichzeitig die Prinzipien der demokratischen Koalition des Quad zu unterstützen, so dass nicht der Eindruck einer europäischen Parteinahme entsteht.158

Die Indo-Pazifik-Konzeption Frankreichs

Bereits in ihrem Vorwort des Dokuments Frankreich und Sicherheit im Indo-Pazifik unterstreicht Verteidigungsministerin Florence Parly: »Frankreich ist eine indopazifische Nation und hat einen besonderen Platz in diesem Teil der Welt inne.« Der Indo-Pazifik wird hier geographisch definiert als die Meeres- und Landgebiete, die durch die Interaktionen um strate­gische Machtzentren (Indien, China, Südostasien und Australien) herum geprägt werden. Sie umfassen den Indischen, den Pazifischen und den Südlichen Ozean und bilden ein strategisches Kontinuum, das von der ostafrikanischen Küste bis zur amerikanischen West­küste reicht (siehe Karte auf Seite 39).159

Für Frankreich stehen seine nationalen Interessen in der Region und die Aufrechterhaltung einer regelbasierten Ordnung im Vordergrund.

Die Inter­essen Frankreichs in der Region gründen sich auf fran­zösische Besitzungen (Inseln im Südpazi­fik und im Indischen Ozean sowie einige vor der ost­afrikanischen Küste, wie Mayotte, Scattered Islands, Réunion), die daraus abgeleiteten Exclusive Economic Zones (EEZs; 9 Millionen qkm), circa 1,6 Millionen französische Staatsangehörige in der Region und eine militä­rische Präsenz zum Schutz der Besitzungen.160 Geo­gra­phisch und strategisch stimmt Frankreichs

Karte 2

Ver­ständ­nis des Indo-Pazifik weitgehend mit dem über­ein, was vorige französische Strategiepapiere als »Asien-Pazifik« bezeichnet haben.161

Im Vordergrund für Frankreich stehen nationale Interessen, seine Souveränität und die Aufrecht­erhaltung einer regelbasierten Ordnung. Das Papier von 2019 betont Frankreichs Netzwerk an strategischen Partnerschaften im Indo-Pazifik mit Ländern wie Indien, Japan, Australien, Malaysia, Singapur, Neuseeland, Indonesien und Vietnam, seine aktiven Beiträge zu verschiedenen regionalen Sicherheits­formaten und ‑dialogen sowie Militärübungen.162 Hervorgehoben wird auch die Bedeutung französischer Rüstungsexporte in die Region mit Indien, Australien, Malaysia und Singapur als wichtigsten Abnehmern. Ein besonderes französisches Inter­esse bestehe zudem am Zusammenhang zwischen Um­welt / Klimawandel und Sicherheit / Vertei­di­gung.163

Überdies operieren die Reden französischer Verteidigungsminister (bzw. der Ministerin) mit dem Begriff »Indo-Pazifik«. Wie im französischen Strategiepapier geht es dabei in erster Linie um Frankreich als indo­pazifische Nation und um sein militärisches und militär-diplomatisches Engagement in der Region.

Initiativen Frankreichs und anderer europäischer Staaten

Bereits seit 2014 hat Frankreich sein Engagement in der Region vor allem durch militärische Übungen demonstriert. Dies beinhaltete gemeinsame Manöver mit den Seestreitkräften zum Beispiel Indiens, aber auch mehrmals im Jahr Exkursionen von Kriegs­schiffen ins Südchinesische Meer in die Nähe der von China aufgeschütteten künstlichen Inseln.164 Im Jahr 2016 überraschte der damalige französische Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian seine europäischen Amts­kollegen mit der Idee, im Südchinesischen Meer eine regelmäßige und sichtbare Präsenz europäischer Seestreitkräfte aufzubauen.165

Im März 2019 entsandte Frankreich den Flugzeugträger Charles de Gaulle in die Region (»Opération Clemenceau«). Neben den USA beteiligte sich eine kleine Zahl anderer EU-Mitgliedstaaten – Italien, Österreich, Portugal und Dänemark – mit Hardware oder Personal an dieser französischen Mission.166 Selbst wenn solche Operationen hauptsächlich sym­bolischer Natur sind, demonstrieren sie aus Sicht von Beobachtern, einschließlich in der Region, doch ein gemeinsames Bekenntnis zur regelbasierten inter­nationalen Ordnung.167 Frankreich verstärkt darüber hinaus seine sicherheitspolitische Kooperation mit Indien, Australien und Japan.168

Nach dem Brexit ist Frankreich das einzige EU-Land, das militärisch in der Indo-Pazifik-Region präsent ist.

Der japanische Außenminister Taro Kono offerierte den Außenministern Frankreichs und Großbritanniens in einem Interview 2017 eine kollaborative Rolle in der Partnerschaft zwischen den USA, Japan, Austra­lien und Indien.169 Wie sich Großbritannien nach seinem Austritt aus der EU im asiatisch-pazifischen bzw. indopazifischen Raum positionieren und welche Kapazitäten es dort tatsächlich bereitstellen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls wird Frankreich dann das einzige EU-Land sein, das überhaupt militärisch in der Region präsent ist. Spätestens wenn es in der ersten Hälfte 2022 die EU-Ratspräsidentschaft über­nimmt, ist damit zu rechnen, dass Paris das Thema Indo-Pazifik auf die EU-Agenda setzt, falls es bis dahin keine europäische Positionierung gibt. Es hat bereits Angebote zur Zusammenarbeit unter diesem Label gemacht, geht aber wohl davon aus, dass die Euro­päer dem fran­zösischen Verständnis des Konzeptes folgen.

Beim Treffen des deutsch-französischen Ministerrats im Oktober 2019 haben sich die Außenminister beider Länder auf eine Reihe von Maßnahmen festgelegt, die sie gemeinsam vorantreiben wollen. Maßnahme 6 lautet:

»Frankreich und Deutschland verpflichten sich, ge­meinsam die EU-Asien-Konnektivitätsstrategie zu stärken, auch mit dem Ziel, eine europäische Strategie für den indopazifischen Raum zu entwickeln [Hervorhebung FH / GW]. Sie verpflichten sich, die Einheit der Euro­päischen Union bei Fragen der EU-Asienpolitik zu fördern.«170

Dass die Entwicklung einer europäischen Indo-Pazifik-Strategie hier in direkten Bezug zur Asien-Konnektivitätsstrategie171 gesetzt wird, erweitert und öffnet den stark militärisch und militär-diplomatisch ausgerichteten / geprägten Indo-Pazifik-Begriff, wie ihn Frankreich verwendet, in eine wirtschaftliche und politische Richtung. Weitere bilaterale Gespräche dazu sind bereits in Planung.

Während Frankreich mit seiner klaren Positionierung die Ausnahme in der EU bildet, wird in einigen ande­ren Mitgliedstaaten (Deutschland, Italien und den­jenigen Staaten, die an französischen Militär­übungen im Indo-Pazifik beteiligt sind) und auf EU-Ebene zu­min­dest darüber nachgedacht, wie mit dem Konzept des Indo-Pazifik umzugehen ist. In den meisten anderen Mitgliedsländern dürfte diese Frage bisher gar nicht auf der politischen Agenda stehen – jeden­falls gibt es keine Hinweise darauf in offiziellen Doku­menten, Weißbüchern oder Reden von Politi­kern und Politikerinnen. Von einem innereuropäischen Konsens kann daher in dieser Angelegenheit fast noch weniger die Rede sein als hinsichtlich der BRI Chinas. Letztere ist innerhalb der Union (und unter den EU-Botschaftern in Peking) immerhin intensiv diskutiert worden, da bei der BRI Europa und die Mitgliedstaaten selbst wichtige Zielregion sind. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage des Umgangs der EU und ihrer Mitglieder mit dem Indo-Pazifik umso drängender.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen: Wie sollten EU und Mitgliedstaaten mit dem »Indo-Pazifik« umgehen?

Der systematische Vergleich der Indo-Pazifik-Konzep­tionen hat erstens aufgezeigt, dass unterschiedliche Interpretationen des Begriffs existieren. Divergenzen zwischen den Konzeptionen der USA, Japans, Aust­raliens, Indiens und der ASEAN wurden hinsichtlich einer Reihe von Eigenschaften / Kernelementen identifiziert: a) der Ausdehnung des Indo-Pazifik als geographischer Raum, b) der mit der jeweiligen Kon­zeption verbundenen Zielsetzungen, c) der Schwerpunktsetzung bzw. Gewichtung verschiedener Politik­felder innerhalb der jeweiligen Konzeption, d) der Frage nach der Inklusion oder Exklusion Chinas und e) des Stellenwerts von bi-, mini- und multilateralen Ansätzen in der Handels- und der Sicherheitspolitik.

Obwohl alle Akteure von dem Indo-Pazifik sprechen, gibt es bislang kein einheitliches Verständnis, was genau damit gemeint ist. Folglich enthalten die unterschiedlichen Konzeptionen des Indo-Pazifik verschiedene potentielle Anknüpfungspunkte bzw. Anschlussfähigkeiten für die EU und ihre Mitgliedstaaten. So bietet etwa der ASEAN Outlook mit seiner Betonung multilateraler Sicherheitskooperation Anknüpfungspunkte für entsprechende europäische Ideen. Weitere Beispiele hierfür sind das vor allem von Japan und Australien geäußerte Interesse an multilateralen Freihandelsabkommen oder das Ziel, eine regelbasierte internationale Ordnung aufrechtzuerhalten. Auch die Indo-Pazifik-Strategie Frankreichs bietet Anknüpfungspunkte für andere euro­päische Staaten, beispielsweise durch die Verbindung von Umwelt, Klimawandel und Sicherheitspolitik in der Region, wie auch dadurch, dass es sich explizit auf multilaterale regionale Formate wie das ADMM-Plus bezieht und sie unterstützt.

Zweitens macht die Studie deutlich, dass die Mehr­zahl der Akteure »Indo-Pazifik« nicht als geographische Bezeichnung, sondern vielmehr als dezidiert politisches bzw. strategisches Konzept versteht und verwendet. Dahinter stehen teils stark voneinander abweichende Normen, Interessen und Ordnungs­vorstellungen. Dem zweiten Befund entspricht, drittens, der Umstand, dass China Entstehung und Verwendung des Begriffs als Teil einer gegen sich gerichteten Containment-Strategie Washingtons auf­fasst und ihn deshalb rundheraus ablehnt. Viertens sind trotz aller Divergenzen akteursübergreifend auch Konvergenzen festzustellen, nämlich die Bezug­nahme auf eine regelbasierte internationale Ordnung, die Verbesserung von Konnektivität und die positive Bezugnahme auf die ASEAN und ihr anhängende multilaterale Foren. Fünftens erschwert indes die Vielzahl an Divergenzen zwischen den unterschied­lichen Indo-Pazifik-Konzeptionen eine Übernahme durch Dritte. Denn diese müssten, so sie eine Über­nahme in Betracht ziehen, ob der verschiedenen Kon­zeptionen und der damit verbundenen politischen Konnotationen erst einmal klären, wieso sie welche Konzeption bevorzugen.

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass in Europa eine Diskussion darüber entbrannt ist, ob und wie man sich diesbezüglich positionieren bzw. verhalten sollte. Frankreich verwendet bisher als ein­ziges EU-Mitglied den Begriff »Indo-Pazifik« und hat eine entsprechende Konzeption vorgelegt. Der Begrün­dungslogik des französischen Konzeptes – Schutz eigener Territorien, der Bürger und Bürgerinnen und EEZs im Indo-Pazifik – sind jedoch bis dato weder die EU noch die anderen Mitgliedsländer gefolgt.

Auf EU-Ebene, in Deutschland und in den anderen Mitgliedstaaten ist als Erstes zu klären, ob und, wenn ja, wie der Begriff »Indo-Pazifik« gebraucht werden kann: wenn nicht neutral, dann doch weniger ver­sicher­heitlicht und weniger geopolitisiert, beispielsweise zunächst als (wirtschafts-)geographische Bezeich­nung. Diese beschriebe die Realitäten von Handels-, Energie- und Investitionsströmen adäquater als der bisher übliche Begriff »Asien-Pazifik«. Denn dass »Indo-Pazifik« der wirtschaftlichen Schwerpunkt­verlagerung und der gewachsenen Bedeutung des Indischen Ozeans (und Indiens) besser gerecht wird als das bislang vorherrschende Konstrukt »Asien-Pazifik«, lässt sich auch von europäischer Seite unter­schreiben. Gleiches gilt für ein wirtschaftlich und ordnungspolitisch begründbares Interesse an der Aufrechterhaltung einer regelbasierten Ordnung in der Region. Unter anderem diese beiden Aspekte bieten Ausgangs- und Anknüpfungspunkte für eine europäische Debatte über den Indo-Pazifik.

Zu klären bleibt hierbei dennoch, welche konkreten Ziel- und Schwerpunktsetzungen Europa verfolgt, inklusive des Stellenwertes bi-, mini- und multilate­raler Ansätze. Nicht zuletzt sollte die Frage nach der Inklusion oder Exklusion Chinas in einen europäischen Indo-Pazifik-Ansatz explizit erörtert werden.

Bei ihren Abwägungen sollten sich die EU und ihre Mitglieder nicht auf die Nullsummen-Logik einlassen, die derzeit das Verhältnis zwischen den USA und China bestimmt. Stattdessen sollten sie eine eigen­ständige Position formulieren. Idealtypisch stehen ihnen drei Optionen zur Verfügung:

  1. »Äquidistanz«: Man entscheidet sich bewusst und offen für die Beibehaltung des Begriffs »Asien-Pazi­fik« und verwendet das Konstrukt »Indo-Pazifik« selbst nicht. Dadurch würde man sich mit Staaten wie Südkorea oder Kanada in eine Reihe stellen, die den Begriff bisher nicht benutzen. Eine vermeintliche Entscheidung »für« oder »gegen« die USA oder China würde somit vermieden, zumindest begrifflich. In der Folge würde man versuchen, auf der Basis der eigenen Normen und Interessen sowohl mit dem FOIP als auch der BRI punktuell Synergien herzustellen und dabei gleichzeitig eine Art von »Äquidistanz« zu wahren. Der Nachteil dieser Option liegt in einem permanenten Hedging / Lavieren zwischen Washington und Peking und dem damit verbundenen Verlust an eigener politischer wie ökonomischer Gestaltungsfähigkeit und strategischer Autonomie. Ein eigener deutscher bzw. euro­päischer Beitrag zum Indo-Pazifik unterbliebe.

  2. »Alignment«: Man übernimmt eine der bereits existierenden Interpretationen des »Indo-Pazifik« und internalisiert sie. Aus deutscher bzw. europäischer Sicht wäre es naheliegend, sich hierfür der französischen Konzeption anzuschließen. Vorteile dieser Option wären: die Demonstration, dass der »deutsch-französische« Motor funktioniert; geringere Transaktionskosten, indem eine nationale Sicherheitsstrategie »europäisiert« würde und keine Neuentwicklung nötig wäre; die Bereitstellung zumindest rudimentärer militärischer Kapazitäten vor Ort zunächst durch Frankreich. Eine Europäisierung des französischen Ansatzes würde diesem zudem mehr Sichtbarkeit und Gewicht in der Region selbst verleihen.

    Die Nachteile dieser Option bestehen unter ande­rem darin, dass die Übernahme der französischen Konzeption mit ihrer Betonung nationaler fran­zösischer Interessen in Übersee einer deutschen wie europäischen Öffentlichkeit potentiell schwer zu vermitteln wäre. Ebenso könnte sich der Umstand als Nachteil erweisen, dass die (bislang) von Frankreich vorgenommene Ausrichtung stark sicherheitspolitisch aufgeladen ist und eine ganze Reihe wichtiger Politikfelder gar nicht oder stiefmütterlich behandelt. Ein französisches »Copyright« würde entsprechende Änderungs- bzw. Ergän­zungsvorschläge anderer Mitgliedstaaten nicht einfach machen und könnte zu Deutungs- und Kompetenzgerangel führen. Gleichermaßen könnte die daraus resultierende ungleiche Lastenverteilung zuungunsten Frankreichs zu inner­europäischen Konflikten führen. Und schließlich könnte China eine Verwendung des Begriffs »Indo-Pazifik« als Beteiligung an einer US-geführten Containment-Strategie werten.

  3. »Autonomie«: Man definiert ein eigenes europäisches Verständnis des »Indo-Pazifik« auf der Grundlage der eigenen Normen und Werte. Dabei greift man zurück auf Ideen und Ansätze, die bereits auf europäischer Ebene entwickelt wurden. Mit dem EU-Strategiepapier zur Konnektivität in Asien liegt zum Beispiel ein Rahmen vor für mehr Engagement beim Ausbau der Infrastruktur in der Region. Ein Indo-Pazifik-Konzept auf EU-Ebene hätte den Vorteil, einen eigenständigen Beitrag einzubringen. Da die Debatte um den »Indo-Pazifik« nicht statisch verläuft, könnte man durch ein eigenes Konzept versuchen, gemäß den eigenen Normen und Inter­essen Ordnungspolitik aktiv mitzugestalten. Dabei könnte die EU durchaus auf Elemente Bezug nehmen, die andere Akteure in ihrer Konzeption des Indo-Pazifik hervorheben (etwa Inklusivität basierend auf gemeinsamen Regeln und freiem Zugang für die Schifffahrt für alle Staaten). Eine Grundlage für Infrastrukturkooperation wäre sogar schon vorhanden: die Partnerschaft mit Japan, die im September 2019 beim Konnektivitätsforum in Brüssel abgeschlossen wurde. Ein weiterer Vorteil läge darin, dass das Konzept idealerweise von allen Mitgliedstaaten mitgetragen würde und die EU auf diese Weise Kohärenz nach außen demonst­rieren könnte.

    Von Nachteil könnten die hohen Transaktions­kosten sein, die durch den innereuropäischen Aus­handlungsprozess entstehen würden. Überdies müsste die EU die erforderlichen Kapazitäten bereit­stellen, um die postulierten Ziele zu erreichen – ansonsten würde das Indo-Pazifik-Konzept kaum Wirkung entfalten. Außerdem könnte China auch bei dieser Option die Übernahme des Begriffs als Beteiligung an der US-geführten Containment-Strategie interpretieren, was zu Konflikten mit Peking führen könnte.

Ein allein deutsches Indo-Pazifik-Konzept zu erarbei­ten erscheint mit Blick auf die geringen diplomatischen und die nicht vorhandenen militärischen Kapa­zitäten Deutschlands abwegig. Zudem könnte es als »Konkurrenzprodukt« zum französischen Ansatz gesehen werden und so die Wahrnehmung Europas in der Region als politisch gespaltener Akteur ver­stärken. Und die Erarbeitung könnte zumindest indirekt ein wie auch immer geartetes gemeinsames europäisches Vorgehen unterhöhlen.

Fast wichtiger freilich als die Frage, für welche Option man sich entscheidet, ist es, die wirtschaft­lichen, sicherheitspolitischen und ordnungspolitischen Interessen der Europäer in der Region zu klären. Hinzu kommt, dass die notwendigen Ressour­cen zur Verfügung gestellt werden müssen, um diese Interessen umzusetzen. Nur wenn Letzteres gewährleistet ist, kann Europa in der Region – und nicht zuletzt gegenüber China – glaubwürdig auftreten.

Abkürzungen

ACSA

Acquisition and Cross-Servicing Agreement

ADB

Asian Development Bank

ADMM-Plus

ASEAN Defence Ministers’ Meeting Plus

AIIB

Asian Infrastructure Investment Bank

AOIP

ASEAN Outlook on the Indo-Pacific

APEC

Asia-Pacific Economic Cooperation

ARF

ASEAN Regional Forum

ARI

Analyses of the Elcano Royal Institute

ARIA

Asia Reassurance Initiative Act

ASEAN

Association of Southeast Asian Nations

BIMSTEC

Bay of Bengal Initiative for Multi-Sectoral Technical and Economic Cooperation

BRI

Belt and Road Initiative

BRICS

Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika

BUILD Act

Better Utilization of Investments Leading to Development Act

CPTPP

Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership

CRS

Congressional Research Service

CSCAP

Council for Security Cooperation in the Asia Pacific

CSIS

Center for Strategic and International Studies

EAMF

Expanded ASEAN Maritime Forum

EAS

East Asia Summit

EDGE

Enhancing Development and Growth through Energy

EEZ

Exclusive Economic Zone

EU

Europäische Union

EUISS

European Union Institute for Security Studies

FBI

Federal Bureau of Investigation

FOIP

Free and Open Indo-Pacific

FONOP

Freedom of Navigation Operation

GMF

The German Marshall Fund of the United States

HADR

Humanitarian Assistance and Disaster Relief

IDFC

US International Development Finance Corporation

IISS

International Institute for Strategic Studies

IORA

Indian Ocean Rim Association

IPBF

Indo-Pacific Business Forum

IPEC

Indo-Pacific Economic Corridor

IPTI

Indo-Pacific Transparency Initiative

ISPI

Italian Institute for International Political Studies

ITAN

Infrastructure Transaction and Assistance Network

KAS

Konrad-Adenauer-Stiftung

LMI

Lower Mekong Initiative

MPAC

Master Plan on ASEAN Connectivity

NAM

Non-Aligned Movement

NSS

National Security Strategy

OBOR

One Belt, One Road

OPIC

Overseas Private Investment Corporation

PALM

Pacific Islands Leaders Meeting

PEP

Papua New Guinea Electrification Partnership

PRIF

Pacific Region Infrastructure Facility

Quad

Quadrilateral Security Dialogue

RCEP

Regional Comprehensive Economic Partnership

SCO

Shanghai Cooperation Organisation

SDG

Sustainable Development Goal

TAC

Treaty of Amity and Cooperation

TAF

Transaction Advisory Fund

TPP

Trans-Pacific Partnership

UNCLOS

United Nations Convention of the Law of the Sea

USAID

United States Agency for International Development

Literaturhinweise

Mischa Hansel / Sebastian Harnisch / Nadine Godehardt (Hg.)

Chinesische Seidenstraßeninitiative und amerikanische Gewichtsverlagerung – Reaktionen aus Asien

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft, 2018.

Hanns Günther Hilpert

»Handel, Wirtschaft, Finanzen: Rivalitäten, Konflikte, Eskalationsrisiken«

in: Barbara Lippert / Volker Perthes (Hg.): Strategische Rivalität zwischen USA und China. Worum es geht, was es für Europa (und andere) bedeutet, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 1/2020), S. 27–31.

Hanns Günther Hilpert / Gudrun Wacker

»Chinesische Narrative über die USA«

in: Barbara Lippert / Volker Perthes (Hg.): Strategische Rivalität zwischen USA und China. Worum es geht, was es für Europa (und andere) bedeutet, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 1/2020), S. 13–16.

Alexandra Sakaki / Felix Heiduk

»Introduction to the Special Issue – China’s Belt and Road Initiative: the View from East Asia«

in: East Asia, 36 (2019) 2, S. 93–113.

Gudrun Wacker

»The People's Republic of China«

in: Klaus Larres / Ruth Wittlinger (Hg.), Understanding Global Politics. Actors and Themes in International Affairs, London / New York 2020, S. 91–107.

Endnoten

1

 John Hemmings, Global Britain in the Indo-Pacific, London: Henry Jackson Society, Mai 2018 (Asia Studies Centre, Research Paper Nr. 2/2018), S. 17.

2

 Barbara Lippert/Volker Perthes (Hg.), Strategische Rivalität zwischen USA und China. Worum es geht, was es für Europa (und andere) bedeutet, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 1/2020), doi: 10.18449/2020S01.

3

 Ministry of Defence of France, France and Security in the Indo-Pacific, Paris, Mai 2019.

4

 Gearóid O’Tuathail, Critical Geopolitics. The Politics of Writing Global Space, Minneapolis: University of Minnesota Press, 1996 (Borderlines, Bd. 6); Benno Teschke, The Myth of 1648. Class, Geopolitics, and the Making of Modern International Relations, London: Verso, 2003; Jason Dittmer/Joanne Sharp (Hg.), Geopolitics. An Introductory Reader, London: Routledge, 2014.

5

 Siehe z. B. Axel Berkofsky/Sergio Miracola (Hg.), Geopolitics by Other Means. The Indo-Pacific Reality, Mailand: Italian Institute for International Political Studies (ISPI), Februar 2019, <https://www.ispionline.it/sites/default/files/pubblicazioni/ indo-pacific_web.def_.pdf> (Zugriff am 29.4.2020); Sharon Stirling (Hg.), Mind the Gap: National Views of the Free and Open Indo-Pacific, Washington, D. C.: The German Marshall Fund of the United States (GMF), 23.4.2019 (GMF Asia Program 2019, Nr. 9), <http://www.gmfus.org/publications/mind-gap-national-views-free-and-open-indo-pacific> (Zugriff am 29.4.2020); Sonderheft Unpacking the Strategic Dynamic of the Indo-Pacific von International Affairs, 96 (2020) 1; Congressional Research Service (CRS), Indo-Pacific Strategies of U. S. Allies and Partners: Issues for Congress, Washington, D. C., 30.1.2020 (CRS Report R46217), <https://crsreports.congress.gov/product/pdf/ R/R46217> (Zugriff am 29.4.2020).

6

 The White House, »Remarks by President Trump at APEC CEO Summit, Da Nang, Vietnam«, Da Nang, 10.11.2017, <https://www.whitehouse.gov/briefings-statements/remarks-president-trump-apec-ceo-summit-da-nang-vietnam/> (Zugriff am 29.4.2020).

7

 David Scott, »The Indo-Pacific in US Strategy: Responding to Power Shifts«, in: Rising Powers Quarterly, 3 (2018) 2, S. 19–43.

8

 Hudson Institute, »Vice President Mike Pence’s Remarks on the Administration’s Policy towards China«, Washington, D. C., 4.10.2018, <https://www.hudson.org/events/1610-vice-president-mike-pence-s-remarks-on-the-administration-s-policy-towards-china102018> (Zugriff am 29.4.2020).

9

 Center for Strategic and International Studies (CSIS), »Defining Our Relationship with India for the Next Century: An Address by U. S. Secretary of State Rex Tillerson«, Wa­shington, D. C., 18.10.2017.

10

 Michal Kolmaš/Šárka Kolmašová, »A ›Pivot‹ That Never Existed: America’s Asian Strategy under Obama and Trump«, in: Cambridge Review of International Affairs, 32 (2019) 1, S. 61–79, <https://doi.org/10.1080/09557571.2018.1553936> (Zugriff am 29.4.2020).

11

 U. S. Department of Defense, »As Prepared Remarks by Secretary of Defense Mark T. Esper at the Munich Security Conference«, München, 15.2.2020, <https://www.defense.gov/ Newsroom/Speeches/Speech/Article/2085577/remarks-by-secretary-of-defense-mark-t-esper-at-the-munich-security-conference/> (Zugriff am 29.4.2020).

12

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific. Advancing a Shared Vision, Washington, D. C., 4.11.2019, S. 6, <https://www.state.gov/a-free-and-open-indo-pacific-advancing-a-shared-vision/> (Zugriff am 29.4.2020).

13

 The Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report. Preparedness, Partnerships, and Promoting a Networked Region, Washington, D. C., 1.6.2019, S. 1, <https://media.defense.gov/ 2019/Jul/01/2002152311/-1/-1/1/DEPARTMENT-OF-DEFENSE-INDO-PACIFIC-STRATEGY-REPORT-2019.PDF> (Zugriff am 29.4.2020).

14

 U. S. Department of Defense, »As Prepared Remarks by Secretary Esper at the German Marshall Fund in Brussels«, Brüssel, 24.10.2019, <https://www.defense.gov/Newsroom/ Speeches/Speech/Article/1997187/as-prepared-remarks-by-secretary-esper-at-the-german-marshall-fund-in-brussels/> (Zugriff am 29.4.2020).

15

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12], S. 6.

16

 U. S. Embassy and Consulate in Vietnam, »Secretary of Defense Mark T. Esper Remarks at Diplomatic Academy of Vietnam«, Hanoi, 20.11.2019, <https://vn.usembassy.gov/ secretary-of-defense-mark-t-esper-remarks-at-diplomatic-academy-of-vietnam/> (Zugriff am 29.4.2020).

17

 The White House, »Remarks by President Trump at APEC CEO Summit, Da Nang, Vietnam« [wie Fn. 6].

18

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12], S. 6.

19

 The Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 13], S. 4.

20

 U. S. Embassy Vietnam, »Secretary of Defense Mark T. Esper Remarks at Diplomatic Academy of Vietnam« [wie Fn. 16].

21

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12], S. 13.

22

 The Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 13], S. 22.

23

 Ebd., S. 40.

24

 U. S. Embassy Vietnam, »Secretary of Defense Mark T. Esper Remarks at Diplomatic Academy of Vietnam« [wie Fn. 16]; U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12], S. 7.

25

 The Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 13], S. 44–47.

26

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12], S. 8.

27

 Ebd., S. 21.

28

 Ebd., S. 13.

29

 CSIS, »Defining Our Relationship with India for the Next Century: An Address by U. S. Secretary of State Rex Tillerson« [wie Fn. 9].

30

 The Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 13], S. 16–19.

31

 Bhavan Jaipragas, »Trump Strikes a Blow in US-China Struggle with Build Act to Contain Xi’s Belt and Road«, in: South China Morning Post, 20.10.2018, <https://www.scmp.com/ week-asia/geopolitics/article/2169441/trump-strikes-blow-us-china-struggle-build-act-contain-xis> (Zugriff am 29.4.2020).

32

 Ebd.

33

 Library of Congress, »Asia Reassurance Initiative Act of 2018«, Washington, D. C., 31.12.2018, <https://www.congress. gov/bill/115th-congress/senate-bill/2736/text> (Zugriff am 29.4.2020).

34

 Phuwit Limviphuwat, »American Investors Eye Energy Sector under Asia Edge Initiative«, in: The Nation, 21.6.2019, <https://www.nationthailand.com/business/30371530> (Zugriff am 29.4.2020).

35

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12], S. 15.

36

 Ebd., S. 11.

37

 U. S. Department of State, A Free and Open Indo-Pacific [wie Fn. 12]; The Department of Defense, Indo-Pacific Strategy Report [wie Fn. 13]; The White House, National Security Strategy of the United States of America, Washington, D. C., Dezember 2017, <https://www.whitehouse.gov/wp-content/uploads/2017/ 12/NSS-Final-12-18-2017-0905.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

38

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, »Speech by His Excellency Mr. Shinzo Abe, Prime Minister of Japan, at the Parliament of the Republic of India ›Confluence of the Two Seas‹«, Neu-Delhi, 22.8.2007, <https://www.mofa.go.jp/ region/asia-paci/pmv0708/speech-2.html> (Zugriff am 29.4.2020).

39

 Shinzo Abe, »Asia’s Democratic Security Diamond«, Project Syndicate, 27.12.2012, <https://www.project-syndicate. org/onpoint/a-strategic-alliance-for-japan-and-india-by-shinzo-abe> (Zugriff am 29.4.2020).

40

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, »Address by Prime Minister Shinzo Abe at the Opening Session of the Sixth Tokyo International Conference on African Development«, Nairobi, 27.8.2016, <https://www.mofa.go.jp/afr/af2/ page4e_000496.html> (Zugriff am 29.4.2020).

41

 Ash Rossiter, »The ›Free and Open Indo-Pacific‹ Strategy and Japan’s Emerging Security Posture«, in: Rising Powers Quarterly, 3 (2018) 2, S. 113–131.

42

 Kei Koga, »Japan’s ›Indo-Pacific‹ Question: Countering China or Shaping a New Regional Order?«, in: International Affairs, 96 (2020) 1, S. 49–73 (57), <https://doi.org/10.1093/ ia/iiz241> (Zugriff am 29.4.2020).

43

 Prime Minister of Japan and His Cabinet, »Policy Speech by Prime Minister Shinzo Abe to the 196th Session of the Diet«, Tokyo, 22.1.2018, <https://japan.kantei.go.jp/98_abe/ statement/201801/_00002.html> (Zugriff am 29.4.2020).

44

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, »Remarks by Mr. Nobuo Kishi, State Minister for Foreign Affairs at the Indian Ocean Conference 2016«, Singapur, 7.10.2016, <https://www. mofa.go.jp/files/000185853.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

45

 Yoshihide Soeya, »Indo-Pacific: From Strategy to Vision«, in: Ron Huisken (Hg.), CSCAP [Council for Security Cooperation in the Asia Pacific] Regional Security Outlook 2020, Canberra: CSCAP, 2019, S. 16–19 (16).

46

 Prime Minister of Japan, »Policy Speech by Prime Minister Shinzo Abe to the 196th Session of the Diet« [wie Fn. 43].

47

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, »Address by Prime Minister Abe at the Seventy-Third Session of the United Nations General Assembly«, New York, 25.9.2018, <https://www.mofa.go.jp/fp/unp_a/page3e_000926.html> (Zugriff am 29.4.2020).

48

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, Diplomatic Bluebook 2017. Japanese Diplomacy and International Situation in 2016, Tokyo 2017, S. 27.

49

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, Diplomatic Bluebook 2019. Japanese Diplomacy and International Situation in 2018, Tokyo 2019, S. 28.

50

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, »Foreign Policy Speech by Foreign Minister Kono to the 196th Session of the Diet«, Tokyo, 22.1.2018, <https://www.mofa.go.jp/ fp/unp_a/page3e_000816.html> (Zugriff am 29.4.2020).

51

 Stephen R. Nagy, »Japan’s Precarious Indo-Pacific Balance«, in: The Japan Times, 14.11.2019, <https://www. japantimes.co.jp/opinion/2019/11/14/commentary/japan-commentary/japans-precarious-indo-pacific-balance/> (Zugriff am 29.4.2020).

52

 Koga, »Japan’s Indo-Pacific‹ Question« [wie Fn. 42].

53

 Prime Minister of Japan, »Policy Speech by Prime Minister Shinzo Abe to the 196th Session of the Diet« [wie Fn. 43].

54

 Axel Berkofsky, Tokyo’s »Free and Open Indo-Pacific«: Quality Infrastructure and Defence to the Fore, Madrid: Elcano Royal Institute, 14.3.2019 (ARI [Analyses of the Elcano Royal Institute] 34/2019), <http://www.realinstitutoelcano.org/ wps/portal/rielcano_en/contenido?WCM_GLOBAL_CONTEXT= /elcano/elcano_in/zonas_in/ari34-2019-berkofsky-tokyos-free-and-open-indo-pacific-quality-infrastructure-defence-fore> (Zugriff am 29.4.2020).

55

 Tomohiro Osaki, »In Blow to China, Japan’s ›Quality Infrastructure‹ to Get Endorsement at Osaka G20«, in: The Japan Times Online, 25.6.2019, <https://www.japantimes.co.jp/ news/2019/06/25/business/economy-business/blow-china-japans-quality-infrastructure-get-endorsement-osaka-g20/> (Zugriff am 29.4.2020).

56

 Chhut Bunthoeun, »Japan to Provide $1.8m in Aid to Expand Port«, in: Khmer Times, 30.5.2019, <https://www. khmertimeskh.com/609009/japan-to-provide-1-8m-in-aid-to-expand-port/> (Zugriff am 29.4.2020).

57

 RCEP: ein Abkommen zwischen den zehn ASEAN-Staaten und den sechs Partnerstaaten China, Japan, Süd­korea, Australien, Neuseeland und Indien.

58

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, Japan's International Cooperation. White Paper on Development Cooperation 2017, Tokyo 2018, <https://www.mofa.go.jp/policy/oda/page22e_ 000860.html> (Zugriff am 29.4.2020).

59

Koga, »Japan’s ›Indo-Pacific‹ Question« [wie Fn. 42], S. 72.

60

 Australian Government, Australia in the Asian Century. White Paper, Canberra, Oktober 2012, S. 80, <https://www. defence.gov.au/whitepaper/2013/docs/australia_in_the_ asian_century_white_paper.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

61

 Australian Government, Department of Defence, 2013 Defence White Paper, Canberra 2013, <https://www.defence. gov.au/whitepaper/2013/docs/WP_2013_web.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

62

 Australian Government, Department of Defence, 2016 Defence White Paper, Canberra 2016, <https://www.defence. gov.au/WhitePaper/Docs/2016-Defence-White-Paper.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

63

 Australian Government, 2017 Foreign Policy White Paper. Opportunity, Security, Strength, Canberra, November 2017, <https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/2017-foreign-policy-white-paper.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

64

 Prime Minister of Australia, »›Where We Live‹ Asialink Bloomberg Address«, Sydney, 26.6.2019, <https://www.pm. gov.au/media/where-we-live-asialink-bloomberg-address> (Zugriff am 29.4.2020); Minister of Defence Senator Linda Reynolds, Rede beim 18. Shangri-La-Dialog 2019 des IISS [International Institute for Strategic Studies], Singapur, 2.6.2019, <https://www.iiss.org/events/shangri-la-dialogue/ shangri-la-dialogue-2019> (Zugriff am 29.4.2020); Secretary of the Department of Foreign Affairs and Trade Frances Adamson, »Shaping Australia’s Role in Indo-Pacific Security in the Next Decade«, Canberra, 2.10.2018, <https://dfat.gov. au/news/speeches/Pages/shaping-australias-role-in-indo-pacific-security-in-the-next-decade.aspx> (Zugriff am 29.4.2020); Dies., »The Indo-Pacific: Australia’s Perspective«, Kuala Lumpur, 29.4.2019, <https://www.dfat.gov.au/news/ speeches/Pages/the-indo-pacific-australias-perspective> (Zugriff am 29.4.2020).

65

 Rory Medcalf, »Indo-Pacific: What in a Name?«, in: The Interpreter (Lowy Institute), 16.8.2012, <https://archive. lowyinstitute.org/the-interpreter/indo-pacific-what-name> (Zugriff am 29.4.2020). Eine überarbeitete Version erschien unter dem Titel »The Indo-Pacific: What’s in a Name?« in: The American Interest, 9 (2013) 2, <https://www.the-american-interest.com/2013/10/10/the-indo-pacific-whats-in-a-name/> (Zugriff am 29.4.2020).

66

 Eine kritische Auseinandersetzung mit der australischen Rhetorik und Praxis findet sich bei Brendan Taylor, »Is Aust­ralia’s Indo-Pacific Strategy an Illusion?«, in: International Affairs, 96 (2020) 1, S. 95–109.

67

 Ebd., S. 95.

68

 Medcalf, »The Indo-Pacific: What’s in a Name?« [wie Fn. 65].

69

 Australian Government, 2017 Foreign Policy White Paper [wie Fn. 63], Fußnote auf S. 1.

70

 Australian Government, 2017 Foreign Policy White Paper [wie Fn. 63], S. 11.

71

 Minister of Defence Senator Linda Reynolds, Rede 18. IISS-Shangri-La-Dialog [wie Fn. 64].

72

 Ebd.

73

 Australian Government, Ministry of Foreign Affairs and Trade, »US, Japan, Australia Reaffirm Commitment to Indo-Pacific Infrastructure Development«, Media Release, Tokyo, 25.6.2019, <https://dfat.gov.au/news/media/Pages/us-japan-australia-reaffirm-commitment-to-indo-pacific-infrastruc ture-development.aspx> (Zugriff am 29.4.2020).

74

Ein konkretes Projekt sind Unterseekabel, die Australien, Papua-Neuguinea und die Salomon-Inseln verbinden. Siehe David Brewster, »A ›Free and Open Indo-Pacific‹ and What it Means for Australia«, in: The Interpreter (Lowy Institute), 7.3.2018, <https://www.lowyinstitute.org/the-interpreter/free-and-open-indo-pacific-and-what-it-means-australia> (Zugriff am 29.4.2020).

75

 Taylor, »Is Australia’s Indo-Pacific Strategy an Illusion?« [wie Fn. 66], S. 108.

76

 Zur Sicherheitskooperation mit den USA und Japan siehe auch den Abschnitt »Konkrete Initiativen und Umsetzung« in den Kapiteln zu den USA (S. 15ff) bzw. zu Japan (S. 19ff).

77

 Für eine kritische Bewertung der »Blue Dot«-Initiative siehe Peter McCawley, »Connecting the Dots on the Blue Dot Network«, in: The Interpreter (Lowy Institute), 12.11.2019, <https://www.lowyinstitute.org/the-interpreter/connecting-dots-blue-dot-network> (Zugriff am 29.4.2020).

78

 Siehe Jeffrey Wilson, »Diversifying Australia’s Indo-Pacific Infrastructure Diplomacy«, in: Australian Outlook (Australian Institute of International Affairs), 16.4.2019, <http://www.internationalaffairs.org.au/australianoutlook/ diversifying-australias-indo-pacific-infrastructure-diplomacy/> (Zugriff am 29.4.2020).

79

 Zu gemeinsamen Initiativen mit den USA im Bereich Infrastruktur siehe auch den Abschnitt »Konkrete Initiativen und Umsetzung« im Kapitel zu den USA (S. 15ff).

80

 Australian Government, Ministry of Foreign Affairs and Trade, »About the New Colombo Plan«, [o. D.], <https://dfat. gov.au/people-to-people/new-colombo-plan/about/Pages/ about.aspx> (Zugriff am 29.4.2020).

81

 Australian Government, 2017 Foreign Policy White Paper [wie Fn. 63], S. 4.

82

 Prime Minister of Australia, »›Where We Live‹« [wie Fn. 64]. Zu ASEAN und dem »Outlook on the Indo-Pacific« siehe das nächste Unterkapitel (S. 27ff).

83

 Ministry of Foreign Affairs of Japan, »Abe Speech ›Confluence of the Two Seas‹« [wie Fn. 38].

84

 Insgesamt taucht der Begriff »Indo-Pazifik« hier sechs Mal auf. Siehe Indian Navy, Ensuring Secure Seas: Indian Maritime Security Strategy, Neu-Delhi, Oktober 2015 (Naval Strategic Publication 1.2), <https://www.indiannavy.nic.in/ sites/default/files/Indian_Maritime_Security_Strategy_Document_25Jan16.pdf> (Zugriff am 29.4.2020). Im Vorgänger­dokument von 2009 gab es dagegen noch keine Nennung des »Indo-Pazifik«.

85

 India’s National Security Strategy, März 2019, S. 11, <https://manifesto.inc.in/pdf/national_security_strategy_gen_hooda.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

86

 Siehe z. B. Rajesh Rajagopalan, »Evasive Balancing: India’s Unviable Indo-Pacific Strategy«, in: International Affairs, 96 (2020) 1, S. 75–93.

87

 Ebd., S. 78.

88

 Siehe z. B. Nidhi Prasad, India’s Foray into the Indo-Pacific: Embracing Ambiguity through Strategic Autonomy, 2019, <https://www.ide.go.jp/library/Japanese/Publish/Download/Report/2018/pdf/2018_2_40_011_ch07.pdf> (Zugriff am 29.4.2020).

89

 Rajagopalan, »Evasive Balancing« [wie Fn. 86], S. 79. Der Autor bezeichnet die Politik Indiens als »ausweichendes Balancing«, das heißt, Indien versucht, die Sicherheits­kooperation mit anderen Staaten der Region zu stärken und gleich­zeitig Peking zu versichern, dass sich dies nicht gegen China richtet.

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