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Die Zukunft des transatlantischen Verhältnisses: Mehr als die NATO

SWP-Studie 2003/S 17, 15.05.2003, 23 Seiten Forschungsgebiete

 

Die NATO war vierzig Jahre lang ein Synonym für das transatlantische

Verhältnis. Die im Ost-West-Konflikt gewachsene Symbiose zwischen

Europa und den USA hat sich seit dem 1989 / 90 eingeleiteten

weltpolitischen Umbruch schrittweise aufgelöst. Dadurch wird die

Allianz zwar als militärisches Bündnis unersetzbar bleiben,

aber in Zukunft vor allem instrumentelle Bedeutung haben. Die neuen

Gefahren, die an die Stelle der während des Ost-West-Konflikts

wahrgenommenen Bedrohungen getreten sind, verbinden den transatlantischen

Raum nicht weniger als früher der Ost-West-Konflikt. Sie sind keineswegs

nur militärischen Ursprungs und bedürfen einer über Militärisches

hinausgehenden Abwehr. Sicherheitspolitik läßt sich umso

weniger auf militärische Vorsorge beschränken, je seltener

ihre Mittel auf ein staatliches Gegenüber gerichtet sind.

 

Daraus folgt für das transatlantische Verhältnis:

  • Die neuen Sicherheitsrisiken stellen das transatlantische Verhältnis nicht in Frage, sondern geben ihm eine neue Begründung.
  • Seit dem Ende des Ost-West-Konflikts ist das transatlantische Verhältnis störanfälliger geworden und stärker auf einen vielschichtigen Dialog angewiesen.
  • Die NATO ist als militärische Organisation unverzichtbar. Als Rahmen für einen umfassenden politischen Dialog ist sie jedoch zu eng geworden. Die seit mehr als vierzig Jahren geführte Debatte über einen europäischen Pfeiler im transatlantischen Verhältnis hat erst mit der Verabredung einer ESVP ihren eher virtuellen Charakter abgelegt.
  • Um als Partner wahrgenommen zu werden, müssen die EU-Mitglieder klare Konzepte darüber gewinnen, welche Perspektiven sie der ESVP einräumen und welchen Bedrohungen sie nur gemeinsam mit den USA entgegentreten wollen.
  • Einfluß auf die USA zu nehmen, kann nicht heißen, sich der Zielvorstellung einer Gegenmacht hinzugeben. Angesichts der überragenden Dominanz der USA kann der Beitrag der EU jedoch nur darin bestehen, transparente, abgestimmte konzeptionelle Signale an die USA zu übermitteln.
  • Aufgrund ihres umfangreichen Instrumentariums ist die EU der geeignete europäische Pfeiler im transatlantischen Dialog, nicht aber eine ESVP, die der NATO untergeordnet bleibt.