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Streit im östlichen Mittelmeer – Griechenland, Türkei, Zypern

Eine seevölkerrechtliche Einordnung

SWP-Studie 2022/S 02, 10.02.2022, 33 Seiten

doi:10.18449/2022S02

Forschungsgebiete
  • Die Türkei beansprucht im östlichen Mittelmeer einen Festlandsockel, der unmittelbar an das Küstenmeer der Republik Zypern und an das der griechischen Inseln heranreicht. Griechenland und Zypern machen dort jedoch ebenfalls Festlandsockelrechte geltend. Die daraus erwachsenden Spannungen destabilisieren die Region.

  • Eine verbindliche Festlegung der maritimen Grenzen zwischen den drei Staaten würde Rechtssicherheit bringen. Gegenüber Griechenland hat die Türkei signalisiert, dass sie nicht ausschließe, unter gewissen Bedingungen den Internationalen Gerichtshof hiermit zu betrauen. Eine Abgrenzung im Gebiet westlich der Insel Zypern kommt für Ankara jedoch erst dann in Betracht, wenn die Zypernfrage vollständig geklärt ist.

  • Solange keine Abgrenzung durch Übereinkunft oder durch ein inter­nationales Gericht erfolgt ist, müssen die drei Staaten gemäß dem Völkerrecht Zurückhaltung in Bezug auf die umstrittenen Seegebiete üben. Bohrungen auf dem Festlandsockel, die der Förderung von Erdgas dienen, sind in einem umstrittenen Gebiet nur zulässig, wenn hierüber Ein­vernehmen zwischen den betreffenden Staaten herrscht.

  • Vorläufige Vereinbarungen, die eine gemeinsame Erschließung um­stritte­ner Seegebiete vorsehen, können zu einer Annäherung der Parteien bei­tragen und gegebenenfalls sogar den Weg für längerfristige Lösungen ebnen. Gerade mit der wachsenden Bedeutung des östlichen Mittelmeers als energiewirtschaftlicher Transit- und Verbindungsraum könnten sich neue Chancen für eine Zusammenarbeit eröffnen.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Die Türkei erhebt im östlichen Mittelmeer Anspruch auf einen großen Festlandsockel zwischen Zypern und den griechischen Inseln. Vordergründig geht es um die Erkundung und Ausbeutung von Erdgas­vorkommen. Vor allem aber strebt die Türkei nach maritimer Vorherrschaft in der Region. Wie entschlossen Ankara ist, zeigt sich unter anderem daran, dass die staatseigenen Forschungs- und Bohrschiffe bei ihren Einsätzen in den jeweils auch von Griechenland oder der Republik Zypern be­anspruchten See­gebieten regelmäßig von türkischen Kriegsschiffen eskortiert werden. Bei einem solchen Einsatz kolli­dier­ten im August 2020 eine grie­chische und eine türki­sche Fregatte. Die deutsche Bundesregierung versuch­te mehrfach, zwischen den Parteien zu ver­mitteln. Und die Europäische Union hat wegen der Bohrtätigkeiten der Türkei im östlichen Mittelmeer gezielte Sanktionen gegen verantwortliche und beteiligte Per­sonen verhängt. Nach wie vor besteht jedoch Gefahr, dass die Spannungen weiter eskalieren, denn nicht nur die türkische Marine hat ihre Präsenz in den um­strittenen Gewässern erheb­lich verstärkt. Frankreich und die USA etwa, die in der Region eigene strategische Interessen verfolgen, haben Kriegsschiffe dorthin entsandt. Hinzu kommt, dass neben Griechenland und der Republik Zypern andere Anrainerstaaten wie Israel und Ägypten in Alarmbereitschaft sind und begonnen haben, ihre Seestreitkräfte zu modernisieren, um auf eventuelle Auseinandersetzungen vor­bereitet zu sein.

Vor diesem Hintergrund beleuchtet die vorliegende Studie die Spannungen in den Gewässern um Zypern sowie den Streit zwischen Griechenland und der Tür­kei im östlichen Mittelmeer aus der Perspektive des internationalen Seerechts. Dabei geht es um folgende Punkte:

  • Die maritimen Rechte der Republik Zypern werden von Ankara vollständig ignoriert. Dies erklärt sich daraus, dass die Türkei die Republik Zypern nicht als Staat anerkennt. Die »griechisch-zyprischen Behörden«, so Ankaras Formulierung im Umgang mit Nikosia, könnten jedenfalls keine Meereszonen für die Insel Zypern beanspruchen, ohne darüber mit der türkisch-zyprischen Seite eine Einigung erzielt zu haben.

  • Der griechischen Regierung wirft Ankara vor, über­zogene Ansprüche zu stellen. Nach türkischer Les­art des Seevölkerrechts und einiger Entscheidungen internationaler Gerichte steht den griechischen Inseln jenseits ihres Küstenmeers nämlich weder ein Festlandsockel noch eine ausschließliche Wirt­schaftszone zu. Gemäß Artikel 121 Absatz 2 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen, einer Vorschrift, die Völkergewohnheitsrecht widerspiegelt, genießen Inseln jedoch unabhängig von ihrer Größe dieselben maritimen Rechte wie ande­re Landgebiete. Dies bedeutet, dass auch Inseln einen Festlandsockel haben und eine ausschließ­liche Wirtschaftszone generieren können. Allerdings werden Inseln von internationalen Gerichten mitunter anders behandelt als Festlandgebiete, wenn es um die Abgrenzung dieser Meereszonen geht. Das kommt beispielsweise dann vor, wenn sich die Festlandsockel zweier Staaten überlappen und in dem umstrittenen Gebiet Inseln des einen Staates vor der Küste des anderen Staates liegen, also ge­wissermaßen auf der »falschen Seite« der gedachten Mittellinie. In einem solchen Fall tendieren internationale Gerichte dazu, die betreffenden Inseln trotz ihres Anrechts auf einen eigenen Fest­landsockel bei der Abgrenzung nur in vermindertem Umfang zu berücksichtigen oder ihnen gegebenenfalls sogar jeglichen Einfluss auf den Grenzverlauf abzusprechen. Auf diese Rechtsprechung stützt sich die Türkei.

Eine baldige Beilegung der Streitigkeiten ist nicht in Sicht. Der Festlandsockel westlich der Insel Zypern soll nach dem Willen der Türkei erst dann abgegrenzt wer­den, wenn die Zypernfrage vollständig geklärt ist. Gegenüber Griechenland hat die Türkei zwar Bereit­schaft signalisiert, den Internationalen Gerichtshof anzurufen. Voraussetzung sei aber Einigkeit darüber, welche Streitfragen dem Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden sollten. Hierüber Konsens zu erzielen dürfte sich als schwierig erweisen. Die grie­chische Regierung hat erklärt, sie werde nur über eine Abgrenzung der Festlandsockel und ausschließ­lichen Wirtschaftszonen zwischen den griechischen Inseln und der türkischen Küste verhandeln. Die Liste an Punkten, die aus Sicht der Türkei offen sind, ist wesentlich länger. Dabei soll es Ankara zufolge auch um strittige Themen gehen, die die Situation in der Ägäis betreffen, etwa um Fragen der Lufthoheit oder um die Demilitarisierung eini­ger griechischer Inseln. Der Ägäiskonflikt belastet die Beziehungen zwischen den beiden Staaten seit Jahr­zehnten. Diesen Konflikt mit den Abgrenzungsfragen zu verknüpfen, die sich mit Blick auf das östliche Mittelmeer stellen, würde die Gespräche und eventu­ellen Verhandlungen über­frachten.

Sollten sich Griechenland und die Türkei dennoch darauf verständigen, den Grenzverlauf zwischen ihren Festlandsockeln und ausschließlichen Wirtschafts­zonen durch den Internationalen Gerichtshof oder ein internationales Schiedsgericht klären zu lassen, wäre das Ergebnis indes kaum vorhersehbar. Bei der Interpretation und Anwendung der im Seerechtsübereinkommen nur vage formulierten Abgren­zungs­regeln, die sich auch im Völkergewohnheitsrecht manifestiert haben, verfügen internationale Gerichte über einen weiten Spielraum. Dies hat dazu geführt, dass in schwierigen Abgrenzungsfällen mit­unter besonders kreative Lösungen gefunden wurden. Ins­gesamt ist die richterliche Rechtsfortbildung in die­sem Bereich dynamisch und nicht immer konsistent.

Solange keine Abgrenzung durch Übereinkunft oder durch ein internationales Gericht erfolgt ist, müssen die Parteien gemäß dem Völkerrecht eine ge­wisse Zurückhaltung in Bezug auf die umstrittenen Seegebiete üben. Zwar soll es möglich sein, die betref­fenden Areale zunächst einmal weiter zu nutzen. Pro­blematisch sind aber Eingriffe, die die Meeresumwelt dort nachhaltig verändern. Dazu zählen Bohrungen auf dem Festlandsockel, die der Förderung von Öl und Gas dienen. Solche Maßnahmen dürfen die Parteien nur einvernehmlich durchführen. Aus diesem Grund schließen Staaten, während sie über die Grenzen zwi­schen ihren Meereszonen streiten, häufig vorläufige Vereinbarungen miteinander, um eine gemeinsame Entwicklung des umstrittenen Gebiets sowie eine ge­meinsame Ausbeutung seiner natürlichen Ressourcen zu ermöglichen. Solche technischen Vereinbarungen können zu einer Annäherung beitragen und gegebe­nenfalls den Weg für längerfristige Lösungen ebnen.

Neue Chancen für eine Kooperation könnten sich daraus ergeben, dass das östliche Mittelmeer als Transit- und Verbindungsraum im Zuge der geplanten Energiewende immer wichtiger wird. Mit dem Ausbau erneuerbarer Energien und der Produktion von Ökostrom dürften auch die Konflikte um die Er­kundung und Ausbeutung von Erdgasvorkommen allmählich an Bedeutung verlieren. Der Streit um die Abgrenzung maritimer Hoheitszonen wird Griechenland, die Türkei und Zypern aber weiterhin beschäf­tigen.

Ausgangslage

Seit Ende der 2000er Jahre wurden in Teilen des öst­lichen Mittelmeers, vor allem zwischen Zypern und Israel sowie vor der Küste Ägyptens, größere Erdgasvorkommen entdeckt. Die Ressourcen sind nicht nur für die Energiesicherheit der Anrainerstaaten von Bedeutung, sondern haben auch das Interesse exter­ner Akteure geweckt. Dazu zählen neben den USA, China und Russland unter anderem die Europäische Union und einzelne europäische Staaten.1 In diesem von wirtschaftlichem Wettbewerb und geopolitischer Rivalität geprägten Umfeld versucht die Türkei, ihren Einfluss mit einer stark militärisch unterfütterten Politik zu vergrößern. Insbesondere strebt sie nach maritimer Vorherrschaft in der Region.2 Den ideo­logischen und strategischen Überbau hierfür liefert die sogenannte Blue Homeland-Doktrin (Mavi Vatan).3 So beansprucht die Türkei im östlichen Mittelmeer einen Festlandsockel (zu den seerechtlichen Defini­tionen siehe unten, S. 16ff), der im Osten zum Teil bis an das Küstenmeer der Republik Zypern und im Westen direkt an das Küstenmeer der griechischen Inseln heranreicht.4 Zu diesen Inseln gehören Rhodos, Karpathos, Kasos und Kreta sowie das der tür­kischen Küste unmittelbar vorgelagerte Kastellorizo (Megisti), Griechenlands am weitesten östlich gelege­ne Insel.

Unter Druck geraten ist die Türkei zuletzt durch die Gründung des East Mediterranean Gas Forum (EMGF), einem Verbund von Staaten aus der Region, dessen Zweck auch darin besteht, Ankaras expansiver Politik dort entgegenzuwirken. Hinzu kommt, dass die Euro­päische Union angesichts der türkischen Bohraktivi­täten in den von der Republik Zypern beanspruchten Gewässern einen strengeren Kurs gegenüber Ankara eingeschlagen hat. So hat sie gezielte restriktive Maß­nahmen gegen natürliche und juristische Personen verhängt, die für die Bohrungen verantwortlich oder daran beteiligt sind.5 Wie sich die maritimen Ausein­andersetzungen der Türkei mit der Republik Zypern und mit Griechenland in den letzten Jahren ent­wickelt haben und wie sie sich heute darstellen, wird in den folgenden Abschnitten beleuchtet.

Die Spannungen in den Gewässern um Zypern

Im Februar 2003 schlossen Ägypten und die Republik Zypern ein Abkommen zur Abgrenzung ihrer aus­schließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) im östlichen Mittelmeer.6 Nach Artikel 1 des Abkommens bildet die Mittellinie zwischen den Küsten der beiden Staa­ten7 die Grenze. Die Türkei erkennt dieses Abkommen jedoch nicht an.8 Sie erhebt in dem Areal nörd­lich der Linie Anspruch auf einen Festlandsockel.9 Konkret handelt es sich um das Gebiet westlich des Längengrades 32°16'18''E, der unmittelbar vor der Westküste der Insel Zypern verläuft. In südlicher Rich­tung erstreckt sich der türkische Festlandsockel nach Auffassung Ankaras bis zur Mittellinie zwischen der türkischen und der ägyptischen Küste.10

Karte 1

Quelle: Letter Dated 18 March 2020, VN-Dok. A/74/757 [wie Fn. 4].

Im April 2004 hat die Republik Zypern per Gesetz eine ausschließliche Wirtschaftszone von bis zu 200 Seemeilen11 proklamiert.12 Noch im selben Monat hinterlegte sie beim Generalsekretär der Vereinten Nationen (VN) die geographischen Koordinaten der mit Ägypten vereinbarten AWZ-Abgrenzungslinie.13 Zudem beansprucht die Republik Zypern einen Fest­landsockel von bis zu 200 Seemeilen rund um die gesamte Insel Zypern.14

Die Türkei ignoriert jedoch konsequent sämtliche maritimen Ansprüche der Republik Zypern. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Türkei der Republik Zypern die Anerkennung verweigert und davon ausgeht, dass die »griechisch-zyprischen Behörden« (»Greek Cypriot administration«) – so die Wortwahl Ankaras – Hoheitsgewalt nur auf dem Gebiet südlich der Pufferzone ausüben, nicht aber die türkisch-zyprische Bevölkerung und erst recht nicht Zypern als Ganzes vertreten.15 Dementsprechend könn­ten die »griechisch-zyprischen Behörden« weder juri­stisch noch faktisch maritime Hoheitszonen für die Insel beanspruchen.16 Nach dem Verständnis der Tür­kei entfalten die von den »griechisch-zyprischen Be­hörden« erlassenen Gesetze und die von ihnen mit anderen Staaten abgeschlossenen bilateralen Abkom­men daher auch keinerlei Wirkung für die türkisch-zyprische Seite.17

Gleichzeitig ist die Türkei der einzige Staat, der die 1983 im Nordteil Zyperns ausgerufene »Türkische Republik Nordzypern« (Turkish Republic of Northern Cyprus, TRNC) anerkennt. Die TRNC erhebt ihrerseits Anspruch auf ein eigenes Küstenmeer von 12 See­meilen und einen eigenen Festlandsockel.18

Die Türkei will ihre Festland­sockel­rechte wahren und die Rechte der türkischen Zyprer schützen.

Ankara betont, dass die Aktivitäten der Türkei im östlichen Mittelmeer nicht nur der Wahrung eigener Festlandsockelrechte dienen, sondern auch dem Schutz gleicher Rechte zugunsten der türkischen Zyprer.19 Dementsprechend schloss die Türkei mit der TRNC ihr erstes Abkommen zur Abgrenzung des Festlandsockels im östlichen Mittelmeer, und zwar im September 2011.20 Damit reagierte die Türkei auf Bohraktivitäten der Republik Zypern vor der Küste der Insel.21 Ankara vertritt die Position, dass die Gebiete nördlich der mit der TRNC vereinbarten Abgrenzungs­linie vollständig Teil des türkischen Festlandsockels seien, während die Areale südlich der Linie in die Hoheitsgewalt der TRNC fielen.22

Karte 2

Quelle: Letter Dated 13 February 2014, VN-Dok. A/68/759 [wie Fn. 30].

Bei der TRNC handelt es sich um ein mit militä­rischer Gewalt und unter Verletzung des Völkerrechts errichtetes De-facto-Regime, nicht aber um einen Staat.23 Der VN-Sicherheitsrat bezeichnete den Versuch der Staatsgründung der TRNC im Jahre 1983 als recht­lich unwirksam und rief alle Staaten auf, keinen ande­ren zyprischen Staat als die Republik Zypern anzu­erkennen.24 Als nichtstaatlicher Akteur ist die TRNC weder in der Lage, maritime Zonen für sich zu rekla­mieren25 noch völkerrechtliche Verträge zu schließen.26 Folglich stellt auch das Abkommen von 2011 keinen völkerrechtlich bindenden Vertrag dar.27 Dennoch entfaltet die Vereinbarung zumindest eine gewisse faktische Kraft, solange sie von der Türkei effektiv durchgesetzt wird. So vergibt die TRNC seit einigen Jahren Lizenzen an die staatliche türkische Erdölgesellschaft TPAO, und zwar für Bohrungen in Arealen, welche die Republik Zypern für sich be­ansprucht (siehe Karte 3).28

Karte 3

Quellen: Letter Dated 30 April 2020, VN-Dok. A/74/832–S/2020/350 [wie Fn. 32]; Republic of Turkey, Outstanding Issues [wie Fn. 105], S. 40.

Die TRNC hat der von ihr als »griechisch-zyprische Seite« betitelten Republik Zypern wiederholt vor­geschlagen, bei der Exploration und Ausbeutung der unterseeischen Erdgasvorkommen der Insel zusammenzuarbeiten. Eine solche Kooperation könne als Katalysator dienen, um eine Verhandlungslösung für Zypern zu erzielen, so die TRNC.29 Die Republik Zypern hat dies bislang jedoch ausgeschlossen.

Verschärft wird die Lage dadurch, dass die Türkei verstärkt Kriegsschiffe zu Manövern in die Gewässer rund um Zypern entsendet. Unter dem Schutz dieser Schiffe kreuzt dort schon seit 2013 das türkische For­schungsschiff Barbaros Hayreddin Paşa, um mögliche Gasfelder zu erkunden.30 Ebenso von der türkischen Marine eskortiert werden die türkischen Schiffe Fatih und Yavuz, die in den Gewässern östlich, westlich und südlich der Insel Zypern Bohrungen durchführen.31 Nikosia beklagt, dass nicht nur auf dem Festland­sockel und in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Republik Zypern gebohrt wird, sondern zum Teil sogar in ihrem Küstenmeer.32 Betroffen sind auch AWZ- und Festlandsockelareale, für deren Erschließung die Republik Zypern bereits Lizenzen an inter­nationale Unternehmen und Konsortien ver­geben hat.33

Ausländische Erkundungs- und Bohrschiffe, die mit Genehmigung der zyprischen Behörden in den von der Republik Zypern beanspruchten Gewässern unterwegs waren, wurden wiederholt von der türki­schen Marine kontrolliert und gezwungen, diese Ge­wässer zu verlassen.34 Sogar Forschungsschiffe, die unter der Flagge der Republik Zypern fahren, wurden in den betreffenden Seegebieten von türkischen Kriegsschiffen bedrängt.35 In Reaktion auf die Vergabe von Erkundungslizenzen an internationale Energiekonsortien durch die Republik Zypern hat die türki­sche Regierung wiederholt klargemacht, dass die be­treffenden Blöcke auf dem türkischen Festlandsockel gelegen seien. Auch ließ Ankara verlauten, man wer­de anderen Staaten sowie ausländischen Unternehmen oder Schiffen unter keinen Umständen er­lauben, dort ohne Autorisierung durch die türkischen Behör­den tätig zu werden.36

Um Klarheit im Verhältnis zur Türkei zu schaffen, hinterlegte die Republik Zypern im Mai 2019 beim VN-Generalsekretär geographische Koordinaten, die die nördlichen und nordwestlichen äußeren Grenz­linien ihrer ausschließlichen Wirtschaftszone und ihres Festlandsockels definieren.37 Im November 2019 übermittelte die Türkei daraufhin ihrerseits dem VN-Generalsekretär eine Liste mit geographischen Koordi­naten, aus der sich die äußeren Grenzen des Festland­sockels ergeben, den die Türkei im östlichen Mittel­meer beansprucht.38 Und im März 2020 reichte sie eine Karte ein, auf der diese Grenzen abgebildet sind.39

Aus diesen Unterlagen wird ersichtlich, in welchem Umfang die Festlandsockelansprüche der beiden Staa­ten miteinander kollidieren. Die Republik Zypern, die in Ankaras Vorgehen einen massiven Eingriff in ihre maritimen Rechte und eine Verletzung des Völ­kerrechts sieht, erklärte bereits mehrfach, dass sie die Ansprüche der Türkei als rechtsgrundlos zurück­weist.40

Karte 3 (S. 11) bietet einen Überblick über Blöcke, für welche die Türkei, die Republik Zypern und die TRNC Erkundungs- und Förderlizenzen vergeben, sowie über Gebiete, in denen es zu Überschneidungen kommt.

Karte 3 macht deutlich, dass die TRNC Lizenzen sogar für Blöcke vergibt, die sich im Süden der Insel Zypern befinden. Hierbei handelt es sich um ein Fest­land­sockel-Areal, das fast gänzlich von der Südküste des nicht besetzten Teils der Republik Zypern gene­riert wird. Auf dieses Areal hätte die TRNC auch dann kein Anrecht, wenn es sich bei ihr um einen Staat handeln würde (dazu unten, S. 15f).

Der Streit über Seegrenzen zwischen Griechenland und der Türkei

Im November 2019 unterzeichnete die türkische Regierung mit der von den Vereinten Nationen unter­stützten Nationalen Einheitsregierung Libyens ein Memorandum of Understanding zur Abgrenzung der Festlandsockel und ausschließlichen Wirtschafts­zonen beider Staaten.41 Darin haben sich die Parteien darauf verständigt, dass die Mittellinie zwischen ihren Küsten als Abgrenzungslinie dienen soll.42 Prob­lematisch ist, dass die vereinbarte Grenze in einem Gebiet südöstlich von Kreta verläuft, in dem Griechen­land seinerseits einen Festlandsockel beansprucht.

Der griechischen Regierung zufolge verstößt das Memorandum gegen internationales Seerecht, da die von der Türkei beanspruchten Meereszonen in diesem Gebiet sich nicht mit denen Libyens über­lappten, sondern mit den von den griechischen Inseln generierten Zonen.43 Athen betrachtet das Vorgehen der Türkei als Versuch, die griechischen Inseln ihrer maritimen Rechte zu berauben und sich den griechi­schen Festlandsockel anzueignen.44 Neben Griechenland verurteilte auch die Republik Zypern den türki­schen Vorstoß als völkerrechtswidrigen, aber zugleich untauglichen Versuch, auf Basis eines solchen Memo­randums die eigenen Meereszonen auszuweiten.45 Nach Auffassung Griechenlands und der Republik Zypern steht das Memorandum nicht nur im Wider­spruch zum Seerecht. Es sei auch mit den Bestimmungen des Friedensabkommens für Libyen vom 17. Dezember 2015 unvereinbar.46

In Reaktion auf das libysch-türkische Memorandum schloss Griechenland im August 2020 ein Ab­kommen mit Ägypten, in dem sich die beiden Staaten auf eine partielle Abgrenzung ihrer ausschließlichen Wirtschaftszonen geeinigt haben.47 Die darin verein­barte Linie verläuft ungefähr in der Mitte zwischen dem griechischen Inselbogen (bestehend aus Kreta, Kasos, Karpathos und Rhodos) und der ägyptischen Küste, wobei das AWZ-Gebiet auf ägyptischer Seite geringfügig größer ist.48 Mit dem Abkommen hat Griechenland gegenüber der Türkei noch einmal seine Ansprüche in den Seegebieten östlich der griechischen Inseln untermauert.49

Ankara betrachtet das ägyptisch-griechische Abkommen in Bezug auf die Türkei als »null und nichtig«. Das »vermeintlich abgegrenzte« Gebiet befinde sich über dem türkischen Festlandsockel, und die beiden Staaten – Ägypten und Griechenland – hätten über­haupt keine gemeinsame Seegrenze, so die türkische Regierung.50

Als weitere Gegenreaktion entsandte die Türkei noch im selben Monat das Forschungsschiff Oruc Reis. Begleitet von türkischen Kriegsschiffen, sollte es seismische Erkundungen in den Gewässern zwischen Kreta und Zypern vornehmen, wo Griechenland einen Festlandsockel beansprucht.51 Dort kam es zu einem offenbar unbeabsichtigten Zusammenstoß einer griechischen und einer türkischen Fregatte, woraufhin die deutsche Bundesregierung kurzfristig zwischen den Parteien vermittelte, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Trotzdem führte die Oruc Reis in den folgenden Monaten weitere seismische Untersuchungen in umstrittenen Seegebieten durch, unter anderem in der Nähe von Rhodos und Kastel­lorizo. In einem Brief an den VN-Sicherheitsrat sprach Griechenland von einer erheblichen Eskalation durch die Türkei. Dieses Verhalten stelle eine offene und nie dagewesene Bedrohung der Souveränität und sou­veränen Rechte Griechenlands dar und bedrohe über­dies Frieden und Stabilität in der Region.52 Obwohl Ankara und Athen ihre informellen bilateralen Son­dierungsgespräche im Januar 2021 wiederaufgenommen haben, belastet der Streit zwischen den beiden Staaten die Region nach wie vor.

Die seevölkerrechtlichen Zusammenhänge im Überblick

Im vorigen Kapitel wurde ausgeführt, dass die Türkei im östlichen Mittelmeer Anspruch auf einen Festland­sockel erhebt, der unmittelbar bis an die Territorialgewässer (d.h. an das Küstenmeer) der Republik Zypern und der griechischen Inseln heranreicht. Ankara vertritt die Position, dass die äußeren Grenzen dieses Festlandsockels grundsätzlich durch Abkommen mit den anderen Anrainerstaaten bestimmt werden sollten, dass eine Abgrenzung im Gebiet westlich der Insel Zypern jedoch an eine umfassende Lösung der Zypern­frage geknüpft sei und dass dort maritime Grenzen erst nach einer solchen Lösung ausgehandelt werden könnten.53 Im Streit zwischen Griechenland und der Türkei sind hingegen seerechtliche Fragen rund um den Status von Inseln relevant. Denn die Türkei geht davon aus, dass den griechischen Inseln jenseits ihres Küstenmeeres weder ein Festlandsockel noch eine ausschließliche Wirtschaftszone zusteht.54

Das internationale Seerecht, das solche Angelegenheiten regelt, ist im Wesentlichen im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982 (SRÜ)55 kodifiziert. Anders als Griechenland und die Republik Zypern ist die Türkei nicht Vertragspartei des Über­einkommens. Viele darin enthaltene Vorschriften spiegeln jedoch Völkergewohnheitsrecht wider, an das auch die Türkei gebunden ist. Dies gilt insbesondere für die Bestimmungen über das Küstenmeer,56 die ausschließliche Wirtschaftszone und den Festland­sockel.

Das Anrecht auf einen Festlandsockel und eine ausschließliche Wirtschaftszone

Jeder Küstenstaat hat kraft Souveränität über sein Landterritorium ein Anrecht (entitlement) auf bestimmte Seegebiete. Mit den Worten des Internationalen Gerichtshofs: Es ist das Land, das dem Küstenstaat das Recht auf die Gewässer vor seiner Küste verleiht.57 Dahinter steht das Prinzip, dass das Land die See be­herrscht (the land dominates the sea).58 Die Küste eines Staates generiert gewissermaßen durch ihre seewärtige Projektion ein maritimes entitlement.59

Die Rechte des Küstenstaates am Festlandsockel sind weder von einer tatsächlichen oder nominellen Besitzergreifung noch von einer ausdrücklichen Er­klärung abhängig.60 Bereits 1969 hat der Internationale Gerichtshof betont, dass die Rechte eines Küstenstaates am Gebiet des Festlandsockels »ipso facto« und »ab initio« existieren – eben kraft Souveränität über das Landterritorium, dessen natürliche Verlängerung der Festlandsockel bildet.61

Ausschließliche Wirtschaftszone und Festlandsockel

Bei der ausschließlichen Wirtschaftszone handelt es sich um ein Gebiet, das unmittelbar an die Territorialgewässer eines Küstenstaates grenzt und das nach Teil V des Seerechtsübereinkommens einer besonderen Rechtsordnung unterliegt.a In dieser Zone verfügt der Küstenstaat exklusiv über souveräne Rechte (nicht gleichbedeutend mit Souveränität) zur Erfor­schung, Ausbeutung, Erhaltung und Bewirtschaftung der leben­den und nichtlebenden natür­lichen Res­sourcen der Gewässer, des Meeresbodens und seines Untergrunds. Hinzu kommen sou­veräne Rechte in Bezug auf andere Tätigkeiten, die der wirt­schaftlichen Erforschung und Ausbeutung der Zone dienen, wie etwa die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind.b Außerdem haben Küstenstaaten in ihrer ausschließlichen Wirt­schaftszone Hoheitsbefugnisse, die sich auf die Errichtung und Nutzung von künst­lichen Inseln, Anlagen und Bauwerken, die wissenschaftliche Meeresforschung sowie auf den Schutz und die Bewahrung der Meeresumwelt beziehen.c In ihrer see­wärtigen Ausdehnung darf sich die ausschließliche Wirtschaftszone nicht weiter als 200 Seemeilen über die Basislinien hinaus erstrecken, von denen aus die Breite des Küstenmeers gemessen wird.d

Der Festlandsockel im völkerrechtlichen Sinne, geregelt in Teil VI des Seerechtsübereinkommens, umfasst als natürliche Verlängerung des Landgebiets den Meeresboden und Meeres­untergrund jenseits des Küstenmeers bis zur äußeren Kante des Festlandrands.e Ungeachtet der geomorphologischen und geo­logischen Gegebenheiten steht jedem Küstenstaat jedoch ein Festlandsockel von bis zu 200 Seemeilen zu (ebenfalls gemessen ab den Basislinien), sollte die äußere Kante des Festlandrands

in einer geringeren Entfernung verlaufen.f Die souveränen Rechte, die der Küstenstaat exklusiv über den Festland­sockel ausübt, beziehen sich auf dessen Erforschung und die Aus­beu­tung seiner natürlichen Ressourcen.g So hat allein der Küsten­staat das Recht, Bohraktivitäten auf seinem Festland­sockel zu genehmigen und zu regeln.h Im Übrigen finden die für die ausschließliche Wirtschaftszone geltenden Hoheitsbefugnisse bezüglich der Errichtung und Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken sinngemäß auch auf den Festland­sockel Anwendung.i Das Rechtsregime des Festlandsockels betrifft allerdings nur den Meeres­boden und Meeresuntergrund. Unberührt lässt es den Rechtsstatus der darüber befindlichen Gewässer und des Luftraums über diesen Gewässern.k

a Art. 55 SRÜ.

b Art. 56 Abs. 1 lit. a) SRÜ.

c Art. 56 Abs. 1 lit. b) SRÜ.

d  Art. 57 SRÜ.

e Art. 76 Abs. 1 Alt. 1 SRÜ. Der Festlandrand umfasst die unter Wasser gelegene Verlängerung der Landmasse des Küstenstaates und besteht aus dem Meeresboden und Meeresuntergrund des Sockels, des Abhangs und des Anstiegs. Er umfasst nicht den Tiefseeboden mit seinen unterseeischen Bergrücken und dessen Untergrund (Art. 76 Abs. 3 SRÜ).

f  Art. 76 Abs. 1 Alt. 2 SRÜ.

g  Art. 77 Abs. 1 SRÜ.

h  Art. 81 SRÜ.

i Art. 80 SRÜ.

k Art. 78 Abs. 1 SRÜ.

Anders verhält es sich mit der ausschließlichen Wirtschaftszone. Ein Staat, der eine solche Zone errichten möchte, muss dies grundsätzlich erklären,62 so die allgemeine Praxis. Im Gegensatz zur Republik Zypern haben Griechenland und die Türkei im öst­lichen Mittelmeer bislang keine ausschließliche Wirt­schaftszone proklamiert – jedenfalls nicht durch einen formalen einseitigen Akt, wie etwa durch Gesetz. Allerdings könnte man argumentieren, dass der Ab­schluss einer zwischenstaatlichen Vereinbarung zur Abgrenzung einer ausschließlichen Wirtschaftszone der unilateralen Proklamation einer solchen Zone gleichzusetzen ist, sofern die Vertragsparteien die See­karten oder Verzeichnisse geographischer Koordinaten, aus denen die Abgrenzungslinien hervorgehen, ordnungsgemäß veröffentlicht haben.63

Die Abgrenzung des Festlandsockels und der ausschließlichen Wirtschaftszone

In einem Gebiet, in dem sich die ausschließlichen Wirtschaftszonen bzw. die Festlandsockel mehrerer Küstenstaaten (genauer: deren entitlements) über­lappen, bedarf es der Abgrenzung (delimitation). Das heißt, dass die Zugehörigkeit der betreffenden Räume geklärt und damit der Grenzverlauf zwischen ihnen festgelegt werden muss.64 Dies erfolgt durch Über­einkunft gemäß Artikel 74 Absatz 1 bzw. Artikel 83 Absatz 1 SRÜ. Eine Abgrenzung durch einseitige Erklärung entfaltet gegenüber dem anderen Staat völkerrechtlich keine Wirksamkeit.65

Grafik 1

Quelle: eigene Darstellung nach UN Convention on the Law of the Sea, 10.12.1982.

Die Abgrenzung dient dem Zweck, die konkurrierenden Gebietsansprüche von Küstenstaaten mitein­ander in Einklang zu bringen. Das östliche Mittelmeer ist halb vom Festland umschlossen, und die Distanz zwischen den gegenüberliegenden Küsten beträgt selbst an den breitesten Stellen weniger als 400 See­meilen. Deshalb kommen sich die Anrainerstaaten mit ihren Festlandsockeln und ausschließlichen Wirt­schaftszonen zwangsläufig ins Gehege. Aus diesem Grund haben einige Staaten bereits bilaterale Abgren­zungsabkommen miteinander geschlossen. Als völker­rechtliche Verträge binden solche Abkommen nur die Vertragsparteien, nicht aber Drittstaaten.66 Kon­kret bedeutet dies, dass die beiden AWZ-Übereinkom­men, die die Republik Zypern mit Ägypten (2003) und Israel (2010) getroffen hat, ebenso wie die Verein­barung zwischen Griechenland und Ägypten (2020) ausschließlich für die jeweiligen Vertragsparteien im Verhältnis zueinander gelten und dass die von ihnen vereinbarten Grenzen auch nur zwischen ihnen als unstrittig anzusehen sind. Solange andere Anrainerstaaten in der Region nicht der Auffassung sind, dass die Grenzen ihre eigenen AWZ-Rechte tangieren, besteht kein weiterer Klärungsbedarf. Erhebt jedoch ein Drittstaat in den betreffenden Gebieten selbst Anspruch auf eine ausschließliche Wirtschaftszone, ist auch im Verhältnis zu diesem Staat eine Abgrenzung erforderlich. Gleiches gilt für die Abgrenzung von Festlandsockeln. In der Praxis enthalten bilaterale Abgrenzungsabkommen daher oft Klauseln, die es für den Fall späterer Verhandlungen mit Drittstaaten erlauben, bereits gezogene Grenzen anzupassen.

Das libysch-türkische Memorandum hat keine Wirkung gegenüber Griechenland und der Republik Zypern.

In Bezug auf das libysch-türkische Memorandum of Understanding von 2019, das nach überwiegender Auf­fassung ebenfalls einen völkerrechtlichen Vertrag darstellt,67 bleibt festzuhalten: Auch dieses Abkommen begründet Rechte und Pflichten nur im Ver­hältnis zwischen den beiden Vertragsparteien. Es ent­faltet keinerlei Wirkung gegenüber Griechenland, der Republik Zypern oder anderen Drittstaaten. Dem­entsprechend verletzt das Memorandum als solches keine fremden Rechte.68 Handlungen, welche die Tür­kei oder Libyen auf Grundlage des Memorandums vornehmen, können aber sehr wohl Rechtsverletzungen begründen (dazu unten, S. 30ff).

Jedenfalls enthalten sowohl das ägyptisch-griechi­sche Abkommen als auch das libysch-türkische Memo­randum Klauseln für den Fall, dass später Abgrenzungsverhandlungen mit Drittstaaten stattfinden.69 Aus internationalem Seerecht lässt sich indes nicht herleiten, dass vor Abschluss eines bilateralen Abgren­zungsabkommens zunächst alle anderen betroffenen Küstenstaaten mit angrenzenden oder gegenüber­liegenden Küsten konsultiert oder anderweitig betei­ligt werden müssten.70 Erst recht besteht keine Vor­gabe, wonach eine Abgrenzungslösung mit allen betroffenen Staaten gemeinsam herbeigeführt werden müsste, etwa in einem koordinierten multi­lateralen Verhandlungsprozess.71

Sind Parteien nicht in der Lage, die Grenzen zwischen ihren Meereszonen einvernehmlich zu ziehen, können sie den Internationalen Gerichtshof, den Internationalen Seegerichtshof 72 oder ein internationales Schiedsgericht hiermit betrauen. Dazu aus­führlicher im folgenden Kapitel, das sich mit der Ab­grenzungsproblematik im Detail befasst.

Der seerechtliche Status von Inseln als zentraler Streitpunkt

Im Streit zwischen Griechenland und der Türkei geht es darum, ob den griechischen Inseln im östlichen Mittelmeer ein Festlandsockel und eine ausschließ­liche Wirtschaftszone zustehen.

Grafik 2

Quelle: eigene Darstellung nach UN Convention on the Law of the Sea, 10.12.1982.

Griechenland beruft sich auf Artikel 121 Absatz 2 SRÜ und entsprechendes Völkergewohnheitsrecht,73 wonach sich das Küstenmeer, die Anschlusszone,74 die ausschließliche Wirtschaftszone und der Festland­sockel einer Insel nach den für andere Landgebiete geltenden Regelungen des Seerechtsübereinkommens bestimmen. Dies bedeutet, dass auch Inseln grundsätzlich einen Festlandsockel haben und eine aus­schließliche Wirtschaftszone erzeugen können. Eine Ausnahme bilden Inseln, die für die menschliche Besiedlung nicht geeignet sind oder ein wirtschaft­liches Eigenleben nicht zulassen. Das Seerechtsübereinkommen bezeichnet solche Inseln als »Felsen«.75 Der Internationale Gerichtshof hat 2001 festgestellt, dass Artikel 121 Absatz 2 SRÜ Völkergewohnheitsrecht widerspiegelt und dass Inseln unabhängig von ihrer Größe denselben Status genießen und dieselben maritimen Rechte generieren wie andere Landgebiete.76 Auf diese Regelung stützt sich auch die Republik Zypern als Inselstaat, um ihre Ansprüche auf einen Festlandsockel und eine AWZ gegenüber der Türkei zu untermauern.77

Artikel 121 Absatz 2 SRÜ sagt jedoch nichts darüber aus, welche Rolle Inseln bei der Abgrenzung des Festlandsockels und der ausschließlichen Wirtschafts­zone spielen. Diese Frage wird ebenfalls im folgenden Kapitel ausführlicher behandelt.

Die Abgrenzungsproblematik, insbesondere zwischen Griechenland und der Türkei

Die Abgrenzung der ausschließlichen Wirtschafts­zone zwischen Staaten mit gegenüberliegenden oder anein­ander grenzenden Küsten erfolgt gemäß Artikel 74 Absatz 1 SRÜ »durch Übereinkunft auf der Grund­lage des Völkerrechts […], um eine der Billigkeit entsprechende Lösung zu erzielen«. Kommt innerhalb einer angemessenen Frist78 keine Übereinkunft zu­stande, greifen die in Teil XV des Seerechtsübereinkommens vorgesehenen Verfahren zur Streitbeilegung (Artikel 74 Absatz 2 SRÜ, dazu sogleich ausführlicher). Inhaltsgleiche Regelungen gelten für die Abgrenzung des Festlandsockels. Sie sind in Artikel 83 Absatz 1 und Absatz 2 SRÜ enthalten.

Der Internationale Gerichtshof hat festgestellt, dass »die in Artikel 74 und Artikel 83 SRÜ enthaltenen Prin­zipien mari­timer Abgrenzung« insgesamt Völker­gewohnheitsrecht widerspiegeln.79 Daher wird in der Wissenschaft argumentiert, dass auch die in Artikel 74 Absatz 2 und Artikel 83 Absatz 2 SRÜ ent­haltenen Vorgaben unabhängig davon gelten, ob die betreffenden Staaten Parteien des Seerechtsübereinkommens sind.80

Eine Pflicht zum Abschluss einer Abgrenzungsübereinkunft besteht allerdings nicht.81 Küstenstaaten können sich darauf verständigen, von einer Abgrenzung ihrer ausschließlichen Wirtschaftszonen und Festlandsockel abzusehen. Verlangt jedoch eine Partei Verhandlungen über eine Abgrenzung, müssen Kon­sultationen stattfinden.82 Die Verhandlungen sind von den Parteien ernsthaft und grundsätzlich mit Kompromissbereitschaft,83 nach Treu und Glauben84 und unter Berücksichtigung des Völkerrechts zu führen. In jedem Fall sind die Staaten gemäß Artikel 2 Ziffer 3 der VN-Charta verpflichtet, ihre Streitig­keiten durch friedliche Mittel so beizulegen, »dass der Welt­friede, die internationale Sicherheit und die Gerechtigkeit nicht gefährdet werden«. Allerdings schreiben weder die Artikel 74 und 83 SRÜ noch die VN-Charta konkret vor, welche Mittel zur Streit­beilegung im Einzelfall ausgeschöpft werden müssen. Insofern haben die Parteien ein Wahlrecht.85 Im Übrigen kann

kein Staat dazu gezwungen werden, sich der Juris­­­dik­tion eines internationalen Gerichts zu unterwerfen.

Abgrenzung durch den Internationalen Gerichtshof als Option

Die Republik Zypern hat die Türkei mehrfach auf­gefordert, mit ihr in Verhandlungen über eine Abgrenzung der Festlandsockel und ausschließlichen Wirtschaftszonen einzutreten.86 Das lehnt Ankara jedoch kategorisch ab.87 Ohne Beteiligung der türki­schen Zyprer werde man keine maritimen Abgrenzungsverhandlungen mit den »griechisch-zyprischen Behörden« führen. Bis zu einer Lösung der Zypern­frage sei die TRNC der Ansprechpartner für die »grie­chisch-zyprischen Behörden«, heißt es aus Ankara.88

Die zyprische Regierung hat daher bereits erklärt, dass sie für das Seegebiet nördlich und nordwestlich von Zypern im Verhältnis zur Türkei eine Abgrenzung durch den Internationalen Gerichtshof anstrebe.89 Dafür bedürfte es einer speziellen Vereinbarung (compromis) zwischen den Streitparteien. Das offizielle Ersuchen von zyprischer Seite, eine solche Verein­barung abzuschließen, habe die Türkei abgelehnt, so Nikosia.90 Die Republik Zypern könnte zwar auch einseitig Klage beim Internationalen Gerichtshof ein­reichen. Unrealistisch ist aber die Vorstellung, dass sich die Türkei auf eine solche Klage in der Sache einlassen, also keine Zuständigkeits- oder Zulässigkeits­einwände geltend machen würde (forum prorogatum). Somit besteht längerfristig keine Aussicht darauf, dass sich ein internationales Gericht mit der Angelegenheit befassen wird.

Ankara schließt eine Anrufung des Internationalen Gerichtshofs im Streit mit Griechenland nicht aus.

Eher denkbar wäre eine gerichtliche Klärung der maritimen Grenzen zwischen Griechenland und der Türkei. Im Rahmen der 75. Vollversammlung der Ver­einten Nationen im September 2020 rief der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis die Türkei dazu auf, »der Weisheit des Internationalen Gerichtshofs zu vertrauen«, sollten weitere Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen.91 Kurze Zeit später äußerte sich die türkische Regierung hierzu in einem Brief an den VN-Generalsekretär.92 Die Türkei schließe kein Mittel aus, um den Streit mit Griechenland im öst­lichen Mittelmeer friedlich beizulegen, auch eine An­rufung des Internationalen Gerichtshofs nicht. Am Ende dieser Studie wird noch einmal darauf zurückzukommen sein, wie realistisch die Aussicht auf ein solches Verfahren ist. In den folgenden Abschnitten werden zunächst die inhaltlichen Fragen näher be­leuchtet, die sich im Hinblick auf eine gerichtliche Abgrenzung der Festlandsockel und ausschließlichen Wirtschaftszonen zwischen Griechenland und der Türkei stellen. Zum einen herrscht zwischen den Par­teien Streit darüber, nach welcher Methode eine Abgrenzung erfolgen müsste. Zum anderen gilt es zu klären, welchen Einfluss die griechischen Inseln auf den Verlauf der Seegrenzen hätten.

Der Streit über die anzuwendende Methode

Der Wortlaut von Artikel 74 Absatz 1 und Artikel 83 Absatz 1 SRÜ zur Abgrenzung der ausschließlichen Wirtschaftszone bzw. des Festlandsockels ist so un­bestimmt, dass sich daraus kaum Vorgaben für die praktische Umsetzung ableiten lassen. Wegen funda­mentaler Differenzen hinsichtlich der Methode, die bei der Abgrenzung anzuwenden wäre, konnten sich die Teilnehmerstaaten der Dritten VN-Seerechts­konferenz (1973–1982) nicht auf eine konkretere Formulierung für die beiden Artikel einigen.93 Diese Offenheit nutzen Griechenland und die Türkei, um ihre jeweiligen Positionen zu untermauern.

Griechenland vertritt die Auffassung, dass die Abgrenzung des Festlandsockels und der ausschließ­lichen Wirtschaftszone zwischen Staaten mit gegen­überliegenden Küsten gemäß Artikel 74 Absatz 1 und Artikel 83 Absatz 1 SRÜ sowie nach Maßgabe des damit korrespondierenden Völkergewohnheitsrechts – auch im Falle von Inseln – auf Basis des Äqui­distanz- bzw. Mittellinienprinzips94 erfolgen solle.95 Nach griechischem Gesetz gilt dementsprechend: Soweit mit einem Nachbarstaat keine Übereinkunft zur Abgrenzung getroffen wurde, bildet die von den Basislinien (des Festlands und von Inseln) aus gemes­sene Mittellinie die äußere Grenze des griechischen Festlandsockels und der griechischen ausschließ­lichen Wirtschaftszone.96 Ähnliche Bestimmungen gelten in der Republik Zypern.97 Auch die bilateralen AWZ-Abkommen, die Zypern mit Ägypten, Libanon und Israel geschlossen hat, sehen jeweils vor, dass die Abgrenzung anhand der Mittellinie erfolgt.98

Was eine Abgrenzung zwischen Griechenland und der Türkei auf Grundlage des Äquidistanzprinzips bedeuten würde, wenn sämtliche griechischen Inseln volle Berücksichtigung fänden, illustriert die soge­nannte Sevilla-Karte. Diese Karte wurde im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts an der Universität von Sevilla erstellt. Sie sollte ursprünglich dazu dienen, die Außengrenzen der Europäischen Union mit Blick auf eine mögliche Erweiterung besser dar­stellen zu können. Unter anderem wurde die Karte in einer Studie abgedruckt, die das Europäische Parla­ment in Auftrag gegeben hatte.99 Die Türkei betrach­tete die Karte bis vor kurzem noch als Ausdruck der offiziellen Position der EU und hat Griechenland vor­geworfen, sich die Karte für politische Zwecke zu eigen zu machen.100 Aus Sicht Ankaras ist der in der Karte verzeichnete Grenzverlauf im östlichen Mittel­meer unvereinbar mit den Prinzipien gerechter Ab­grenzung.101

Zwar geht die Türkei mittlerweile auch davon aus, dass Artikel 74 Absatz 1 und Artikel 83 Absatz 1 SRÜ Ausdruck von Völkergewohnheitsrecht sind.102 Anders als Griechenland und die Republik Zypern sieht die Türkei aber nicht das Äquidistanzprinzip als prinzipiell maßgeblich an, sondern betont, dass die Abgrenzung zu einem gerechten Ergebnis führen müsse (principle of equity/equitable principles).103 Bei der Abgrenzung des türkischen Festlandsockels müssten daher sämtliche besonderen und relevanten Umstände berücksichtigt werden,104 vor allem die Geographie der Region, Länge und Verlauf der Küsten sowie Lage und Größe der Inseln in der Umgebung.105 Die Äqui­distanz- bzw. Mittellinienmethode werde laut Ankara in der Praxis nur angewandt, wenn es dadurch bei der Abgrenzung nicht zu einer ungerechten Verzerrung komme.106 Interessanterweise hat sich die Türkei zur Abgrenzung des Festlandsockels und der ausschließ­lichen Wirtschaftszone mit Libyen auf die Anwendung dieser Methode verständigt.107 Und auch im Ver­hältnis zu Ägypten soll die äußere Grenze des türki­schen Festlandsockels, vorbehaltlich einer noch zu treffenden Übereinkunft, nach Vorstellung Ankaras entlang der Mittellinie zwischen den Küsten beider Staaten verlaufen.108

Der Internationale Gerichtshof, der Internationale Seegerichtshof und internationale Schiedsgerichte haben sich immer wieder mit den methodischen Fragen der Abgrenzung der ausschließlichen Wirt­schaftszone und des Festlandsockels befasst. Dabei haben sie im Laufe der Jahre – nicht immer gerad­linig und konsistent – gewisse Vorgaben entwickelt und so die Lücken gefüllt, die Artikel 74 Absatz 1 und Artikel 83 Absatz 1 SRÜ aufweisen. In einem Urteil von 2009 verfolgte der Internationale Gerichtshof bei der Abgrenzung erstmals einen dreistufigen Ansatz,109 der bis heute als Standard gilt.110 Danach muss der Gerichtshof vorab die für die Abgrenzung relevanten Küsten sowie das Gebiet bestimmen, in dem sich die von den Küsten projizierten Wirtschafts­zonen oder Festlandsockel überlappen.111 Erst dann kann der Gerichtshof in einem ersten Schritt eine vor­läufige Abgrenzungslinie konstruieren. Sofern nicht im Einzelfall zwingende Gründe dagegen sprechen, handelt es sich bei aneinander grenzenden Küsten um eine Äquidistanzlinie und bei gegenüberliegenden Küsten um eine Mittellinie. Die Unterscheidung zwischen Äquidistanzlinie und Mittellinie ist rein terminologisch und hat keine rechtlichen Konsequen­zen. Eine Abgrenzung erfolgt in beiden Fällen nach derselben Methode.112 Auf der zweiten Stufe wird geprüft, ob bestimmte Faktoren (relevant circumstances) eine Justierung oder Verschiebung der vorläufigen Abgrenzungslinie erfordern, um ein gerechtes Ergeb­nis im Sinne von Artikel 74 Absatz 1 und Artikel 83 Absatz 1 SRÜ zu erzielen.113 Abschließend, im dritten Schritt, stellt der Gerichtshof sicher, dass die angedach­te Abgrenzung nicht deutlich unverhältnismäßig ist und dadurch zu einem ungerechten Ergebnis führen würde.114

Dieser dreistufige Ansatz soll für den Fall, dass die Parteien die Abgrenzung einem internationalen Gericht übertragen, ein gewisses Maß an Objektivität, Vorhersehbarkeit und Transparenz gewährleisten. Zugleich soll er aber auch für ausreichend Flexibilität sorgen, damit eine der Billigkeit entsprechende Lösung gefunden werden kann.

Welche Rolle spielen die griechischen Inseln bei der Abgrenzung?

Die Türkei bestreitet nicht generell, dass Inseln mari­time Zonen generieren können.115 Ihrer Auffassung nach gibt es jedoch keinen Automatismus, wonach Inseln in jedem Fall volle Berücksichtigung bei der Abgrenzung finden würden.116 Unter anderem argu­mentiert Ankara, dass die Inseln vor der türkischen Küste keine abschneidende Wirkung (cut-off effect) in Bezug auf den türkischen Festlandsockel haben kön­nen.117 Außerdem könnten Inseln, die »auf der falschen Seite der Mittellinie« gelegen seien, jenseits ihres Küstenmeers keine maritimen Hoheitszonen erzeugen.118 Im Übrigen verweist Ankara darauf, dass die Türkei das Land mit der längsten kontinentalen Küstenlinie im östlichen Mittelmeer sei und dass dies bei einer Abgrenzung berücksichtigt werden müsse.119

Ankara bestreitet, dass den griechischen Inseln ein Festlandsockel zusteht.

Im August und November 2020 hat die Türkei ihre Position in Bezug auf die griechische Insel Kastellorizo noch einmal konkretisiert. Griechenland beanspruche für eine zehn Quadratkilometer große Insel, die sich zwei Kilometer vor der türkischen Küste befinde, ein 40.000 Quadratkilometer großes Gebiet als Festlandsockel und ausschließliche Wirtschafts­zone. Dies sei absurd und völkerrechtswidrig. Nach türkischer Auffassung steht Kastellorizo unter Be­rücksichtigung der geographischen Umstände nach internationaler Rechtsprechung nur ein Küstenmeer zu, nicht aber ein Festlandsockel oder eine AWZ.120

Der vom Internationalen Gerichtshof entwickelte dreistufige Ansatz zur Abgrenzung der ausschließ­lichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels be­inhaltet, dass Inseln sowohl bei der Ziehung der vorläufigen Abgrenzungslinie (auf der ersten Stufe) als auch bei der Justierung oder Verschiebung dieser Linie (auf der zweiten Stufe) berücksichtigt werden können. In der Rechtsprechung haben sich dazu je­doch bislang keine generell gültigen Regeln herausgebildet. Der Internationale Seegerichtshof beispielsweise hat angemerkt, dass die Bedeutung, die einer Insel bei der Abgrenzung zukomme, von den geo­graphischen Gegebenheiten und Umständen des jeweiligen Einzelfalles abhänge und dass jeder Fall gesondert beurteilt werden müsse. Das Ziel sei stets, eine der Billigkeit entsprechende Lösung zu finden.121

Allerdings lässt sich in der Rechtsprechung die Tendenz erkennen, dass Inseln bei der Abgrenzung der ausschließlichen Wirtschaftszone und des Fest­landsockels oft geringere Bedeutung beigemessen wird als Küstenabschnitten auf dem Festland.122 Dies ist bemerkenswert. Immerhin sind Inseln gemäß Artikel 121 Absatz 2 SRÜ und Völkergewohnheitsrecht hinsichtlich der Bestimmung ihrer Meereszonen und ihres Festlandsockels anderen Landgebieten gleich­gestellt, also auch hinsichtlich ihrer prinzipiellen Fähigkeit, Meereszonen zu generieren. Folgende Aspek­te könnten nach dieser Rechtsprechung im Falle einer gerichtlichen Abgrenzung zwischen Griechen­land und der Türkei eine Rolle spielen:

Größe einer Insel und Entfernung vom heimischen Festland: Die Türkei vertritt die Auffassung, dass der grie­chischen Insel Kastellorizo jenseits ihres Küstenmeers kein Festlandsockel und keine ausschließliche Wirt­schaftszone zustehe. Um dies zu untermauern, ver­weist Ankara unter anderem darauf, dass die Insel lediglich zehn Quadratkilometer groß und nur zwei Kilometer von der türkischen Küste entfernt ist, aber mehr als 580 Kilometer vom griechischen Festland.123 Der Internationale Gerichtshof hat festgestellt, dass eine sehr kleine Insel bei der Abgrenzung unter Um­ständen außer Betracht bleiben müsse oder nicht in vollem Umfang Berücksichtigung finden könne, sofern sie den Verlauf der vorläufigen Abgrenzungslinie in unverhältnismäßiger Weise beeinflussen würde.124 In einem Fall hat der Gerichtshof Inseln mit einer Größe von rund 13 Quadratkilometern nur zur Hälfte berücksichtigt und die Abgrenzungslinie entsprechend näher in Richtung der Inseln verschoben.125 Liegt eine Insel meh­rere hundert Kilometer vom heimischen Festland entfernt, soll dies nach Recht­sprechung des Internationalen Gerichtshofs jedoch nicht per se dazu führen, dass ihr bei der Abgrenzung nur ein­geschränkt Bedeutung zukommt.126

Länge der Küste: Nach ständiger Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs spielt auch die Länge der Küsten der beteiligten Staaten bei der Abgrenzung der ausschließlichen Wirtschaftszone und des Fest­landsockels eine Rolle.127 Beispielsweise hat der Ge­richtshof ein Längenverhältnis von ungefähr 8 zu 1 als so erheblich angesehen, dass er die vorläufige Abgren­zungslinie in Richtung des Staates mit der kürzeren Küste verschoben hat.128

Inseln »auf der falschen Seite der Mittellinie«: Ein zen­trales Argument der Türkei lautet, dass Inseln, die »auf der falschen Seite der Mittellinie« gelegen sind, jenseits ihres Küstenmeers keine maritimen Hoheitszonen erzeugen.129 Was ist damit gemeint? In einem Schiedsgerichtsverfahren über die Abgrenzung des Festlandsockels im Ärmelkanal verständigten sich Großbritannien und Frankreich in den 1970er Jahren darauf, dass die durch den Kanal verlaufende Mittel­linie zwischen ihren Küsten im Prinzip die Grenze bilden sollte. Ungelöst war jedoch die Frage, welche Bedeutung den britischen Kanalinseln bei der Abgren­zung zukommen sollte. Diese Inseln liegen in einem Golf unmittelbar vor der Küste der Normandie und der Bretagne und damit – von Großbritannien aus gesehen – auf der falschen Seite der Mittellinie. Das Schiedsgericht, das sich mit dem Fall zu befassen hatte, gelangte zu der Auffassung, dass der franzö­sische Festlandsockel erheblich verkleinert werde, wenn die Inseln bei der Abgrenzung ihre volle Wir­kung entfalten würden.130 Daher entschied das Gericht, die Kanalinseln gewissermaßen auszuklammern und ihnen im Norden und Westen eine 12-Seemeilen-Zone mit Meeresboden und Meeresuntergrund zu­zuteilen (Enklave-Lösung). Den an diese Zone gren­zenden Festlandsockel sprach das Gericht hingegen Frankreich zu.131 Ob und inwiefern sich die Türkei in einem gerichtlichen Verfahren zur Abgrenzung gegenüber Griechenland auf diesen Fall berufen könnte, hängt davon ab, wo das Gericht die vorläufige Abgrenzungslinie zwischen dem griechischen und dem türkischen Festlandsockel ziehen würde. Nicht auszuschließen ist jedenfalls, dass sich die griechische Insel Kastellorizo in einem solchen Verfahren tat­sächlich auf der falschen Seite der Mittellinie wieder­finden würde.

Cut-off: Mit dem Argument, dass die griechischen Inseln vor der türkischen Küste keine abschneidende Wirkung in Bezug auf den türkischen Festlandsockel haben können, rekurriert Ankara ebenfalls auf inter­nationale Rechtsprechung. Immer wieder haben Gerichte bei der Abgrenzung der ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels versucht, übermäßige Cut-off-Effekte für alle Parteien zu ver­meiden.132 Solche Effekte können entstehen, wenn eine Insel, die unmittelbar vor der Küste eines ande­ren Staates gelegen ist, mit ihren Meereszonen den Ver­lauf der Abgrenzungslinie derart beeinflussen würde, dass die von der Küste des anderen Staates generierten Meereszonen in ihrer seewärtigen Ausdehnung unangemessen beschnitten würden. Ziel sei es, so der Internationale Gerichtshof, eine der Billigkeit ent­sprechende Lösung zu finden, wonach die Küsten beider Parteien ihre meereszonenprojizierende Wir­kung in vernünftiger und ausgewogener Weise ent­falten könnten.133 Im Einzelfall kann dies äußerst komplizierte Grenzziehungen erfordern. Ein probates Mittel sind mitunter Korridor-Lösungen. Das hieße, dass den Inseln zwar lateral, d.h. parallel zur Küste des anderen Staates, jenseits ihrer eigenen Territorialgewässer keine (oder nur schmale) Meereszonen zustehen, ihnen aber seewärts entsprechende AWZ- und Festlandsockel-Korridore verbleiben, soweit die jeweilige Geographie hierfür Raum lässt.134

Ähnliche Erwägungen könnten zum Tragen kom­men, wenn es um die Abgrenzung der Festlandsockel und ausschließlichen Wirtschaftszonen zwischen den griechischen Inseln und dem türkischen Festland im östlichen Mittelmeer geht. Das Ergebnis einer solchen Abgrenzung durch den Internationalen Gerichtshof – sollte es überhaupt zu einem Prozess kommen – wäre jedoch kaum vorhersehbar, da der Gerichtshof bei der Anwendung der Drei-Stufen-Methode über große Spielräume verfügt. In der Praxis haben die Gerichte in schwierigen Fällen häufig besonders krea­tive Lösungen gefunden.

Solange keine Abgrenzung erfolgt

Wo sich die ausschließlichen Wirtschaftszonen oder Festlandsockel mehrerer Staaten tatsächlich oder möglicherweise überlappen, haben die betreffenden Staaten – solange keine Abgrenzung durch Übereinkunft oder durch ein Gericht erfolgt ist – bestimmte Verpflichtungen in Bezug auf das abgrenzungs­bedürf­tige Gebiet (das nicht notwendigerweise im Wortsinne »umstritten« sein muss).135

Gemäß Artikel 74 Absatz 3 und Artikel 83 Absatz 3 SRÜ »bemühen sich die beteiligten Staaten nach besten Kräften und im Geist der Verständigung und Zusammenarbeit, vorläufige Vereinbarungen prakti­scher Art zu treffen und während dieser Übergangszeit die Erzielung der endgültigen Übereinkunft nicht zu gefährden oder zu verhindern«. Ungeklärt ist, ob auch diese Verpflichtung zu den Prinzipien maritimer Abgrenzung zählt, die nach Auffassung des Inter­nationalen Gerichtshofs im Völkergewohnheitsrecht verankert sind.136 In der Staatenpraxis finden sich zumindest einige Hinweise darauf, dass dies der Fall sein könnte.137 Jedenfalls lässt sich das Prinzip der Zurückhaltung in Bezug auf abgrenzungsbedürftige Seegebiete aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ableiten.

Bemühen um vorläufige praktische Vereinbarungen

Die Verpflichtung, sich um den Abschluss vorläufiger praktischer Vereinbarungen zu bemühen, bedeutet, dass die Parteien in redlicher Absicht und prinzipiell kompromissbereit miteinander darüber verhandeln müssen.138 Denkbar wäre zum Beispiel ein Moratorium für bestimmte Aktivitäten in einem noch nicht abgegrenzten Gebiet. Die Verpflichtung zielt jedoch eher darauf ab, eine zwischenzeitliche Nutzung des Gebiets zu ermöglichen und dessen wirtschaftliche Entwicklung am Laufen zu halten. Daher können sich die Parteien auch darauf verständigen, eine proviso­rische Abgrenzungslinie zu ziehen oder das Gebiet in Kooperation zu verwalten,139 es gemeinsam zu er­schließen und seine natürlichen Ressourcen gemeinsam auszubeuten (Joint Development Agreements).140

In der Praxis werden vorläufige praktische Vereinbarungen im Sinne der Rechtssicherheit durchaus auch für längere Zeiträume geschlossen, etwa für mehr als 40 Jahre oder sogar auf unbestimmte Zeit, bis eine endgültige Grenzziehung erfolgt ist.141 Bestenfalls können solche technischen Vereinbarungen sogar ein erster Schritt sein, um andauernde Spannungen und Konflikte zu überwinden.

Zurückhaltung

Dass Staaten, deren Meereszonen sich überlappen, bis zu einer endgültigen Abgrenzung eine gewisse Zurückhaltung in Bezug auf das jeweilige Gebiet üben müssen, kann bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen hergeleitet werden, besonders aus dem Prinzip, dass die Abgrenzungsverhandlungen nach Treu und Glauben zu führen sind,142 oder aus den Grundsätzen guter Nachbarschaft. Ein Staat muss sicherstellen, dass Aktivitäten, die unter seiner Hoheitsgewalt und Kontrolle in einem bestimmten maritimen Gebiet stattfinden, keine erheblichen Schäden für einen anderen Staat zur Folge haben, der ebenfalls Ansprü­che auf dieses Gebiet geltend macht.143

Artikel 74 Absatz 3 und Artikel 83 Absatz 3 SRÜ konkretisieren das Gebot der Zurückhaltung, indem sie die Verpflichtung statuieren, dass sich die Parteien nach besten Kräften und im Geist der Verständigung und Zusammenarbeit bemühen müssen, während der Übergangszeit die Erzielung einer endgültigen Ab­gren­zungsübereinkunft nicht zu gefährden oder zu ver­hindern. Diese Verpflichtung ist Ausdruck der dem Seerechtsübereinkommen zugrundeliegenden Ziel­setzung, den Frieden zwischen den Staaten zu wahren, die freundschaftlichen Beziehungen zu stär­ken und eine friedliche Streitbeilegung zu er­mög­lichen.

Zurückhaltung bedeutet jedoch nicht, dass jegliche einseitigen Aktivitäten in dem umstrittenen Gebiet verboten wären.144 Vielmehr geht es um solche Akti­vitäten, die das Ergebnis von Abgrenzungsverhandlungen bzw. einer gerichtlichen Entscheidung über eine Abgrenzung vorwegnehmen würden, etwa weil sie in irgendeiner Form den Status quo des Gebiets nachhaltig verändern.145 In der Literatur wird argu­mentiert, vor allem die Entnahme nicht erneuerbarer Ressourcen aus dem betreffenden Gebiet sei unzu­lässig, sofern darüber keine Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen worden sei.146

In einem Fall musste ein internationales Schiedsgericht über Bohrungen urteilen, die eine Partei auf dem Festlandsockel in einem Areal durchgeführt hatte, das gleichzeitig von der anderen Partei be­ansprucht wurde.147 Hier traf das Schiedsgericht unter anderem folgende Unterscheidung: Einseitige Hand­lungen, die zu keiner physischen Veränderung der Meeresumwelt führten, seien nicht als Aktivitäten einzustufen, die die Erzielung einer endgültigen Abgrenzungsübereinkunft gefährdeten oder verhinderten. Hingegen dürften Handlungen, die solche Veränderungen bewirkten, nur einvernehmlich vor­genommen werden. Während die seismische Erkun­dung eines umstrittenen Gebiets in die erste Kategorie falle, sei die Ausbeutung von Öl- und Gasreserven als dauerhafte Veränderung der maritimen Umwelt zu bewerten und deswegen der zweiten Kategorie zuzuordnen.148 Darüber hinaus könnten aber auch Bohrungen, die nur zu Erkundungszwecken durch­geführt werden, dauerhafte Schäden nach sich zie­hen.149 Die vom Schiedsgericht vorgenommene Diffe­renzierung hat sich jüngst auch der Inter­nationale Gerichtshof zu eigen gemacht.150

Nach dieser Unterscheidung wäre zum Beispiel die einseitige Errichtung von Anlagen auf dem Meeresboden in einem umstrittenen Gebiet wegen der da­durch verursachten physischen Veränderungen eben­falls als Verstoß gegen die Zurückhaltungspflicht aus Artikel 74 Absatz 3 und Artikel 83 Absatz 3 SRÜ einzustufen.151

Wenn internationale Gerichte über die Anordnung vorsorglicher Maßnahmen zur Sicherung der Rechte der Parteien entscheiden, kommen mitunter ähnliche Erwägungen zum Tragen.152 In einem Verfahren zwischen Griechenland und der Türkei, das den Fest­landsockel in der Ägäis betraf, ging der Internationale Gerichtshof 1976 davon aus, dass durch seismische Erkundun­gen kein physischer Schaden am Meeres­boden oder Meeresuntergrund oder an natürlichen Ressourcen zu befürchten sei.153 Und der Internationa­le Seegerichtshof führte 2015 aus, dass das Risiko eines irreparablen Schadens für die Rechte der Par­teien bestehe, sofern die Ausbeutung natürlicher Res­sourcen eine signifi­kante und dauerhafte Veränderung des physischen Charakters des umstrittenen Gebiets bewirke und eine solche Veränderung nicht vollständig durch finanzielle Wiedergutmachung kompensiert werden könne.154

Ob ein Staat durch sein Verhalten gegen die Verpflichtung zur Zurückhaltung verstößt, muss letztlich im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände geklärt werden.

Bewertung mit Blick auf den Streit im östlichen Mittelmeer

Lizenzvergabe, Erkundungen und Bohrungen: Legt man das von internationalen Gerichten entwickelte Kriterium der physischen Veränderung der Meeresumwelt an, so stellen weder die Vergabe von Lizenzen noch die seismischen Erkundungsmaßnahmen der Türkei in den umstrittenen Seegebieten einen Verstoß gegen das Zurückhaltungsgebot dar. Allerdings lässt sich auch argumentieren, dass eine derart systematische und breit angelegte Exploration, wie sie die Türkei betreibt, durchaus geeignet sein kann, eine endgültige, auf Übereinkunft basierende Abgrenzung zu gefähr­den oder zu verhindern. Denn offensichtlich erzeugt Ankara mit diesem Verhalten weiteres Misstrauen und befördert die Spannungen. Die Bohraktivitäten in den umstrittenen Gebie­ten des östlichen Mittelmeers sind nach der zitierten Rechtsprechung aller­dings als klare Verletzung des Zurückhaltungsgebots zu werten.

Einseitige Bohraktivitäten in umstrittenen Gebieten sind rechtlich problematisch.

Darüber hinaus wird mitunter die Auffassung ver­treten, dass einseitige wirtschaftliche Aktivitäten, welche die eine Partei in einem umstrittenen Gebiet vornimmt, nicht nur das Zurückhaltungsgebot, son­dern auch die souveränen Rechte und die Hoheits­befugnisse der anderen Partei verletzen.155 Der Inter­nationale Seegerichtshof und der Internationale Ge­richtshof haben jedoch deutlich gemacht, dass Aktivi­täten, die stattfinden, bevor gerichtlich fest­gestellt wird, wem das betreffende Gebiet zusteht, keine Ver­letzung von souveränen Rechten und von Hoheits­befugnissen darstellen. Voraussetzung sei, dass die Partei, deren Aktivitäten in Frage stehen, das um­strit­tene Gebiet in gutem Glauben beanspruche.156

Würde aber im Falle einer gerichtlichen Abgrenzung ein bislang umstrittenes Gebiet Griechenland als Teil seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels zugeordnet werden, wären einseitige Handlungen der Türkei dort fortan sehr wohl als Verletzung der souveränen Rechte und der Hoheitsbefugnisse Griechenlands einzustufen.

Eingriffe in den Schiffsverkehr: Fraglich ist im Übrigen, ob die Türkei völkerrechtsgemäß handelt, wenn ihre Marine Schiffe, die im Auftrag oder mit Genehmigung der Republik Zypern in den von ihr beanspruchten Gewässern unterwegs sind, zum Verlassen dieser Gewässer zwingt. Dieselbe Frage stellt sich im Ver­hältnis zwischen der Türkei und Griechenland. See­polizeiliche Vollzugsmaßnahmen können zwar unter gewissen Voraussetzungen gerechtfertigt sein.157 Küstenstaaten haben nämlich Hoheitsbefugnisse, um bestimmte Aktivitäten in ihrer ausschließlichen Wirt­schaftszone und auf ihrem Festlandsockel zu unter­binden.158 Solche polizeilichen Maßnahmen müssen unter ande­rem erforderlich und angemessen sein. Ist aber unklar, ob ein Gebiet tatsächlich zur eigenen AWZ oder zum eigenen Festlandsockel gehört, ist die rechtliche Grundlage für Eingriffe, wie sie die Türkei vornimmt, zumindest zweifelhaft. Die Androhung militärischer Gewalt zwischen den betreffenden Staa­ten dürfte hingegen generell geeignet sein, das Be­mühen um eine einvernehmliche Abgrenzungslösung zu unterminieren.159 Unabhängig davon steht in solchen Fällen sogar eine Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots nach Artikel 2 Ziffer 4 der VN-Charta im Raum.160

Neue Chancen für Zusammenarbeit

Gänzlich neue Möglichkeiten für eine Zusammen­arbeit zwischen den Anrainerstaaten des östlichen Mittelmeers könnten dadurch entstehen, dass die Region als potentieller energiewirtschaftlicher Transit- und Verbindungsraum im Zuge der Planungen der EU für eine Energiewende an Bedeutung gewinnt.161 Expertinnen und Experten sehen die Chancen für das östliche Mittelmeer vor allem im Ausbau erneuerbarer Energien und in der Produktion von Ökostrom, der Ausweitung von Interkonnek­tivität (d.h. dem Aufbau von Infrastruktur für eine Vernetzung des europäischen Stromraums mit angrenzenden Staaten und Regionen) sowie in der Offshore-Wasserstoffproduktion.162 Damit könnten die Auseinandersetzungen um die Erkundung und Ausbeutung von Erdgasvorkommen langfristig an Schärfe verlieren. Der Streit über Meereszonen und deren Abgrenzung wird die Beziehungen zwi­schen Griechenland und der Türkei sowie zwischen der Republik Zypern und der Türkei aber weiterhin belasten. Denn dabei geht es um fundamentalere Fragen, nämlich um die Ausübung von Hoheitsbefug­nissen und souveränen Rechten, also letztlich um Einfluss und Kontrolle.

Ausblick

Eine Beilegung des Konflikts zwischen der Republik Zypern und der Türkei ist, auch soweit es um AWZ- und Festlandsockelansprüche geht, nicht in Sicht. Die Türkei vertritt zwar die Position, dass die Abgrenzung des Festlandsockels in einem halbumschlossenen Meer wie dem östlichen Mittelmeer durch Verein­barung zwischen »allen relevanten Parteien« erfolgen solle.163 Präsident Erdoğan hat daher vorgeschlagen, eine Regionalkonferenz einzuberufen, an der auch die türkischen Zyprer teilnehmen sollten und in deren Rahmen die Rechte und Interessen aller Staaten in der Region berücksichtigt werden könnten.164 Gleich­zeitig hat die türkische Regierung aber auch klar­gemacht, dass sie nur mit relevanten Küstenstaaten, die sie anerkennt und zu denen sie diplomatische Beziehungen unterhält, über eine gerechte Abgrenzung maritimer Hoheitszonen verhandeln wird.165 Mit dieser For­mulierung will Ankara der Republik Zypern offensichtlich den Zugang zu solchen Verhandlungen versperren. Dementsprechend wird sich die Türkei gegenüber der Republik Zypern auch nicht auf ein Abgrenzungsverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof oder einem anderen internationalen Gericht einlassen.

Im Streit mit Griechenland schließt die Türkei nach eigenem Bekunden nicht grundsätzlich aus, den Internationalen Gerichtshof gemeinsam anzurufen. Sie fordert jedoch, dass zuvor ein »angemessener Dia­log« stattfinden und bilateral Einvernehmen darüber hergestellt werden müsse, mit welchen Streitfragen der Gerichtshof gegebenenfalls befasst werden solle.166 Zwischen 2002 und 2016 wurden in 60 Runden be­reits informelle Sondierungsgespräche zwischen den beiden Staaten geführt. Diese Gespräche sollten eine Basis für echte Verhandlungen schaffen, vor allem hinsichtlich einer Reihe von Punkten, die die Situation in der Ägäis betreffen. Vor dem Hintergrund der Eska­lation im östlichen Mittelmeer wurden die bilateralen Sondierungsgespräche im Januar 2021 nach fast fünf­jähriger Unterbrechung wiederaufgenommen. In die­sem Zusammenhang wiederholte Griechenland noch einmal, es sei bereit, den Streit über die Abgren­zung des Festlandsockels und der ausschließlichen Wirt­schaftszone im östlichen Mittelmeer gerichtlich klären zu lassen.167

Die Türkei beharrt allerdings darauf, dass die Liste der Fragen, die zunächst im Zuge der Sondierungs­gespräche zu behandeln seien, wesentlich mehr um­fasse als die Abgrenzung im östlichen Mittelmeer.168 Aus Sicht der Türkei tangieren die offenen Punkte unter anderem auch die Breite des griechischen Küsten­meers in der Ägäis und des darüber befind­lichen natio­nalen Luftraums sowie die Souveränität über einige Inseln und Felsen in der Ägäis.169 Es handele sich um ein »umfassendes Paket« an Punkten, über die zu ver­handeln sei. Griechenland müsse aufhören, die Prob­lematik auf Fragen der Festland­sockelabgrenzung zu reduzieren, so die türkische Regierung.170

In jedem Fall sollten Ankara und Athen weitere Gesprächsrunden nutzen, um einander Kompromissbereitschaft zu signalisieren und um Vertrauen auf­zubauen. Stattdessen deuten die Signale in die ent­gegengesetzte Richtung. So hat die Türkei im Juli 2021 erneut die Demilitarisierung einiger griechischer Inseln in der östlichen Ägäis angemahnt.171 Zu diesem Punkt ist der Streit zwischen den beiden Parteien nun neu entbrannt.172 Dass externe Akteure wie die Bundes­republik Deutschland in der Auseinander­setzung über solche grundlegenden Fragen wirkungsvoll als Vermittler fungieren können, ist eher un­wahrscheinlich. Deutschland könnte allenfalls darauf drängen, dass sich die Parteien um eine möglichst rasche gerichtliche Beilegung der aktuellen seerechtlichen Abgrenzungsstreitigkeiten bemühen.

Um in diesem Punkt voranzukommen, sollten Griechenland und die Türkei die Problematik der Festlandsockel und ausschließlichen Wirtschafts­zonen im östlichen Mittelmeer vom Ägäiskonflikt trennen. Werden die beiden Themenkomplexe unmittelbar miteinander verknüpft, könnte das die Gespräche wieder zum Erliegen bringen, so dass Verhandlungen erst gar nicht in Gang kämen. Im Sinne von Frieden, Stabilität und Rechtssicherheit sollten sich die Partei­en also zunächst darauf kon­zentrieren, die Abgrenzungsproblematik im östlichen Mittelmeer zu lösen, gegebenenfalls mit Hilfe des Internationalen Gerichts­hofs oder eines internatio­nalen Schiedsgerichts. Dies läge auch im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung der Region.

Abkürzungsverzeichnis

AWZ ausschließliche Wirtschaftszone

BGBl. Bundesgesetzblatt

BIICL British Institute of International and Comparative Law

EMGF East Mediterranean Gas Forum

EU Europäische Union

ICJ International Court of Justice (Internationaler Gerichtshof)

ITLOS International Tribunal for the Law of the Sea (Internationaler Seegerichtshof)

LOSB Law of the Sea Bulletin

PRIO Peace Research Institute Oslo

SRÜ Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen

TPAO Türkiye Petrolleri Anonim Ortaklığı

TRNC Turkish Republic of Northern Cyprus

UNTS United Nations Treaty Series

VN Vereinte Nationen

Lektüreempfehlung

Moritz Rau/Günter Seufert/Kirsten Westphal

Der östliche Mittelmeerraum im Fokus der europäischen Energiewende

SWP-Aktuell 4/2022, Januar 2022

Endnoten

1

 Zenonas Tziarras (Hg.), The New Geopolitics of the Eastern Mediterranean: Trilateral Partnerships and Regional Security, Nikosia: PRIO Cyprus Centre, 2019 (PRIO Report 3/2019).

2

 Sinem Adar/Ilke Toygür, Turkey, the EU and the Eastern Mediterranean Crisis. Militarization of Foreign Policy and Power Rivalry, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2020 (SWP Comment 62/2020), S. 2.

3

 Galip Dalay, Turkey, Europe, and the Eastern Mediterranean: Charting a Way Out of the Current Deadlock, Washington, D.C.: Brookings, Januar 2021 (Brookings Policy Briefing), S. 6f.

4

 Siehe Letter Dated 13 November 2019 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secre­tary-General, Annex, VN-Dok. A/74/550, 15.11.2019; Letter Dated 27 February 2020 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex, VN-Dok. A/74/727, 2.3.2020; Letter Dated 18 March 2020 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex, VN-Dok. A/74/757, 18.3.2020; Letter Dated 18 November 2021 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/76/557–S/2021/961, 22.11.2021.

5

Beschluss (GASP) 2019/1894 des Rates vom 11.11.2019 über restriktive Maßnahmen angesichts der nicht genehmigten Bohr­tätigkeiten der Türkei im östlichen Mittelmeer; Beschluss (GASP) 2020/275 des Rates vom 27.2.2020 zur Änderung des Beschlusses (GASP) 2019/1894. Zur Isolation der Türkei im östlichen Mittelmeer siehe Günter Seufert, Die Türkei verlagert den Schwerpunkt ihrer Außenpolitik. Von Syrien ins östliche Mittelmeer und nach Libyen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Aktuell 6/2020), S. 3.

6

 Agreement between the Republic of Cyprus and the Arab Republic of Egypt on the Delimitation of the Exclusive Economic Zone, 17.2.2003, United Nations Treaty Series (UNTS), Bd. 2488 (2008), S. 3.

7

Bei der Mittellinie handelt es sich um eine Linie, auf der jeder Punkt gleich weit von den nächst­gelegenen Punkten der Basislinien entfernt ist, von denen aus die Breite der Küstenmeere der beiden Staaten gemessen wird.

8

 »Permanent Mission of Turkey to the United Nations, Note No. 2004/Turkuno DT/4739, 2.3.2004, Annex«, in: Law of the Sea Bulletin (LOSB), Nr. 54 (2004), S. 127.

9

Ebd.; Letter Dated 13 November 2019, Annex [wie Fn. 4].

10

 »Permanent Mission of Turkey to the United Nations, Note verbale No. 2013/14136816/22273, 12.3.2013«, in: LOSB, Nr. 81 (2014), S. 27; Letter Dated 13 November 2019, Annex [wie Fn. 4].

11

 Eine Seemeile (nautische Meile) entspricht 1,852 Kilo­metern.

12

 A Law to Provide for the Proclamation of the Exclusive Economic Zone by the Republic of Cyprus, Law No. 64(I)/2004, 2.4.2004, Art. 3 Abs. 1. Siehe auch Republic of Cyprus, The Exclusive Economic Zone and the Continental Shelf Laws 2004 and 2014 (English Translation and Consolidation), Oktober 2014.

13

 Deposit by the Republic of Cyprus of a Nautical Chart and the List of Geographical Coordinates of Points Pursuant to Article 75, Paragraph 2, of the Convention, Maritime Zone Notification M.Z.N.47.2004.LOS, 20.4.2004.

14

 The Exclusive Economic Zone and the Continental Shelf Laws 2004 and 2014 [wie Fn. 12]. Siehe z.B. auch Letter Dated 20 January 2020 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/660–S/2020/50, 20.1.2020.

15

 Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Declaration by Turkey on Cyprus«, Press Statement No. 123 Regarding the Additional Protocol to Extend the Ankara Agreement to All EU Members (Unofficial Translation), 29.7.2005, <https://www.mfa.gov.tr/_p_no_123---july-29th_-2005_-press-statement-regarding-the-additional-protocol-to-extend-the-ankara-agreement-to-all-eu-members-_unofficial-translation ___p_.en.mfa>; Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Release No. 206 Regarding the Conclusions Adopted by the EU Foreign Affairs Council«, 16.7.2019, <https://www.mfa.gov.tr/no_206_-ab-disiliskiler-konseyi-nin-aldigi-kararlar-hk.en.mfa>.

16

Letter Dated 18 November 2021 [wie Fn. 4]. Dazu die Replik der Republik Zypern: Letter Dated 14 December 2021 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/76/601–S/2021/1036, 15.12.2021.

17

 Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Release Regarding the Efforts of the Greek Cypriot Administration of Southern Cyprus to Sign Bilateral Agreements Concerning Maritime Jurisdiction Areas with the Countries in the Eastern Mediterranean, 30.1.2007«, <https://www. mfa.gov.tr/_p_30-january-2007_-press-release-regarding-the-efforts-of-the-greek-cypriot-administration-of-southern-cyprus-to-sign-bilateral-agreements-concerning-maritime-jurisdiction-areas-with-the-countries-in-the-eastern-medi terranean_br___p_.en.mfa>.

18

Siehe z.B. Letter Dated 8 January 2019 from the Chargé d’affaires a.i. of the Permanent Mission of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex, VN-Dok. A/73/700–S/2019/33, 10.1.2019; Letter Dated 10 January 2020 from the Chargé d’affaires a.i. of the Permanent Mission of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex, VN-Dok. A/74/648–S/2020/28, 13.7.2020. Zu völkerrechtlichen Fragen, die das Verhältnis zwischen der Republik Zypern und der TRNC betreffen, besonders zur Frage, wem die Ressourcen rund um die Insel Zypern zustehen, siehe z.B. Achilles Skordas, Oil Exploitation in the Eastern Mediterranean: Cyprus, Turkey and International Law, Washington, D.C.: Wilson Center, 29.3.2007, <https://www.wilsoncenter.org/event/oil-exploitation-the-eastern-mediterranean-cyprus-turkey-and-international-law>.

19

Siehe z.B. Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Release No. 206« [wie Fn. 15]. Die Republik Zypern wirft der Türkei vor, die türkisch-zyprische Gemeinschaft als Vor­wand und Verhandlungsmasse zu benutzen, um ihre eigenen Ansprüche durchzusetzen. In diesem Zusammenhang weist die zyprische Regierung darauf hin, dass sie 2019 einen nationalen Souveränitätsfonds nach norwegischem Vorbild eingerichtet habe. Er diene dazu, die Rechte aller zyprischen Bürgerinnen und Bürger auf Beteiligung an den Einkünften aus der Ausbeutung von Öl- und Gasreserven zu sichern, und zwar unabhängig von einer Lösung der Zypernfrage. Letter Dated 14 December 2021 [wie Fn. 16].

20

Siehe Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Statement on the Continental Shelf Delimitation Agreement Signed between Turkey and the TRNC« (Unofficial Translation), 21.9.2011, <http://www.mfa.gov.tr/no_-216 _-21-september-2011_-press-statement-on-the-continental-shelf-delimitation-agreement-signed-between-turkey-and-the-trnc.en.mfa>; Letter Dated 25 April 2014 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/68/857, 29.4.2014.

21

 Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Statement on the Continental Shelf Delimitation Agreement« [wie Fn. 20].

22

 Letter Dated 25 April 2014 [wie Fn. 20].

23

 Jochen A. Frowein, »De Facto Regime«, in: Anne Peters (Hg.), Max Planck Encyclopedia of Public International Law (Online Edition), Oxford 2021, Rn. 1. Zur völkerrechtlichen Einordnung der TRNC siehe auch James R. Crawford, The Creation of States in International Law, 2. Aufl., Oxford 2006, S. 143ff.

24

 United Nations Security Council Resolution 541 (1983), 18.11.1983; Resolution 550 (1984), 11.5.1984.

25

 Daher ist das Gebiet, in dem sich die von der Republik Zypern beanspruchte und die von der TRNC für sich reklamierte ausschließliche Wirtschaftszone überlappen (siehe Karte 3, S. 11), im seerechtlichen Sinne kein umstrittenes Gebiet, für das es einer Abgrenzung bedürfte.

26

 Andrew Norris, »Troubled Waters in the Eastern Mediterranean«, EJIL:Talk! (Blog), 24.8.2020, S. 2, <https://www. ejiltalk.org/troubled-waters-in-the-eastern-mediterranean/>.

27

 Nicholas A. Ioannides, Maritime Claims and Boundary Delimitation. Tensions and Trends in the Eastern Mediterranean Sea, Oxon/New York 2021, S. 167.

28

Siehe z.B. Letter Dated 11 July 2019 from the Chargé d’affaires a.i. of the Permanent Mission of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/73/944–S/2019/564, 12.7.2019; Letter Dated 10 January 2020, Annex [wie Fn. 18].

29

 Letter Dated 10 January 2020, Annex [wie Fn. 18].

30

Siehe z.B. Letter Dated 5 December 2013 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/68/644–S/2013/720, 5.12.2013; Letter Dated 13 February 2014 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/68/759, 18.2.2014; Note verbale Dated 13 November 2014 from the Permanent Mission of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/69/582, 14.11.2014; Letter Dated 12 December 2018 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/73/651, 13.12.2018; Letter Dated 19 February 2019 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/73/753–S/2019/ 160, 20.2.2019; Letter Dated 11 July 2019 [wie Fn. 28]. Dazu Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 169ff.

31

Dazu Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 177ff.

32

Siehe z.B. Letter Dated 11 July 2019 [wie Fn. 28]; Letter Dated 13 November 2019 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/549–S/2019/881, 15.11.2019; Letter Dated 20 Janu­ary 2020 [wie Fn. 14]; Letter Dated 30 April 2020 from the Perma­nent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/832–S/2020/350, 1.5.2020.

33

 Letter Dated 13 November 2019 [wie Fn. 32]; Letter Dated 20 January 2020 [wie Fn. 14].

34

 Siehe z.B. Letter Dated 17 October 2013 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/68/537–S/2013/622, 18.10.2013; Letter Dated 12 November 2013 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/68/593–S/2013/662, 13.11.2013; Letter Dated 13 October 2021 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/76/407–S/2021/816, 14.10.2021.

35

 Siehe z.B. Letter Dated 29 February 2016 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/70/767–S/2016/201, 1.3.2016; Letter Dated 6 September 2016 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/70/1032, 6.9.2016.

36

 Letter Dated 12 April 2017 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/71/875–S/2017/321, 13.4.2017; Letter Dated 21 September 2019 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex, VN-Dok. A/74/462–S/2019/764, 27.9.2019; Letter Dated 16 December 2021 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/76/609–S/2021/1061, 20.12.2021.

37

 Deposit by the Republic of Cyprus of a List of Geographical Coordinates of Points, Pursuant to Article 75, Paragraph 2, and Article 84, Paragraph 2, of the Convention, Maritime Zone Notification M.Z.N.144.2019.LOS, 7.5.2019.

38

Letter Dated 13 November 2019, Annex [wie Fn. 4]; ergänzt durch Letter Dated 27 February 2020, Annex [wie Fn. 4].

39

Letter Dated 18 March 2020, Annex [wie Fn. 4]. Siehe auch Letter Dated 18 November 2021 [wie Fn. 4].

40

 Letter Dated 20 January 2020 [wie Fn. 14]; Letter Dated 24 April 2020 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/824–S/2020/332, 27.4.2020; Letter Dated 14 December 2021 [wie Fn. 16].

41

»Memorandum of Understanding between the Government of the Republic of Turkey and the Government of National Accord-State of Libya on Delimitation of the Mari­time Jurisdiction Areas in the Mediterranean«, 27.11.2019, in: LOSB, Nr. 104 (2021), S. 15–18.

42

Ebd., Art. I. Der Verlauf der Linie wird durch jeweils 18 Basispunkte bestimmt, die die Par­teien an ihren Küsten festgelegt haben und die mit geographischen Koordinaten in Annex 2 des Memorandums aufgelistet sind.

43

 Letter Dated 20 April 2020 from the Permanent Representative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/819, 21.4.2020.

44

 Letter Dated 1 June 2020 from the Permanent Representative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/872, 4.6.2020.

45

Letter Dated 24 April 2020 [wie Fn. 40].

46

Siehe Letter Dated 20 April 2020 [wie Fn. 43]; Letter Dated 5 December 2019 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex to the Letter Dated 24 April 2020 [wie Fn. 40].

47

 Agreement between the Government of the Hellenic Republic and the Government of the Arab Republic of Egypt on the Delimitation of the Exclusive Economic Zone between the Two Countries, 6.8.2020, <https://treaties.un.org/doc/Publication/UNTS/No%20Volume/56237/Part/I-56237-080000028058a22f.pdf>.

48

 Siehe Nicholas A. Ioannides, »Legal Analysis of the Exclusive Economic Zone Delimitation Agreement between Greece and Egypt«, Defence Redefined (Blog), 11.8.2020, <https:// defenceredefined.com.cy/legal-analysis-of-the-exclusive-economic-zone-delimitation-agreement-between-greece-and-egypt/>; Constantinos Yiallourides, »Some Observations on the Agreement between Greece and Egypt on the Delimitation of the Exclusive Economic Zone, Part I«, EJIL:Talk! (Blog), 25.8.2020, S. 4, <https://www.ejiltalk.org/18969-2/>.

49

 Dabei hat Griechenland offenbar darauf verzichtet, die Insel Kastellorizo als Ausgangspunkt für die Ziehung der Abgrenzungslinie zu nutzen, wahrscheinlich um eine weite­re Konfrontation mit der Türkei zu vermeiden. Insofern steht eine Abgrenzung östlich der gezogenen Linie unter Beteiligung der Türkei noch aus. Siehe Yiallourides, »Some Observations« [wie Fn. 48].

50

 Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Release No. 165 Regarding the Signing of a So-Called Maritime Delimitation Agreement between Greece and Egypt«, 6.8.2020, <https://www.mfa.gov.tr/no_-165_-yunanistan-ile-misir-arasinda-sozde-deniz-yetki-alanlari-anlasmasi-imzalanmasi-hk.en.mfa>.

51

 Letter Dated 11 August 2020 from the Permanent Represen­tative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/988–S/2020/795, 12.8.2020.

52

 Letter Dated 4 September 2020 from the Permanent Represen­tative of Greece to the United Nations Addressed to the President of the Security Council, Annex, VN-Dok. S/2020/888, 8.9.2020.

53

 Letter Dated 5 September 2012 from the Permanent Represen­tative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, Annex, VN-Dok. A/66/899, 7.9.2012; Letter Dated 18 November 2021 [wie Fn. 4].

54

Letter Dated 13 November 2019, Annex [wie Fn. 4]. Siehe auch die türkische Argumentation mit Blick auf die Insel Kastellorizo: Letter Dated 21 August 2020 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/997–S/2020/826, 24.8.2020.

55

 UN Convention on the Law of the Sea, 10.12.1982, UNTS, Bd. 1833 (1994), S. 3; BGBl. 1994 II S. 1799.

56

 Als Küstenmeer wird der Meeresstreifen bezeichnet, der seewärts der Basislinie unmittelbar an das Landgebiet und die inneren Gewässer eines Küstenstaates anschließt (Art. 2 Abs. 1 SRÜ). Das Küstenmeer und der dazugehörige Meeresboden und Meeresuntergrund, ebenso wie der darüber befindliche Luftraum, sind Teil des Staatsgebiets. Gemäß Art. 3 SRÜ hat jeder Staat das Recht, die Breite (d.h. die see­wärtige Ausdehnung) seines Küstenmeers bis zu einer Grenze festzulegen, die 12 Seemeilen von der Basis­linie ent­fernt sein darf.

57

 International Court of Justice (ICJ), Fisheries Case (United Kingdom v. Norway), Judgment, 18.12.1951, ICJ Reports 1951, S. 116–144 (133).

58

 Siehe dazu Nuno Marques Antunes/Vasco Becker-Weinberg, »Entitlement to Maritime Zones and Their Delimi­tation. In the Doldrums of Uncertainty and Unpredictability«, in: Alex G. Oude Elferink/Tore Henriksen/Signe Veierud Busch (Hg.), Maritime Boundary Delimitation: The Case Law. Is It Consistent and Predictable?, Cambridge 2018, S. 62–91 (63ff).

59

 ICJ, Maritime Delimitation in the Black Sea (Romania v. Ukraine), Judgment, 3.2.2009, ICJ Reports 2009, S. 61–134 (Abs. 77 und 99).

60

 Art. 77 Abs. 3 SRÜ.

61

 ICJ, North Sea Continental Shelf Cases (Federal Republic of Germany/Denmark; Federal Republic of Germany/Netherlands), Judgment, 20.2.1969, ICJ Reports 1969, S. 3–56 (Abs. 19).

62

Die Proklamation einer AWZ durch den Küstenstaat hat zur Folge, dass in dem betreffenden Seegebiet nunmehr die Vorschriften nach Teil V des Seerechtsübereinkommens bzw. die damit korrespondierenden völkergewohnheits­rechtlichen Regelungen für die AWZ zur Anwendung kom­men. Damit sind für den Küstenstaat auch einige Pflichten verbunden, etwa im Zusammenhang mit der Erhaltung der lebenden Ressourcen in seiner AWZ.

63

 Irini Papanicolopulu, »The Mediterranean Sea«, in: Donald R. Rothwell u.a. (Hg.), The Oxford Handbook of the Law of the Sea, Oxford 2015, S. 604–625 (608); Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 28, 85 und 183. Griechenland hat die geographischen Daten zum AWZ-Abkommen mit Ägypten im Januar 2021 beim VN-Generalsekretär hinterlegt. (Deposit by the Hellenic Republic of a List of Geographical Coordinates of Points, Pursuant to Article 75, Paragraph 2, of the Convention, Maritime Zone Notification M.Z.N.152.2021.LOS, 5.2.2021). Das libysch-türkische Memorandum of Understanding wurde nach Art. 102 Abs. 1 der VN-Charta beim Sekre­tariat der Organisation registriert und veröffentlicht (siehe LOSB, Nr. 104 [2021], S. 15–18) und ist mit geographischen Koordi­naten auf der Website der UN Division for Ocean Affairs and the Law of the Sea aufgeführt, <https://www.un.org/depts/los/LEGIS LATIONANDTREATIES/STATEFILES/TUR.htm>.

64

Antunes/Becker-Weinberg, »Entitlement to Maritime Zones« [wie Fn. 58], S. 71.

65

 ICJ, Case Concerning Delimitation of the Maritime Boundary in the Gulf of Maine Area (Canada/United States of America), Judg­ment, 12.10.1984, ICJ Reports 1984, S. 246–352 (Abs. 87).

66

 Siehe Art. 34 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge: Vienna Convention on the Law of Treaties, 23.5.1969, UNTS, Bd. 1155 (1980), S. 331; BGBl. 1985 II, S. 927. Danach begründet ein völkerrechtlicher Ver­trag für einen Drittstaat ohne dessen Zu­stimmung weder Pflichten noch Rechte.

67

Siehe z.B. Stefan Talmon/Mary Lobo, »The Intricacies of Maritime Boundary Delimitation: Germany’s One-sided Response to the Turkey-Libya MoU on Delimitation of the Maritime Jurisdiction Areas in the Mediterranean«, German Practice in International Law (Blog), 9.3.2020 (überarbeitet am 22.7.2020), S. 3, <https://gpil.jura.uni-bonn.de/2020/03/the-intricacies-of-maritime-boundary-delimitation-germanys-one-sided-response-to-the-turkey-libya-mou-on-delimitation-of-the-maritime-jurisdiction-areas-in-the-mediterranean/>; Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 183f. Siehe auch Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, Seevölkerrechtliche Bewertung der türkisch-libyschen Vereinbarung über die Abgrenzung ihrer maritimen Interessenssphären im östlichen Mittel­meer, Berlin, 17.1.2020, S. 5ff.

68

 Talmon/Lobo, »The Intricacies of Maritime Boundary Delimitation« [wie Fn. 67], S. 5f; Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 184. In diesem Punkt ist die Formulierung in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 12.12.2019 ungenau. Darin heißt es, die Ver­einbarung ver­letze die souveränen Rechte dritter Staaten, sei mit dem Seerecht nicht vereinbar und könne keine Rechtswirkung für dritte Staaten entfalten. Tagung des Europäischen Rates (12.12.2019) – Schlussfolgerungen, Abs. 19.

69

 Agreement between the Government of the Arab Republic of Egypt and the Government of the Hellenic Republic [wie Fn. 47], Art. 1 Abs. d und e; »Memorandum of Understanding« [wie Fn. 41], Art. IV Abs. 3.

70

So die von Staatsminister Niels Annen vertretene Position in seiner Antwort auf die Frage der Abgeordneten Gökay Akbulut (Die Linke), Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht, 142. Sitzung, 29.1.2020, Plenarprotokoll 19/142, S. 17838–17839. Die Aussage bezog sich auf das libysch-türkische Memorandum of Understanding von 2019.

71

 Talmon/Lobo »The Intricacies of Maritime Boundary Delimitation« [wie Fn. 67], S. 6.

72

 Gemäß Art. 20 Abs. 2 des Statuts des Internationalen Seegerichtshofs (Anlage VI zum Seerechtsübereinkommen) steht der Gerichtshof auch Rechtsträgern offen, die nicht Vertragsstaaten des Seerechtsübereinkommens sind, und zwar unter anderem »für jede Streitigkeit, die aufgrund einer sonstigen Übereinkunft unterbreitet wird, die dem Gerichtshof die von allen Parteien dieser Streitigkeit angenommene Zuständigkeit überträgt«. Möglich ist also, dass auch Staaten wie die Türkei, die nicht Vertragspartei des Seerechtsübereinkommens sind, den Internationalen Seegerichtshof mit Strei­tigkeiten befassen. Siehe Rüdiger Wolfrum, »Das Streitbei­legungssystem des VN-Seerechtsübereinkommens«, in: Wolf­gang Graf Vitzthum (Hg.), Handbuch des Seerechts, München 2006, S. 461–489 (478).

73

Siehe z.B. Letter Dated 19 February 2020 from the Permanent Representative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/710–S/2020/129, 19.2.2020.

74

 In dieser ebenfalls an das Küstenmeer angrenzenden Zone von maximal 24 Seemeilen, gemessen ab den Basis­linien, hat der Küstenstaat gemäß Art. 33 SRÜ Kontrollbefug­nisse, um Verstöße gegen bestimmte nationale Gesetze in seinem Hoheitsgebiet und Küstenmeer zu verhindern bzw. um dort begangene Verstöße zu ahnden.

75

 Art. 121 Abs. 3 SRÜ.

76

 ICJ, Case Concerning Maritime Delimitation and Territorial Questions between Qatar and Bahrain (Qatar v. Bahrain), Judgment, 16.3.2001, ICJ Reports 2001, S. 40–118 (Abs. 185). Siehe auch ICJ, Territorial and Maritime Dispute (Nicaragua v. Colombia), Judgment, 19.11.2012, ICJ Reports 2012, S. 624–720 (Abs. 139).

77

Siehe z.B. Letter Dated 4 May 2017 from the Permanent Representative of Cyprus to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/71/900–S/2017/392, 5.5.2017. Zur Rechtsauffassung der Republik Zypern siehe Republic of Cyprus Ministry of Foreign Affairs, Recent Developments in the Continental Shelf/EEZ of the Republic of Cyprus, Presentation by Ambassador Tasos Tzionis, 31.5.2019, <https://cyprus inuk.com/wp-content/uploads/2019/06/FOR-WEB-Presenta tion-to-EU-HoMs-31.05.2019-FINAL-31.05.2019ii.pdf>.

78

 Ein internationales Schiedsgericht hat den Ablauf einer angemessenen Frist in einem Fall bejaht, in dem sich neun erfolglose Verhandlungsrunden über dreieinhalb Jahre er­streckten. Arbitral Tribunal, Arbitration between Barbados and the Republic of Trinidad and Tobago, Relating to the Delimitation of the Exclusive Economic Zone and the Continental Shelf Between Them, Decision, 11.4.2006, Reports of International Arbitral Awards, Bd. XXVII, S. 147–251 (Abs. 194–200).

79

 Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 139.

80

 British Institute of International and Comparative Law (BIICL), Report on the Obligations of States under Articles 74(3) and 83(3) of UNCLOS in Respect of Undelimited Maritime Areas, London 2016, S. 8.

81

 Siehe North Sea Continental Shelf Cases [wie Fn. 61], Abs. 87; ICJ, Case Concerning the Land and Maritime Boundary between Cameroon and Nigeria (Cameroon v. Nigeria: Equatorial Guinea Intervening), Judgment, 10.10.2002, ICJ Reports 2002, S. 303–458 (Abs. 244); International Tribunal for the Law of the Sea (ITLOS), Dispute Concerning Delimitation of the Maritime Boundary between Ghana and Côte d’Ivoire in the Atlantic Ocean (Ghana/Côte d’Ivoire), Judgment, 23.9.2017, ITLOS Reports 2017, S. 4–177 (Abs. 604).

82

Rainer Lagoni, »Festlandsockel und ausschließliche Wirtschaftszone«, in: Graf Vitzthum (Hg.), Handbuch des See­rechts [wie Fn. 72], S. 161–286 (270).

83

 North Sea Continental Shelf Cases [wie Fn. 61], Abs. 85 und 87.

84

 Siehe Art. 300 SRÜ. Siehe auch Canada/United States of America [wie Fn. 65], Abs. 87; Cameroon v. Nigeria [wie Fn. 81], Abs. 244; Ghana/Côte d’Ivoire [wie Fn. 81], Abs. 604.

85

 Siehe auch Art. 33 Abs. 1 der VN-Charta.

86

 Siehe z.B. Letter Dated 12 December 2018 [wie Fn. 30]; Letter Dated 11 July 2019 [wie Fn. 28]; Letter Dated 20 January 2020 [wie Fn. 14]; Letter Dated 13 October 2021 [wie Fn. 34].

87

Siehe z.B. Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Release No. 206« [wie Fn. 15].

88

Letter Dated 18 November 2021 [wie Fn. 4].

89

Siehe »Cyprus Petitions The Hague to Safeguard Offshore Rights«, Reuters, 5.12.2019, <https://www.reuters.com/article/ us-cyprus-turkey-hague-idUSKBN1Y90TA>.

90

 Siehe Letter Dated 20 January 2020 [wie Fn. 14]; Letter Dated 24 April 2020 [wie Fn. 40].

91

»Prime Minister Kyriakos Mitsotakis’ Speech to the 75th Session of the UN General Assembly, 25 September 2020«, <https://primeminister.gr/en/2020/09/25/24880>.

92

 Letter Dated 14 October 2020 from the Permanent Represen­tative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/521, 20.10.2020.

93

Siehe Massimo Lando, Maritime Delimitation as a Judicial Process, Cambridge 2019, S. 15ff.

94

 Bei aneinander grenzenden Küsten wird von einer »Äquidistanzlinie« gesprochen; bei gegenüberliegenden Küsten wird diese Linie als »Mittellinie« bezeichnet. In recht­licher Hinsicht ist die unterschiedliche Bezeichnung jedoch ohne Belang. Siehe dazu unten, S. 24.

95

Siehe z.B. Letter Dated 19 February 2020 [wie Fn. 73].

96

»Law No. 2289/1995 on Prospecting, Exploration and Exploitation of Hydrocarbons and Other Provisions, as Amended by Law No. 4001/2011, Art. 2 Abs. 1«, in: LOSB, Nr. 79 (2013), S. 14.

97

 The Exclusive Economic Zone and the Continental Shelf Laws 2004 and 2014 [wie Fn. 12], Art. 3 Abs. 2 und Art. 5A Abs. 2.

98

 Agreement between the Republic of Cyprus and the Arab Republic of Egypt [wie Fn. 6], Art. 1 Abs. a; Agreement between the Government of the Republic of Cyprus and the Government of the Republic of Lebanon on the Delimitation of the Exclusive Economic Zone, 17.1.2007, Art. 1 Abs. a (dieses Abkommen ist nicht in Kraft getreten); Agreement between the Government of the State of Israel and the Government of the Republic of Cyprus on the Delimitation of the Exclusive Economic Zone, 17.12.2010, UNTS, Bd. 2740 (2011), S. 55, Art. 1 Abs. a.

99

Die Karte wurde 2007 von Juan Luis Suárez de Vivero erstellt. Sie ist unter anderem abgedruckt in: Europäisches Parlament, Generaldirektion Interne Politikbereiche, Hoheits­gewässer im Mittelmeer und im Schwarzen Meer, Studie 2010, Brüssel, Dezember 2009, S. 105.

100

Siehe z.B. Letter Dated 14 October 2020 [wie Fn. 92].

101

Ebd.

102

Siehe z.B. Letter Dated 13 November 2019 [wie Fn. 4].

103

 Siehe z.B. Letter Dated 15 June 2016 from the Chargé d’affaires a.i. of the Permanent Mission of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/70/945–S/2016/541, 17.6.2016.

104

 Letter Dated 5 September 2012, Annex [wie Fn. 53].

105

 Letter Dated 18 March 2020 [wie Fn. 4]; Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, Outstanding Issues in the Eastern Mediterranean and the Aegean Sea: Turkey’s Views and Policies, Presentation by Ambassador Çağatay Erciyes, 13.2.2020, S. 51, <https://www.mfa.gov.tr/site_media/html/ Outstanding-Issues-in-the-Eastern-Mediterranean-and-the-Aegean-Sea-Turkey-s-Views-and-Policies.pdf>.

106

Letter Dated 13 November 2019 [wie Fn. 4].

107

 »Memorandum of Understanding« [wie Fn. 41], Art. I Abs. 3.

108

 Letter Dated 13 November 2019 [wie Fn. 4].

109

Romania v. Ukraine [wie Fn. 59], Abs. 115ff.

110

Siehe ICJ, Maritime Delimitation in the Indian Ocean (Somalia v. Kenya), Judgment, 12.10.2021, Abs. 122–125, <https://www.icj-cij.org/public/files/case-related/161/161-20211012-JUD-01-00-EN.pdf>.

111

Romania v. Ukraine [wie Fn. 59], Abs. 77ff und 106ff. Siehe z.B. auch Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 140ff und 155ff.

112

Romania v. Ukraine [wie Fn. 59], Abs. 116.

113

 Ebd., Abs. 120.

114

 Ebd., Abs. 122. Hier geht es darum, dass das Größenverhältnis der den Staaten zufallenden maritimen Gebiete nicht deutlich außer Proportion zum Verhältnis der Küstenlängen der Staaten steht.

115

Siehe UNCLOS III, Summary Records of Meetings of the Second Committee, 6th Meeting, 17.7.1974, A/CONF.62/C.2/SR.6, S. 115. Siehe auch Efthymios Papastavridis, The Greek-Turkish Maritime Disputes: An International Law Perspective, Athen, Juli 2020 (Policy Paper 36/2020), S. 21. Immerhin hat die Türkei mit der TRNC ein Abkommen geschlossen, das auf der An­nahme basiert, dass der Insel Zypern ein Festlandsockel zu­steht. Siehe Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, »Press Statement on the Continental Shelf Delimitation Agreement« [wie Fn. 20]. Für eine abweichende Bewertung der türkischen Position siehe Talmon/Lobo, »The Intricacies of Maritime Boundary Delimitation« [wie Fn. 67], S. 4f.

116

Siehe Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, Outstanding Issues [wie Fn. 105], S. 60.

117

Letter Dated 18 March 2020 [wie Fn. 4]; Note verbale Dated 14 August 2020 from the Permanent Mission of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/74/990, 14.8.2020.

118

Ebd.

119

 Ebd.

120

 Letter Dated 21 August 2020 [wie Fn. 54]; Letter Dated 13 November 2020 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/598–S/2020/1116, 19.11.2020.

121

 ITLOS, Dispute Concerning Delimitation of the Maritime Boundary between Bangladesh and Myanmar in the Bay of Bengal (Bangladesh/Myanmar), Judgment, 14.3.2012, ITLOS Reports 2012, S. 4–292 (Abs. 317).

122

Siehe Malcolm D. Evans, »Maritime Boundary Delimitation«, in: Rothwell u.a. (Hg.), The Oxford Handbook of the Law of the Sea [wie Fn. 63], S. 254–279 (274). Diese Tendenz zeigt sich nicht nur in Fällen, in denen es um Inseln geht, die zu einem Festlandstaat gehören und weit von dessen Küste entfernt gelegen sind. Auch das Urteil des Internationalen Gerichtshofs zur Abgrenzung des Festlandsockels zwischen Libyen und dem Inselstaat Malta bestätigt diese Tendenz. Siehe ICJ, Case Concerning the Continental Shelf (Libyan Arab Jamahiriya/Malta), Judgment, 3.6.1985, ICJ Reports 1985, S. 13–58 (Abs. 73 und 78).

123

 Letter Dated 21 August 2020 [wie Fn. 54].

124

Romania v. Ukraine [wie Fn. 59], Abs. 185.

125

 ICJ, Maritime Delimitation in the Caribbean Sea and the Paci­fic Ocean and Land Boundary in the Northern Part of Isla Portillos (Costa Rica v. Nicaragua), Judgment, 2.2.2018, ICJ Reports 2018, S. 139–227 (Abs. 154).

126

 ICJ, Case Concerning Maritime Delimitation in the Area be­tween Greenland and Jan Mayen (Denmark v. Norway), Judgment, 14.6.1993, ICJ Reports 1993, S. 38–82 (Abs. 70).

127

 Siehe z.B. Canada/United States of America [wie Fn. 65], Abs. 221f; Denmark v. Norway [wie Fn. 126], Abs. 68f; Cameroon v. Nigeria [wie Fn. 81], Abs. 301; Romania v. Ukraine [wie Fn. 59], Abs. 164; Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 209.

128

Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 211 und 229.

129

 Letter Dated 18 March 2020 [wie Fn. 4]; Note verbale Dated 14 August 2020 [wie Fn. 117].

130

 Court of Arbitration, Case Concerning the Delimitation of the Continental Shelf between the United Kingdom of Great Britain and Northern Ireland, and the French Republic (UK, France), Decision, 30.6.1977, Reports of International Arbitral Awards, Bd. XVIII, S. 3–413 (Abs. 196).

131

Ebd., Abs. 202.

132

Siehe z.B. Bangladesh/Myanmar [wie Fn. 121], Abs. 316–319; Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 215f und 229. Dazu Lando, Maritime Delimitation as a Judicial Process [wie Fn. 93], S. 168–173.

133

Romania v. Ukraine [wie Fn. 59], Abs. 201; Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 215.

134

 Siehe z.B. Arbitral Tribunal, Case Concerning the Delimitation of Maritime Areas between Canada and France (Canada/France), Decision, 10.6.1992, Reports of International Arbitral Awards, Bd. XXI, S. 265–341 (Abs. 66–74); Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 232–238.

135

 Zur Relevanz der begrifflichen Unterscheidung zwischen nicht abgegrenzten, also abgrenzungsbedürftigen Gebieten (undelimited areas) und umstrittenen Gebieten (dis­puted areas) siehe BIICL, Report on the Obligations of States under Articles 74(3) and 83(3) [wie Fn. 80], S. 29ff. In der vor­liegenden Studie wird überwiegend der Begriff »umstrittenes Gebiet« ver­wendet.

136

 Nicaragua v. Colombia [wie Fn. 76], Abs. 139.

137

Dazu ausführlich BIICL, Report on the Obligations of States under Articles 74(3) and 83(3) [wie Fn. 80], S. 40ff. Dass Art. 74 Abs. 3 und Art. 83 Abs. 3 SRÜ kein Völkergewohnheitsrecht abbilden, wird unter anderem vertreten von Talmon/Lobo, »The Intricacies of Maritime Boundary Delimitation« [wie Fn. 67], S. 5f.

138

 Arbitral Tribunal, Arbitration Regarding the Delimitation of the Maritime Boundary between Guyana and Suriname, Award, 17.9.2007, Reports of International Arbitral Awards, Bd. XXX, S. 1–144 (Abs. 461); Ghana/Côte d’Ivoire [wie Fn. 81], Abs. 627.

139

 BIICL, Report on the Obligations of States under Articles 74(3) and 83(3) [wie Fn. 80], S. 14ff.

140

Zu den unterschiedlichen Kategorien solcher Joint Development Agreements siehe Ana Stanič/Sohbet Karbuz, »The Challenges Facing Eastern Mediterranean Gas and How International Law Can Help Overcome Them«, in: Journal of Energy & Natural Resources Law, 39 (2021) 2, S. 213–247 (241ff).

141

Siehe ebd., S. 17.

142

 Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 150.

143

 BIICL, Report on the Obligations of States under Articles 74(3) and 83(3) [wie Fn. 80], S. 19ff.

144

 Arbitration between Guyana and Suriname [wie Fn. 138], Abs. 465.

145

 David Anderson/Youri van Logchem, »Rights and Obligations in Areas of Overlapping Maritime Claims«, in: S. Jayakumar/Tommy Koh/Robert Beckman (Hg.), The South China Sea Disputes and Law of the Sea, Cheltenham 2014, S. 192–228 (216).

146

 Ebd.; Stanič/Karbuz, »The Challenges Facing Eastern Mediterranean Gas« [wie Fn. 140], S. 244. Dazu auch David M. Ong, »Joint Development of Common Offshore Oil and Gas Deposits: ›Mere‹ State Practice or Customary International Law?«, in: American Journal of International Law, 93 (1999) 4, S. 771–804.

147

 Arbitration between Guyana and Suriname [wie Fn. 138], Abs. 467ff.

148

Ebd., Abs. 467 und 470.

149

Ebd., Abs. 481.

150

Somalia v. Kenya [wie Fn. 110], Abs. 207 und 208.

151

 BIICL, Report on the Obligations of States under Articles 74(3) and 83(3) [wie Fn. 80], S. 29.

152

Der Internationale Gerichtshof sieht eine Voraus­setzung für den Erlass vorsorglicher Maßnahmen darin, dass dringende Notwendigkeit bestehen müsse, bis zu einer end­gültigen Entscheidung irreparablen Schaden von den Rech­ten der Parteien abzuwenden. Siehe z.B. ICJ, Case Concerning Pulp Mills on the River Uruguay (Argentina v. Uruguay), Order, 23.1.2007, ICJ Reports 2007, S. 3–18 (Abs. 32).

153

 ICJ, Aegean Sea Continental Shelf Case (Greece v. Turkey), Request for the Indication of Interim Measures of Protection, Order, 11.9.1976, ICJ Reports 1976, S. 3–14 (Abs. 30).

154

 ITLOS, Dispute Concerning Delimitation of the Maritime Boundary between Ghana and Côte d’Ivoire in the Atlantic Ocean (Ghana/Côte d’Ivoire), Provisional Measures, Order, 25.4.2015, ITLOS Reports 2015, S. 146–167 (Abs. 89).

155

So etwa die Argumentation Somalias im Abgrenzungsstreit mit Kenia. Siehe Somalia v. Kenya [wie Fn. 110], Abs. 199.

156

Ghana/Côte d’Ivoire [wie Fn. 81], Abs. 592; Somalia v. Kenya [wie Fn. 110], Abs. 203.

157

 Siehe Arbitration between Guyana and Suriname [wie Fn. 138], Abs. 445 (mit weiteren Nachweisen).

158

 Dazu Ioannides, Maritime Claims [wie Fn. 27], S. 158ff.

159

 Arbitration between Guyana and Suriname [wie Fn. 138], Abs. 484.

160

 Siehe ebd., Abs. 445 (mit weiteren Nachweisen).

161

 Dazu Moritz Rau/Günter Seufert/Kirsten Westphal, Der östliche Mittelmeerraum im Fokus der europäischen Energiewende. Über tiefsitzende Rivalitäten und neue Möglichkeiten der Kooperation zwischen Griechenland, der Türkei und Zypern, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2022 (SWP-Aktuell 4/2022).

162

 Ebd., S. 7.

163

 Siehe z.B. Letter Dated 15 June 2016 [wie Fn. 103].

164

»Statement by His Excellency Recep Tayyip Erdoğan, President of the Republic of Turkey, at the 75th Session of the United Nations General Assembly«, 22.9.2020, <https:// estatements.unmeetings.org/estatements/10.0010/20200922/ cVOfMr0rKnhR/UMPvjFnAUcGf_en.pdf>. Siehe auch Letter Dated 14 October 2020 [wie Fn. 92].

165

 Letter Dated 18 March 2019 from the Permanent Represen­tative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/73/804, 22.3.2019. Siehe auch Letter Dated 19 November 2021 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/76/559, 19.11.2021.

166

 Letter Dated 14 October 2020 [wie Fn. 92]. Siehe auch Letter Dated 15 June 2021 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/929, 21.6.2021.

167

 Letter Dated 15 February 2021 from the Permanent Repre­sentative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/753, 16.2.2021. Siehe auch Letter Dated 22 July 2021 from the Permanent Representative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/972, 26.7.2021.

168

Letter Dated 21 August 2020 [wie Fn. 54].

169

 Siehe z.B. Letter Dated 15 June 2021 [wie Fn. 166]; Republic of Turkey Ministry of Foreign Affairs, Outstanding Issues [wie Fn. 105], S. 8–26.

170

Letter Dated 19 November 2021 [wie Fn. 165].

171

 Letter Dated 13 July 2021 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/961–S/2021/651, 14.7.2021.

172

Siehe die Antwort Griechenlands: Letter Dated 27 July 2021 from the Permanent Representative of Greece to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/75/976–S/2021/684, 28.7.2021. Dazu die Replik der Türkei: Letter Dated 30 September 2021 from the Permanent Representative of Turkey to the United Nations Addressed to the Secretary-General, VN-Dok. A/76/379–S/2021/841, 5.10.2021.

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