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Russland und der Europarat

SWP-Studie 2013/S 10, 01.05.2013, 23 Seiten Forschungsgebiete

Russland weist erhebliche Defizite in den Bereichen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und bei der Wahrung der Menschenrechte auf. Dabei ist es durch seine Mitgliedschaft im Europarat konkrete, rechtlich bindende Verpflichtungen eingegangen, zum Beispiel durch die Europäische Menschenrechtskonvention, die Moskau bereits 1998 ratifiziert hat. Das offizielle Russland betrachtet den Europarat allerdings selten als eine Organisation, von der es beim Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen Unterstützung erhalten könnte. Die Parlamentarische Versammlung (PV) wird zumindest von Teilen der russischen Delegation primär als Möglichkeit angesehen, sich zu profilieren, nicht nur innerhalb des Europarats, sondern auch gegenüber der Führung in Moskau und der eigenen Gesellschaft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stützt sich stärker auf rechtliche Verfahren als die PV und eignet sich dadurch weniger als Profilierungsplattform. Deshalb ist insbesondere der EGMR ein wichtiges Instrument, um auf Russland einzuwirken. Gleichwohl ist es auch ihm bisher nicht gelungen, durchgreifende strukturelle Änderungen im russischen Rechtssystem zu evozieren. Russland ist in der Regel lediglich bereit, die vom Gerichtshof verlangte Entschädigung zu zahlen.

Trotz der geschilderten Probleme erscheint es aus mehreren Gründen sinnvoll, mit Russland im Rahmen des Europarats weiterhin zusammenzuarbeiten. Da offizielle russische Akteure durch ihr Verhalten die vom Europarat vertretenen Prinzipien jedoch grundsätzlich in Frage stellen, ist es für Deutschland und die EU unerlässlich, den Rat stärker zu unterstützen. Dies kann durch regelmäßige Präsenz, mehr gemeinsame Projekte und eine gezielte finanzielle Aufstockung geschehen.