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Kooperation, Vertrauen, Sicherheit?

Potentiale und Grenzen der Wirtschafts- und Umweltdimension der OSZE

SWP-Studie 2019/S 21, 26.09.2019, 30 Seiten

doi:10.18449/2019S21

Forschungsgebiete

Dr. Franziska Smolnik ist stellvertretende Leiterin der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien.

 Vor dem Hintergrund einer erodierenden europäischen Sicherheits­ordnung hat die OSZE und mit ihr die lange vernachlässigte Wirtschafts- und Umweltdimension eine neue Dynamik entwickelt.

 Der Kooperation bei vermeintlich weniger verfänglichen Wirtschafts- und Umweltthemen wird das Potential zugeschrieben, Vertrauen zu generieren. Dieses Vertrauen kann sich dann, so die Annahme, wiederum positiv auf die Zusammenarbeit in anderen Feldern auswirken und insgesamt zu mehr Sicherheit in Europa beitragen.

 Die Ergebnisse der Studie legen diesbezüglich ein pragmatisches Erwartungsmanagement nahe: Die Chancen von Kooperation bei Themen der »zweiten Dimension« der OSZE sollten mit nüchternem Blick betrachtet werden.

 Weder bedeutet ein höheres Maß an zwischenstaatlicher Kooperation automatisch ein Mehr an Vertrauen, noch stellen sich zwingend Spill­over-Effekte zwischen »low politics« und »high politics« ein.

 Deutschland sollte daher zusammen mit den EU-Partnern dem »Wie« der Aufwertung der Wirtschafts- und Umweltdimension der OSZE besondere Beachtung schenken.

 Eine Verknüpfung zwischen den OSZE-Dimensionen sollte aktiv forciert werden; die Debatten in der »zweiten Dimension« könnten mehr noch als bisher an die Diskussion über den erodierenden Grundkonsens in Bezug auf eine regelbasierte Ordnung und gemeinsame Prinzipien angeschlossen werden.

Problemstellung und Empfehlungen

Nach dem Ende des Kalten Krieges hat die Organisa­tion für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Schatten der Nato und der Europäischen Union (EU) lange eher ein Nischendasein geführt. Erneute Aufmerksamkeit erlangte sie mit der Krise in und um die Ukraine ab 2014. Vor dem Hintergrund der damit verbundenen Spannungen zwischen Russ­land auf der einen und der EU und den USA auf der anderen Seite ist die Organisation mit ihrem inklu­siven und auf Konsens basierenden Modell wieder stärker in den Fokus gerückt. Als Institution, die sich als Plattform für den Dialog im Raum zwischen Van­couver und Wladiwostok versteht, wird die OSZE mit ihren 57 Teilnehmerstaaten von vielen als eines der wenigen verbliebenen multilateralen Kommunika­tionsforen zwischen »Ost« und »West« betrachtet, mithin als ein Forum, das es zu nutzen gilt.

Gerade die lange vernachlässigte sogenannte »zweite Dimension« der Organisation, die sich mit Wirtschafts- und Umweltfragen beschäftigt, hat in dieser Hinsicht in den letzten Jahren eine neue Dyna­mik erfahren. Regierungen dies- und jenseits von Wien, dem Hauptsitz der OSZE, sehen in dem Forum, das die Organisation für diese Politikfelder bietet, eine Plattform für wechselseitig gewinnbringende Zusammenarbeit mit deeskalierender Wirkung. Eine gemeinsame Agenda in Wirtschafts- und Umwelt­fragen, so das Argument, könne helfen, verloren­gegangenes Vertrauen zwischen den Staaten wieder­herzustellen. Zu diesem Zweck erschließen die Teil­nehmer der Wirtschafts- und Umweltdimension neue Themen wie »wirtschaftliche Konnektivität« oder jüngst die »digitale Wende« für die Organisation. Die Kooperation bei solchen (vermeintlich) weniger ver­fänglichen Materien, so das Kalkül einiger westlicher Staaten, könnte als Einstiegspunkt dienen und im weiteren Verlauf auch positiv auf den Dialog in den anderen Dimensionen ausstrahlen – der ersten Dimension zu politisch-militärischer Sicherheit und der dritten, menschlichen Dimension von Sicherheit. In diesen beiden Bereichen gab es zuletzt nur wenig Konsens und somit auch nur wenig Fortschritt. Ein solches Denk­muster lag auch der Agenda des deut­schen OSZE-Vorsitzes 2016 zugrunde: Unter der Leit­idee »Dialog erneuern, Vertrauen neu aufbauen, Sicherheit wieder herstellen« war Deutschland be­müht, die zweite Dimension durch eine Fokussierung auf das Thema Konnektivität aufzuwerten. Unter den Folgevorsitzen Österreichs (2017) und Italiens (2018) kam der zweiten Dimension ebenfalls Aufmerksamkeit zu und auch die Slowakei, die für 2019 den Vor­sitz übernommen hat, führt diesen Kurs fort, indem sie den Schwerpunkt auf die Themen Digitalisierung, Konnektivität und Energie legt.

Mit dem erhöhten Engagement in der zuvor oft nachrangig behandelten zweiten Dimension und vor dem Hintergrund der daran geknüpften Erwartungen stellen sich eine Reihe von Fragen neu: Welchen Platz soll die Wirtschafts- und Umweltdimension im Gesamtgefüge der OSZE eigentlich haben? Welches Potential hat die Zusammenarbeit in dieser Dimen­sion für die nachhaltige Generierung von Vertrauen? Welche Bedingungen müssen gegebenenfalls erfüllt sein, damit dieses Vertrauen entsteht und es zu posi­tiven Spillover-Effekten für den Dialog innerhalb der OSZE insgesamt kommen kann? Diesen Fragen, die auch das (Spannungs-)Verhältnis der beiden namengebenden Eckpfeiler der OSZE, »Sicherheit« und »Ko­operation«, betreffen, wird in der vorliegenden Studie nachgegangen.

Mit der Wirtschafts- und Umweltdimension der OSZE konzentriert sich die Studie auf einen konkreten Tätigkeitsbereich einer spezifischen internatio­nalen Organisation. Die Erkenntnisse, die hierbei gewonnen werden, sind jedoch auch darüber hinaus von Relevanz: Immer wieder werden angesichts einer erodierenden europäischen Sicherheitsordnung die Chancen betont, über Kooperation bei weniger strit­tigen Themen Vertrauen zu generieren und letztlich zu einem höheren Maß an Sicherheit und Stabilität in Europa beizutragen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen hier ein pragmatisches Erwartungs­management nahe: Ein Blick auf den Stand der wissenschaftlichen Debatte zeigt, dass ein höheres Maß an zwischenstaatlicher Kooperation nicht auto­matisch auch ein Mehr an Vertrauen zwischen den involvier­ten Akteuren bedeutet. Zudem sind positive Spillover-Effekte von Bereichen, in denen (vermeintlich) weniger vermachtete oder strittige Themen verhandelt werden, auf solche, die stärker konfliktbehaftet sind, bzw. von »low« zu »high politics« keineswegs zwingend.

Sich diese nüchterne Sicht zu Eigen machen, be­deutet indes nicht, dass eine Belebung der Wirtschafts- und Umweltdimension der OSZE am Ziel vorbeiführen würde. Zu einer angemessenen Erwartungs­haltung sollte es aber gehören, dem »Wie« der Auf­wertung der zweiten Dimension besondere Aufmerk­samkeit zu widmen. Dafür gibt die Studie einige An­regungen: Positive Spillover-Effekte, so eine zentrale Erkenntnis der folgenden Untersuchung, stellen sich kaum von allein ein. Allerdings könnten Deutschland und die Mitglieder der Europäischen Union die Ver­knüpfung der Wirtschafts- und Umweltdimension mit den anderen Dimensionen engagiert forcieren. Zum Beispiel indem sie weiterhin und verstärkt versuchen, Menschenrechtsbezüge auch in den Dokumenten der zweiten Dimension zu verankern oder Paketlösungen zu schnüren, also darauf hinzuwirken, dass über Beschlüsse aus verschiedenen Dimensionen gemeinsam abgestimmt wird. Neben den Runden, in denen über die Beschlusstexte verhandelt wird, die am Ende jedes OSZE-Jahres beim Ministerrat zur Abstimmung stehen, könnten zudem die inhaltlichen Treffen der Wirtschafts- und Umweltdimension, die das gesamte Jahr über stattfinden, stärker noch als bisher für den Austausch über den Nexus von Wirtschaft, Umwelt und Sicherheit genutzt werden.

Nachhaltiges Vertrauen wächst langsam und ist über spezifische Maßnahmen, wenn überhaupt, nur bedingt herbeizuführen. Dennoch beruht Vertrauen letztlich auf kommunikativer Praxis. Deutschland und die EU-Staaten könnten die Zusammenkünfte daher intensiv dafür nutzen, für die eigenen Stand­punkte zu werben und eigene Werte zu vermitteln – auch wenn das nicht heißt, dass diese von allen ande­ren teilnehmenden Staaten geteilt oder übernommen werden. Die (Re-)Fokussierung auf einen klaren Sicher­heitsbezug in der zweiten Dimension bedeutet möglicherweise, dass auch hier die Debatten kontro­verser als bisher geführt werden. Solange dies zur Folge hat, dass auch die bei Wirtschafts- und Umwelt­themen ja durchaus vorhandenen Interessengegen­sätze einer sachlichen und bestenfalls produktiven Diskussion zugeführt werden, sollte das nicht als Nachteil gesehen werden.

Neue Konjunktur für die OSZE

Nach dem Ende des Kalten Krieges hat die Organisa­tion für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa im institutionellen Gefüge europäischer Sicherheit lange eine untergeordnete, wenn nicht sogar eine marginalisierte Rolle gespielt.1 Zwar kam der KSZE/ OSZE2 nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion durchaus ein Platz im Konzept einer europäischen Sicherheitsarchitektur zu, die aus mehreren ineinan­dergreifenden Institutionen bestehen sollte. Neben der EU und der Nato, die sich beide nach Osten erwei­terten (2004, 2007 bzw. 1999, 2004), wurde ihre Rolle allerdings zunehmend kleiner. In der Folge wurde die Organisation oft eher mit Nischenfunktionen oder – zumindest aus einer traditionellen Sicherheitsperspektive heraus – mit »weichen« Aspekten von Sicherheit wie Wahlbeobachtung, präventiver Diplomatie oder Schutz von Minderheiten assoziiert.3 Spätestens seit Ende der 1990er Jahre attestierten Beobachterinnen und Beobachter der OSZE eine insti­tutionelle Krise, die Mitte der 2000er Jahre bei einigen gar in Überlegungen gipfelte, die Organisation mög­licherweise ganz abzuwickeln.4

Die OSZE im Schatten der Nato und der EU

Tatsächlich erweiterten die Nato und die EU nicht nur den Kreis ihrer Mitglieder, sondern auch ihre Betäti­gungsfelder und Aufgaben. Die Nato sah sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr nur als reines Verteidigungsbündnis, das sich auf den Schutz des eigenen Vertragsgebiets beschränkt. Stattdessen fügte sie ihrem Portfolio »Out of area«-Einsätze hinzu und sie übernahm, obwohl militärische Stärke und Abschreckung Kernelemente blieben, zusätzlich Auf­gaben im Bereich der (zivilen) Krisenintervention. Auch die EU entwickelte Instrumente zur Krisenbewäl­tigung – als Ergänzung zu ihrem ökonomischen Gewicht und ihren finanziellen Ressourcen, die sie in Form entsprechender Anreize und dem Ausblick auf Teilhabe an wirtschaftlicher Prosperität auch in ihrer Außen- und Sicherheitspolitik einsetzte. Darüber hinaus baute die Union ihre Kapazitäten im Bereich Konfliktprävention und Konfliktnachsorge aus.5

Die OSZE hätte sich aufgrund ihres von Beginn an inklusiven Charakters und ihrer großen geografischen Reichweite von »Vancouver bis Wladiwostok« als zentrale Sicherheitsorganisation in Europa angeboten. Einen solchen Status hatte insbesondere Moskau in den 1990er Jahren für die OSZE im Blick und trieb entsprechende Reformvorschläge voran.6 Mit den Entwicklungen der Nato und der EU nach Ende des Kalten Krieges konnte die OSZE allerdings nicht Schritt halten. Aus Sicht vieler westlicher Akteure geriet sie wegen der Portfolioerweiterung, die die beiden ande­ren Organisationen vornahmen, immer stärker in den Hintergrund. Auch wenn sowohl die Nato (z.B. über den Nato-Russland Rat) als auch die EU (z.B. im Rah­men des Partnerschafts- und Kooperationsabkommens) dem Kreml Angebote zur Kooperation und Einbindung machten, blieb Russland nach eigener Ansicht von den zwei wichtigsten Organisationen europäischer Sicherheit ausgeschlossen und somit bei wesent­lichen Entscheidungen in diesem Politikfeld margina­lisiert. Anders als in der OSZE hatte es weder in der einen noch in der anderen Institution Stimm- oder Vetorechte.7 Die OSZE wiederum – im Unterschied zur Nato ohne eigene militärische Kapazitäten und anders als die EU ohne signifikante finanzielle Res­sourcen – musste sich innerhalb dieses institutio­nellen Trios im Wesentlichen mit der Position eines Dialogforums bescheiden, das sich auf Sicherheits­aspekte »geringer Intensität« konzentriert und dessen komparative Stärke im politisch-militärischen Bereich auf vertrauensbildenden Maßnahmen liegt.8

Während die russischen Vorschläge in den 1990er Jahren, die auf eine Reform und Aufwertung der OSZE hinausliefen, auf Seiten der EU und den USA auf begrenzte Resonanz gestoßen waren, sah man die Organisation zur Mitte der 2000er Jahre hin auch in Moskau selbst zunehmend kritisch.9 Russland und einige andere postsowjetische Staaten bemängelten insbesondere die einseitige Fokussierung der Wiener Organisation auf Fragen der menschlichen Dimen­sion – zu Lasten der Kooperation bei politisch-mili­tärischen Angelegenheiten und Wirtschafts- und Umweltthemen. Tatsächlich wurde die Frage nach der inhaltlichen Balance mehr und mehr zum Zankapfel zwischen den teilnehmenden Staaten.10 Russland und andere Länder haben der Organisation Voreingenom­menheit vorgeworfen und die Anwendung »doppelter Standards« gegenüber den Staaten »östlich von Wien«. Auch bedingt durch die zahlenmäßige Dominanz der EU- und Nato-Staaten würde die OSZE, so der Vor­wurf, vor allem Entwicklungen auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion kritisieren und sich in die inneren Angelegenheiten der dortigen Länder ein­mischen.11 Die unterschiedlichen Bewertungen von Fragen, die die europäische Sicherheit betreffen, be­einflussten und paralysierten zunehmend die Ent­scheidungsfindung innerhalb der Organisation.12

Eine Wende in der Wahrnehmung der OSZE leitete die 2014 einsetzende Krise in und um die Ukraine ein.

Zurück aus dem Abseits?

Eine Wende in der Wahrnehmung der OSZE leitete die 2014 einsetzende Krise in und um die Ukraine ein. Im Folgenden verzeichnete die Organisation einen Bedeutungsgewinn; sie ist nach den Worten des amtierenden Bundespräsidenten und vormaligen Außenministers Deutschlands Frank-Walter Steinmeier heute wieder »unverzichtbar«.13 Zuvor war das Dialog- und Verhandlungsforum von verschiedenen Seiten wiederholt als ineffiziente »Schwatzbude« kri­tisiert worden.14 Inzwischen wird die Organisation als eine der wenigen verbliebenen Plattformen für die Kommunikation zwischen Ost und West gewürdigt. Plötzlich stehen diejenigen Eigenschaften der OSZE in positivem Licht, die ihr früher oft vorgehalten wurden, weil sie den Handlungsspielraum der Orga­ni­sation begrenzen würden, so etwa ihre starke Konsens­orientierung. In der OSZE wird von der Konsensregel nur bei äußerst eklatanten Verletzungen der Prin­zipien der Institution abgewichen (»consensus minus one«), was den in ihr vertretenen Staaten de facto eine Blockadeoption einräumt; statt auf Sanktionen zur Normdurchsetzung setzt die OSZE auf Normen­sozialisierung. Die von ihr getroffenen Entscheidun­gen sind nicht im juristischen Sinne bindend.

Die OSZE, so ihre Befürworter, könne dazu beizutragen, verlorengegangenes Vertrauen in Europa wieder­herzustellen.

Angesichts der derzeitigen Herausforderungen für die europäische Sicherheit sehen politiknahe Be­obachter in der Nischenposition und -funktion der OSZE im Schatten der Nato und der EU und in den spezifischen inklusiven Formaten und Entscheidungsfindungsprozessen der Organisation einen besonderen Vorteil. Als überparteiliches, neutrales Forum, das Ost und West vereinige, in dem alle vertretenen Staaten gleiche Stimmrechte haben und somit – zu­mindest formal15 – auf Augenhöhe miteinander agie­ren, sei die OSZE prädestiniert, ein Ort für den Dialog zwischen allen relevanten Akteuren zu sein. Die Orga­nisation könne entsprechend dazu beizutragen, verlorengegangenes Vertrauen in Europa wieder­herzustellen, so ihre Befürworter.16

Nach wie vor divergieren allerdings die Einstellungen der teilnehmenden Staaten der Organisation im Hinblick auf die Frage, welche Aufgaben die OSZE eigentlich übernehmen soll.17 Besonders groß ist der Dissens, wenn es um den Stellenwert geht, den Themen der menschlichen Dimension in der Arbeit der OSZE einnehmen sollen, allen voran die Einsetzung von Wahlbeobachtungsmissionen, die Über­wachung der Presse- und Medienfreiheit und die Sicherstellung der Einhaltung der Menschenrechte. Konsens ist in der dritten Dimension daher seit meh­reren Jahren eher die Ausnahme als die Regel. Die Relevanz der ersten Dimension, in der politisch-mili­tärische Aspekte von Sicherheit bearbeitet werden, ist zwar durch die Krise in und um die Ukraine unterstrichen worden – die dort eingesetzte OSZE-Sonder­beobachtungsmission gilt mittlerweile geradewegs als ein Aushängeschild der Gesamtorganisation. Doch zeigt sich eben auch hier, wie tief die Gräben derzeit sind. Vor dem Hintergrund widerstreitender Auffassungen Russlands, der EU und der USA zu den Bedro­hungen europäischer Sicherheit bzw. deren Ursachen stehen etwa Aktualisierungen bestehender Verein­barungen wie des Wiener Dokuments zur Vertrauens­bildung im militärischen Bereich weiterhin aus. Die gegenwärtigen Rückschläge bei der internationalen Rüstungskontrolle geben wenig Anlass zu der Zu­versicht, dass es in absehbarer Zeit in diesem Be­reich im Rahmen der OSZE Fortschritte geben wird.18 Der »Strukturierte Dialog«, ein relativ neues Format für den Austausch im politisch-militärischen Bereich, dessen Implementierung beim OSZE-Ministerrat 2016 in Hamburg beschlossen wurde und mit dem man Hoffnungen auf eine Annäherung zwischen Russland und den westlichen Staaten verknüpfte, hat zuletzt, so zumindest der Eindruck einiger naher Beobachter, ebenfalls an Dynamik eingebüßt.19

In Anbetracht dieser Tatsachen hat die lange ver­nachlässigte zweite Dimension der OSZE an Aufmerksamkeit gewonnen. Der OSZE-Weisenrat (Panel of Eminent Persons) vermeldet gar »einen radikalen Wechsel des Kurses der letzten 30 Jahre«: Die Wirt­schafts- und Umweltdimension sei nun nicht länger der »leere Korb«, sondern tatsächlich »im Moment einer der wenigen Einstiegspunkte für Dialog zwi­schen Europa und Russland«.20 Die Befürworter einer Intensivierung der Kooperation in dieser Dimension setzen darauf, dass der Austausch über die (vermeintlich) weniger kontroversen Wirtschafts- und Umweltthemen eine Möglichkeit ist, zwischen Vancouver und Wladiwostok wieder in einen kon­struktiveren Dialog einzutreten. Das in diesem Rahmen zurückgewonnene Vertrauen könnte dann, so das Kalkül, letztlich eine Basis bilden für positive Dynamiken auch in den anderen Bereichen, mit denen die Orga­nisation befasst ist.21

Philosophie und Leitideen der OSZE

Jene Kräfte, die die zweite Dimension beleben wollen und sich davon positive Impulse für die Gesamtorganisation bzw. die europäische Sicherheit versprechen, setzen bei zwei eng miteinander verbundenen Leit­ideen der OSZE an: der Herstellung kooperativer und umfassender Sicherheit. Beide Konzepte haben die KSZE bereits in ihrer Anfangszeit in den 1970er Jah­ren geprägt.

Umfassende Sicherheit

Die KSZE war in ihrer Gründungsphase dem engeren Sicherheitsverständnis anderer internationaler Akteure voraus und beschränkte »Sicherheit« schon damals nicht allein auf politisch-militärische Fragen. Stattdessen subsumierte die Staatenkonferenz unter dem Begriff Sicherheit auch Kooperation in den Be­reichen Wirtschaft, Umwelt und Wissenschaft und bezog darüber hinaus soziale, humanitäre, kulturelle und partizipatorische Aspekte mit ein. Organisato­risch fand dieses Konzept einer umfassenden Sicher­heit Ausdruck in der Gliederung der Konferenzarbeit in die sogenannten »drei Körbe«, später umbenannt in »drei Dimensionen«: die erste, politisch-mili­täri­sche Dimension, die zweite, in der Wirtschafts- und Umweltfragen behandelt werden sollten, und die dritte, menschliche Dimension. Einerseits trug das Konzept umfassender Sicherheit dem Umstand Rech­nung, dass Sicherheit vielschichtig und komplex ist und sich eben nicht auf politisch-militärische Aspekte reduzieren lässt. Andererseits war es auch Ausdruck der unterschiedlichen Interessenlagen der teilnehmen­den Staaten schon zu Beginn des KSZE-Prozesses, erlaubte es doch durch die Bedienung aller drei Körbe einen Ausgleich dieser verschiedenen Prioritäten.22

Kooperative Sicherheit

Neben dem umfassenden Sicherheitsverständnis ver­trat die KSZE/OSZE zudem das Konzept der »kooperativen Sicherheit«. Ihm zufolge ist Sicherheit unteilbar. Sicherheit bedeutet entsprechend Sicherheit für alle teilnehmenden Staaten, nicht Sicherheit auf Kosten anderer.23 Aus einer solchen Perspektive heraus hat die mangelnde Sicherheit eines Staates negative Aus­wirkungen auf alle anderen.24 Kooperative Sicherheit schließt damit idealtypisch die Anwendung physischer Gewalt oder deren Androhung unter den teil­nehmenden Staaten der KSZE/OSZE aus. Bereits der »Dekalog« der Helsinki-Schlussakte, auf den sich die teilnehmenden Staaten 1975 einigten, unterstreicht das: Unter anderem werden hier friedliche Konflikt­beilegung, Nichtanwendung und Nichtandrohung von Gewalt und Kooperation zwischen den Staaten zu den Grundprinzipien gezählt.25 Auch mit dem Kon­zept der kooperativen Sicherheit geht die KSZE/OSZE folglich über das bis dato vorherrschende Sicherheits­verständnis hinaus – konfrontative, auf Zwang oder militärischer Abschreckung basierende Strategien werden hier durch kooperative Lösungsansätze er­setzt. Letztere entwickeln sich im Wesentlichen aus Verhand­lungen, Konsultationen und gründen auf Transparenz sowie auf Überzeugung und Konsens – Leitmotive, die sich in den (Entscheidungs-)Strukturen und im Aufbau der Institution OSZE widerspiegeln.26

Obschon umfassende und koopera­tive Sicherheit konstitutive Leit­prinzipien der KSZE/OSZE sind, werfen beide Konzepte Fragen auf.

Offene Fragen

Obschon umfassende und kooperative Sicherheit kon­stitutive Leitprinzipien der KSZE/OSZE sind, werfen die beiden Konzepte Fragen auf. Sie waren auch An­lass für Kritik an der OSZE bzw. für die Diskussion über eine Reform der Organisation. Grundsätzlich unterstützen die teilnehmenden Staaten weiterhin das breite Portfolio, das mit einem umfassenden Ansatz einhergeht. Allerdings weichen die Einschätzungen, welches die prioritären Aufgabenbereiche der OSZE sein und wie diese ausgestaltet werden sollten, und die Ansichten über die richtige Balance zwischen den drei Dimensionen seit jeher erheblich voneinander ab. Diese Divergenzen spiegeln die unterschiedlichen Interessen und spezifischen Sicher­heitsherausforderungen der Staaten wider. Dass sie sich herausbilden konnten, wurde aber auch dadurch begünstigt, dass das Konzept der umfassenden Sicher­heit bis heute nur wenig definiert ist; zumeist wird allein auf die thematische Grobeinteilung der drei Dimensionen verwiesen. Gerade in der Anfangszeit der KSZE hat sich der umfassende Ansatz in Form von »Paket-Lösungen«, einer Kombination von Elementen aus verschiedenen Körben, praktisch manifestiert.27 Dass die drei Dimensionen prinzipiell zusammen­hängen, darüber ist man sich einig, wie dies sowohl operativ als auch konzeptionell umzusetzen ist, be­darf hingegen weiterhin der Klärung. In der Maas­tricht-Strategie der OSZE von 2003, die Sicherheitsherausforderungen im neuen Jahrhundert benennt, wird zwar anerkannt, dass diese oft nicht (mehr) einer einzigen Dimension zugeordnet werden können. In dem Dokument werden eine Reihe dieser neuen, die drei Dimensionen transzendierenden Bedrohungen aufgezählt und es wird betont, dass diesen nur durch eine Stärkung des multidimensionalen Ansatzes der OSZE begegnet werden kann. Wie die anvisierte »ko­ordinierte« Implementierung des umfassenden An­satzes konkret ausgestaltet werden soll, wird indes auch hier nicht erläutert.28 Monika Wohlfelds Ein­schätzung, dass »die Debatte über die relative Stärke und das Verhältnis zwischen den verschiedenen Dimensionen von Sicherheit innerhalb der OSZE andauert und wahrscheinlich nie von der Tages­ordnung genommen wird«, dürfte auch fortan Gültig­keit haben.29

Nicht nur der umfassende Sicherheitsbegriff ist nicht hinreichend definiert. Auch was den Ansatz ko­operativer Sicherheit betrifft, gibt es offene Fragen.30 Im Kern bzw. idealtypisch fußt das Konzept kooperativer Sicherheit auf der Prämisse, dass alle involvier­ten Länder ein genuines Interesse an Kooperation und an einem wechselseitig gewinnbringenden Austausch haben und einander mit Wohlwollen begegnen.31 In solch einer Lesart von kooperativer Sicherheit wird in gewisser Weise aber Vertrauen, das durch die Koope­ration (erst) generiert werden soll (das ist jedenfalls die Hoffnung, die mit einer Wiederbelebung der zweiten Dimension verknüpft ist), als Grundbedingung für selbige bereits vorausgesetzt. Manche Kri­tikerinnen und Kritiker betrachten den Ansatz koope­rativer Sicherheit daher eher skeptisch und bewerten die damit verknüpften Erwartungen als überzogen: »Die kooperative Sicherheit der OSZE«, so zum Bei­spiel die Einschätzung von Antonio Ortiz, »ist un­zureichend, schreibt sie Staaten doch automatisch guten Willen und ständige Gutgläubigkeit zu«.32 Tatsächlich verweist die Debatte über kooperative Sicherheit über die OSZE hinaus. In ihr spiegeln sich unterschiedliche Perspektiven auf die internationalen Beziehungen, die sich wiederum in unterschiedlichen Bewertungen der Kooperationsbereitschaft von bzw. des Wettstreits zwischen Staaten und – damit ver­bunden – der Rolle internationaler Organisationen ausdrücken.33

Die mit kooperativer Sicherheit verbundenen Grundprinzipien der KSZE/OSZE mögen theoretisch allgemeine Anerkennung genossen haben; ihre Implementierung ist indes lückenhaft geblieben.

Die konkreten Entwicklungen im OSZE-Raum, von den blutigen Konflikten auf dem Balkan über die Sezessionskonflikte im Südkaukasus bis zuletzt zum Donbas-Konflikt, haben zumindest die Grenzen des kooperativen Ansatzes aufgezeigt. Die mit dem Kon­zept verbundenen Grundprinzipien der KSZE/OSZE mögen – ebenso wie die darauf aufbauenden Be­schlüsse – theoretisch allgemeine Anerkennung genossen haben; ihre praktische Implementierung ist im OSZE-Raum indes immer lückenhaft geblieben.34 Mehr noch, langjährige Beobachter der OSZE weisen darauf hin, dass die Normen und Prin­zipien der Orga­nisation von den teilnehmenden Staaten zunehmend unterschiedlich interpretiert werden und ein »norma­tive gap« entstanden ist mit negativen Auswirkungen für die kooperative Sicherheit.35

Neben diesen Vorbehalten gegenüber dem Konzept der kooperativen Sicherheit, die von den Entwicklungen der jüngeren Zeit eher bekräftigt worden sind, gibt es auch bereits zur KSZE unterschiedliche Bewer­tungen, so zum Beispiel zu ihrer Rolle bei der Über­windung des Kalten Krieges. Anders als manche Über­legung zu einem »Zurück nach Helsinki«, die gegen­wärtig laut wird, suggerieren könnte, kommen ver­schiedene Zeitzeugen und zeithistorische Analysen – obschon gewiss auch sie die Verdienste der KSZE her­ausstellen und anerkennen – zu nüchterneren Be­funden, was den Einfluss der Staatenkonferenz auf den weltgeschichtlichen Umbruch Ende der 1980er Jahre angeht. Für diese kritischeren Stimmen war die KSZE eher Ausdruck des allgemeinen weltpolitischen Klimas, als dass sie Letzteres effektiv verändert hätte – die KSZE sei, so das Urteil des US-Historikers Cathal J. Nolan, »mehr ein Barometer als eine Ursache für das Aus­maß der Entspannung« und »eher […] ein Protokollant als eine Führungskraft des Wandels« gewesen.36

Institutionalisierung und Entwicklung der Wirtschafts- und Umweltdimension

Dem Konzept umfassender Sicherheit entsprechend gehörten Wirtschafts- und Umweltthemen von Be­ginn an zum Betätigungsfeld der KSZE/OSZE. Bereits 1975 zählte Kooperation in wirtschaftlichen, wissen­schaftlichen, technologischen und Umweltfragen zu den zehn Prinzipien, die in der Schlussakte der Kon­ferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (Schlussakte von Helsinki) niedergelegt wurden. Diese Zusammenarbeit bildete den zweiten der »drei Körbe«. Dokumente aus der Anfangszeit der KSZE listen eine Fülle von Themen auf, die unter dem »zweiten Korb« subsumiert wurden, von Wissenschaftskontakten über industrielle Kooperationen und Handel bis zum Schutz der Meeresumwelt. Diese Vielfalt war nicht zuletzt ein Spiegel der Herausforderung, einen Aus­tausch zwischen zwei komplett unterschiedlichen Wirtschafts- und Sozialsystemen zu ermöglichen.37

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion allerdings war diese Problematik hinfällig. Als neue zen­trale Aufgabe rückte nun in den Vordergrund, den Übergang der ehemals sozialistischen Länder in funk­tionsfähige und nachhaltige Marktwirtschaften zu unterstützen. So erkennen die Teilnehmerstaaten im Dokument der Bonner Konferenz über wirtschaftliche Zusam­menarbeit in Europa von 1990 den »Zusammenhang zwischen politischem Pluralismus und Marktwirtschaft« an und erklären darüber hinaus, dass demo­kratische Institutionen und wirtschaftliche Freiheit eine Voraussetzung sind für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt.38

Dem Zweck, die politisch-ökonomische Transforma­tion der vormals sozialistischen Staaten zu för­dern, sollte auch das 1992 gegründete Wirtschafts­forum (später Wirtschafts- und Umweltforum, EEF)39 dienen. Das abschließende Treffen des EEF ist seitdem und bis heute der wichtigste Termin und die am hoch­rangigsten besuchte Veranstaltung im Jahres­kalender der zweiten Dimension. Das einmal jährlich stattfindende Meeting40 ist als Dialogplattform an­gelegt; zur Unterstützung anderer, stärker operativ tätiger internationaler Organisationen soll es poli­tische Impulse und strategische Orientierung für die Zusammenarbeit der Staaten im Wirtschafts- und Umweltbereich liefern.41

Größere Beachtung auch innerhalb der Organisa­tion erfuhr die zweite Dimension vor allem 2003 durch die Annahme des OSZE-Strategiedokuments für die Wirtschafts- und Umweltdimension. Das Papier benennt mit Blick auf die Entwicklungen der vorangegange­nen zehn Jahre neue Herausforderungen und Bedro­hungen für die europäische Sicherheit im Wirtschafts- und Umweltbereich, unter anderem eine Vertiefung der sozio-ökonomischen Ungleichheit, wachsende Armut und Arbeitslosigkeit, zunehmende Umwelt­zerstörung und Defizite bei der Regierungsführung. Darüber hinaus skizzieren die Teilnehmerstaaten in dem Dokument, wie sie in einzelnen Feldern gemein­sam auf diese Probleme und Bedrohungen reagieren wollen und welche Möglichkeiten sie für eine ent­sprechende Stärkung der OSZE erkennen.42 So wollen sie zum Beispiel den Impact des Wirtschaftsforums als Schlüsselveranstaltung der zweiten Dimension erhöhen. Das EEF soll, so ein entsprechender OSZE-Beschluss aus dem Folgejahr, noch stärker und ziel­gerichteter für den politischen Dialog zwischen den teilnehmenden Staaten über zentrale Herausforderungen im Wirtschafts- und Umweltbereich und deren Auswirkungen auf die europäische Sicherheit genutzt werden.43 Bereits zwei Jahre vor dem Maas­trichter Strategiedokument, nämlich 2001, war dem Wirtschaftsforum ein weiteres Gremium zur Seite gestellt worden: Der Unterausschuss für Wirtschaft (später umbenannt in Wirtschafts- und Umwelt­ausschuss, EEC), der regelmäßig in Wien tagt, sollte die zweite Dimension noch einmal strukturell stär­ken, denn seither gab es auch zwischen den Treffen des EEFs einen Ort, an dem sich die OSZE-Delega­tio­nen fortlaufend über Wirtschafts- und Umweltthemen bzw. deren sicherheitspolitische Auswirkungen aus­tauschen konnten.44

Anders als in den anderen beiden Dimensionen allerdings gibt es keine separaten Institutionen, die der Wirtschafts- und Umweltdimension zugeordnet wären.45 Im Wiener Sekretariat der Organisation selbst aber ist seit 1997 das »Büro des Koordinators für Wirt­schafts- und Umweltaktivitäten der OSZE (OCEEA)« tätig. Direkt dem Generalsekretär unterstellt, hält es Kontakt zu den Feldpräsenzen der OSZE und steht den teilnehmenden Staaten zur Seite, wenn sie Be­schlüsse aus der zweiten Dimension in nationale Gesetze und Verordnungen überführen wollen. Neben Trainings und Seminaren, die dem Kapazitätsaufbau und der Verbreitung von »best practices« die­nen und oft in Zusammenarbeit mit den Feldmissio­nen durchgeführt werden, hat das OCEEA auch eine Monitoring-Funktion inne – im Sinne der Frühwarnrolle der OSZE.46 Der thematische Radius des OCEEA (und der der Feldmissionen) ergibt sich aus den kon­sen­sual getroffenen Beschlüssen des OSZE-Minister­rats, durch die das OCEEA teils mit konkreten (Follow-up-)Aufgaben betraut wird, sowie aus den jeweiligen Prioritäten der jährlich wechselnden OSZE-Vorsitze. Zwar erstattet der Koordinator den Delegationen im Ständigen Rat, dem wöchentlich tagenden, beschlussfassenden Gremium der OSZE, in regelmäßigen Ab­ständen Bericht über seine Arbeit. Generell ist die Interaktion mit den Delegationen allerdings eher ge­ring bzw. findet sie engmaschiger auf bi- oder mini­lateraler Ebene statt – so etwa im Rahmen gezielter Projektfinanzierung, wenn Teilnehmerstaaten, ein­zeln oder im Verbund, durch außerbudge­täre Zu­wendungen spezifische Vorhaben initiieren.47

Trotz der Fülle von Themen blieb die zweite Dimension im Vergleich zur ersten und dritten organisatorisch und konzeptionell unterentwickelt.

Trotz der Fülle von Themen, die in ihren Bereich fallen, und ihrer graduellen institutionellen Verankerung nach dem Ende des Kalten Krieges blieb die zweite Dimension im Vergleich zur ersten und dritten organisatorisch und konzeptionell unterentwickelt. Die implementierten Projekte waren zudem oftmals zu klein, als dass sie wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen hätten signifikant reduzieren können.48 Dem Wirtschaftsforum wird bescheinigt, dass es in all den Jahren seiner Aufgabe nicht gerecht geworden ist, eine umfassende Debatte zwischen politischen Entscheidungsträgerinnen bzw. Entscheidungsträgern sowie Vertretern und Vertreterinnen der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zu ermöglichen.49 Aus Sicht eines Praktikers der Wirt­schafts- und Umweltdimension hat Torbjørn Bjorvatn die Defizite folgendermaßen zusammengefasst: »Trotz kontinuierlicher Bemühungen, ihre Bedeutung und ihren Impact zu erhöhen, hat die zweite Dimension nie den politischen Einfluss oder die konzeptionelle Kohärenz der beiden anderen Dimensionen erreicht.«50 Die Wirtschafts- und Umweltdimension blieb auch nach den institutionellen Erweiterungen das »Stief­kind« der OSZE.

Die »Wiederentdeckung« der zweiten Dimension

Angesichts der genannten Defizite verwundert es nicht, dass die Debatte über eine mögliche Aufwertung und bessere Sichtbarmachung der Wirtschafts- und Umweltdimension der OSZE nicht neu ist. Schon eine Reihe von Ministerratsbeschlüssen, die eine Stär­kung der Wirtschafts- und Umweltdimension vor­sahen, und von Impuls- und Diskussionspapieren, die oft innerhalb oder auf Anfrage der Organisation ent­standen sind, hatten dieses Ziel im Sinn.51 Die aller­meisten dieser Vorstöße gehen allerdings auf die Zeit vor der Krise in und um die Ukraine zurück. Die »Wiederentdeckung« der zweiten Dimension in den letzten Jahren ist hingegen gerade eine Reaktion auf ein verändertes sicherheitspolitisches Umfeld seit 2014 und der damit verbundenen veränderten Wahr­nehmung der Bedeutung der OSZE.

Die Aktivierung der zweiten Dimen­sion und die Rolle der Vorsitzländer seit 2014

Die Aufwertung der zweiten Dimension ist insbesondere mit den OSZE-Vorsitzen der letzten Jahre (Schweiz/Serbien, Deutschland, Österreich, Italien, Slowakei) verknüpft und deren Bestreben, das – aus ihrer Sicht ungenutzte – brückenbauende Potential von Wirtschafts- und Umweltthemen angesichts der aktuellen Bedrohungen der europäischen Sicherheit (besser) zu nutzen.52 Den Vorsitzländern kommt auf­grund ihrer politischen Führungsrolle während der einjährigen Amtszeit und dem damit verbundenen Einfluss auf die Agenda eine besondere Bedeutung zu.

Mit der Belebung der zweiten Dimen­sion soll das brückenbauende Poten­tial von Wirtschafts- und Umwelt­themen besser genutzt werden.

Der Schweizer Vorsitz 2014 steht für den Beginn der Wiederbelebung. Das spätere Ausmaß der Span­nungen, die im Kontext der Krise in und um die Ukraine entstanden sind, dürfte zwar zu dem Zeit­punkt, als die Schweiz die Schwerpunkte für ihre Amtszeit festlegte, schwerlich abzusehen gewesen sein. Beim Abschlusstreffen des Wirtschafts- und Umweltforums im Herbst 2014 und damit nach der Annexion der Krim durch Russland begründete Didier Burkhalter, damaliger Schweizer Außenminister und OSZE-Vorsitzender, die anvisierte Aufwertung der zweiten Dimension aber bereits mit diesen politischen – und damit verbundenen ökonomischen – Verwerfungen. Burkhalter regte an, klassische Instru­mente und Aufgaben der OSZE wie vertrauensbildende Maßnahmen und Monitoring auf Wirtschafts­themen auszuweiten; die OSZE böte sich zudem als Plattform für eine inklusive Debatte zum Nexus zwi­schen Wirtschaft und Sicherheit an.53 Mit der letzt­genannten Idee griff Burkhalter die oben genannten früheren Forderungen nach einer Aufwertung des EEF auf.

Im Hinblick auf die zweite Dimension ist der Schweizer »Krisen-Vorsitz«54 zudem mit dem Begriff der »Konnektivität« verbunden, wenn dieser auch 2014 noch nicht Eingang in das offizielle OSZE-Voka­bular fand. Dies geschah zwei Jahre später: Deutschlands OSZE-Vorsitz 2016 knüpfte im Wirtschafts- und Umweltbereich insofern an den der Schweizer an, als die Bundesregierung den Begriff der »Konnektivität«55 übernahm und ihn in Kombination mit dem Fokus­thema »gute Regierungsführung« in den Mittelpunkt ihrer Arbeit in der zweiten Dimension stellte. Das Konnektivitätskonzept sollte nicht nur speziell der Wirtschafts- und Umweltdimension zu neuer Rele­vanz verhelfen, sondern auch dem übergeordneten Ziel des Vorsitzes dienlich sein, »Dialog zu erneuern« und »Vertrauen wiederherzustellen«.56 Der Sonder­gesandte für den deutschen OSZE-Vorsitz, Gernot Erler, betonte in seiner Rede beim Abschlusstreffen des EEF 2016, dass man wirtschaftlichen Themen im Rahmen der OSZE mehr Gewicht einräumen wolle und sich insbesondere mit einer Erhöhung der Kon­nektivität »ein Szenario« abzeichne, »das Gewinner auf beiden Seiten hat und helfen kann, politische Spannungen abzubauen«.57 In ähnlicher Weise hatte sich wenige Monate zuvor bereits der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier anlässlich der Eröffnung der Wirtschaftskonferenz »Connectivity for Commerce and Investment« geäußert, einer Tagung, die die Bundesregierung im Folgenden als Flaggschiff-Veranstaltung der zweiten Dimension unter ihrem Vorsitz pries. Gerade in Krisenzeiten, so Steinmeier, müsse man über »politische Visionen« ins Gespräch kommen, und wirtschaftlicher Kooperation im Dienste des Vertrauensaufbaus komme in diesen Perioden eine besondere Rolle zu.58 Das Anliegen des deutschen Vorsitzes, unter dem Banner des Leit­konzepts »Konnektivität« den Dialog zwischen den teilnehmenden Staaten zu intensivieren, deren Kooperationsbereitschaft zu erhöhen und damit die Brückenbaufunktion der Wirtschafts- und Umweltdimension besser zu nutzen, erfüllte sich zumindest insofern, als man sich beim Ministerrat 2016 in Ham­burg auf einen Beschluss zugunsten dieses Ansatzes einigen konnte.59 Der Begriff »Konnektivität« ging damit in die offizielle Terminologie der OSZE ein.

Der folgende Vorsitz Österreichs 2017 verfolgte das Thema »wirtschaftliche Konnektivität« neben den eigenen Schwerpunkten »grüne Wirtschaft« und »wirt­schaftliche Teilhabe« ebenfalls weiter. Auch Österreich begründete die Themenwahl explizit mit dem Ziel, das vertrauensbildende und Spannungen reduzierende Potential der zweiten Dimension besser auszuschöpfen: »Die Wirtschafts- und Umweltdimen­sion stellt eine hervorragende Basis für die von wechsel­seitigem Nutzen gekennzeichnete Zusammenarbeit zwischen den Teilnehmerstaaten dar«, heißt es im Vorsitzprogramm. Mit Verweis auf die vorangegangenen Vorsitze wird zudem die optimistische Zwischenbilanz gezogen, dass das »Konzept wirtschaftlicher Konnektivität […] uns auf den Weg zur Überwindung dieser fortschreitenden Spaltung gebracht [hat]«60. Der OSZE-Ministerrat in Wien 2017 allerdings einigte sich dann nur auf einen Beschluss zur Förderung der wirtschaftlichen Teilhabe – ein weiterer zur Kooperation im Umweltbereich konnte nicht konsentiert werden.

Auch der italienische Vorsitz gab der Wirtschafts- und Umweltdimension mit einem Fokus auf die Themenfelder Digitalisierung und Humankapital­entwicklung im digitalen Zeitalter eigene inhaltliche Impulse. Wie die vorangegangenen Vorsitze hielt sich die römische Regierung zudem an das Troika-Konzept der OSZE, also an das Gebot, das Arbeitsprogramm des aktuellen Vorsitzes mit dem des vorausgegangenen und dem des nachfolgenden zu koordinieren. Folglich stellte auch Italien bei seinen Schwerpunkten Schnittstellen zu den Prioritäten Konnektivität und wirtschaftliche Teilhabe heraus. Und auch der italienische Vorsitz begründete die Auswahl der Themen damit, dass das Gespräch über diese und die Suche nach gemeinsamen Lösungen für gemeinsame Herausforderungen Gelegenheit böten, das Vertrauen zwischen den Teilnehmerstaaten zu erneuern. Gerade die Wirtschafts- und Umweltdimension, so kann man im Programm des italienischen Vorsitzes lesen, biete einen Rahmen zur Verständigung über »gemeinsame und weniger konfligierende Interessen«.61 Beim Ministerrat im Dezember 2018 in Mailand wurden eine Entscheidung zur »Humankapitalentwicklung im digitalen Zeitalter« und eine Erklärung zur »digi­talen Wirtschaft« angenommen.62 Damit konnte Italien, ähnlich wie Deutschland 2016, für sich ver­buchen, einen neuen Begriff für die OSZE erschlossen und in entsprechenden Beschlüssen verankert zu haben. Davon aber, dass die OSZE eine Plattform werden könnte, auf der die internationalen Standards in diesen Bereichen gesetzt werden, wie es der Ver­treter Italiens in seiner Abschlussrede beim ersten Vorbereitungstreffen des EEF 2018 in Aussicht stellte, ist man weit entfernt.63

Seit dem 1. Januar 2019 sitzt die Slowakei der OSZE vor. Auch sie hat versprochen, programmatisch Kon­tinuität gegenüber ihren Amtsvorgängern zu wahren: In der zweiten Dimension wird der von Italien initiier­te Fokus auf die Herausforderungen der Digitalisierung beibehalten, verknüpft mit den Themen Energie­kooperation, gute Regierungsführung und Konnek­tivität.64 Gleichwohl scheint sich vor dem Hinter­grund der fortschreitenden Krise der europäischen Sicherheit aber bereits eine gewisse Ernüchterung bezüglich der brückenbauenden Potentiale der zwei­ten Dimension einzustellen: In seiner Antritts­rede betonte der slowakische Außenminister und amtie­rende Vorsitzende der OSZE, Miroslav Lajčák, er ver­meide bewusst einen weiteren allgemeinen Aufruf zur Kooperation, seien diese doch bislang zu oft un­beantwortet geblieben. Stattdessen rief er zu mehr Realismus auf.65

Kooperation, Vertrauen, Sicherheit – ein Blick auf die wissenschaftliche Debatte

Der slowakische Realismus in Bezug auf das Konfliktlösungspotential der Zusammenarbeit in der zweiten Dimension verweist auf einen zentralen Punkt: So unscharf, wie die OSZE-Kernkonzepte kooperativer und umfassender Sicherheit sind, so wenig eindeutig ist auch der Zusammenhang von Kooperation, Ver­trauen und Sicherheit, den die für die zweite Dimen­sion oft gebrauchte Metapher vom Brückenbauer als gegeben suggeriert. Das zeigt ein Blick auf die wissen­schaftliche Debatte zum Thema.66

Kosten-Nutzen-Kalkül vs. soziale Bindung

Befürworter einer Wiederbelebung der zweiten Dimension argumentieren, dass Kooperation in scheinbar weniger strittigen Feldern wie Wirtschaft und Umwelt ein Mittel sein kann für den Aufbau von Vertrauen, das selbst wiederum eine Bedingung ist, um mehr Sicherheit und Stabilität in Europa zu schaf­fen. Diese Kausalkette ist – gerade in ihrer Pauschalität – wissenschaftlich allerdings keinesfalls eindeutig belegt. Kooperation kann, so eine rationalistische Lesart, auch aus rein (oder in erster Linie) strategisch-berechnenden Gründen eingegangen wer­den. Ob sie zustande kommt, ist somit eine Frage von Interessen und Anreizstrukturen und der Abwägung, ob sie sich vor dem Hintergrund einer individuellen Kosten-Nutzen-Rechnung auszahlt. Der Verweis auf die zweite Dimension als einen potentiellen Rahmen für »Win-win«-Situationen gründet sich eher auf ein solches Verständnis. Kooperation ist unter diesen Vorzeichen aber kein Beleg dafür, dass die Beziehung der darin involvierten Akteure von Vertrauen geprägt ist bzw. dass sie Vertrauen generiert. Allenfalls ist sie ein Indiz für die Zuversicht der Beteiligten, dass ihre jeweilige Berechnung auch aufgeht.67 Tatsächlich ist Kooperation in einer globalisierten, interdependenten Welt eher die Regel als die Ausnahme68 – ohne dass jede Zusammenarbeit zwingend als Ausdruck von Vertrauen zwischen den Akteuren gewertet werden müsste oder sollte.

Was man unter Vertrauen versteht, beeinflusst die Beantwortung der Frage, ob Vertrauen auch (zwangsläufig und nachhaltig) ein höheres Maß an Sicherheit bedeutet und ob und wie Vertrauen durch bestimmte Maßnahmen aktiv hergestellt werden kann. Sehr er­hellend ist in diesem Kontext die Unterscheidung in der englischsprachigen Debatte über Vertrauen in den internationalen Beziehungen: Hier wird zwischen Vertrauen als »trust« einerseits und Vertrauen im Sinne von Zuversicht, »confidence« (seltener auch »reliance«), andererseits differenziert. »Confidence« beschreibt das Ergebnis strategischer Berechnung/en, während »trust« mindestens ergänzend auf eine mit positiven Emotionen und gegenseitigem Wohlwollen verknüpfte soziale Beziehung abhebt, die letztlich auf einer gemeinsamen Identität, geteilten Werten und Vorstellungen basiert.69 Das Vorhandensein dieser (genuinen) Art von Vertrauen geht zwar auf Seiten der involvierten Akteure mit einem Weniger an wahr­genommenen Bedrohungen einher – und bedeutet somit ultimativ ein höheres Maß an Sicherheit; es stellt sich aber gleichzeitig auch sehr viel schwerer ein.70

Wie die Prozesse konkret ablaufen, die von erhöhter Kooperation zu Vertrauen und schließlich zu erhöhter Sicherheit führen, wird nicht beschrieben.

Tatsächlich gibt es zum Beziehungsgeflecht von Vertrauen, zwischenstaatlicher Kooperation und internationaler Sicherheit in der Forschung noch viele Fragen. Ungeachtet dessen wird Vertrauens­bildung oft – in problematischer, weil verkürzender Weise – mit gesteigerter Kooperation gleichgesetzt bzw. pauschal als deren Ergebnis angenommen. Wie die Prozesse, die von erhöhter Kooperation zu Ver­trauen (im Sinne von »trust«) und schließlich zu er­höhter Sicherheit führen (sollen), konkret ablaufen, wird dabei aber in der Regel nicht beschrieben. Die Erwartungen, die an solch ein wenig differenziertes Verständnis von vertrauensbildenden Maßnahmen geknüpft werden, sind daher oftmals überzogen. Dass dennoch immer häufiger verschiedenste Maßnahmen und Politiken das Label »Vertrauens-bildend« erhal­ten, scheint dementsprechend eher Ausdruck einer Hoffnung zu sein als eine Folgerung aus belastbaren Erkenntnissen.71

Auch in den Statements und Schriften im Kontext der OSZE finden sich nur wenige Hinweise darauf, wie genau durch Kooperation im Wirtschafts- und Umweltbereich Vertrauen und letztlich Sicherheit generiert werden soll. Andernorts (so im Konzept kooperativer Sicherheit) wird hingegen davon aus­gegangen, dass Kooperation bereits ein Mindestmaß an Vertrauen voraussetzt, wobei nicht klar ist, worauf dieses Mindestvertrauen fußen soll.72 Es mag vor diesem Hintergrund kein Widerspruch, sondern nur folgerichtig sein, wenn in einem OSZE-Beschluss der Wirtschafts- und Umweltdimension aus dem Jahr 2017 in zwei fast aufeinanderfolgenden Paragraphen einmal Frieden und gute zwischenstaatliche Beziehungen als »eine entscheidende Voraussetzung für die Schaffung einer Atmosphäre des Vertrauens« ge­nannt werden, dann aber wiederum wirtschaftliche Zusammenarbeit als Motor für Stabilität- und Sicher­heit bezeichnet wird. Sicherheit und Stabilität stehen also einmal am Ende und einmal am Anfang der Kausalkette.73

»Spillover« zwischen den Dimensionen oder zunehmende Abgrenzung?

Ebenso wenig zwangsläufig wie der Erfolg vertrauens­bildender Maßnahmen ist die Wirkung von Koopera­tion und Vertrauen, das in einem konkreten Politik­feld generiert wurde, auf andere Felder.74 Die An­nahme, es gebe solche positiven Spillover-Effekte, be­zeugt ein funktionalistisches Verständnis von Koope­ration, wie es sehr spezifisch zur Erklärung der fort­schreitenden europäischen Integration in der Mitte des 20. Jahrhundert entwickelt wurde. Die diesem Denken zugrundeliegende Hypothese könnte, los­gelöst von dem eben genannten konkreten Fall, fol­gendermaßen formuliert werden: Eine Zusammen­arbeit in Feldern mit besseren Erfolgsaussichten – also bei weniger strittigen Fragen, dort, wo es eine Schnittmenge gemeinsamer Interessen gibt oder bei tiefer aufgehängten Themen (»low politics«) – wirkt sich positiv auf andere Bereiche mit größeren Interes­sengegensätzen bzw. auf solche, wo stärker vermachtete Themen (»high politics«) behandelt werden, aus.75 Wie das geschehen soll, ist aller­dings nicht klar; eine Verknüpfung zwischen »low politics« und »high politics«, der zufolge Änderungen im einen Bereich Änderungen im anderen nach sich ziehen bzw. zwingend notwendig machen, ist nicht automatisch gegeben. Ohne ausreichende Verflechtungen oder Abhängigkeiten zwischen den Feldern oder Themen, ohne ein günstiges politisches Umfeld und ohne entsprechenden Willen auf Seiten der Akteure kann es anstelle eines positiven »Kaskaden­effekts« ebenso gut auch zu einer stärkeren Abkoppe­lung der Felder kommen.76

Darauf, dass Staaten sich in ihrer Außenpolitik durchaus unterschiedlicher, mitunter auch gegensätz­licher Praktiken bedienen, weist auch die neuere Forschung zu Sicherheitsgemeinschaften hin.77 Das Nebeneinander von Mechanismen, die auf Macht basieren (balance-of-power), und solchen, die auf einem kooperativen Ansatz beruhen, bedeutet nicht, dass es zwingend einen Übergang von der einen zur anderen Ordnung geben muss. Die an diesen Mecha­nis­men Beteiligten können durchaus zwischen den Sets an Praktiken wechseln, die für beide Systeme von Sicherheitsgovernance jeweils kennzeichnend sind, bzw. sich dieser situativ bedienen. So können sich die Praktiken beispielsweise funktional in Abhängigkeit von den spezifischen Politikbereichen und Themen unterscheiden und nebeneinander her bestehen. Auch nach den Erkenntnissen der Literatur zu Sicherheitsgemeinschaften ist folglich nicht zwingend von Spill­over-Effekten zwischen den Politik­bereichen aus­zugehen.78

Spillover-Effekte von einer Dimension auf die andere sind keine Automatismen.

Bezogen auf die OSZE bedeutet dies, dass positive Spillover-Effekte von einer Dimension auf die andere bzw. der konstruktive Einfluss von Kooperation bei Wirtschafts- und Umweltthemen auf Kooperation bei militärischen und menschlichen Aspekten von Sicher­heit keine Automatismen sind.79 Gerade wenn man berücksichtigt, dass die Bereitschaft zur Kooperation ebenso gut allein auf nationalen Interessen und Kosten-Nutzen-Rechnungen basieren kann und nicht in erster Linie Ausdruck gewachsener, positiv besetz­ter Vertrauensbeziehungen ist, dann ist klar, dass diese Erwägungen je nach Themenfeld und Akteur möglicherweise (bewusst) ganz unterschiedlich aus­fallen. Es könnte somit gerade im Interesse dieses oder jenes teilnehmenden Staates sein, die Dimensio­nen der OSZE und ihre spezifischen Inhalte eben nicht eng miteinander zu verknüpfen bzw. es könnte die außenpolitische Strategie eines solchen Akteurs sein, sich abhängig vom Gegenstand sowohl machtbasierter als auch kooperativer Praktiken zu bedienen.80

Die Philosophie der OSZE »revisited«

Vor diesem Hintergrund spricht einiges für eine nüchterne Einschätzung des Potentials der OSZE-Wirtschafts- und Umweltdimension für Vertrauensgenerierung und dimensionsübergreifendes Spillover. Nachhaltiges Vertrauen gezielt aufzubauen, ist nicht nur an sich schwierig. Neben dem politischen Willen der involvierten Akteure, der dazu vorhanden sein muss, ist der Erfolg eines solchen Vorhabens auch abhängig von einem günstigen politischen Kontext. Andernfalls besteht ultimativ sogar die Gefahr, dass aus Maßnahmen, die als vertrauensbildend konzipiert waren, in der Praxis »advantage building measures«81 werden. Zudem zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Die Grenzen und Barrieren für positives Spillover über die Dimensionen hinweg wurden bereits zu Zeiten der KSZE thematisiert – und problematisiert. Letztlich, so damalige Kommentatoren, sei die Schwie­rigkeit, positive Spillover-Effekte zu erzeugen, auch im Konzept der KSZE selbst angelegt, genauer gesagt, in der inhärenten Spannung zwischen kooperativen Beziehungen einerseits und militärischer Sicherheit andererseits. Wie oben bereits dargelegt, besteht die Komplexität der KSZE (und auch der späteren OSZE) darin, dass zwei unterschiedliche Auffassungen inter­nationaler Ordnung in ihr nebeneinander existieren: 1.) ein kompetitives Verständnis, das in der militärischen Dimension zum Ausdruck kommt, und 2.) ein kooperatives Verständnis internationaler Ordnung, das den Staaten gemeinsame Interessen zuschreibt.82 Das damalige Fazit zu der Frage, ob diese gegenläufigen Denk- und Handlungsmuster in der politischen Praxis überhaupt zu vereinbaren seien, fiel ernüchternd aus: Die unterschiedlichen Logiken von »Koope­ration« und (militärischer) »Sicherheit« seien nur schwer zu überbrücken. Diesem Befund hinzufügen ließe sich, dass neben der Differenz zwischen koope­rativen und machtbasierten Praktiken mitunter auch der Begriff der Sicherheit selbst in den bzw. im Hin­blick auf die drei Dimensionen unterschiedlich aus­gelegt wird: Sicherheit in Form von Stabilität für kol­lektive Ak­teure (Staaten) kann, muss aber nicht auch Sicherheit auf Ebene der Individuen bedeuten. An­stelle von Sicherheit als Stabilität – mitunter erzielt durch die Anwendung von Zwang, Überwachung und die Ein­schränkung von Grundrechten – kann auf indivi­dueller Ebene durchaus eher ein Verständnis von Sicherheit als Emanzipation zum Tragen kom­men – etwa im Sinne einer Reduzierung von struk­tureller Benachteiligung.83

Zwischen »Win-win«-Annahmen und »Kein Business as usual«

Nicht allein die Äußerung des slowakischen Vorsitzes lässt durchscheinen, dass gegenwärtig eine gewisse Skepsis gegenüber den anvisierten positiven Effekten von Kooperationsaufrufen zu spüren ist. Obschon in den letzten Jahren vier verschiedene EU-Mitglied­staaten (Deutschland, Österreich, Italien, Slowakei) den Ansatz einer Reaktivierung der zweiten Dimen­sion verfolgt haben, gibt es innerhalb der Europäischen Union durchaus unterschiedliche Auffassungen darüber, inwieweit man auf Wirtschafts- und Umwelt­themen zwecks Vertrauensbildung setzen bzw. wel­chen Stellenwert die zweite Dimension in der Organi­sation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa überhaupt einnehmen sollte.84 So sind etwa die nordi­schen Länder eher der Auffassung, es dürfe angesichts des nach wie vor ungelösten Konflikts in und um die Ukraine kein »business as usual« geben.85 Eine ähn­liche Position nehmen außerhalb der EU auch die USA und Kanada ein. Sie betonen, dass die Beschäftigung mit (vermeintlich) weniger strittigen Themen wie wirt­schaftliche Konnektivität oder Digitalisierung nicht auf Kosten etablierter »OSZE-Kernthemen« gehen dürfe; ebenso wenig könne eine Kooperation bei diesen Themen darüber hinwegtäuschen, dass einige teil­neh­mende Staaten zentrale OSZE Prinzipien und Ver­pflichtungen missachteten, indem sie unter anderem Menschenrechte verletzen und ihren Bürgerinnen und Bürgern fundamentale Freiheiten vorenthalten.86

Spätestens wenn es an die Konkretisierung der genannten Oberthemen wie Konnektivität oder Digi­talisierung geht, offenbaren sich teils fundamentale Differenzen zwischen den teilnehmenden Staaten:87 So hat etwa Russland, das für eine Stärkung der zwei­ten Dimension durchaus aufgeschlossen ist,88 in den letzten Jahren und seit 2016 insbesondere unter dem Stichwort »Konnektivität« versucht, der OSZE eine Rolle beim Ausloten einer eventuellen Kooperation zwischen der EU und der von Moskau dominierten Eurasischen Wirtschaftsunion (EWU) zu übertragen.89 Unter den EU-Staaten besteht dagegen ein Minimalkonsens, dass eine Kooperation zwischen der Euro­päischen Union und der EWU sich allein auf einzelne bzw. rein technische Aspekte beschränken darf. Die USA wiederum lehnen die OSZE als Vermittlungs­forum für die von Russland propagierte »Integration der Integrationen« strikt ab. Sie verweisen auf Mos­kau oder Brüssel – und nicht Wien – als Orte, an denen eine solche Debatte gegebenenfalls geführt werden kann.

Unterschiede zeigen sich auch bei der methodischen Herangehensweise an die Aufgaben der Wirt­schafts- und Umweltdimension. Die USA beispiels­weise verknüpfen ihre Schwerpunkte in der zweiten Dimension (gute Regierungsführung, Korruptions­bekämpfung, Kampf gegen organisierte Kriminalität) mit dem Thema Demokratie/Demokratisierung und pochen auf die Notwendigkeit, zivilgesellschaftliche Akteure bei der Bearbeitung der von ihnen problematisierten Issues einzubinden. Entsprechend wird hier ein Bogen zu den Gegenständen der menschlichen Dimension geschlagen. Auch die EU mahnt immer wieder »Multi-Stakeholder«-Ansätze innerhalb der zweiten Dimension und damit die Einbeziehung von zivilgesellschaftlichen Akteuren inklusive Medien­vertreterinnen und Medienvertretern an. Gerade in den letzten Jahren allerdings hat sich die Teilnahme von Nichtregierungsorganisationen bei den Veranstal­tungen der OSZE bzw. die Auswahl von dazu berech­tigten oder akzeptierten Interessenverbänden zu einem Konfliktfeld innerhalb der Organisation und zwischen den teilnehmenden Staaten entwickelt – wenn auch noch nicht explizit mit Bezug auf die Wirtschafts- und Umweltdimension.90

Un-/Sicherheit in der zweiten Dimension

Nicht nur die Verknüpfung von Themen der zweiten Dimension mit solchen der menschlichen Dimension, sondern auch der Brückenschlag zu Inhalten der ersten Dimension und damit zu Sicherheitsaspekten im engeren Sinne wird von den teilnehmenden Staa­ten verschieden bewertet. Um eine Duplizierung der Aktivitäten anderer internationaler Organisationen mit Wirtschafts- und Umweltfokus zu vermeiden, ist es der EU ein Anliegen, so auch ihre offiziellen State­ments im Ständigen Rat, sich in der zweiten Dimen­sion ebenfalls auf sicherheitsrelevante Fragestellun­gen zu konzentrieren. Damit strebt sie im Grunde nur das an, was in verschiedenen Beschlüssen ohnehin als Kernaufgabe der OSZE in der zweiten Dimension be­zeichnet worden ist.91 Welche Themen aus einer sol­chen Perspektive für die OSZE relevant sind, wie stark der Aspekt bzw. die Auswirkungen der Un-/Sicherheit explizit gemacht werden sollen und was das Referenz­objekt von Sicherheit sein soll, also »Un-/Sicherheit für wen oder was?«, ist unter den teilnehmenden Staaten aber keinesfalls unstrittig.

Auch die Arbeitsschwerpunkte, die EU-Staaten in ihrer Eigenschaft als OSZE-Vorsitze in den letzten Jahren benannt haben, wie Digitalisierung, Konnektivität oder grüne Wirtschaft, weisen nicht zwingend einen Sicherheitsbezug auf – oder gar eine klar iden­tifizierbare Bedrohungslage. Eher noch lassen sich diese Themen mit globalen Risiken in Verbindung bringen, so zum Beispiel mit Korruption, Terrorismus oder dem Klimawandel. Die Eindämmung dieser Risiken erfordert zwar in der Regel eine gemeinsame »Prävention« oder ein koordiniertes »Management«, nicht aber die Auseinandersetzung mit konkreten Kontrahenten, was schon allein wegen des grenzüberschreitenden und diffusen Charakters der Phänomene schlicht nicht möglich ist. Mehr noch, anders als beim Umgang mit traditionellen Bedrohungen zielen die »Gegen­maßnahmen« hier oft nicht auf eine (äußere) Quelle, sondern im Sinne der Vorbeugung auf eine Stärkung der Widerstandsfähigkeit (»Resi­lienz«) nach innen.92

Es besteht die Gefahr, dass Interessen­gegensätze bei Themen wie Smart Cities und E-Governance einer eindeu­tigen Benennung entzogen werden.

Oft werden in den Debatten der zweiten Dimen­sion ergänzend zu den Risiken oder »Herausforderun­gen« die allgemeinen Chancen betont, die sich etwa mit neuen Technologien bieten: E-Governance als Chance für eine Stärkung der Transparenz und des fairen Wettbewerbs, Industrialisierung 4.0 als Chance für wirtschaftliches Wachstum, Smart Cities als Chance für nachhaltige Stadtentwicklung.93 Denjenigen Praktikern und Praktikerinnen, die innerhalb der OSZE und vor dem Hintergrund der derzeitigen Her­ausforderungen für die europäische Sicherheit die Zusammenarbeit im Wirtschafts- und Umweltbereich als Einstiegsstelle für weiterführende Kooperation nutzen wollen, sind diese Themen außerordentlich willkommen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Interessengegensätze und mitunter konträren Ziel­setzungen (z.B. die Möglichkeit der Verwendung von Smart-City-Technologie als Überwachungsinstrument), die zwischen den teilnehmenden Staaten auch in diesen Bereichen durchaus vorhanden sind, einer eindeutigen Benennung faktisch entzogen werden, womit sich auch die Aussicht auf eine produktive Diskussion über dieser Punkte reduziert.94

Diffuse Kooperationsabsichten

Die Beschlüsse, die in den letzten Jahren von den Ministerräten im Rahmen der zweiten Dimension angenommen worden sind, zeigen, dass selbst bei den vermeintlich weniger konfliktbehafteten Themen dieses OSZE-Arbeitsbereichs die Bereitschaft zu (insti­tutionalisierter) Kooperation gering ist. Konkrete Ab­sichtserklärungen, in eine zwischenstaatliche Zusam­menarbeit einzutreten, insbesondere in eine, die als Grundstein für weitere Vertrauensgenerierung von den teilnehmenden Staaten eine gewisse Öffnung verlangen würde,95 finden sich in den Texten prak­tisch nicht. Vielmehr sind die Beschlüsse von einer mit Bedacht gewählten, »weichen« Sprache durch­zogen, die jedwede Formulierung, die als konkrete Verpflichtung gedeutet werden könnte, möglichst vermeidet. Im operativen Teil der Texte werden die teilnehmenden Staaten entsprechend zu »Techno­logie- und Wissenstransfer ermutigt«, »die Bedeutung internationaler Kooperation gewürdigt«, »die Wichtig­keit, regionale und subregionale wirtschaftliche Zu­sammenarbeit zu fördern, anerkannt« oder aber die »teilnehmenden Staaten eingeladen, Maßnahmen unter Zuhilfenahme zwischenstaatlicher Kooperation umzusetzen« bzw. »best practices auszutauschen«. Für zusätzliche Abschwächung sorgen Füllsel wie »auf Wunsch der teilnehmenden Staaten« oder »wo sinnvoll«.96 Um die teils tiefen Gräben zwischen den Positionen der OSZE-Staaten zu überbrücken, ohne die Gegensätze aber wirklich auszugleichen, wird bei der Ausarbeitung der Beschlusstexte mitunter auf Versatzstücke bereits angenommener Dokumente aus anderen Foren bzw. anderer internationaler Organi­sationen zurückgegriffen. In der zweiten Dimension sind das neben OSZE-Beschlüssen zurückliegender Jahre vor allem Vereinbarungen, die zum Beispiel im Kontext der Vereinten Nationen, der G20, der Inter­nationalen Arbeitsorganisation oder der Weltbank unterzeichnet wurden. Dieser mitunter restriktive Zugang ist insofern bemerkenswert, als sämtliche im Rahmen der OSZE gefassten Beschlüsse ohnehin nicht im rechtlichen Sinne, sondern lediglich politisch bin­dend sind und auch die konkrete Umsetzung allein im Ermessen der einzelnen Staaten selbst liegt. Wie eng der Spielraum für Verständigung und Kompro­misse ist, verdeutlicht zudem die Praxis, den Minister­rats­beschlüssen interpretative Statements einzelner oder mehrerer Staaten anzuhängen.97 Auch die Reso­lutionstexte anderer multilateraler Foren, wie etwa der VN, sind oft formelhaft. Nichtsdestotrotz lassen die im Rahmen der OSZE verabschiedeten Beschlüsse eher auf einen Mangel an Vertrauen unter den Unter­zeichnern schließen und Zweifel aufkommen an ihrer Eignung, ebendieses Vertrauen zu generieren.

Wie weiter in der zweiten Dimension? Einige Anregungen

Inwieweit kann vor dem Hintergrund der generellen Schwierigkeit, durch Kooperation nachhaltiges Ver­trauen zu bilden, und der spezifischen Ausgangslage in der OSZE überhaupt erwartet werden, dass sich mit einer Reaktivierung der zweiten Dimension die damit verknüpften Erwartungen erfüllen? Oder könnte ein verstärktes Engagement für Zusammenarbeit bei »low politics«-Themen, so die Sorge der Skeptikerinnen und Skeptiker, eventuell sogar kontraproduktiv für Fortschritte bei Fragen der politisch-militärischen und insbesondere der menschlichen Aspekte von Sicherheit sein?

Wichtig ist es festzuhalten, dass auch aus Sicht der Vorsitzländer, die eine Wiederbelebung der zweiten Dimension verfolgten bzw. verfolgen, dieses Bestreben nicht damit einherging, der ersten und der dritten Dimension weniger Aufmerksamkeit zuzumessen. Wichtigstes Thema für und in der OSZE – insbesondere auch für die Vorsitzländer – ist die Krise in und um die Ukraine. Dabei geht es der Organisation da­rum, zu einer Stabilisierung der Situation beizutragen, eine weitere Eskalation der Gewalt zu vermeiden und das explosive Potential sicherheitsrelevanter Vor­fälle, wie zum Beispiel des Zusammenstoßes zwi­schen Russland und der Ukraine im Asowschen Meer im Herbst 2018, zu entschärfen. Davon zeugen nicht nur die wöchentlichen Diskussionen im Ständigen Rat, sondern auch die Redebeiträge der Außenminis­terinnen und ‑minister und der Delegationsleiterinnen und -leiter bei den jährlichen Ministerräten, zu­letzt in Mailand im Dezember 2018. Die Länder, die seit 2014 der OSZE vorsaßen und eine Belebung der zweiten Dimension anstrebten, taten dies ebenfalls mit dem Ziel, einen Beitrag zur Überwindung der Krise der europäischen Sicherheit zu leisten. Hier allerdings ist Erwartungsmanagement angesagt.

Verstärktes Engagement: Auf das »Wie« kommt es an

Von der pauschalen Erwartung, jedwede Art der Ko­operation im Rahmen der zweiten Dimension berge das Potential, (nachhaltiges) Vertrauen zu schaffen und Spillover-Effekte zu zeitigen, sollte Abstand ge­nommen werden. Heißt das, dass verstärktes Engage­ment bei Wirtschafts- und Umweltthemen innerhalb der OSZE letztlich fehlgeleitet ist? Nicht zwangsläufig – aber der begrenzt vorhandene Spielraum kann und sollte besser genutzt werden.98

Nachhaltiges Vertrauen, also Vertrauen als soziale Beziehung, bedarf geteilter Werte und einer gemein­samen Identität. Ob ein solches Vertrauen bewusst durch bestimmte Maßnahmen herbeigeführt werden kann, ist fraglich. Letztlich basieren solche Bindungen aber auf kommunikativer Praxis.99 Ohne den Erwar­tungshorizont zu hoch anzusetzen, bieten die regelmäßigen Zusammenkünfte in der zweiten Dimension Deutschland und den anderen EU-Mit­glie­dern doch Gelegenheiten, für ihre Werte und Per­spek­tiven zu werben, entsprechende Argumente ins Feld zu führen und eigene »best practices« mit den anderen teilnehmenden Staaten zu teilen. Davon sollte umfassend Gebrauch gemacht werden. Da die Treffen in der zweiten Dimension bislang in einer vergleichsweise gelassenen Atmosphäre stattfinden, dürfte es hier für diese Art von Sachargumentation auch mehr Raum geben.100

Die Ministerratsbeschlüsse mögen vielleicht das »greifbarste« Produkt des OSZE-Jahreszyklus sein. Die ihnen vorausgehenden Textverhandlungen nehmen aber nur einen Teil der jeweiligen zweiten Jahres­hälfte ein. In der Wirtschafts- und Umweltdimension bieten sich mit den insgesamt drei Zusammenkünften des Wirtschafts- und Umweltforums, dem Implemen­tierungstreffen der Wirtschafts- und Umweltdimen­sion und einer Vielzahl weiterer thematischer Mee­tings eine Fülle an Gelegenheiten für den Austausch, die auch, aber nicht nur auf die jährlichen Beschluss­fassungen hinführen. Einerseits gibt es Stimmen, die allein aus der Tatsache, dass man sich regelmäßig in Wien trifft, ableiten, dass das Postulat der »Koopera­tion« aus dem Organisationsnamen erfüllt ist. Ande­rerseits wurden die stark ritualisierten Abläufe dieser Treffen, beständig reproduziert durch vorgefertigte nationale Statements, die während der Zusammenkünfte verlesen werden und einer offenen (Sach-)Dis­kussion den Raum nehmen, schon verschiedentlich kritisiert, und zwar nicht nur in Bezug auf die zweite Dimension der OSZE. Dass auf diese Kritik hin die Ver­fahren bislang nur geringfügig strukturell angepasst wurden, sollte Deutschland gemeinsam mit den ande­ren EU-Staaten nicht davon abhalten, die Zusammen­künfte des gesamten Jahreszyklus der zweiten Dimen­sion ihrerseits effektiv zu nutzen – sowohl durch Wortbeiträge der Delegationen als auch durch die Identifizierung von Sprechern und Sprecherinnen, die ihre Fachexpertise einbringen.

Inhaltlich sollten diese Gesprächsforen als Orte für den »politischen Dialog zwischen den teilnehmenden Staaten über zentrale Herausforderungen im Wirt­schafts- und Umweltbereich und ihre Auswirkungen auf die europäische Sicherheit«101 in Anspruch genom­men werden. Ziel dieses Austauschs wäre, politische Impulse zu geben – so wie es die teilnehmenden Staaten unter anderem 2004 für das Wirtschafts- und Umweltforum gefordert haben. Den Nexus von Wirt­schaft, Umwelt und Sicherheit in den Mittelpunkt zu stellen – auch dies also keine neue Forderung – würde bedeuten, dass auch die Debatten in der zwei­ten Dimension an die Diskussion über den (erodieren­den) Grundkonsens in Bezug auf eine regelbasierte europäische Ordnung und gemeinsame Prinzipien anschließen würden. So würde auch in der zweiten Dimension der Charakter der OSZE als Sicherheits­organisation gestärkt. Gleichzeitig könnte eine unter dieser Prämisse stattfindende Themenfestlegung auch einer Versicherheitlichung von »low politics«-Themen aus dem Wirtschafts- und Umwelt­bereich entgegenwirken. Gegebenenfalls wird sich zeigen, dass auch in der Debatte über Wirtschafts- und Umweltthemen neben den Gemeinsamkeiten, was die Wahrnehmung von Herausforderungen und Chancen betrifft, die Kontroversen stärker zum Ausdruck kommen. Dies sollte aber nicht als Hindernisgrund gesehen werden, denn nur so lässt sich über diese unterschiedlichen Auffassungen in einen Austausch treten.

Sowohl nach außen als auch nach innen ist es richtig und ein wichtiges Zeichen, dass die Länder der Europäischen Union innerhalb der OSZE geschlossen auftreten und sich hinter gemeinsamen EU-State­ments versammeln. Dies hat nicht nur eine Signalwirkung. Die EU-Koordinierung trägt auch zu einer Effizienzsteigerung bei. Diese Effizienzsteigerung bedeutet allerdings gleichzeitig ein Weniger an Raum für EU-Positionen im Plenum und damit auch eine geringere Sichtbarkeit – gelten die zeitlichen Vor­gaben für die Redebeiträge doch auch für den Ver­treter bzw. die Vertreterin der EU. Eine im Vorfeld zwischen den EU-Kolleginnen und -Kollegen eng miteinander abgestimmte Ergänzung der gemein­samen EU-Statements durch einzelne Redebeiträge in nationaler Kapazität könnte daher helfen, EU-Posi­tionen noch stärker Gehör zu verschaffen. Sowohl das gemeinsame EU-Statement als auch die ergänzenden nationalen Kommentare könnten zudem so formu­liert sein, dass die thematischen Treffen stärker als bisher in Sachdiskussionen – und idealerweise in ein produktives Ringen um die besseren Argumente und Politikansätze – münden. Die dafür nötige Expertise kann durch einen möglichst engen Austausch zwi­schen den jeweiligen Fachreferaten und -ressorts in Brüssel bzw. auf nationaler Ebene in Berlin und den Delegationen in Wien gewonnen werden.

Obschon ihre Implementierung oft lückenhaft ist, sind die jeweils beim Ministerrat angenommenen Beschlusstexte das sichtbarste Ergebnis der Tätigkeit eines Vorsitzes. Wie in anderen multilateralen Set­tings geht es auch in der Wirtschafts- und Umwelt­dimension beim Ringen um Formulierungen aller­dings vielfach eher darum, alle geäußerten Bedenken und Vorbehalte zu entkräften. Dass die fertig ver­handelten Texte daher oft Ausdruck dieses kleinsten gemeinsamen Nenners sind und nicht das Produkt einer Überzeugungsarbeit, die auf Sachargumenten beruht, trifft nicht exklusiv auf die OSZE zu.102 Trotz dieser Einschränkung sollte Deutschland zusammen mit den anderen EU-Mitgliedern den Prozess der Text­erarbeitung – auch zum Zweck der eventuellen Erzeugung von Spillovers – proaktiv nutzen und in den Verhandlungen dafür werben, Bezüge aus der ersten und dritten Dimension in den Abschlussdoku­menten zu verankern. Bislang finden sich in den Ministerratsbeschlüssen der zweiten Dimension zwar durchaus Verweise auf die Einbeziehung weiterer Akteure wie Vertreterinnen und Vertreter von Nicht­regierungsorganisationen oder unabhängigen Medien und Ausführungen zur Bedeutung der Einhaltung der Menschenrechte. Eine Selbstverständlichkeit ist das aber nicht. Vielmehr versuchen verschiedene teil­nehmende Staaten gerade derartige Brückenschläge zu vermeiden und so letztlich die Wirtschafts- und Umweltdimension von den beiden anderen abzukoppeln. Eine Entkoppelung könnte aber mit Blick auf mögliche Spillover-Effekte kontraproduktive Resul­tate hervorbringen, nämlich in der Weise, dass die Prinzipien und Verpflichtungen der OSZE auch »auf dem Papier« multiplen Charakter erhalten und die teilnehmenden Staaten dann zwischen alternativen Referenzpunkten wählen können: Beschlüsse aus der zweiten Dimension etwa könnten in ihren Formulierungen hinter denen in Texten der menschlichen Dimension zurückbleiben und letztere damit in ihrer Wirkung unterminieren. Insgesamt würde so eine Strategie des »Rosinenpickens« gefördert, bei der sich die Akteure zu unterschiedlich weitreichenden For­mulierungen bekennen, was sich auch bei der Ver­handlung zukünftiger Beschlüsse auswirken dürfte. Spillover kann also sowohl positiv als auch negativ sein.103 Um solch negatives Spillover zu vermeiden, ist ein enger und kontinuierlicher Austausch mit den zuständigen nationalen und EU-Kollegen und -Kol­leginnen aus den anderen Dimensionen wichtig, wenn möglich gerade auch während der intensiven Verhandlungsphasen. Ein schon im Vorfeld akkordierter EU-Standpunkt, bei dem auch »rote Linien« fest­gelegt wurden, dürfte es einfacher machen, in den Textverhandlungen aktiv Positionen wie die Einforderung von Menschenrechtsbezügen und Freiheitsrechten zu markieren und entsprechend argumentativ zu unterfüttern. Eine solche Herangehensweise könnte gegebenenfalls auch die Skepsis gegenüber einer Be­lebung der zweiten Dimension auf Seiten derjenigen EU-Mitgliedstaaten mindern, die dadurch eine Ver­wäs­serung der OSZE-Prinzipien befürchten. Einerseits besteht dieses Risiko. Andererseits ist es durchaus so, dass sich die Texte durch Verhandlungsgeschick auch um Aussagen im Geiste freiheitlicher Prinzipien an­reichern lassen, so geschehen bei der Erklärung zu digitaler Wirtschaft von 2018, in deren finaler Fas­sung auch ein Bekenntnis zu einem freien und offenen Zu­gang zum Internet fixiert ist.

Darüber hinaus könnten sich Vertreterinnen und Vertreter Deutschlands und der EU-Staaten auch von vornherein für dimensionsübergreifende Beschlüsse starkmachen. Diese müssten dann auch in Sitzungen, in denen Expertinnen und Experten für die jeweiligen Dimensionen vertreten sind, vorbereitet werden. Wie schon in der Maastricht-Strategie von 2003 festgestellt, sind die meisten Herausforderungen de facto dimen­sionsübergreifend, was sich auch in der Arbeitsweise der OSZE abbilden sollte. Im OSZE-Jahreszyklus ist es ohnehin vorgesehen, dass zwei Treffen der Komitees dimensionsübergreifend sind. Diese Treffen könnten – auch mit Blick auf die Beschlussfassung – ge­gebe­nenfalls noch strategischer genutzt und ihr Stellenwert innerhalb der zweiten Dimension erhöht werden.104

Eine weitere Möglichkeit, die Dimensionen im Sinne einer Erzeugung von positiven Spillover-Effek­ten zu verzahnen bzw. zumindest zu verhindern, dass Fortschritte im Bereich der zweiten Dimension auf Kosten der beiden anderen Dimensionen erreicht werden, bestünde im Schnüren von Paketlösungen. Beschlüsse im Bereich der Wirtschafts- und Umweltdimension, deren Zustandekommen durchaus im Interesse von Staaten ist, die gleichzeitig wenig Wert auf Fortschritte in der dritten Dimension legen, könn­ten etwa an Fortschritte im Bereich der menschlichen Dimension geknüpft werden. Wie schon in den An­fangsjahren der KSZE praktiziert, können die unter­schiedlichen Interessen der teil­nehmenden Staaten auf diese Weise zwar nicht an-, dafür aber womöglich ausgeglichen werden.

Abkürzungen

DCAF

Geneva Centre for Democratic Control of Armed Forces

EEC

Wirtschafts- und Umweltausschuss (Economic and Environmental Committee)

EEF

Wirtschafts- und Umweltforum (Economic and Environmental Forum)

EWU

Eurasische Wirtschaftsunion

IFSH

Institut für Friedensforschung und Sicherheits­politik an der Universität Hamburg

KSZE

Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

Nato

North Atlantic Treaty Organization

OCEEA

Office of the Coordinator of OSCE Economic and Environmental Activities (Büro des Koordinators für Wirtschafts- und Umweltaktivitäten der OSZE)

ODIHR

OSCE Office for Democratic Institutions and Human Rights (Büro der OSZE für demokratische Institutionen und Menschenrechte)

OSZE

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

Literaturhinweise

Wolfgang Richter

Erneuerung der konventionellen Rüstungs­kontrolle in Europa. Vom Gleichgewicht der Blöcke zur regionalen Stabilität in der Krise

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2019 (SWP-Studie 17/2019)

Susan Stewart

Der Europarat und Russland. Glaubwürdigkeit verlangt konsequente Entscheidungen

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Mai 2019

(SWP-Aktuell 29/2019)

Sabine Fischer

Der Donbas-Konflikt. Widerstreitende Narrative und Interessen, schwieriger Friedensprozess

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2019

(SWP-Studie 3/2019)

Wolfgang Richter

»Europäische Friedens- und Sicherheitsordnung: Von der Kooperation zurück zur Konfrontation?«, in: Hanns Maull (Hg.), Auflösung oder Ablösung? Die internationale Ordnung im Umbruch

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2017, S. 90–112

(SWP-Studie 21/2017)

Endnoten

1

 Karl-Heinz Kamp, »The Power of Institutions: NATO, the EU, and the OSCE«, in: James Bindenagel/Matthias Herdegen/ Karl Kaiser (Hg.), International Security in the 21st Century. Ger­many’s International Responsibility, Bonn 2017, S. 77–82 (81).

2

 Die OSZE ging 1995 aus der »Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa« (KSZE) hervor.

3

 William H. Hill, No Place for Russia. European Security Insti­tutions since 1989, New York 2018, S. 258 (203f.); Eric Jay Mlyn, »OSCE: Now More Than Ever«, in: Cambridge Review of International Affairs, 11 (Frühjahr 1998) 2, S. 227–237 (228). Neben der EU, der Nato und der OSZE wird in der Literatur mitunter auch der Europarat zu diesen ineinandergreifen­den Institutionen gezählt.

4

Wolfgang Zellner, »Identifying the Cutting Edge: The Future Impact of the OSCE«, Hamburg: Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH), Zentrum für OSZE-Forschung (CORE), 2007 (CORE Working Paper 17/2007).

5

 Niels van Willigen/Joachim A. Koops, »The EU’s Relationship with NATO and OSCE«, in: Knud Erik Jürgensen u.a. (Hg.), The SAGE Handbook of European Foreign Policy, Bd. 2, Lon­don 2015, S. 734–746 (740).

6

 Derek Averre, »The Ukraine Conflict: Russia’s Challenge to European Security Governance», in: Europe-Asia Studies, 68 (Juni 2016) 4, S. 699–725 (703–4).

7

 Maria Raquel Freire, »Ukraine and the Restructuring of East-West Relations«, in: Roger E. Kanet (Hg.), The Russian Challenge to the European Security Environment, Cham 2017, S. 189–209; Averre, »The Ukraine Conflict» [wie Fn. 6].

8

 Michael W. Mosser, »The EU and the OSCE: Partners or Rivals in the European Security Architecture?«, Paper pre­sented at the European Union Studies Association (EUSA) Conference, Boston 5.–8.3.2015; Roberto Dominguez, «Introduc­tion: The OSCE as a Security Provider«, in: Roberto Domin­guez (Hg.), The OSCE: Soft Security for a Hard World. Competing Theories for Understanding the OSCE, Berlin u.a. 2014, S. 17–27.

9

 Wolfgang Zellner, »Russia and the OSCE: From High Hopes to Disillusionment«, in: Cambridge Review of International Affairs, 18 (2005) 3, S. 389–402; Viatcheslav Morozov, »Russia’s Changing Attitude toward the OSCE: Contra­dictions and Continuity, in: Sicherheit und Frieden, 23 (2005) 2, S. 69–73; Victor-Yves Ghebali, »Growing Pains at the OSCE: The Rise and Fall of Russia’s Pan-European Expectations«, in: Cam­bridge Review of International Affairs, 18 (2005) 3, S. 375–388.

10

 Die unterschiedlichen Priorisierungen spiegeln sich auch in den schwierigen Budgetverhandlungen wider: Während die EU anmahnt, dass gerade die Institutionen der mensch­lichen Dimension nicht ausreichend finanziert seien, sieht Russland ein problematisches Ungleichgewicht vor allem in der Bevorzugung der dritten Dimension, siehe zum Beispiel OSCE, Permanent Council, Decision No. 1288. Approval of the 2018 Unified Budget, PC.DEC/1288, 15.2.2018, <www.osce.org/permanent-council/373016?download=true> (Zugriff am 23.4.2019). Da die OSZE nicht den rechtlichen Status einer internationalen Organisation hat, spricht man von den Staaten, die in ihr vertreten sind, nicht als »Mitgliedstaaten«, sondern als »teilnehmenden Staaten«.

11

 Richard Sakwa, Russia against the Rest. The Post-Cold War Crisis of World Order, Cambridge 2017, S. 141; Frank Evers, In Retrospect: Points for Dialogue with Russia in the OSCE Context. Con­clusions from Russian Scientific Periodicals 2010–2015, Hamburg: IFSH, Zentrum für OSZE-Forschung (CORE), Mai 2018 (CORE Work­ing Paper 31/2018), S. 6.

12

 Hill, No Place for Russia [wie Fn. 3], S. 322; Geneva Centre for the Democratic Control of the Armed Forces (DCAF)/ Center for Security Studies (CSS), Empowering the OSCE in Challenging Times: Reflections and Recommendations. Conference Report, Genf 2017, <https://www.dcaf.ch/sites/default/files/
publications/documents/OSCE_Focus_2017_Report.pdf
> (Zugriff am 16.4.2019).

13

 Frank-Walter Steinmeier, »Zum Geleit«, in: IFSH (Hg.), OSZE-Jahrbuch 2016, Baden-Baden 2018, S. 9–11 (9); siehe auch Hill, No Place for Russia [wie Fn. 3]; Stefan Lehne, Reviving the OSCE: European Security and the Ukraine Crisis, Brüssel: Carnegie Europe, 22.9.2015, <https://carnegieeurope.eu/2015/
09/22/reviving-osce-european-security-and-ukraine-crisis-pub-61362
>; OSCE Network of Think Tanks and Academic Insti­tution to the Panel of Eminent Persons, Reviving Co-operative Security in Europe through the OSCE, 2015, S. 13, <http://osce-network.net/file-OSCE-Network/documents/Reviving_Co-operative_Security_in_Europe_through_the_OSCE_web.pdf> (Zugriff jeweils am 20.8.2019); Jan Asmussen: »Die Ukraine-Krise – Hybride Kriegsführung und die Wiedergeburt der OSZE«, in: Andrea Gawrich/Wilhelm Knelangen (Hg.), Globale Sicherheit und die Zukunft politischer Ordnungen, Opladen u.a. 2017, S. 163–182.

14

 P. Terrence Hopmann, »The Future Impact of the OSCE: Business as Usual or Revitalization?«, in: IFSH (Hg.), OSZE-Jahrbuch 2008, Baden-Baden 2009, S. 75–89, <https://ifsh.de/
file-CORE/documents/yearbook/english/08/Hopmann-en.pdf
> (Zugriff am 16.4.2019).

15

 De facto haben auch die teilnehmenden Staaten der OSZE unterschiedliches Gewicht in der Organisation, siehe dazu Vincent Pouliot, »Hierarchy in Practice: Multilateral Diplomacy and the Governance of International Security«, in: European Journal of International Security, 1 (2016) 1, S. 5–26.

16

 Zum Beispiel SPD-Bundestagsfraktion, Dialog – Vertrauen – Sicherheit. Voraussetzungen und Impulse für eine zeitgemäße sozialdemokratische Entspannungspolitik (Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion), Berlin, Oktober 2018, <www.spdfraktion.de/system/files/documents/positionspapier-spdfraktion-dialog-vertrauen-sicherheit-20181009.pdf> (Zugriff am 16.9.2019).

17

 Andrei Zagorski, Strengthening the OSCE. Building a Common Space for Economic and Humanitarian Cooperation, an Indivisible Security Community from the Atlantic to the Pacific, Moskau 2014, S. 15.

18

 Wolfgang Richter, Erneuerung der konventionellen Rüstungskontrolle in Europa. Vom Gleichgewicht der Blöcke zur regionalen Stabilität in der Krise, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juli 2019 (SWP-Studie 17/2019), zum Wiener Dokument siehe S. 21–25.

19

 Christian Nünlist, The OSCE’s Military Pillar: The Swiss FSC Chairmanship, Zürich: CSS, Dezember 2018 (CSS Analyses in Security Policy 237/2018), <http://bit.ly/2m9SBTr>; ders., »Under Pressure: The Uncertain Future of the OSCE Structured Dialogue«, Security and Human Rights Monitor (online), 29.11.2018 <www.shrmonitor.org/under-pressure-the-uncertain-future-of-the-osce-structured-dialogue/> (Zugriff jeweils am 20.8.2019).

20

»[I]n a radical reverse of the past 30 years, the economic and environmental dimension is no longer the ›empty basket‹ and, at the moment, is one of the few entry points for dialogue between Europe and Russia«, Renewing Dialogue on European Security: A Way Forward. Report on Outreach Events of the Panel of Eminent Persons on Euro­pean Security as a Common Project in 2016, 23.11.2016, S. 9, <https://www.osce.org/
networks/291001?download=true
> (Zugriff am 16.4.2019).

21

 Die Studie konzentriert sich auf die Interaktion der teilnehmenden Staaten bzw. der in Wien ansässigen Delega­tionen im Rahmen der Wirtschafts- und Umweltdimension. Ihre Befunde stützen sich auf verschiedene OSZE-Doku­men­te, auf Sekundärliteratur und auf informelle Hintergrund­gespräche. Weitere Einblicke lieferte ein mehrmonatiger Aufenthalt der Autorin bei der Vertretung Deutschlands bei der OSZE in Wien mit Fokus auf die Wirtschafts- und Um­welt­dimension. Die Arbeit der Feldmissionen und des Büros des Koordinators für Wirtschafts- und Umweltaktivitäten im Sekretariat der OSZE wird hier, auch vor dem Hintergrund des stark intergouvernementalen Charakters der Organisa­tion, indes nicht behandelt. Siehe zur Intergouvernementa­lität der OSZE Michael W. Bauer/Jörn Ege, «Bureaucratic Auton­omy of International Organizations’ Secretariats«, in: Journal of European Public Policy, 23 (April 2016) 7, S. 1019–1037; Kurt P. Tudyka, »The Margin beyond Intergovernmentalism. The Organization for Security and Cooperation in Europe«, in: Bob Reinalda/Bertjan Verbeek (Hg.), Autonomous Policy Making by International Organizations, London/New York 2003, S. 108–119.

22

 Vojtech Mastny, The Helsinki Process and Reintegration of Europe 1986–1991. Analysis and Documentation, New York 1992, S. 4, 15.

23

 Entsprechend heißt es in der »Charta von Paris für ein Neues Europa«: »Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden«, Charta von Paris für ein Neues Europa, Paris 1990, S. 3, <https://www.osce.org/de/mc/39518?download=true> (Zugriff am 16.4.2019).

24

 Siehe zum Beispiel ebd.

25

 Georgeta Pourchot, »The OSCE: A Pan-European Society in the Making?«, in: European Integration, 33 (März 2011) 2, S. 179–195 (180).

26

 Heinz Vetschera, »Cooperative Security – the Concept and its Application in South Eastern Europe«, in: Ernst M. Felberbauer/Predrag Jureković/Frédéric Labarre (Hg.), Approaching or Avoiding Cooperative Security? – The Western Balkans in the Aftermath of the Kosovo Settlement Proposal and the Riga Summit, Wien 2007, S. 33–56 (34–40).

27

 Antonio Ortiz, »Neither Fox nor Hedgehog: NATO’s Comprehensive Approach and the OSCE’s Concept of Secu­rity«, in: Security and Human Rights, 19 (2008), 4, S. 284–297 (284–290); Dominguez, »Introduction« [wie Fn. 8], S. 19–20. Verweise auf »umfassende Sicherheit« als spezifisches Kon­zept finden sich denn auch erst explizit in Texten aus den 1990er Jahren.

28

 OSZE-Strategie gegen Bedrohungen der Sicherheit und Stabilität im einundzwanzigsten Jahrhundert, Wien, Dezember 2003, <https://www.osce.org/de/mc/17506?download=true> (Zugriff am 16.4.2019).

29

 »The debate on the relative strength and relationship between the various dimensions of security continues in the OSCE and will probably never leave its agenda«, Monika Wohlfeld, »Reconceptualizing of Security in the CSCE and OSCE», in: Hans Günter Brauch u.a. (Hg.), Globalization and Environmental Challenges. Reconceptualizing Security in the 21st Century, Berlin/Heidelberg 2007, S. 643–650 (650).

30

 Keating und Wheeler betrachten die Formel »kooperative Sicherheit« im Allgemeinen, also unabhängig von der Verwendung im Rahmen der OSZE, als ein »nebulöses Kon­zept« ohne klare Definition, Vincent Keating/Nicholas J. Wheeler, »Concepts and Practices of Cooperative Security. Building Trust in the International System«, in: Vojtech Mastny/Zhu Liqun (Hg.), The Legacy of the Cold War. Perspectives on Security, Cooperation, and Conflict, Lanham 2013, S. 57–78 (59). Siehe auch Esko Antola, »The CSCE as a Collaborative Order«, in: Frances Mautner-Markhof (Hg.), Processes of Inter­national Negotiations, Boulder u.a. 1989, S. 43–53 (43–45).

31

 Entsprechend heißt es zum Beispiel in der Charta von Paris für ein Neues Europa, dass die Beziehungen der teil­nehmenden Staaten auf »Achtung« und »Zusammenarbeit« gründen sollen.

32

 »[T]he OSCE’s cooperative security is […] insufficient as it presumes from states an automatic goodwill and perma­nent good faith«, Ortiz, »Neither Fox nor Hedgehog« [wie Fn 27], S. 297; Vetschera, «Cooperative Security« [wie Fn. 26], S. 36.

33

 John Baylis, »European Security between the ›Logic of Anarchy‹ and the ›Logic of Community‹«, in: Carl C. Hodge (Hg.), Redefining European Security, New York/London 1999, S. 13–28.

34

 Kamp, »The Power of Institutions» [wie Fn. 1], S. 81–82; Pourchot, »The OSCE« [wie Fn. 25], S. 185.

35

 OSCE Network of Think Tanks and Academic Institutions, European Security – Challenges at the Societal Level, Hamburg 2016, S. 15, 30.

36

 »[M]ore a barometer of than a cause of the level of detente«, »more (…) a stenographer than an executive of change«, Cathal J. Nolan, »The OSCE: Nonmilitary Dimensions of Cooperative Security in Europe«, in: Hodge (Hg.), Redefining European Security [wie Fn. 33], S. 299–332 (310, 312); siehe auch Baylis, »European Security« [wie Fn. 33], S. 24; Mastny, The Helsinki Process [wie Fn. 22], S. 4; Kalevi J. Holsti, »Bargaining Theory and Diplomatic Reality: the CSCE Nego­tiations«, in: Review of International Studies, 8 (1982) 3, S. 159–170 (167).

37

 OSCE, OSCE Economic and Environmental Dimension Commit­ments. Reference Manual 2018, Wien 2018, S. 17. Kurt P. Tudyka, »The Second Basket: Evolution of the Economic and Environmental Dimension of the OSCE«, in: IFSH (Hg.), OSZE-Jahrbuch 2016, Baden-Baden 2018, S. 295–307 (295).

38

 KSZE, Dokument der Bonner Konferenz über wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa, Bonn, 11.4.1990, S. 2, 4; OSCE, OSCE Economic and Environmental Dimension [wie Fn. 37], S. 74–76; siehe auch Hakan Karaaslan, »An Analysis of the Economic and Environmental Dimension of the Organization for Security and Cooperation in Europe: Just a Rhetoric or Reality?«, in: Bolu Abant İzzet Baysal University Journal of Gradu­ate School of Social Sciences, 18 (2018) 1, S. 165–191.

39

 2006 wurde das Wirtschaftsforum in Wirtschafts- und Umweltforum (Economic and Environmental Forum, EEF) umbenannt, um der thematischen Bandbreite besser Rechnung zu tragen.

40

 Insgesamt erstreckt sich das Wirtschafts- und Umwelt­forum mittlerweile über drei Termine: dem zentralen Ab­schlusstreffen sind zwei Vorbereitungstreffen vorgelagert.

41

 OSZE-Strategiedokument für die Wirtschafts- und Umwelt­dimen­sion, Maastricht 2003, <https://www.osce.org/de/mc/
40535?download=true
> (Zugriff am 30.8.2019); OSCE, Eco­nomic and Environmental Forum: 20 Years, Wien 2012, <https://www.osce.org/secretariat/98230> (Zugriff am 16.4.2019). OSCE, OSCE Economic and Environmental Dimension [wie Fn. 37], S. 103.

42

 OSCE, OSCE Economic and Environmental Dimension [wie Fn. 37], S. 155–171.

43

 Ebd., S. 206.

44

 Ebd., S. 147–148.

45

 Vgl. zum Beispiel das Büro der OSZE für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) in Warschau als Institution der dritten Dimension.

46

 Sich abzeichnende Krisen und Herausforderungen früh­zeitig zu erkennen – um dann entsprechend darauf zu re­agieren, ist neben der Konfliktprävention und -bewältigung eine der Kernaufgaben der OSZE.

47

 Die informelle Arbeitsgruppe zu Möglichkeiten der Auf­wertung der zweiten Dimension von 2009 merkt in ihrem Bericht kritisch an, dass die Teilnehmerstaaten ihre Aufmerk­samkeit auf die Themen des jeweiligen Vorsitzes fokussieren, an der Weiterarbeit des OCEEA an früheren Schwerpunktthemen dann aber nur wenig Interesse zeigten. Noch gerin­ger ausgeprägt sei die Koordination zwischen den Delegationen und dem Personal der Feldmissionen, das mit Wirtschafts- und Umweltthemen betraut ist, Findings and Recom­mendations of the Chairman of the Informal Working Group of Friends on the Future Orientation of the Economic and Environmental Dimension of the OSCE (Chairmanship’s Report), CIO/GAL/97/09, 28.7.2009, S. 5; 11/12, <http://bit.ly/2kDWYGh> (Zugriff am16.4.2019).

48

 Kilian Strauss weist darauf hin, dass OSZE-Projekte oft eine Signal- oder Katalysatorwirkung hätten und Projekte mit größerer Reichweite anderer, ressourcenstärkerer Organisationen nach sich zögen. Zu einer sehr viel pessimistischeren Einschätzung hingegen gelangt Payam Foroughi. Er wirft der OSZE »Projekteritis« vor, eine Tendenz, die vor Ort eher schaden als nützen würde, Kilian Strauss, »Economic and Environmental Security Should Remain Key Components of the OSCE’s Core Mandate«, in: IFSH (Hg.), OSZE-Jahrbuch 2008, Baden-Baden 2009, S. 311–319 (314); Payam Foroughi, »The Helsinki Final Act Four Decades on«, in: Central Asian Survey, 36 (2017) 3, S. 293–299 (296).

49

 Tudyka, »The Second Basket» [wie Fn. 37]. Siehe auch: International Peace Institute, Economic Connectivity. A Basis for Rebuilding Stability and Confidence in Europe?, Wien 2016, S. 1; John de Fonblanque, »Strengthening the Economic and Environmental Dimension of the OSCE (EED)«, in: Helsinki Monitor, 16 (September 2005) 3, S. 180–183 (181); Victor-Yves Ghébali, The OSCE between Crisis and Reform: Towards a New Lease on Life, Genf: DCAF, November 2005 (DCAF Policy Paper 10/2005), S. 5.

50

 »Despite continued efforts to boost its significance and impact, the 2nd dimension has never attained the political leverage or conceptual coherence of the other two dimensions«, Torbjørn Bjorvatn, »The OSCE’s Economic and Environmental Dimension: Enhancing Relevance and Im­pact«, Oslo: University of Oslo, Norwegian Centre for Human Rights, 2014, S. 3 (Nordem Thematic Paper Series).

51

 Siehe Findings and Recommendations [wie Fn. 47]; OSCE, The 18th OSCE Economic and Environmental Forum. Part II, 24–26 May 2010 Prague. Follow-up Ideas, EEF.GAL/6/10, Wien, 17.5.2010, <https://www.osce.org/eea/68086?download=true>; OSCE, Workshop on Economic and Environmental Activities as Confidence-building Measures, CIO.INF/29/11, 27.5.2011, <https://www.osce.org/cio/78201?download=true> (Zugriff jeweils am 16.4.2019); International Peace Institute, Respond­ing to Natural Disasters: What Role for the OSCE?, Wien, Juni 2011; Bjorvatn, The OSCE’s Economic and Environmental Dimen­sion [wie Fn. 50]; Fonblanque, »Strengthening the Economic and Environmental Dimension« [wie Fn. 49]; Piotr Switalski, »The Economic Dimension – in Search of OSCE Added Value«, in: IFSH (Hg.), OSCE Yearbook 1999, Baden-Baden 2000, S. 367–375; Frank Evers, Balancing by Cross-Linking. Renewed Dialogue on the OSCE Economic and Environmental Dimen­sion, Hamburg: Zentrum für OSZE-Forschung (CORE), Okto­ber 2010 (CORE Working Paper 21/2010).

52

 Das spezifische Potential der zweiten Dimension für vertrauensbildende Maßnahmen wurde in einzelnen Policy-Papieren thematisiert, siehe zum Beispiel Stefan Wolff, Economic Diplomacy and Connectivity. What Role for the OSCE?, Birmingham 2018, <www.birmingham.ac.uk/Documents/
college-social-sciences/government-society/iccs/news-events/
2018/Osce-Report.pdf
> (Zugriff am 16.4.2019); International Peace Institute, Economic Connectivity [wie Fn. 49]; OSCE Net­work of Think Tanks and Academic Institutions, OSCE Con­fidence Building in the Economic and Environmental Dimension. Cur­rent Opportunities and Constraints, Wien 2017.

53

 »More Economic and Environmental Cooperation for More Secu­rity in Europe«. Opening Address by Didier Burkhalter, Chairperson-in-Office of the OSCE, 22nd OSCE Economic and Environmental Forum, Prague 10 September 2014, EEF.DEL/37/14, 10.9.2014, <https://www.osce.org/whoweare/123396?download=true> (Zugriff am 20.8.2019).

54

 Heidi Grau, »The 2014 Swiss OSCE Chairmanship: Be­tween »Routine« and »Crisis««, in: IFSH (Hg.), OSCE Yearbook 2014, Baden-Baden 2015, S. 25–S40 (26 ff).

55

 »Nachhaltige Konnektivität« beinhaltet aus deutscher Sicht eine bessere physische und virtuelle Vernetzung, zum Beispiel verstärkte Zollzusammenarbeit, grenzüberschreitende Verkehrsinfrastrukturen oder die Angleichung von Investitionsbedingungen, vgl. Die Bundesregierung, Dialog erneuern, Vertrauen neu aufbauen, Sicherheit wieder herstellen. Schwerpunkte des deutschen OSZE-Vorsitzes 2016, Berlin 2016, S. 9. Eine verbindliche OSZE-Definition des Begriffs Kon­nektivität gibt es aber nicht.

56

 OSZE, Report by the 2016 German OSCE Chairmanship, CIO.GAL/219/16, 23.12.2016, <www.osce.org/chairmanship/
307311?download=true
>; S. 84–86 (Zugriff am 16.4.2019).

57

 Rede des Sonderbeauftragen für den deutschen OSZE-Vorsitz 2016, Gernot Erler, beim 24. Wirtschafts- und Umweltforum der OSZE in Prag, 14.9.2016, <https://www.auswaertiges-amt.de/de/
newsroom/160914-erler-eef/283388
> (Zugriff am 16.4.2019).

58

 »Rede des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, zur Eröffnung der Wirtschaftskonferenz des deutschen OSZE-Vorsitzes am 18. Mai 2016 in Berlin«, in: Bulletin der Bundesregierung, (2016) 56–2.

59

OSZE, Ministerial Council, Decision No. 4/16. Strengthening Good Governance and Promoting Connectivity, MC.DEC/4/16, 9.12.2016, <www.osce.org/cio/289316?download=true> (Zugriff am 16.4.2019).

60

 Programm des österreichischen OSZE-Vorsitzes 2017, S. 3, <https://www.osce.org/de/cio/296766?download=true>; siehe auch: Welcoming Remarks by Dr. Hans Jörg Schelling, Minister of Finance, Austria, 25th OSCE Economic and Environmental Forum, EEF.DEL/42/17, Prag, 6.9.2017, <https://www.osce.org/
chairmanship/338081?download=true
>; Eröffnungsrede des Stellvertretenden Außenministers Michael Linhart, Erstes Vorbereitungstreffen für das 25. Wirtschafts- und Umweltforum der OSZE »Ökologisierung der Wirtschaft und Aufbau von Partnerschaften für die Sicherheit«, 23.1.2017, <http://bit.ly/2lUsBLF> (Zugriff jeweils am 20.8.2019).

61

 Dialogue, Ownership, Responsibility. Programme of the Italian OSCE Chairmanship 2018, Januar 2018, <https://www.esteri.it/
mae/resource/doc/2018/01/prog-osce-100118-d.pdf
> (Zugriff am 17.4.2019).

62

 OSCE, Ministerial Council, Decision No. 5/18. Human Capital Development in the Digital Era, MC.DEC/5/18, Mailand, 7.12.2018, <https://www.osce.org/chairmanship/
405899?download=true
>; ders., Declaration on the Digital Econo­my as a Driver for Promoting Cooperation, Security and Growth, MC.DOC/2/18, Mailand, 7.12.2018, <https://www.osce.org/
chairmanship/405920?download=true
> (Zugriff jeweils am 17.4.2019).

63

 Closing Statement by Alessandro Azzoni, Chairperson of the OSCE Permanent Council, First Preparatory Meeting of the 26th Eco­nomic and Environmental Forum, EEF.DEL/17/18, Wien, 24.1.2018, <https://www.osce.org/chairmanship/
367711?download=true
> (Zugriff am 17.4.2019).

64

 Entsprechend lautet der Programmtitel des 2019er EEF-Zyklus: »Promoting Economic Progress and Security in the OSCE Area through Energy Cooperation, New Technologies, Good Governance and Connectivity in the Digital Era«.

65

 Statement by the Chairperson in Office H.E. Miroslav Lajčák. Presentation of Priorities, CIO.GAL/4/19, Wien, 10.1.2019, <www.osce.org/chairmanship/408602?download=true> (Zugriff am 19.4.2019).

66

 Laura Considine, »›Back to the Rough Ground!‹ A Gram­matical Approach to Trust and International Relations«, in: Millennium, 44 (2015) 1, S. 109–127 (110).

67

 Vincent Charles Keating/Jan Ruzicka, »Trusting Relation­ships in International Politics: No Need to Hedge«, in: Review of International Studies, 40 (2014) 4, S. 753–770; Jonathan Mercer, »Rationality and Psychology in International Politics«, in: International Organization, 59 (Januar 2005) 1, S. 77–106; Aaron M. Hoffman, »A Conceptualization of Trust in International Relations«, in: European Journal of International Relations, 8 (2002) 3, S. 375–401.

68

 Die derzeitige Debatte über die Implementierung von wirtschaftlichen Sanktionen als außerordentliches Mittel der Außenpolitik unterstreicht diesen Punkt.

69

 Clara Weinhardt, »Relational Trust in International Cooperation: The Case of North-South Trade Negotiations«, in: Journal of Trust Research, 5 (2015) 1 (Special Issue: Trust in International Relations – A Useful Tool?), S. 27–54 (32–34); Christopher Andrejis Berzins unterscheidet hier zwi­schen zwei Komponenten von Vertrauen, einer »Risk Management-« und einer »Relationship Management«-Kom­ponente, Christopher Andrejis Berzins, The Puzzle of Trust in International Relations: Risk and Relationship Management in the Organisation for Security and Cooperation in Europe, London 2004 (PhD Thesis, London School of Economics).

70

 Torsten Michel, »Time to Get Emotional: Phronetic Reflections on the Concept of Trust in International Rela­tions«, in: European Journal of International Relations, 19 (2013) 4, S. 869–890 (873, 880); Berzins, The Puzzle of Trust [wie Fn. 69], S. 18.

71

 Konkret für den KSZE/OSZE-Kontext findet sich eine solche skeptische Einschätzung bezüglich dessen, was ver­trauensbildende Maßnahmen leisten können, zum Beispiel bei Marie-France Desjardins, Rethinking Confidence-Building Measures. Obstacles to Agreement and the Risks of Overselling the Process, London: International Institute for Strategic Studies, 1996 (Adelphi Paper 307/1996); Berzins, The Puzzle of Trust [wie Fn. 69], S. 37–48. Der englische Begriff »confidence-building measures« ist daher passender als das deutsche Pendant, in­sofern confidence als rationalistisch verstandene »Zuversicht« und nicht als Vertrauen im Sinne von »trust« aufgefasst wird.

72

 Keating und Wheeler geben zu bedenken, dass selbst wenn ein Staat Signale des Vertrauens aussendet, diese noch lange nicht auch beim Adressaten als solche wahrgenommen werden müssen. Stattdessen könnten sie ebenso gut als Schwäche oder Finte interpretiert werden, Keating/Wheeler, »Concepts and Practices of Cooperative Security« [wie Fn. 30], S. 69.

73

 OSZE, Ministerrat, Beschluss Nr. 8/17. Förderung der wirt­schaftlichen Teilhabe im OSZE-Raum, MC.DEC/8/17/Corr.1, Wien, 8.12.2017, <www.osce.org/de/chairmanship/
372366?download=true
> (Zugriff am 26.4.2019).

74

 Jan Ruzicka/Vincent Charles Keating, »Going Global: Trust Research and International Relations«, in: Journal of Trust Research, 5 (2015) 1, S. 8–26.

75

 Thomas Gehring, »Integrating Integration Theory: Neo-functionalism and International Regimes«, in: Global Society, 10 (1996) 3, S. 225–253.

76

 Begriffe wie »Spill-around« oder »Spill-back« in der wissenschaftlichen Debatte bezeugen die Kritik an der An­nahme einer Zwangsläufigkeit, die früheren funktionalistischen Ansätzen eigen war, Arne Niemann, »Neofunctionalism and EU Internal Security Cooperation«, in: Raphael Bossong/Mark Rhinard (Hg.), Theorizing Internal Security Coop­eration in the European Union, Oxford 2016, S. 129–152.

77

 Emanuel Adler/Patricia Greve, »When Security Commu­nity Meets Balance of Power: Overlapping Regional Mecha­nisms of Security Governance«, in: Review of International Studies, 35 (2009), S. 59–84.

78

 Ebd., S. 80.

79

 Schon in früheren Arbeiten ist auf die mangelnde Ein­bindung der Wirtschafts- und Umweltdimension in die Arbeit der anderen Dimensionen hingewiesen worden, so auch bei Evers, Balancing by Cross-Linking [wie Fn. 51].

80

 Allgemein auf die OSZE bezogen stellt etwa Elena Kro­pa­tcheva in ihrer Analyse von Russlands Agieren in der Organisation einen Ansatz der »kompensatorischen Kooperation« in bestimmten Bereichen fest, der Moskau mög­lichst viele Handlungsoptionen offen lässt, Elena Kropatcheva, »Russia and the Role of the OSCE in European Security: a ›Forum‹ for Dialog or a ›Battlefield‹ of Interests?«, in: European Security, 21 (2012) 3, S. 370–394.

81

 Mastny, The Helsinki Process [wie Fn. 22], S. 19. Zu mög­lichen negativen Auswirkungen vertrauensbildender Maß­nahmen siehe auch Desjardins, Rethinking Confidence-Building Measures [wie Fn. 71].

82

 Antola, »The CSCE as a Collaborative Order« [wie Fn. 30], S. 47–48, 50. Etwas anders formuliert es auch Theresa Callan, wenn sie in Bezug auf die OSZE von einem »credibility gap between the reality of state interests and the rhetoric of its architectoral plans« spricht, Theresa Callan, »Word Games and War-Games: The OSCE and its Quest for ›Comprehensive Security‹«, Paper presented at the ECPR Joint Sessions, 26.-31. März 1999, Mannheim 31.3.1999, S. 13. Siehe auch Baylis, »European Security« [wie Fn. 33].

83

 Ali Bilgic, »Security through Trust-building in the Euro-Mediterranean Cooperation: Two Perspectives for the Partner­ship«, in: Southeast European and Black Sea Studies, 10 (2010) 4, S. 457–473; siehe auch João Nunes, »Reclaiming the Politi­cal: Emancipation and Critique in Security Studies«, in: Security Dialogue, 43 (2012) 4, S. 345–361.

84

 Dass die teilnehmenden Staaten den Stellenwert der zweiten Dimension unterschiedlich bewerten, ist allerdings eher eine Konstante als Ausdruck der jüngeren Entwicklungen, siehe dazu Evers, Balancing by Cross-Linking [wie Fn. 51], S. 4, 12.

85

 Gerade die nordischen Länder achten zudem innerhalb der EU darauf, dass Engagement in der zweiten Dimension nicht auf Kosten der menschlichen Dimension von Sicherheit geht. Siehe auch Jannicke Fiskvik, Nordic Security: Moving towards NATO?, Zürich: CSS, April 2016 (CSS Analyses in Security Policy 189/2016), <https://ethz.ch/content/dam/ethz/
special-interest/gess/cis/center-for-securities-studies/pdfs/
CSSAnalyse-189-EN.pdf
> (Zugriff am 19.8.2019).

86

 United States Mission to the OSCE, Response to the OSCE Coordinator of Economic and Environmental Activities, PC.DEL/1618/16, 24.11.2016, <https://www.osce.org/pc/
285286?download=true
> (Zugriff am 17.4.2019).

87

Thematische Präferenzen und methodische Ansätze bilden sich unter anderem in den natio­nalen Statements im Ständigen Rat ab, so etwa in den Sitzungen, die Themen der Zweiten Dimension vorbehalten sind. Die in diesem Kapitel getroffenen Aussagen basieren auf einer Analyse online zugänglicher Statements der letzten 10 Jahre.

88

Moskau tritt zum Beispiel für eine finanzielle Umschich­tung zugunsten der Wirtschafts- und Umweltdimension ein: Einsparungen in der dritten Dimension sollen, so die rus­sische Position, der ersten und zweiten Dimension zugutekommen – wobei eine solche Haltung vor allem Ausdruck des Missfallens bezüglich der Aktivitäten in der dritten Dimension ist. Siehe zum Beispiel die Stellungnahme Russ­lands zum 2018er Budget, OSCE, Permanent Council, Decision No. 1288 [wie Fn. 10]. Zagorski weist allerdings darauf hin, dass bei vielen wirtschaftlichen Fragen Moskau die EU direkt als Adressatin im Blick hat, Andrei Zagorski, »Russia – Con­tro­versial Perception«, in: Alexandra Dienes/Reinhard Krumm, Perceptions of the OSCE in Europa and the USA, Wien 2018, S. 83–88.

89

 Siehe dazu auch Evers, In Retrospect [wie Fn. 11], S. 14–17.

90

 Helsinki Commission, In Brief. Non-Governmental Participation in the OSCE, Washington, D.C., 19.12.2017, <www.csce.gov/sites/helsinkicommission.house.gov/files/
Report%20-%20NGO%20Participation%20-%20Final.pdf
> (Zugriff am 17.4.2019).

91

 Siehe den obigen Abschnitt zur Entwicklung und Insti­tutionalisierung der Wirtschafts- und Umweltdimension.

92

 Zumindest potentiell beinhaltet diese »Prävention« auch Kontroll- und Überwachungssysteme (»Monitoring«), die letzt­lich zu einer Einschränkung freiheitlicher Grundrechte, einem zentralen Thema der dritten Dimension, führen könn­ten, vgl. Olaf Corry, »Securitization and ›Riskification‹: Second-order Security and the Politics of Climate Change«, in: Millenium: Journal of International Studies, 40 (2012), 2, S. 235–258; siehe auch Jan Pospisil, »Resilienz: Die Neu­konfiguration von Sicherheitspolitik im Zeitalter von Risiko«, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 42 (2013) 1, S. 25-42.

93

 Diese Inhalte waren unter dem italienischen Vorsitz 2018 Gegenstand verschiedener thematischer Sitzungen.

94

 Christina Garsten/Kerstin Jacobsson, »Post-Political Regulation: Soft Power and Post-Political Visions in Global Governance«, in: Critical Sociology, 39 (2011) 3, S. 421–437.

95

 Eine Bedingung dafür, dass Vertrauensbeziehungen wachsen können, ist nach Auffassung Aaron M. Hoffmans zum Beispiel, dass Staaten in Teilbereichen die Kontrolle über ihre eigenen Interessen delegieren, vgl. Hoffman, »A Conceptualization of Trust« [wie Fn. 67], S. 377. Keating und Ruzicka verknüpfen Vertrauen mit dem Verzicht auf Strate­gien der Absicherung, vgl. Keating/Ruzicka, »Trusting Rela­tionships« [wie Fn. 67].

96

 Siehe die entsprechenden Beschlüsse in der zweiten Dimension, OSCE, OSCE Economic and Environmental Dimension [wie Fn. 37].

97

 Ebd., S. 337.

98

 Dem Fokus der vorliegenden Studie entsprechend (siehe Fn. 21) beziehen sich die Anregungen auf die Interaktionen der teilnehmenden Staaten in Wien.

99

 Berzins, The Puzzle of Trust [wie Fn. 69], S. 129ff; Naomi Head, »Transforming Conflict: Trust, Empathy, and Dialogue«, in: International Journal of Peace Studies, 17 (2012) 2, S. 33–55 (35).

100

 Siehe auch Thomas Gehring zur Rolle von »bargaining« und »arguing« in internationalen multilateralen Verhandlungen, Gehring, »Integrating Integration Theory« [wie Fn. 75], S. 238–241.

101

 So die Zielsetzung für das Wirtschaftsforum nach einem Beschluss von 2004 (siehe Kapitel »Institutionalisierung und Entwicklung der Wirtschafts- und Umweltdimension«).

102

 Pouliot, »Hierarchy in Practice« [wie Fn. 15], S. 6. Jennifer Mitzen unterstreicht mit Rekurs auf Jürgen Haber­mas zudem, dass das Überzeugen mit Argumenten bei den Verhandlungsakteuren die genuine Bereitschaft voraussetzt, auf einen Kompromiss hinzuarbeiten und offen dafür zu sein, die eigene Haltung anzupassen – eine Bedingung, die nicht als zwingend gegeben anzusehen ist, Jennifer Mitzen, »Reading Habermas in Anarchy: Multilateral Diplomacy and Global Public Spheres«, in: American Political Science Review, 99 (August 2005) 3, S. 401–417.

103

 Tana Johnson/Johannes Urpelainen, »A Strategic Theory of Regime Integration and Separation«, in: Inter­national Organization, 66 (2012) 4, S. 645–677 (646); Gehring, »Integrating Integration Theory« [wie Fn. 75], S. 248.

104

 Dies passt zu aktuellen Forderungen, die Dimensionen stärker zu verzahnen, wie sie auch im Zusammenhang mit der Reformdebatte zur zweiten Dimension immer wieder vorgebracht wurden. Bislang allerdings scheint die fast zehn Jahre alte Aussage, »there is no overall OSCE approach to acting cross-dimensionally«, nach wie vor gültig zu sein, vgl. Evers, Balancing by Cross-Linking [wie Fn. 51], S. 14.

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