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Die Niederlande - Europas neue Neinsager?

Europapolitische Neupositionierung eines Musterlands der EU

SWP-Aktuell 2005/A 26, 15.06.2005, 4 Seiten Forschungsgebiete

Am 1. Juni verwarfen die niederländischen Wähler mit einer deutlichen Mehrheit von 62 Prozent den Verfassungsvertrag für Europa. Mit diesem Nein schob der niederländische Souverän nicht nur einen weiteren Stock in die Speichen des Ratifizierungsprozesses. Gleichzeitig manifestierte sich in der Ablehnung auch der über die Jahre gewachsene Verdruß der niederländischen Bevölkerung über grundsätzliche Entwicklungen in der EU, insbesondere über einen vermeintlichen Einflußverlust, einen wachsenden Durchsetzungswillen großer Mitgliedsländer und eine übermäßige finanzielle Belastung des eigenen Landes. Das Ergebnis des Verfassungsreferendums und die unnachgiebige Haltung bei den EU-Finanzverhandlungen sind auch Ausdruck eines neuen Verhältnisses der Niederlande zur europäischen Integration. Das Gründungsmitglied der Union schert offensichtlich aus dem Lager der "Integrationisten" aus, ohne jedoch zu den "Europaskeptikern" überzuwechseln. Zu erwarten ist daher ein neuer niederländischer "Eurorealismus". Sollen die Niederlande zu ihren ursprünglichen Positionen zurückkehren, so erfordert dies, daß insbesondere die "großen" Partnerländer und nicht zuletzt die deutsche Außenpolitik eine gesteigerte Sensitivität für kleinere EU-Staaten in Grundsatzfragen der Europapolitik bezeigen.