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Die Transformation Usbekistans

Strategien und Perspektiven

SWP-Studie 2020/S 13, 16.07.2020, 36 Seiten

doi:10.18449/2020S13

Forschungsgebiete

Dr. Andrea Schmitz ist Wissenschaftlerin in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien.

  • Der Regierungswechsel in Usbekistan stellt einen Präzedenzfall im post­sowjetischen Raum dar. Präsident Mirziyoyev, ein Regime-Insider, hat einen Kurswechsel initiiert und gleichzeitig eine Destabilisierung ver­mieden. Das von Mirziyoyev vertretene Reformprogramm zielt auf eine Liberalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft, lässt das politische System jedoch weitgehend unangetastet.

  • Die Reformen, deren Umsetzung wie früher zentral gesteuert und be­aufsichtigt wird, verlangen den Usbekinnen und Usbeken schmerzhafte Anpassungen ab. Sie werden aber akzeptiert, weil sich damit konkrete Hoffnungen auf eine bessere Zukunft verbinden. Zudem schaffen vor allem die wirtschaftlichen Reformmaßnahmen in einem Tempo Fakten, dass kaum Raum für Alternativen bleibt.

  • Obwohl Usbekistan wichtige Signale auch für eine politische Liberalisierung gesetzt hat, ist es nach wie vor ein autoritärer Staat mit einem Prä­sidialsystem, dessen institutionelle Grundlagen nicht zur Disposition ste­hen. Aus diesem Grund läuft die Transformation perspektivisch weniger auf Demokratisierung zu als vielmehr auf einen »aufgeklärten Autori­tarismus«, der von einer Allianz neuer und alter Eliten getragen wird.

  • Dennoch gibt es für Deutschland und Europa gute Gründe, den Reformkurs zu unterstützen. Der Schwerpunkt sollte dabei auf jenen Handlungsfeldern liegen, die für die Entwicklung hin zu einer offenen Gesellschaft von besonderer Relevanz sind: Förderung von politischem Wettbewerb, Ermutigung zu offener Debatte und unabhängigem gesellschaftlichem Engagement und Ermöglichung echter Teilhabe.

Problemstellung und Empfehlungen

Seit der Amtsübernahme von Präsident Shavkat Mirziyoyev im Dezember 2016 präsentiert sich Usbe­kistan als ein Land im Aufbruch. Wer anfangs noch zweifelte, dass Mirziyoyev das unter seinem Vorgänger Islom Karimov zwei Jahrzehnte lang wirtschaftlich abgeschottete und politisch isolierte Land aus der postsowjetischen Stagnation würde herausführen können, wurde schnell eines Besseren belehrt. Erste Reformen, die einer Liberalisierung der Wirtschaft den Weg bereiten, Kapital für die Erschließung der noch ungenutzten wirtschaftlichen Potentiale ins Land holen und Usbekistan an das Niveau entwickelter Länder heranführen sollen, kamen bereits 2017 in Gang. Transformation in Richtung Marktwirtschaft, Modernisierung der Verwaltung und gesellschaftliche Liberalisierung – so lauten die übergeordneten Ziele des staatlichen Entwicklungsprogramms, und der Präsident, der in Auftritt und Habitus den Reformer gibt, wird nicht müde, dessen strategische Bedeutung zu beschwören und um Unterstützung für das Pro­jekt zu werben.

Der Regierungswechsel in Usbekistan stellt im post­sowjetischen Raum in jeder Hinsicht einen Präzedenz­fall dar. Die friedliche Machtübernahme durch einen Regime-Insider, der einen grundlegenden Politik­wechsel in die Wege zu leiten beansprucht – ein solches Szenario galt für die autoritär regierten Nach­folgestaaten der Sowjetunion bisher als aus­gespro­chen unwahrscheinlich. Eher rechnete man mit Macht­kämpfen innerhalb der Elite und gesellschaft­lichen Unruhen, wie sie bei den »Farbrevolutionen« in Georgien (2003) und Kirgistan (2005) sowie dem ukrainischen »Euromaidan« (2013) zu beobachten waren, oder mit der Beibehaltung des politischen Kurses unter neuer Führung wie in Aserbaidschan (2003), Turkmenistan (2006) oder Kasachstan (2019).

Vor diesem Hintergrund erhebt sich die Frage, wie der Politikwechsel in Usbekistan im Hinblick auf Ziele und Nachhaltigkeit einzuordnen ist. Das Re­formprogramm, das in einem Grundsatzdokument – der Entwicklungsstrategie für den Zeitraum 2017 bis 2021 – niedergelegt ist, ist so umfassend und ambi­tioniert, dass eine Umsetzung nur möglich erscheint, wenn alle relevanten gesellschaftlichen Akteure dafür mobilisiert werden können. Tatsächlich ist ein be­trächt­licher Teil der vorgesehenen Politikmaßnahmen darauf gerichtet, das Reformkonzept in Elite und Gesellschaft zu verankern und seine Unumkehrbarkeit abzusichern. Dabei lassen sich drei strategisch relevante Handlungsfelder identifizieren: die Reorga­nisation des Sicherheitsapparats, die Modernisierung von Personalpolitik und Regierungsführung sowie die Mobilisierung der Gesellschaft. Darüber hinaus spielt die Außenpolitik eine entscheidende Rolle für den Erfolg des Reformprojekts.

Auch in Usbekistan gab es mehrere Kandidaten um die Nachfolge Karimovs, von dessen Politik Teile der Elite nicht unerheblich profitiert hatten. Es war daher keineswegs gewiss, dass sie den neuen, vom Nachfolger bestimmten Kurs mittragen würden. Für diesen kam es folglich darauf an, sich ein loyales Umfeld zu schaffen und seine Machtposition durch institutio­nelle und personalpolitische Maßnahmen zu sichern. Seitens der Bevölkerung war zwar kein Widerstand gegen den neuen Amtsinhaber zu erwarten, doch mit bedingungsloser Zustimmung zu seiner Reformagenda war ebenso wenig zu rechnen. Weite Teile der Gesell­schaft hatten sich arrangiert mit dem von Karimov propagierten »usbekischen« Entwicklungsmodell, und dies nicht durchweg zu ihrem Schaden. Die von Mirziyoyev schon bald angestoßenen wirtschafts- und währungspolitischen Veränderungen bringen eine Reihe radikaler Neuerungen mit sich, die vielen Usbe­kinnen und Usbeken schmerzhafte Anpassungen abverlangen. Im Gegenzug verspricht ihnen die Regie­rung mehr Wohlstand durch wirtschaftliche Entwick­lung sowie mehr Bürgernähe und einen verbesserten Zugang zu staatlichen Dienstleistungen Doch soll sich die Gesellschaft an der Umgestaltung des Landes auch aktiv beteiligen. So wie der Staat nun gemäß der offi­ziellen Doktrin dem Volk zu dienen hat, soll dieses sich umgekehrt in den Dienst des großen Reform­projekts stellen, dessen Umsetzung wie ehedem zen­tral gesteuert und beaufsichtigt wird.

Für eine Gesellschaft, die daran gewöhnt war, nicht nach ihrer Meinung gefragt zu werden, die vielmehr die Erfahrung gemacht hatte, dass politische Einmi­schung gefährlich ist, bedeutet Mirziyoyevs Vorstel­lung eines neuen Gesellschaftsvertrags eine Zu­mu­tung. Gleichwohl ist die staatliche Reformpolitik er­folgreich. Dies hat mehrere Gründe. Erstens erzeugt der nicht nachlassende Reformappell Hand­lungs­druck und generiert Veränderung, die sichtbar ist und von der viele Akteure profitieren. Das macht das Reformprojekt glaubwürdig. Zweitens werden durch das Tempo, in dem die Reformen implemen­tiert wer­den, auch diejenigen mitgerissen, die gar keine Ver­änderung wollen, aber keine Wahl haben. Dadurch erscheint das Reformprojekt alternativlos. Drittens ist die große Erzählung, die dem Projekt Sinn verleiht, nicht neu. Schon Mirziyoyevs Vorgänger und die so­wjetischen Machthaber davor propagierten Moderni­sierung durch radikale Umgestaltung und Mobilisie­rung sämtlicher Ressourcen als Weg in eine bessere Zukunft. Das Konzept der Reform ist daher vertraut.

Außerdem generieren der Reformappell des Staatsoberhaupts und die von medienwirksamen geschichts- und identitätspolitischen Inszenierungen umrahmte Neuerfindung Usbekistans Vertrauen im internationalen Umfeld. Dies lässt sich unmittelbar an der Höhe ausländischer Investitions- und Kreditzusagen ablesen, deren Bedeutung für die Umsetzung der Reformen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Die usbekische Entwicklungsstrategie selbst und das darin verankerte Bekenntnis zu liberalen Werten sind nicht zuletzt Antworten auf die Erwar­tungen internationaler Geber, die ihre Unterstützung an die Verpflichtung zu guter Regierungsführung knüpfen und auf Nachhaltigkeit Wert legen. Dass Usbekistan gerade in der Menschenrechtspolitik wich­tige Signale gesetzt und sich von repressiver Disziplinierung distanziert hat, zeigt, dass sich die usbekische Führung in zentralen Bereichen am westlichen Zivi­lisationsmodell orientiert. Doch gibt es starke Behar­rungskräfte. Usbekistan ist nach wie vor ein autori­tärer Staat mit einem Präsidialsystem, dessen institu­tionelle Grundlagen nicht zur Disposition stehen. Autoritäre Praktiken und Einstellungen bestimmen weiterhin das Verhalten relevanter Akteure. Besonders in Konflikt- und Krisensituationen zeigt sich, dass die Vergangenheit, die man vergessen zu machen sich so sehr beeilt, noch lange nicht überwunden ist.

Für die deutsche und europäische Politik bieten sich in der »Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen« (Ernst Bloch), die die usbekische Reformsituation charakterisiert, zahlreiche Ansatzpunkte für Zusam­menarbeit. Prinzipiell eignen sich dafür alle Bereiche der Reformagenda. Doch der wohl schwierigste und heikelste, aber dringlichste Aspekt betrifft den auto­ritären Komplex, also das Geflecht der Institutionen, Einstellungen und Verhaltensweisen, die nach wie vor den Missbrauch von Macht ermöglichen. Eine Reflexion der damit verbundenen Fragen anzuregen sollte daher den roten Faden jeder Zusammenarbeit bilden.

Der Reformer und sein Programm

Machtübernahme eines Insiders

Ein Wechsel der politischen Führungsspitze gilt in autoritären Staaten gemeinhin als prekär. Da eine Abwahl autoritärer Herrscher nicht zur Debatte steht, werden sie, sofern sie nicht im Amt dahinscheiden, meist von anderen daraus vertrieben – sei es von Mitgliedern des inneren Führungszirkels oder durch Massenproteste. Letztere Variante geht so gut wie immer mit Gewalt einher, während ein von Regime-Insidern erzwungener Rücktritt nicht notwendigerweise Folge eines Putsches sein muss, sondern auch durch einen internen Kompromiss und insofern ohne den Einsatz physischer Gewalt zustande kommen kann. Gemeinsam ist beiden Varianten jedoch, dass es in den meisten Fällen nicht zu einem substantiellen Politikwechsel kommt, sondern dass die autori­täre Herrschaft lediglich erneuert wird.1

Im Hinblick auf Usbekistan waren Beobachterinnen und Beobachter lange von folgendem Axiom ausgegangen: Die Gewaltherrschaft von Präsident Karimov werde unweigerlich durch Gewalt enden – oder in eine neue Gewaltherrschaft münden.2 Die politische Stabilität Usbekistans galt als Folge der Repression durch die Sicherheitsorgane, die Gesell­schaft aber als unzufrieden und mobilisierbar. In der Elite vermutete man erbitterte Machtkämpfe zwischen einzelnen strategischen Gruppen, zu denen der gefürchtete Geheimdienst zählte. Wer auch immer sich in den internen Auseinandersetzungen um die Nachfolge von Präsident Karimov durchsetzen sollte – er (denn das Personalpronomen stand fest) wäre in jedem Fall das Ergebnis eines Kompromisses, der die Fortsetzung des autoritären und repressiven Kurses gewährleisten würde.

In der Tat übernahm mit Shavkat Mirziyoyev ein politischer Insider im Dezember 2016 das Präsidentenamt. Die damit verbundenen Erwartungen unter­lief er jedoch gleich in mehrerer Hinsicht: Die Macht­übernahme ging störungsfrei vonstatten, eventuelle Konflikte innerhalb der Elite blieben diskret verborgen, und das neue Staatsoberhaupt machte sich um­gehend daran, die Bevölkerung für eine Politik zu mobilisieren, die Wirtschaft und Gesellschaft libera­lisieren und Repression als Herrschaftsmittel obsolet machen soll. Dies stand in so starkem Kontrast zur Herrschaft des Vorgängers, dass Zweifel an Mirzi­yoyevs Reformimpetus durchaus angebracht zu sein schienen.3 Doch zeigte sich bald, dass das Bekenntnis zu Reformen mehr war als bloße Rhetorik; dem neuen Staatschef schien es ernst zu sein mit dem Willen zur Veränderung.

Dass Mirziyoyev den Reformer so glaubwürdig verkörpert, mag damit zusammenhängen, dass seine politische Laufbahn selbst in einer Zeit des Aufbruchs begann. Im Jahr 1990, als sich die Auflösung der So­wjetunion bereits abzeichnete, wechselte der promo­vierte Maschinenbauingenieur aus der Hochschule in die Politik. Der damals 33-jährige Vizerektor an der Taschkenter Hochschule für Irrigation und Mechani­sierung der Landwirtschaft wurde im Februar 1990 Abgeordneter im Obersten Rat der Usbekischen Sozia­listischen Sowjetrepublik (SSR). Kurz darauf betraute der Rat Islom Karimov, seit 1989 Erster Sekretär der Kommunistischen Partei, mit dem Amt des ersten Präsidenten der Usbekischen SSR.4 Unmittelbar nach dem Moskauer August-Putsch gegen Michail Gorba­tschow erklärte Karimov die staatliche Unabhängig­keit Usbekistans und wurde im Dezember 1991 in allgemeinen Wahlen zum Präsidenten der nunmehr unabhängigen Republik gewählt.

Mirziyoyevs Laufbahn war fortan an die Herrschaft Karimovs gebunden, den die im Dezember 1992 ver­abschiedete Verfassung mit erheblicher Machtfülle ausstattete.5 Im selben Jahr war Mirziyoyev in die Lokal­verwaltung von Taschkent berufen worden, wo er bis 1996 in leitender Funktion tätig war. Sein Ver­antwortungsbereich vergrößerte sich beträchtlich, als er 1996 erst zum Gouverneur der Verwaltungsgebiete Jizzakh (bis 2001) und Samarkand (bis 2003) ernannt, dann im Dezember 2003 von Präsident Karimov zum Premierminister nominiert und schließlich drei Mal hintereinander, zuletzt 2015, in diesem Amt bestätigt wurde. Die ungewöhnlich lange Amtszeit als Regie­rungschef darf als Indiz dafür gewertet werden, dass Mirziyoyev, dessen zentrale Zuständigkeitsbereiche Landwirtschaft und regionale Entwicklung waren,6 sich in den präsidialen Machtzirkeln eine solide Posi­tion erarbeitet hatte und zu den engen Vertrauten Karimovs zählte. Anekdotische Berichte bestätigen diese Vermutung.7

Der Neubeginn steht im Zeichen der Vergangenheit.

Nach Karimovs Tod, der Anfang September 2016 offiziell bekanntgegeben wurde, galt der als füh­rungserfahren und gut vernetzt beschriebene Mirzi­yoyev rasch als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für die Nachfolge.8 Die Spekulationen wurden zur Tatsache, als am 8. September der Senatsvorsitzende, Nigmatilla Juldashev, der gemäß Artikel 96 der Ver­fassung die Amtsgeschäfte bis zu den Neuwahlen hätte übernehmen sollen, den erfahreneren Mirzi­yoyev als Interimspräsidenten vorschlug. Beide Kam­mern des Parlaments folgten der Empfehlung unter Verweis auf die Notwendigkeit, die Stabilität und die öffentliche Ordnung zu wahren9 – ein Hinweis dar­auf, wie sehr den staatstragenden Kräften an einer reibungslosen Machtübergabe gelegen war und dass sich eine solche selbst in gefestigten Autokratien keineswegs von selbst versteht.

Der Ausgang der Präsidentschaftswahlen am 4. Dezember 2016 war denn auch vorhersehbar. Der bereits als Interimspräsident fungierende Kandidat setzte sich mit 88,6 Prozent der Stimmen gegen drei weitere Bewerber durch. Die Tatsache, dass die Wah­len von zahlreichen Unregelmäßigkeiten begleitet waren,10 dürfte das Ergebnis nicht signifikant beein­flusst haben. Die Bewerber waren gemäß dem usbe­kischen Wahlgesetz von jeweils einer der vier zum damaligen Zeitpunkt im Parlament vertretenen Par­teien nominiert worden, deren programmatische Ausrichtung sich kaum unterscheidet. Der Wahlkampf verlief dementsprechend wenig kompetitiv, bot allerdings dem Interimspräsidenten beste Voraus­setzungen, die ihm kraft seiner exponierten Stellung zur Verfügung stehenden administrativen Ressourcen zu nutzen11 und sich programmatisch zu profilieren.

Letzteres geschah durch die wiederkehrende Kop­pelung zweier einander auf den ersten Blick ausschlie­ßender Konzepte: des Willens zur Bewahrung des politischen Erbes und der Notwendigkeit von Reformen. Das demonstrative Bekenntnis zur Kon­tinuität, das anfangs in keiner Rede des neuen Amts­inhabers fehlte,12 richtete sich an all jene, die sich in dem von Karimov geschaffenen System gut eingerichtet hatten und denen die Aussicht auf Veränderung Unbehagen bereiten mochte. Wenn Mirziyoyev be­tonte, seine Politik der Reform werde sich an dem »usbekischen Entwicklungsmodell« des Staatsgründers orientieren, appellierte er damit an die Zweifler unter seinen Zuhörern, auch ihm selbst als Karimovs politischem Erben Gefolgschaft zu leisten.

Unterstrichen wurde diese Botschaft bald nach der Amtsübernahme in einem symbolischen Akt, mit dem sich Mirziyoyev vor der politischen Kultur seines Landes verneigte: der Errichtung eines Mausoleums über der Grabstätte des ersten Präsidenten auf dem Gelände einer geschichtsträchtigen Moschee in dessen Heimatstadt Samarkand. Seit ihrer Einweihung im Januar 2018 hat sich die Gedenkstätte zu einem gut besuchten Pilgerort mit den für Heiligengräber cha­rakteristischen Abläufen entwickelt.13 Die Sakralisierung von Macht ist in der politischen Kultur Zentral­asiens fest verankert. Mirziyoyev entsprach also einer verbreiteten Erwartung, wenn er seinem Vorgänger einen exponierten Platz in der sakralen Geographie Usbekistans zuwies und damit zugleich seinen eige­nen Anspruch als legitimer Nachfolger des Staats­gründers symbolisch unterstrich.

Die Errichtung des Mausoleums in Samarkand und weitere Huldigungen Islom Karimovs und seiner Ära – die feierliche Einweihung von Denkmälern des ersten Präsidenten in Samarkand und Taschkent sowie die Umgestaltung von dessen ehemaliger Resi­denz zu einem Museum – sind politisch auch des­halb bedeutsam, weil Karimov durch diese Musealisierung einen repräsentativen Platz im kollektiven Gedächtnis der Nation erhält, der nicht mehr hin­ter­fragt zu werden braucht. Indem der Staatsgründer in die Reihe großer Persönlichkeiten der usbekischen Geschichte integriert und damit Teil einer etablierten historischen Semantik14 wird, erübrigt sich eine »Aufarbeitung« der Vergangenheit. Man kann – und soll – nun den Blick in die Zukunft richten.

Dass diese Zukunft Veränderung bedeuten würde, hatte Mirziyoyev noch vor seinem Amtsantritt an­ge­kündigt, und es war in der Tat dieser zweite, un­gleich voraussetzungsreichere Teil seines programmatischen Oxymorons, der Erwartungen weckte – in Usbekistan selbst und, mehr noch, im Ausland. Doch erst vor dem Hintergrund der Ära Karimov lassen sich die Reformagenda des Nachfolgers, die Strategien, die er zu ihrer Umsetzung verfolgt, und die Richtung des Transformationsprozesses einordnen.

Rückblick: Usbekistan unter Karimov

Das Usbekistan von Präsident Karimov war ein wirtschaftlich in hohem Maße autarker und innen­politisch stabiler Staat, der als einer der repressivsten der Welt galt.15 Anders als etwa Kasachstan hatte Usbe­kistan nach dem Zerfall der Sowjetunion eine Liberalisierung der Wirtschaft vermieden und wesent­liche Elemente der Planwirtschaft beibehalten. Klein­gewerbe und Einzelhandel waren zwar rasch priva­tisiert worden, doch die strategischen Sektoren –agrarische und fossile Rohstoffe, Energie, Transport und Dienstleistungen – sowie die darin involvierten Unternehmen oblagen weiterhin staatlicher Planung und Kontrolle, ebenso wie der Außenhandel und die Banken.16

Diese anfängliche Entscheidung wurde durch die von der Sowjetzeit ererbte Wirtschaftsstruktur nahe­gelegt, in der drei Faktoren von grundlegender Bedeu­tung waren: erstens die Ressourcenausstattung und die Festlegung auf die Landwirtschaft, hier vor allem den Baumwollanbau, der über 60 Prozent der in der Sowjetunion produzierten Baumwolle ausmachte. Eine weitere bedeutende Ressource ist Gold: Usbekistan weist die weltweit sechstgrößten Vorkommen dieses Edelmetalls auf. Mit Baumwolle und Gold ver­fügte Usbekistan, zweitens, über Rohstoffe, die leicht exportiert werden konnten und hohe Einkünfte erzielten. Die Ausstattung mit einer im Wesentlichen auf die Bedürfnisse der heimischen Agrarwirtschaft orientierten Leichtindustrie ermöglichte es drittens, grundlegende Konsumgüter selbst zu produzieren, die bis dato importiert worden sind – vor allem Weizen, der noch 1989 mit rund 40 Prozent für einen Großteil der Einfuhren verantwortlich war, und Erd­ölprodukte.

Die Erlangung von Unabhängigkeit in strategischen Wirtschaftsbereichen und die Vermeidung sozialer Verwerfungen waren denn auch die Haupt­ziele der staatlichen Wirtschaftspolitik. Beide sprachen gegen radikale Reformen. Die hätten zum einen zu sozialen Unruhen führen können, zumal in Anbetracht des niedrigen Lebensstandards der Land­bevölkerung, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung 1989 vierzig Prozent betrug.17 Zum anderen hätte eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik das etablierte Gefüge von politischen Bezie­hungen gefährdet, das auf der staatlich kontrollierten Produktion von cash crops (Baumwolle und, später, Getreide) und der Aufteilung der daraus generierten Einkünfte (Renten) zwischen den rele­vanten stra­tegischen Gruppen beruhte.18 Der zentrale Staats­apparat, die angeschlossenen Bürokratien, die regio­nalen, im Landwirtschaftssektor verwurzelten Eliten, die de facto den Zugang zu den zentralen Produk­tionsfaktoren (Land, Arbeit, Kapital) kontrollierten – sie alle hatten zahlreiche Möglichkeiten, Renten für partikulare Zwecke abzuzweigen und eigene Macht­netzwerke aufzubauen.19 Für die Umsetzung der in der staatlichen Entwicklungsplanung festgesetzten Ziele kam es folglich darauf an, den Fluss der Res­sourceneinkünfte an die Zentrale sicherzustellen und die Macht der regionalen Eliten einzuhegen, zu denen auch private Unternehmer zählten.

Zu diesem Zweck setzte das Regime zunehmend die Institutionen des Sicherheitsapparats ein und weitete das Mandat der Strafverfolgungsbehörden, von Geheimdienst und Polizei, aber auch der Steuer­behörden zur Überwachung der lokalen Schlüssel­akteure von 1997 an sukzessive aus. Die Einbindung der Repressionsorgane in die Strukturen, die sie über­wachen sollten, führte jedoch nicht etwa zu einer effizienten Bekämpfung von Korruption, sondern ermöglichte es den Sicherheitsdiensten, sich unter Einsatz von Zwangsmitteln wie Erpressung, Drohung oder physischer Gewalt zusammen mit lokalen Ver­waltungsakteuren an der illegalen Abschöpfung von Renten zu beteiligen.20 Das vernetzte System von Institutionen des Sicherheitsapparats und der Res­sourcenextraktion, das so entstand, führte zu einer wachsenden Abhängigkeit des Regimes von den sicherheitsrelevanten Institutionen.

Dies schweißte einerseits die Elite zusammen, deren Führungsfiguren überwiegend dem engeren Machtzirkel um Präsident Karimov angehörten und Patronagenetzwerke bis auf die lokale Ebene unter­hielten.21 Andererseits wirkte der mächtige Sicherheitsapparat als wirksame Abschreckung jeglicher Opposition. Diese speiste sich tendenziell aus dem privaten Unternehmertum, das den Übergriffen durch staatliche Repressionsorgane in besonderem Maße ausgesetzt war und dessen Eigentum weder durch institutionelle Garantien noch durch informelle Mecha­nismen abgesichert war.22 Forderungen nach einer Liberalisierung von Wirtschaft und Handel wurden zwar immer wieder laut, fanden aber kein Gehör, weil sie den Interessen des Führungszirkels um den Präsidenten zuwiderliefen.23

Die Stabilität des unter Karimov entstandenen Systems beruhte allerdings nicht ausschließlich auf Zwang und Unterdrückung. Wenig bemerkt von der Außenwelt hatte sich seit Ende der 1990er Jahre eine (vorwiegende urbane) Mittelschicht herausgebildet, die sich mit den gegebenen Verhältnissen arrangiert hatte. Diese Schicht war sozial heterogen; sie um­fasste ein breites Spektrum von Erwerbstätigen vor allem aus dem Bildungs- und Gesundheitswesen sowie der Verwaltung.24 Das war kein Zufall: Der öffentliche Sektor profitierte seit Ende der 1990er Jahre von steigenden Investitionen, die mit dem Ausbau der industriellen Produktion in der zweiten Dekade der staatlichen Unabhängigkeit einhergingen und durch hohe Weltmarktpreise für Baumwolle, Gold und Erdgas ermöglicht wurden.25

Diese »neuen Usbeken« (yangi davr odam) – so die Bezeichnung der staatlichen Propaganda für den idea­len Bürger, die ideale Bürgerin – waren das Produkt eines Modernisierungsprogramms, das, ideologisch unterfüttert durch das Narrativ der Entsowjetisierung und nationalstaatlichen Konsolidierung,26 zu einer tiefgreifenden Wandlung auch der urbanen Land­schaften geführt hatte. Die Veränderungen, die an verbreiterten Straßen, neu gebauten mehrstöckigen Wohnanlagen, vergrößerten und überdachten Basa­ren, an Einkaufszentren und Restaurants abzulesen waren, hatten neue Möglichkeiten des Erwerbs und des Konsums eröffnet und wurden von der Mehrheitsgesellschaft als Fortschritt gegenüber früheren Zeiten empfunden.27 Die offiziellen Statistiken unter­mauerten diese Wahrnehmung mit Zahlen, die ein durchgängig hohes Wirtschaftswachstum von durch­schnittlich acht Prozent auswiesen und auf einen kontinuierlichen Anstieg des Lebensstandards schlie­ßen lassen.28

Tatsächlich wurde das Leben seit dem Ende der Sowjet­union für viele Usbekinnen und Usbeken aller­dings schwieriger. Große Teile der Bevölkerung stan­den wirtschaftlich unter Druck und sahen sich immer wieder gezwungen, nach alternativen bzw. zusätz­lichen Verdienstmöglichkeiten zu suchen.29 Die saiso­nale Arbeitsmigration nach Russland, Kasachstan und anderswohin, die seit der Auflösung und Umstrukturierung der landwirtschaftlichen Kollektivbetriebe (shirkat) im Jahr 2000 an Bedeutung gewann, stieg seit 2004 rasant an.30 Der Anteil von Einkünften aus dem privaten Kleinunternehmertum am Bruttoinlands­produkt war zwar bis 1997 von annähernd null auf rund 45 Prozent gestiegen, danach aber nicht mehr signifikant.31 Um die wachsende Nachfrage nach Devisen zu unterdrücken und die mit dem grenzüberschreitenden Handel einhergehende Kapitalflucht einzudämmen, führte das Regime seit 2002 sukzessive neue Zolltarife auf importierte Waren und Lizenzen für den Basarhandel ein. Die damit ver­bundenen Handelsbeschränkungen erschwerten die Lebensbedingungen der in diesem semi-informellen Sektor Tätigen und nährten Unzufriedenheit mit der staatlichen Politik, die sich in den Protesten in Andijan vom Mai 2005 artikulierte.32

Deren blutige Niederschlagung durch Polizei­einheiten und Militär sowie die Weigerung der usbe­kischen Führung, eine unabhängige internationale Untersuchung zu ermöglichen, führten zu einer diplomatischen Krise in den Beziehungen mit den USA und Europa. Vor dem Hintergrund der Welle von »Farbrevolutionen«, die im März 2005 den Prä­sidenten des benachbarten Kirgistan zu Fall brachten, hatte die westliche Kritik an dem Gewalteinsatz in Andijan zur Folge, dass Usbekistan die Repression nach innen verstärkte und sich über Jahre hinweg gegen die Außenwelt abschottete.33 Für die USA und Europa blieb Usbekistan jedoch aufgrund seiner logis­tischen Bedeutung für die Versorgung der in Afgha­nistan stationierten Nato-Truppen ein wichtiger Kooperationspartner.34

Die Reformagenda

Gemessen an dieser Ausgangslage bedeuteten die Reformen, die Shavkat Mirziyoyev noch während seines Wahlkampfes 2016 ankündigte, geradezu einen Bruch mit der Vergangenheit. Das in einem Grundsatzdokument niedergelegte Programm, das sehr bald nach seinem Amtsantritt, im Februar 2017, als Präsidialerlass35 veröffentlicht wurde, schreibt seitdem den politischen Kurs verbindlich vor.36 Die hier dargelegte Entwicklungsstrategie für Usbekistan37 zielt auf eine »Modernisierung und Liberalisierung aller Lebenssphären« und ist auf einen Zeitraum von fünf Jahren (2017–2021) ausgelegt. Fünf Reform­bereiche werden unterschieden:

(I)

das Verhältnis von Staat und Gesellschaft,

(II)

das Rechts- und Justizwesen,

(III)

die Wirtschaft,

(IV)

die Sozialpolitik und

(V)

die Bereiche Sicherheits-, Nationalitäten-, Religions- und Außenpolitik.

Für die Umsetzung der Strategie formal verantwortlich sind diverse, hierarchisch strukturierte Kommissionen. An ihrer Spitze steht eine Nationale Kommission, der wiederum separate Körperschaften für je einen der fünf Teilbereiche unterstehen und deren Aufgaben das Strategiepapier ebenso festlegt wie die personelle Zusammensetzung. In der Entwicklungsstrategie ist zudem verfügt, dass für jedes Jahr ein Reformschwerpunkt zu definieren und mit einem separaten Programm auszustatten sei, das die Maß­nahmen zur Zielerreichung detailliert auflistet, eine Kostenschätzung enthält und die erwarteten Resultate benennt.38

Solche Jahrespläne zählen seit sowjetischen Zeiten zum Repertoire der staatlichen Entwicklungsplanung. Auch unter Karimov war jedes Jahr einem bestimmten Problem gewidmet, dem der Staat besondere Auf­merksamkeit zu widmen versprach und für dessen Bearbeitung teilweise ausführliche Maßnahmenpläne entwickelt wurden.39 Insofern ist das 2017 vorgelegte Strategiepapier der Form nach nicht neu und wird auch explizit in den Kontext der Ära Karimov ein­geordnet, deren Errungenschaften es hervorhebt. An diese gelte es nun durch eine zeitgemäße Reform­politik anzuknüpfen. Denn, so die implizite Botschaft des Textes: Das alte Modell trägt nicht mehr.

Tatsächlich schlägt Mirziyoyev mit seiner Entwicklungsstrategie gekonnt den Bogen von alt zu neu. So eignet sich die generelle Zielsetzung einer Entwicklung durch Modernisierung zur Herstellung eines prä-politischen Konsenses über die Legitimität staatlichen Handelns deshalb besonders gut, weil sie unspezifisch, aber positiv konnotiert, stark mit Ökonomie und technischer Innovation assoziiert und vermeintlich unpolitisch ist.40 Die Wirtschaftspolitik, und hier der »graduelle« Übergang zur Marktwirtschaft, bildete einen Schwerpunkt schon in der Karimov’schen Ent­wicklungsstrategie.41 Dasselbe gilt für das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. So hatte Karimov die Kompeten­zen des Parlaments im Zuge von Verfassungsänderun­gen seit 2011 ausgedehnt– ohne jedoch die Macht­fülle der Exekutive anzutasten. Auch die Sozialpolitik hatte schon zuvor eine wichtige Rolle gespielt, vor allem in den Bereichen Wohnungsbau, Förderung der ländlichen Entwicklung, Kultur- und Jugendpolitik.

Grundsätzlich neu an Mirziyoyevs Strategiepapier sind dem gegenüber vor allem zwei Aspekte:

1. Das betrifft erstens das explizite Bekenntnis zum Wirtschaftsliberalismus, der beschleunigtes Wachstum ermöglichen und Usbekistan im regionalen und internationalen Um­feld konkurrenzfähig machen soll (Punkt III des Stra­tegiepapiers). Die zur Erreichung dieser Ziele anvi­sierten Reformschritte – die Zurück­drängung des Staates aus der Wirtschaft, die Förde­rung des privaten Unternehmertums und der Schutz des Privateigentums – markieren eine deutliche Ab­kehr von der Politik der Vorjahre. Erste, wegweisende Maßnahmen wurden rasch umgesetzt. Mit der Frei­gabe des Wechselkurses im September 2017, der kon­trollierten Öffnung des Devisenmarktes, Zollsenkungen und einer Liberalisierung der Preise stellte man die Weichen für einen wirtschaftspolitischen System­wechsel. Die Liberalisierung des Visa-Regimes im Jahr 2018, die Rücknahme von Handelsbeschränkungen und die Vereinfachung des Steuersystems wirkten sich dynamisierend auf den Außenhandel aus und schufen Anreize für die Privatwirtschaft wie für inter­nationale Geldgeber, in Usbekistan zu investieren und zu produzieren.42

2. Der zweite Aspekt betrifft das Verhältnis von Staat und Gesellschaft und damit Grundfragen der politischen Ordnung (Punkt I des Strategiepapiers). Auch hier möchte man liberalen Grundsätzen mehr Geltung verschaffen und die Rolle von Parlament, poli­tischen Parteien und Zivilgesellschaft im politi­schen Prozess stärken. Durch legislative Anpassungen, welche die seit 2011 vorgenommenen Änderungen ergänzen und fortführen, wurden die Kompetenzen des Parlaments dahingehend erweitert, dass der Ein­setzung eines neuen Ministerkabinetts durch den Präsidenten seit 2019 die Zustimmung des Parlaments vorausgehen muss. Auch die Ernennung des stell­vertretenden Premierministers sowie der Vorsitzenden staatlicher Komitees setzt nunmehr die vorherige parlamentarische Bestätigung voraus. Darüber hinaus stimmen die Abgeordneten seit 2020 über den jähr­lichen Haushalt ab und verabschieden ihn in Form eines Gesetzes.

Die Entwicklungsstrategie setzt den gesamten Staatsapparat in Bewegung.

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Massenmedien erhalten größere Freiräume, um dem libe­ralen Grundgedanken der Partizipation Rechnung zu tragen. Die staatliche Verwaltung soll transparenter, bürgernäher und durch die Einführung digitaler Verfahren effizienter werden. Als sichtbares Zeichen für den Willen zu »Dialog« und Bürgernähe wurden Online-Portale eingerichtet, auf denen sich Bürger beschweren,43 Petitionen einreichen44 und laufende Gesetzesvorhaben kommentieren können.45 Solche Maßnahmen sollen auch dazu beitragen, die Position Usbekistans in internationalen Rankings zu verbessern und den Zufluss notwendiger Investitionen in die Wirtschaftsreformen zu beschleunigen.46

Die als Präsidialerlass und somit als rechtlich bin­dende Anordnung präsentierte Entwicklungsstrategie samt ihrer jährlichen und sektoralen Einzelstrategien, in denen programmatische Schwerpunkte und per­sonelle Zuständigkeiten definiert werden, hat den gesamten Staatsapparat in Bewegung gesetzt und eine Fülle von regulatorischen Aktivitäten angestoßen. So wurde das Dekret über die Entwicklungsstrategie seit 2017 sukzessive durch weitere Erlasse, operative An­weisungen und weitere nachgeordnete Rechtsakte untermauert, die einen enormen legislativen Abstim­mungsbedarf bei der Umsetzung der Reformagenda dokumentieren – und produzieren. Allein die Zahl der Präsidialerlasse, die politische Leitlinien vorgeben und rechtlich bindende Handlungsanweisungen dar­stellen, ist seit 2017 enorm angestiegen; entsprechend ist auch die Menge der Anordnungen zur Konkretisierung und Umsetzung der Erlasse (postanovlenie) an­geschwollen.47 Die höchste Anzahl an Rechtsakten bezieht sich dabei auf die Reformbereiche I und III – ein deutliches Indiz für deren besonderen Stellenwert im gesamten Reformprozess. Der hohe Regelungsaufwand bezeugt den Willen zu einer systematischen Umsetzung der Strategie, macht aber ein planvolles, strukturiertes und systematisches Vorgehen bei der Implementierung zur Herausforderung.

Diese Überregulierung ist Folge und Symptom eines von der Exekutive dominierten Rechtssystems, das über die Jahre zahlreiche Inkonsistenzen akku­muliert hat. Diese behindern nun den Reform­prozess.48 Das bestehende Gesetzgebungsverfahren zum Beispiel ist auf die angestrebte Partizipation der Öffentlichkeit nur schlecht vorbereitet. Die im Rah­men der Entwicklungsstrategie geplante Reform des Rechtssystems (Punkt II des Strategiepapiers)49 soll diese Inkonsistenzen beseitigen und das System mit den Zielen der Entwicklungsstrategie synchronisieren. Dieses Vorhaben ist alles andere als trivial, setzt es doch einen Wandel der Rechtskultur voraus.50 Es wird daher Jahre beanspruchen.

Dasselbe gilt für all jene Aspekte der Reform, die das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft betref­fen. Die Entwicklungsstrategie setzt jedoch nicht auf einen langsamen Wandel. Sie will vielmehr Pfad­abhängigkeiten durchbrechen, und dies verlangt schnelle Änderungen und rasche, sichtbare Ergeb­nisse. Dass es bei der Umsetzung der Reformagenda weniger auf Struktur und Kohärenz ankommt als auf Aktivität und Sichtbarkeit, lässt sich exemplarisch an der Tätigkeit des Development Strategy Center (DSC) ablesen. Im Februar 2017 auf präsidiale Verordnung hin als nichtstaatliche Organisation gegründet,51 soll das DSC gemeinsam mit Experten, Expertinnen und gesellschaftlichen Gruppen sowie in enger Abstimmung mit der formal für die Umsetzung der Strategie verantwortlichen Nationalen Kommission praktische Maßnahmen zur Verwirklichung der Entwicklungsziele ausarbeiten. Einem Koordinationsrat, dem über­wiegend Vertreter aus Präsidialapparat und Ministe­rialbürokratie angehören, obliegt es, das DSC bei seinen Aufgaben zu unterstützen und dessen Zusam­menarbeit mit den staatlichen Organen sicherzustellen. Finanziert wird das Zentrum aus staatlichen Töpfen sowie aus Drittmitteln einheimischer und inter­nationaler staatlicher wie nichtstaatlicher Orga­nisationen.

Das Development Strategy Center, das sich selbst als Think-Tank mit Watchdog-Funktionen bezeichnet,52 fungiert somit als Mittlerorganisation zwischen Regierung und Gesellschaft. Es kommuniziert die Vorgaben der staatlichen Politik an die Gesellschaft weiter und spielt deren Reaktionen als Empfehlungen an die Politik zurück. Gleichzeitig weist das DSC Merkmale einer Entwicklungsagentur auf, vergleichbar den entwicklungspolitischen Durchführungs­organisationen westlicher Staaten. So tritt das Zen­trum als Dachorganisation und Ansprechpartner für ein breites Spektrum ausländischer Akteure auf, die nach Betätigungsfeldern und Kooperationspartnern in Usbekistan suchen. Entsprechend vielfältig sind die Aktivitäten, die das DSC seit 2017 im Dienst der Reformagenda durchgeführt hat. Zwei Schwerpunkte sind dabei erkennbar: die Organisation von Veranstaltungen zur Mobilisierung von Medien und Jugend­lichen, also der Bereich Öffentlichkeitsarbeit, sowie die Erarbeitung von Projektvorschlägen gemeinsam mit in- und aus­ländischen Partnerinnen und Part­nern. Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist darunter ebenso vertreten wie die Weltbank, die United States Agency for Inter­national Development (USAID) oder der chinesische Konzern Huawei.53

Thematisch ist die Palette der Veranstaltungen breit, um nicht zu sagen: diffus. Die oft hochrangig besetzten, in repräsentativen Räumlichkeiten durch­geführten und einen Teilnehmerkreis von bis zu 300 Personen umfassenden Konferenzen behandeln Reli­gionspolitik ebenso wie Fragen der Rechts- und Ver­waltungsreform oder der Digitalisierungspolitik. Zwar stehen sie alle in Bezug zur Entwicklungsstrategie und deren jährlichen Schwerpunktprogrammen, eine Systematik aber – ablesbar etwa an der Anzahl von Maßnahmen zu einem bestimmten thematischen Bereich – lässt sich nicht ausmachen. Von den Ver­antwortlichen selbst wird diese Varietät als Ausweis der neuen »Offenheit« wahrgenommen, die nunmehr in Usbekistan zum politischen Programm gehört, durchwegs positiv konnotiert und wichtiger Bestandteil der nationalen Selbstdarstellung im In- und Aus­land ist. Der Schlüsselbegriff der »Offenheit« verweist wiederum auf die Komplexität und potentielle Reich­weite der Reformagenda, die große Erwartungen weckt und die Politik unter Erfolgsdruck setzt. Auch hier wird das DSC aktiv: In attraktiv aufgemachten Broschüren stellt es die Aktivitäten und Resultate dar, die in einem überschaubaren Zeitraum in unter­schiedlichen Politikfeldern im Sinne der Agenda unternommen und erzielt wurden.54

Innenpolitische Verankerung der Reform

Das ambitionierte und hochkomplexe Programm einer staatlich verordneten und gesteuerten Liberalisierung, mit dem Usbekistans neuer Machthaber das Land in die Zukunft führen will, verlangt nicht nur umfassende legislative, organisatorische und tech­nische Anpassungen. Um wirksam zu werden, muss die Reformagenda von den Beteiligten auch verinnerlicht werden. Vor allem die Forderung nach einer politischen Partizipation der Zivilgesellschaft erfor­dert Verhaltensumstellungen aufseiten sowohl des politischen Personals als auch der Gesellschaft, die sich keineswegs von selbst verstehen. Wenn also die Transformation Usbekistans gelingen soll, müssen Akteurinnen und Akteure mit unterschiedlichsten Interessen die Agenda mittragen und sich an der Um­setzung beteiligen. Das Strategiepapier selbst reflek­tiert diese Forderung, indem es die Inklusivität und Repräsentativität der Reformagenda hervorhebt und diese als Ergebnis von Gesprächen und Konsultationen des Präsidenten mit allen relevanten Akteuren ausweist.55

Der gesellschaftliche Konsens, auf den sich die Ent­wicklungsstrategie beruft, ist jedoch mit der Vorlage eines Reformprogramms allein noch nicht hergestellt. Viele der eingeführten Neuerungen zielen vielmehr darauf, diesen Konsens erst zu etablieren und der Reformpolitik des Präsidenten den nötigen Rückhalt in Elite und Gesellschaft zu verschaffen. Dabei gilt es insbesondere drei Gruppen institutioneller Akteure zu gewinnen: die sicherheitspolitischen Institutionen, das politische Personal und die Zivil­gesellschaft. Sie stehen daher im Zentrum der Refor­men und sind ent­sprechend starkem Veränderungsdruck ausgesetzt. Die politischen Entscheidungsstrukturen und das Ge­füge der politischen Institutionen selbst bleiben da­ge­gen von substantiellen Neuerungen ausgenommen.

Reorganisation des Sicherheitsapparats

Bereits lange vor dem Regierungswechsel war über Rivalitäten im inneren Zirkel um Präsident Karimov spekuliert worden.56 Einzelheiten, gar überprüfbare Informationen drangen naturgemäß jedoch kaum an die Öffentlichkeit. Neben Premierminister Mirziyoyev hatten zwei weitere Vertreter der Kernelite bedeutende Machtpositionen inne: Rustam Azimov, der Erste Stell­vertretende Premier- und seit Jahren Finanz­minister, der wie Mirziyoyev als Technokrat und »Moder­nisierer« galt, sowie Rustam Inoyatov, der Chef des Geheimdienstes SNB.57 Dessen Befugnisse waren 2005 stark erweitert worden, nachdem sein Vorgänger Zokir Almatov infolge des Gewalteinsatzes in Andijan von seinem Posten abgesetzt worden war. Das Verhältnis zwischen Inoyatov und Almatov, der das Innenministerium und die diesem unterstellte Polizei immerhin seit 1991 geleitet hatte, galt schon zuvor als angespannt, da beide um Befugnisse und Ressourcen konkurrierten, zu denen ihre jeweiligen Institutionen einen privilegierten Zugang hatten.58 Seit Almatovs Absetzung kontrollierte Inoyatov de facto den gesamten Sicherheitsapparat. Der von ihm geführte SNB stand in dem Ruf der Allmacht und Un­berechenbarkeit und wurde von Regierungspolitikern ebenso gefürchtet wie von der Bevölkerung. Ambitionen auf das Präsidentenamt wurden dem SNB-Chef nicht nachgesagt, er wurde aber als power broker mit maßgeblichem Einfluss auf die Nachfolge Karimovs betrachtet.59

Schon während der Monate als Präsident ad interim hatte Mirziyoyev erste Kabinettsumbildungen vor­genommen. Nach seinem Amtsantritt im Dezember 2016 folgten umfängliche Um- und Neubesetzungen auf allen Ebenen der staatlichen Exekutive.60 So wurde Azimov bereits im Dezember 2016 seines Pos­tens als Finanzminister enthoben und gab im Juni 2017 auch sein Amt als Stellvertretender Minister­präsident auf; ein großer Teil der von ihm eingestellten und jahrelang im Finanzministerium tätigen Mitarbeiter wurde wenige Monate später ebenfalls ausgewechselt.61 Die bedeutendsten Veränderungen betrafen aber den Sicherheitsapparat, den der Präsi­dent einer systematischen und, wie es scheint, stra­tegisch geplanten62 Neuorganisation unterzog. In deren Zuge wurden der SNB entmachtet, die General­staatsanwaltschaft aufgewertet und eine neue Struk­tur installiert, die ganz auf Mirziyoyev zugeschnitten ist. Bereits im Dezember 2016 hatte dieser den frü­heren Innenminister Almatov aus dem Ruhestand zurückgeholt und zunächst als Leiter einer staat­lichen Antikorruptionskommission, später als Berater des Innenministers eingesetzt.63 Im Mai 2017 wurden die bewaffneten Einheiten des SNB (20 000 Mann), die nach dem Gewaltexzess von Andijan der Kontrolle des Innenministeriums entzogen und dem SNB unter­stellt worden waren, zurück an das Innenministerium transferiert.64

Die Säuberungen innerhalb des SNB nahmen im Sommer 2017 in den Provinzen ihren Ausgang.65 Im Januar 2018 folgten Verhaftungen in der Zentrale des Apparats und den Regionen, am 31. Januar 2018 verlor schließlich Inoyatov selbst sein Amt. Anstatt ihn juristisch zur Verantwortung zu ziehen, versetzte man ihn auf einen Senatorenposten und damit in eine Art Ehrenamt, das ihm politische Immunität ver­schaffte. Spekulationen zufolge66 erhielt Inoyatov diese schonende Behandlung im Gegenzug für die Unterstützung, die er im September 2016 Mirziyoyevs Kandidatur als Interims-Präsident gewährt hatte und die einem konsensualen Führungswechsel den Weg bereitet hatte. In Anbetracht der Machtfülle und der Autorität, über die der Geheimdienstchef verfügt haben muss, sind solche Interpretationen durchaus naheliegend.

In der Folge wurde aus dem Nationalen Sicherheits­dienst SNB der Staatliche Sicherheitsdienst SGB. Dessen Rechtsstatus, Aufgaben, Vollmachten, Finan­zierung und technische Ausstattung regelt nun ein Gesetz, das am 15. März 2018 vom Parlament ver­abschiedet wurde und bereits am 6. April 2018 in Kraft trat.67 Mit der Führung der neuen Behörde wurde der bisherige Generalstaatsanwalt Ichtiyor Abdullaev betraut – allerdings nur kurzfristig. Im Februar 2019 wurde er seinerseits wegen Amtsmissbrauchs und Bestechlichkeit angeklagt und im Sep­tem­ber zu 18 Jahren Haft verurteilt.68 Unzählige Mitarbei­ter von Geheimdienst, Staatsanwaltschaft und Steuer­inspektion, viele von ihnen verwandtschaftlich oder geschäftlich verbunden, mussten sich in den ersten drei Amtsjahren von Präsident Mirzi­yoyev vor Gericht verantworten und wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit verurteilt – die meis­ten von ihnen wegen Machtmissbrauchs, Korruption und groß angelegter illegaler Geschäfte. Die veröffentlichten Details der Anklageschriften vermitteln einen Ein­druck davon, wie die bis in die staatliche Führungsspitze reichenden Patronagenetzwerke der Ära Kari­mov funktionierten.69 Erhebliche Summen verschwan­den auf privaten Konten, die sich teilweise im Aus­land befinden. Auf diese Ressourcen möchte man jetzt zugreifen, die Reorganisation des Sicherheits­apparats hat nicht zuletzt dies zum Ziel.70

Während die Zuständigkeiten des SGB im Zuge der Säuberungen beschnitten wurden, erhielt die Gene­ral­staatsanwaltschaft weitere Vollmachten und erheb­lich mehr Personal. Die Generalstaatsanwaltschaft nimmt nunmehr eine Schlüsselstellung als neue Über­wachungsbehörde im Zusammenhang mit der Re­form­agenda ein und ist eng verzahnt mit den Steuer- und Zollbehörden.71 Darüber hinaus hat Mirzi­yoyev die Entflechtung der alten sicherheits­politischen Struk­turen dazu genutzt, ein System zu etablieren, in dem zwei funktionell und personell eng miteinander ver­schränkte Eliteeinheiten – die Natio­nalgarde und der Staatliche Sicherheitsdienst des Präsidenten (GSBP) – zentrale Aufgaben des früheren Geheimdienstes übernehmen.

Das neue Zentralorgan der für die innere Sicher­heit zuständigen Strukturen ist die Nationalgarde, eine paramilitärische Formation, die im Jahr 1992 aus den bewaffneten Einheiten des Innenministeriums ausgegliedert und dem Verteidigungsministerium unterstellt worden war. Der Auftrag der rund 1 000 Mann umfassenden Eliteeinheit war ebenso breit wie unspezifisch gefasst, bestand aber wohl im Wesent­lichen darin, den Präsidenten zu schützen sowie stra­tegisch bedeutsame Objekte zu bewachen.72 Auch bei Sondereinsätzen zur Terrorismusbekämpfung kam die Garde zum Einsatz.73 Im August 2017 wurde sie aus den Streitkräften ausgegliedert, personell auf­gestockt und erhielt den Status einer unabhängigen Einheit. Sukzessive ausgeweitet, umfasst ihr Mandat jetzt auch genuin polizeiliche Aufgaben wie den Schutz der öffentlichen Ordnung bei Versammlungen und Demonstrationen, Fahndungseinsätze und straf­rechtliche Ermittlungen sowie die Kontrolle der Ein­fuhr, Verbreitung und Ausfuhr von Waffen. Ein Gesetz, das die diversen gesetzlichen Änderungen zusam­menfasst, ist in Vorbereitung.74

Unmittelbar für die Sicherheit von Präsident Mirzi­yoyev und seiner Familie zuständig ist der GSBP, eine Art Prätorianergarde,75 die seit einer Gesetzesände­rung vom September 2019 auch für Kriminalitäts­prävention und Strafverfolgung zuständig ist, wenn Fälle »die Sicherheit des Präsidenten« betreffen – eine Formulierung, die breit genug ausgelegt werden kann, um je nach Bedarf als Be­grün­dung für ent­sprechende Einsätze herangezogen zu werden.76 In beiden Einheiten, dem GSBP wie der Nationalgarde, spielten und spielen nahe Verwandte des Präsidenten eine maßgebliche Rolle. So wurde Letztere von Gene­ralmajor Batyr Tursunov mit aufgebaut, der auf eine lange Karriere im Polizeiapparat des Innenministe­riums und in den geheimdienstlichen Strukturen zurückblicken kann77 und mit Präsident Mirziyoyev verschwägert ist.78 Im GSBP wiederum fungiert einer der Schwiegersöhne des Präsidenten als Nummer zwei.79 Mit der Reorganisation des Sicherheitsapparats hat der Präsident also eine Struktur geschaffen, die nicht zuletzt seiner persönlichen Machtsicherung dient.

Personalpolitik und Governance

Vertrauensleute aus Mirziyoyevs engerem Umfeld finden sich auch in anderen wichtigen Ämtern, etwa in leitenden Funktionen der Präsidialadministra­tion.80 Auch Premierminister Abdulla Aripov, der Stellvertretende Senatssprecher Sadyk Safaev und der Direktor der Agentur für Information und Mas­sen­kommunikation Komil Allamjanov, die für die Außen­darstellung von Mirziyoyevs Reformpolitik von erheblicher Bedeutung sind, fallen in diese Kategorie.81 Was diese Vertreter der politischen Elite mit­einander verbindet, ist nicht zuletzt die aktive Rolle, die sie – wie Mirziyoyev selbst – im alten System spielten. Die Protagonisten dieser »alten Garde« sind für die Machtbasis des Präsidenten von elementarer Bedeutung, wie beispielsweise die Re-Integration des ehemaligen Innenministers Almatov in den Polizeiapparat zeigt.

Zu Mirziyoyevs Unterstützern müssen auch einflussreiche Unternehmer gerechnet werden, welche die wirtschaftliche Reformagenda aktiv vorantreiben, an der Umsetzung von Projekten maßgeblich beteiligt sind und Mirziyoyevs Reformpolitik allein dadurch sichern helfen, dass sie sichtbare Fakten schaffen. Jahongir Artykhojayev etwa, seit 2018 Senator im Oberhaus und Bürgermeister von Taschkent, ver­antwortet die Errichtung des Businesszentrums Tash­kent City. Am Bau des Komplexes, dessen Auftragswert rund 1,3 Milliarden US-Dollar beträgt und dessen Realisierung rasch voranschreitet, sind wiederum gleich mehrere Firmen aus dem Besitz des Gouverneurs beteiligt.82 Der wohl prominenteste Förderer von Mirziyoyevs Politik ist der Milliardär Alisher Usmanov, ein gebürtiger Usbeke, der in Russland lebt und mit dem usbekischen Präsidenten durch ver­wandtschaftliche Beziehungen verbunden ist. Usma­nov ist Gründer und Miteigentümer der in Russland registrierten Holdinggesellschaft USM, die Anteile an bedeutenden russischen Wirtschaftsunternehmen hält.83 Er hat nach eigenen Angaben »mehrere hun­dert Millionen Dollar« in Usbekistan investiert, »um Mirziyoyev und seinem Team zu helfen«.84 Usmanov wird auch politisch einiger Einfluss auf den usbeki­schen Präsidenten nachgesagt, insbesondere mit Blick auf dessen Russlandpolitik.

Neben den politikerfahrenen Vertretern seiner eigenen Alterskohorte, auf deren Loyalität der Präsi­dent zählen kann und die ihm im Regierungsapparat sowie in den Sicherheitsstrukturen den Rücken frei halten, hat Mirziyoyev jüngere Spezialistinnen und Spezialisten in seinen Stab integriert. Diese Repräsentanten der postsowjetischen Generation – meist Öko­nomen und Juristen, die an Eliteuniversitäten im In- und Ausland studiert und Berufserfahrung gesammelt haben – sind für die Umsetzung der Reform­agenda von elementarer Bedeutung. Zu ihnen zählen Justizminister Ruslanbek Davletov und Sardor Umur­zakov, der Vizepremier für Investitionen und Außen­handelsbeziehungen. Diese vergleichsweise jungen Leute identifizieren sich vollständig mit der Reform­agenda und arbeiten in der Überzeugung, das Rich­tige zu tun.85 In der Präsidialadministration und in Think-Tanks wie dem DSC, die sich mit der Umsetzung der Reformagenda befassen, sind sie ebenfalls vertreten. Mit ihrer liberalen Grundeinstellung, ihrem Enthusiasmus, der Vertrautheit mit der Spra­che des internationalen Entwicklungsmanagements und ihrer Bewunderung für den Präsidenten verkörpern sie den Geist und die Ziele des Reformprogramms und vermögen diese nach innen wie außen glaubwürdig zu vermitteln.86

Solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden im Staatsdienst jedoch eine Minderheit. Die meisten Staatsbediensteten wurden in einem System sozia­lisiert, dessen Arbeitskultur sich fundamental von derjenigen unterscheidet, die Mirziyoyev einführen will. Wie die beschaffen sein soll, welche Einstellun­gen und welche Haltung der Präsident von seinen Kadern erwartet, brachte er bereits in der Ansprache an Parlament und Senat anlässlich seines Amts­antritts am 14. Dezember 2016 zum Ausdruck.87 Der zeremonielle Auftritt, der das Auditorium im Wesent­lichen auf die bevorstehenden Reformen einstimmen sollte, endete mit einer scharfen Kritik am bisherigen Arbeitsstil der staatlichen Kader. Überkommene Ein­stellungen hätten in der Vergangenheit eine »ratio­nale« und »effiziente« Nutzung der Kräfte verhindert. Zu viele Mitarbeitende hätten Aktivität lediglich »simu­liert«, während es in wichtigen Bereichen an Personal gefehlt habe. Diese Verschwendung von Potentialen müsse ein Ende haben. Es gelte, eine neue Generation von Amts- und Entscheidungsträgerinnen und ‑trägern heranzubilden, die eine »professionelle Arbeitseinstellung«, eine »moderne Denkweise« und »Weitblick« mitbrächten und zielführend arbeiten könnten. Nicht zuletzt den Anteil von Frauen gelte es in allen staatlichen Funktionen zu erhöhen.

Auf der ersten, erweiterten Sitzung des Minister­kabinetts im Januar 2017 wiederholte der Präsident seine Kritik.88 Viel zu lange sei die staatliche Verwal­tung von einem realitätsfernen und oberflächlichen »Kabinettstil« geprägt gewesen, hätten sich die Mit­arbeiter vor allem als Anwälte ihrer Behörde verstan­den – anstatt die Interessen des Staates zu vertreten. Jetzt aber müsse sich vor allem auf der Führungs­ebene eine neue »Verhaltensnorm« etablieren, cha­rak­terisiert durch »kritische Analyse, strenge Dis­ziplin und persönliche Verantwortung«. Darüber hin­aus stimmte der Präsident Regierung und Parlament darauf ein, dass der in der Reformagenda anvisierte »Umbau von Staat und Gesellschaft« einen »qualitativ völlig neuen« Umgang mit den Belangen der Bevöl­kerung verlange. Anders als in der Vergangenheit werde sich das politische Personal künftig mit den Verhältnissen vor Ort befassen und »mit allen Bevöl­kerungsgruppen in einen Dialog treten« müssen. Besonders von den Strafverfolgungsbehörden und Provinzverwaltungen werde erwartet, dass sie ihre Einstellung dahingehend ändern, dass »nicht das Volk dem Staat, sondern der Staat dem Volk zu dienen« habe.

Was also Mirziyoyev in die staatliche Verwaltung einführen will, ist nichts anderes als ein von verant­wortungsethischen Prinzipien geprägter Arbeitsstil als zentrales Element guter Regierungsführung. Dazu braucht es Schulung. Die im Oktober 2019 kraft eines Präsidialerlasses ins Leben gerufene Agentur für die Entwicklung des Staatsdienstes89 soll dafür sorgen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter staatlicher Organe und Behörden in diesem Sinne aus- bzw. wei­ter­gebildet werden. Ein Berater des Präsidenten leitet die Agentur, der es außerdem obliegt, eine grund­legende Reform des Staatsdienstes vorzubereiten und die gesamte staatliche Personalpolitik zu koordinieren. Es geht vor allem darum, eine kompetitive Per­sonalauswahl einzuführen und die Bewertung der Staatsbediensteten zu systematisieren. Der staatliche Fonds El-yurt umidi (Hoffnung von Nation und Vater­land), der seit 1993 Stipendien für Auslandsaufenthalte an den akademischen Nachwuchs vergibt, wird nun von dieser neuen Struktur verwaltet, damit die Ausbildung junger und hochqualifizierter Spezialisten beschleunigt und möglichst viele von ihnen für den Staatsdienst rekrutiert werden können. Auch Usbekinnen und Usbeken, die eine berufliche Kar­riere im Ausland verfolgen, versucht man dafür zu gewinnen, dass sie ihr Talent in den Dienst der Reform stellen.90

Schon zuvor, im August 2019, hatte die Generalstaatsanwaltschaft angekündigt, alle in der staat­lichen Verwaltung tätigen Mitarbeiter zur Teilnahme an Kursen zum Thema Dienstethik, Umgang mit Interessenkonflikten und Methoden der Korruptionsbekämpfung zu verpflichten. Der Hintergrund: Im Zuge der Liberalisierung der Medienlandschaft wurden zunehmend Beschwerden über Amtsanmaßung und Willkür in den Verwaltungsbehörden laut. Vor allem die Distriktgouverneure oder Hokime,91 die bei der Durchsetzung ihrer Entscheidungen allzu oft den Rechtsweg umgehen und bisweilen auch vor Gewalt nicht zurückschrecken, sind dabei in die Kri­tik geraten.92 Der Präsident selbst hat wiederholt zu verstehen gegeben, dass der autoritäre Führungsstil der Hokime nicht mehr zeitgemäß sei, und ihr Fehl­verhalten öffentlich gerügt.93 Doch die Hokime, bei deren Ernennung seit einer Gesetzesänderung von 2017 auch die Kommunalparlamente (kengesh) ein Mitspracherecht haben,94 spielen für die Machtsicherung auf regionaler Ebene eine Schlüsselrolle und können die Umsetzung der Reformen empfindlich stören. Daher, und weil es offenbar an Alternativen mangelt, hält Mirziyoyev an ihnen fest. Sie sollen sogar mehr Verantwortung übertragen bekommen und wirtschaftspolitische Reformmaßnahmen vor Ort in Eigenregie implementieren, anstatt lediglich An­weisungen der zentralen Behörden zu befolgen. Allerdings sollen die Lokalparlamente künftig durch Misstrauensvotum ein Amtsenthebungsverfahren gegen Hokime einleiten können.95 Die bereits gesetz­lich vorgeschriebene Rechenschaftspflicht der Hokime gegenüber den Kommunalvertretungen, was Pläne für die Implementierung von Reformvorhaben und Statusberichte angeht, wird vor Ort offenbar nicht ausreichend ernst genommen. Der Präsident ruft jedenfalls regelmäßig zu mehr Transparenz auf, auch gegenüber den Massenmedien und der breiten Öffentlichkeit.96

Neben den direkten pädagogischen Interventionen des Staatsoberhaupts und institutionellen Anreizen zur Umerziehung der alten Kader setzt man vor allem auf Investitionen ins Bildungswesen, um einen für den Umbau des Landes langfristig erforderlichen Per­sonalpool aufzubauen. Mit Hilfe von Expertise aus dem Ausland will man Curricula, Lehrmaterial und Bewertungssysteme an internationale Standards an­gleichen, außerdem durch Verdopplung der Zahl von Studienstipendien den Anteil junger Leute mit höheren Bildungsabschlüssen steigern. Dies gilt vor allem für Fachrichtungen von praktischer Relevanz.97

Gesellschaftliche Mobilisierung

Neben den personalpolitischen Weichenstellungen spielt die Mobilisierung der Bevölkerung eine zentrale Rolle bei der Sicherung von Folgebereitschaft, Reprä­sentativität und Legitimität im Zusammenhang mit dem Reformprogramm. Dies wird bereits daran ersicht­lich, dass das erste Reformjahr schwerpunktmäßig dem »Dialog« mit der Gesellschaft gewidmet war. Dabei setzt die Strategie an zwei Fronten an: bei den Herrschaftssubjekten und bei den staatlichen Organen selbst. So soll das Prinzip der Rechenschaftspflicht von Amtsträgern gegenüber der Bevölkerung eingeführt und auf diese Weise das Vertrauen in die Staatsmacht gefestigt werden. Durch den Abbau bürokratischer Hürden will man Bürgernähe her­stellen und es der Bevölkerung erleichtern, ihre An­liegen bei den Behörden vorzutragen. An öffentlichen Veranstaltungen über das Reformprogramm sollen sich relevante Bevölkerungsgruppen ebenso betei­ligen wie die Repräsentanten der Staatsmacht.

Mit der Organisation solcher Veranstaltungen werden Organisationen betraut, deren Mandat im Wesentlichen darin besteht, die Bevölkerung für das Reformprogramm zu mobilisieren, und die eigens zu diesem Zweck gegründet wurden. Von einer dieser »Nichtregierungsorganisationen«, die in staatlichem Auftrag operieren (GoNGO), dem DSC, war bereits die Rede (siehe oben, S. 14f). Mit Informationsveranstaltungen zu den Themen oder »Ergebnissen« der Re­form will die Organisation »ein positives Image« der Modernisierungspolitik schaffen und auch jene ins Boot holen, die »noch inaktiv sind und noch nicht verstanden haben, dass jeder mitmachen und sich einbringen soll«.98

Ähnliche Ziele verfolgt die Bewegung Yuksalish (Fortschritt), die im Februar 2019 ebenfalls per Regie­rungsresolution ins Leben gerufen wurde.99 In ihrem Internetauftritt100 präsentiert sich Yuksalish als »frei­williger Zusammenschluss« von Bürgerinnen, Bürgern und NGOs mit dem Ziel, landesweit über das Reform­programm zu informieren und die Bevölkerung zur Mitwirkung daran zu animieren. Die Bewegung, deren Tätigkeitsprofil ebenso breit angelegt ist wie das des DSC, will staatliche und nichtstaatliche Ak­teure und Institutionen miteinander vernetzen und sich offenbar als Dachorganisation für den Nicht­regierungssektor etablieren. Kleinere NGOs, die außer­halb der staatlichen Strukturen arbeiten, haben es nämlich nach wie vor schwer in Usbekistan.101 Yuksalish dagegen verfügt mit ihrem offiziellen Man­dat und Büros in allen Landesteilen über gute Vor­aussetzungen, den Grassroot-Sektor zu absorbieren und mit Blick auf die staatliche Reformpolitik zu einer Art Super-GoNGO zu werden.

Der Partizipationsgedanke wird hier also zu einem sozialtechnischen Steuerungsinstrument. Es geht um gesellschaftliche »Umerziehung« im Sinne der Reform­politik. Der imperativische Charakter des Par­tizipationsangebots zeigt sich auch in den Ansprachen des Präsidenten, der seine Landsleute regel­mäßig daran erinnert, dass »alle Reform von der Gesellschaft ausgehen« müsse und dass diese daher »mehr Aktivität und Initiative« entfalten solle.102 Besonders hervorgehoben werden dabei »Unternehmergeist« und »unternehmerische Fähigkeiten« – also Tugenden, die der von planwirtschaftlichen Prinzipien geprägte Kommandostaat sowjetischer Prägung seinen Bürgerinnen und Bürgern gerade nicht abverlangt hatte, die in einer liberalen Markt­wirtschaft, wie sie dem Präsidenten vorschwebt, aber umso mehr gebraucht werden. Die Usbekinnen und Usbeken werden aufgefordert umzudenken, ihre »inneren Reserven« zu mobilisieren, vollen Einsatz zu bringen und jene Entschlossenheit und Ausdauer an den Tag zu legen, die sie im Lauf ihrer Geschichte immer bewiesen hätten; nur so lasse sich das Ziel der Reformen – die »radikale Verbesserung der Lebensbedingungen aller« – erreichen.103 »Es hängt von euch ab«, lautet die implizite Botschaft dieser Reden, in denen der Präsident die Usbeken auf seine Politik einschwört.

Die dritte Säule dieser Mobilisierungsoffensive stellen die Massenmedien dar. Die Liberalisierung des Mediensektors gilt als besondere Errungenschaft von Mirziyoyevs Reformpolitik. Verglichen mit der strik­ten Zensur, der die Medien unter Präsident Karimov unterworfen waren, sind die Spielräume in der Tat erheblich größer geworden. Das offizielle Bekenntnis zur Meinungs- und Redefreiheit und die Bereitwilligkeit, mit der Mirziyoyev selbst Missstände im Land thematisiert, hat die Entstehung einer lebhaften Blogger-Szene in Usbekistan beflügelt.104 Ausländische Journalisten können sich nun leichter akkreditieren lassen, und Medien, die seit den Ereignissen von Andijan 2005 in Usbekistan blockiert worden waren, sind wieder erlaubt. Dazu zählen die Deutsche Welle, der usbekische Service der BBC, Eurasianet, Fergana und Uzmetronom, die kritischem Internetjournalismus in Usbekistan ein Forum bieten. Die Websites von Human Rights Watch und Amnesty International sind nun ebenfalls wieder zugänglich.

Die Gewährung neuer Freiheiten hat Grenzen.

Allerdings gibt es auch Einschränkungen. So wurde wiederholt von Druck auf Journalistinnen und Men­schenrechtsaktivisten berichtet, die lokale Missstände öffentlich machen.105 Solche Einschüchterungen sowie Verhaftungen von Journalisten und Bloggern lassen immer wieder Zweifel an dem offiziellen Bekenntnis zur Freiheit des Wortes laut werden.106 Ein Schlaglicht auf den Umgang von Vertretern der Staatsmacht mit den Medien warfen insbesondere die Entgleisungen des Bürgermeisters von Taschkent, Artykhojayev. Dieser hatte während eines Streit­gesprächs drei Reporter des Nachrichtenportals Kun.uz grob beleidigt und massiv bedroht. Das Gespräch war heimlich aufgenommen und weiter verbreitet wor­den.107 Die Strafverfolgungsbehörden nahmen sich des Falls an und kamen zu dem Ergebnis, dass die Beleidigungen des Bürgermeisters zwar einen Verstoß gegen ethische Normen, jedoch keine Strafhandlung darstellten.108 Die Agentur für Information und Mas­sen­kommunikation (AIMK), die in der Präsidialadminis­tration angesiedelt ist und die staatliche Medien­politik implementiert, intervenierte ebenfalls – mit einem Appell an Blogger und Journalisten, die Ange­le­genheit nicht zu dramatisieren.109

Solche Reaktionen machen die Grenzen der neuen Medienfreiheit deutlich. In der Entwicklungsstrategie heißt es denn auch explizit, die Massenmedien, ein­schließlich des Internets, hätten der Bevölkerung die Reformagenda und deren Ziele zu erklären, nämlich die »Vertiefung demokratischer Reformen«, die »För­derung des Schutzes der Menschen- und Freiheitsrechte«, die Einführung rechtsstaatlicher Prinzipien, Frieden und »das Wohlergehen aller«.110 Die Aufgabe lautet also, der Öffentlichkeit ein positives Bild der staatlichen Politik zu präsentieren. Die AIMK versteht sich dabei als Vermittlungsinstanz, die die Medien bei der Informationsgewinnung unterstützt, Kontakte zu staatlichen Behörden herstellt und dafür sorgt, dass die Bericht­erstattung »konstruktiven« Charakter hat.111

Sofern die Medien diese Voraussetzungen erfüllen, werden sie von der staatlichen Politik gezielt geför­dert. So wurden im August 2019 über hundert beson­ders populäre Blogger und Influencer aus aller Welt nach Usbekistan eingeladen, um das Land als Tou­rismus-Destination zu bewerben. Rund 250.000 US-Dollar hat sich der usbekische Staat den Event kosten lassen, von dem man sich in Anbetracht des Millionenpublikums, das die Influencer erreichen, einen bedeutenden Marketingeffekt erhofft.112 Der Präsident persönlich traf sich mit den Bloggern zum Gespräch, um ihnen Usbekistans »Politik der Offenheit« nahe­zubringen und die Erwartung zu äußern, dass die Eingeladenen die Reformpolitik im rechten Licht darstellen.113 Umgekehrt sind die Presseabteilungen der staatlichen Behörden gehalten, auf kritische Berichterstattung zu reagieren anstatt sie zu ignorieren. Zum einen soll die Kritik ernst genommen, auf ihre Stichhaltigkeit hin geprüft und an die führenden Stellen weitergeleitet werden, zum anderen sind die Medien mit Stoff zu versorgen, der ihnen die Veröf­fent­lichung der »richtigen« Informationen erlaubt.114 Aktive Medienpolitik ist hier das Stichwort.

Zwecks besserer Interaktion von staatlichen Behörden und Massenmedien wurde im Dezember 2019 zudem die Registrierung von Fernseh- und Radio­sendern sowie Print- und digitalen Medien vereinfacht. Nunmehr müssen Lizenzen nicht mehr um­ständ­lich und zeitraubend über die AIMK, sondern können bei den staatlichen Dienstleistungszentren beantragt werden, die seit 2018 überall im Land eingerichtet wurden, um den Informationsfluss und Transaktionen zwischen Politik, Verwaltung und Bürgern zu zentralisieren und zu digitalisieren. Die von der AIMK inhaltlich vorbereitete Resolution setzte zudem eine Reihe von Regelungen in Kraft, die Journalistinnen und Journalisten besser vor Behördenwillkür schützen sollen.115

Die Medienpolitik ist mithin ein gutes Beispiel für die Ambivalenz des usbekischen Reformprogramms. Die Liberalisierung in diesem Sektor dient nicht nur, wie von westlichen Experten gelegentlich insinuiert, einer effizienteren Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger durch den Staat im Sinne einer Verfeinerung autoritärer Herrschaftsmethoden.116 Solche Deutungen verkennen, dass die Ermutigung zu – wenn auch kontrolliertem – gesellschaftlichem Engagement in Usbekistan sich auch nach innen richtet, auf das poli­tische Personal, das nicht zuletzt durch die kritische Beobachtung vonseiten der Medien dazu motiviert werden soll, die Reformziele zu internalisieren.117 Diese auf eine Vervollkommnung autoritären Regie­rens verkürzen würde der Komplexität der Reformen nicht gerecht. Verantwortliches und gesetzeskonformes Regierungshandeln, das der Bevölkerung zugute­kommt und von dieser auch eingefordert wird, steht durchaus im Fokus. Gleichzeitig führen größere Frei­räume naturgemäß zu mehr Unübersichtlichkeit, was den Regelungsbedarf erhöht– beispielsweise um gegen Diffamierung und gezielte Desinformation vor allem im Netz vorzugehen.118

Wohl in der Absicht, die neue Unübersichtlichkeit einzuhegen, wurde im Februar 2020 eine Stiftung zur Förderung und Entwicklung der Medien gegründet, die von dem bisherigen Leitungsteam der AIMK, Komil Allamjanov und Saida Mirziyoyeva, einer Toch­ter des Präsidenten, verwaltet wird. Im Unterschied zur AIMK, die den Status eines staatlichen Aufsichts­organs hat, ist die Stiftung als NGO registriert und soll die Entwicklung des Mediensektors durch konkrete, von privaten Geldgebern und durch Stipendien finan­zierte Projekte fördern; gedacht ist etwa an Trainings von Journalistinnen und Bloggern. Es scheint, dass die Medienstiftung eine Art Dachorganisation für den Mediensektor werden soll, die sich der Interessen der hier Aktiven annimmt, zwischen ihnen und den Behörden vermittelt und dabei Projekte, Vorhaben und Gelder an als geeignet befundene Partnerinnen und Partner im Mediensektor lanciert119 – analog zu der Bewegung Yuksalish, die den NGO-Sektor repräsen­tiert und (zumindest potentiell und in Teilen) auch absorbiert. Während Yuksalish auf Konformität der NGO-Landschaft mit den Zielen der Reformpolitik achtet, wird die Medienstiftung perspektivisch die Pressefreiheit so kanalisieren, dass die Grenze des für das Regime Wünschenswerten und Zumutbaren gewahrt bleibt.

Manchen scheinen solche Formen der Einhegung noch nicht zu genügen. So stelle das Innenministe­rium im April 2020 – unter dem Rubrum Prävention von Jugendkriminalität – den Entwurf einer Resolu­tion zur Diskussion, der die Empfehlung enthält, eine »virtuelle Gruppe patriotischer Blogger« aufzubauen, die »negative Ansichten« in sozialen Medien identifizieren und eine »Atmosphäre der Intoleranz« gegen­über solchen Ansichten kreieren soll.120 Ob es so weit kommt, bleibt abzuwarten. In Usbekistan gibt es mitt­lerweile viele aktive Bloggerinnen und Blogger, die Mirziyoyevs Politik der Öffnung begrüßen, das poli­tische Geschehen ebenso kritisch wie konstruktiv begleiten und die solche Vereinnahmungsversuche rasch publik machen.121 Sie verkörpern eben jenen Typus des engagierten, sozial und medial aktiven Bürgers, auf den die Reformpolitik setzt. Deren Legi­timität wird in einer jungen und international ori­en­tierten Öffentlichkeit nicht zuletzt davon abhängen, ob es gelingt, die autoritär-paternalistische Verein­nahmung der Szene durch Hardliner in den sicher­heitspolitisch relevanten Ressorts abzuwehren.

Außenpolitische Dimensionen der Reform

Die Außenpolitik bildet zwar keinen separaten Reformschwerpunkt, sondern fällt wie die Sicherheits-, Nationalitäten- und Religionspolitik in den fünften Bereich der Entwicklungsstrategie. Und tat­sächlich gelten hier nach wie vor die bereits unter Präsident Karimov entwickelten Parameter, also die Verpflichtung auf das Prinzip der Neutralität und eine im postsowjetischen Raum oft als multivektoral bezeichnete Politik: Angestrebt wird eine strategische Balance, die möglichst große Spielräume offenhält und ein breites Spektrum von Partnerschaften ermög­licht.122 Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied. Während es unter Karimov vor allem um die Wahrung von Unabhängigkeit, insbesondere gegen­über Russland ging, außenpolitisches Handeln somit aus einer Position der Defensive heraus erfolgte, speist sich das Bekenntnis zu außenpolitischer Neu­tralität heute aus dem offensiven Interesse an regio­naler Gestaltungsmacht und internationaler Hand­lungsfähigkeit.

Eine Schlüsselrolle spielen dabei ökonomische Aspekte. Die Modernisierung der Wirtschaft ist wesentlich von einer Dynamisierung der Handels­beziehungen und der Akquise von Investitionskapital abhängig, und die außenpolitischen Initiativen sind erkennbar auf diese Ziele gerichtet. An erster Stelle auf der außenpolitischen Agenda stand von Anfang an das regionale Umfeld.123 Hierhin lassen sich die usbekischen Exporte am ehesten steigern, und die Kooperation mit den zentralasiatischen Nachbar­ländern, besonders mit Tadschikistan und Kirgistan, hatte aufgrund von Spannungen in der Vergangen­heit gelitten. Dies hat sich unter Mirziyoyev merklich geändert. In zahlreichen offenen Fragen der Delimitation und Demarkation von Grenzen sowie des Was­ser­managements, die für das Verhältnis zu diesen bei­den Staaten von erheblicher Bedeutung sind, konnte eine Einigung erzielt werden. Die Öffnung vormals geschlossener Grenzübergänge und die Einrichtung von Flugverbindungen (mit Tadschikistan) ermög­lichen nun einen Ausbau der Wirtschafts- und Han­delsbeziehungen, der im Zentrum der regional­politischen Initiativen Usbekistans steht.124

Diese beziehen sich verstärkt auch auf Afghanistan. So hat Usbekistan eine Mittlerrolle bei den Ver­handlungen zwischen der Zentralregierung in Kabul und den Taliban übernommen und will sich am wirtschaftlichen Wiederaufbau des Landes betei­ligen. Der schon unter Karimov begonnene Ausbau von Überlandstraßen, Bahnlinien und Stromnetzen mit usbekischer Beteiligung soll fortgeführt und weiterentwickelt werden. Afghanistan ist ein wich­tiger Markt für usbekische Exporte, das gilt vor allem für Lebens- und Arzneimittel, Baumaterialien, Mine­ral­dünger, landwirtschaftliches Gerät und Elektrizität. Beide Länder sind füreinander zudem als Transit­korridor von großer Bedeutung.125

Karte

Anm.: Für die Schreibung der Toponyme wurde die im Englischen übliche Umschrift genutzt, für die Länder‑ und Hauptstadtnamen jedoch die im Deutschen übliche Schreibweise.

Zu den regionalen Großmächten Russland und China haben sich die Beziehungen ebenfalls enorm verdichtet. Russland ist nach wie vor der wichtigste strategische Partner. Dies manifestiert sich am sicht­barsten in ökonomischer Hinsicht. Im Zentrum steht dabei die Kooperation im Treibstoff- und Energie­sektor, die schon zuvor den Schwerpunkt der wirt­schaftlichen Zusammenarbeit gebildet hatte.126 Bei Putins Staatsbesuch in Usbekistan im Oktober 2018 wurden Abkommen über Wirtschaftsprojekte im Wert von 27 Milliarden US-Dollar abgeschlossen – darunter die Vereinbarung über den Bau eines Atom­kraftwerks, die auch deshalb Aufsehen erregte, weil es sich um das erste Projekt im Bereich der zivilen Nutzung von Nuklearenergie in Zentralasien handelt. Die Entwicklung der Atomenergie soll dazu beitragen, Usbekistans wachsenden Energiebedarf zu decken; die Fertigstellung des Kraftwerks, dessen Baukosten mit rund 10 Milliarden US-Dollar veranschlagt sind, ist für 2030 geplant.127 Dass China (mit 20 Prozent des usbekischen Handelsumsatzes) im Jahr 2018 Russland (mit 18 Prozent) leicht übertrumpft hat, ändert nichts an Russlands Sonderstellung, die nicht zuletzt daher rührt, dass die meisten usbekischen Arbeitsmigranten dort nach Beschäftigung suchen.128

Auch auf dem Gebiet der Militär- und Sicherheitspolitik wurde 2017 die Zusammenarbeit wieder auf­genommen. Erstmals seit 2005 führten Usbekistan und Russland 2017 wieder gemeinsame Militärübungen durch;129 zudem wurde eine Reihe verteidigungspolitischer Abkommen unterzeichnet, unter anderem über den Kauf russischer Militärausrüstung durch Usbekistan.130 Diese Intensivierung der Beziehungen hat Spekulationen genährt, Usbekistan werde erneut der Organisation des Vertrags über kollektive Sicher­heit (OVKS) beitreten, einem russisch dominierten Militärbündnis, dem neben Belarus auch Usbekistans zentralasiatische Nachbarn angehören. Taschkent hatte seine Mitgliedschaft 2012 im Zuge einer außen­politischen Neuausrichtung aufgekündigt.

Die Frage eines usbekischen Beitritts zur Eura­sischen Wirtschaftsunion (EWU) steht ebenfalls im Raum. Die 2015 gegründete Wirtschaftsgemeinschaft, die vor allem den Interessen Russlands als der stärk­sten Wirtschaftsmacht des Bündnisses nützt, ist eines von zahlreichen Integrationsprojekten auf dem Ge­biet der ehemaligen Sowjetunion, die es Russland ermöglichen, seinen politischen Einfluss in der Region zu wahren. Ob Usbekistan sich anschließen soll, ist im Land selbst umstritten.131 Vor dem Hin­ter­grund der geopolitischen Dimension der EWU würde ein Beitritt zweifellos eine außenpolitische Weichenstellung bedeuten, deren Konsequenzen für den Erfolg des Reformprojekts schwer abzusehen sind. Vermutlich aus diesem Grund hat Mirziyoyev es bis­her ver­mieden, sich bei diesem Thema festzulegen.

Außenpolitik dient der Pflege des Images als Reformstaat.

Denn für die Modernisierung und Entwicklung der Wirtschaft sind Investitionen erforderlich, bei deren Akquirierung sich Usbekistan alle Türen offen halten will. Die Volksrepublik China ist dabei zu einem stra­tegischen Partner ersten Ranges geworden. China, das unter dem konzeptionellen Dach der »neuen Seiden­straße« (Belt and Road Initiative – BRI) seine Bezie­hun­gen mit den zentralasiatischen Staaten erheblich ausgebaut hat, betrachtet Usbekistan als einen Schlüs­selpartner für den Erfolg der zentralasiatischen Kom­ponente des Projekts.132 Mittlerweile Usbekistans bedeu­tendster Handelspartner, wird China auch als Kreditgeber und Investor immer wichtiger. Der größte Anteil der nach Usbekistan fließenden ausländischen Direktinvestitionen stammt seit 2016 von dort, Ende 2019 waren rund 1 600 chinesische Firmen in Usbe­kis­tan registriert. Im Januar 2020 eröffnete China ein eigenes Büro für Wirtschaftskooperation in Tasch­kent. Es ist im Ministerium für Investitionen und Außenhandel angesiedelt und das erste dieser Art in Zentralasien.133

Chinesisches Kapital strömt in ein breites Spek­trum von Sektoren, etwa in die Stromerzeugung mittels konventioneller und erneuerbarer Energien, die petrochemische Industrie sowie die Bau- und Textilbranche. Richtungsweisend entwickelten sich inner­halb kürzester Zeit Investitionen in die digitale Infrastruktur und die Telekommunikation. Im August 2019 unterzeichnete Usbekistans staatlicher Tele­kommunikationsanbieter UMS mit dem chinesischen Hersteller Huawei eine Kreditvereinbarung über 150 Millionen US-Dollar zum Ausbau des usbekischen Mobilfunknetzes. Bereits im April hatte das usbekische Ministerium für Informationstechnologie mit einem Tochterunternehmen der CITIC Group ein milliardenschweres Abkommen geschlossen, das die Digitalisierung in staatlichen Behörden und die Einrichtung einer digitalen Überwachungsstruktur vom Typ Safe City134 zum Inhalt hat. Die Ausrüstung für das Projekt, das schon im August 2017 ins Auge gefasst worden war,135 wird ebenfalls von Huawei bereitgestellt.136

Als drittes Standbein des ökonomischen Erfolgs ist für die Regierung in Taschkent die Unterstützung durch Internationale Finanzinstitutionen und west­liche Investoren von Bedeutung. Attraktiv für Usbe­kistan sind dabei nicht nur die günstigen Kredite etwa der Weltbank, die ihr Engagement im Land seit 2016 signifikant ausgedehnt hat und das usbekische Trans­formationsprojekt durch kommerzielle Darlehen und Entwicklungshilfe von mehreren Milliarden US-Dollar unterstützt.137 Technologien und Know-how aus dem Westen genießen in Usbekistan seit jeher hohes Pres­tige, zudem dient die Zusammenarbeit mit dem Westen als strategisches Gegengewicht zur struktu­rellen Dominanz der beiden Regionalmächte – und sie ist unabdingbar für die erstrebte Anerkennung als relevanter Akteur in der internationalen Politik. Politisch-ideologische Dif­ferenzen, die die Koopera­tion in der Vergangenheit erschwerten, betrachtet man durch das in der Entwicklungsstrategie nieder­gelegte Bekenntnis zu wirtschaftlicher und politischer Öffnung jetzt als weitgehend überwunden.

Tatsächlich spielt das Bekenntnis zu liberalen Wer­ten in der Selbstdarstellung Usbekistans gegenüber westlichen Partnern eine prominente Rolle. Das Stra­te­giepapier selbst und die darin verwendete Begrifflichkeit sind nicht zuletzt ein Reflex auf die Erwartungen internationaler Geber, welche die Vergabe von Unterstützungsleistungen an die Verpflichtung zu guter Regierungsführung knüpfen. Zu den Kern­komponenten des Konzepts, das in den 1990er Jahren von der Weltbank entwickelt wurde,138 zählen der Schutz der Eigentumsrechte, eine transparente öffent­liche Verwaltung und die Rechenschaftspflicht der Exekutive bei der Nutzung öffentlicher Ressourcen – also Zielvorstellungen, die in Usbekistans Entwicklungsagenda eine zentrale Stellung einnehmen. Die Rankings des Finanzinstituts, das die Implementierung der Reformen beratend begleitet,139 bilden daher ebenso wie die Rankings und Indices anderer ein­schlägiger Institutionen und Organisationen einen wichtigen Referenzrahmen für den Erfolg von Mirzi­yoyevs Politik.

So wurde im Januar 2019 im Zusammenhang mit der Festlegung der Reformschwerpunkte für das lau­fende Jahr (»Investitionen und soziale Entwicklung«) angeordnet, innerhalb der Präsidialadministration eine eigene Abteilung für den Bereich internationale Ratings einzurichten und in Ministerien und Behör­den Verantwortliche für die Positionierung Usbekistans in den relevanten Ranglisten zu benennen. Letztere sind in dem betreffenden Erlass separat auf­geführt und umfassen alle einschlägigen Ranglisten: vom Doing Business Index der Weltbank und den Risikoklassifikationen der Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) bis hin zum Korruptionsperzeptionsindex von Transparency Inter­national, dem von der Zeitschrift The Economist erstell­ten Demokratieindex und der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen. Die bereits erwähnte AIMK soll als »PR-Zentrum, verantwortlich für die Organisation breiter Information und Pro­pa­ganda, insbesondere in Unternehmerkreisen« ent­sprechend wirken.140

Man ist sich offenbar darüber im Klaren, dass die Bereitschaft, in Usbekistan zu investieren, Vertrauen in die Nachhaltigkeit der Reformen voraussetzt und dass man im westlichen Ausland die problematischen Aspekte usbekischer Politik, etwa die nepotistischen Züge der Personalpolitik und die fehlende Unabhän­gigkeit der Justiz, sehr wohl registriert.141 Die Schaf­fung eines »positiven internationalen Images« ist folg­lich eine vordringliche Aufgabe usbekischer Außenpolitik, und man scheut weder Kosten noch Mühen, um Usbekistan als ein freies und wettbewerbsorientiertes Land mit einer »jahrhundertealten Kultur der Toleranz und Gastfreundschaft« zu präsentieren, das für Investoren und Touristen gleichermaßen attraktiv ist.142 Die Eindämmung der Zwangsarbeit, die Ent­lassung politischer Gefangener und die Schließung eines Hochsicherheitsgefängnisses, das zum Symbol für Karimovs Gewaltregime geworden war,143 haben Usbekistan denn auch Sympathien eingebracht.

Der Ertrag dieser Bemühungen lässt sich an der Aufwertung Usbekistans in den einschlägigen Ran­kings ebenso ablesen wie an der wachsenden Inves­titionsbereitschaft und der Entwicklung des Tourismus in Usbekistan.144 In Usbekistan selbst werden diese Veränderungen als Bestätigung für den Erfolg des Reformkurses von Präsident Mirziyoyev dar­gestellt. Damit steigen die Chancen auf Verstetigung seiner Politik der kontrollierten Öffnung, die den Usbeken ein besseres Leben und dem Staat inter­natio­nales Ansehen einbringen soll.

Bilanz, Perspektiven und Implikationen für die Zusammenarbeit

Usbekistan auf Reformkurs

Der Reformprozess, der auf eine Modernisierung und Liberalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft hin­aus­läuft, ist in vollem Gange. Das Strategiepapier, mit dem Präsident Mirziyoyev angetreten ist und das den Prozess der Neuerfindung Usbekistans steuert, hat in allen Bereichen des Staatswesens und der Gesellschaft eine Fülle von Aktivitäten ausgelöst. Die Aufhebung von Barrieren für Handel, Investitionen und privates Unternehmertum sowie umfassende Visa-Erleichte­rungen dynamisieren die Wirtschaft und verändern das Land sichtbar. Der Wille zur Erneuerung schlägt sich in einer umfassenden Bautätigkeit nieder und führt zu einer radikalen Umgestaltung von Städten und Landschaften, die Digitalisierung der öffent­lichen Infrastruktur ist im Begriff, die Art und Weise der Kommunikation zu revolutionieren.

Auch innenpolitisch bereitet der Reformkurs einer Liberalisierung den Weg, hin zu kontrollierter poli­tischer Partizipation und freier Meinungsäußerung, weg von Repression als Mittel der Politik. Die Ein­führung rechtsstaatlicher Prinzipien, manifest nicht zuletzt durch eine enorme Zunahme legislativer Akti­vität, sowie Reformen, die das staatliche Personal zu einer stärkeren Dienstleistungsorientierung und die Politik zu mehr Bürgernähe verpflichten, beeinflussen das innpolitische Klima merklich. Der gesellschaftliche Diskurs wird vielfältiger. Davon profitieren die internationale Reputation Usbekistans und die außenpolitische Handlungsfähigkeit des Landes. Beides wirkt sich positiv auf die Gewinnung von Investoren und internationalen Geldgebern für die wirtschaftlichen Modernisierungsprojekte aus.

Diese Politik der Öffnung bedeutete einen Bruch mit dem System Karimov, das Usbekistan in die Isolation getrieben hatte und bei vielen Usbeken ver­hasst war, das aber jahrelang von einer Elite getragen worden ist, der auch der neue Machthaber angehört hatte. Die Herausforderung für Mirziyoyev bestand deshalb darin, bei den relevanten Akteuren Unterstützung, mindestens aber Folgebereitschaft für seinen Reformkurs zu generieren, potentielle Veto­spieler entweder einzubinden oder zu neutralisieren und so die Voraussetzungen für die Nachhaltigkeit des Reformkurses zu schaffen.

Zu diesem Zweck wurde, erstens, der Sicherheitsapparat in einer Weise umstrukturiert, welche die Kompetenzen der einzelnen Zwangsbehörden klar begrenzt und gleichzeitig den Präsidenten selbst samt seiner Familie absichert. Dieser besetzte, zweitens, politische Schlüsselpositionen mit Vertrauensleuten aus der alten Zeit, darunter enge Verwandte. Darüber hinaus werden für Führungspositionen nach Möglich­keit jüngere Spezialistinnen und Spezialisten rekru­tiert, die vielfach im Ausland studiert haben, sich mit den Zielen der Reform identifizieren und ein hohes Maß an Leistungsbereitschaft mitbringen. Solche Kräfte sind aber noch in der Minderheit. In den staat­lichen Behörden dominieren Mitarbeitende, die im System Karimov sozialisiert wurden. Ihnen fehlt jene Leistungsorientierung, die zu den wichtigsten Tugen­den in Mirziyoyevs Usbekistan zählt und die der Prä­sident auch von den Staatsbediensteten erwartet. Durch Schulungen und eine aktive Nachwuchsförde­rung versucht man daher, möglichst rasch Abhilfe zu schaffen.

Drittens sollen gesellschaftliche Veränderungen die Reform verstetigen. Mit den liberalen Schlüsselkonzepten Offenheit, Dialog und Partizipation wird hier um Vertrauen geworben. Anders als früher wer­den die Usbekinnen und Usbeken jetzt ermutigt, ihre Meinung zu sagen und sich für ihre Interessen ein­zusetzen, und anders als früher sollen Politik und Verwaltung sich nunmehr an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren und diese ernst nehmen – so will es das Reformkonzept. Umgekehrt wird von der Bevölkerung erwartet, dass sie sich am Umbau des Landes aktiv beteiligt. Der Partizipationsbegriff ist im Kontext der Reformpolitik weniger Angebot denn Aufforderung an die Bürgerinnen und Bürger, die Reformen zu akzeptieren, sich für die Umsetzung zu engagieren und notfalls die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen.

Von großer Bedeutung für die usbekische Reformpolitik ist außerdem das regionale und internationale Umfeld. Das Ziel einer Modernisierung der Wirtschaft ist ohne ausländische Investitionen nicht zu errei­chen. Um den Reformkurs und seine Nachhaltigkeit abzusichern, braucht es rasche, sichtbare Veränderungen, die als Erfolge präsentiert werden können. Die Außenpolitik ist daher stark darauf fokussiert, Usbekistan für Investoren attraktiv zu machen und das Land als berechenbaren Partner von internatio­nalem Rang zu präsentieren. »Es gibt keinen Weg zurück«, versichert die usbekische Führung sowohl dem hei­mischen Publikum als auch den ausländischen Inves­toren145 – bislang mit Erfolg.146

Grenzen der Transformation

Die Weichen für einen Pfadwechsel sind also gestellt. Doch was dieser perspektivisch für Usbekistan bedeu­tet, ist nach wie vor offen. Die im Reformkonzept verfolgte selektive Liberalisierung kann zu einer weite­ren Öffnung führen, die schließlich auch die politi­schen Institutionen erfasst und einer Demo­kratisierung den Weg bereitet. Sie kann aber auch in einen »aufgeklärten Autoritarismus« münden, der marktwirtschaftliche Strukturen mit einer effektiven und gesetzeskonformen Regierungsführung verbindet, kontrollierte politische Teilhabe ermöglicht, aber echten politischen Wettbewerb unterbindet. Vieles spricht dafür, dass letztere Option die künftige Ent­wicklung Usbekistan prägen wird. Denn es zeigen sich starke Beharrungskräfte, die den Wandel hin zu einer offenen, an rechtsstaatlichen Prinzipien orien­tier­ten Gesellschaft behindern.

Das zeigt sich beispielsweise an intransparenten Praktiken bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, besonders offenkundig im Bausektor, die mit massi­ven Rechtsverstößen einhergehen – und an die klientelistische Aneignung von Ressourcen erinnern, die für die politische Ökonomie der Ära Karimov kennzeichnend war. So werden Bauvorhaben, die im Zusammenhang mit der Tourismusförderung stehen, vielfach in großer Eile und ohne Rücksicht auf die geltende Gesetzgebung durchgepeitscht, obwohl sie dem historischen Erbe irreparable Schäden zufügen. Auch bei der Umsetzung der von der Weltbank geförderten Regierungsprogramme »Blühendes Dorf« und »Blühende Nachbarschaft«, die den Privatsektor fördern sollen und einen Bauboom in den Städten und Dörfern des Landes ausgelöst haben, werden gesetzliche Vorgaben regelmäßig missachtet und Eigentumsrechte verletzt. Oft wird die Räumung von Privatbesitz sogar mit physischer Gewalt erzwungen. In allen Fällen geschehen die Rechtsverstöße mit Billigung oder auf Betreiben der Verwaltungschefs.147 Nachdem mehrere solcher Fälle publik wurden, dis­tanzierte sich Präsident Mirziyoyev öffentlichkeitswirksam von den Hokimen, beließ sie aber im Amt.148

An den institutionellen Grundlagen, die den Macht­missbrauch durch die lokalen Eliten ermög­lichen, möchte man offenbar nicht rütteln. Das geltende Gesetz sieht zwar vor, dass die Hokime nunmehr von den Kommunalparlamenten gewählt werden, doch geschieht dies nach vorhergehenden »Konsultationen« mit dem Präsidenten, der somit unmittelbar auf die Personalie Einfluss nimmt. In Ermangelung wirksamer Mechanismen zur Gewal­tenkontrolle ist es, so muss man konzedieren, nach wie vor der Präsident, der entscheidet.

Die Beharrungskräfte der alten Ordnung werden auch mit Blick auf das Parlament und die politischen Parteien deutlich. Die Parlamentswahlen vom De­zem­ber 2019 sind dafür ein gutes Beispiel. Der Wahlkampf selbst verlief zwar deutlich lebhafter und par­tizipativer als bei früheren Wahlen, ließ aber wenig Raum für echten politischen Wettbewerb.149 Zudem waren nur jene fünf Parteien zugelassen, die schon unter Karimov gegründet worden waren, um dem politischen System einen pluralistischen Anstrich zu verleihen. Programmatisch unterscheiden sie sich nur in Nuancen, und keine von ihnen trat mit einer regie­rungskritischen Agenda an. Auch das Wahlergebnis brachte kaum Überraschungen. Jede der fünf Parteien erhielt etwa dieselbe Anzahl von Stimmen wie bei den Wahlen im Jahr 2014, so dass die parteipolitische Zusammensetzung des Parlaments praktisch un­verändert geblieben ist. Allerdings ist mehr als die Hälfte der Abgeordneten zum ersten Mal dabei, und das Parlament ist insgesamt jünger und weiblicher geworden.150

Ob sich die Parlamentsarbeit dadurch dynamisieren wird, ist gleichwohl fraglich. Denn trotz der jüng­sten Gesetzesänderungen zur Kompetenzerweiterung des Parlaments (siehe oben, S. 13) spielt dieses bei der politischen Entscheidungsfindung nur eine unter­geordnete Rolle und fungiert in der Mechanik des legis­lativen Prozesses vor allem als ausführendes Organ, das Vorgaben der Exekutive umsetzt. Zwar soll es dem Präsidenten zufolge »Initiator der Reformen« sein und deren Umsetzung durch legislatorische Initia­tiven vorantreiben.151 Gemeint ist damit aber stets: im Rahmen der Reformagenda, deren Geltung nicht zur Debatte steht. In dieser Funktion, gleichsam als Teil der Exekutive, werden die Parlamentarierinnen und Parlamentarier vom Präsidenten als dem ober­sten Repräsentanten der neuen Staatsdoktrin über ihre Aufgaben belehrt und mit Handlungs­anweisungen versorgt.

Das Erbe der Vergangenheit manifestiert sich nicht zuletzt im Umgang mit Kritik und Dissens. Zwar wer­den die Bürgerinnen und Bürger zu freier Meinungsäußerung und zivilem Engagement ermutigt, und die Medienlandschaft hat sich in der Tat sichtlich libera­lisiert. Doch wird erwartet, dass die Akteure dabei dem Skript folgen, das durch die Reformagenda und deren Auslegung seitens offizieller Organe vorgegeben ist. Um dies sicherzustellen, initiieren diese die Grün­dung von »NGOs«, die dafür sorgen, dass die Freiheit des Wortes im gewünschten Sinne genutzt wird und das bürgerliche Engagement überschaubar bleibt.152 Wendet sich die Kritik in eine unerwartete – und dies bedeutet zumeist: unerwünschte – Richtung, dann zeigen sich rasch die Grenzen der neuen bür­gerlichen Freiheiten. In solchen Fällen wird auch offenbar, dass die jahrzehntelang erprobten Mechanismen repressiver Disziplinierung nach wie vor An­wendung finden. So zählt die Folter bis heute zum usbekischen Gefängnisalltag.153

Ein neuer autoritärer Gesellschaftsvertrag?

Während der offizielle Reformdiskurs liberale Ord­nungsvorstellungen beschwört, sind es nach wie vor die Prinzipien des autoritären Gesellschaftsvertrags, die das Handeln der Akteure bestimmen. Zu diesen Prinzipien zählt die Verbindlichkeit vertikaler Befehls­ketten, die Gehorsam honorieren und Initia­tive aufseiten der Herrschaftssubjekte nur gutheißen, solange sie den offiziellen Direktiven folgen. Diese Befehlsketten laufen immer auf den Präsidenten zu, dem die Verfassung nach wie vor umfängliche Voll­machten einräumt, der per Dekret die Richtlinien der Politik vorgibt und als oberster Repräsentant der Polis dafür einsteht, dass deren Gesicht gewahrt bleibt. Das Image des Reformstaats, verkörpert durch den Prä­si­denten – das ist die Richtschnur des politisch Kor­rek­ten und moralisch Wünschenswerten.154

Diese Orientierung am Image erklärt, dass institutionelle Akteure immer wieder auf Praktiken zurück­greifen, die nicht zum offiziellen Reformprogramm passen wollen. So wurde im April 2020 bekannt, dass das Personal an Schulen von den Vorgesetzten auf­gefordert wurde, in massenhaften Kurznachrichten das staatliche Krisenmanagement im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu rühmen und dem Prä­sidenten persönlich dafür zu danken. Auch die Eltern der Schüler wurden als Propagandamedien zur Wei­ter­verbreitung der Kurznachrichten instrumentalisiert.155

Andere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Pandemie lassen ebenfalls darauf schließen, dass das Erbe der Ära Karimov prä­gender ist, als es der Reformdiskurs und die davon beeinflusste Außenwahrnehmung nahelegen. So hat man, um die mit der Bekämpfung der Pandemie ver­bundenen wirtschaftlichen Einbußen zu kompensieren, planwirtschaftliche Regulierungsinstrumente wieder in Kraft gesetzt, die eigentlich sukzessive ab­geschafft werden sollten. Das gilt etwa für die Fest­legung von Quoten für den Anbau bestimmter Agrar­produkte. Auch altbekannte Methoden der Informa­tionskontrolle kamen in der Krise wieder zum Tragen.156

Das besser erprobte Repertoire an Handlungsoptio­nen stammt aus der Vergangenheit, und damit könn­ten jene Akteure an Gewicht gewinnen, die dem neuen Kurs skeptisch oder ablehnend gegenüberstehen: die Vertreter des alten Systems in den staatlichen Res­sorts und die ökonomischen Verlierer der Reform. Dazu zählen beispielsweise jene, die im Zuge der Moder­nisierung von Dörfern und Stadtteilen enteig­net wurden, ohne angemessene Entschädigung zu erhalten, oder die Masse der Arbeitsmigranten, die im Zuge der Pandemie in der Russischen Föderation arbeitslos wurden und jüngst nach Usbekistan zu­rück­kehrten. Dort ist das Leben in den letzten Jahren allerdings erheblich teurer geworden, der Arbeitsmarkt aber bietet ihnen nach wie vor keine Perspektive.157 Sollte es in diesem Zusammenhang auch nur sporadisch zu Unruhen kommen, so ist auch in dem reformorientierten Usbekistan der Gegenwart nicht auszuschließen, dass die öffentliche Ordnung unter Einsatz von Gewalt gesichert wird. Insbesondere in den Strafverfolgungsbehörden ist der Geist der alten Zeit noch sehr lebendig, werden nach wie vor brutale Zwangsmethoden mit Billigung der Vorgesetzten eingesetzt.158

Das Tempo bei der Umsetzung der ökonomischen Reformen, die legislatorische Aktivität und die Dring­lich­keit der präsidialen Appelle verdecken die Per­sistenz der alten Strukturen. Den usbekischen Refor­mern gelten diese als Relikte einer Zeit, die man mög­lichst schnell überwinden möchte und die über die künftige Entwicklung nicht entscheiden. Auch die außenpolitischen Adressaten der usbekischen Reform­politik bevorzugen eine solche Sichtweise. Doch zu­mindest mittelfristig ist davon auszugehen, dass die Gleichzeitigkeit unterschiedlicher, ja widersprüch­licher Ordnungsvorstellungen, Regeln und Praktiken die Richtung der Transformation Usbekistans be­stimmt und die Mechanismen der alten Ordnung vor allem in Krisensituationen aufleben werden.

Handlungsempfehlungen

Der deutschen und europäischen Politik bieten sich zahlreiche Ansatzpunkte für die Zusammenarbeit mit Usbekistan. Diese sollte grundsätzlich darauf gerich­tet sein, die Entwicklung hin zu einer offenen Gesell­schaft zu unterstützen. Dabei sind vier Felder beson­ders relevant. Sie alle beziehen sich auf den Bereich I der Entwicklungsagenda, der das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft betrifft und damit unmittelbar den Kern des autoritären Gesellschaftsvertrags.

  • Der »Dialog« mit der Bevölkerung. Bis dato ist diese Kommunikation noch stark von einem paternalistischen Top-down-Ansatz geprägt, bei dem der Staat vorgibt, was die Bürgerinnen und Bürger wollen sollen. Sie sollen sich engagieren, aber nur in den dafür vorgesehenen Formaten. Sie sollen neue Ideen entwickeln, aber nur zu vorgegebenen Themen. Sie sollen kritisch sein, müssen aber mit Sanktionen rechnen, wenn sie dabei heikle Bereiche berühren. Diese Widersprüche gilt es gegenüber den usbekischen Partnern zu thematisieren und sie dazu zu ermutigen, echte Teilhabe und selbstbestimmtes bürgerliches Engagement zuzulassen, es vor staatlichen Vereinnahmungsversuchen zu schützen und Kritik an Missständen nicht nur zu dulden, sondern tatsächlich zu honorieren. Außerdem sollte man Möglichkeiten suchen, un­abhängige Stimmen in Usbekistan zu unterstützen, etwa durch Bildungspartnerschaften und Kooperationen im Bereich der Medien.

  • Die Kooperation mit den politischen Parteien. Der Aus­bau des politischen Wettbewerbs wird in der Reformagenda und auch vom Präsidenten selbst ausdrücklich angemahnt. Zwar kann sich dieser Wettbewerb nur innerhalb eines eng gesteckten Rahmens entfalten, doch gibt es durchaus Spielräume – etwa im Hinblick auf die Schärfung der politischen Programmatik der einzelnen Parteien und deren Bezug zu den Interessen der Wählerinnen und Wähler. Namentlich für die politischen Stiftungen tut sich hier ein Betätigungsfeld auf. Die nächsten Parlamentswahlen, anberaumt für Ende 2024 oder Anfang 2025, wären die Horizontlinie, an der sich die Zusammenarbeit dabei orientieren könnte. Nicht zuletzt an diesen Wahlen wird sich ablesen lassen, wie viel politischen Wett­bewerb Usbekistans Reformpolitik verträgt.

  • Die parlamentarische Zusammenarbeit. Hier geht es erstens darum, die Parlamentarierinnen und Par­lamentarier in ihrer legislativen Kompetenz zu bestärken, die kritische Debatte von Gesetzesvorlagen anzuregen und deren Bezug zu den Interessen der Wählerinnen und Wähler sicherzustellen, wie sie sich in den einschlägigen Online-Portalen arti­kulieren. Zweitens lässt sich die Kontroll- und Auf­sichtsfunktion des Parlaments gegenüber der Exe­kutive, die der Präsident bei seinem Auftritt vor der neu zusammengesetzten Olij Mazhlis im Januar 2020 selbst angesprochen hat,159 durch eine gezielte Kooperation mit parlamentarischen Ausschüssen unterfüttern. Auch Hilfestellungen durch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags wären denkbar. In welcher Form auch immer: Die Zusam­menarbeit sollte jedenfalls darauf zielen, das Par­lament in seiner Unabhängigkeit gegenüber der Regierung und dem Präsidenten zu stärken, so dass es sich in einen Ort der genuinen Debatte über politische Alternativen entwickeln kann.

  • Die Einbeziehung der kommunalen Ebene. Die Stimmen mehren sich, die sich dafür aussprechen, den der­zeitigen Modus bei der Wahl der Provinzgouverneure zu ändern; diese sollten von der Bevölkerung direkt gewählt werden. Der Präsident selbst hatte sich bereits 2016 für eine solche Änderung ausgesprochen,160 um die Macht der lokalen Verwaltungschefs einzuhegen und ihre Rechenschaftspflicht gegenüber der Bevölkerung zu erweitern. Die bisher dazu unternommenen Maßnahmen sind offensichtlich unzureichend. Die Verabschiedung eines neu gefassten »Gesetzes über die Lokalregierungen«, das den lokalen Parlamenten die Möglichkeit einräumt, Amtsenthebungsverfahren gegen die Hokime zu initiieren, wäre daher ein wichtiger Schritt nach vorn. In jedem Fall sollte nach Wegen gesucht werden, den lokalen Parlamenten und der Zivilgesellschaft gegenüber den mächtigen Hokimen mehr Gewicht zu verschaffen. Den Prinzipien der guten Regierungsführung und des Respekts vor dem Gesetz, die in Usbekistans Reformagenda eine so prominente Rolle spielen, würde damit zweifellos ein guter Dienst erwiesen.

Abkürzungen

AIMK

Agenstvo Informacii i Massovych Kommu­nikacij (Agentur für Information und Massenkommunikation)

ARGOS

Agenstvo Razvitija Gosudarstvennoj Služby (Agentur für die Entwicklung des Staats­dienstes)

BBC

British Broadcasting Corporation

BRI

Belt and Road Initiative

BTI

Bertelsmann Transformation Index

CACI

Central Asia – Caucasus Institute (Washing­ton, D.C., The Johns Hopkins University, Paul H. Nitze School of Advanced Inter­national Studies)

CITIC Group

China International Trust and Investment Corporation

CNN

Cable News Network

DSC

Development Strategy Center

EWU

Eurasische Wirtschaftsunion

FAO

Food and Agriculture Organization of the United Nations

GoNGO

Government organized NGO

GSBP

Gosudarstvennaja Služba Bezopasnosti Prezi­denta (Staatlicher Sicherheitsdienst des Präsidenten)

Nato

Northern Atlantic Treaty Organization

NGO

Non-governmental Organisation

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development

OSCE/ODIHR

Organisation for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights

OVKS

Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit

RFE/RL

Radio Free Europe/Radio Liberty

SGB

Služba Gosudarstvennoj Bezopasnosti (Staatlicher Sicherheitsdienst)

SNB

Služba Nacional’noj Bezopasnosti (Nationaler Sicherheitsdienst)

SSR

Sozialistische Sowjetrepublik

UNCTAD

United Nations Conference on Trade and Development

USAID

The United States Agency for International Development

Endnoten

1

 Andrea Kendall-Taylor/Erica Frantz, »How Autocracies Fall«, in: The Washington Quarterly, 37 (2014) 1, S. 35–47 (42).

2

Andrew Stroehlein, »Why Uzbekistan Matters«, CNN, 18.10.2011, <https://globalpublicsquare.blogs.cnn.com/ 2011/10/18/why-uzbekistan-matters/>; Johannes Dell, »Lifeless Uzbek Election Hides Power Struggle«, BBC, 27.3.2015, <https://www.bbc.com/news/world-asia-31798756>; Abdujalil Abdurasulov, »Intrigue and Power Games as Uzbek Leader Ails«, BBC, 1.9.2016, <https://www.bbc.com/news/world-asia-37241645> (sämtlich eingesehen am 30.6.2020).

3

 Abdujalil Abdurasulov, »After Karimov: How Does the Transition of Power Look in Uzbekistan?«, BBC, 13.10.2016, <https://www.bbc.com/news/world-asia-37608869> (eingese­hen am 30.6.2020).

4

 Dieses Amt wurde vom Obersten Sowjet der Usbekischen SSR im März 1990 neu eingeführt; Nikolaj A. Borisov, Prezi­denstvo na postsovetskom prostranstve: processy genezisa i transformacij [Das Präsidentenamt im postsowjetischen Raum: Pro­zesse der Genese und Transformation], Moskau 2018, S. 32ff.

5

 Constitution of the Republic of Uzbekistan, <http://www.ksu.uz/ en/page/index/id/7> (eingesehen am 30.6.2020).

6

 Die offizielle Biographie von Präsident Mirziyoyev findet sich auf der Website der usbekischen Auslandsvertretungen, hier: <https://www.uzbekistan.de/de/nachrichten/ nachrichten/lebenslauf-des-pr%c3%a4sidenten-der-republik-usbekistan> (eingesehen am 30.6.2020).

7

 So ein von Wikileaks veröffentlichtes Telegramm der amerikanischen Botschaft in Taschkent vom August 2008: <https://wikileaks.org/plusd/cables/08TASHKENT977_a.html> (eingesehen am 30.6.2020).

8

 Dell, »Lifeless Uzbek Election Hides Power Struggle« [wie Fn. 2]; Abdurasulov, »Intrigue and Power Games« [wie Fn. 2].

9

 »Informacionnoe soobščenie o sovmestnom zasedanii Zakonodatel’noj palaty i senata Olij Mažlisa Respubliki Uz­bekistan« [Information über die gemeinsame Sitzung von gesetzgebender Kammer und Senat des Parlaments der Repu­blik Usbekistan], 8.9.2016, <https://www.gov.uz/ru/news/ view/7246> (eingesehen am 30.6.2020).

10

 Organisation for Security and Co-operation in Europe/ Office for Democratic Institutions and Human Rights (OSCE/ ODHIR), Republic of Uzbekistan, Early Presidential Election 4 Decem­ber 2016, OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report, Warschau, 21.3.2017, <https://www.osce.org/office-for-democratic-institutions-and-human-rights/elections/uzbekistan/ 306451?download=true> (eingesehen am 30.6.2020).

11

 Ebd., S. 11f.

12

 So etwa auf der erweiterten Sitzung des Minister­kabinetts am 15.1.2017: Kritičeskij analiz, zhestkaja disciplina I per­sonal’naja otvetstvennost’ dolžny stat povsednevnoj normoj v deja­tel’nosti každogo rukovoditelja [Kritische Analyse, strenge Diszi­plin und persönliche Verantwortung müssen zur all­täglichen Norm jeder Führungspersönlichkeit werden], <https://president.uz/ru/lists/view/187> (eingesehen am 30.6.2020).

13

 Ein Kurzfilm der Islom-Karimov-Stiftung vom 8.5.2019 bietet exemplarische Eindrücke: <https://www.youtube.com/ watch?v=dVtCwO6yc3E> (eingesehen am 30.6.2020).

14

 Dazu im Einzelnen: Andrew F. March, »The Use and Abuse of History: National Ideology‹ as Transcendental Object in Islam Karimov’s Ideology of National Independ­ence‹«, in: Central Asian Survey, 21 (2002) 4, S. 371–384 (374ff).

15

 In den Berichten von Freedom House wurde Usbekistan bis zuletzt eingestuft als »consolidated authoritarian«, vgl. Freedom in the World 2018: Uzbekistan, <https://www.refworld. org/docid/5b2cb8386.html> und Freedom in the World 2019: Uzbekistan, <https://www.justice.gov/eoir/page/file/1151971/ download> (beide eingesehen am 30.6.2020).

16

 Kobil Ruziev/Dipak Ghosh/Sheila C. Dow, »The Uzbek Puzzle Revisited: An Analysis of Economic Performance in Uzbekistan since 1991«, in: Central Asia Survey, 26 (2007) 1, S. 7–30 (12).

17

 Ebd., S. 8–11.

18

 Lawrence P. Markowitz, »Rural Economies and Leadership Change in Central Asia«, in: Central Asian Survey, 35 (2016) 4, S. 514–530.

19

 Ders., »Beyond Kompromat. Coercion, Corruption, and Deterred Defection in Uzbekistan«, in: Comparative Politics, (Oktober 2017), S. 103–121 (112f).

20

 Ebd., S. 111f.

21

 Ebd., S. 114–116.

22

 Barbara Junisbai, »Improbable but Potentially Pivotal Oppositions: Privatization, Capitalists, and Political Contestation in the Post-Soviet Autocracies«, in: Perspectives on Politics, 10 (Dezember 2012) 4, S. 891–916 (901).

23

 Ebd., S. 905.

24

 Tommaso Trevisani, »The Reshaping of Cities and Citi­zens in Uzbekistan: The Case of Namangan’s ›New Uzbeks‹«, in: Madeleine Reeves/Johan Rasanayagam/Judith Beyer (Hg.), Ethnographies of the State in Central Asia: Performing Politics, Bloo­mington 2014, S. 243–260.

25

 The World Bank, Uzbekistan: On the Path to High-Middle-Income Status by 2030, 13.4.2016, <https://www.worldbank. org/en/results/2016/04/13/uzbekistan-on-the-path-to-high-middle-income-status-by-2050.print> (eingesehen am 1.7.2020); Mamuka Tsereteli, »The Economic Modernization of Uzbekistan«, in: S. Frederick Starr/Svante E. Cornell (Hg.), Uzbekistan’s New Face, London 2018, S. 82–114 (85f).

26

 Sergej Abašin, »Entsowjetisierung und Erinnerungs­politik in Zentralasien«, in: Jahrbuch für historische Kommunismusforschung, (2014), S. 125–138; March, »The Use and Abuse of History« [wie Fn. 14].

27

 Trevisani, »The Reshaping of Cities and Citizens« [wie Fn. 24], S. 249f.

28

 Ruziev et al., »The Uzbek Puzzle« [wie Fn. 16], S. 15f; siehe auch Human Development Report: Inequalities in Human Development in the 21st Century. Briefing Note for Countries on the 2019 Human Development Report. Uzbekistan, <http://hdr.undp. org/sites/all/themes/hdr_theme/country-notes/UZB.pdf> (eingesehen am 1.7.2020).

29

 Trevisani, »The Reshaping of Cities and Citizens« [wie Fn. 24], S. 247f.

30

 Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), Gender, Agriculture and Rural Development in Uzbekistan, Budapest 2019, S. 15f, <http://www.fao.org/3/ ca4628en/ca4628en.pdf>; Evgeniy Abdullaev, Labour Migra­tion in the Republic of Uzbekistan: Social, Legal and Gender Aspects, Taschkent 2008, <http://www.gender.cawater-info.net/ publications/pdf/labour-migration-uzbekistan-en.pdf> (beide eingesehen am 1.7.2020).

31

 Ruziev, »The Uzbek Puzzle« [wie Fn. 16], S. 25; Bertels­mann Transformation Index (BTI), Uzbekistan Country Report 2018, S. 21, <https://www.bti-project.org/content/en/down loads/reports/country_report_2018_UZB.pdf> (eingesehen am 15.7.2020).

32

 Ruziev, »The Uzbek Puzzle« [wie Fn. 16], S. 25f; International Crisis Group, Uzbekistan: The Andijon Uprising, Bishkek/ Brüssel, 25.5.2005 (Asia Briefing Nr. 38), S. 8f, <https://d2071 andvip0wj.cloudfront.net/b38-uzbekistan-the-andijon-uprising.pdf> (eingesehen am 1.7.2020).

33

 Martha Brill Olcott, »Uzbekistan: A Decaying Dictatorship Withdrawn from the West«, in: Robert I. Rotberg (Hg.), Worst of the Worst: Dealing with Repressive and Rogue Nations, Washington, D.C., 2007, S. 250–268.

34

 Andrea Schmitz, Jenseits von Afghanistan, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, April 2010 (SWP-Aktuell 32/2010).

35

 Zum Stellenwert von Erlassen: OSCE/ODIHR, Preliminary Assessment of the Legislative Process in the Republic of Uzbekistan, Warschau, 11.12.2019, S. 38, <https://www.legislationline. org/download/id/8517/file/364_11Dec2019_en.pdf> (ein­gesehen am 1.7.2020).

36

 Ukaz Prezidenta Respubliki Uzbekistan: O Strategii Dejstvij po dalnejšemu razvitiju Respubliki Uzbekistan [Erlass des Präsiden­ten der Republik Usbekistan über die Entwicklungsstrategie für Usbekistan], Dok.Nr. UP-4947, 7.2.2017, <https://lex.uz/ docs/3107042#3108077> (eingesehen am 1.7.2020).

37

 Strategija Dejstvij po pjati prioritetnym napravlenijam razvitija Respubliki Uzbekistan v 2017–2021 godach [Entwicklungsstrate­gie der Republik Usbekistan für 2017–2011], Anhang 1 zu Ukaz Prezidenta Respubliki Uzbekistan: Strategii Dejstvij [wie Fn. 36].

38

 Der Schwerpunkt für 2017 (»Dialog mit der Bevölkerung und Interessen der Menschen«) ist in dem Strategiepapier bereits vorgegeben. Die Schwerpunkte für 2018 (»Unterstützung aktiver Unternehmer, innovativer Ideen und Techno­logien«), 2019 (»Förderung von Investitionen und sozialer Entwicklung«) und 2020 (»Wissenschaft, Bildung und digi­tale Ökonomie«) wurden sukzessive definiert und als Präsi­dialerlasse publiziert: <https://lex.uz/docs/3516841> (Programm 2018), <https://lex.uz/ru/docs/4168757> (Programm 2019), <https://lex.uz/ru/docs/4751567> (Programm 2020) (alle eingesehen am 1.7.2020).

39

 Exemplarisch sei auf die Verordnung über das Staatsprogramm zur ländlichen Entwicklung für das Jahr 2009 mit ausführlichem Maßnahmenkatalog verwiesen: <https:// lex.uz/docs/1437234> (eingesehen am 1.7.2020).

40

 Andrew F. March, »From Leninism to Karimovism: Hegemony, Ideology, and Authoritarian Legitimation«, in: Post-Soviet Affairs, 19 (2003) 4, S. 307–336 (316).

41

 Islam A. Karimov, Uzbekistan: The Road of Independence and Progress, Taschkent 1992, S. 16, 36–40.

42

 Economist Intelligence Unit, Country Report Uzbekistan 2nd Quarter 2019, 30.7.2019, S. 6; German Economic Team, Usbekistan, Newsletter, Ausgabe 01, Juli/August 2019, 1.8.2019, <https://www.get-usbekistan.de/de/get_uzb_nl_01_ 2019_de/> (eingesehen am 2.7.2020).

43

 Virtual’naja Priemnaja Prezidenta [Virtueller Empfang des Präsidenten], <https://pm.gov.uz/ru> (eingesehen am 2.7.2020).

44

Mening Fikrim [Meine Meinung], <https://meningfikrim.uz> (eingesehen am 2.7.2020).

45

 Siehe <https://regulation.gov.uz/ru> (eingesehen am 2.7.2020).

46

 Strategija Dejstvij po pjati prioritetnym napravlenijam [wie Fn. 37].

47

 2016 wurden 47 Erlasse und 84 Anordnungen heraus­gegeben, 2017 waren es 137 und 364; in den Folgejahren sanken die Zahlen wieder geringfügig. Für die quantitative und thematische Analyse der Rechtsakte danke ich Belinda Nüssel.

48

 OSCE/ODIHR, Preliminary Assessment [wie Fn. 35], S. 40f.

49

 Ukaz Prezidenta Respubliki Uzbekistan: Ob utverždenii koncepcii soveršenstvovanija normotvorčeskoj dejatelnosti [Erlass des Präsi­denten der Republik Usbekistan: Über die Bestätigung einer Konzeption zur Verbesserung der Normgebung], Dok.-Nr. UP-5505, 8.8.2018, <https://lex.uz/ru/docs/3858812> (eingesehen am 2.7.2020).

50

 OSCE/ODIHR, Preliminary Assessment [wie Fn. 35], S. 45f.

51

 Rasporjaženie Prezidenta Respubliki Uzbekistan Ob organizacionnych merach po realizacii Strategii Dejstvij po pjati prioritetnym napravlenijam razvitija Respubliki Uzbekistan v 2017–2021 godach [Verordnung des Präsidenten der Republik Usbekistan: Über organisatorische Maßnahmen zur Realisierung der Entwicklungsstrategie für Usbekistan 2017–2011], Dok.-Nr. R-4849, 14.2.2017, <https://lex.uz/ru/docs/3114490> (eingesehen am 2.7.2020).

52

 So der Direktor des DSC bei Gesprächen im Februar 2020 in Berlin.

53

 Die Homepage des DSC bietet eine Zusammenschau der Aktivitäten seit 2017: <https://strategy.uz/> (eingesehen am 2.7.2020).

54

 Exemplarisch: Development Strategy Center, The Time of Development: 2019. Outcomes for January–September 2019, Online-Version in <https://strategy.uz/index.php?news= 709&lang=en> (eingesehen am 2.7.2020).

55

 Strategija Dejstvij po pjati prioritetnym napravlenijam [wie Fn. 37].

56

 Shawn Snow, »After Islam Karimov, What Next? Uzbe­kistan’s Succession Question«, The Diplomat, 30.8.2016, <https://thediplomat.com/2016/08/after-islam-karimov-what-next-uzbekistans-succession-question/> (eingesehen am 2.7.2020).

57

 Amtliche Bezeichnung: Nationaler Sicherheitsdienst (Služba Nacional’noj Bezopasnosti, SNB).

58

 Siehe oben, S. 12.

59

 Snow, »After Islam Karimov« [wie Fn. 56].

60

 Die Rechtsakte über personelle Veränderungen, zumeist Dekrete (ukaz) und Erlasse (postanovlenie), sind verzeichnet in: <https://lex.uz> (eingesehen am 2.7.2020).

61

 »Hundreds Fired from Uzbek Finance Ministry after President’s Criticism«, Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL), 27.12.2017, <https://www.rferl.org/a/uzbekistan-finance-ministry-mass-firing-after-president-criticism/28942439. html> (eingesehen am 3.7.2020).

62

 »Prezident provel zasedanie Soveta Bezopasnosti« [Der Präsident hielt eine Sitzung des Sicherheitsrats ab], Gazeta, 11.1.2018, <https://www.gazeta.uz/ru/2018/01/11/security-council/> (eingesehen am 3.7.2020).

63

 »Zokiržon Almatov korruptsiyaga qarši kurašadi« [Zokir­jon Almatov hat der Korruption den Kampf angesagt], Kun, 21.12.2016, <https://kun.uz/news/2016/12/21/zokirzon-almatov-korrupciaga-karsi-kurasadi>; »Zakiržon Almatov naznačen sovetnikom glavy MVD« [Zakirzhon Almatov zum Berater des Innenministers ernannt], Gazeta, 27.2.2018, <https://www.gazeta.uz/ru/2018/02/27/mvd/> (beide eingesehen am 3.7.2020).

64

 »Uzbekistan: Security Services Lose Elite Units«, Eurasianet, 7.2.2018, <https://eurasianet.org/uzbekistan-security-services-lose-elite-units> (eingesehen am 3.7.2020).

65

 Einzelheiten in Anna Kozyrova, »Ispugannye i Razoren­nye. Nasledie Inoyatova izgonjajut iz silovych struktur Uzbe­kistana« [Die Geängstigten und die Ruinierten. Das Erbe Inoyatovs wird aus den Sicherheitsbehörden Usbekistans vertrieben], Fergana, 9.3.2018, <https://www.fergananews. com/articles/9843>; Rafael Sattarov, »Vidimost’ Ljustracii. Začem vlasti Uzbekistana načali massovye čistki silovikov« [Anschein einer Lustration. Warum die Machthaber Usbe­kistans eine Massensäuberung der Sicherheitsbehörden be­gonnen haben], Moskovskij Centr Karnegi, 28.9.2018, <https:// carnegie.ru/commentary/77365> (beide eingesehen am 3.7.2020).

66

 Alisher Ilchamov, »Političeskaja sistema Uzbekistana vse ešče pokoitsja na neformal’noj tabeli o rangach« [Das poli­tische System Usbekistans ruht immer noch auf einer informellen Rangtabelle], Azijs’kij Monitor, 29.10.2019, <https://cacds.org.ua/?p=8160> (eingesehen am 3.7.2020).

67

 »Nazad v Buduščee. Začem sodtrudnikov SGB Uzbekistana sdelali neprikosvennymi« [Zurück in die Zukunft. Wozu Immunität für die Mitarbeiter des Staatlichen Sicherheitsdienstes Usbekistans?], Fergana, 10.4.2018, <https://www. fergananews.com/articles/9893>. Das Gesetz vom 5.4.2018 findet sich unter der Signatur SRU-471 in der Datenbank des Justizministeriums <https://lex.uz> (beide eingesehen am 3.7.2020).

68

 »Eks-glava specslužb Uzbekistana progovoren k 18 godam tjurmy« [Ex-Geheimdienstchef von Usbekistan zu 18 Jahren Haft verurteilt], Radio Ozodlik, 28.9.2019, <https://rus. ozodlik.org/a/30187741.html> (eingesehen am 3.7.2020).

69

 Sattarov, »Vidimost’ Ljustracii« [wie Fn. 65]; Kozyrova, »Ispugannye i Razorenny« [wie Fn. 65]; Aziz Jakubov, »Snova ›Bol’šoj Brat’‹. Zajmet li genprokuratura Uzbekistana mesto Karimovskoj SNB« [Wieder ein ›Großer Bruder‹. Übernimmt die Generalstaatsanwaltschaft Usbekistans den Platz von Karimovs SNB?], Fergana, 10.8.2018, <https://www.fergana news.com/articles/10114> (eingesehen am 3.7.2020).

70

 Sattarov, »Vidimost’ Ljustracii« [wie Fn. 65].

71

 Einzelheiten in Jakubov, »Snova ›Bol’šoj Brat’‹« [wie Fn. 69].

72

 Vgl. das Gesetz über die Einrichtung der Nationalgarde vom 23.1.1992, das unter der Nummer 29 (29-son) in der Datenbank des Justizministeriums (https://lex.uz [eingesehen am 3.7.2020]) verzeichnet ist.

73

 »Prezident provel zasedanie Soveta Bezopasnosti« [wie Fn. 62].

74

 »Zakon o Nacgvardii odobren senatorami« [Das Gesetz über die Nationalgarde vom Senat angenommen], Gazeta, 14.12.2019, <https://www.gazeta.uz/ru/2019/12/14/security/>; »Nacional’naja gvardija Uzbekistana polučit novye polno­močija« [Die usbekische Nationalgarde erhält neue Voll­machten], Podrobno, 19.3.2020, <https://podrobno.uz/cat/ obchestvo/natsionalnaya-gvardiya-uzbekistana-poluchit-novye-polnomochiya-/> (beide eingesehen am 3.7.2020).

75

 Auf die Analogie aufmerksam macht Aziz Jakubov, »Kto nynče na Brodvee glavnyj« [Wer jetzt auf dem Broadway die Hauptrolle spielt], Fergana, 10.9.2019, <https://fergana. agency/articles/110646/?country=uz> (eingesehen am 3.7.2020).

76

 »Služba Bezopasnosti Mirzieeva vozmet opponentov prezidenta na karandaš« [Mirziyoyevs Sicherheitsdienst nimmt die Gegner des Präsidenten ins Visier], Fergana, 6.9.2019, <https://fergana.agency/news/110595/>. Das Gesetz vom 5.9.2019 findet sich unter der Signatur SRU-564 in der Datenbank des Justizministeriums <https://lex.uz> (beide eingesehen am 3.7.2020).

77

 »Tursunov Batyr Radžabovič«, <https://centrasia.org/ person2.php?st=1549443471>; »Ojbek Tursunov«, Mezon, <https://mezon.io/tag/ojbek-tursunov/> (beide eingesehen am 3.7.2020).

78

 »In Uzbekistan, National Guard Turned into a Personal Army of the President«, Analytical Center for Central Asia, 4.11.2019, <https://acca.media/en/in-uzbekistan-national-guard-turned-into-a-personal-army-of-the-president/> (ein­gesehen am 3.7.2020).

79

 Otabek Umarov hat eine ausgeprägte Affinität zum Kampfsport, insbesondere den Mixed Martial Arts (MMA), und ist Präsident diverser Sportverbände (MMA, Triathlon) – eine für das informelle politische Networking bedeutende Funktion; »President’s Son-in-law to Head New Central Asian MMA Confederation«, Tashkent Times, 11.2.2020, <https:// tashkenttimes.uz/sports/4960-president-s-son-in-law-to-head-new-central-asian-mma-confederation> (eingesehen am 3.7.2020).

80

 »Deržat sovet. Kto budet upravljat’ Uzbekistanom vmeste s prezidentom« [Die Berater. Wer regiert Usbekistan zusammen mit dem Präsidenten?], Fergana, 3.9.2018, <https://www.fergananews.com/articles/10156> (eingesehen am 11.7.2020).

81

 Ilchamov, »Političeskaja sistema Uzbekistana« [wie Fn. 66].

82

 Kristian Lasslett, »Uzbekistan Ltd: Private-public Inter­ests Clash in Flagship Project«, Open Democracy, 29.1.2019, <https://www.opendemocracy.net/en/odr/uzbekistan-ltd/> (eingesehen am 11.7.2020).

83

 Siehe die Website der Gesellschaft: <https://usm-group. com/company> (eingesehen am 11.7.2020).

84

 Henry Foy, »Alisher Usmanov: ›I Was Never What You Could Call an Oligarch‹«, in: Financial Times, 3.1.2020, <https://www.ft.com/content/a472f9e6-28c6-11ea-9305-4234e74b0ef3> (eingesehen am 11.7.2020).

85

 Catherine Putz, »Uzbekistan: Reforms on the Right Path. An Exclusive Interview with Uzbek Minister of Justice Rus­lanbek Davletov«, The Diplomat, 16.5.2018, <https://the diplomat.com/2018/05/uzbekistan-reforms-on-the-right-path/> (eingesehen am 11.7.2020).

86

 Gespräche der Verfasserin mit Vertretern usbekischer Think-Tanks in Taschkent und Berlin (2019/20).

87

 »Svobodnoe, demokratičeskoe i procvetajuščee gosudarstvo Uzbekistan my postroim vmeste s našim mužestvennym i blagorodnym narodom« [Zusammen mit unserem tapferen und edlen Volk errichten wir einen freiheitlichen, demo­kratischen und blühenden Staat], Ansprache von Prä­sident Mirziyoyev an Parlament und Senat, 14.12.2016, <https://president.uz/ru/lists/view/111> (eingesehen am 11.7.2020).

88

 Kritičeskij analiz, žestkaja disciplina i personal’naja otvetstven­nost’ [wie Fn. 12].

89

 Agenstvo Razvitija Gosudarstvennoj Služby (ARGOS). Der Erlass vom 3.10.2019 mit der Nummer UP-5843 ist ein­sehbar in <https://lex.uz/ru/docs/4549993>; siehe auch »U Mirzieeva pojavilsja ARGOS dlja kontrolja činovnikov« [Unter Mirzieev entstand ARGOS zur Kontrolle der Beamten], Fergana, 4.10.2019, <https://fergana.agency/news/111393/ ?country=uz> (beide eingesehen am 11.7.2020).

90

 »Umidovcy iz raznych stran vossoedinjatsja po iniciative fonda »El-Yurt Umidi« [Die Umid-Stipendiaten verschiedener Länder kommen auf Initiative der Stiftung El-yurt umidi zusammen], Kultura, 5.12.2019, <https://kultura.uz/view_ 2_r_14363.html> (eingesehen am 11.7.2020).

91

 Ich verwende hier und im Folgenden den eingedeutsch­ten Plural von hokim anstatt des linguistisch korrekten hokimlar.

92

 »Chokimijaty i vlast’: čto dumajut uzbekistancy o svoich chokimach« [Die Macht der Hokimiate: was die Usbeken über ihre Hokime denken], Kun, 21.5.2019, <https://kun.uz/ ru/news/2019/05/21/xokimiyaty-i-vlast-chto-dumayut-uzbeki stansy-o-svoix-xokimax>; »Genprokuratura Uzbekistana oza­botilas služebnoj etikoj činovnikov« [Die Generalstaatsanwalt­schaft sorgt sich um die Dienstethik der Staatsbeamten], Fergana, 16.8.2019, <https://fergana.agency/news/109955/> (beide eingesehen am 11.7.2020).

93

 »Uzbek Leader Disparages Governors over House Demo­litions«, BBC Monitoring Central Asia, 5.8.2019; »Mirziyoyev poručil činovnikam kardinal’no peresmotret’ metody svoej raboty« [Mirziyoyev wies die Beamten zu einer grundlegenden Überarbeitung ihrer Arbeitsmethoden an], Kun, 14.8.2019, <https://kun.uz/ru/news/2019/08/14/mirziyoyev-poruchil-chinovnikam-kardinalno-peresmotret-metody-svoyey-raboty> (eingesehen am 11.7.2020).

94

 Das geänderte Gesetz »Über die Lokalregierungen« von 1993 ist einsehbar in https://www.lex.uz/acts/112168 (eingesehen am 11.7.2020). Die Hokime sollen demnach von den Lokalparlamenten »nach Konsultationen mit dem Präsidenten« gewählt werden.

95

 So sieht es zumindest der Entwurf für eine Neufassung des »Gesetzes über die Lokalregierungen« vor: »Zakon o gos­vlasti na mestach primut v novoj redakcii« [Gesetz über die Lokalregierungen wird überarbeitet], Aloqada, 24.5.2019, <http://www.aloqada.com/News/2019/05/24/zakon-o-nbsp-gosvlasti-na-nbsp-mestakh-primut-v-nbsp-novoy-redakcii> (eingesehen am 11.7.2020).

96

 »Poslanie Prezidenta Respubliki Uzbekistan Šavkata Mirzieeva Olij Mažlisu« [Botschaft des Präsidenten der Repu­blik Usbekistan Shavkat Mirziyoyev an das Parlament], 24.1.2020, <https://president.uz/ru/lists/view/3324> (eingesehen am 11.7.2020).

97

 Ebd.

98

 Auskunft des DSC-Direktors im Februar 2020 in Berlin.

99

 Postanovlenie Kabineta Ministrov Respubliki Uzbekistan, O merach po organizacii dejatel’nosti negosudarstvennoj nekommer­českoj organizacii – Obščenacional’noe dviženie »Juksališ« i ego terri­torial’nych podrazdelenij [Verordnung des Ministerkabinetts der Republik Usbekistan, Über Maßnahmen zur Organisa­tion der Tätigkeit der nichtstaatlichen, nichtkommerziellen Bewegung »Yuksalish« und ihrer territorialen Untergliederungen], 13.2.2019, Nr. 124, <https://lex.uz/ru/docs/4200154> (eingesehen am 11.7.2020).

100

 Siehe <https://yumh.uz> (eingesehen am 11.7.2020).

101

 Daran ändert auch ein Gesetzesentwurf vom Januar 2020 bislang nichts. »NGO Bill Criticised as ›Bureaucratic Red Tape‹«, BBC Monitoring Central Asia, 23.1.2020.

102

 Beispiele: »Svobodnoe, demokratičeskoe i procveta­juščee gosudarstvo« [wie Fn. 87]; »Poslanie Prezidenta« [wie Fn. 96].

103

 »Poslanie Prezidenta« [wie Fn. 96].

104

 Umida Hashimova, »A New Era for Press Freedom in a Changing Uzbekistan?«, The Diplomat, 8.7.2019, <https:// thediplomat.com/2019/07/a-new-era-for-press-freedom-in-a-changing-uzbekistan/> (eingesehen am 11.7.2020).

105

BBC Monitoring Central Asia, Highlights from Central Asian Press, Websites, 27.6.2019.

106

 Beispiele: »Uzbekistan: Government Still Restricting Free Reporting«, Eurasianet, 10.10.2019, <https://eurasianet. org/uzbekistan-government-still-restricting-free-reporting> (eingesehen am 11.7.2020); »Facebook User ›Abducted, Beaten‹ for Comments«, BBC Monitoring Central Asia, High­lights from Central Asian Press, Websites, 17.12.2019.

107

 »Uzbekistan: Tashkent Mayor’s Outburst Shocks Reporters«, Eurasianet, 18.11.2019, <https://eurasianet.org/ uzbekistan-tashkent-mayors-outburst-shocks-reporters> (eingesehen am 11.7.2020).

108

 »›No Signs of Crime‹ in Uzbek Mayor’s Threats to Reporters«, BBC Monitoring Central Asia, 27.11.2019.

109

 »Uzbekistan: Tashkent Mayor’s Outburst« [wie Fn. 107].

110

 Ukaz Prezidenta Respubliki Uzbekistan: Strategii Dejstvij [wie Fn. 36], Ziffer 6–8.

111

 »Uzbekistan Explains Why Radio Liberty’s Uzbek Web­site Blocked«, BBC Monitoring Central Asia, 21.5.2019.

112

 Todd Prince, »Uzbekistan Turns to Foreign Social-Media Stars to Boost Tourism«, RFE/RL, 23.9.2019, <https://www. rferl.org/a/uzbekistan-tourism-foreign-social-media-stars-to-boost-tourism/30176880.html> (eingesehen am 11.7.2020).

113

 »Uzbek Leader Vows to Support Bloggers«, BBC Moni­toring Central Asia, 27.8.2019.

114

 »Uzbek State Press Secretaries Rebuked for Lack of Reporting«, BBC Monitoring Central Asia, 6.10.2019.

115

 »V Uzbekistane uprostili registraciju SMI« [In Usbekistan wurde die Registrierung von Massenmedien erleichtert], Fergana, 23.12.2019, <https://fergana.ru/news/113670/ ?country=uz> (eingesehen am 11.7.2020).

116

 Edward Lemon, Mirziyoyev’s Uzbekistan: Democratization or Authoritarian Upgrading?, Philadelphia: Foreign Policy Re­search Institute, 12.6.2019 (Central Asia Papers), <https:// www.fpri.org/article/2019/06/mirziyoyevs-uzbekistan-democratization-or-authoritarian-upgrading/> (eingesehen am 11.7.2020); siehe auch (mit Blick auf Kasachstan) Sebas­tian Schiek, Kasachstans autoritäre Partizipationspolitik, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, August 2019 (SWP-Studie 20/2019).

117

 »Verchovenstvo Konstitucii i zakonov – važnejšij kri­terij pra­vovogo demokratičeskogo gosudarstva i graždans­kogo obščestva« [Herrschaft von Verfassung und Gesetzen – das wichtigste Kriterium einer demokratischen und bürger­lichen Gesellschaft]. Rede von Präsident Mirziyoyev anlässlich des Verfassungstages der Republik Usbekistan, 7.12.2019, <https://president.uz/ru/lists/view/3119> (eingesehen am 11.7.2020).

118

 »Uzbek Bill Obliges Bloggers to Erase ›Illegal‹ User Com­ments«, BBC Monitoring Central Asia, 2.10.2019.

119

 »New Uzbek Media NGO Vows to Put Free Speech into Practice«, BBC Monitoring Central Asia, 10.2.2020.

120

 Die Resolution mit der Nummer 16692 ist einsehbar in: <https://regulation.gov.uz/uz/document/16692> (eingesehen am 11.7.2020).

121

 In diesem Fall der Blogger Khushnud Khudoyberdiyev am 13.4.2020 auf Telegram, <https://t.me/s/xushnudbek> (ein­gesehen am 11.7.2020). Khudoyberdiyev wurde im Juli 2020 in die staatlichen Strukturen kooptiert und zum Stellvertretenden Direktor der Staatlichen Nachrichtenagentur berufen.

122

 Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Uzbekistan, Foreign Policy, <https://mfa.uz/en/cooperation/>. Zur his­torischen Einordnung siehe Aleksey Asiryan, »New Faces, Old Patterns in Uzbekistan’s Foreign Policy«, The Diplomat, 21.8.2019, <https://thediplomat.com/2019/08/new-faces-old-patterns-in-uzbekistans-foreign-policy/> (beide eingesehen am 11.7.2020).

123

 Ministry of Foreign Affairs, Foreign Policy [wie Fn. 122].

124

 Umida Hashimova, A Year in Review: Uzbekistan Pursues Liberalization at Home, Neighborly Relations Abroad, Washington, D.C.: The Jamestown Foundation, 17.1.2018 (Eurasia Daily Monitor, Bd. 15, Nr. 6), <https://jamestown.org/program/year-review-uzbekistan-pursues-liberalization-home-neighborly-relations-abroad/>. Der Anteil Zentralasiens am usbekischen Außenhandel ist von 8,6 % im Jahr 2015 auf fast 16 % im Jahr 2019 gestiegen: Internationaler Währungsfonds, Direc­tion of Trade Statistics, <http://data.imf.org/?sk=9D6028D4-F14A-464C-A2F2-59B2CD424B85> (beide eingesehen am 14.7.2020).

125

 »Uzbekistan Pursues Economic Partnership with Afghanistan«, Caspian Policy Center, 27.8.2019, <https://www. caspianpolicy.org/uzbekistan-pursues-economic-partnership-with-afghanistan/> (eingesehen am 11.7.2020).

126

 Umida Hashimova, In Uzbekistan, Western Powers Compete for Influence with Russia, Washington, D.C.: The Jamestown Foundation, 13.3.2019 (Eurasia Daily Monitor, Bd. 16, Nr. 35), <https://jamestown.org/program/in-uzbekistan-western-powers-compete-for-influence-with-russia/> (eingesehen am 11.7.2020).

127

 »Uzbekistan, Russia Agree on Site for Nuclear Plant«, Eurasianet, 2.5.2019, <https://eurasianet.org/uzbekistan-russia-agree-on-site-for-nuclear-plant> (eingesehen am 11.7.2020).

128

 »Ežegodno v Rossiju vyezžaet svyše 2 mln migrantov iz Uzbekistana« [Jedes Jahr reisen über 2 Millionen Migranten aus Usbekistan nach Russland], Podrobno, 18.6.2019, <https:// podrobno.uz/cat/uzbekistan-i-rossiya-dialog-partnerov-/ ezhegodno-v-rossiyu-vyezzhaet-svyshe-2-mln-migrantov-i/> (eingesehen am 11.7.2020).

129

 John C. K. Daly, Russia and Uzbekistan Hold First Joint Military Exercise in 12 Years, Plan Further Cooperation, Washing­ton, D.C.: The Jamestown Foundation, 3.10.2017 (Eurasia Daily Monitor, Bd. 14, Nr. 122), <https://jamestown.org/ program/russia-and-uzbekistan-hold-first-joint-military-exercise-in-12-years-plan-further-cooperation/> (eingesehen am 11.7.2020).

130

 Ilja Kramnik, »Oružie dlja Taškenta: začem Rossii VTS s Uzbekistanom« [Waffen für Taschkent: wozu militärtech­nische Zusammenarbeit Russlands mit Usbekistan?], in: Izvestija, 17.7.2019, <https://iz.ru/899665/ilia-kramnik/ oruzhie-dlia-tashkenta-zachem-rossii-vts-s-uzbekistanom> (eingesehen am 11.7.2020).

131

 Farkhod Tolipov, »History Repeats Itself: Uzbekistan’s New Eurasian Gamble«, CACI Analyst, 22.11.2019, <https:// www.cacianalyst.org/publications/analytical-articles/ item/13596-history-repeats-itself-uzbekistans-new-eurasian-gamble.html> (eingesehen am 11.7.2020).

132

 Jeffrey Reeves, »China’s Silk Road Economic Belt Ini­tiative: Network and Influence Formation in Central Asia«, in: Journal of Contemporary China, 27 (2018) 112, S. 502–518 (514).

133

 Yau Tsz Yan, »Chinese Business Briefing: Yuan Wel­come, But Flights Cancelled«, Eurasianet, 4.2.2020, <https:// eurasianet.org/chinese-business-briefing-yuan-welcome-but-flights-cancelled> (eingesehen am 16.7.2020).

134

»What Is Huawei Safe City Network Solution«, 2.5.2018, Youtube, <https://www.youtube.com/watch?v=gCjNL_2DPYA> (eingesehen am 11.7.2020).

135

 Die entsprechende Präsidialverordnung vom 29.8.2017 mit der Nummer PP-3245 ist einsehbar in <https://lex.uz/ ru/docs/3324011> (eingesehen am 11.7.2020).

136

 Umida Hashimova, Uzbekistan Increasingly Turns to China for Development Loans, 4.9.2019 (Eurasia Daily Monitor, Bd. 16, Nr. 118), <https://jamestown.org/program/uzbekistan-increasingly-turns-to-china-for-development-loans/> (ein­gesehen am 11.7.2020).

137

 Im April 2020 beliefen sich die an Usbekistan verge­benen Kredite und Darlehen auf 4,14 Milliarden US-Dollar, davon war knapp die Hälfte Entwicklungshilfe: The World Bank, The World Bank in Uzbekistan. Country Snapshot, Stand 1.4.2020, <http://pubdocs.worldbank.org/en/988861587043 457680/Uzbekistan-Snapshot-Apr2020.pdf> (eingesehen am 11.7.2020).

138

 Andrea Schmitz, »Entwicklungspolitische Konditio­nalität und Demokratisierung«, in: Gero Erdmann/Marianne Kneuer (Hg.), Externe Faktoren der Demokratisierung, Baden-Baden 2009, S. 127–145 (131f).

139

 The World Bank in Uzbekistan. Country Snapshot, April 2020, <http://pubdocs.worldbank.org/en/988861587043457 680/Uzbekistan-Snapshot-Apr2020.pdf> (eingesehen am 15.7.2020).

140

 Der Präsidialerlass mit der Nummer UP-5635 vom 17.1.2019 ist einsehbar in <https://lex.uz/ru/docs/4168757>. Ein Folgeerlass vom 7.3.2019 (UP-5687, abrufbar via <https:// lex.uz/docs/4230910>) bestimmt eine für die Koordinierung der »Arbeit mit den internationalen Ratings« verantwortliche Kommission, außerdem soll das für die Ratings zuständige Personal im Finanzministerium aufgestockt werden. Ein wei­terer Erlass vom 2.6.2020 (UP-6003, abrufbar über <https:// lex.uz/ru/docs/4838765> [sämtlich eingesehen am 11.7.2020]) verfügt die Einrichtung einer nationalen Beratergruppe, da die internationale Positionierung auch 2020 als unbefrie­digend empfunden wurde. Um die Verantwortlichen in Ministerien und Behörden diesbezüglich zu mehr Engagement zu motivieren, soll die Aufwertung Usbekistans in wichtigen Rankings künftig sogar als Kriterium bei deren Leistungsbewertung herangezogen werden.

141

 Todd Prince, »Where Wall Street Meets Tashkent: Amid Reforms at Home, Uzbek Officials Make Their Pitch to Inves­tors in New York«, RFE/RL, 24.7.2019, <https://www.rferl.org/ a/uzbekistan-wall-street-investors-reforms/30073584.html? ltflags=mailer> (eingesehen am 11.7.2020).

142

 »Official Says Uzbekistan Deserves Better International Image«, BBC Monitoring Central Asia, 29.7.2019; siehe auch »Senator Hailed for Uzbekistan’s Enhanced International Standing«, BBC Monitoring Central Asia, 25.6.2019.

143

 Human Rights Watch, Uzbekistan. Events of 2019, <https://www.hrw.org/world-report/2020/country-chapters/ uzbekistan> (eingesehen am 15.7.2020).

144

 Von 2017 bis 2018, also binnen eines Jahres, haben sich die ausländischen Direktinvestitionen in Usbekistan von 98 Millionen US-Dollar auf 412 Millionen US-Dollar verviel­facht: United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), World Investment Report 2019, <https://unctad.org/ en/PublicationsLibrary/wir2019_en.pdf>. Im selben Zeitraum nahm die Zahl der Touristen in Usbekistan um rund 2,5 Mil­lionen zu: World Data, Tourism in Uzbekistan, <https://www. worlddata.info/asia/uzbekistan/tourism.php> (beide ein­ge­sehen am 11.7.2020).

145

 »Es gibt keinen Weg zurück« (Interview mit dem us­bekischen Außenminister), in: Süddeutsche Zeitung, 29.1.2019, <https://www.sueddeutsche.de/politik/usbekistan-reformen-komilow-1.4307921> (eingesehen am 12.7.2020).

146

 Cyril Muller, »Sharing My Optimism for Uzbekistan’s Future«, Washington, D.C.: The World Bank, 27.2.2019, <https://www.worldbank.org/en/news/speech/2019/02/27/ sharing-my-optimism-for-uzbekistans-future> (eingesehen am 12.7.2020).

147

 Aziz Jakubov, »Samarkand for sale. Kto kontroliruet zastrojku osnovnogo turističeskogo centra Uzbekistana« [Samarkand for sale. Wer kontrolliert den Ausbau eines wichtigen usbekischen Tourismuszentrums?], Fergana, 15.12.2018, <https://fergana.agency/articles/103286/>; Early Warning System, Uzbekistan Prosperous Villages, <https:// ewsdata.rightsindevelopment.org/projects/p168233-uzbekistan-prosperous-villages-obod-qishloq/>. Siehe auch »Za poslednie dva goda prokuratura vyjavila chiščenija v stroitel’stve na 38 milliardov sumov. Zavedeno 365 ugolovnych del [Staatsanwaltschaft deckte allein in den letzten zwei Jahren Diebstahl von 38 Milliarden Sum im Bausektor auf. 365 Strafverfahren eingeleitet], Pordobno, 7.5.2020, <https://podrobno.uz/cat/obchestvo/za-poslednie-dva-goda-prokuratura-vyyavila-khishcheniya-v-stroitelstve-na-38-milliardov-sumov-zavede/> (sämtlich eingesehen am 12.7.2020).

148

 »Uzbek Leader Attacks Governors over Illegal Demo­litions«, BBC Monitoring Central Asia, 5.8.2019; »Three Uzbek Governors Given Chance to Regain People’s Trust«, BBC Moni­toring Central Asia, 9.8.2019.

149

 OSCE/ODHIR, Republic of Uzbekistan, Parliamentary Elec­tions 22. December 2019, OSCE/ODIHR Election Observation Mission Final Report, Warschau, 13.5.2020.

150

 Bruce Pannier, »Will Fresh Faces, More Women In New Uzbek Parliament Make a Difference?«, RFE/RL, 13.1.2020, <https://www.rferl.org/a/will-fresh-faces-more-women-in-new-uzbek-parliament-make-a-difference-/30374382.html?ltflags= mailer> (eingesehen am 12.7.2020).

151

 »Poslanie Prezidenta Respubliki Uzbekistan Šavkata Mirzieeva Olij Mažlisu« [Ansprache des Präsidenten der Republik Usbekistan Shavkat Mirziyoyev an das Parlament], 22.12.2017, <https://president.uz/ru/lists/view/1371>. Ähn­lich: »Vystuplenie Prezidenta Respubliki Uzbekistan Šavkat Mirzieeva na pervom zasedanii zakonodatel’noj palaty Olij Mažlisa« [Vortrag des Präsidenten der Republik Usbekistan Shavkat Mirziyoyev bei der ersten Sitzung der gesetz­gebenden Kammer des Parlaments], 20.1.2020, <https:// president.uz/ru/lists/view/3303> (beide eingesehen am 12.7.2020).

152

 Siehe oben, S. 16 (DSC), S. 24f (NGO Yuksalish) und S. 27f (Stiftung zur Förderung und Entwicklung der Medien).

153

 »Uzbekistan: Blogger Flees Country, Cites Pressure from Authorities«, Eurasianet, 21.1.2020, <https://eurasianet.org/ uzbekistan-blogger-flees-country-cites-pressure-from-authorities>. Zu den Gefängnissen: Aziz Jakubov, »Etapom v Navoiy – zla nemereno« [Als Gefangener nach Navoi – einem Zentrum des Bösen], Fergana, 27.11.2019, <https:// fergana.agency/articles/112807/?country=uz> (beide ein­gesehen am 12.7.2020).

154

 Offenkundig etwa in der Strafrede gegen die Hokime im August 2019: »Zo’ravonlik foyda bo’lganida 30 yilda zo’r bo’lib kettan bo’lar edik« [Wenn Gewalt von Nutzen wäre, wären wir in den letzten 30 Jahren stark geworden], Youtube, 2.8.2019, <https://www.youtube.com/watch?v=D947 EgE5u5o> (eingesehen am 12.7.2020).

155

 »Taškentskich učitelej ispol’zujut v kačestve ›trollej‹, voschvaljajuščich karantinnuju politiku Mirzijaeva« [Taschkenter Lehrer als ›Trolls‹ genutzt, welche die Quarantäne­politik Mirziyoyevs rühmen], RFE/RL, 27.4.2020, <https:// rus.ozodlik.org/a/30577701.html?withmediaplayer=1> (mit vielen Textbeispielen, eingesehen am 12.7.2020).

156

 Janis Kluge/Andrea Schmitz/Franziska Smolnik/Susan Stewart, Eurasiens Wirtschaft und Covid-19, Berlin: Stiftung Wis­senschaft und Politik, Juni 2020 (SWP-Aktuell 47/2020), S. 3f.

157

 Ebd., S. 4.

158

 »Systemic Reforms Urged as Uzbek Man Dies after Police Torture«, BBC Monitoring Central Asia, 15.6.2020.

159

 »Vystuplenie Prezidenta Respubliki Uzbekistan« [wie Fn. 151].

160

 »Chokimijaty i vlast’« [wie Fn. 92].

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