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Chinas Handelspolitik

Dominanz ohne Führungswillen

SWP-Studie 2013/S 22, 28.11.2013, 48 Seiten Forschungsgebiete

In weniger als 30 Jahren ist China von einem marginalen Akteur im Welthandel zur größten Handelsnation aufgestiegen. Seine Rolle in der internationalen Handelspolitik hat das Land aber noch nicht gefunden. Trotz wachsender Dominanz mangelt es noch an der Fähigkeit und dem Willen zur Führerschaft. Einerseits verstößt China gegen Regeln, etwa bei der Umsetzung der WTO-Beitrittspflichten. Andererseits agiert es wie ein etablierter Akteur, der am Status quo festhält und den eigenen Interessen mehr Bedeutung zumisst als der Existenz und Stabilität des Gesamtsystems. Im multilateralen Doha-Verhandlungsprozess bleibt China zurückhaltend und passiv, betreibt aber eine engagierte bilaterale Handelspolitik.

Der Blick auf Akteure, Institutionen, Interessen und Debatten in Chinas Handelspolitik zeigt, dass die simple Vorstellung von einer einheitlich agierenden chinesischen Außenhandelspolitik fehlgeht. Jede pauschale Charakterisierung der Handelspolitik Chinas als liberal oder merkantilistisch, als WTO-konform oder WTO-vertragsbrüchig ließe sich in der komplexen Wirklichkeit einfach widerlegen. Neben den zentralen Regierungsakteuren bestimmen regionale und wirtschaftliche Interessengruppen den Lauf der Verhandlungs- und Implementierungsprozesse.

Trotz zahlreicher außenwirtschaftlicher Kontroversen und Konflikte sollten die EU und Deutschland nicht das strategische Ziel aus den Augen verlieren, China in das regelbasierte Welthandelssystem zu integrieren. Multilaterale Verhandlungen unter dem Dach der WTO bieten die größten Chancen auf eine Marktöffnung Chinas und eine bessere Durchsetzung von Nichtdiskriminierung, Transparenz und Rechtsstaatlichkeit. Auch China selbst ist auf eine offene Weltwirtschaft und eine funktionsfähige WTO angewiesen.