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Außenpolitischer Wandel in Brasilien

Bedingungsfaktoren und Implikationen

SWP-Studie 2022/S 07, 31.05.2022, 34 Seiten

doi:10.18449/2022S07

Forschungsgebiete
  • Bereits während seines Wahlkampfes 2018 stellte Jair Bolsonaro einen grundlegenden Wandel in der brasilianischen Außenpolitik in Aussicht. Seit Bolsonaro am 1. Januar 2019 sein Amt als Präsident Brasiliens antrat, ist der außenpolitische Wandel weiterhin im Diskurs präsent und lässt sich teils auch an politischen Entscheidungen ablesen.

  • Beim außenpolitischen Wandel geht es nicht nur um veränderte Rhetorik, sondern vielmehr um eine zielgerichtete Politik mit ideellen Grundlagen und tragenden Akteuren. Vorangetrieben wird der Wandel von Mitgliedern des sogenannten ideologischen Flügels der Regierung.

  • Einige Veränderungen, die im Laufe des politischen Wandels bereits vollzogen wurden, sind weniger als Bruch mit der Politik der Vorgängerregierung zu werten, sondern vielmehr als Zuspitzung von Entwicklungen, die schon einige Jahre im Gange waren.

  • Manche außenpolitische Ziele des ideologischen Flügels scheitern an den Interessen und Interventionen der anderen beiden Regierungsflügel, dem technokratischen und dem militärischen. Auch eine Reihe von Kontextfaktoren wie die wachsende ökonomische Bedeutung Chinas setzen dem angestrebten außenpolitischen Wandel Grenzen.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Am Abend des 28. Oktober 2018, nachdem die Ergeb­nisse der Stichwahl bekannt geworden waren, trat der sieg­reiche Präsidentschaftskandidat vor die Kameras. Zunächst improvisierte ein evangelikaler Pastor an seiner Seite ein kurzes Gebet, das er mit Bolsonaros Wahlslogan »Brasilien über alles, Gott über allen« abschloss. Sodann hielt Jair Messias Bolsonaro eine Rede, in der er versprach: »Wir werden Brasilien und das Itamaraty [das brasilianische Außenministerium, d. Verf.] von den ideologisch voreingenommenen Außenbeziehungen befreien, denen sie in den letzten Jahren unterworfen waren. Brasilien wird nicht länger auf Distanz zu den entwickelten Nationen bleiben. Wir werden bilaterale Beziehungen mit jenen Ländern suchen, von denen Brasilien ökonomisch und tech­­no­logisch profitieren kann. Wir werden den interna­tionalen Respekt für unser geliebtes Brasilien wieder­erlangen.«

Es verwundert nicht, dass ein frisch gewähltes Staatsoberhaupt eine Neuausrichtung der Politik ein­schließlich der Außenbeziehungen in Aussicht stellt. Auch ist es nicht untypisch für Lateinamerika, dass ein neuer Präsident die Politik seiner Vorgänger und seiner Vorgängerin als ideologisch abstempelt, seine eigenen Pläne dagegen als sachlich und nationalen Interessen dienlich preist. Doch diese außenpolitische Ankündigung ist Teil eines breiteren, äußerst disrup­tiven politischen Diskurses. Bolsonaro gewann die Präsidentschaftswahlen mit einer rechtsextremen und populistischen Rhetorik, die sich seit seinem Amts­antritt kaum verändert hat. In diesem Rahmen ist auch der außenpolitische Diskurs zu sehen. Nicht nur unterscheidet er sich stark vom Ansatz der Vorgänger­regierungen, die in den Jahren 2003–2016 von der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) gestellt wurden. Er bedeutet auch eine Abkehr von Grundprinzipien, die lange zum außenpolitischen Selbstverständnis des Landes gehörten.

Vor diesem Hintergrund stehen folgende Fragen im Zentrum der Studie: (1) Worin besteht der außen­politische Diskurswandel? Wer trägt ihn, und was sind seine ideellen und institutionellen Grundlagen? (2) In welchen Bereichen der Außenpolitik schlägt er sich nieder? Unter welchen Bedingungen konkretisiert er sich in außenpolitischen Entscheidungen und Positionierungen? (3) Wie nachhaltig sind seine Impli­kationen, sowohl im Hinblick auf den außenpolitischen Personalwechsel im Zuge der Kabinettsumbildung 2021 als auch auf eine mögliche Abwahl Bolso­naros im Oktober 2022?

In der Außenpolitikforschung zu den präsiden­tiel­len Regierungssystemen Lateinamerikas gilt ein Wan­del in der Ideologie und den politischen Präfe­ren­zen des Staatsoberhauptes als entscheidender Erklärungsfaktor für den Wandel in der Außenpolitik eines Landes. Ausgehend von dieser Erkenntnis werden in dieser Studie zwei Schwerpunkte kombiniert: Zum einen konzentriert sie sich auf die Rolle des Präsidenten, erweitert um Akteure und Akteurinnen in der Exekutive und weiteren außenpolitisch relevanten Positionen. Zum anderen richtet sich die Analyse auf den Wandel, sei er (nur) im Diskurs propagiert, sei er durch Entscheidungen untermauert. Als Vergleichs­folien dienen dabei sowohl die außenpolitische Tradi­tion Brasiliens als auch die Außenpolitik der Vor­gängerregierungen unter der PT. Diese doppelte Per­spektive begründet die Auswahl der behandelten Regionen und Themenfelder.

Geleitet von diesen Fragestellungen und Auswahlkriterien, zeitigte die Untersuchung folgende Ergeb­nisse: Ausschlaggebend für den außenpolitischen Wandel sind die Ideologie und die politischen Präfe­renzen Präsident Bolsonaros, mitgetragen vom ideo­lo­gischen Flügel seiner Regierung. Ihre ideellen Grund­lagen sind geprägt von der konservativen Strömung der politischen Romantik, dem Kulturpessimismus, dem Rechtspopulismus sowie dem Glauben an die Überlegenheit des Westens und die vitale Bedeutung der Religion, auch in der Politik. Allerdings mani­festiert sich dieser gravierende Diskurswandel nur begrenzt in der politischen Praxis. Eingedämmt wird er vom technokratischen und vom militärischen Flügel der Regierung. Aber auch Kontextfaktoren wie die wachsende Bedeutung Chinas erschweren es Bol­sonaro, seine ideologischen Prioritäten zu verfolgen. Der außenpolitische Wandel hat sich unter Bolsonaro verschärft, hatte aber teilweise schon vor seiner Präsi­dentschaft eingesetzt. In der Praxis bedeutet er, dass Brasilien seinen Führungsanspruch in Südamerika aufgibt, seine strategische Beziehung mit Argentinien beendet und stattdessen eine strategische Partnerschaft mit den USA anstrebt. Kontinuität herrscht hingegen in den Beziehungen zu China sowie im Hinblick auf die Politik in der BRICS-Gruppe (Brasi­lien, Russland, Indien, China und Südafrika). Die Beziehungen zur Europäischen Union und die breit­gefächerte Kooperation mit Deutschland werden von der Auseinandersetzung um Fragen der Umweltgovernance überschattet, besonders was den Schutz des Amazonasgebiets anbelangt.

Daher sollte die europäische Seite dieses Thema nicht so sehr in den Vordergrund rücken, denn nicht selten verdeckt es agrarprotektionistische Interessen, die wiederum Abwehrreaktionen auf brasilianischer Seite hervorrufen können. Das gilt auch für inter­nationale Governance-Vorschläge, welche die brasilia­nische Souveränität über das eigene Territorium in Frage stellen. Solange sich Bolsonaro an der Spitze der Regie­rung befindet, empfiehlt es sich zudem, die Zusammenarbeit möglichst breit anzulegen: Sie sollte viel­fältige Bereiche abdecken und vorwiegend auf die technische sowie die regionale und lokale Ebene aus­gerichtet sein. Auf höchster Ebene wäre eine »reali­stische Kooperation« angebracht, die es zulässt, Asym­metrien und Differenzen zur Sprache zu bringen. Sollte jedoch, wie Umfragedaten nahelegen, Bolsonaro als Präsident 2023 von Luiz Inácio Lula da Silva abgelöst werden, wird dieser seine »alte Außenpolitik« aufgrund der stark veränderten Bedingungen nicht wiederauflegen können. Während Mitglieder des ideologischen Flügels wahrscheinlich keinen Platz in einer von Lula geführten Regierung haben werden, bleibt offen, wie groß die Bereitschaft der Militärs sein wird, sich aus den zivilen Staatsstrukturen zurück­zuziehen.

Individuen, Ideen und Institutionen

Im Anfang war das Wort, also der Wandel im Dis­kurs. Jair Bolsonaros Diskurs fällt aufgrund seines Tons und Inhalts im Kontext des demokratisierten Brasi­liens deutlich auf. Erstens enthält dieser Diskurs menschen­verachtende und Exklusionsnarrative, ist von Rassis­mus, Frauenfeindlichkeit und Homophobie durchtränkt. Zweitens besitzt er starke Gewaltbezüge: Während seiner Wahlkampagne präsentierte sich Bolsonaro als Verfechter einer harten Hand gegen Kriminalität sowie als Befürworter der Militärdiktatur und der Folter.1 Drittens richtet sich seine feindselige Rhetorik gegen einen linksgerichteten, korrupten Feind: Bolsonaro betont, er wolle entschlossen den Kommunismus, den Sozialismus bzw. den Kultur­marxismus bekämpfen, die Brasilien in ein zweites Venezuela oder Kuba verwandeln wollen. Viertens verwendet Bolsonaro einen moralisierenden, sozial­konservativen und religiösen Diskurs: Die heteronormative Familie und traditionelle Werte sollen die Basis der nationalen Identität bilden. Gott und dem Christentum wolle er mehr Raum in der Politik geben. Darüber hinaus bewertet er die Tatsache, dass er während seines Wahlkampfs eine Messer­attacke überlebte und dann die Präsidentschafts­wahlen gewann, als Wunder und als Zeichen dafür, dass die Erlösung Brasiliens seine Aufgabe sei.

Diese Diskurskomponenten bestimmen auch die außenpolitischen Argumentationen. Der immer lauter werdende außenpolitische Diskurs,2 der erheb­lich vom tradierten brasilianischen Konsens abweicht, war bereits während des Wahlkampfs deutlich zu vernehmen. Außer von Bolsonaro wurde er von jenen Akteuren getragen, die unter seiner Präsidentschaft mehr politisches Gewicht erlangten. Die Impulse hier­für stammen in erster Linie aus dem außenpolitischen Team, einer kleinen Gruppe von Männern, die zum sogenannten ideologischen Flügel der Regierung gehören. Die Narrative, die diese Akteure bemühen, gründen zum einen auf die konservative Strömung innerhalb der politischen Romantik und auf den Kul­turpessimismus. Selbst dem Katholizismus oder einer evangelikalen Glaubensgemeinschaft angehörend, streben die Mitglieder dieser Gruppe eine Aufwertung des Christentums in der brasilianischen Politik an. Zum anderen spielt der populistische Politikstil eine wichtige Rolle, der den Freund-Feind-Antagonismus und daher die Haltung propagiert, es sei überlebensnotwendig, sich zu wehren. Da aber die meisten Ver-treter und Vertreterinnen des Außenministeriums vor Bolsonaros Präsidentschaft nicht solchen Denktradi­tionen anhingen, konnten diese erst durch Personalwechsel und institutionelle Reformen des Itamaraty an Boden gewinnen. Während der ersten Hälfte von Bolsonaros Amtszeit fanden sich alle Mitglieder der Gruppe – bis auf eine einzige Ausnahme – in exe­kutiven und legislativen Schlüsselpositionen wieder. Allerdings verloren einige von ihnen gegen Mitte 2021 ihre strategische Stellung, unter anderem im Zuge von Kabinettsumbildungen. Damit büßte auch der ideologische Flügel einen Teil seines Einflusses auf die Außenpolitik ein, zugunsten des technokratischen und des militärischen Flügels.

Die drei Regierungsflügel und das außenpolitische Team

Auch wenn Bolsonaro 27 Jahre lang im brasilianischen Abgeordnetenhaus saß, präsentierte er sich im Wahlkampf als Außenseiter, der nicht zur politischen Elite gehört. Mehr noch: Stets äußerte er sich despek­tierlich über sie. Er plädierte für »mehr Brasilien und weniger Brasília«, also für die Befreiung des Volkes von einer politischen Kaste, die nur im eigenen Inter­esse und auf Kosten des Gemeinwohls regiere. Zu dieser populistischen Rhetorik gehörte auch seine Verachtung für die politischen Parteien, die in seinen Augen geradezu auf Korruption spezialisiert sind. Nach den großen Korruptionsskandalen Mensalão und vor allem Lava Jato, die unter den PT-Regierungen ans Licht kamen und in die zahlreiche politische Parteien von Regierung und Opposition verstrickt waren, fiel Bolsonaros Parteienkritik auf fruchtbaren Boden in der Gesellschaft.

Bolsonaros Parteibindungen sind äußerst schwach ausgeprägt. Er sieht sich selbst nicht als Parteipolitiker, sondern als Militär, da er früher Fallschirmjägeroffizier war. Während seiner langen Abgeordnetenkarriere gehörte er neun verschiedenen Parteien an. Auf der Suche nach einem Vehikel, das ihn zur Präsi­dentschaft tragen sollte, trat er erst Anfang 2018 der kleinen Sozialliberalen Partei (Partido Social Liberal, PSL) bei, deren Kandidat er im selben Jahr wurde. Einmal an der Macht, kündigte er im November 2019 die Gründung einer »Allianz für Brasilien« an, wech­selte jedoch zwei Jahre später mit Blick auf eine er­neute Präsidentschaftskandidatur 2022 zur Liberalen Partei (Partido Liberal, PL).3 In seinem Wahlkampf 2018 versprach Bolsonaro, so gut wie ohne Beteiligung von Parteien am Kabinett zu regieren und sich von diesen in seinem Regierungshandeln nicht ab­hängig zu machen. Anders als seine Vorgänger und seine Vorgängerin im höchsten Amt verzichtete er darauf, ein Wahlbündnis zu formalisieren, das später zu einer Regierungskoalition mit parlamentarischer Basis hätte werden können. Brasiliens Parteiensystem ist stark zersplittert, die Parteidisziplin und -loyalität verschwindend gering. Deshalb sichern sich Staatsoberhäupter legislative Unterstützung für die eigenen Initiativen und damit Handlungsfähigkeit, indem sie Koalitionsregierungen bilden sowie Posten und Finanzressourcen an andere Parteien verteilen.

Bolsonaros Regierung besteht aus einem militärischen, einem technokratischen und einem ideologischen Flügel.

So beruhten Bolsonaros Machtkonsolidierung und Mehrheitsbildung weniger auf Parteien als auf Personen- bzw. Interessengruppen. Innerhalb seiner Regierung gibt es drei davon: den ideologischen, den technokratischen und den militärischen Flügel. Als Hauptfigur des militärischen Flügels, des größten der drei, gilt der ehemalige General und heutige Vize­präsident Hamilton Mourão. In Bolsonaros 23-köpfi­gem Kabinett werden neun Ressorts von Militärs geleitet (und nur zwei von Frauen). Insgesamt sind über 6000 zivile Stellen mit aktiven oder pensionierten Mitgliedern der Streitkräfte bzw. Reservisten be­setzt, davon 46 Prozent in der nationalen Exeku­tive.4 Zudem werden mittlerweile mehr als ein Drittel der 46 staatlichen Unternehmen, die dem Bund direkt unterstellt sind, von Militärs geführt. Dazu gehört der Erdölkonzern Petrobras,5 an dessen Spitze zuletzt 1980 ein Militär gestanden hatte. Diese Militärpräsenz im Staatsapparat unter Bolsonaro ist sogar größer als zu Zeiten der Militärdiktatur von 1964 bis 1985.

Für den technokratischen Flügel stehen Wirtschaftsinteressen im Mittelpunkt. Vertreten werden sie von Fachleuten sowie von Personen mit engen Verbindungen zum Primär- und Sekundärsektor. Aus diesen Kreisen hatte Bolsonaro, der eine angebots­orientierte Wirtschaftspolitik und Steuersenkungen versprochen hatte, breite Unterstützung während seines Wahlkampfs erhalten. Doch der Wirtschaftssektor bildet keinen monolithischen Block, der geschlossen hinter dem Präsidenten stände. Binnenmarktorientierte Akteurinnen und Akteure begrüßen Bolsonaros Politik, mehr Agrarflächen zu schaffen, die Ausbeutung von Naturressourcen zu fördern und zugleich den Schutz des Regenwaldes, der Umwelt und der Rechte Indigener zu begrenzen. Andere hin­gegen, die vom Exportsektor und von ausländischen Investitionen in Brasilien profitieren, zeigen sich be­sorgt, dass der demokratie-, indigenen- und umwelt­feindliche Diskurs des Präsidenten die internationale Reputation Brasiliens beschädigen und damit die Geschäfte im Ausland in Mitleidenschaft ziehen könnte. Unter den Mitgliedern des technokratischen Flügels befinden sich Paulo Guedes, Minister der Finanzen, sowie Tereza Cristina Corrêa da Costa Dias (kurz Tereza Cristina genannt), ursprünglich Mitglied der Demokraten (Democratas, DEM) und bis März 2022 Ministerin für Landwirtschaft, Viehzucht und Lebensmittelversorgung.

Der ideologische Flügel schließlich repräsentiert die religiöse bzw. radikale Rechte,6 welche nationa­listisches, christlich-konservatives bis reaktionäres Gedankengut einschließt (mehr zur Weltanschauung in den folgenden Kapiteln). Zu dieser Strömung in der Regierung gehören etwa die Juristin und evangelikale Pastorin Damares Alves, bis März 2022 Ministerin für die Frau, die Familie und die Menschenrechte, sowie der Jurist Ricardo Salles, bis Mitte 2021 Umweltmini­ster. Beide übten Einfluss auf Positionen Brasiliens in internationalen Foren aus. Noch entscheidender für die Gestaltung der Außenpolitik ist jedoch die Rolle einer dem ideologischen Flügel zuzuordnenden kleinen Gruppe, des außenpolitischen Teams (siehe weiter unten).

Obwohl Bolsonaro im Hinblick auf seine Identität sowie seine Ideen und Positionierungen Überschneidungen mit allen drei Regierungsflügeln aufweist, fungiert er weder als Integrationsfigur noch als Ko­ordinierungsinstanz zwischen ihnen. Gemessen an seinem Diskurs und seinen Entscheidungen, ist der Präsident in außenpolitischen Fragen dem ideologischen Flügel zuzurechnen. Bereits in seinem Wahl­kampf hatte Bolsonaro (geboren 1955), der ursprünglich Katholik war, sich aber im Mai 2016 im Jordan evangelikal taufen ließ, einen tiefgreifenden Wandel in der Außenpolitik Brasiliens in Aussicht gestellt.7

Zu diesem Zweck ernannte der neue Präsident den Diplomaten und Katholiken Ernesto Araújo (geboren 1967) zum Außenminister. Dieser hatte zuletzt die Abteilung für USA, Kanada und Interamerikanische Beziehungen im Außenministerium geleitet und nie an der Spitze einer brasilianischen Botschaft im Aus­land gestanden. In seiner Rede zum Amtsantritt8 vom 2. Januar 2019 griff Araújo Bolsonaros Versprechen auf, den Brasilianern ihr Land zurückzugeben. Im Einklang damit wolle Araújo auch die brasilianische Außenpolitik nach Brasilien zurückholen, nachdem diese lange Zeit im Dienst der globalen Ordnung und der Nichtregierungsorganisationen gestanden habe. Mit Bolsonaros Präsidentschaft werde das Vaterland neu geboren, und dabei komme dem Außenministerium eine bedeutende Rolle zu. Doch gut zwei Jahre später, am 29. März 2021, reichte Araújo sein Rück­trittsgesuch bei Bolsonaro ein.9 Damit reagierte er auf immer lauter werdende Forderungen nach seiner Absetzung aufgrund des Vorwurfs, er führe Brasilien weg von der außenpolitischen Tradition des Landes und in die internationale Isolation. Zu vernehmen waren diese kritischen Stimmen etwa im Nationalkongress – vor allem im Senat, welcher der Ernennung von Botschaftern und Botschafterinnen zustim­men muss –, im Außenministerium selbst sowie in anderen Bereichen der Regierung und nicht zuletzt in der Privatwirtschaft. Nach seinem Rücktritt blieb Araújo durch öffentliche Auftritte, über seinen Blog (wenig später gelöscht) und seinen Youtube-Kanal in der Öffentlichkeit meinungsbildend aktiv.

Filipe G. Martins (geboren 1988) gehört einer Pfingstgemeinde an und war zunächst Sekretär für die Auswärtigen Angelegenheiten der PSL, mit deren Unterstützung Bolsonaro im Jahr 2018 erfolgreich für die Präsidentschaft Brasiliens kandidiert hatte. Nach Bolsonaros Wahl holte dieser Martins als stell­vertretenden Berater nach Brasília und beförderte ihn im Juni 2020 zum außenpolitischen Chefberater. Seit­dem leitet er die Sonderberatungsstelle für Auswärtige Angelegenheiten im Präsidialamt, einer Abteilung, die von Abgeordneten der Opposition auch »Büro des Hasses« genannt wird. Martins erachtet es als wichtige Aufgabe der brasilianischen Außenpolitik,10 der Welt klar zu vermitteln, dass Präsident Bolsonaro sich für die Wiederherstellung der traditionellen Werte und Bräuche Brasiliens, einer christlichen Nation, ein­setze.11

Eduardo Bolsonaro (geboren 1984) ist Sohn des Präsidenten und seit 2015 Abgeordneter der PSL im Nationalkongress für den Bundesstaat São Paulo. Er war Vorsitzender des Ausschusses für Außenbeziehungen und Nationale Verteidigung in der Abgeordnetenkammer12 während der ersten zwei Jahre der Präsidentschaft seines Vaters und begleitet ihn (immer noch) bei fast all seinen Auslandsreisen. Präsident Bolsonaro setzte sich 2019 dafür ein, dass sein Sohn Eduardo Botschafter in Washington werde, wofür jedoch schließlich die nötigen Stimmen aus dem Senat fehlten. Faktisch gilt er als »chanceler paralelo«, also als Neben- bzw. eigentlicher Außenminister. Im Februar 2019 ernannte Steve Bannon, ehemaliger Chefstratege des Weißen Hauses, Eduardo Bolsonaro zum Vertreter von The Movement in Brasilien für Latein­amerika.13 Darüber hinaus ist Eduardo Bolsonaro – wie der frühere Außenminister Ernesto Araújo, Filipe Martins und Ricardo Salles – aktiver Teilnehmer und Vortragender der Conservative Political Action Conference (CPAC), einer von der American Conservative Union Foun­dation (ACUF) jährlich organisierten Veranstaltung. Diese fand im Oktober 2019 zum ersten Mal in Brasi­lien, nämlich in São Paulo statt. Im September 2021 wurde sie in der Hauptstadt Brasília wiederholt.14

Im Unterschied zu den oben Genannten verfügte Olavo de Carvalho (1947–2022) weder über ein Amt noch über ein Mandat. Bis zu seinem Tod war er jedoch eine zentrale Figur, die alle anderen Akteure der religiösen und radikalen Rechten ideologisch miteinander verknüpfte. Auch wenn Carvalho wäh­rend seiner letzten Lebensjahre in Richmond im US-Bundesstaat Virginia residierte, übte er großen Ein­fluss auf die brasilianische Neue Rechte aus. Carvalho verbreitete seine rechtsextremen, antikommunistischen und nationalistischen Ansichten in Büchern, auf seiner Webseite, auf einem Youtube-Kanal und über Bildungsseminare.

Der ideologische Flügel, dem das außenpolitische Team zuzuordnen ist, sowie der technokratische und der militärische Flügel besitzen rein informellen Charakter und werden vor allem dann besonders gut sichtbar, wenn Spannungen zwischen ihnen auftreten. Aus dieser Interaktionsdynamik in den Reihen der Regierung folgt, dass die Chancen eines Flügels, eine bestimmte politische Entscheidung durchzusetzen, umso höher sind, je weniger diese den Ansichten und Anliegen der anderen Flügel entgegensteht. Neben Sachzwängen sind es in der Regel die Interessen und Aktionen des technokra­tischen und des militärischen Flügels, die den Absich­ten des außenpolitischen Teams Grenzen setzen.

Ideelle Grundlagen des außenpolitischen Teams

Die politische Romantik konservativer Prägung, der Kulturpessimismus und der Rechtspopulismus gehö­ren zu den ideellen Grundlagen, auf die sich der Diskurs und die inhaltlichen Prioritäten des außen­politischen Teams stützen. Sie bilden konvergente, einander gegenseitig verstärkende Wirklichkeitskonstruktionen. Diese drei Denkströmungen kommen auf besonders explizite und elaborierte Weise in den schriftlichen wie mündlichen Äußerungen von Ernesto Araújo zum Tragen. Seine ausgefeilten Posi­tionierungen und Argumentationen gelten als reprä­sentativ für das Gedankengut der Neuen Rechten in Brasilien.

Drei Denkströmungen

Als charakteristisch für den konservativen Strang der politischen Romantik15 gelten die Verklärung einer vergangenen Zeit, der Nationalismus und der Helden­kult. Die Gesellschaft wird als organische Gemeinschaft aufgefasst, also in Analogie zum menschlichen Körper. Dabei werden auch der Geschichte mensch­liche Eigenschaften zugeschrieben. So besitze sie eine Persönlichkeit, eine Seele, einen Geist. All diese Kon­zepte münden in das Streben nach einer homogenen nationalen Identität und dem Erhalt ihrer Individualität, etwa im Gegensatz zu Vielfalt, Pluralismus und Synkretismus. Bewahren und Sich-Wehren sind die wichtigsten Handlungsmotivationen. Darüber hinaus spielen statt der säkularen Vernunft Mystik und Reli­gion sowie Gefühle, Intuitionen und der Wille eine zentrale Rolle, was unter anderem die Ablehnung der Aufklärung begründet.16

Der Kulturpessimismus richtet sich seinerseits gegen die Gegenwart – in seinen Anfängen gegen die Moderne, heute gegen die Postmoderne und die glo­balisierte Welt. Kritisch bewertet werden dabei der politische Liberalismus und die Auswirkungen einer Verweltlichung. Der Kulturpessimismus warnt »vor dem Verlust von Glauben, Einheit und kulturellen Werten« und pflegt einen »heroischen Vitalismus«.17 Von der kulturpessimistischen Warte aus werden Szenarien des Niedergangs und Verfalls diagnostiziert oder prognostiziert. Im Kontrast dazu wird eine ima­ginäre Zukunft angestrebt, die als Wiederherstellung einer idealisierten Vergangenheit aufgefasst wird.

Der Populismus, verstanden als Politikstil, basiert auf einem Deutungs-, Diskurs- und Beziehungsmuster, dessen konstituierendes Moment die moralisch aufgeladene Freund-Feind-Dichotomie ist. Dabei wird das idealisierte und als homogen aufgefasste »Volk« gegen einen bestimmten Sektor der Gesellschaft wie etwa »Establishment«, »politische Klasse« oder »Olig­archie« in Stellung gebracht. Die populistische Füh­rungsfigur versteht sich als Teil des Volkes und daher als seine genuine Vertreterin. Hauptkategorien einer rechtspopulistischen Ausrichtung sind dabei Ordnung und Sicherheit sowie Normkonformität und Traditionspflege. Im Einklang damit operiert der Populismus – in seiner rechtskonservativen Variante und außen­politischen Ausprägung – mit einem essentialistischen, idealisierten und nativistischen Verständnis von »Nation« als natürlicher Ordnung, Verkörperung einer homogenen Eigenart und Verdichtung tradi­tioneller Werte und Bräuche, die von einer »liberal-kosmopolitischen internationalen Elite« und der kulturfremden Einwanderung bedroht seien. Populi­stische Führungsfiguren präsentieren sich dann als genuine Repräsentanten und Hüter der Nation. Dabei bildet das verabsolutierte Prinzip der Souveränität des Staates das wichtigste Mittel, um die Nation vor auswärtigen Einflüssen und Steuerungsversuchen zu schützen, etwa durch supranationale Instanzen, Regierungsorganisationen, Nichtregierungsorgani­sationen oder internationale Regime. Zusammen mit der Globalisierung würden diese exogenen Institu­tio­nen den Handlungsspielraum von Staaten ein­schrän­ken und dadurch die Nationen daran hindern, sich im Sinne ihrer Eigentümlichkeit zu entfalten sowie ihre ureigenen Interessen zu verfolgen.

Auftrieb in Brasilien erlangte diese Weltanschauung ab den 2010er Jahren im Zuge einer rechtskonserva­tiven Reaktion auf den »progressiven Schock«18 wäh­rend der Präsidentschaft von Dilma Rousseff (2011–2016). Eine Reihe von Entscheidungen und Maßnahmen, die unter ihrer Regierung getroffen wurden, betrachteten rechtspopulistische Kritiker und Kriti­ke­rinnen als sozialpolitische Konkretisierung einer »kommunistischen, von Homosexuellen dominierten Diktatur« und einer Hegemonie des Kulturmarxismus, dessen Weltherrschaftsanspruch sich im Globa­lismus zeige.

Der Westen und Brasilien

Der Einfluss der politischen Romantik konservativer Ausrichtung, des Kulturpessimismus sowie des Rechts­populismus offenbart sich besonders im Diskurs von Ernesto Araújo. Seit 2018 betrieb er den Blog »Meta­política 17. Contra o Globalismo«,19 der Aufschluss über diese ideellen Komponenten bietet. Besonders fruchtbar für die Analyse erweist sich der Beitrag »Trump und der Westen«,20 den Araújo bereits 2017 veröffentlichte. Zwei Reden von Donald Trump21 bilden den Ausgangspunkt und roten Faden des 34-seitigen Textes. In Araújos Augen ist Trump, damals noch US-Präsident, der einzige »westliche Staatsmann«, der die dringendste aktuelle Herausforderung für den Westen erkennt und diesen retten will.

Araújos Interpretation der globalen Wirklichkeit fußt auf drei Prämissen. Erstens betreibt er eine nor­mative Überhöhung des christlichen Westens, dem in der Geschichte der Zivilisationen eine besondere Stellung zukomme. Zweitens diagnostiziert er eine »Erkrankung« des Westens, seinen geschwächten Zustand, seine »Demenz« aufgrund »geistiger und psychischer Probleme«, die angeblich seine Existenz bedrohen. Drittens konstatiert er die dringliche Not­wendigkeit einer Rettung des Westens, seiner sitt­lichen Wiederherstellung und einer erneuten Selbst­behauptung.

Dabei fasst Araújo den Okzident bzw. die westliche Zivilisation, zu der seines Erachtens Brasilien ohne Einschränkung gehört, als »Gemeinschaft der Natio­nen« auf, die im Gegensatz zu einem »Amalgam ohne Grenzen« und zu einer bloß vertraglichen, rein recht­lichen Verbindung von Staaten stehe.22 In dieser Gemeinschaft bilden die verschiedenen Nationen laut Araújo »einzigartige Essenzen«, die ihre historische und kulturelle Identität beibehalten. Er begreift die Nationen als »Raum für die Bewahrung der eigenen Identität«.23 Seine essentialistische, verdinglichende, statische und konservative Auffassung vertritt er sowohl im Hinblick auf die nationale als auch auf die Geschlechtszugehörigkeit. Diese beiden Identitäten behandelt Araújo explizit nebeneinander und stellt sie in einen engen Zusammenhang.24 Partikularismen sind aus seiner Sicht kein Zufall, sondern die jeweili­gen Wesensarten bilden zusammen ein organisches Ganzes. Daher ständen »die Abschaffung von Grenzen, das supranationale Prinzip sowie die [internationale] Wertekonvergenz« diesem Konzept des Westens dia­metral entgegen.25 Im Gegenteil: »Die Nation wird zur Verkörperung der Kraft des westlichen Geistes.«26

Araújo lehnt den Kosmopolitismus ab und bekennt sich zum Pannationalismus, in dem die Souveränität der Nationen respektiert und geschützt werde. Im Einklang damit könne der Mensch kein Weltbürger, sondern nur Mitglied einer nationalen Gemeinschaft sein.27 Eine »Gemeinschaft der Nationen« könne aus einer bestimmten Zivilisation bestehen, die auf einer geteilten Geschichte, auf Gefühlen und einem gemein­samen Glauben basiere,28 aber nicht aus der gesamten Welt. Folglich könne es keine »internationale Gemein­schaft« und deswegen auch keine Global Governance geben, in deren Rahmen etwa die Vereinten Nationen (VN) eine Steuerungsrolle spielen.

Nach Araújos Auffassung beruht der Westen nicht auf abstrakten Werten, nicht auf Toleranz oder Demo­kratie, »sondern auf Schlachten und Wunden, Leiden­schaften und Kriegen, dem Kreuz und dem Schwert«. Die westlichen Ideale und eigentlichen Werte stän­den »nicht in den Pamphleten der Europäischen Kom­mis­sion oder in den Entscheidungen irgendwelcher Men­schenrechtsgerichte, sie stehen in den Narben der Vergangenheit, ihren Helden und Märtyrern«.29 Der Ursprung der westlichen Zivilisation sei kriegerisch und werde von der Seeschlacht von Salamis im Mittel­meerraum markiert, die Griechen und Perser im Jahr 480 v. Chr. ausfochten.30 Daher sei der »Westen nicht im Dialog oder in der Toleranz geboren«, son­dern in der Verteidigung der eigenen Identität, der eigenen Götter, der eigenen Kultur und Geschichte.31 Seit 1945 befinde sich das Abendland aber im Nieder­gang, so Araújo, weil seitdem unter der Vorherrschaft des Liberalismus jegliche Art eines westlichen Nationalis­mus fälschlich mit dem Nationalsozialismus in Ver­bindung gebracht werde und die heute dominierende postmoderne Kultur Gott ignoriere.

Die Gegenwart des Okzidents beurteilt Araújo also pessimistisch. In diesem Zusammenhang nimmt er Oswald Spenglers Werk Der Untergang des Abendlandes32 ausdrücklich in Schutz.33 Araújo beklagt die Entwestlichung des Westens im Sinne des Verlustes seiner spezifischen Eigenart. Postmoderne, Globalismus und (Kultur-)Marxismus seien Ideologien, die den Westen gefährden. Eine Bedrohung sei auch die Auf­klärung, denn die Vertreter ihrer liberalen und revo­lutionären Ausprägungen lehnten sich gegen die Vergangenheit auf und damit auch gegen die Helden, die Religion und die Familie.34 Der Hauptfeind des Westens sei der Westen selbst.35

Zum (überlebens-)notwendigen »Verteidigungskampf für die Erhaltung des geistigen Raums des Westens« gehört nach Ansicht Araújos der »Kampf gegen den Islam«.36 Trump habe ihn aufgenommen und damit die Außenpolitik zu Recht auf die Ebene eines kulturellen und zivilisatorischen Kampfes für die Selbstbehauptung des Westens gebracht, zur »Wiedergewinnung seiner selbst«.37 Dabei trügen Europa und vor allem die Europäische Union (EU) die größte Verantwortung für die westliche Dekadenz.38

Welche Rolle kommt Brasilien im Kulturkampf zu? Araújo bewertet das Volk Brasiliens als »genuin und zutiefst nationalistisch« und die »Essenz seiner Natio­nalität« als westlich.39 Daher stehe Brasiliens Beteili­gung an einem Projekt, in dem der Westen seine Seele durch Aktivierung des nationalen Gefühls wieder­erlangen will, im Einklang mit seiner eigenen Natur. Brasilien bedürfe nicht nur einer neuen Außenpolitik, sondern auch einer »auswärtigen Metapolitik«. Eine solche »Metapolitik« in Araújos Sinne würde sowohl auf der Ebene der Vernunft als auch auf jener der Emotionen operieren und weniger das diplomatische, ökonomische oder militärische, sondern vielmehr das kulturell-geistige Feld beackern.

In Araújos Blog-Beiträgen kommt auch das populistische Moment seiner außenpolitischen Ansichten deutlich zum Vorschein. So charakterisierte er nach seinem Rücktritt in seinem bilanzierenden Text vom 10. April 2021 Präsident Bolsonaros Vorhaben als »befreiendes und patriotisches Projekt bzw. ein Transformations- und nationales Erlösungsprojekt, das vom Volke mitgetragen wird und das sich gegen ein altes System der Konzentration von Macht und Reichtum in den Händen einer gegen das Volk agierenden politischen Elite richtet«.40 Zu dieser gehöre auch ein »außenpolitisches Establishment ohne Seele und ohne Herz«.41 Auch wenn Araújo seit Ende März 2021 nicht mehr das auswärtige Ressort verantwortet und sein Nachfolger der Mainstream-Tradition des Außenministeriums nähersteht, ist seine Welt­anschauung repräsentativ für die gesellschaftlichen, innen- wie außenpolitischen Ideen der Neuen Rechten.42

Reformen im außenpolitischen Ressort

Das Itamaraty steht historisch sowohl regional wie international in dem Ruf, ein außerordentlich pro­fessionelles Ressort zu sein. Hierzu gehört auch das Narrativ, das Außenministerium habe gegenüber der unsteten Politik große Autonomie genossen, die es ihm erlaubt habe, durch die Pflege gewisser Grund­sätze eine von Kontinuität geprägte Außenpolitik zu gewährleisten. Daher werden Brüche in der Außen­politik Brasiliens durch die Marginalisierung des Itamaraty in diesem Politikbereich erklärt.43

Die Vormachtstellung des Außenministeriums war zuletzt und in besonderem Maße während der Regierung von Luiz Inácio Lula da Silva (2003–2011) unter Druck geraten, vor allem durch die Präsidentialisierung der Außenpolitik und eine Pluralisierung der beteiligten Institutionen und Organe.44 Nachdem Präsidentin Rousseff 2016 ihres Amtes enthoben worden war, verkündete ihr Nachfolger und ehemaliger Vizepräsident Michel Temer (2016–2018), die brasilianische Außenpolitik »entideologisieren« und das Itamaraty wieder stärker ins Zentrum der Politik­gestaltung rücken zu wollen. Der weitreichende Korruptionsfall Lava Jato,45 in den neben politischen Parteien brasilianische Großunternehmen mit Geschäften im Ausland verwickelt waren, hatte auch zu einer gewissen »Räumung« des Feldes für das Itamaraty geführt. Nennenswerte Erfolge im Sinne einer Aufwertung des Außenministeriums auf dem Gebiet blieben jedoch aus. Mehr noch: Temer ernann­te José Serra (2016–2017) und Aloysio Nunes (2017–2019) zu Außenministern, sodass zum ersten Mal nach 15 Jahren Politiker anstelle von Diplomaten das Ressort leiteten.

Bolsonaro behielt das Narrativ bei, eine »Entideo­logisierung der Außenpolitik« sei notwendig, womit in der Regel eine Neuausrichtung gemeint ist. Mit Rückendeckung des ideologischen Flügels, allen voran seines ersten Außenministers Araújo, bemühte sich der Präsident, die Ressortstrukturen aufzubrechen und auf diese Weise ein Gegengewicht zum bisherigen Mainstream im Itamaraty zu schaffen. Da Araújo sich mit seiner Weltanschauung und politi­schen Gesinnung im außenpolitischen Milieu in der Minderheit befand, war er darauf angewiesen, Gleich­gesinnte für Schlüsselpositionen zur außenpolitischen (Um-)Gestaltung zu rekrutieren. So versprach er gleich an seinem ersten Arbeitstag im Ministerium, »die Besetzung von Positionen im Itamaraty auf be­stimmten Hierarchieebenen für Laufbahnbeamte zu flexibilisieren, eben um den Laufbahnfluss aufzu­frischen und auch um unsere Kollegen zu ermutigen, diese Positionen zu besetzen«.46 Ein Dekret des Präsi­denten vom Januar 201947 ermöglichte Organisationsreformen und eine flexiblere Personalpolitik inner­halb des Außenministeriums. Zugleich wurden meh­rere, teils hochrangige Beamte, die Einfluss auf die Formulierung der Außenpolitik ausüben konnten, degradiert und mit weniger verantwortungsvollen Aufgaben betraut.

Zudem wurde die eigene Region gemäß den ver­änderten außenpolitischen Prioritäten organisatorisch heruntergestuft. Das Untersekretariat für Latein­amerika und die Karibik und damit die organisatorische Zwischenebene für den Subkontinent wurde abge­schafft. In seinem »Kampf gegen den ideologischen Umweltaktivismus« wertete Araújo die Umwelt­thematik im Itamaraty konsequent ab, indem er diese institutionell herabstufte und Personal reduzierte.

Außerdem wurde der Lehrplan des Rio-Branco-Instituts (Instituto Rio Branco, IRB), der Ausbildungsstätte für das diplomatische Corps in Brasilien, modi­fiziert. Beispielsweise wurde das Fach »Geschichte Lateinamerikas« gestrichen, und es wurden Lehrstühle für das Studium klassischer Werke geschaffen. Auch die dem Itamaraty unterstellte Stiftung Alexandre de Gusmāo (Fundação Alexandre de Gusmão, FUNAG) öffnete Araújo nach eigenen Angaben für neue, vor allem konservative Denkrichtungen.48 Der Diplomat Paulo Roberto de Almeida, ein Kritiker Olavo de Carvalhos, wurde aus dem Vorstand des Forschungsinstituts für Internationale Beziehungen (Instituto de Pesquisa de Relações Internacionais, IPRI) ent­lassen.49 Zur Aufwertung der auswärtigen Kultur­politik soll das neu gegründete Instituto Guimarāes Rosa dienen.

Kabinettsumbildungen

Erwartungsgemäß ernteten diese institutionellen Veränderungen sowie die neue außenpolitische Schwerpunktsetzung harsche Kritik aus den Reihen der Diplomatinnen und Diplomaten. In einem viel­beachteten Artikel in der brasilianischen Zeitung Folha de São Paulo50 vom Mai 2020 verurteilte eine Gruppe von ihnen die Außenpolitik der Regierung Bolsonaro aufs Schärfste. Darin warfen sie der Regie­rung vor, Artikel 4 der Verfassung von 1988, in dem die Grundsätze der brasilianischen Außenpolitik verbrieft sind, systematisch zu verletzen.51

Dieser außenpolitischen Diagnose gesellte sich die Kritik am Umgang der Regierung mit der Corona-Krise hinzu. Die Bevölkerung beurteilte ihr Pandemie-Management ausgesprochen negativ, so dass die Zustimmungswerte der Regierung rapide sanken. Zu­gleich wuchs rasch deren Abhängigkeit von den so­genannten Zentrumsparteien im Kongress, wenn es darum ging, Gesetzesvorhaben durchzubekommen. Der »Centrão«, eine Gruppe überaus pragmatischer, auf Ämter und Positionen fixierter konservativer Parteien, forderte von Bolsonaro personelle Änderungen im Gegenzug für parlamentarische Unterstützung.52 All diese Faktoren führten zu einer großen Kabinettsumbildung Ende März 2021, bei der Außen­minister Araújo die Regierung verließ. Sein Antikommunismus, seine chinakritische Haltung sowie seine Abneigung gegen den Multilateralismus – vor allem, ähnlich wie bei Trump, gegen die Welt­gesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) – und gegen den »Covidismus« galten als ausschlaggebend dafür, dass Brasilien im Vergleich zu anderen Ländern der Region sehr spät Arzneimittel, Medizinprodukte und Impfstoffe aus dem Ausland erhielt und sich lange der Covax-Initiative verweigerte.

Zu den insgesamt sechs Ressortwechseln vom März 2021 zählte die Absetzung des Verteidigungsministers Fernando Azevedo e Silva, einem General der Reserve. Mit einem koordinierten gemeinsamen Rücktritt wollten die Kommandeure der drei Teilstreitkräfte ihrem Unmut über die Amtsenthebung Azevedo e Silvas durch den Präsidenten Ausdruck verleihen. Doch dieser kam ihnen zuvor, indem er alle drei entließ. Die Regierung Bolsonaro ist also nicht nur durch Spannungen zwischen den Regierungsflügeln geprägt, sondern auch zwischen dem Präsidenten auf der einen, dem technokratischen und dem mili­tärischen Flügel auf der anderen Seite.

An die Spitze des Itamaraty stellte Bolsonaro den Diplomaten Carlos França. Der neue Außenminister, der wie sein Vorgänger vor seiner Ernennung noch keinen Botschafterstatus erlangt hatte, gilt als mode­rat. Aécio Neves, Mitglied der PSDB, löste ebenfalls im März 2021 turnusgemäß Eduardo Bolsonaro als Vorsitzenden des Ausschusses für Außenbeziehungen und Nationale Verteidigung im Abgeordnetenhaus ab. So verlor der ideologische Flügel zwei Schlüsselpositionen und damit an Einfluss auf die Außenpolitik.

Präsident Bolsonaro und Mitglieder des ideologischen Flügels gerieten zudem unter Druck, als im April 2021 im Senat ein Parlamentarischer Unter­suchungsausschuss (Comissão Parlamentar de Inqué­rito, CPI) gegründet wurde, der sich für etwa sechs Monate mit den mutmaßlichen Versäumnissen der Bundes- und Landesregierungen bei der Bekämpfung der Covid-19-Pandemie befasste. Am 26. Oktober 2021 nahm der Untersuchungsausschuss nach einer mehrstündigen Debatte den von Senator Renan Calheiros verfassten Schlussbericht mit sieben gegen vier Stimmen an. In einem der zentralen Punkte des 1.299 Seiten starken Dokuments wird empfohlen, Präsident Bolsonaro sowie 77 weitere Personen ein­schließlich seiner drei Söhne wegen verschiedener Straftaten (auch gegen die Menschlichkeit)53 anzu­klagen. Als politisches Gremium kann ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss zwar eine Anklage vorschlagen, jedoch keinen Strafprozess führen und erst recht kein Urteil fällen.

Mit Blick auf die Präsidentschafts- und Kongresswahlen im Oktober 2022, bei denen Bolsonaro wieder kandidieren will, entließ dieser im März desselben Jahres aufgrund wahlrechtlicher Bestimmungen sieben Minister und zwei Ministerinnen, damit sie sich dem Wahlkampf um Mandate und Ämter widmen können. Hierzu gehören unter anderem Frauenministerin Damares Alves vom ideologischen sowie Agrarministerin Tereza Cristina vom technokratischen Flügel.54 Ebenfalls im März 2022 unterzeichnete Bolsonaro ein Dekret,55 mit dem er die vom neuen Außenminister França gewünschte Umstrukturierung des Itamaraty umsetzte und einige organi­satorische Reformen von Franças Vorgänger Araújo rückgängig machte. Institutionell verankert wurden etwa die Bekämpfung der Pandemie durch die Gene­ralkoordination Gesundheitsdiplomatie sowie der geplante Beitritt zur Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development, OECD) durch das entsprechende Referat. Neu geschaffen wurde das Referat für Cyberverteidigung und -sicher­heit. Eine Aufwertung erfuhren Bereiche, die sich mit Umweltthemen befassen, wie etwa das Referat für Nachhaltige Entwicklung.

Außenpolitische Felder

Personelle, ideelle und institutionelle Faktoren prägten eine Außenpolitik, deren Hauptmerkmale sich vor dem Hintergrund der Vorgängerregierungen unter der PT wie folgt beschreiben lassen: Erstens gab Brasi­lien seinen Führungsanspruch in der Region auf, zeigte sich skeptisch gegenüber Kooperations- und Koordinationsformaten in Lateinamerika und der Karibik (LAK) und ging zu Argentinien auf Distanz. Zweitens betrieb Brasilien eine »automatische Block­bildung« mit den USA unter Präsident Trump, bei gleichzeitiger Konfrontation mit China. Drittens wuchsen Spannungen mit der EU und Deutschland in Fragen von Global Governance, vor allem bei Umwelt­themen. Viertens war eine gewisse Entsäkularisierung der Außenpolitik zu beobachten, während Brasília sich zugleich rechtskonservativen Regierungen annäherte, die der Religion eine bedeutende Rolle in der Politik einräumen (wollen).

Lateinamerika und die Karibik

Als Bolsonaro an die Macht kam, war der regionale Desintegrationsprozess bereits im Gange. Zuvor hatte es ab der Jahrtausendwende eine äußerst dynamische Phase des postliberalen Regionalismus im Zuge der »rosaroten Welle« von (Mitte-)Links-Regierungen ge­geben. Zwar hatte der Anteil des intraregionalen Handels (gemessen am Wert) am Gesamthandel der LAK-Staaten die 20-Prozent-Marke nie überschritten, und es war auch nicht gelungen, eine supranationale Instanz analog zur EU-Kommission zu schaffen. Da­mals hatte aber vor allem die ideologische Konvergenz zwischen den Staatsoberhäuptern die Zusammen­arbeit erleichtert. Die hohen Weltmarktpreise für Roh­stoffe in den Jahren 2003 bis 2013, Hauptexport­produkt vor allem südamerikanischer Länder, hatten deren (außenpolitischen) Handlungsspielraum er­weitert. Die Staaten der Region versuchten nicht nur, ihre extraregionalen Partnerstrukturen über die Dominanz der USA und EU hinaus zu diversifizieren, sondern strebten auch an, regionale Initiativen aufzuwerten und zu erweitern.56 Einige dieser Ent­wicklungen gingen auf die Initiative Brasiliens57 und Venezuelas58 zurück, die sich zunehmend in der Nachbarschaft engagierten, eine Rolle als Regionalmächte beanspruchten und sogar globale Ambitionen zeigten. Zusammengenommen führten diese Trends zu einem Ausbau der Süd-Süd-Kooperation.

Regionales Desengagement

Allerdings waren bereits zu Beginn der 2010er Jahre Vorzeichen für einen »Regionalismus unter Stress«59 zu beobachten: Der regionale Markt verlor an Gewicht für Handel und Investitionen aus den LAK-Staaten, der Grad an Koordinierung und Konsensfindung zwischen deren Regierungen nahm ab, regionale Regierungsorganisationen erfuhren einen politischen Bedeutungsverlust, eine Schwächung ihrer Strukturen oder wurden aufgelöst. Bereits unter der Regie­rung Rousseff ging der außenpolitische Aktivismus sichtbar zurück, der die Lula-Präsidentschaft gekenn­zeichnet hatte. Während Präsident Temers Amtszeit wurde der außenpolitische Rückzug Brasiliens noch offenkundiger. An die Stelle des südamerikanischen Riesen ist kein anderer Staat mit den Kapazitäten und dem Willen getreten, Führungsaufgaben in der Region zu übernehmen. Innenpolitische Faktoren wie Erosion der Demokratie, politische Polarisierung und sozioökonomisch motivierter Protest förderten eine Vernachlässigung der Außenpolitik nicht nur durch die brasilianische Regierung.60

Im Zuge vieler Machtwechsel in Südamerika suspendierten im April 2018 fünf der zwölf Staaten der Union Südamerikanischer Nationen (Unión de Naciones Suramericanas, UNASUR) – einschließlich Brasilien unter Temer – »für unbestimmte Zeit« ihre Teilhabe an diesem sicherheitspolitischen Block, der zuletzt 2014 ein Gipfeltreffen abgehalten hatte. Nachdem Brasilien bereits im Jahr 2019 den Aktivitäten der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños, CELAC) ferngeblieben war, erklärte die Bolsonaro-Regierung im Januar 2020, sie werde die Mitwirkung an diesem einzigen Forum, das sämtliche 33 Staaten des Subkontinents umfasst, aussetzen. In einer offiziellen Mitteilung hieß es, die Regierung sei »nicht der Ansicht, dass die Voraussetzungen für ein (angemessenes) Handeln von CELAC im derzeitigen Kontext der regionalen Krise gegeben« seien.61 Hauptstreitpunkte betreffen die Beteiligung einiger Länder, gegenüber deren Regierungen sich Brasília in ideologischer Konfrontation sah bzw. sieht: der bolivianischen von Evo Morales (bis 2019) und der venezolanischen von Nicolás Maduro.

Brasilien setzt sich für eine Flexibilisierung des Mercosur ein.

Darüber hinaus wurde im Cono Sur, dem süd­lichen Teil Südamerikas, immer nachdrücklicher für eine Flexibilisierung des Gemeinsamen Marktes des Südens (Mercado Común del Sur, Mercosur)62 und dessen Konvergenz mit der Pazifikallianz63 plädiert.64 Das liefe auf eine Harmonisierung der Integrationsmechanismen in der Region hinaus. Außerdem geht mit dieser Position die Kritik einher, der Mercosur sei zu politisch, zu protektionistisch und institutionell »zu schwer« geworden. Gefordert wurde eine Rück­besinnung auf die überwiegend handelspolitische Agenda und die schmale gouvernementale Struktur der Anfangsjahre zulasten sozialer und politischer Themen und Institutionen, die später hinzugekommen waren. So entschieden beispielsweise die Präsi­denten des Blocks im Jahr 2019, die Direktwahl der Abgeordneten zum Parlament des Mercosur (Parlasur) durch die Bürgerinnen und Bürger abzuschaffen und zu der Methode zurückzukehren, Delegierte aus den jeweiligen Nationalparlamenten zu entsenden. Ins­gesamt konnten diese Anpassungsbestrebungen die zentrifugalen Dynamiken jedoch nicht bremsen, und das Desinteresse am regionalen Markt wuchs weiter.

Die grundsätzliche Skepsis der Bolsonaro-Regie­rung gegenüber dem Mercosur materialisierte sich bereits im Januar 2019 in der Entscheidung, die Auf­schrift »Mercosul«, welche die Pässe der vier Mitgliedstaaten tragen, aus dem brasilianischen Pass zu ent­fernen und durch das Wappen der Republik zu erset­zen. Dem Außenministerium zufolge zielte die Maß­nahme darauf ab, »die nationale Identität und die Liebe zum Vaterland zu stärken«.65 Diese Haltung gipfelte immer wieder in der Drohung mit einem Austritt, der jedoch bis heute nicht vollzogen wurde. Bereits vor dem Sieg des Peronismus in Argentinien bei den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2019 hatten Präsident Bolsonaro und sein Finanzminister Paulo Guedes angekündigt, Brasilien werde den Mercosur verlassen, sollte es im Nachbarland zum Linksruck kommen. Sie bezweifelten, dass Alberto Fernández und Cristina Kirchner als Präsident und Vizepräsidentin Argentiniens »auf dem Weg der Demo­kratie und der Freiheit bleiben wollen«.66 Bolsonaro und Guedes erwarteten von der Casa Rosada in Buenos Aires eine protektionistische Wirtschaftspolitik. Hier konvergieren und verstärken sich zwei Konfliktlinien: Die eine betrifft den Mercosur, die andere die brasilia­nisch-argentinische Zusammenarbeit.

Distanzierung von Argentinien

Seit Beginn seiner Präsidentschaft pflegte Bolsonaro ein distanziertes Verhältnis zu Argentinien, auch schon zu Zeiten der konservativen Regierung von Mauricio Macri (2015–2019). Dies ist im Kontext einer Abwendung von der Region und des Strebens anzusehen, die USA als das strategische Partnerland zu gewinnen – eine Rolle, die seit der Redemokratisierung eigentlich Argentinien zugedacht war. Das Nachbarland repräsentiert aber auch viel von dem, was Bolsonaro aus gesellschaftlicher und wirtschaftspolitischer Perspektive öffentlich kritisiert. Entgegen der bilateralen Tradition führte Bolsonaros erste Auslandsreise nicht nach Argentinien. Nachdem er im ersten Monat seiner Präsidentschaft am Welt­wirtschaftsforum in Davos teilgenommen hatte, be­suchte er im März 2019 Präsident Donald Trump in den USA. Im selben Monat traf sich Bolsonaro in Santiago de Chile mit weiteren südamerikanischen Staatsoberhäuptern und stattete wenig später Israel einen Staatsbesuch ab. Argentinischen Boden betrat er erst im Juni 2019 nach einer zweiten Reise in die USA. Die zweite und bisher letzte Argentinien-Reise absolvierte Bolsonaro einen Monat später, als er am Mercosur-Gipfeltreffen teilnahm. Der Machtwechsel in Buenos Aires im selben Jahr vergrößerte den Graben zwischen den Regierungen der Nachbarländer. Der brasilianische Präsident weigerte sich, Fernández zu seinem Wahlsieg zu gratulieren, und blieb seiner Amtseinführung im Dezember 2020 fern. Bolsonaro hatte sich öffentlich für die Wiederwahl des Kontrahenten Macri eingesetzt und Kirchner und Fernández als »linke Banditen« bezeichnet. Fernández wiederum hatte sich im Wahlkampf kritisch über Bolsonaro und mit großer Sympathie für Lula geäußert. Das erste (und bisher letzte) bilaterale Treffen zwischen den beiden Präsidenten zusammen mit den Außenministern Ernesto Araújo und Felipe Solá fand Ende November 2020 statt – virtuell.

USA, China und die Clubs der Großen

Im Hinblick auf die Großmachtrivalität zwischen den USA und China machte Bolsonaro bereits wäh­rend seines Wahlkampfes die Positionierung seiner zukünftigen Regierung deutlich: Er versprach, mit »ideologischen Blockbildungen« (alinhamentos ideológi­cos) zu brechen und stattdessen jene bilateralen Beziehungen zu intensivieren, von denen Brasilien mehr profitieren könne. Damit kündigte er eine Abkehr von China und eine Hinwendung zu den USA an. Im Februar 2018 besuchte Bolsonaro Taiwan, das von der Volksrepublik China als abtrünnige Provinz erachtet wird. So nahm der Präsidentschaftskandidat unmissverständlich Stellung gegen die Ein-China-Politik Pekings, was dort kritisch rezipiert wurde. Zwar blieben seine Präferenzen und sein Diskurs in dieser Frage, die vom ideologischen Flügel öffent­lichkeitswirksam geteilt und befördert werden, auch nach seinem Amtsantritt unverändert. Doch eine Reihe von Faktoren behinderte die gewünschte Distanzierung von China sowie die »automatische Blockbildung mit den USA Trumps«, wie sein Ansatz in der brasilianischen Politik und Wissenschaft kri­tisch bezeichnet wird. Trotz der allgemeinen Abkehr von einer am globalen Süden orientierten Außen­politik und der Hinwendung zu den USA behielten BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Süd­afrika) und IBSA (Indien, Brasilien und Südafrika) ihre institutionelle Verankerung als interregionale Mechanismen innerhalb des Itamaraty.67 Brasilien unter Bolsonaro verfolgt nach wie vor das Interesse, zu den Clubs der Großen zu gehören.

»Automatische Blockbildung« mit den USA

Bolsonaro und Mitglieder des ideologischen Flügels schauen zur nordamerikanischen Großmacht auf und sehen in ihr das Musterbeispiel für Freiheit, Marktwirtschaft und Religiosität, das es nachzuahmen gilt. Sie verstehen sich als Angehörige der ideologischen Familie Donald Trumps und haben sich dem gleichen politischen Kampf verschrieben. Ganz im Sinne des America First hatte Bolsonaro mit dem Slogan »Brasi­lien über alles« Wahlkampf gemacht. So verband die brasilianische Regierung große Hoffnungen mit den USA Trumps.

Bolsonaros erster Staatsbesuch galt im März 2019 den USA, wo sich sein Außenminister Araújo bereits im Februar auf der Suche nach politischer Unterstützung und Investitionen aufgehalten hatte. Es folgten zwei weitere Begegnungen mit Trump in den USA sowie ein bedeutender Besuch samt Kabinettsmitgliedern und Sohn Eduardo im März 2020 auf Trumps Privatanwesen Mar-a-Lago in Palm Beach.68 Präsident Trump allerdings betrat während seiner gesamten Amtszeit kein einziges Mal brasilianischen Boden.69

Abweichend von der brasilianischen Tradition der Nichteinmischung, der friedlichen Konfliktlösung und der Vermeidung unilateraler Aktionen unterstützt die Bolsonaro-Regierung ausdrücklich Ziele und Mittel der internationalen Terrorbekämpfung der USA. So begrüßte Außenminister Araújo in einer offiziellen Mitteilung die Ermordung des iranischen Generals Qasem Soleimani in Irak im Januar 2020 durch US-Kräfte. Im September 2020 unterstützte Brasilien zusammen mit anderen LAK-Staaten nicht den Kandidaten Argentiniens, sondern den später erfolgreichen Kandidaten Trumps, Mauricio Claver-Carone, im Rennen um die Präsidentschaft der Inter­amerikanischen Entwicklungsbank (Inter-American Development Bank, IDB), der wichtigsten multilate­ralen Entwicklungsfinanzierungsinstitution der west­lichen Hemisphäre.70

Brasilien möchte der OECD beitreten und bemüht sich dafür um die Unterstützung der USA.

Aus dem Treffen zwischen Trump und Bolsonaro im März 2019 in Washington ging eine Reihe von Vereinbarungen hervor. Darüber hinaus versprach die Regierung Trump Bolsonaro zum einen, Brasiliens Beitritt als Vollmitglied der OECD zu unterstützen.71 Die OECD gab im Januar 2022 den Startschuss für eine offizielle Diskussion über den Beitritt Brasiliens und weiterer fünf Länder.72 Zum anderen stellte Präsi­dent Trump die Aufwertung Brasiliens zum bevor­zugten Verbündeten außerhalb der NATO (major non-NATO ally) in Aussicht, die neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen eröffnen sollte. Sie erfolgte im Juni 2019, womit Brasilien nach Argentinien zum zweiten lateinamerikanischen Staat mit diesem privilegierten Status wurde.73 Dennoch drohte die US-Regierung im Dezember 2019 damit, die Vereinbarungen zur technologischen Kooperation und Nutzung des Alcântara Space Center im Norden Brasiliens aufzukündigen, sollte Brasilien den chinesischen Telekommunikationsausrüster Huawei nicht von der Ausschreibung für den Aufbau eines schnellen 5G-Mobilfunknetzes ausschließen.74

Während der ideologische Flügel die »automatische Blockbildung« mit Trumps USA feierte, gingen dem militärischen und dem technokratischen Flügel der Regierung manche Zugeständnisse Brasiliens an die Großmacht des Nordens zu weit: Erhebliche Bedenken äußerten etwa hochrangige brasilianische Militärs wegen der Ankündigung von Präsident Bolsonaro und Außenminister Araújo Anfang 2019, man prüfe den Bau einer US-Militärbasis auf brasi­lianischem Territorium. Als Bolsonaro bezüglich des Venezuelas-Konflikts die Möglichkeit einräumte, die USA im Falle einer Militärintervention im Nachbarland zu unterstützen, stellte der Vizepräsident, Gene­ral Mourão, unmissverständlich klar, Brasilien werde unter keinen Umständen erlauben, dass die USA Venezuela von brasilianischem Gebiet aus militärisch angreifen.

Aus brasilianischer Perspektive mangelt es den Handelsbeziehungen zu den USA an Reziprozität. Zwar entsprach Bolsonaro der Forderung Washingtons, auf eine Behandlung Brasiliens als Entwicklungsland bei Verhandlungen der Welthandelsorganisation (World Trade Organization, WTO) künftig zu verzichten. Doch in Handelsfragen erhielt Brasi­lien von der Trump-Administration keinerlei Sonder­behandlung. Im Gegenteil, Brasilien war hin und wieder Zielscheibe protektionistischer Abwehrreaktio­nen. Waren aus brasilianischer Sicht die Beziehungen mit den USA unter Trump »ausgezeichnet«, aber wenig ergiebig, so verloren sie nach dem Machtwechsel im Weißen Haus sogar ihre freundschaftliche Komponente. Für einen unguten Start mit der neuen US-Administration sorgten neben Bolsonaro einige Mitglieder des ideologischen Flügels, die in öffent­lichen Äußerungen vor allem in den sozialen Medien den Wahlsieg Bidens anzweifelten und daher großes Verständnis für den Sturm auf den US-Kongress zeig­ten. Bolsonaro erklärte, darin sehe er ein vorausschauendes Szenario für Brasilien 2022, solle man seine Wiederwahl verhindern wollen.

Vor diesem Hintergrund werden aus dem Norden nun Erwartungen an Brasília gerichtet, die nicht nur die Großmachtrivalität mit China betreffen,75 sondern auch den Schutz von Demokratie und Umwelt.76 Dennoch wird das südamerikanische Land nicht aus großen US-Initiativen ausgeschlossen. Der brasilianische Präsident gehörte zu den 40 Staatsoberhäuptern, die Biden zum virtuellen Klimagipfel im April 2021 einlud. Brasilien nahm zudem mit mehr als 100 weite­ren Staaten am Gipfel für Demokratie teil, den die US-Regierung im Dezember 2021 in Washington ausrich­tete.

Im ökonomischen Sog Chinas

Zusammen mit Bolsonaro pflegt der ideologische Flügel eine aggressive Rhetorik gegenüber China, die unter anderem im Antikommunismus dieses Flügels und seiner Abneigung gegen die nichtwestliche Welt gründet. Seine Mitglieder und der Präsident bezichtigen die asiatische Großmacht, Brasilien zu kaufen oder in die ökonomische Abhängigkeit zu drängen.77 Auf diese Anschuldigungen reagieren Peking und die chinesische Botschaft in Brasília immer wieder mit Klarstellungen und Warnungen. Die diskursiven Spannungen waren jedoch kein Hindernis für gegen­seitige Staatsbesuche im Jahr 2019: Bolsonaro reiste im Oktober zum ersten und bisher letzten Mal nach China, wo er sich mit Premierminister Li Keqiang und Präsident Xi Jinping traf. Letzterer nahm wiederum einen Monat später am Treffen der BRICS in Brasilien teil.

China ist heute der wichtigste Handelspartner Brasiliens. Im Jahr 2009 zog es an Argentinien und den USA vorbei und überholte 2013 auch die EU.78 Gemessen am Wert,79 gingen im Jahr 2020 rund 32 Prozent der brasilianischen Exporte nach China, aber nur etwa 10 Prozent in die USA und ungefähr 4 Prozent nach Argentinien. Im Unterschied zu den USA, denen gegenüber Brasilien ein Handelsdefizit aufweist, sorgte China zwischen Januar und August 2021 für rund 67 Prozent des gesamten brasilianischen Handelsüberschusses.80 Allerdings handelt es sich bei den brasilianischen Exporten nach China überwiegend um Rohstofflieferungen.

Chinas Bedeutung für Brasilien wächst auch im Bereich Investitionen und im Finanzsektor.

Obwohl immer noch hinter der EU und den USA, ist China mittlerweile auch zum bedeutenden Inve­stor in Brasilien avanciert. Was die Herkunft der Investitionsströme (inflow) nach Brasilien betrifft, wechselten sich die USA und China zwischen 2010 und 2017 mehrmals auf dem ersten Platz ab. Die ausländischen Direktinvestitionen (ADI) Chinas in Brasilien fließen vor allem in den Stromsektor (48 Prozent). China Three Gorges Corporation ist das zweitgrößte Stromerzeugungsunternehmen mit privatem Kapital in Brasilien. Auch in den Bereichen Öl und Gas sowie Bergbau sind chinesische Investi­tionen stark vertreten. Die Intensivierung der Wirt­schaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zog chinesische Aktivitäten im Infrastruktur- und im Finanzsektor Brasiliens nach sich.

Im Pandemiejahr 2020 verschärfte sich der Anti-China-Diskurs in Teilen der brasilianischen Regierung: Dem asiatischen Land wurde vorgeworfen, das Coronavirus erfunden und Impfstoffe gegen Covid-19 entwickelt zu haben, die nicht wirken. Daher wandte sich Bolsonaro zunächst gegen den Kauf chinesischer Impfstoffe, die in Nachbarländern relativ schnell in Umlauf kamen. Erst als der Zugang zu alternativen Vakzinen sich als schwierig erwies, gab er nach. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings seit einigen Monaten ein Abkommen zwischen der Regierung des Bundesstaats São Paulo und des chinesischen Pharmaunternehmens Sinovac in Kraft. Es sieht vor, dass dessen Impfstoff CoronaVac auch vom brasilianischen bio­medizinischen Forschungszentrum Instituto Butantan hergestellt wird. Dieser Impfstoff, ob importiert oder in Brasilien produziert, wurde schließlich als erster in Brasilien verabreicht, nämlich ab Januar 2021. Bisher wurde er auch am meisten eingesetzt.

Andererseits bemühen sich der technokratische und der militärische Flügel, gute Beziehungen mit China zu pflegen: Angetrieben durch die Exportinter­essen des Agrobusiness, versuchte etwa Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina immer wieder, die Konfrontation mit China abzumildern, und wurde nicht müde, die gute Zusammenarbeit zu betonen. Im Juni 2019 unterstützte sie öffentlich im Namen Brasiliens die später erfolgreiche Kandidatur des Chinesen Qu Dongyu als Generaldirektor der VN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO). Ähnlich verhält sich Vizepräsident Mourão, der stets für eine »pragmatische und flexible« Außen(handels)­politik plädiert und einen Tag nach seiner Amtseinführung Vertreter der chinesischen Handelskammer empfing. Fünf Monate später nahm er an einem Treffen der Hochrangigen chinesisch-brasilianischen Kommission für Konsultation und Zusammenarbeit (Comissão Sino-Brasileira de Alto Nível de Concerta­ção e Cooperação, COSBAN) in Peking teil.81 Und im November 2020, einen knappen Monat nach Bolso­naros medienwirksamer Absage an den chinesischen Covid-19-Impfstoff, trat Brasilien der Asiatischen Infrastrukturinvestitionsbank (Asian Infrastructure Investment Bank, AIIB) bei. Der chinesischen Initia­tive Neue Seidenstraße, der mittlerweile 20 LAK-Länder, darunter Argentinien, angehören, bleibt Brasilien weiterhin fern.

IBSA im Schatten von BRICS

Unter der Präsidentschaft Bolsonaros wurde Brasiliens Teilnahme an den Dialogforen IBSA und BRICS nicht in Frage gestellt. Hochrangige Zusammenkünfte, aber vor allem Arbeitstreffen in verschiedenen Politik­feldern finden weiterhin in regelmäßigen Abständen statt. Doch aufgrund des politischen Gewichts der BRICS-Mitglieder China und Russland ist diese Gruppe für Brasília wichtiger als IBSA, zumal die demokratische Verfasstheit der IBSA-Mitgliedstaaten lediglich auf der rhetorischen Ebene für die brasilianische Regierung eine Rolle zu spielen scheint. IBSA behält einen Sonderstatus als Plattform, wenn es darum geht, für eine Reform des VN-Systems, vor allem des VN-Sicherheitsrats, zu plädieren. Dies ist stets ein Anliegen Indiens, Brasiliens und Südafrikas, die nicht zu den ständigen Mitgliedern gehören.82

Brasilien hatte im Jahr 2019 den rotierenden BRICS-Vorsitz inne und richtete daher das XI. Gipfeltreffen im November in Brasília aus, das unter dem Motto »Wirtschaftswachstum für eine innovative Zukunft« stand. Darüber hinaus organisierte die brasilianische Präsidentschaft im Laufe des Jahres mehr als 100 Zu­sammenkünfte, darunter 16 auf Ministerialebene. Doch Bolsonaro sagte das BRICS-Outreach ab, einen Parallelgipfel, bei dem die Staatsoberhäupter der Region des gastgebenden Landes – in diesem Falle LAK – zu einem Treffen mit den BRICS-Präsidenten eingeladen werden. Grund für die Absage waren un­überbrückbare Differenzen über eine spezielle Perso­nalie: Bolsonaro, der als einziger in der Gruppe Juan Guaidó als legitimen Präsidenten Venezuelas an­erkennt, hatte ungeachtet der Einwände der übrigen Mitgliedstaaten darauf bestanden, ihn einzuladen.

Auch wenn Spannungen zwischen den beteiligten Ländern die Gruppe belasten, kann diese gleichwohl zur Stabilisierung der bilateralen Beziehungen bei­tragen.83 Präsident Bolsonaro sieht in BRICS ein Ko­ordinationsforum, das unter anderem als Motor einer Modernisierung der WTO und einer Reform der VN fungieren kann.84 Institutionell entwickelt sich BRICS weiter: Die 2014 gegründete Neue Entwicklungsbank (New Development Bank, NDB) kündigte im September 2021 an, dass sie Bangladesch, Uruguay und die Vereinigten Arabischen Emirate als neue Mitglieder aufnehmen werde. Im April 2022 befürwortete Finanzminister Guedes einen Beitritt Argentiniens zur NDB, jedoch nicht zu BRICS.85

Der russisch-ukrainische Konflikt belastet die Beziehungen innerhalb der BRICS-Gruppe.

Seit dem 24. Februar 2022 treibt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine einen Keil zwischen die Mitglieder des Forums. Bolsonaro besuchte Präsi­dent Wladimir Putin wenige Tage zuvor, trotz War­nungen aus Washington und kritischer Stimmen innerhalb der brasilianischen Exekutive. Bolsonaro sieht im russischen Präsidenten (»ein Konservativer wie wir«) einen Gleichgesinnten. Doch nicht alle im brasilianischen Kabinett hegen die gleiche Sympathie für den Mann an der Spitze des Kremls. Als Vize­präsident Mourão den russischen Angriff aufs Schärf­ste kritisierte, wies Bolsonaro ihn mit dem Hinweis in die Schranken, er sei für außenpolitische Fragen nicht zuständig. In diesem Zusammenhang erinnerte der Präsident daran, wie abhängig Brasilien von russischem Düngemittel ist. Von den brasilianischen Gesamtimporten dieses Produktes stammen 25 Pro­zent aus Russland.

Brasilien gehört zur jener Ländergruppe, die in der russisch-ukrainischen Frage für eine gewisse Neutra­lität optiert. Dabei gerät das südamerikanische Land jedoch in Ambivalenzen und Widersprüche, vor allem zwischen den Aussagen des Präsidenten und den vom Itamaraty vertretenen Positionen in inter­nationalen Foren. Brasilien war einer der Staaten, die in der Sondersitzung des ständigen Rates der Orga­nisation Amerikanischer Staaten (OAS) die später be­schlossene Erklärung über »Die Krise in der Ukraine«,86 die den russischen Einmarsch verurteilte, nicht unter­stützten. Otávio Brandelli, brasilianischer Botschafter bei der OAS, erklärte, man müsse die Bedenken Russ­lands berücksichtigen, »vor allem in Bezug auf das Gleichgewicht der Truppen und stra­tegischen Waffen im europäischen Kontext«, auch wenn dies »der Rus­sischen Föderation nicht das Recht gibt, Gewalt an­zuwenden und die territoriale Integri­tät und Souverä­nität eines anderen Staates zu bedro­hen«.87 Doch Brasilien votierte am 25. Februar im VN-Sicherheits­rat, dem es 2022–23 als nichtständiges Mitglied angehört, für eine Verurteilung der russi­schen Inva­sion, während sich Indien, China und Südafrika enthielten. Weil Russland jedoch sein Veto einlegte, scheiterte die Resolution. Brasilien unterstützte auch die Einberufung einer Sondersitzung der VN-Vollversammlung (United Nations General Assembly, UNGA) unter dem Motto »Vereinigt für den Frieden«.88 Schließlich enthielt es sich aber bei der Abstimmung über Russlands Suspendierung vom VN-Menschen­rechtsrat (United Nations Human Rights Council, UNHRC). Das Itamaraty begründete89 dies damit, der Ausschluss Russlands würde zur Pola­risie­rung und Politisierung der Diskussion in diesem Organ bei­tragen und eine Friedensfindung erschweren. Es gelte vielmehr, Dialogräume offen zu halten.

EU und Deutschland

Die brasilianische Abkehr von einer Süd-Süd-Politik bedeutete keineswegs eine Hinwendung zu Europa. Eine Reihe von Positionen Bolsonaros und des ideo­logischen Flügels belasten die Beziehungen mit der EU und Deutschland. Dabei handelt es sich um die Fixierung auf die USA zu Zeiten Trumps, die Pflege illiberaler Werte, den ausgeprägten Nationalismus, das starke Interesse an einer Ausbeutung der Natur auf Kosten des Schutzes der Umwelt und der Rechte Indigener sowie die Kritik an Global Governance. Weniger Veränderung erfuhren die Handelsbeziehungen. Brasilien ist weiterhin, gemessen am Wert, der Haupthandelspartner der EU in LAK (der elft­größte weltweit im Jahr 2021)90 wie auch Deutschlands. Doch nicht zuletzt aufgrund der politischen Spannungen scheint der Abschluss eines Assoziierungsabkommen zwischen dem Mercosur und der EU in weite Ferne gerückt zu sein. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen steht die Umweltgovernance der brasilianischen Regierung, welche auch die Bedingungen für die deutsch-brasilianische Kooperation erschwert.

Breitgefächerte Beziehungen mit abnehmender Dynamik

Nicht erst unter Bolsonaros Präsidentschaft verloren die brasilianisch-europäischen Beziehungen an Dynamik. Diese Entwicklung ist auch im Kontext der stagnierenden biregionalen Beziehungen zu sehen. Zwischen 1999 und 2015 waren im Rahmen der Bi­regionalen Strategischen Partnerschaft alle zwei Jahre Gipfeltreffen91 zwischen LAK bzw. CELAC und EU abgehalten worden. Erst nach einer sechsjährigen Unterbrechung konnten sie im Dezember 2021 in Form eines EU-LAK-Videogipfels92 wiederaufgenommen werden. Die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Mercosur, bei dem rund 80 Prozent der Bevölkerung und des Bruttoinlandsprodukts auf Brasilien fallen, wurde bereits 1995 in einem inter­regionalen Rahmenabkommen institutionalisiert. Dessen Hauptziel war der anvisierte Abschluss eines Assoziierungsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur. Indes trat das Rahmenabkommen erst im Juli 1999 in Kraft. Seitdem wird mit mehr­jährigen Unterbrechungen über das Assoziierungs­abkommen verhandelt. Brasilien und die EU sind seit 2007 durch eine strategische Partnerschaft verbunden, die neben Dialog und Zusammenarbeit in ver­schiedenen Themenfeldern wie etwa Menschenrechte und Umweltschutz auch Gipfeltreffen vorsieht. Das letzte fand jedoch im Jahr 2014 unter der Präsidentschaft von Rousseff statt.93

Brasilien ist strategischer Partner der EU und Deutschlands.

Brasilien ist das einzige LAK-Land, mit dem Deutschland seit 2008 eine strategische Partnerschaft unterhält. Diese umfasst vielfältige bilaterale wie globale Bereiche der Zusammenarbeit. Im Jahr 2015 fanden in Brasília die ersten deutsch-brasilianischen Regierungskonsultationen statt, an denen Präsidentin Rousseff und Bundeskanzlerin Angela Merkel teil­nahmen – und sie waren auch bisher die letzten auf höchster Ebene. Brasilien ist eins von acht Ländern weltweit (von drei in LAK), die das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) als Globale Partner94 einstuft. Die Schwer­punkte der entwicklungspolitischen Kooperation sind Wald- und Bio­diver­si­täts­schutz, erneuer­bare Energien und Energie­effizienz sowie nach­haltige Stadtentwicklung. Kooperationsvorhaben bestehen aber auch zwischen weiteren deutschen Bundes­ministerien95 und staatlichen Institutionen in Brasi­lien auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene sowie mit der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft. Dabei handelt es sich nicht nur um die Fortsetzung laufender Projekte, sondern auch um einige, die wie beispielsweise der deutsch-brasilianische Agrar­politische Dialog (APD, ab 2020)96 unter der Präsidentschaft Bolsonaros starteten. Zudem gibt es weiterhin Maßnahmen mit und in Brasilien im Rahmen der Lateinamerika-und-Karibik-Initiative des Auswärtigen Amtes, die 2019 ins Leben gerufen wurde.97

Zankapfel Regenwald

Es sind vor allem Fragen der brasilianischen Umweltgovernance und dabei in erster Linie des Schutzes des Amazonas-Regenwalds, die im Mittelpunkt der Debat­ten zwischen Brasilien und der EU bzw. Deutschland stehen.98 Mittlerweile wurde eine Einigung zwischen der EU und dem Mercosur erreicht, so dass das an­gestrebte Assoziierungsabkommen als zweigliedriger Entwurf steht: Der erste, handelspolitische Teil99 wurde im Juni 2019 zwischen der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission und den Mercosur-Staaten vereinbart. Förderlich hierfür war die marktfreundliche Konvergenz der Regierungen unter den Präsidenten Macri in Argentinien und Bolsonaro in Brasilien. Der zweite, noch unveröffentlichte politische Teil zu Dialog und Zusammenarbeit wurde im Juni 2020 zwischen dem Europäischen Aus­wärtigen Dienst (European External Action Service, EEAS) und den Ländern des Mercosur beschlossen.100 Auf Seiten des Mercosur müssen Verträge mit Einzel­staaten oder Staatenblöcken stets bilateral von den nationalen Parlamenten der Mitgliedsländer ratifiziert werden. Da es sich bei diesem Assoziierungs­abkommen um ein sogenanntes gemischtes Abkommen handelt, ist zudem notwendig, dass sämtliche 27 EU-Staaten es ratifizieren. Dieser hohen institu­tionellen Schwelle haben sich jedoch unterdessen noch höhere politische Hürden hinzugesellt.

Wenige Tage nach der Vereinbarung der handelspolitischen Komponente wurden auf europäischer Seite Stimmen laut, die das Assoziierungsabkommen in Frage stellten: Aus Regierungen oder Parlamenten etwa in Frankeich, Österreich, Dänemark und Deutsch­land war zu vernehmen, das Assoziierungsabkommen stelle eine Gefahr für das brasilianische Amazonas­gebiet dar. Die Konfrontation zwischen Bolsonaro und europäischen Staatsoberhäuptern verschärfte sich im August 2019 im Zuge der massiven Waldbrände in Brasilien. Frankreichs Präsident Macron schrieb in einem Tweet »Unser Haus brennt. Wort­wörtlich.« und bebilderte diesen mit einem alten Waldbrand-Foto. Er schlug auch vor, das Thema auf die Tagesordnung des G7-Gipfels in Biarritz zu setzen.101 Dies bewertete Bolsonaro als kolonialistisch und beschuldigte Nichtregierungsorganisationen, Umweltverbrechen im Amazonasgebiet zu begehen. Außer­dem bezichtigte er die europäischen Regierungen, sie seien von Gier nach Naturressourcen getrie­ben und hätten eine Desinformationskampagne gegen die brasilianische Regierung in Gang gesetzt. Einen solchen Diskurs nutzt Bolsonaro nicht nur innen­politisch, sondern trägt ihn bisweilen auch internatio­nal wirksam vor, so etwa auf dem VN-Gipfel zur bio­logischen Vielfalt in New York im September 2020.102

Auch aus der Zivilgesellschaft erklingen kritische Stimmen zum Assoziierungsabkommen zwischen EU und Mercosur.

Neben den Defiziten bei der Durchsetzung von Arbeitsrechten ist es ebenfalls die Umweltpolitik der Regierung Bolsonaro, welche die Bedenken des Europäischen Parlaments (EP) über ein Assoziierungsabkommen mit dem Mercosur nährt. In einem Beschluss vom Oktober 2020 sprach sich das EP gegen seine Ratifizierung in der aktuellen, handelsbezogenen Form aus.103 Dieser Kritik schlossen sich Nicht­regierungsorganisationen wie etwa Greenpeace104 und AllRise105 an, wobei ihre Stimmen auf der europäischen Seite viel lauter ertönten als auf der südamerikanischen. Mittlerweile wird – besonders in Europa – diskutiert, unter welchen Bedingungen eine Rati­fizierung des biregionalen Assoziierungsabkommens möglich wäre. Zu den verhandelten Optionen gehö­ren eine vertragsrechtliche Anpassung wie die Hin­zu­fügung einer interpretativen Erklärung, die Ergänzung durch ein gesondertes Protokoll sowie eine kom­plette Neuverhandlung.

Vor allem um die Regenwald-Frage drehen sich auch die Spannungen zwischen Brasilien und Deutschland. Im Jahr 2019 stoppte Deutschland die Zahlungen an den Amazonienfonds für Wald- und Klimaschutz.106 Bald darauf folgte Hauptgeber Norwegen.107 Diese Klimafinanzierungsinitiative, die Brasilien 2008 gestartet hatte, sieht Maßnahmen zur Vermeidung, Kontrolle und Bekämpfung der Entwaldung sowie zur Förderung der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung im brasilianischen Amazonasgebiet vor. Seit 2019 gab es jedoch keine weiteren neuen Projektzusagen aus Deutschland, da die Steue­rungsstruktur des Fonds ausgehebelt wurde.108 Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Inter­nationale Zusammenarbeit (GIZ) ging die Entwaldung ab 2004 deutlich zurück, steigt aber seit 2012 erneut an. War die Entwaldungsrate schon 2019 und 2020 deutlich in die Höhe gegangen, legte sie 2021 noch einmal um 22 Prozent zu.109

Abbau der Umweltgovernance

Bereits unter Präsident Temer hatte die brasilianische Regierung damit begonnen, die Umweltschutzregulie­rung zu flexibilisieren. Die Bolsonaro-Regierung trieb diese stark voran.110 Im Einklang mit dem ideologischen Flügel und dabei vor allem mit Ricardo Salles, bis Juni 2021 Umweltminister, pflegt Bolsonaro im Bereich Umwelt- und Klimaschutz ein ambivalentes Diskursmuster. Einerseits wird innenpolitisch, bis­weilen auch über die nationalen Grenzen hinaus, im rechtspopulistischen Stil gegen die brasilianische und die internationale Umweltgovernance agitiert. Andererseits werden von offizieller Seite auf inter­nationalen Foren – etwa beim von US-Präsident Biden initiierten Leaders Summit on Climate oder beim COP26 in Glasgow 2021 – empirische Daten, poli­tische Pläne und technische Programme präsentiert, die suggerieren, die Bolsonaro-Regierung hätte sich die Rettung der Natur auf die Fahnen geschrieben.

Ein derartiges umweltpolitisches Engagement lässt sich allerdings nicht feststellen – im Gegenteil: Auf internationaler Ebene räumt Brasilien das Feld. Zwar ist das Land nicht aus dem Pariser Abkommen ausgestiegen, wie es Bolsonaro im Wahlkampf an­gekündigt hatte. Dennoch spielte er als noch nicht amtierender, aber bereits gewählter Präsident eine ausschlaggebende Rolle bei der Entscheidung der Temer-Regierung, die Kandidatur für die Ausrichtung der VN-Klimakonferenz COP25 im Jahr 2019 zurück­zuziehen.111 Auf nationaler Ebene wurden umwelttechnische Über­wachungsinstanzen empfindlich geschwächt, indem die Regierung Kompetenzen ver­lagerte, Mittel kürzte, Personal austauschte und die zivilgesellschaftliche Beteiligung einschränkte.

Der militärische Flügel der Regierung betrachtet den Amazonas-Regenwald aus sicherheitspolitischer Perspektive.

Zahlreiche Fachkräfte in den Umweltschutzbehörden wurden durch Mitglieder der Streitkräfte ersetzt. Spielt der militärische Flügel in anderen Politik­feldern gegenüber dem ideologischen Flügel oft eine moderierende Rolle, bringt er hier eher eine zusätz­liche nationalistisch-sicherheitspolitische Perspektive hinein. Seit jeher gehört der Amazonas zu den Regio­nen, die in Konfliktszenarien der brasilianischen Streitkräfte höchste Aufmerksamkeit genießen. Teile der Wirtschaft hingegen, allen voran exportorien­tierte Unternehmen des Agrobusiness, beklagen öffentlich, die Regenwald-Politik der Regierung sei geschäftsschädigend.112

Religion in der Außenpolitik

Gemäß seinem Motto »Brasilien über alles, Gott über allen« versprach Bolsonaro in seinem Wahlkampf für das Präsidentenamt, Gott und der (christlichen) Religion mehr Raum in der Politik zu geben, denn der Staat sei zwar säkular, Brasilien und die Brasilianer jedoch zutiefst christlich. Damit versuchte er nicht nur einer vermeintlichen brasilianischen Mehrheit gerecht zu werden, sondern auch einem gewichtigen Sektor seiner Wählerschaft, besonders den Evange­likalen. Ihnen verdankt Bolsonaro in hohem Maße seinen Wahlsieg. Die Evangelikalen haben unter seiner Präsidentschaft eine sichtbare symbolische wie institutionelle Aufwertung erfahren. Nach wie vor bilden sie jene Gruppe in der Bevölkerung, die Auf­tritt und Leistung von Bolsonaros Regierung mit Abstand am besten bewertet.

Die Gottesbezüge und religiösen Argumente im Diskurs der Bolsonaro-Regierung dienen nicht nur als politisches Instrument, sondern auch als Bekenntnis, denn sie sind Ausdruck der Glaubensüberzeugungen vieler Regierungsmitglieder, allen voran des ideologischen Flügels. Innerhalb dieses Flügels konvergieren der christliche und der politische Konservatismus in eine religiöse Rechte. Sie prägte die Außenpolitik besonders unter Araújo, der in Regierungen einiger Staaten wie etwa Polen und Ungarn Gleichgesinnte sah. In diesem Kontext sind drei Entwicklungen zu beobachten: die Intensivierung der bilateralen Bezie­hungen mit Israel, der Wandel in der Afrikapolitik sowie die veränderten Positionen Brasiliens in inter­nationalen Foren zu Genderfragen und zur Lage der christlichen Gemeinschaften in der Welt.113

Freundschaft zu Israel

Im Gegensatz zu den vorherigen PT-Regierungen, die in ihrer auf den globalen Süden ausgerichteten Außenpolitik eine eher propalästinensische Haltung pflegten, betrachtet Bolsonaro Israel als Verbündeten Brasiliens. Besonders eng war der politische Dialog zwischen den beiden Regierungen unter Premier­minister Benjamin Netanjahu, der bis Juni 2021 im Amt war. Schon im Wahlkampf hatte Bolsonaro er­klärt, er wolle die brasilianische Botschaft nach dem Vorbild der USA von Tel Aviv nach Jerusalem ver­legen. Damit suchte er nicht nur der politischen Rech­ten Tribut zu zollen und die angestrebte Annäherung an die USA voranzutreiben, sondern auch der Bedeu­tung des Heiligen Landes für das Christentum und besonders den evangelikalen Glauben gerecht zu werden. Doch das Projekt Botschaftsumzug musste herabgestuft werden: Einige Mitglieder des techno­kratischen Flügels befürchteten, darunter werde der Export von Halal-Fleisch an die arabischen Länder leiden. Im Dezember 2019 wurde lediglich ein brasi­lianisches Handelsbüro in Jerusalem eröffnet, was als erster Schritt zur vollständigen Verlegung der diplomatischen Vertretung präsentiert wurde.

Zum brasilianisch-israelischen Verhältnis kon­statierte Filipe Martins, Bolsonaros außenpolitischer Berater im Präsidialamt und Angehöriger des ideo­logischen Flügels: »[D]urch seine Freundschaft mit Israel wird Brasilien weiterhin einen Beitrag zu den Bemühungen um den Schutz des Heiligen Grabes und anderer christlicher heiliger Stätten in Jerusalem leisten.«114 Anlässlich des »Marsches für Jesus« im August 2019, einer evangelikalen Massenveranstaltung, auf der israelische Flaggen geschwungen wurden, pries Bolsonaro in seiner Rede das Judentum als Ursprung des Christentums und erklärte, Israel sei ein Vorbild, dem er in Brasilien nacheifern wolle. Ende März 2019 stattete Bolsonaro Israel kurz vor den dortigen Parlamentswahlen einen Staatsbesuch ab. Gemeinsam mit dem israelischen Regierungschef besuchte er die Klagemauer in Ost-Jerusalem. Nach Angaben des israelischen Außenministeriums war dies eine Premiere für einen amtierenden Staatschef.115

Seit Beginn von Bolsonaros Präsidentschaft und im Gegensatz zur PT-Politik setzte sich Brasilien im Rahmen der VN für Israel ein. So stimmte Brasilien im März 2019 gegen eine Resolution des UNHRC, die Israels offensichtlich vorsätzliche Anwendung rechts­widriger tödlicher und anderer übermäßiger Gewalt gegen zivile Demonstranten in Gaza verurteilte und forderte, dass die Täter in der Enklave vor Gericht gestellt werden. Im Juni 2020 lehnte Brasilien eine wei­tere UNHRC-Resolution ab, in der Rechenschaft für schwere Verstöße gegen das Völkerrecht in den besetz­ten palästinensischen Gebieten verlangt wurde und die schließlich die Zustimmung der Mehr­heit fand.

Geräumtes Terrain in Afrika

Obwohl die brasilianische Afrikapolitik an Schwung verloren hat, engagieren sich Kongressmitglieder, die der überparteilichen Evangelikalen Parlamenta­rischen Front (Frente Parlamentar Evangélica, FPE) und großen evangelikalen Kirchen angehören, außen­politisch für diesen Kontinent. Darüber hinaus sind die Evangelikalen zu einer treibenden Kraft der brasi­lianischen Afrikapolitik geworden und haben in die­ser Rolle brasilianische Unternehmen ersetzt. Letztere hatten unter der PT-Präsidentschaft ihre Akti­vitäten international stark ausgeweitet, sich aber dann infolge ihrer Verwicklungen in den großen Kor­ruptionsfall Lava Jato auf die nationalen Geschäfte zurückgezogen. Afrika gilt heute als Ort der größten Ausbreitung des Christentums in der Welt; verschiedene brasilianische Missionsorganisationen sind dort tätig. Zugleich ist es eine Region, in der evangelikale Interessen mit der außenpolitischen Agenda anderer Gruppen wie dem technokratischen und dem militärischen Flügel nicht kollidieren.

Zu Beginn der Legislaturperiode Anfang 2019 hatten evangelikale Abgeordnete des nationalen Par­la­ments den Vorsitz von sieben der acht parlamen­ta­rischen Freundschaftsgruppen zwischen Brasilien und afrikanischen Nationen übernommen. Als Außen­minister Araújo im Dezember 2019 in fünf afrikanische Länder reiste, ließ er sich von drei Kongress­abgeordneten begleiten, zwei von ihnen Pastoren und Mitglieder der FPE, die an religiösen Aktivitäten in Afrika teilnahmen. Unter ihnen war der Abgeordnete Márcio Marinho, der Hauptgesprächspartner des brasilianischen Kongresses mit der Gemeinschaft der portugiesischsprachigen Länder und zugleich Bischof der evangelikalen Universalkirche des Reiches Gottes (Igreja Universal do Reino de Deus, IURD). In dieser Kirche ist er für Afrika-Angelegenheiten verantwortlich. Über die Afrika-Politik hinaus pflegte der erste Außenminister Bolsonaros enge Beziehungen zur FPE: Araújo empfing bereits im Juni 2019 eine Gruppe von Abgeordneten im Itamaraty zu einem »Außen­politischen Dialog mit evangelikalen Parlamentariern« und nahm an der Nationalen Konferenz der FPE im Dezember 2019 teil.

Wertebezogene Positionen

Der Einfluss der Religion und einer sozialkonserva­tiven Agenda auf die Außenpolitik zeigt sich auch in den Positionen Brasiliens in internationalen Organi­sationen. Damit nimmt das Land Abstand von der liberal-progressiven Haltung der Vorgängerregierungen, aber zum Teil auch von einer langjährigen brasi­lianischen Tradition. Dies erfolgt im Einklang mit der Politik des brasilianischen Ministeriums für die Frau, die Familie und die Menschenrechte, das bis März 2022 von der evangelikalen Pastorin Damares Alves geleitet wurde. Sie ist eine prominente Gegnerin der Legalisierung der Abtreibung sowie einer säkularen und genderpluralistischen Sexualkunde in den Schulen. Alves hatte schon 2019 verkündet, sie wolle konservativ-christlichen Werten, die unter der »Dik­tatur einer linken Minderheit in den Medien, den Uni­versitäten und Nichtregierungsorganisa­tionen« stark vernachlässigt worden seien, wieder Geltung verschaffen.116

Dieser Ansatz findet seinen Niederschlag etwa im Einspruch Brasiliens gegen die Verwendung des Begriffs Gender in Dokumenten und Beschlüssen internationaler Organisationen, der durch die Welt­bevölkerungskonferenzen (International Conference on Population and Development, ICPD) in Kairo 1994 eingeführt wurde. Im UNHRC votierte Brasilien gegen die Inklusion der Begriffe »Sexual- und Reproduktionsrechte« und »Sexualkunde« in dessen Beschlüssen.117 Auf einer VN-Konferenz im März 2019 sprach sich die Bolsonaro-Regierung dagegen aus, dass der universelle Zugang zu reproduktiven und sexuellen Gesundheits­diensten im Dokument erwähnt wird. Die Begrün­dung lautete, solche Äußerungen könnten zu einer »Förderung von Abtreibung« führen.118

Im November 2019 nahm Brasilien, vertreten durch den Sekretär für nationale Souveränität und Staatsbürgerschaftsangelegenheiten des Itamaraty, Fabio Mendes Marzano, an einer Konferenz in Buda­pest gegen weltweite Christenverfolgung teil. Eröffnet wurde die Konferenz vom ungarischen Minister­präsidenten Viktor Orbán. In Übereinstimmung mit den neuen außenpolitischen Prioritäten der Regierung engagierte sich Marzano während seiner Rede in Budapest auf internationaler Ebene gegen die Verfolgung von Christen und erklärte, dass Religion nun ein bestimmender Faktor im Prozess der Politik­formulierung sei und die Verteidigung der christ­lichen Minderheiten in der Welt zu Brasiliens wesent­lichen nationalen Interessen gehöre. Da er ein Ver­trauter des damaligen Außenministers Araújo war, musste Marzano seinen Posten als Sekretär aufgeben, nachdem Araújo Ende März 2021 zurückgetreten war. Das für ihn vorgesehene neue Amt als Ständiger Vertreter Brasiliens im Büro der VN in Genf konnte Marzano nicht antreten, da der Senat seine Zustimmung verweigerte. Um diesen zu umgehen, wurde Marzano schließlich Generalkonsul in Paris, eine Position, die keiner parlamentarischen Aussprache bedarf.119

Fazit und Ausblick

Die Außenpolitikforschung zu den präsidentiellen Regierungssystemen Lateinamerikas hat herausgearbeitet, dass der Wandel in der Ideologie und den poli­tischen Präferenzen des Staatsoberhaupts den Haupt­erklärungsfaktor für den Wandel in der Außenpolitik bildet.120 Das trifft auch auf Brasilien unter Bolsonaro zu. Doch den außenpolitischen Bruch mit den Vor­gängerregierungen, den Bolsonaro in seinem Wahl­kampf versprochen hatte, konnte er nach seinem Amtsantritt nur teilweise umsetzen. Zwar ist auf der Diskursebene eine klare Absage an die auswärtige Politik der PT-Präsidentschaften, bisweilen sogar an die außenpolitische Tradition des Landes zu vernehmen. Zugleich gibt es aber eine Reihe von Faktoren, welche die Übersetzung des Diskurswandels in kon­krete Politik begrenzen und ihre Charakterisierung als »Bruch« relativieren.

Einige Aspekte der Außenpolitik unter Bolsonaro können als Verschärfung von Trends bewertet werden, die bereits vor seiner Amtszeit eingesetzt hatten. Dabei sind die Präsidentschaften von Rousseff (2011–2016) und Temer (2016–2018) als eine Art »zwei­stufiger Übergang« anzusehen. Hierzu gehören zu­nächst die spürbare Reduzierung des brasilianischen außenpolitischen Aktivismus unter der letzten PT-Regierung und dann der Rechtsruck, den die Über­nahme der Regie­rungsgeschäfte durch Temer infolge der Amtsenthebung Rousseffs bedeutete.

Die Außenpolitik der Regierung Bolsonaro ist keine Politik aus einem Guss, sondern das Resultat widerstreitender Ideen und Interessen innerhalb des Kabinetts, des Spannungsverhältnisses zwischen Wunsch und Wirklichkeit sowie der wachsenden Abhängigkeit der Exekutive von legislativer Unterstützung. Treibende Kraft des außenpolitischen Wandels, sowohl im Diskurs als auch im politischen Handeln, ist der ideologische Flügel der Regierung. Dieser ist stark gesinnungsethisch motiviert, und seine ideellen Grundlagen finden sich in der politi­schen Romantik konservativer Prägung, im Kulturpessimismus sowie im Rechtspopulismus. Charakteri­stisch für den ideologischen Flügel sind seine klare politische Entsäkularisierungsabsicht und sein Glaube an die Überlegenheit des Westens. Seine Mitglieder sind der (religiösen) Neuen Rechten zuzurechnen. Weil es dem ideologischen Flügel gelang, außenpoliti­sche Schlüsselpositionen in der Präsidentschaft, im Kabinett und im Kongress einzunehmen, besaß er bis Mitte 2021 großen Einfluss auf die Außenpolitik. Eingedämmt wird dieser besonders dann, wenn der militärische und der technokratische Flügel ihre Interessen durch Rhetorik und Agieren des ideologischen Flügels beeinträchtigt sehen.

Mit Personalpolitik und institutionellen Reformen versuchte der ideologische Flügel, seine Präferenzen bei der Formulierung der Außenpolitik durchzusetzen. Dabei können wichtige Kontextfaktoren die Pläne des ideologischen Flügels begünstigen oder konterkarieren. So wird die Abkehr Brasiliens von Lateinamerika durch Desintegration, politische Fragmentierung und ideologische Polarisierung in der Region gefördert. Die »automatische Blockbildung« mit den USA unter Trumps Präsidentschaft trug hingegen nicht die von Brasília erwünschten Früchte und ist nach dem Machtwechsel in Washington obsolet geworden. Und während die Rhetorik zu China abgrenzend bis feindselig ausfällt, nimmt die Bedeutung des asiati­schen Landes auf immer mehr Feldern der brasilianischen Wirtschaft unaufhaltsam zu.

Seit Bolsonaro stärker auf die Unterstützung des Kongresses und darin vor allem der Parteien des »Centrão« angewiesen ist, schrumpft – zum Teil durch erzwungene Rücktritte – der Einfluss des ideo­logischen Flügels auf die Außenpolitik. Hierzu hat auch die Covid-19-Pandemie beigetragen, die wie ein Brennglas die negativen Folgen der dem ideologischen Flügel zu­zurechnenden Positionen offenlegte. Zugleich hatten die internationalen Beziehungen unter Corona-Bedin­gungen zur Folge, dass China an Bedeutung gewann. In einer Situation, in der mate­rielle Forderungen bri­santer werden, verliert der »Kulturkampf« an Kraft.

Sollte Lula 2023 erneut Präsident Brasiliens werden, wie brasilianische Umfragen nahelegen, wird er seine »alte Außenpolitik« nicht einfach fortsetzen können. Brasilien, die Region und die Welt haben sich in der letzten Dekade stark verändert. Ein größe­res außenpolitisches Engagement Brasiliens wird aufgrund knapperer Ressourcen, gewachsener Heraus­forderungen und veränderter Partnerkonstellationen nur selektiv möglich sein. Zugleich gibt es keine Anzeichen dafür, dass Lula neue außenpolitische Konzepte oder innovative Initiativen in Vorbereitung hätte. Nach den verheerenden sozioökonomischen Folgen der Covid-19-Krise wird Wachstum und Ent­wicklung höchste Priorität des kommenden brasi­lianischen Präsidenten sein – im Spannungsverhältnis mit anderen Politikzielen.

Nach einem Wahlsieg Lulas hätten Mitglieder des ideologischen Flügels voraussichtlich keinen Platz mehr in der Regierung. Doch der Einfluss der Evan­gelikalen wird aufgrund ihres elektoralen Gewichts und ihrer parlamentarischen Repräsentation nicht ver­schwinden. Um ihre Unterstützung bemüht sich Lula bereits jetzt im Wahlkampf. Auch wenn die Militärs in der Regierung Bolsonaros bei vielen außen­politischen Fragen eine moderierende Rolle spielten, bleibt offen, inwiefern sie sich im Falle einer Abwahl aus den zivilen Strukturen des Staates zurückziehen werden.

Was die Umweltgovernance betrifft, verdichten und verstärken sich viele Divergenzen zwischen Brasi­lien und der EU bzw. Deutschland. Auf europäischer Seite dient der Schutz des Regenwaldes nicht selten als Vorwand, um den eigenen Agrarmarkt abzuschir­men. Dies ist umso kontraproduktiver, als gerade Teile des Agrobusiness in Brasilien ihre kritische Stimme gegen die Amazonas-Politik der Regierung erheben. Denn sie hegen großes Interesse an einem positiven internationalen Image des Landes, damit ihre Exportprodukte im Ausland gekauft werden. Diese Sektoren sollten weniger als »Agrarkonkurrenz« gesehen werden denn als »Agrarverbündete« auf dem Weg zu einem Assoziierungsabkommen zwischen dem Mercosur und der EU.

Governance-Vorschläge, welche die brasilianische Souveränität über den Amazonas in Frage stellen, wecken in erster Linie nationalistische und antiglobalistische Gefühle beim ideologischen Flügel, sicherheitspolitische Sorgen beim militärischen Flügel und antiimperialistische Reflexe bei Lula und Teilen der politischen Linken. Die Legitimität europäischer Vor­stöße verblasst vor dem Hintergrund mancher Poli­ti­ken der EU und Deutschlands, etwa ihrer Weigerung, Covid-19-Vakzine als globales öffentliches Gut zu behandeln.121 Mit dem Internationalisierungsdruck, ob von oben oder von außen, ist weder der Natur noch den Indigenen geholfen. Während es folgerichtig erscheint, jene Initiativen und Projekte nicht mehr zu finanzieren, die ihrem ursprünglichen Zweck nicht mehr dienen, empfiehlt es sich zugleich, bundes­staatliche Institutionen, technische Instanzen und zivilgesellschaftliche Organisationen weiterhin zu unterstützen. Diese können vor Ort Überwachungs-, Kontroll- und Advocacy-Funktionen beim Schutz des Klimas, der Umwelt und der Rechte der Indigenen ausüben.

Es ergibt wenig Sinn, rhetorisch auf »strategische Partnerschaften« zu pochen, die zwischen angeblich natürlichen Verbündeten bestehen, sich aber auf schrumpfende oder nur noch verbal beschworene Gemeinsamkeiten stützen.122 Angebracht wären stattdessen realistische Kooperationen. Dies bedeutet erstens nicht, die globale und noch weniger die regionale Bedeutung Brasiliens zu unterschätzen, sondern vielmehr die positiven wie negativen Effekte eines Assoziierungsabkommen zwischen dem Mer­cosur und der EU nicht zu überschätzen. Nicht ratsam wäre es, die vielfältigen – auch transnationalen – Beziehungen auf dieses eine Instrument zu reduzieren, das teils vertraulich verhandelt wurde, teils geheim gehalten wird und daher gesellschaftlich nicht mit­getragen werden kann.123 Realistisch wäre zweitens auch, die bestehenden strukturellen Asymmetrien und politischen Differenzen im geeigneten Rahmen zu thematisieren, damit unterschiedliche Positionen nicht erst bei abweichendem Abstimmungsverhalten sichtbar werden. Auch wenn Kohärenz als Gebot effektiver Außenpolitik und Gipfeldiplomatie als

Zeichen erfolgreicher Kooperation gelten, bieten sich drittens sektorale Fragmentierung und Herabsetzung der Einsatzebene (von der politischen auf die tech­nische bzw. von der nationalen auf die regionale und lokale) als gangbarer Weg an, um die breitgefächerte Zusammenarbeit mit Brasilien fortzusetzen. Das gilt jedenfalls so lange, wie wichtige Teile seiner Regie­rung der Überzeugung sind, Nichtregierungsorgani­sationen sowie internationale Organisationen und Regime seien vom »Kulturmarxismus« oder vom »Globalismus« dominiert.

Abkürzungsverzeichnis

ACUF American Conservative Union Foundation

AD Assembleias de Deus
Versammlungen Gottes

ADI ausländische Direktinvestitionen

AIIB Asian Infrastructure Investment Bank

ALBA Alianza Bolivariana para los Pueblos de nuestra América
Bolivarische Allianz für die Völker unseres Amerika

ANA Agência Nacional de Águas e Saneamento Básico
Nationale Agentur für Wasser und Sanitärversorgung

Anatel Agência Nacional de Telecomunicações
Nationale Telekommunikationsagentur

AP Associated Press

APD Agrarpolitischer Dialog (zwischen Deutschland und Brasilien)

BIP Bruttoinlandsprodukt

BNDES Banco Nacional de Desenvolvimento
Nationale Entwicklungsbank

BRICS Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika

CELAC Comunidad de Estados Latinoamericanos y Caribeños
Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten

CEPAL Comisión Económica para América Latina y el Caribe

CNAL Conselho Nacional da Amazônia Legal
Nationalrat für Legales Amazonien

CONAMA Conselho Nacional do Meio Ambiente
Nationaler Umweltrat

COSBAN Comissão Sino-Brasileira de Alto Nível de Concertação e Cooperação
Hochrangige chinesisch-brasilianische Kommission für Konsultation und Zusammenarbeit

CPAC Conservative Political Action Conference

CPI Comissão Parlamentar de Inquérito
Parlamentarischer Untersuchungsausschuss

DEM Democratas
Demokraten (politische Partei)

ECLAC Economic Commission for Latin America and the Caribbean

EEAS European External Action Service
Europäischer Auswärtiger Dienst

EP Europäisches Parlament

EU Europäische Union

FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations

FPE Frente Parlamentar Evangélica
Evangelikale Parlamentarische Front

FUNAG Fundação Alexandre de Gusmão
Stiftung Alexandre de Gusmão

GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit

IBAMA Instituto Brasileiro do Meio Ambiente e dos Recursos Naturais Renováveis
Brasilianisches Institut für Umwelt und Erneuerbare Naturressourcen

IBSA Indien, Brasilien, Südafrika

ICMBio Instituto Chico Mendes de Conservação da Biodiversidade
Chico-Mendes-Institut für die Erhaltung der biologischen Vielfalt

ICPD International Conference on Population and Development

IDB Inter-American Development Bank

INMET Instituto Nacional de Meteorologia
Nationalinstitut für Meteorologie

INPE Instituto Nacional de Pesquisas Espaciais
Nationales Institut für Weltraumforschung

IPRI Instituto de Pesquisa de Relações Internacionais
Institut zur Erforschung Internationaler Beziehungen

IRB Instituto Rio Branco
Rio-Branco-Institut

IStGH Internationaler Strafgerichtshof

IURD Igreja Universal do Reino de Deus
Universalkirche des Reiches Gottes

LAK Lateinamerika und die Karibik

LSE The London School of Economics and Political Science

MA Massachusetts

Mercosur Mercado Común del Sur
Gemeinsamer Markt des Südens

NATO North Atlantic Treaty Organization

NDB New Development Bank (BRICS)

NRO Nichtregierungsorganisation

OAS Organisation Amerikanischer Staaten

OEA Organización de los Estados Americanos

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

ONU Organización de las Naciones Unidas

Parlasur Parlamento del Mercosur
Parlament des Mercosur

PL Partido Liberal
Liberale Partei

Prosur Foro para el Progreso e Integración de America del Sur
Forum für den Fortschritt und die Integration Südamerikas

PSC Partido Social Cristão
Sozialchristliche Partei

PSD Partido Social Democrático
Sozialdemokratische Partei

PSDB Partido da Social Democracia Brasileira
Partei der Brasilianischen Sozialdemokratie

PSL Partido Social Liberal
Sozialliberale Partei

PT Partido dos Trabalhadores
Arbeiterpartei

SMCF Secretaria de Mudanças do Clima e Florestas
Sekretariat für Klimawandel und Wälder

STF Supremo Tribunal Federal
Oberster Bundesgerichtshof

UK United Kingdom

UNASUR Unión de Naciones Suramericanas
Union Südamerikanischer Nationen

UNGA United Nations General Assembly

UNHRC United Nations Human Rights Council

VN Vereinte Nationen

WHO World Health Organization

WTO World Trade Organization

Endnoten

1

 Sein Wahlkampfzeichen bestand darin, beide Hände mit zwei gestreckten Fingern hochzuhalten und so zwei Pistolen nachzuahmen.

2

 Zum außenpolitischen Wandel im lateinamerikanischen Kontext siehe Federico Merke/Diego Reynoso/Luis Leandro Schenoni, »Foreign Policy Change in Latin America: Explor­ing a Middle-range Concept«, in: Latin American Research Review, 55 (2020) 3, S. 413–429.

3

AP<https://apnews. com/article/elections-campaigns-biden-cabinet-brazil-jair-bolsonaro-a4218d0ca3cd9ee766a7efe33525a14c> (Zugriff am 12.4.2022).

4

Antonio Jorge Ramalho, »Bajo el manto de la ambigüedad: Los militares y la gobernabilidad en la transición demo­crática brasileña« [Unter dem Mantel der Ambiguität: Die Militärs und die Regierbarkeit in der brasilianischen demo­kratischen Transition], in: Wolf Grabendorff (Hg.), Militares y gobernabilidad. ¿Cómo están cambiando las relaciones cívico-militares en América Latina? [Militärs und Regierbarkeit. Wie ändern sich die zivil-militärischen Beziehungen in Lateinamerika?], Bogotá: Friedrich-Ebert-Stiftung en Colombia (FESCOL), 2021, S. 283–312 (310), <http://library.fes.de/pdf-files/bueros/kolumbien/18384.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

5

 Vinicius Sassine, »Com general na Petrobras, militares comandarão um terço das estatais com controle direto da União« [Mit einem General bei Petrobras leiten Militärs ein Drittel der Staatlichen unter direkter Kontrolle des Bundes], in: Folha de S. Paulo, 23.2.2021, <https://www1.folha.uol.com. br/mercado/2021/02/com-general-na-petrobras-militares-comandarao-um-terco-das-estatais-com-controle-direto-da-uniao.shtml> (Zugriff am 12.4.2022).

6

 Zur extremen bzw. radikalen Rechten vor allem in den USA und Europa siehe Cas Mudde, The Far Right Today, Cambridge (UK)/Medford, MA (USA): Polity Press, 2019.

7

 Jair Bolsonaro, Tweet vom 2.10.2018, <https://twitter.com/ jairbolsonaro/status/1047073236591235074> (Zugriff am 12.4.2022).

8

 Antrittsrede von Außenminister Ernesto Araújo am 2.1.2019, <https://www.gov.br/mre/pt-br/centrais-de-conteudo/publicacoes/discursos-artigos-e-entrevistas/ministro-das-relacoes-exteriores/discursos-mre/discurso-do-ministro-ernesto-araujo-durante-cerimonia-de-posse-no-ministerio-das-relacoes-exteriores-brasilia-2-de-janeiro-de-2019> (Zugriff am 12.4.2022).

9

 Siehe das Rücktrittsgesuch unter Ernesto Araújo, Tweet vom 30.3.2021, <https://twitter.com/ernestofaraujo/status/ 1376682355994279939?s=20> (Zugriff am 12.4.2022).

10

 Interview mit Filipe Martins, Os Pingos nos Is, Panflix, Youtube-Video, 28.1.2021, <https://www.youtube.com/ watch?v=ugbnyyqFC9M> (Zugriff am 12.4.2022).

11

 Filipe G. Martins wird beschuldigt, das Handzeichen von White Supremacy verwendet zu haben, dem rassistischen Glauben an die Überlegenheit der Weißen, an ihr Recht auf Herrschaft über andere »Rassen«. In dieser Angelegenheit ermittelt die Legislative Polizei des Senats gegen Martins. Siehe Youtube-Video »Senado vai investigar gesto de assessor da Presidência da República feito em sessão de debates« [Der Senat wird die Geste, die vom Berater der Präsidentschaft der Republik während der Anhörung gemacht wurde, untersuchen], TV Senado, 25.3.2021, <https://www.youtube. com/watch?v=kO3af6kSe9M> (Zugriff am 31.3.2021).

12

 Sein Nachfolger an der Spitze des Ausschusses wurde der Abgeordnete für Minas Gerais, Aécio Neves von der Partei der Brasilianischen Sozialdemokratie (Partido da Social Democracia Brasileira, PSDB).

13

 Bei The Movement handelt es sich um einen Zusammenschluss von Ultrakonservativen, die den populistischen Nationalismus unterstützen und sich gegen den »Globalismus« auflehnen. »Steve Bannon Welcomes Eduardo Bolsonaro as Head of The Movement in South America«, Cision PR Newswire, 2.2.2019, <https://www.prnewswire.com/news-releases/steve-bannon-welcomes-eduardo-bolsonaro-as-head-of-the-movement-in-south-america-300788579.html> (Zugriff am 12.4.2022).

14

 CPAC Brasil 2021, <https://www.cpacbr.com.br/palestran tes.html> (Zugriff am 12.4.2022).

15

 Ernesto Araújo, »Trump e o Ocidente« [Trump und der Westen], in: Cadernos de Política Exterior [Außenpolitische Hefte], 3 (2017) 6, S. 323–357. Araújo äußert in vielen Passagen seines Textes seine Bewunderung für die romantische Bewegung (etwa ebd., S. 341). Auch die von ihm hoch­geschätzte Außenpolitik Trumps ordnet er als romantisch ein (ebd., S. 352). Sämtliche Zitate aus Araújos Texten in dieser Studie wurden von der Autorin aus dem Portugiesischen ins Deutsche übersetzt.

16

 Zur historiographischen Diskussion über die politische Romantik sowie ihre konservative Strömung und ihr revo­lutionäres Potential siehe Klaus Ries, »Zum (Un-)Verhältnis zwischen Romantik und Revolution«, in: ders. (Hg.), Romantik und Revolution. Zum politischen Reformpotential einer unpolitischen Bewegung, Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2012, S. 9–26.

17

 Fritz Stern vertrat die These, dass der Kulturpessimismus als völkische Ideologie in Deutschland in den Nihilismus des Nationalsozialismus mündete. Fritz Stern, Kultur­pessimismus als politische Gefahr. Eine Analyse nationaler Ideologie in Deutschland, Bern/Stuttgart: Alfred Scherz Verlag, 1963, S. 2 (zuerst erschienen auf Englisch im Jahr 1961 unter dem Titel The Politics of Cultural Despair).

18

 Camila Rocha, The New Brazilian Right and the Public Sphere, São Paulo: Mecila, 2021 (Working Paper Nr. 32/2021), S. 18, <https://mecila.net/wp-content/uploads/2021/03/WP_32 _Camila_Rocha.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

19

 Metapolítica 17. Contra o Globalismo [Metapolitik 17. Gegen den Globalismus], <https://www.metapoliticabrasil.com/> (Zugriff am 12.4.2021).

20

 Araújo, »Trump e o Ocidente« [wie Fn. 15]. Diese Ver­öffentlichung gilt als Araújos Sprungbrett zur Spitze des Itamaraty. Consuelo Dieguez, »O chance­ler do regresso. Os planos de Ernesto Araújo para salvar o Brasil e o Ocidente« [Der Kanzler der Rückkehr. Ernesto Araújos Pläne zur Rettung Brasiliens und des Westens], in: Piauí, Folha de São Paulo, Nr. 151, April 2019, <https://piaui.folha.uol.com.br/ materia/o-chanceler-do-regresso/> (Zugriff am 12.4.2022).

21

 Die eine Rede hielt Trump anlässlich seines Staats­besuches in Warschau am 6. Juli 2017, die andere vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York am 19. September desselben Jahres. »Donald Trump’s Speech in Poland«, NBC News, 6.7.2017, <https://www.nbcnews. com/politics/donald-trump/here-s-full-text-donald-trump-s-speech-poland-n780046> (Zugriff am 12.4.2022); »President Donald Trump’s Statement to the United Nations General Assembly on Sept. 19, 2017, as Prepared for Delivery«, Politico, 19.9.2017, <https://www.politico.com/story/2017/ 09/19/trump-un-speech-2017-full-text-transcript-242879> (Zugriff am 12.4.2022).

22

 Araújo, »Trump e o Ocidente« [wie Fn. 15], S. 326.

23

 Ebd., S. 334.

24

 Ebd., S. 339.

25

 Ebd., S. 328.

26

 Ebd., S. 340.

27

 Ebd., S. 334.

28

 Ebd., S. 334.

29

 Ebd., S. 348.

30

 Einige Historiker betrachten die Schlacht von Salamis als entscheidendes Ereignis der abendländischen Geschichte. Die Schlacht habe dazu beigetragen, dass Europa sich eigen­ständig entwickelte und sich gegenüber dem Osten behauptete.

31

 Araújo, »Trump e o Ocidente« [wie Fn. 15], S. 336.

32

 Oswald Spengler, Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Welt­geschichte, Bd. 1: Gestalt und Wirklichkeit, Wien: Verlag Braumüller, 1918; Bd. 2: Welthistorische Perspektiven, München: Verlag C.H. Beck, 1922.

33

 Araújo, »Trump e o Ocidente« [wie Fn. 15], S. 344.

34

 Ebd., S. 329.

35

 Ebd., S. 332.

36

 Ebd., S. 352.

37

 Ebd., S. 352.

38

 Ebd., S. 346.

39

 Ebd., S. 354.

40

 Ernesto Araújo, »Um Itamaraty pela liberdade e grandeza do Brasil balanço de gestão« [Ein Itamaraty für die Freiheit und die Größe Brasiliens: Management-Bilanz], in: Metapolítica 17. Contra o Globalismo, 10.4.2021, <https://www. metapoliticabrasil.com/post/um-itamaraty-pela-liberdade-e-grandeza-do-brasil-balan%C3%A7o-de-gest%C3%A3o> (Zugriff am 12.4.2021).

41

 Ebd.

42

 Rocha, The New Brazilian Right [wie Fn. 18].

43

 Alejandro Frenkel/Diego Azzi, »Jair Bolsonaro y la desintegración de América del Sur: ¿un paréntesis?« [Jair Bolsonaro und die Desintegration Südamerikas: eine Klammer?], in: Nueva Sociedad, (2021) 291, S. 169–181 (177).

44

 Claudia Zilla, Brasilianische Außenpolitik. Nationale Tradi­tion, Lulas Erbe und Dilmas Optionen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2011 (SWP-Studie 29/2011), <https://www.swp-berlin.org/publications/products/studien/ 2011_S29_zll_ks.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

45

 Philipp Wesche/Claudia Zilla, Korruption in Brasilien – ein Fass ohne Boden. Der Lava-Jato-Fall, seine Aufklärung und die regionalen Implikationen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juni 2017 (SWP-Aktuell 39/2017), <https://www.swp-berlin.org/publikation/korruption-in-brasilien> (Zugriff am 12.4.2022).

46

 Antrittsrede von Außenminister Ernesto Araújo am 2.1.2019 [wie Fn. 8].

47

 Dekret Nr. 9.683, vom 9.1.2019, in: Diário Oficial da União [Gesetzblatt der Union], 10.1.2022, Ausgabe 7, Sektion 1, S. 1–11, <http://www.in.gov.br/materia/-/asset_publisher/ Kujrw0TZC2Mb/content/id/58549274/do1-2019-01-10-decreto-n-9-683-de-9-de-janeiro-de-2019-58549021> (Zugriff am 12.4.2022).

48

 Araújo, »Um Itamaraty pela liberdade« [wie Fn. 40].

49

 Almeida setzte sich daraufhin in mehreren Büchern kritisch mit den jüngsten Entwicklungen im Itamaraty auseinander.

50

 Fernando Henrique Cardoso/Aloysio Nunes Ferreira/ Celso Amorim/Celso Lafer/Francisco Rezek/José Serra/Rubens Ricupero/Hussein Kalout, »A reconstrução da política externa brasileira« [Der Wiederaufbau der brasilianischen Außen­politik], in: Folha de São Paulo, 8.5.2020, <https://www1.folha. uol.com.br/mundo/2020/05/a-reconstrucao-da-politica-externa-brasileira.shtml> (Zugriff am 12.4.2022).

51

 »Artikel 4. Grundsätze der Außenpolitik. Die Föderative Republik Brasilien lässt sich in ihren internationalen Bezie­hungen von folgenden Prinzipien leiten: I. nationale Un­abhängigkeit; II. Vorrang der Menschenrechte; III. Selbst­bestimmung der Völker; IV. Nichteinmischung; V. Gleichheit unter den Staaten; VI. Verteidigung des Friedens; VII. friedliche Konfliktlösung; VIII. Bekämpfung von Terrorismus und Rassismus; IX. Zusammenarbeit der Völker für den Fort­schritt der Menschheit; X. Gewährung politischen Asyls.« Constituição da República Federativa do Brasil de 1988 [Verfassung der Bundesrepublik Brasilien von 1988], <http://www.planalto.gov.br/ccivil_03/constituicao/constitui cao.htm> (Zugriff am 12.4.2022).

52

 Zum »Centrão« gehören unter anderem jene Parteien, die die Vorsitzenden beider Kammern des Nationalkongresses stellen.

53

 Karine Melo/Heloisa Cristaldo, »Aprobado informe de la Comisión de la Pandemia: piden 80 imputaciones« [Bericht des Pandemie-Ausschusses genehmigt: 80 Anklagen werden verlangt], Agência Brasil, 27.10.2021, <https://agenciabrasil. ebc.com.br/es/politica/noticia/2021-10/aprobado-informe-de-la-comision-de-la-pandemia-piden-80-imputaciones> (Zugriff am 12.4.2022).

54

 »Bolsonaro lista 9 ministros que vão disputar eleições; confira quais« [Bolsonaro listet neun Minister auf, die sich an den Wahlen beteiligen werden, er bestätigt, welche], Exame, 11.3.2022, <https://exame.com/brasil/bolsonaro-lista-9-ministros-que-vao-disputar-eleicoes-confira-quais/> (Zugriff am 12.4.2022).

55

 Dieses Dekret trat am 20.4.2022 in Kraft. Siehe Dekret Nr. 11024, vom 31.3.2022, in: Diário Oficial da União [Gesetzblatt der Union], 1.4.2022, Ausgabe 63, Sektion 1, S. 16, <https://www.in.gov.br/en/web/dou/-/decreto-n-11.024-de-31-de-marco-de-2022-390295737> (Zugriff am 12.4.2022).

56

 Der Gemeinsame Markt des Südens (Mercosur) erweiterte ihre handelspolitische Agenda um politische und soziale Komponenten. Die Bolivarianische Allianz für die Völker unseres Amerika (Alianza Bolivariana para los Pueblos de nuestra América, ALBA) wurde im Jahr 2004 gegründet, die Union Südamerikanischer Nationen (Unión de Naciones Suramericanas, UNASUR) im Jahr 2008.

57

 Claudia Zilla, »Brasilien: Eine Regionalmacht mit globa­len Ansprüchen«, in: Jörg Husar/Günther Maihold/Stefan Mair (Hg.), Neue Führungsmächte: Partner deutscher Außenpolitik?, Baden-Baden: Nomos, 2008 (Internationale Politik und Sicherheit, Bd. 62), S. 49–67.

58

 Claudia Zilla/Luise Pfütze, Venezuela nach den Parlamentswahlen. Zwischen interner politischer Polarisierung und regionalem Führungsanspruch, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2005 (SWP-Aktuell 61/2005), <https://www.swp-berlin.org/publications/products/aktuell/aktuell2005_61_ pfuetze_zll_ks.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

59

 Detlef Nolte/Brigitte Weiffen, Regionalism under Stress. Europe and Latin America in Comparative Perspective, London/New York: Routledge, 2021; Detlef Nolte/Brigitte Weiffen, »How Regional Organizations Cope with Recurrent Stress: The Case of South America«, in: Revista Brasileira de Política Internacional, 64 (2021) 21.

60

 Federico Merke/Oliver Stuenkel/Andreas E. Feldmann, Reimagining Regional Governance in Latin America, Washington, D.C.: Carnegie Endowment for International Peace, 24.6.2021, <https://carnegieendowment.org/2021/06/24/reimagining-regional-governance-in-latin-america-pub-84813> (Zugriff am 12.4.2022).

61

 »Brasil formaliza la decisión de suspender su partici­pación en la Celac« [Brasilien formalisiert die Entscheidung, seine Teilnahme an CELAC zu suspendieren], Agencia EFE, 16.1.2020, <https://www.efe.com/efe/america/politica/brasil-formaliza-la-decision-de-suspender-su-participacion-en-celac/ 20000035-4151200> (Zugriff am 12.4.2022).

62

 Aktive Mitglieder des Mercosur sind aktuell Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay.

63

 Der Pazifikallianz gehören Chile, Kolumbien, Mexiko und Peru an.

64

 Comisión Económica para América Latina y el Caribe (CEPAL), La convergencia entre la Alianza del Pacífico y el Mercosur. Enfrentando juntos un escenario mundial desafiante [Die Kon­vergenz zwischen der Pazifikallianz und dem Mercosur. Gemeinsam einem herausfordernden Weltszenario gegenüberstehen], [LC/PUB.2018/10], Santiago de Chile, 2018, <https://www.cepal.org/sites/default/files/publication/files/43614/S1800528_es.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

65

 Guilherme Mazui, »Governo anuncia que passaporte excluirá inscrição ›Mercosul‹ e adotará brasão da República« [Die Regierung kündigt an, dass im Pass die Aufschrift ›Mercosur‹ gestrichen und das Wappen der Republik ein­gefügt wird], in: G1, 23.1.2019, <https://g1.globo.com/politica/ noticia/2019/01/23/governo-diz-que-brasil-deixara-de-adotar-passaporte-com-simbolo-do-mercosul.ghtml> (Zugriff am 12.4.2022).

66

 »Bolsonaro endossa fala de Guedes sobre saída do Mercosul« [Bolsonaro befürwortet Guedes’ Rede zum Austritt aus dem Mercosur], in: Veja, 16.8.2019, <https://veja.abril. com.br/economia/bolsonaro-endossa-fala-de-guedes-sobre-saida-do-mercosul/> (Zugriff am 12.4.2022).

67

 Zum Spannungsverhältnis zwischen einer Pro-USA-Haltung und einer Süd-Süd-Orientierung in der Außen­politik von LAK-Staaten siehe Merke et al., »Foreign Policy Change in Latin America« [wie Fn. 2].

68

 Claudia Zilla, »Die Beziehungen zu Brasilien im südamerikanischen Kontext«, in: Andrew Denison/Georg Schild/ Miriam Shabafrouz (Hg.), Länderbericht USA, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 2021, S. 486–494.

69

 Da Trump während seiner vierjährigen Präsidentschaft mit Ausnahme seiner Teilnahme am Gipfeltreffen der G20 in Argentinien kein einziges Land Lateinamerikas und der Karibik – nicht einmal Mexiko – besuchte, ist Brasilien in diesem Kontext kein Sonderfall. Im August 2019 besuchte US-Handelsminister Wilbur Ross Brasilien, nachdem US-Außenminister Mike Pompeo der Amtseinführung von Präsi­dent Bolsonaro im Januar 2019 in Brasília beigewohnt hatte.

70

 Richard E. Feinberg, »Latin America Yields to Trump’s Pick to Head Regional Bank«, in: Order from Chaos (Brookings), 14.9.2020, <https://www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2020/09/14/latin-america-yields-to-trumps-pick-to-head-regional-bank/> (Zugriff am 12.4.2022).

71

 Explizit und eindeutig sprach sich Washington dafür jedoch erst im Januar 2020 aus.

72

 Die weiteren fünf Länder sind Argentinien und Peru sowie Bulgarien, Kroatien und Rumänien. »OECD Takes First Step in Accession Discussions with Argentina, Brazil, Bulgaria, Croatia, Peru and Romania«, Paris: OECD, 25.1.2022, <https://www.oecd.org/newsroom/oecd-takes-first-step-in-accession-discussions-with-argentina-brazil-bulgaria-croatia-peru-and-romania.htm> (Zugriff am 12.4.2022).

73

 Der Schritt folgte dem Besuch des brasilianischen Ver­teidigungsministers Fernando Azevedo e Silva in Washington im März und dem dritten Treffen des im Jahr 2016 initiierten bilateralen Dialogs der Verteidigungsindustrie.

74

 Huawei wurde 2019 auf eine schwarze Liste für US-Exporte gesetzt, und dem Konzern wurde der Zugang zu kritischer Technologie aus US-Fertigung verwehrt. Das beeinträchtigt die Fähigkeit des Unternehmens, eigene Chips zu entwickeln und Komponenten von Drittanbietern zu beziehen.

75

 In der China-Frage hatte sich Bolsonaro zu Trumps Zeiten gegen Huawei ausgesprochen, obwohl brasilianische Telekommunikationsunternehmen bereits Netzwerke auf­gebaut haben, die größtenteils aus chinesischen Komponenten bestehen. Diese Position gab Bolsonaro nach Bidens Amtsantritt auf. Eine offizielle Verpflichtung gegenüber der amerikanischen Großmacht jedoch war Brasilien in dieser Frage nie eingegangen.

76

 In diese Richtung gingen die Forderungen des leitenden Direktors des Nationalen Sicherheitsrats für die westliche Hemisphäre, Juan González, sowie des Sicherheitsberaters der Biden-Regierung, Jake Sullivan, der Brasilien im August 2021 besuchte.

77

 Diesen Duktus wählte sogar bisweilen Finanzminister Guedes, der zum technokratischen Flügel gezählt wird.

78

 Wenn nicht anders angegeben, stammen die Daten zum Handel mit und zu Investitionen aus China aus Tulio Cariello, Investimentos Chineses no Brasil. Histórico, Tendências e Desafios Globais (2007–2020) [Chinesische Investitionen in Brasilien. Historisch, Tendenzen und globale Herausforderungen (2007–2020)], Rio de Janeiro: Conselho Empresarial Brasil-China, 2021, <https://www.cebc.org.br/2021/08/05/ investimentos-chineses-no-brasil-historico-tendencias-e-desafios-globais-2007-2020/> (Zugriff am 12.4.2022).

79

 Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich sämtliche Anteile, Vergleiche und Rangordnungen auf den Wert (und nicht das Volumen) des Handelsaustauschs.

80

 Daniela Amorim, »Comércio com China responde por 67% do superávit brasileiro em 2021, diz FGV« [Handel mit China entspricht 67% des brasilianischen Überschusses im Jahr 2021, sagt FGV], CNN Brasil, 16.9.2021, <https://www. cnnbrasil.com.br/business/comercio-com-china-responde-por-67-do-superavit-brasileiro-em-2021-diz-fgv> (Zugriff am 12.4.2022).

81

 Dabei handelt es sich um den wichtigsten Dialog­mechanismus, der Treffen alle zwei Jahre vorsieht, aber seit 2015 ruhte. Cariello, Investimentos Chineses no Brasil [wie Fn. 78], S. 38.

82

 »IBSA Joint Ministerial Statement on Reform of the UN Security Council«, 16.9.2020, und »IBSA Joint Statement on the Reform of the Multilateral System«, 27.9.2019, <https:// www.ibsa-trilateral.org/Foreign%20Ministers.html> (Zugriff am 12.4.2022).

83

 Oliver Stuenkel, »Why the BRICS Grouping Is Here to Stay«, in: The Diplomat, 20.11.2020, <https://thediplomat.com/ 2020/11/why-the-brics-grouping-is-here-to-stay/> (Zugriff am 12.4.2022).

84

 Andreia Verdélio, »Brics: Bolsonaro Argues for Modernization of WTO and Subsidy Rules«, Agência Brasil, 9.9.2021, <https://agenciabrasil.ebc.com.br/en/internacional/noticia/2021-09/brics-bolsonaro-argues-modernization-wto-and-subsidy-rules> (Zugriff am 29.11.2021).

85

 Richard Mann, »Brazil to Help Argentina Join BRICS Development Bank«, in: The Rio Times, 11.4.2022, <https:// www.riotimesonline.com/brazil-news/brazil/brazil-to-help-argentina-join-brics-development-bank/> (Zugriff am 12.4.2022).

86

 Organización de los Estados Americanos (OEA), Consejo Permanente, La Crisis en Ucrania [Die Krise in der Ukraine], CP/RES. 1192 (2371/22), 25.3.2022, <https://scm.oas.org/ doc_public/spanish/hist_22/cp45739s03.docx> (Zugriff am 12.4.2022).

87

 »Argentina y Brasil no apoyan en la OEA la condena a la invasión rusa de Ucrania« [Argentinien und Brasilien unterstützen in der OAS die Verurteilung der russischen Invasion in die Ukraine nicht], France24, 26.2.2022, <https:// www.france24.com/es/minuto-a-minuto/20220226-argentina-y-brasil-no-apoyan-en-la-oea-la-condena-a-la-invasi%C3%B3n-rusa-de-ucrania> (Zugriff am 12.4.2022).

88

 Auch der Präsident Argentiniens war kurz vor der russi­schen Invasion in der Ukraine zum Staatsbesuch in Moskau. Zur Positionierung lateinamerikanischer Staaten in dieser Frage siehe José Antonio Sanahuja/Pablo Stefanoni/Francisco J. Verdes-Montenegro, América Latina frente al 24-F ucraniano: entre la tradición diplomática y las tensiones políticas [Latein­amerika gegenüber dem 24. Februar der Ukraine: zwischen diplomatischer Tradition und den politischen Spannungen], Madrid: Fundación Carolina, März 2022 (Documento de Trabajo 62/2022), <https://www.fundacioncarolina.es/dt_ fc_62/> (Zugriff am 12.4.2022).

89

 Für die Suspendierung stimmten 93 Staaten, dagegen 24 Staaten, und 58 Staaten enthielten sich. »Rusia, suspendida del Consejo de Derechos Humanos« [Russland, suspendiert vom Rat für Menschenrechte], Noticias ONU, 7.4.2022, <https://news.un.org/es/story/2022/04/1506852> (Zugriff am 12.4.2022).

90

 Siehe European Commission, Directorate General for Trade, »Client and Supplier Countries of the EU27 in Merchandise Trade (Value %) (2021, Excluding Intra-EU Trade)«, <https://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2006/september/tradoc_122530.pdf> (Zugriff am 23.5.2022).

91

 Zu den Daten der EU-Gipfeltreffen im Allgemeinen siehe Sitzungskalender des Europäischen Rats, <https://www. consilium.europa.eu/de/meetings/calendar/> (Zugriff am 12.4.2022). Zu den Gipfeltreffen mit LAK siehe Delegationen Europäisches Parlament, CELAC Summits and Earlier EU-LAC Summits, <https://www.europarl.europa.eu/delegations/de/ celac-summits-and-earlier-eu-lac-summits/product-details/ 20170715DPU10565> (Zugriff am 12.4.2022).

92

 Europäischer Rat/Rat der Europäischen Union, »Videogipfel EU, Lateinamerika und Karibik«, 2.12.2021, <https:// www.consilium.europa.eu/de/meetings/international-summit/2021/12/02/> (Zugriff am 12.4.2022).

93

 André Luiz Reis da Silva/Vitória Volpato, The Brazil-European Union Strategic Partnership: Advances, Convergences, and Challenges, Leuven: Leuven Centre for Global Governance Studies, Oktober 2019 (Working Paper), <https://ghum.ku leuven.be/ggs/research/eucross/eucross-wp-andre-reis-and-vitoria.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

94

 BMZ, Zukunft gemeinsam gestalten – strategische Zusammenarbeit mit Globalen Partnern, Berlin: BMZ (BMZ-Papier 3/2021), <https://www.bmz.de/resource/blob/86794/21419db54e37cbf4c8a54c842c306bc1/BMZ_Positionspapier_Globale_Partner> (Zugriff am 12.4.2022).

95

 Auswärtiges Amt, Bundesministerium für Bildung und Forschung, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

96

 Agrarpolitischer Dialog (APD) zwischen Deutschland und Brasilien, <https://apdbrasil.de/> (Zugriff am 12.4.2022).

97

 Auswärtiges Amt, »Lateinamerika und die Karibik zu Gast in Berlin – Gemeinsam für internationale Zusammenarbeit und Rechte von Frauen«, Berlin, 28.5.2019, <https:// www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/regionaleschwer punkte/lateinamerika/lateinamerika-karibik-initiative/ 2219874> (Zugriff am 12.4.2022).

98

 Miriam Gomes Saraiva, »What Next for Brazil-EU Relations?«, LSE Blog, 4.9.2019, <https://blogs.lse.ac.uk/europ pblog/2019/09/04/what-next-for-brazil-eu-relations/> (Zugriff am 12.4.2022).

99

 European Commission, New EU-Mercosur Trade Agreement. The Agreement in Principle, Brüssel, 1.7.2019, <https://trade.ec. europa.eu/doclib/docs/2019/june/tradoc_157964.pdf> (Zugriff am 12.4.2022); Jan Hagemejer/Andreas Maurer/Bettina Rudloff/Peter-Tobias Stoll/Stephen Woolcock/Andréia Costa Vieira/Kristina Mensah/Katarzyna Sidło, Trade Aspects of the EU-Mercosur Association Agreement, Brüssel: Europäisches Parlament, November 2021, <https://www.europarl.europa.eu/ RegData/etudes/STUD/2021/653650/EXPO_STU(2021)653650 _EN.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

100

 Zu einer Analyse des unveröffentlichten politischen Teils des Assoziierungsabkommens siehe Andrés Malamud, Assessing the Political Dialogue and Cooperation Pillar of the EU-Mercosur Association Agreement: Towards a Bi-regional Strategic Partnership?, In-Depth Analysis Requested by the AFET Com­mittee, European Parliament, Brüssel, Januar 2022, <https:// www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/IDAN/2022/653652/EXPO_IDA(2022)653652_EN.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

101

 Emmanuel Macron, Tweet vom 22.8.2019, <https:// twitter.com/EmmanuelMacron/status/1164617008962527 232?s=20&t=k1sqrn4emxBqscDmCcU4NA> (Zugriff am 12.4.2022).

102

 »Bolsonaro culpa a las ONG por crímenes ambientales en Brasil y acusa a la comunidad internacional de ›avaricia‹« [Bolsonaro macht NGOs für Umweltverbrechen in Brasilien verantwortlich und beschuldigt die internationale Gemeinschaft der »Gier«], Europa Press, 1.10.2020, <https://www. europapress.es/internacional/noticia-bolsonaro-culpa-ong-crimenes-ambientales-brasil-acusa-comunidad-internacional-avaricia-20201001015119.html> (Zugriff am 23.4.2022).

103

 European Parliament, European Parliament Resolution of 7 October 2020 on the Implementation of the Common Commercial Policy – Annual Report 2018, 2019/2197(INI), <https://www. europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2020-0252_EN.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

104

 Siehe etwa Rhea Tamara Hoffmann/Markus Krajewski, Legal Opinion and Proposals Regarding a Possible Improvement or Renegotiation of the Draft EU-Mercosur Association Agreement, Aachen/Hamburg/Brüssel: Misereor/Greenpeace/CIDSE, Mai 2021, <https://www.cidse.org/wp-content/uploads/2021/ 05/Legal-Opinion-EU-Mercosur_EN_final.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

105

 »ONG denuncia a Jair Bolsonaro ante la CPI por deforestación de la Amazonía« [NRO klagt gegen Jair Bolsonaro beim IStGH wegen Entwaldung im Amazonasgebiet], Deutsche Welle, 12.10.2021, <https://www.dw.com/es/ong-denuncia-a-jair-bolsonaro-ante-la-cpi-por-deforestaci%C3% B3n-de-la-amazon%C3%ADa/a-59477365> (Zugriff am 12.4.2022).

106

 Siehe Ministerin Svenja Schulze, Tweet vom 23.8.2019, <https://twitter.com/SvenjaSchulze68/status/1164917950450753539?s=20&t=ra6YXi9fJK_aMVEWFm1LHg> (Zugriff am 12.4.2022); Jens Thurau, »Streit um Amazonas-Fördergeld aus Deutschland«, Deutsche Welle, 2.10.2019, <https://www. dw.com/de/streit-um-amazonas-f%C3%B6rdergeld-aus-deutschland/a-50679615> (Zugriff am 29.11.2021).

107

 »Norwegen setzt Zahlungen zum Regenwaldschutz aus«, in: Zeit online, 16.8.2019, <https://www.zeit.de/politik/ ausland/2019-08/amazonas-fonds-norwegen-zahlungen-regenwald-abholzung-brasilien> (Zugriff am 12.4.2022).

108

 GIZ, Kooperationsprojekt mit dem Amazonienfonds für Wald- und Klimaschutz, Rio de Janeiro, August 2021, <https://www. giz.de/de/downloads/Amazonienfonds_BMZ_PN_15.2132.7-001.00_DE.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

109

 GIZ, Amazonienfonds für Wald- und Klimaschutz, Rio de Janeiro, Februar 2022, <https://www.giz.de/de/weltweit/ 12550.html> (Zugriff am 12.4.2022).

110

 Darauf reagierten sieben ehemalige Umweltminister und ‑ministerinnen aus fünf Vorgängerregierungen unterschiedlicher Couleur im Mai 2019 mit einem öffentlichkeits­wirksamen und kritischen Manifest. Bruno Ribeiro, »Ex-ministros do Meio Ambiente se unem contra ações do governo Bolsonaro« [Ehemalige Umweltminister schließen sich gegen Maßnahmen der Regierung Bolsonaro zusammen], in: Estadão, 8.5.2019, <https://atarde.uol.com.br/brasil/ noticias/2057841-exministros-do-meio-ambiente-se-unem-contra-acoes-do-governo-bolsonaro> (Zugriff am 12.4.2022).

111

 Die Absage des internationalen Events, das in die Zeit der neuen Präsidentschaft gefallen wäre, wurde mit Verweis auf Haushaltszwänge begründet. »Brasilien zieht Kandidatur für Klimakonferenz zurück«, in: Zeit online, 29.11.2018, <https://www.zeit.de/wissen/umwelt/2018-11/cop-25-klima konferenz-brasilien-rueckzug-gastgeber-kandidatur?utm_ referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F> (Zugriff am 12.4.2022).

112

 »Grandes empresas do agronegócio assinam manifesto de combate ao desmatamento na Amazônia« [Große Unternehmen des Agrobusiness unterzeichnen Manifest für die Bekämpfung der Entwaldung im Amazonasgebiet], Globo Rural, 12.7.2020 <https://g1.globo.com/economia/agronego cios/globo-rural/noticia/2020/07/12/grandes-empresas-do-agronegocio-assinam-manifesto-de-combate-ao-desmata mento-na-amazonia.ghtml> (Zugriff am 12.4.2022).

113

 Einige der in diesem Kapitel vorgebrachten Argumente wurden bereits veröffentlicht in Claudia Zilla, Die Evangeli­kalen und die Politik in Brasilien. Die Relevanz des religiösen Wandels in Lateinamerika, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2019 (SWP-Studie 26/2019), <https://www.swp-berlin.org/publikation/die-evangelikalen-und-die-politik-in-brasilien#en-d36364e1953> (Zugriff am 12.4.2022), sowie in Claudia Zilla, »Foreign Policy Change and the Salience of Religion in Brazil«, in: Maria Toropova (Hg.), Rethinking the Religious Factor in Foreign Policy, Wiesbaden: Springer VS, 2022, S. 181–201.

114

 María Belén López Conte, La influencia de los grupos de apoyo de Bolsonaro en la política exterior brasileña: un análisis a través de Twitter [Der Einfluss der Gruppen, die Bolsonaro unterstützen, auf die brasilianische Außenpolitik: eine Analyse anhand von Twitter], Buenos Aires: Universidad de San Andrés, Departamento de Ciencias Sociales, Tesis de Licenciatura en Relaciones Internacionales, Januar 2021, S. 27, <https://repositorio.udesa.edu.ar/jspui/bitstream/1090 8/18135/1/%5BP%5D%5BW%5D%20T.L.%20Rel.%20L%C3%B3pez%20Conte%2C%20Mar%C3%ADa%20Bel%C3%A9n.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

115

 Das gute persönliche Verhältnis zwischen Netanjahu und Bolsonaro schließt auch deren Kinder ein. Auf der einen Seite zeigt ein auf Twitter verbreitetes Foto aus dem Jahr 2018 einen Sohn Bolsonaros in einem Mossad-T-Shirt, einen anderen in einem T-Shirt mit der Aufschrift »Israel Defense Forces«. Auf der anderen Seite verkündet Netanjahus Sohn Jair große Sympathie für das politische Projekt der Bolso­naros: In seinem Podcast-Debüt von »The Yair Netanyahu Show« interviewte er im November 2020 Eduardo Bolsonaro, den Sohn des brasilianischen Präsidenten, <https://www. youtube.com/watch?v=T_yIiPLv-fs> (Zugriff am 12.4.2022).

116

 Tobias Käufer, »Jair Bolsonaros Chefideologin ist die umstrittenste Politikerin Brasiliens«, in: Frankfurter Rundschau, 19.8.2019, <https://www.fr.de/politik/jair-bolsonaro-chefideologin-praesidenten-frauenministerin-12923162.html> (Zugriff am 23.8.2019).

117

 Aline Beatriz Coutinho/Kristina Hinz, »Back to the Past: Brazil’s Backlash of Reproductive Justice in Its Domestic and Foreign Policy«, in: Disrupted, (2020) 4, S. 12–17, <https:// static1.squarespace.com/static/57cd7cd9d482e9784e4ccc 34/t/5e6765577891847c6ce7f453/1583834485984/Disrupted+-+The+Reproductive+Justice+Issue+4.1-merged_compressed. pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

118

 Caio Quero, »Para ›evitar promoção do aborto‹, Brasil critica menção à saúde reprodutiva da mulher em documento da ONU«, in: BBC News Brasil, 26.3.2019, <https://www. bbc.com/portuguese/brasil-47675399> (Zugriff am 12.4.2022).

119

 Eliane Oliveira, »Ex-secretário de Ernesto Araújo no Itamaraty será cônsul-geral em Paris« [Ehemaliger Sekretär von Ernesto Araújo wird Generalkonsul in Paris], in: O Globo [Der Globus], 9.6.2021, <https://oglobo.globo.com/mundo/ex-secretario-de-ernesto-araujo-no-itamaraty-sera-consul-geral-em-paris-25053044> (Zugriff am 12.4.2022); Sara Resende/ Gustavo Garcia, »Senado rejeita nome do diplomata Fabio Marzano para delegação em Genebra« [Senat lehnt die Er­nennung des Diplomaten Fabio Marzano für die Delegation in Genf ab], in: G1, 16.12.2020, <https://g1.globo.com/politica/ noticia/2020/12/16/senado-rejeita-nome-do-diplomata-fabio-marzano-para-delegacao-em-genebra.ghtml> (Zugriff am 12.4.2022).

120

 Merke et al., »Foreign Policy Change in Latin America« [wie Fn. 2].

121

 Denis M. Tull/Claudia Zilla, »Den Worten Taten folgen lassen: Außenpolitik gegenüber Afrika und Lateinamerika«, in: Günther Maihold/Stefan Mair/Melanie Müller/Judith Vorrath/Christian Wagner (Hg.), Deutsche Außenpolitik im Wandel. Unstete Bedingungen, neue Impulse, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2021 (SWP-Studie 15/ 2021), S. 53–56, <https://www.swp-berlin.org/publications/ products/studien/2021S15_Deutsche_Aussenpolitik.pdf> (Zugriff am 12.4.2022).

122

 Claudia Zilla, »From Bad Times to Great Opportunities, a Usual Hope«, EU-LAC (Blog), 3.5.2022, <https://eulacfoun dation.org/en/bad-times-great-opportunities-usual-hope> (Zugriff am 23.5.2022).

123

 Malamud, Assessing the Political Dialogue [wie Fn. 100], S. 23.

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