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Regionale Kooperation in Südosteuropa

Organisationen, Pläne, Erfahrungen

SWP-Studie 2002/S 17, 15.05.2002, 20 Seiten Forschungsgebiete

Wirtschaftlich und politisch sind alle Länder in Südosteuropa klein, unbedeutend und unterentwickelt, mit hoher Arbeitslosigkeit, mangelhafter Infrastruktur, Defiziten im Umweltbereich und einer ständigen Zunahme illegaler ökonomischer Aktivitäten.. Nur regionale Wirtschaftskooperation kann das wirtschaftliche Wachstum dieser kleinen Volkswirtschaften anregen. Die Bewältigung der verschiedensten Probleme und Defizite (Umwelt, Energieknappheit, grenzüberschreitende Kriminalität, Infrastruktur) kann nur im Zuge verstärkter regionaler Zusammenarbeit erfolgen. Nur eine sich integrierende Region, die einen größeren Markt darstellt, vermag hinreichendes Interesse bei den so heiß ersehnten ausländischen Investoren wecken. Auch politische Stabilität kann nur durch intensivierte Nachbarschaftskontakte und Abbau der bestehenden Barrieren erreicht werden.

 

Es gibt in Südosteuropa durchaus Ansätze zu multilateraler regionaler Kooperation auf gesamtstaatlicher Ebene, doch sind dies zum einen Konstruktionen, in denen die südosteuropäischen Staaten nur "auch dabei" sind, wie die Zentraleuropäische Initiative oder die Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation, zum anderen zeichnen sie sich bisher nur durch wenig effektive Ergebnisse aus. Es fehlt den beteiligten Staaten an den erforderlichen Finanzmitteln für die Durchführung größerer Gemeinschaftsprojekte, zum Teil sind aber auch die Vorliebe zu deklaratorischen Einrahmungen und bürokratische Unzulänglichkeiten als hemmende Faktoren anzusehen. Ungenügende Koordination innerhalb der für die Kooperation errichteten Organisationen, geringe Effizienz bei der Implementierung von Entscheidungen, aber auch schon das Fehlen einer klaren Festlegung von Prioritäten kennzeichnen die bisher zu beobachtenden Kooperationsansätze.

 

Greifbare Fortschritte in der regionalen Kooperation sind somit erst auf Initiativen von außen zurückzuführen. So formiert sich ein langsam wachsendes Netzwerk bilateraler Freihandelsabkommen und sonstiger, zunächst meist bilateraler Vereinbarungen infolge der Anregungen und des Drucks v.a. seitens der EU.

 

Die Studie beschreibt kritisch die wichtigsten regionalen Kooperationsorganisationen in Südosteuropa und kommt zu folgenden Feststellungen und Empfehlungen:

  • Die Länder der Region müssen sich ihrerseits um gemeinsame Interessenfelder von vorrangiger Priorität bemühen, die sich für Kooperation anbieten. Im Fall des SECI-Zentrums für die Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität ist das offensichtlich gelungen. Infrastruktur, Energie und Umweltschutz bieten sich ansonsten in erster Linie als Kooperationsbereiche an.
  • Große Würfe im Bereich multilateraler regionaler Kooperation mit Beteiligung aller Länder in der Region sind nicht zu erwarten. Zum Teil kommen auch noch starke subregionale Teilinteressen zum Tragen, wie z.B. Istrien und / oder Dalmatien gegen Zagreb, Vojvodina gegen Sumadija und Sandzak, oder Tosken gegen Gegen in Albanien. Das läßt nur auf allerflachster Gemeinschaftsebene in den Staaten selbst eine Identifizierung grenzüberschreitender Projekte zu.
  • Aus diesem Grunde sollten sich auch die Anstrengungen Außenstehender nun verstärkt den Bereichen zuwenden, die auf lokaler und subregionaler Ebene Kooperationsprojekte ermöglichen. Hier bieten sich die Bereiche Umwelt, lokale Infrastruktur, kleiner Grenzverkehr sowie alle Formen grenzüberschreitender Rechtshilfe als prioritäre Förderbereiche an. Damit kann man die lokalen Entscheidungsträger direkt ansprechen und motivieren.
  • Gerade im Hinblick auf die künftige EU-Integration ist der Entwicklung kleinregionaler subsidiärer Kompetenzausweitung und Verantwortungsübernahme größere Aufmerksamkeit zu schenken. Ein "bottom-up"-Ansatz ist zwar für Hilfestellung von außen deutlich komplizierter als die Steuerung der Mittelvergabe über zentrale Instanzen. Er bietet aber auch die Möglichkeit der direkteren Kontrolle und der schnelleren Implementierung von Vorhaben. Ein weiterer Vorteil besteht darin, daß der einzelne Bürger die Vorteile regionaler Zusamenarbeit wahrnimmt.
  • Es sollte nicht gescheut werden, zunächst auch bi- oder trilaterale Vereinbarungen zu fördern. Sie schaffen wegen ihrer anfänglichen Begrenztheit und der damit verbundenen Überschaubarkeit schneller Vertrauen und Implementierfähigkeit.
  • Unterentwickelte Kooperationsbereiche sind bisher solche, die weder wirtschaftliche noch rechtliche Inhalte vorweisen. Kultur im weiteren Sinne kann viele Kooperationsfelder anbieten, die gerade das Verständnis für und die Achtung vor dem anderen fördern. Förderungswürdig erscheinen daher vor allem auch Städtepartnerschaften innerhalb der Region, universitäre Austauschprogramme, multikulturelle Veranstaltungen und nicht zuletzt sogar intraregionale Tourismusförderung.