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Schutzverantwortung und humanitäre Intervention

Eine ethische Bewertung der »Responsibility to Protect« im Lichte des Libyen-Einsatzes

SWP-Studie 2013/S 03, 19.02.2013, 32 Seiten Forschungsgebiete

Der Nato-Einsatz gegen das Gaddafi-Regime 2011 war der erste Krieg, der politisch weithin mit dem Prinzip der „Schutzverantwortung“ (Responsibility to Protect, kurz R2P) gerechtfertigt wurde. Nach diesem Prinzip hat die internationale Staatengemeinschaft zwar nicht rechtlich, jedoch moralisch eine subsidiäre Verantwortung, massenhafte Menschenrechtsverletzungen notfalls auch mit militärischer Gewalt zu verhindern, wenn die Regierung des betreffenden Landes ihrer Schutzverantwortung gegenüber den eigenen Bürgerinnen und Bürgern nicht gerecht wird.

Zwar ist die R2P-Diskussion eine Fortsetzung der alten Debatte um die „humanitäre Intervention“, sofern es um den harten Kern der Problematik geht – die Frage eines militärischen Eingreifens. Doch das R2P-Prinzip hat den Diskurs über den humanitär motivierten Einsatz militärischer Gewalt verändert: Im Falle schwerster Menschenrechtsverletzungen ist nicht mehr eine Intervention begründungspflichtig, sondern der Verzicht darauf. Die Berufung auf R2P begünstigt somit tendenziell einen Moralismus, der die Dilemmata humanitär begründeter Kriege eher ignoriert als in ihrer Vielschichtigkeit ethisch reflektiert. Notwendig ist indes eine politisch-ethische Bewertung, die dem komplexen Problem eines menschenrechtlich begründeten Einsatzes militärischer Gewalt gerecht wird. Dazu soll diese Studie einen Beitrag leisten.