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Ein Brexit ohne Schotten und Nordiren?

Großbritannien droht der Staatszerfall – Hintergründe und Auswege

SWP-Aktuell 2016/A 54, 04.08.2016, 8 Seiten Forschungsgebiete

Schon vor dem britischen EU-Referendum vom 23. Juni 2016 haben sich nationalistische Parteien der autonomen Regionen des Vereinigten Königreichs dafür stark gemacht, dass diese in der EU bleiben. Dabei verschwiegen sie ihren Wählern nicht, dass ihnen der Brexit auch Vorteile bringt: Die Schottische Nationalpartei fordert ein zweites schottisches Unabhängigkeitsreferendum, die nordirischen Nationalisten streben nach einer Abstimmung über die Vereinigung mit der Republik Irland. Um ihre »nationale« Agenda voranzutreiben, verbünden sich die Nationalisten dieser beiden Regionen ausgerechnet mit jenen Europapolitikern, die den Brexit für eine Vertiefung oder Zentralisierung der EU nutzen wollen. Deshalb drängen sie die britische Regierung, möglichst rasch einen Austrittsantrag nach Artikel 50 des EU-Vertrags zu stellen. Doch die neue Premierministerin Theresa May erklärte überraschend die staatliche Einheit des Vereinigten Königreichs zur obersten Priorität. Solange mit Schotten und Nordiren kein Einvernehmen über die Modalitäten eines EU-Austritts hergestellt sei, werde die britische Regierung ihn auch nicht beantragen. Es liegt im Interesse der EU und vor allem Deutschlands, May in dieser Haltung zu bestärken. Der Brexit sollte nicht zum Experimentierfeld für neue Europakonzepte werden.