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Korruption und Korruptions­bekämpfung im Südkaukasus

SWP-Studie 2020/S 08, 13.05.2020

doi:10.18449/2020S08

Forschungsgebiete

Dr. Uwe Halbach ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Osteuropa und Eurasien

 Georgien, Armenien und Aserbaidschan bilden einen Teil des EU-Kooperationsraums der Östlichen Partnerschaft. Europäische Außen­politik ermuntert und unterstützt die Partnerstaaten dabei, ihre Regierungs­führung (governance) zu verbessern.

 Für die Bewertung, wie gut das gelingt, spielt das Thema Korruption und ihre Bekämpfung eine gewichtige Rolle. In keinem anderen Teil Osteuropas und Eurasiens klafften das Ausmaß der Korruption und die Bilanz der Gegenmaßnahmen so weit auseinander wie im Südkaukasus.

 Unter den postsowjetischen Staaten hat nur Georgien seine Position in der Korruptionsstatistik seit Mitte der 2000er Jahre nachhaltig verbessert. Auf dem Korruptionswahrnehmungs-Index von Transparency Inter­national liegt es weit vor seinen Nachbarn, doch seine Reformbilanz wird in den letzten zwei Jahren von heftigen innenpolitischen Querelen gefährdet.

 In Armenien leitete die Samtene Revolution im Frühjahr 2018 den Sturz der Republikanischen Partei ein. Unter deren Herrschaft hatte sich in zwei Jahrzehnten eine Oligarchie etabliert, und die Korruption blühte. Die neue Führung unter Premierminister Nikol Paschinjan erklärte Korruptionsbekämpfung zur Priorität für den politischen Neustart.

 Aserbaidschan weist das höchste Ausmaß an Korruption auf. Seine »Beamtenoligarchie« bildete bislang eine machtvolle Verbindung zwischen Staat und Wirtschaft. 2019 sagte Präsident Ilham Alijew Schattenwirtschaft und Korruption den Kampf an und ersetzte einige langjährige Regierungsmitglieder. Experten bezweifeln allerdings, dass damit ein politischer Systemwandel in die Wege geleitet wurde.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Das Thema Korruption und Korruptionsbekämpfung fällt ins Gewicht, wenn es darum geht, die Qualität von Regierungsführung zu bewerten. Das gilt auch für den Südkaukasus, der einen Teil des östlichen Nachbarschafts- und Partnerschaftsraums der Euro­päischen Union bildet. Ein Anliegen europäischer Außenpolitik in den 2000er Jahren war es, die drei südkaukasischen Staaten zu ermuntern und dabei zu unterstützen, ihre Regierungsführung zu verbes­sern. In der späten sowjetischen Periode galten die »transkaukasischen« Unionsrepubliken als besonders stark von Korruption betroffen. Während der nach­sowjetischen Zeit indes offenbarten sich in diesem Punkt so gravierende Unterschiede zwischen den drei Staaten wie sonst in kaum einem Teil des post­sowje­tischen Raums. Das trifft auf die Entwicklung seit 2004 zu, in der Georgien sein Ranking auf dem Korruptionswahrnehmungs-Index (Corruption Perceptions Index, CPI) von Transparency International wie kein anderer Staat in Osteuropa und Eurasien verbesserte, während Aserbaidschan eher auf dem Niveau zentral­asiatischer Staaten verharrte und Armenien vor dem Machtwechsel von 2018 ebenfalls denkbar schlecht platziert war. Korruption, von Transparency Inter­national als »Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil« definiert, tritt in zahl­reichen staatlichen Handlungsfeldern auf, so dem öffentlichen Dienst, dem Sicherheits- und Rechtsschutzsektor, der Gesundheits- und der Bildungspolitik, der Steuererhebung, dem Ausschreibungswesen und anderen Bereichen. Internationale Organisationen unterstützen Bemühungen um Korruptionsbekämpfung in postsowjetischen Staaten und berichten regel­mäßig darüber, inwieweit ihre Empfehlungen von den Regierungen berücksichtigt werden. Das sind vor allem die Staatengruppe gegen Korruption (Groupe d’États contre la Corruption, GRECO) des Europarats, Open Government Partnership (OGP) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Orga­nisation for Economic Co-operation and Development, OECD) mit ihrem Istanbuler Aktionsplan gegen Korruption und dem Antikorruptionsnetzwerk für Ost­europa und Zentralasien. Einen neuralgischen Punkt für die Bewer­tung politischer Entwicklungen bildet vor allem das Verhältnis zwischen dem Zustand des Justizsystems und dem Ausmaß von Korruption.

Korruption gilt als ein Haupthindernis für staat­liche Reformfähigkeit und für Vertrauen der Bevölke­rung in ihren Staat. Ihr Ausmaß ist objektiv nicht exakt zu bemessen. Aber durch Umfragen in der Bevölkerung, unter zivilgesellschaftlichen Akteuren und Experten sowie in- und ausländischen Geschäftsleuten in den untersuchten Ländern lassen sich die Wahrnehmung von und die Erfahrung mit Korrup­tion zumindest annähernd ermitteln. Solche Wahr­nehmung richtet sich vor allem auf den Zustand des öffentlichen Dienstes, in dem sich der »Missbrauch anvertrauter Macht« als Alltagskorrup­tion präsentiert und große Teile der Bevölkerung betrifft. In Staaten wie Georgien, Armenien und – außerhalb des Süd­kaukasus – der Ukraine bildete gesellschaftliche Frustration über systemische Kor­rup­tion einen Hinter­grund für Regierungs- und Machtwechsel. Da bekann­ten sich neue Führungen zu ver­stärkten Maßnahmen gegen Korruption, am frühesten nach der »Rosen­revolution« in Georgien vom Novem­ber 2003. In den letzten zwei Jahren wurden Versprechen, die Regie­rungsführung zu verbessern, mit Korruptionsbekämp­fung verknüpft, so in Armenien nach der »Samtenen Revolution« vom Frühjahr 2018 und in der Ukraine unter dem 2019 mit großer Stimmenmehrheit gewähl­ten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Unter den Staaten im östlichen Nachbarschafts- und Partnerschaftsraum der EU hat aber lediglich Georgien seine Platzierung auf dem CPI von Transparency Inter­natio­nal in den letzten 15 Jahren nachhaltig verbessert. Im Untersuchungsraum Osteuropa und Zentralasien belegt es inzwischen den ersten Platz in Hinsicht auf Korruptionsbekämpfung. Es bleibt abzuwarten, wie weit sich Armenien dieser Bilanz annähert. Nach dem Machtwechsel von 2018 wurden dort auf breiter Basis strafrechtliche Verfahren gegen Oligarchen im Um­feld der gestürzten Regierungspartei eingeleitet, denen Amtsmissbrauch und Korruption zur Last gelegt wurden. Im neuesten CPI mit Rückblick auf 2019 hat Armenien sein Ranking bereits verbessert.

Welche Faktoren bedingen die Unterschiede beim Ausmaß von Korruption und in der Bilanz ihrer Bekämpfung in den drei Staaten? Beim Vergleich zwischen Georgien, Armenien und Aserbaidschan geht es darum, Zusammenhänge sichtbar zu machen, und zwar zwischen Korruption und ihrer Bekämpfung durch staatliche Akteure auf der einen Seite, der Herausbildung von Oligarchien, dem Zustand des Justizsektors, dem Grad von Meinungsfreiheit und anderen Kriterien politischer Entwicklung auf der anderen Seite. Dabei gilt es, den Blick auf die nach­sowjetische Periode zu richten und aktuelle politische Prozesse zu berücksichtigen, wie den Neustart in Armenien, die Verschärfung innenpolitischer Ausein­andersetzungen in Georgien und neuerliche Reform­ankündigungen in Aserbaidschan.

Der Südkaukasus als »Region« politischer Kontraste

Korruption steht im Zusammenhang mit Oligarchie, Schattenwirtschaft und Klientelismus, also mit Erscheinungsformen politischer und wirtschaftlicher Entwicklung, die im kaukasisch-kaspischen Raum ihre eigene Ausprägung zeigen. Sie waren in allen drei Staaten ein herausragendes Thema nachsowjetischer Entwicklung.

Seit dem Übergang von der sowjetischen in die nachsowjetische Periode wurde der Südkaukasus vor allem mit Sezessionskonflikten assoziiert, die inter­nationale Organisationen zu Mediation und Konflikt­eindämmung herausforderten. Diese ungelösten Kon­flikte stehen dem Wunsch der EU entgegen, dass in den Partnerregionen in ihrer Nachbarschaft gute innerregionale Beziehungen herrschen mögen. Kein anderer Teil des postsowjetischen Raumes ist so stark von Barrieren durchsetzt wie der Südkaukasus, seien es geschlossene Landesgrenzen wie zwischen Armeni­en und Aserbaidschan, seien es scharfe Trennlinien wie zwischen Georgien und seinen abtrünnigen Lan­desteilen Abchasien und Südossetien. Aufgrund die­ser ungelösten Konflikte ist der Südkaukasus allenfalls in geographischer, nicht aber in politischer Hinsicht als Region zu bezeichnen. Das Differenzierungsgebot, das die EU beim Eintritt in das Kooperationsprojekt Öst­liche Partnerschaft 2009 betont hat, ist gerade für den Südkaukasus nur allzu berechtigt. Zwischen den drei Staaten bestehen erhebliche Unterschiede in den außen- und sicherheitspolitischen Ausrichtungen. Georgien strebt die Mitgliedschaft in EU und Nato an. Armenien betreibt eine multivektorale Außenpolitik und verbindet seine strategische Partnerschaft mit Russland und die Mitgliedschaft in eurasischen Regio­nalorganisationen mit Verhandlungen zum Abschluss eines erweiterten Partnerschaftsabkommens mit der EU. Aserbaidschan gehört der Bewegung Blockfreier Staaten an und sah bisher von engerer Integration in westliche oder eurasische Regionalorganisationen ab. Zu den Besonderheiten der »Region« gehören aber auch gravierende Diskrepanzen in der innenpolitischen Entwicklung, so zwischen den Nachbarländern Georgien und Aserbaidschan, die in engen Transit­beziehungen miteinander stehen. Wird Georgien in internationalen Indizes als »partly democratic« bewer­tet, gab Aserbaidschan bislang das Beispiel für ein konsolidiertes autoritäres Herrschaftssystem ab. Ein starker Kontrast zeigte sich dabei in der Korruptionsstatistik. Im neuesten Korruptionswahrnehmungs-Index figuriert Georgien auf Rang 44, Aserbaidschan auf Rang 126. Solche Bilanz suggeriert, dass in Staaten mit Ausrichtung auf europäische Standards Korrup­tion effektiver bekämpft wird. Doch in anderen Part­nerländern der EU in ihrer östlichen Nachbarschaft hat sich diese Annahme nicht bewahrheitet: Die Ukraine und Moldova galten als Vorreiter im Assoziie­rungsprozess mit der EU, doch ihre Korruptionsbilanz blieb deutlich schlechter als die des autoritär regier­ten Belarus. Setzte die erste »Farbrevolution« im post­sowjetischen Raum, die in Georgien vom November 2003, Korruptionsbekämpfung in Gang, galt dies für die zweite, die in der Ukraine von 2004, nicht. Als der aus ihr hervorgegangene Präsident Viktor Juscht­schenko sein Amt antrat, befand sich das Land auf Platz 122 im Ranking von Transparency International, als er es im Jahr 2010 verließ, auf Platz 146.1

Korruption gilt vielen als typisch für den Kaukasus, doch Georgien hat dieses Klischee teilweise entkräftet.

Die Entwicklung in Georgien konterkariert auch ein Stereotyp, das auf den gesamten Kaukasus bezogen wird und Korruption als »part of culture« präsentiert. Oligarchie und Vetternwirtschaft werden mit Clan­bildung unter ethnischer, stammesmäßiger oder landsmannschaftlicher Zuordnung in Verbindung gebracht – und diese Verbindung fügt sich in tradi­tionelle Kaukasusbilder ein. Doch das Beispiel, das Georgien in den letzten 15 Jahren gesetzt hat, mahnt hier zur Vorsicht. Das Land hat mit Reformen im öffentlichen Dienst Klischees entkräftet, die Korrup­tion als kaum überwindbares kulturelles Erbe dar­stellen.

Armenien lieferte vor dem Machtwechsel von 2018 das Beispiel eines Landes, in dem Korruption und Oligarchie im Umfeld einer zwei Jahrzehnte lang herrschenden Regierungspartei zum Dauerthema in öffentlichen Diskursen und Alltagsgesprächen wurde. Der »Neustart« durch die Samtene Revolution bedeu­tete, dass diese Themen energisch aufgegriffen und rigide Antikorruptionskampagnen eingeleitet wur­den. Und in Aserbaidschan steht Korruption in einem Kontext mit Rentierstaatlichkeit,2 der in ähnlicher Weise daraus erwachsende Missstände in rohstoff­reichen Ländern des Mittleren Ostens oder Lateinamerikas bestimmt. Zu den neuerlichen Entwick­lungen in dem Land am Kaspischen Meer zählten 2019 einige Signale für Reformen, die sein Präsident Ilham Alijew auch auf Korruptionsbekämpfung ausgerichtet hat.

Georgien als krisenanfälliges »Musterland«

Transparency International verortet Georgien im jüngsten Korruptionswahrnehmungs-Index 2019 auf Rang 44 – noch vor einigen EU-Staaten. Dagegen teilt sich sein großer Nachbar Russland Rang 137 mit Ländern des Mittleren Ostens, Afrikas und Latein­amerikas. Die wie Georgien im Assoziierungsprozess mit der EU befindlichen Staaten Ukraine (Rang 126) und Moldova (Rang 120) weisen ebenfalls noch ein erhebliches Ausmaß an Korruption auf. In Indizes, die politische und wirtschaftliche Transformationsprozesse aus nachsowjetischer Perspektive bewerten, ist Georgien verhältnismäßig weit vorn platziert. Kommentatoren aus georgischen Forschungsstellen und Nichtregierungsorganisationen sowie auswärtige Experten machen allerdings auf Schwachstellen dieser Bilanz aufmerksam.

So wurden in der reformorientierten Saakaschwili-Ära (2004–2012/13) die Einschränkung von Eigentumsrechten und Meinungsfreiheit sowie politischer Druck auf Unternehmen beklagt, die nicht zur Klien­tel der politischen Führung gehörten.3 Bis heute steht die Forderung nach Unabhängigkeit des Justizsektors im Raum. Hohe Armuts- und Arbeitslosenquoten nähren in der Bevölkerung Unzufriedenheit, die 2019 in Umfragen des amerikanischen National Democratic Institute for International Affairs (NDI) deutlich zum Ausdruck kam.4 Weder hat die Rosenrevolution die Bevölkerung in den folgenden Jahren auf Rosen gebettet, noch hat nach dem Regierungswechsel von 2012 die neue Führung unter der Partei Georgischer Traum traumhafte Verhältnisse geschaffen. Gleichwohl besteht weitgehend Konsens darüber, dass Strukturreformen im öffentlichen Dienst Veränderungen bewirkt haben, die Georgien von anderen postsowjetischen Staaten unterscheiden. Das gilt besonders in Hinsicht auf das Ausmaß von Alltagskorruption.

Korruption wucherte hier im ersten nachsowjetischen Jahrzehnt in allen Bereichen, die staatlicher Kontrolle unterstehen. Sie wurde seit 2004 vor allem dort zurückgedrängt, wo die Bevölkerung im Alltag mit ihr in Berührung kam. Diese mit »petty corrup­tion« umschriebene Erscheinungsform von Korruption im öffentlichen Dienst gilt als deutlich reduziert,5 was für »high level corruption« nicht in gleichem Maße konstatiert wird.6 Die Rosenrevolution hatte die Bevölkerung mit der Parole »Georgien ohne Kor­ruption« mobilisiert. Im Kampf gegen eine omnipräsente Schmiergeldpraxis wurde aktive und passive Bestechung kriminalisiert. Gleichzeitig wurden die Verwaltungsapparate drastisch verschlankt und die Gehälter im öffentlichen Dienst angehoben. Das Steuerwesen wurde vereinfacht, aber die Steuererhebung effizienter betrieben, so dass die Staatseinnahmen stiegen. Die Kampfansage galt dem »big weak state«, dem schwachen Staat mit aufgeblasener Büro­kratie. 2002 stand Georgien in einer weltweiten

Umfrage zum Vertrauen der Bürger in ihren Staat noch auf einem der letzten Plätze.7 Aus Sicht der Bevölkerungsmehrheit betrachteten Träger öffent­licher Ämter ihre Amtsstellung als Ressource, um sich privat zu bereichern. Am geringsten war das Vertrauen in die Polizei, die nicht mit Rechtsschutz, sondern mit Korruption und mit Verbindungen zur kriminellen Unterwelt assoziiert wurde. In der Folge­zeit verbesserte Georgien seine Position auf dem Korruptionswahrnehmungs-Index wie kaum ein anderes Land. 2010 bekundeten rund 80 Prozent der befragten Bürger, dass Korruption zurückgegangen sei. Nur zwei Prozent gaben damals an, in den letzten zwölf Monaten Schmiergeld bezahlt zu haben.8

Ein Beispiel für Veränderungen in gesellschafts­relevanten Sektoren, die zuvor von Korruption durch­drungen waren, lieferten die Polizei- und die Bildungsreformen. Zuvor hatte das für die Polizei zuständige Innenministerium als mafiöse Institution gegolten. Die neue politische Führung nahm eine Reform des Rechtsschutzapparats in Angriff und wurde dabei von internationalen Organisationen durch Programme und Missionen wie das OSCE Police Assistance Programme unterstützt. Hauptmaßnahmen bestanden in radi­kaler Verringerung des Personalstabs, Erhöhung der Gehälter und drakonischen Strafen für Korruption. Zugleich leitete Präsident Saakaschwili eine Null-Toleranz-Politik gegen Kriminalität ein, doch dieses Vorgehen zeigte auch seine Schattenseiten. So stieg die Zahl der Strafgefangenen drastisch, und das bei prekären humanitären Verhältnissen in den Gefäng­nissen. Das Innenministerium der Saakaschwili-Ära wurde nach dem Machtwechsel zum Georgischen Traum immer noch mit Amtsmissbrauch in Verbindung gebracht. Sein Leiter Iwane Merabischwili war einer der prominentesten hohen Amtsträger der 2012 abgewählten Regierung und wurde zu einer mehr­jährigen Haftstrafe verurteilt. Bis in die Gegenwart wird die mangelnde Transparenz im Sicherheitssektor kritisiert.9

Im Bildungssektor hatte sich Korruption vor allem an den Universitäten ausgebreitet. Die offiziellen Gehäl­ter für das Hochschulpersonal waren auf ein extremes Minimum gesunken, was Korruption im Prüfungs­wesen förderte. Mit einem 2004 verabschiedeten Bil­dungsgesetz wurden Reformen vor allem auf trans­parente Prüfungsverfahren für den Zugang zu Uni­versitäten gerichtet.10 Das Bildungswesen wurde nun stärker auf Wettbewerb umgeschaltet und zu­nehmend internationalisiert.11

Insgesamt wurde Korruptionsbekämpfung in Georgien nicht nur wie in allen Staaten Osteuropas und Eurasiens angekündigt, sondern auch umgesetzt. Eine Reihe von Faktoren begünstigte dies. An erster Stelle ist hier der politische Wille zu nennen, mit dem die aus der Rosenrevolution hervorgegangene Führung zügig Strukturreformen durchführte, um die anfangs hohe Zustimmung der Bevölkerung zu dem Machtwechsel zu nutzen. Deren Zuspruch nahm in der zweiten Hälfte der Saakaschwili-Ära deutlich ab, besonders nach dem verlorenen »Fünftagekrieg« mit Russland vom August 2008. Bei den Reformen setzte die Regierung auf Deregulierung. Die Folge in einigen Bereichen wie der Nahrungsmittelsicherheit, der Aufsicht über Kartellbildung und der Wahrung von Arbeitnehmerrechten war allerdings eine Unterregulierung, an der die EU Anstoß nahm.

In Georgien existierte schon unter der Präsidentschaft Schewardnadses (1995–2003) ein höheres Maß an Meinungs- und Pressefreiheit als in Nachbar­ländern wie Aserbaidschan. Das ermöglichte die Berichterstattung über Korruption. Nach 2004 wurde die staatliche Auftragsvergabe, eine Hauptarena für korrupte Praktiken, strikter geregelt und digitalisiert, und es wurde ein Online-System für die Einkommensdeklaration höherer Staatsbeamter geschaffen. Allerdings werden bis heute immer noch Fälle von Vetternwirtschaft bei der Vergabe von Staatsaufträgen beklagt.

Aus Sicht der Führung in den USA hatte die Rosenrevolution Georgien »von einem kleptokratischen, schwachen, halbdemokratischen Regime … in eine konsolidierte Demokratie verwandelt«.12 Doch diese Einschätzung traf auf Vorbehalte. Im Kampf gegen fragile Staatlichkeit schälte sich unter der Führung Micheil Saakaschwilis die Versuchung heraus, auto­ritäre Maßnahmen zu ergreifen. Da bildete sich ein Machtmonopol um »Mischa«, das sich immer mehr von der Gesellschaft abhob. Vertreter der an der Rosenrevolution beteiligten Zivilgesellschaft erhielten Regierungsämter. Ein zuvor regimekritischer Fernseh­sender wie Rustavi 2 wurde regierungsfreundlich, ein oppositioneller Sender namens Imedi dagegen wurde bedrängt und vorübergehend ausgeschaltet. Menschenrechtsorganisationen monierten Übergriffe durch Rechtsschutzorgane, Einschränkungen der Medienfreiheit und die Verletzung von Eigentumsrechten.13 Der wachsende Popularitätsverlust der ehemaligen Rosenrevolutionäre führte zum ersten demokratischen Machtwechsel durch Parlaments­wahlen im Oktober 2012 und durch Präsidentschafts­wahlen ein Jahr später.

Die Oligarchen oder der Oligarch und Strippenzieher?

Auch in Hinsicht auf oligarchische Machtstrukturen unterscheidet sich Georgien von anderen postsowjetischen Staaten.14 Eine Plutokratie mit konkurrierenden Clans war hier nicht in dem Maße festzustellen wie in Russland, der Ukraine oder auch Armenien. Die frühe Phase staatlicher Unabhängigkeit war von den Sezessionskriegen um Abchasien und Südossetien, von Machtkämpfen im Inneren des Landes, von hoher Kriminalität und drastischer Wirtschaftskontraktion geprägt. Während dieser Zeit gab es kaum Superreiche, die Kontrollsphären unter sich aufteilten. Die Brücke zwischen Wirtschaft und Politik wurde in der Folgezeit von einigen georgischen Unter­nehmern gebildet, die ihr Vermögen in Russland erwirtschaftet, dort zur Oligarchie gehört hatten und in den 2000er Jahren in ihr Heimatland zurück­gekehrt waren. Zu ihnen zählen vor allem drei Persönlichkeiten, die politisch aktiv geworden sind. Badri Patarkazischwili stieg als Assistent des Finanz­moguls Boris Beresowski in Russland auf und saß im Vorstand einiger russischer Unternehmen. Er verlegte im Jahr 2000 seinen Wohnsitz nach Georgien, inve­stierte dort in Medien und andere Unternehmen. Gemeinsam mit seinem in London lebenden ehema­ligen Förderer Beresowski unterstützte er die Rosen­revolution und die Orangefarbige Revolution in der Ukraine, geriet aber mit den Protagonisten des Macht­wechsels in Georgien über Kreuz. Bei Massenprote­sten vom November 2007 stellte er sich auf die Seite der Opposition und handelte sich ein Ermittlungs­verfahren wegen des Verdachts eines Putschversuchs ein. Er starb 2008 in seinem britischen Landhaus. Auch Kacha Bendukidse bildete sein Vermögen in Russ­land, erwarb dort Dutzende Firmen, zog sich in den 2000er Jahren aber immer mehr aus diesen zurück und trat in seinem Heimatland in die politische Füh­rung ein. Bis Dezember 2007 amtierte er als Staatsminister für Wirtschaftsreformen und Entwicklung. Sein wirtschaftspolitisches Bekenntnis lautete: »Jegliche Wirtschaftspolitik sollte ein Maximum an Deregulierung als Priorität haben.«15 Seine an US-amerikanischen Normen von Neoliberalismus orien­tierte politische Laufbahn in Georgien konterkariert den Verdacht, er sei vom Kreml abhängig. Dieser Verdacht wird dort pauschal aus einem Vermögenserwerb in Russland abgeleitet und gegenwärtig auf den bekanntesten georgischen Oligarchen Bidsina Iwanischwili projiziert.

In Georgien wird heftig darüber gestritten, ob Bidsina Iwanischwili, reichster Mann des Landes, die Vereinnahmung des Staates betreibt.

Dieser hatte vor seiner Rückkehr nach Georgien im Jahr 2003 sein Vermögen, das heute gut einem Drittel des Bruttoinlandsprodukts des Landes entspricht, ebenfalls in Russland erworben. Seine dortigen Firmen­anteile verkaufte er nach seinem Eintritt in die Politik Georgiens. In Georgien selbst verfügt Iwanischwili über immensen Landbesitz und leitete die Cartu-Bank und die Cartu-Stiftung, mit der er großangelegte karitative Projekte förderte. Vor 2011 hielt er sich politisch im Hintergrund, trat als Wohltäter in seiner Heimatgemeinde sowie im übrigen Georgien auf und unterstützte die Reformen unter Saakaschwili, bis er mit dessen Herrschaftsstil in Konflikt geriet. 2011 kündigte er an, eine Partei zu gründen – mit dem Ziel, die Saakaschwili-Ära bei den für Oktober 2012 anstehenden Parlamentswahlen zu beenden. Sein Parteienbündnis Georgischer Traum erlangte bei den Wahlen einen erdrutschartigen Sieg, und Iwani­schwili amtierte ein Jahr lang als Premierminister.

Nach dem Machtwechsel, der durch Präsidentschaftswahlen im Oktober 2013 mit der Abwahl Saakaschwilis besiegelt wurde, zog Iwanischwili sich offiziell wieder aus der Staatsführung zurück, galt fortan aber als die Verkörperung von »informal rule«, als der Strippenzieher im Hintergrund, ohne dessen Einwilligung keine relevanten wirtschafts-, innen- und außenpolitischen Entscheidungen getroffen wer­den. Seit 2018 amtiert er wieder als Vorsitzender der Regierungspartei. 2015 bekundeten 38 Amtsträger, darunter Minister und hohe Regierungsbeamte, früher in Iwanischwilis Unternehmen gearbeitet zu haben.16 Inwieweit der reichste Mann des Landes »state cap­ture«, also die Vereinnahmung des Staates betreibt, darüber wird in Georgien heftig gestritten.17 Besonders 2019 wuchs die Opposition gegen die »graue Eminenz«. Aus den Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft erklang immer lauter der Vorwurf, Iwanischwili setze politische Gegner und kritische Medien unter Druck und schaffe ein politisches System, in dem seine Privatinteressen Regierungs­entscheidungen beeinflussen. Eines unterscheidet Georgien allerdings wiederum von anderen Staaten: Die Macht der beziehungsweise des Oligarchen und die Machtkonzentration auf eine Regierungspartei hat sich hier nicht in dem Maße mit systemischer Korruption verbunden wie zum Beispiel in Armenien unter der Herrschaft der Republikanischen Partei (1998–2018). Auch nach 2012 galt Georgien weiter­hin als Musterland gemäß seinem Rang auf dem Korruptionswahrnehmungs-Index.

Entwicklung unter der Regierung des Georgischen Traums

Die Regierung unter Führung zunächst des Parteienbündnisses Georgischer Traum, dann unter der Einzelpartei Georgischer Traum-Demokratisches Georgien trat noch verstärkt mit internationalen Organisationen in Verbindung, die Reformprozesse unterstützen und dabei Handlungsfeldern wie der Korruptions­bekämpfung Aufmerksamkeit widmen. Das betrifft zum Beispiel die Beteiligung an der 2011 gegründeten Organisation Open Government Partnership (OGP), in der sich 75 Länder für gute Regierungsführung und Transparenz einsetzen und deren Vorsitz Georgien 2017 innehatte. Nach den Parlamentswahlen von 2016 kam es allerdings zu einer Machtkonzentration um die Regierungspartei und ihren informellen Leiter Iwanischwili, so dass in internationalen Stellungnahmen Zweifel geäußert wurden, dass in Georgien tatsächlich Gewaltenteilung bestand.18

Die EU, mit der Georgien im Assoziierungsprozess steht, betont Justizreformen und die Unabhängigkeit der Judikative als Priorität.

Die EU, mit der Georgien im Assoziierungsprozess steht, betont Justizreformen und die Unabhängigkeit der Judikative als Priorität. In Fortschrittsberichten wurden zwar Verbesserungen etwa bei der Ausbildung von Richtern gelobt, aber es wurde auch festgestellt, dass die Unabhängigkeit der Justiz von der Exekutive nicht ausreichend verwirklicht sei.19 Zudem provozierte eine Verhaftungswelle gegen Amtsträger der abgewählten Exekutive aus der Saakaschwili-Ära wegen Amtsmissbrauchs den Verdacht »politischer Justiz«. Die neue Regierung verwies im Gegenzug darauf, dass Strafanträge aus der Bevölkerung gestellt worden seien und vor Gericht zur Verhandlung gebracht werden müssten. Zuletzt erging im Februar 2020 ein erneutes Gerichtsurteil gegen Gigi Ugulava aus der Oppositionspartei Europäisches Georgien, da er in seiner Amtszeit als Bürgermeister von Tbilisi (2005–2013) angeblich eine gewaltige Geldsumme unterschlagen habe. Auch dies ließ den Vorwurf poli­tischer Justiz im Vorfeld der für Oktober 2020 anbe­raumten Parlamentswahlen laut werden. Als politisch moti­viert bemängelt wurde überdies ein Gerichts­verfahren um Eigentumsrechte an dem Fernsehsender Rustavi 2, der unter Saakaschwili regierungsfreundlich war, nach dem Machtwechsel nun regierungs­kritisch ist. Gegen ein Urteil des Obersten Gerichtshofs Georgiens vom März 2017 in dieser Sache erhob der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Einspruch. Allerdings zog er ihn im Juli 2019 zurück und konstatierte, der Prozess verstoße nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und sei keine vom Staat eingeleitete Kampagne zur Unter­drückung eines regimekritischen Senders.20 Seit Ende 2018 fochten Opposition und Regierung erbitterte Auseinander­setzungen um die Ernennung von Rich­tern aus.

Auch die Parteienfinanzierung und die Gestaltung von Wahlkampagnen warfen kritische Fragen auf. In einem »Compliance Report« von 2016 stellte GRECO Missstände wegen mangelnder Transparenz bei der Parteienfinanzierung fest.21 Und in einem besonders umstrittenen Fall gerieten Iwanischwili und seine Cartu-Stiftung vor der heftig umkämpften Präsidentenwahl vom Oktober 2018 unter Verdacht: Kurz vor der Wahl kündigte die Regierung an, dass dieser Wohltätigkeitsverein die Bankschulden von 600 000 Bürgern tilgen werde. Das bewerteten Vertreter der Opposition und zivilgesellschaftlicher Organisationen als Stimmenkauf zugunsten der parteilosen Kandi­datin Salome Surabischwili, die von Iwanischwilis Partei unterstützt wurde und dann in der Stichwahl den von der Opposition ins Feld geschickten Kandi­daten abhängen konnte.

In der Rangliste des Weltbank-Geschäftsberichts Ease of Doing Business steht Georgien weit oben – im vorerst letzten Bericht vom Oktober 2019 auf Platz 7 von 190 erfassten Ländern.22 Doing Business bezieht sich hier auf das regulatorische Umfeld für Unternehmensgründungen, Baugenehmigungen, Registrierung von Immobilien und anderes. Im weiter gefass­ten Global Competitiveness Index nimmt Georgien einen bescheideneren Platz ein. Hier wird noch auf Nach­holbedarf an Reformen verwiesen. Was die Korrup­tionswahrnehmung in der Geschäftswelt betrifft, ragt es aber nach wie vor aus dem weiteren postsowjetischen Raum positiv hervor. Bei einer Umfrage, welche die International Finance Corporation (IFC) der Welt­bank 2016 in Georgien unter Vertretern kleiner und mittlerer Unternehmen und ausländischen Investoren durchführte, bekundeten weniger als ein Prozent der Befragten, dass sie im Jahr zuvor mit Korruption in der Regierung und Verwaltung konfrontiert gewe­sen seien.23 Auch in einem anderen Handlungsfeld, das von Korruption behindert werden kann, nämlich der Gewährleistung innerer Sicherheit, erteilen inter­nationale Indizes Georgien relativ gute Noten. Der Law and Order Index des amerikanischen Markt- und Meinungsforschungsinstituts Gallup verortet das Land mit Blick auf das Jahr 2018 auf dem 17. Rang unter 142 Staaten, deren Sicherheitsstandards hier gemessen werden.24 Saakaschwilis Null-Toleranz-Politik hatte bewirkt, dass die Kriminalität deutlich sank, aber auch, dass sich die Gefängnisse auf dramatische Weise füllten. Die neue Regierung nach 2012 erließ eine Amnestie für Tausende Häftlinge und handelte sich damit den Vorwurf aus der Opposition ein, die Krimi­nalitätsrate wieder steigen zu lassen. Auch in neueren Umfragen ist die Rede von wachsender Kriminalität. Doch die Sicherheitsstandards in »Kerngeorgien«, das heißt ohne die abtrünnigen Landesteile Abchasien und Südossetien, sind nicht merklich zurückgegangen. Das zeigte neben der Bewertung im Law and Order Index auch der steile Anstieg des Tourismus in den letzten fünf Jahren, der mit der Corona-Krise 2020 nun aber einbricht.

Allerdings enthält die Bewertung der georgischen Reformagenda kritische Hinweise darauf, dass das Land auf einigen Feldern nach wie vor einen Rück­stand aufzuholen hat. So beklagte das Europäische Parlament in einem Bericht über die Umsetzung des Assoziationsabkommens der EU mit Georgien im November 2018 Mängel bei der Unabhängigkeit der Justiz und auch der Korruptionsbekämpfung, wenn­gleich der Bericht in der Zusammenfassung einen überwiegend positiven Befund zur Umsetzung von EU-Standards enthält.25 Was Korruptionsbekämpfung betrifft, wird im Bericht eine eigenständige Agentur gefordert, die von Exekutivorganen unabhängig ist. Auch in anderen internationalen Stellungnahmen wurde beanstandet, dass in diesem Handlungsfeld verschiedene Behörden tätig sind, ohne dass deren Zuständigkeiten und Operationsfelder klar getrennt wären. So erfolgreich Georgien im Kampf gegen »petty corruption« war, bildet Korruption auf höheren politischen Ebenen auch weiterhin eine Herausforderung, meinen internationale Beobachter und natio­nale Nichtregierungsorganisationen wie Transparency International Georgia oder Georgian Young Lawyers’ Asso­ciation: Ermittlungsverfahren würden überwiegend gegen Beamte auf mittlerer oder unterer Dienstebene geführt, kaum gegen Angehörige der politischen Führungsschicht.26 Das Ausschreibungswesen krankt immer noch an mangelnder Transparenz, was vor allem bei umweltrelevanten Projekten beklagt wird. Der vermehrte Bau von Wasserkraftwerken stieß auf den Widerstand von Umwelt-Nichtregierungsorgani­sationen und der lokalen Bevölkerung, die sich von der Projektplanung übergangen sahen.

Zu solchen Einschränkungen der Reformbilanz kamen seit 2018 Warnungen vor wachsender politi­scher Unruhe hinzu. Dafür sorgte heftiger innen- und außenpolitischer Streit zwischen dem Lager der amtierenden Regierungspartei Georgischer Traum-Demokratisches Georgien und dem der ehemaligen Regierungspartei Vereinte Nationale Bewegung und anderer Oppositionsgruppen, die sich zu einer Front gegen Iwanischwili zusammengeschlossen haben. 2019 verschärfte sich der Schlagabtausch. Gegen­wärtige Entwicklungen in der politischen Kultur Georgiens werden mit der Formel PPP skizziert, die für Personalismus, Populismus, Polarisierung steht. Personalismus wird vor allem auf die informelle Füh­rungsrolle Iwanischwilis bezogen, aber auch auf das stärker von Personen als von Programmen geprägte Parteienspektrum insgesamt. Populismus und Polari­sierung stehen für den zunehmend emotionalen Charakter der Auseinandersetzungen. Der fragwürdige Auftritt eines russischen Parlamentariers im georgi­schen Parlament bei einer Konferenz der Interparlamentarischen Versammlung der Orthodoxie in Tbilisi am 20. Juni 2019 provozierte antirussische Demon­strationen, denen Sicherheitskräfte mit rigiden Maß­nahmen entgegentraten. 240 Personen wurden ver­letzt, darunter 80 Polizisten. In der Folgezeit reihte sich eine Demonstration an die andere. Da wurde die Entlassung des Innenministers Gacharia wegen un­verhältnismäßiger Polizeigewalt gefordert. Gegen einige Oppositionspolitiker erhob die Regierung An­klage wegen angeblicher Aufforderung zu gewalt­samen Aktionen vor dem Parlamentsgebäude. Die Opposition konterte mit dem Vorwurf, es gebe wieder »politische Gefangene« in Georgien.

Moskau reagierte 2019 auf »russophobe Ausschreitungen«, indem es den Flugverkehr nach Georgien einstellte. Die georgische Opposition warf der Regie­rung in Tbilisi vor, den »Aggressionen aus Moskau« nicht entschieden genug entgegenzutreten, und hob dabei die angebliche Nähe Iwanischwilis zu Russland hervor, obwohl die Regierung auch unter der Füh­rung des Georgischen Traums eine Außenpolitik praktiziert, die strikt nach Westen ausgerichtet ist. Die Opposition verstärkte ihre Kritik an der Rolle des Oligarchen, so im Kontext mit öffentlichkeitswirk­samen Gerichtsverfahren wie etwa um den Fernsehsender Rustavi 2 oder gegen Vertreter der TBC-Bank, die der Geldwäsche bezichtigt wurden. Es war die Rede von »politischer Justiz« zugunsten Iwanischwilis und der von ihm geleiteten Partei.27 Die Situation verschärfte sich noch, als Iwanischwili den umstrittenen Innenminister zum neuen Premierminister ernannte.28

Laut Meinungsumfragen schrumpfte 2019 der einst große Popularitätsvorsprung der Regierungspartei zu ihrer 2012 abgewählten Vorgängerin deutlich. 2020 stehen Parlamentswahlen an, in deren Vorfeld der Disput zwischen beiden Lagern an Härte zunimmt. Zivilgesellschaftliche Akteure mobilisierten 2019 mit der Parole »Zusammen gegen den Einen« für die Abwahl der von Bidsina Iwanischwili geleiteten Regie­rungspartei.29 Diese Entwicklung erreichte einen Höhepunkt mit Demonstrationen, die sich gegen eine Entscheidung des Parlaments vom 14. November 2019 richteten. Es hatte verhindert, dass Iwanischwili sein Versprechen einlöste, ein neues Wahlrecht nicht wie geplant erst 2024, sondern schon bei den Parla­mentswahlen 2020 anzuwenden. Das bisherige Misch­system aus Verhältnis- und Mehrheitswahl sollte auf reine Verhältniswahl umgestellt werden. Auf diese Weise wollte Iwanischwili die im Juni ausgebrochene Demonstrationswelle eindämmen. Im Parlament stellte sich die Regierungspartei Georgischer Traum-Demokratisches Georgien dann aber nicht geschlossen hinter dieses Versprechen. Dieser Vorgang wurde in weiten Teilen der Öffentlichkeit als abgekartetes Machtspiel angesehen, da die Regierungspartei bei der letzten Wahl durch Stimmengewinn in den Mehr­heitswahlkreisen profitiert hatte. Er führte aber auch zu Rissen in der Partei selbst. 37 Abgeordnete aus ihr enthielten sich der Abstimmung, drei stimm­ten gegen den Antrag. Daraufhin erklärten zwölf Abgeordnete ihren Austritt aus der Partei Georgischer Traum. Ende 2019 warfen sich ehemalige und der­zeitige Parteimitglieder gar gegenseitig Korruption und Amtsmissbrauch vor.

Die politischen Gräben, die sich auftun, bedrohen Georgiens Image als Reformstaat.

Die politischen Gräben, die sich auftun, bedrohen Georgiens Image als Reformstaat im postsowjetischen Raum. Das stellt eine Herausforderung für eine euro­päische Außenpolitik dar, die Wert auf verbesserte Regierungsführung in der östlichen Nachbarschaft legt und dabei Georgien bislang als einen Vorreiter bei der Umsetzung europäischer Standards betrachtet hat.30 Ende 2019 und Anfang 2020 mehrten sich im Europarat, innerhalb der EU und in der Nato kritische Kommentare zur politischen Entwicklung des Landes. Im März 2020 traten die innenpolitischen Querelen und Trennlinien allerdings hinter die Herausforderung zurück, welche die Bedrohung durch das Corona­virus auch in Georgien für Gesellschaft und Staat bildet. In der Auseinandersetzung um die Reform des Wahlsystems bahnte sich unter internationaler Ver­mittlung ein Kompromiss zwischen Regierung und Opposition an, der auf die Formel 120 (Parlaments­sitze durch Verhältniswahl) zu 30 (Sitze durch Mehr­heitswahl) hinausläuft.

Armenien im Neustart-Modus

Die Entwicklung in Armenien nach der Samtenen Revolution 2018 erweckte internationale Aufmerksamkeit. Zu der Wende führte eine breite Volks­bewegung. Nach dem im Mai vollzogenen friedlichen Machtwechsel legte die neue Führung bei ihren Reformansagen einen besonderen Schwerpunkt auf den Kampf gegen Korruption. Die Rhetorik und die ersten Maßnahmen auf dem angekündigten Reformpfad erinnerten an die frühe Phase nach der Rosen­revolution in Georgien. Allerdings war der Führer der Samtenen Revolution, der heutige armenische Premier­minister Nikol Paschinjan, bemüht zu verhindern, dass der Machtwechsel als Farbrevolution tituliert wurde, da dieser Begriff in Russland dämonisiert wird. In Moskau werden die damit bezeichneten Vor­gänge einseitig auf den Einfluss ausländischer, sprich westlicher »Agenturen« zurückgeführt. Und auch nach der Wende legte die neue Führung in Armenien Wert auf die Fortsetzung der strategischen Partnerschaft mit Russland und betonte, es handle sich hier um eine rein innerarmenische Angelegenheit. Tat­sächlich verzichtete der Kreml in diesem Fall auf seine gängige, gegen westliche Einflussnahme gerichtete Darstellung in Bezug auf Machtwechsel unter demo­kratischen Vorzeichen in Russlands »nahem Ausland«. Gleichwohl wuchs in Moskau das Unbehagen, da die neue armenische Regierung gegen prominente Vertreter der alten Machtelite vorging, vor allem den einstigen Präsidenten Robert Kotscharjan (1998–2008).

Im April 2018 wurde der zuvor seit zehn Jahren amtierende Präsident Sersch Sargsjan zum Premierminister gewählt – von einem Parlament, in dem seit 1998 die mit ihm und seinem Vorgänger Kotscharjan verbundene Republikanische Partei dominierte. Seit 2015 eingeleitete Verfassungsänderungen hatten die Machtfülle des Präsidenten auf repräsentative Funk­tionen beschränkt. Die Bevölkerung sah dahinter ein abgekartetes Machtspiel, das dem Staatsführer durch den Wechsel in das Amt des Premierministers seine weitere Herrschaft sichern sollte. Das leitete die viel­leicht breiteste Protestwelle ein, die je ein postsowjetischer Staat erlebt hatte. Schon zuvor hatten zivil­gesellschaftliche Akteure Jahr für Jahr Protestbewegungen zu konkreten Anlässen organisiert – als Reaktion auf Strompreiserhöhungen, Pensions­reformpläne, Umweltsünden und anderes. Doch 2018 richtete sich eine neuartige Protestkultur gegen das politische System und die Machtelite aus der Republi­kanischen Partei insgesamt und entfaltete enorme Mobilisierungskraft und Originalität. Laut einer Mei­nungsumfrage, die das amerikanische International Republican Institute (IRI) im Sommer 2018 durchführte, hatten 43 Prozent der Befragten an Demonstrationen teilgenommen.31 Im Mai 2018 wurde die Samtene Revolution mit der Wahl ihres Führers Nikol Paschin­jan zum Premierminister besiegelt. Am 9. Dezember 2018 gewann der von Paschinjan geleitete politische Block Mein Schritt über 70 Prozent der Stimmen bei der vorgezogenen Parlamentswahl. Die Republikanische Partei überwand nicht einmal die Fünfprozenthürde. Damit kam es in Armenien durch international als »frei und fair« bewertete Wahlen zu einem kompletten Machtwechsel. Paschinjan bildete Anfang 2019 eine neue Regierung aus überwiegend jungen Leuten. Im Februar verabschiedete diese ein Fünf­jahresprogramm. Dem gemäß sollen grundlegende Strukturreformen in Gang gebracht werden, zu denen Korruptionsbekämpfung, Maßnahmen gegen Monopol­bildung in strategischen Wirtschaftssektoren, die Stärkung von Rechtsstaatlichkeit und die Förderung von Investitionen aus dem Ausland und aus der welt­weiten armenischen Diaspora gehören. Auch wurde in Aussicht gestellt, den Lebensstandard anzuheben – ein gewagtes Versprechen angesichts gravierender sozioökonomischer Probleme des Landes. Trotz relativ günstiger Wachstumsraten, die vor der weltweiten Finanzkrise von 2008 zweistellig waren und nach dem Einbruch 2009 um 14 Prozent sich in den folgenden Jahren langsam wieder erholten, ist es nicht gelungen, den Lebensstandard für breite Bevölkerungsteile spürbar zu erhöhen. Wegen der Corona-Krise 2020 ist er nun massiv bedroht.

In Armenien wurde die wohl früheste Privatisierung der Wirtschaft in einem Mitgliedsland der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) vollzogen. Dabei wurden Monopole und Oligopole gebildet, und es war eine immer engere Verflechtung zwischen politischen und wirtschaftlichen Machtträgern zu beobachten. Die Autoren einer Weltbank-Studie von 2013 beziffer­ten den Anteil von Oligopolen und Monopolen an den Märkten Armeniens auf 60 Prozent. Wirtschaftssektoren, die für die Versorgung der Bevölkerung relevant sind, wurden von »government-linked busi­ness people« beherrscht.32

Die geoökonomische Isolation Armeniens im Um­feld des ungelösten Konflikts mit Aserbaidschan um Berg-Karabach trug zu dieser Entwicklung bei. Sie zeigt sich darin, dass von den vier Staatsgrenzen zu Nachbarländern zwei geschlossen sind (die zur Türkei und zu Aserbaidschan) und wichtige Transitrouten über den Südkaukasus an Armeniens Staatsgebiet vorbei verlaufen, wie die Pipelinetrassen für Erdöl und neuerdings Erdgas vom Kaspischen Meer nach Europa.

Schon kurz nach der Samtenen Revolution behauptete die neue Führung, sie habe die Korruption beseitigt.

Die neue Führung behauptete schon kurz nach der Wende, Wirtschaftsmonopole gebrochen zu haben, die mit der alten Machtelite verbunden waren. Dieses Vorgehen sollte vor allem der Korruptionsbekämpfung dienen, während andere Handlungsfelder wie etwa eine dringlich geforderte Justizreform bis dahin noch weitgehend außer Acht blieben.33 Knapp ein Jahr nach der Samtenen Revolution bekundete der neue armenische Premierminister »vollen Erfolg«, so vor der Parlamentarischen Versammlung des Europa­rats im April 2019: Armenien habe es geschafft, syste­mische Korruption auszurotten.34 Der Delegations­leiter der EU in Eriwan pries »die unleugbaren Gewin­ne und Erfolge der Reformen«, vor allem des Kampfes gegen Korruption.35

Einige Experten bezweifelten jedoch, dass sich die strukturellen Ursachen und Rahmenbedingungen für Korruption und Oligarchie in kürzester Zeit ausschalten lassen. Um zu ermessen, wie groß die Herausforderungen für nachhaltige Korruptionsbekämpfung in Verbindung mit Reformen im Justizsektor, der Über­windung von Oligarchie und anderen Reformanforderungen sind, ist der Rückblick auf die Situation vor dem »Neustart« erforderlich.

Oligarchie im Umfeld der Republikanischen Partei

Der Terminus Oligarch war in den letzten zwei Jahr­zehnten besonders in Armenien in Alltagsgesprächen weit verbreitet. Bezogen wurde er auf regionale Gou­verneure, Bürgermeister, Stadträte, Parlamentarier, Kirchenhierarchen und Geschäftsleute und auf deren Verbindung zur politischen Führung unter der Republikanischen Partei und den Präsidenten Robert Kotscharjan und Sersch Sargsjan.36 Diese Machtgruppe wurde von Personen unterschiedlicher Herkunft gebildet: von Leuten aus der armenischen Karabach-Bewegung oder aus dem Gebiet Berg-Karabach selbst, von Familien, die schon in sowjetischer Zeit dominante Stellungen in der Schattenwirtschaft eingenom­men hatten, von Aufsteigern aus der nachsowjetischen Entwicklung, die ihr Kapital in den 1990er Jahren akkumuliert hatten. Damals bewirkte die Privatisierung der Wirtschaft, dass der Reichtum sich auf rund 50 Familien konzentrierte, die in der Folgezeit einen Großteil der Unternehmen kontrollierten, laut Schätzungen zwischen 50 und 70 Prozent. Ver­bindungen zu politischen Ämtern verhalfen ihnen zu Monopolstellungen in relevanten Wirtschafts­sektoren wie der Produktion und dem Vertrieb von Grundnahrungsmitteln.37

Laut Gesetz hatten Parlamentsmitglieder und Staats­beamte nicht das Recht, während ihrer Amtszeit als Unternehmer tätig zu sein. Deshalb ließen sie ihre Firmen und ihr Eigentum unter dem Namen von Familienmitgliedern registrieren. 2014 waren im Par­lament von 131 Abgeordneten 19 Einkommensmillio­näre.38 Da wurde eine Oligarchie von Wirtschaftsmagnaten gebildet, die auf administrative Machtpositionen gelangten, und in umgekehrter Richtung von hohen politischen Amtsträgern, die zu Großunternehmern aufstiegen. Dabei wurde eine »Korruptionspyramide« über staatlich kontrollierten Sektoren wie Finanz-, Steuer- und Zollbehörden errichtet, in der die Beteiligten Tribut an ihren »Boss« und weiter nach oben bis in die politischen Führungsspitzen entrich­teten. Auf lokaler Ebene manifestierte sich die Olig­archie in einem Patrimonialsystem, das Familien mit umfangreichem Landbesitz und Firmen vor Ort umfasste und in dem Vertreter der Machtelite, die mit dem politischen Zentrum verbunden war, Einfluss auf die Kommunen ausübten. Als ein Beispiel hierfür wird die Herrschaft des 2018 entmachteten Generals Manvel Grigorjan über die Kleinstadt Etschmiadsin nahe der Hauptstadt genannt. Dort hatte sein Sohn als Bürgermeister amtiert und Geschäfte schließen lassen, die mit seinem eigenen Supermarkt in Kon­kurrenz standen.39

Korruptionsbekämpfung

Aus der Regierung kamen schon vor 2018 Kampf­ansagen gegen Korruption. Die Medien konnten freier als etwa im Nachbarland Aserbaidschan über Verbin­dungen zwischen politischen und wirtschaftlichen Machtgruppen berichten. Der von 2008 bis 2014 amtie­rende Premierminister Tigran Sargsjan bezeich­nete Korruption als »das Hauptproblem, das alle unsere Reformen blockiert«.40 2004 rief die Regierung einen Antikorruptionsrat und eine Monitoring­kommission ins Leben. 2012 trat ein Gesetz zum öffentlichen Dienst in Kraft, das über vorherige Gesetzesvorlagen hinausging. Es bezog sich nicht nur auf einfache Staatsbedienstete, sondern auch auf hochrangige Beamte in Organisationen wie dem Verfassungs­gericht, den Zentralbanken, dem Nationalen Sicher­heitsrat, der Generalstaatsanwaltschaft und Organen der lokalen Selbstverwaltung. Doch die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen und Gesetze wurde in Berichten internationaler Beobachter und zivil­gesellschaftlicher Organisationen in Armenien selbst als völlig unzureichend kritisiert.41 Die nach wie vor unangetasteten Patronagenetzwerke, der Mangel an klarer Trennung zwischen privaten Unternehmen und öffentlichen Ämtern und die Verflechtung zwi­schen politischen und wirtschaftlichen Macht­eliten bildeten strukturelle Faktoren, die Korruptions­bekämpfung behinderten.

Ein entschiedener Vorstoß gegen diese Zustände erfolgte erst nach dem Machtwechsel von 2018. Erst zu diesem Zeitpunkt trat wie in Georgien 15 Jahre zuvor der Hauptfaktor für Veränderung hervor: der politische Wille einer neuen Staatsführung, Korrup­tion zu bekämpfen. Unter Leitung des Nationalen Sicherheitsdienstes und anderer Ermittlungsbehörden kam es nun zum Sturm auf notorisch korrupte Zoll­agenturen, auf fragwürdige Stiftungen, auf Firmen, die von Familienangehörigen hochrangiger Politiker geleitet wurden, auf Versorgungsstellen des Militärs und anderes. 2018 wurden 1 077 Ermittlungsverfahren wegen Korruption eröffnet, gegenüber 403 im Jahre 2017. Die aufsehenerregendsten Verfahren rich­teten sich gegen Verwandte und enge Mitarbeiter des ehemaligen Machthabers Sersch Sargsjan. 2019 setzte sich diese Kampagne mit Ermittlungen gegen hoch­rangige ehemalige Minister und Staatsbeamte fort. Ende des Jahres richteten sich dann Korruptions­vorwürfe gegen den ehemaligen Präsidenten Sargsjan persönlich.

Die Oligarchie aus dem Umfeld der Republikanischen Partei stand nun nicht mehr über dem Gesetz und sah sich heftigsten Angriffen ausgesetzt, die sie mit dem Hinweis auf »politische Justiz« zu delegitimieren versuchte. Allerdings wurden Ermittlungen auch gegen zuvor enge Mitarbeiter des neuen Premier­ministers eingeleitet. Das betraf etwa den stellvertretenden Bildungsminister Gevorg Loretsjan, der zu den Protagonisten der Samtenen Revolution gehört hatte.42 Unter den veränderten Machtverhältnissen versuchten die Oligarchen nun, Beziehungen zu der neuen Regierung aufzubauen. Beispielsweise flossen Spenden an zwei wohltätige Stiftungen, die Premierminister Paschinjans Ehefrau gegründet hat und die unter anderem die Kosten für Krebsbehandlungen bei Kindern übernehmen. Zu den Spendern gehörte ein Oligarch aus dem Lebensmittelsektor namens Samvel Aleksanjan, gegen den Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung eingeleitet, dann aber eingestellt wur­den.43 Das Verhältnis zwischen mächtigen wirtschaftlichen Akteuren und politischer Führung wird derzeit neu justiert. Die Oligarchie ist nicht beseitigt, aber ihr Einfluss auf politische Entscheidungen wird ver­ringert.44 Hinzu kommt, dass sich in der Bevölkerung die Korruptionswahrnehmung verändert, die zuvor eher fatalistisch war. Man sah in ihr zwar ein ernstes Problem, gemeinsam mit sozioökonomischen Miss­ständen wie der hohen Arbeitslosigkeit und der Emi­gration.45 Aber ein Großteil der Befragten in Studien des Caucasus Research Resource Center (CRRC) und anderer Forschungsstellen betrachtete Korruption als Erscheinung des Alltagslebens, gegen die der Normal­bürger wenig ausrichten kann.

Von Korruption betroffene Sektoren

Korruption betraf nicht zuletzt den Sicherheitssektor, der besonders in Armenien eine exponierte Stellung einnimmt. Seine hohe Bedeutung erklärt sich vor allem aus dem Konflikt um Berg-Karabach mit dem Nachbarland Aserbaidschan, zu dem Armenien in einer Beziehung von »Weder Krieg noch Frieden« steht. Der Kleinstaat im Südkaukasus figuriert im Index des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) weltweit an neunter Stelle unter den Staaten mit den höchsten Militärausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt (2018: 4,8 Prozent), auch wenn die Ausgaben seines nach Bevölkerungszahl und Wirtschaftskraft weit größeren Gegners Aserbaid­schan in absoluten Zahlen deutlich über den armeni­schen liegen.46 Der Verteidigungssektor galt vor 2018 als intransparenter Bereich, in dem Verschwendung staatlicher Ressourcen und Vetternwirtschaft obwalte­ten. Bei der Antikorruptionskampagne der neuen politischen Führung spielte das Vorgehen gegen den General Manvel Grigorjan, einem Mitglied des Parla­ments und der Republikanischen Partei, eine beson­dere Rolle. In seinem Haus wurden riesige Vorräte an Waffen und Produkten gefunden, die er angeblich von der Versorgung der Armee abgezweigt hatte. Der neue Premierminister Paschinjan bezeichnete dies als den schwersten Korruptionsfall in der gesamten Geschichte des unabhängigen Armenien.47 2019 folgten weitere Ermittlungen und Anklagen gegen ehemalige hohe Sicherheitsbeamte, etwa den frühe­ren Verteidigungsminister Vigen Sargsjan. Bereits 2018 wurde in 182 Fällen wegen Korruption in den Streitkräften ermittelt.48 Diese soll nun durch Maß­nahmen wie die Einführung eines neuen Catering-Systems für die Armee bekämpft werden.

Auch die Polizei wurde zu den korruptesten Institutionen gezählt. Sie galt als ein selbständiger Ver­waltungsapparat, der nur dem Präsidenten Bericht zu erstatten hatte, da 2002 das Innenmini­sterium in Armenien abgeschafft worden war. Internationale Orga­nisationen wie der Europarat empfahlen, das Mini­sterium als Kontrollinstitution über die Rechtsschutzorgane wieder einzuführen. Ein Sicherheits­organ, das nach der Samtenen Revolution sein Image veränderte, ist der Nationale Sicherheitsdienst, der in der Anti­korruptionskampagne als Exekutivorgan fungierte und dem Premierminister zur Seite stand. Doch der neue Leiter dieser Behörde, Artur Vanetsjan, trat im September 2019 von seinem Amt zurück, was als ein erstes Zeichen für Unstimmigkeiten und Risse in der neuen Führung interpretiert wurde.49 Später gab er als Grund dafür an, sich nicht am Kampf der neuen Regierung gegen das Verfassungsgericht beteiligen zu wollen.

Ein Bereich, der in der Wahrnehmung der Bevölkerung mit Korruption in Verbindung gebracht wurde und im Fokus internationaler Beobachtung der gegen­wärtigen Reformprozesse steht, ist der Justizsektor. An die 70 Prozent der in vergangenen Jahren befrag­ten Armenier bezeichneten ihn als korrupt. Fast ein Fünftel der Befragten gab dabei an, im jeweiligen Be­obachtungsjahr Bestechungsgelder an Vertreter der Justiz gezahlt zu haben. 2013 enthielt ein Bericht des Ombudsmannes eine »Preisliste« für die Bestechung von Richtern.50 Auch hier gab die Regierung schon unter der alten Machtelite zu, dass Reformbedarf be­steht, und erklärte es zur Priorität, die Justiz von der Exekutive unabhängig zu machen. Doch die struk­turellen Ursachen für die Missstände wurden nicht merklich reduziert, geschweige denn beseitigt. Dazu gehörten die Dominanz der Staatsanwaltschaft im Justizsystem, mangelnde Professionalität der Richter und ihre Abhängigkeit von politischen Akteuren. Die Justizreform wurde zu einer besonderen Heraus­forderung für den Neustart nach der Samtenen Revo­lution und zu einem Streitpunkt zwischen der neuen politischen Führung und der Richterschaft, die noch aus der Zeit vor der Wende stammt. Laut Umfragen forderte ein Großteil der Bevölkerung 2019, eine Übergangsjustiz zu schaffen, um die vor dem Macht­wechsel begangenen Verstöße zu untersuchen.51

Neben dem Justizapparat nannte die Bevölkerung in Umfragen vor allem zwei Bereiche, in denen sie mit Korruption in Berührung kam: den Gesundheits- und den Bildungssektor. Der Gesundheitssektor litt unter unzureichender staatlicher Finanzierung, in­effizientem Management, einem Mangel an Kontrolle und der Monopolbildung in medizinischen Versorgungsindustrien. Die Finanzressourcen gingen hier an eine kleine Gruppe, die diesen Sektor kontrollierte. Dagegen waren die Angestellten in diesem Bereich unterbezahlt und häufig von verzögerter Lohnauszahlung betroffen, was einen fruchtbaren Boden für Kor­ruption bildete. Die Herausforderungen für Reformen nach der Samtenen Revolution bestehen darin, eine deutlich bessere Entlohnung des medizinischen Personals zu gewährleisten sowie unabhängige Kon­troll­organe in Gestalt ärztlicher Berufsverbände und zivilgesellschaftlicher Organisationen einzurichten. Allerdings werden die Herausforderungen für den Gesundheitssektor 2020 durch die Corona-Krise auf die Spitze getrieben und laufen wie in anderen Län­dern auf Überforderung hinaus.

Auch der Bildungssektor galt vor 2018 als korrupt und von der Machtelite beherrscht. Wie auch im Gesundheitssektor war das Personal unterhalb der Leitungsebene krass unterbezahlt. Im höheren Bil­dungswesen wurde der Bologna-Prozess, in den Armenien 2005 eintrat, zur Triebkraft von Reformen, die aber unzureichend waren.52 Wie in Georgien vor 2004 wurden Bestechungsgelder für die Zulassung zum Universitätsstudium und bei Examen bezahlt. Internationale Universitäten wie die American Uni­versity of Armenia waren hier die Ausnahme, galten aber als Ausgangsstationen für die akademische Arbeitssuche im Ausland – für »brain drain« aus einem von Emigration geplagten Land.

Korruption bei öffentlichen Ausschreibungen verursachte hohe Verluste bei den Staatseinnahmen.

Korruption bei öffentlichen Ausschreibungen galt als eine Hauptursache für gravierende Verluste bei den staatlichen Haushaltseinnahmen. Über 60 Pro­zent der öffentlichen Ausgaben in Sektoren wie Ver­teidigung, Gesundheits- und Bildungswesen unter­lagen zwar der Ausschreibung, doch für einen großen Teil der Anschaffungen wurden nichtkompetitive Methoden genutzt. Auf der Website der Regierung für öffentliche Ausschreibungen waren Daten nur ein­geschränkt zugänglich.53 Das führte zu Verlusten im Staatsbudget, die in einer Untersuchung von 2013 auf 300 Millionen US-Dollar beziffert wurden.54 Erhebliche Verluste brachte auch die zu geringe Besteuerung von Unternehmen, die mit der alten Machtelite ver­bunden waren.55 Die Folge waren Verzerrungen in der Wirtschaft des Landes, da die mit der Machtelite verflochtenen Großunternehmer Privilegien genossen, während kleine Unternehmen von den Behörden strikt kontrolliert wurden.

Erfolge und Probleme beim Neustart

Bei einem Besuch in Stepanakert, der Hauptstadt Berg-Karabachs, verkündete Premierminister Paschin­jan im August 2019 Entwicklungsziele für Armenien bis zum Jahr 2050. So sollten das Bruttoinlands­produkt (BIP) um das 15fache gesteigert und 1,5 Mil­lionen neue Arbeitsstellen geschaffen werden. Zudem sollte Armenien in einen Industriestaat und ein Reise­land umgewandelt werden, das jährlich 15 Millionen Touristen anzieht. Einige armenische Ökonomen äußerten Zweifel an diesen optimistischen Plänen,56 und die 2020 ausgebrochene Corona-Krise stellt sie nun erst recht in Frage. Internationale Finanzorganisationen bescheinigten Armenien nach dem Machtwechsel allerdings wirtschaftliche und fiskalische Fort­schritte aufgrund der Reformmaßnahmen. Ähnlich wie in Georgien 15 Jahre zuvor waren Maßnahmen für eine verbesserte Regierungsführung darauf aus­gerichtet, die Bürokratie zu verschlanken. Die Zahl der Ministerien wurde von 17 auf 12 reduziert, die Gehälter der Staatsdiener wurden angehoben, Korrup­tion im öffentlichen Dienst wurde entschiedener straf­rechtlich verfolgt. Organisationen wie der Europarat, die Weltbank oder der Internationale Währungsfonds und nichtstaatliche internationale Organisationen werteten dies schon wenige Wochen nach der Wende als ein Hoffnungszeichen für die nahe Zukunft. Besonders der erkennbare politische Wille zur Kor­ruptionsbekämpfung, der unter der alten Machtelite kaum festzustellen war, wurde dabei hervorgehoben – so bei einem Treffen des Antikorruptionsnetzwerks der OECD für Osteuropa und Zentralasien in Paris Anfang Juli 201857 und in Brüssel beim ersten Treffen des EU-Armenien-Partnerschaftsrats mit der neuen armenischen Führung.58 Regierungschef Paschinjan betonte dabei die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit. Korruptionsbekämpfung diene dazu, das Investitions­klima zu verbessern. Auch fördere sie die wirtschaftliche Vernetzung des unter Isolation leidenden Arme­nien mit der Außenwelt, nicht zuletzt mit der eige­nen weltweiten Diaspora, die für Reformen in ihrem historischen Heimatland gewonnen werden soll.

Probleme auf dem Reformweg zeigten sich vor allem im Justizsektor, besonders im Streit zwischen dem Premier und dem Verfassungsgericht.

Im Mai 2019 publizierte das Justizministerium die revidierte Version eines neuen Aktionsplans der Strategie für Korruptionsbekämpfung. Einen Haupt­punkt dabei bildet Korruptionsprävention durch Erziehung und Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft.59 Allerdings zeigten sich nun auch erste Prob­leme auf dem Reformweg. Das betraf vor allem den Justizsektor und exemplarisch das Strafverfahren, das die neue Führung gegen den einstigen Präsidenten Kotscharjan eingeleitet hatte. Ihm wurde zur Last gelegt, die Präsidentschaftswahlen von 2008 zugun­sten seines Nachfolgers Sargsjan manipuliert und wei­tere Delikte von Amtsmissbrauch begangen zu haben. Ein Gericht in Eriwan entschied jedoch, Kotscharjan vorzeitig aus der Haft zu entlassen, nachdem zwei hochrangige Politiker aus Berg-Karabach sich für ihn verbürgt hatten. Daraufhin rief Paschinjan seine Anhänger auf, Gerichtsgebäude zu blockieren, und forderte eine obligatorische Überprüfung aller Richter, weil viele von ihnen sich durch ihre Verbindung zur abgesetzten alten Machtelite disqualifiziert hätten.60 Doch mit diesem Vorgehen erntete er Kritik: Er ver­suche, die Justizreform nun mit der Brechstange und auf populistische Weise durchzusetzen. Im Oktober 2019 verabschiedete die armenische Regierung dann ein Paket zur Justizreform, das von der Venedig-Kommission des Europarats im Großen und Ganzen positiv bewertet wurde. Ihrer Auffassung nach ent­spreche die Mehrheit der Vorschläge europäischen Standards und trage zur Bekämpfung der Korruption bei.61 Doch der Konflikt zwischen der neuen politischen Führung und dem Verfassungsgericht spitzte sich weiter zu, nachdem das von der Regierungspartei Mein Schritt dominierte Parlament einen Antrag auf Entlassung des Gerichtsvorsitzenden Hrayr Tovmasjan angenommen hatte. Dabei wurde auf dessen enge Beziehungen zur alten Machtelite ver­wie­sen.62 Die Regierung war nun bestrebt, Verfassungsrichter durch finanzielle Anreize in die Frühverrentung zu führen. Dagegen erhob wiederum die Venedig-Kom­mission Bedenken. Die Auseinandersetzung um den Fall Tovmasjan verschärfte sich in den folgenden Monaten63 und führte zum Schlagabtausch zwischen dem neuen Regierungschef und der abgewählten Machtelite.

In diesem Umfeld tauchte noch ein anderes Problem auf. Im Prozess gegen den ehemaligen Präsidenten Kotscharjan traten auch Vertreter der Machtelite Berg-Karabachs auf. Das deutete auf einen Konflikt zwischen der neuen Führung in Eriwan und derjeni­gen in der De-facto-Republik hin, die eng mit der alten Machtelite der Republikanischen Partei verbun­den gewesen war. Prompt machte Paschinjan ein Komplott der »alten korrupten Eliten« aus, die angeb­lich versuchten, einen Keil zwischen die Reformregierung in Eriwan auf der einen Seite, die armenische Führung und Bevölkerung in Berg-Karabach auf der anderen Seite zu treiben, das von Aserbaidschan ab­trünnig ist und von der Republik Armenien protegiert wird.64 Es bestand die Gefahr, dass die Opposition aus der abgewählten Republikanischen Partei der neuen Führung vorhalten könnte, diese sei nachlässig bei der Behandlung der Karabach-Frage, dem wichtigsten sicherheitspolitischen Thema. Dem trat Nikol Paschin­jan entgegen, indem er seine zuvor eher vorsichtigen Stellungnahmen zum Karabach-Konflikt nun patrio­tisch und panarmenisch ausrichtete. Das rief nun wiederum in Aserbaidschan Gegenreaktionen hervor. Paschinjans Bestreben, die Wende in Armenien aus außen- und geopolitischen Kontexten und Konflikten herauszuhalten, betraf auch das Verhältnis zu Russ­land. Dort entstand Unmut aufgrund des Vorgehens gegen hochrangige Vertreter der abgesetzten Macht­elite Armeniens. Zwar betonen beide Seiten, dass ihre strategische Partnerschaft nicht in Frage stehe, aber aus Moskau kamen gleichwohl Solidaritätsbekundungen für den früheren armenischen Präsidenten Kotscharjan, der im Fadenkreuz strafrechtlicher Ermittlungen stand.

Die Zeit, die der neuen Führung zur Verfügung steht, um ihre Popularität in der Bevölkerung zu nutzen, ist begrenzt. Das Vertrauen in die neue Regie­rung und in ihren Reformkurs war Ende 2019 immer noch hoch. Zu den größten Erfolgen wurde dabei die Verringerung von Korruption gezählt. Als dringlichste Priorität für das weitere Regierungshandeln gilt die Senkung der Arbeitslosen- und Armutsquoten. Zu den materiellen Erfolgen, die nach der Wende erzielt wurden, gehört eine Steigerung des Staatsbudgets, was den Start größerer Projekte erlaubt. Die Gehälter im öffentlichen Dienst wurden angehoben, die Pensionen sollen ab Januar 2020 um zehn Prozent steigen.65 Fraglich bleibt aber, ob sich der Lebensstandard auf diese Weise grundlegend und auf breiter Basis verbessert. Und die Corona-Krise stellt für 2020 die Anhebung, ja die Bewahrung des Lebensstandards weltweit ernsthaft in Frage.

Zu Beginn des Jahres 2020 denunzierte Premier Paschinjan einige Fernsehsender als »korrupt«, weil sie seiner Auffassung nach einen »Informationskrieg« gegen die neue Regierung führen. Er beklagte, die Besitzverhältnisse im Mediensektor seien intransparent. Auf der Gegenseite wurde seine Kritik als Angriff auf die Meinungsfreiheit interpretiert.66 Inter­nationale Organisationen wie der Europarat äußerten Anfang 2020 Besorgnis über den Machtkampf zwischen der Regierung und dem Verfassungs­gericht in Armenien.

Aserbaidschan: Korruption im Rentierstaat

Im Südkaukasus nimmt Aserbaidschan schon auf­grund seiner Bevölkerungszahl und Wirtschaftsgröße eine Sonderstellung ein. Mit heute zehn Millionen ist seine Einwohnerzahl höher als die Armeniens (rund drei Millionen) und Georgiens (3,7 Millionen) zusammengenommen. Ein Großteil der regionalen Wirtschaftskraft, laut Schätzungen zwischen 70 und 80 Prozent, entfällt auf das Land am Kaspischen Meer. Dabei spielt der Energiesektor eine große Rolle – mit einem Anteil von 45 Prozent am Bruttoinlandsprodukt, rund 60 Prozent an den Staatseinnahmen und 90 Prozent am Gesamtexport. Mit diesen relati­ven Quoten lässt sich Aserbaidschan in die Kategorie »Rentierstaat hohen Grades«67 einordnen. Angesichts schwankender Weltmarktpreise für Erdöl und Erdgas fördert die Regierung die Diversifizierung der Wirt­schaft. Zugleich werden aber neue Pipelinetrassen für Erdgas nach Europa in Betrieb genommen. Für die EU ist Aserbaidschan der Haupthandelspartner im Südkaukasus. Einige EU-Staaten wie etwa Italien beziehen einen hohen Anteil an ihrem Erdölimport aus dem Land.68 Auch für Deutschland ist es der größte Wirtschaftspartner im Südkaukasus. Schwerpunkte deutscher Entwicklungszusammenarbeit mit Baku liegen in den Bereichen nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Förderung von Rechtsstaatlichkeit. Doch für eine Außenpolitik, die an demo­kratisch-rechtsstaatliche Werte appelliert, ist das Land ein Problemfall. Die Bewertung, die es in Indizes wie Nations in Transit und dem Bertelsmann Transformation Index oder in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen erfährt, bringt dies zum Aus­druck. In der Korruptionsstatistik rangiert es weit hinter seinen Nachbarn im Südkaukasus. Sollte Armenien sich bei der Korruptionsbekämpfung an die Bilanz Georgiens annähern, steht Aserbaidschan im regionalen Vergleichsrahmen zunehmend schlecht da. Im neuesten Korruptionswahrnehmungs-Index mit Blick auf 2019 hat es sein Ranking allerdings verbessert und figuriert hier auf Rang 126, auf glei­chem Niveau wie die Ukraine.

Aserbaidschan hält an seiner Präsidialautokratie fest, während Georgien und Armenien sich von präsidialen Herrschaftssystemen abwenden.

Die politikwissenschaftliche Forschung behandelt Themen wie etwa Korruption, Oligarchie und Klien­telismus im Kontext neopatrimonialer Herrschaftsstrukturen, in denen sich formale staatliche Institutionen mit informellen Institutionen und Netzwerken verschränken.69 Der Terminus Neopatrimonialismus bezeichnet Verbindungen moderner und vormoderner Erscheinungsformen von Staatlichkeit, die in Aser­baidschan wie auch in anderen Teilen des Kaukasus allenthalben zu beobachten sind. Das Land mit seiner muslimischen, überwiegend schiitischen Bevölkerungsmehrheit legt Wert auf seine frühe, schon in vorsowjetischer Zeit erfolgte Säkularisierung und Modernisierung und betont, dass seine Geschichte

kulturelle und konfessionelle Toleranz und Vielfalt ausweist. Doch in seinem politischen System genossen Toleranz und Pluralismus im letzten Vierteljahrhundert nicht gerade Vorrang. Aus dem Rahmen post­sowjetischer Herrschaftsentwicklung ragt es durch eine Besonderheit hervor. In Aserbaidschan wurde nicht nur ein starkes präsidiales Regierungssystem etabliert, sondern ein dynastisches Prinzip in dieses System implantiert, indem das Präsidentenamt 2003 vom Vater Heydar Alijew kurz vor seinem Tod auf den Sohn Ilham übertragen wurde. 2017 wurde die Familienherrschaft weiter gefestigt, denn die First Lady Mehriban Alijewa wurde nach einem fragwürdigen Referendum zur Vizepräsidentin ernannt. Mit seiner Präsidialautokratie steht Aserbaidschan in Kon­trast zu Verfassungsänderungen in Georgien und Armenien, die eine Abwendung von präsidialen Herr­schaftssystemen eingeleitet haben.

Dabei reicht die Herrschaft der Familie Alijew weit in sowjetische Zeit zurück. Von 1969 bis 1982 regierte Heydar Alijew als Parteichef die aserbaidschanische Unionsrepublik und kehrte 1993 an die Spitze des unabhängig gewordenen Staates zurück. Der Eintritt in die Unabhängigkeit war zuvor zwar von ersten Demokratisierungsschritten geprägt, zugleich aber auch von drastischer Wirtschaftskontraktion, politi­schen Machtkämpfen und dem Verlust Berg-Kara­bachs und umliegender Provinzen im Krieg mit Armenien. Diese frühe Phase von Unabhängigkeit wird in der Bevölkerung mit fragiler Staatlichkeit assoziiert. In der Folgezeit konnte Aserbaidschan unter der Herrschaft der Alijews das wirtschaftliche und politische Chaos überwinden, mit Ausnahme des ungeregelten Karabach-Konflikts. Während des zweiten nachsowjetischen Jahrzehnts erzielte das Land durch seine Energieexporte hohe wirtschaftliche Wachstumsraten, die dem Lebensstandard der Bevöl­kerung allerdings nur begrenzt zugute kamen.70 Die derzeitige Machtelite präsentiert sich gleichwohl als Hüter von Stabilität und Prosperität, und die Präsi­dentenfamilie geriert sich als Eltern, die für die Bevöl­kerung wie für ihre Kinder sorgen. Dieses paterna­listische Narrativ stellt besonders Heydar Alijew als Vaterfigur und Staatsikone aus.

Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit der Justiz lassen in Aserbaidschan sehr zu wünschen übrig.

In Indizes, die Medienfreiheit bemessen, nahm Aserbaidschan bislang einen der letzten Plätze ein. Im Pressefreiheitsindex der Organisation Reporter ohne Grenzen von 2019 steht es unter 180 erfassten Ländern auf Rang 166, während sich Georgien auf Rang 60 und Armenien auf Rang 61 wiederfinden. Seit 2013 ging die Regierung verstärkt gegen regime­kritische Journalisten und zivilgesellschaftliche Akti­visten vor und ließ sie mit fragwürdigen strafrecht­lichen Begründungen verhaften. Einige wurden auf internationalen Druck hin aus der Haft wieder ent­lassen. Der Verfolgung waren besonders Journalisten ausgesetzt, die über die Verstrickung der Machtelite in Korruption berichteten, zum Beispiel die 2014 zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilte Chadidja Ismailowa, die 2016 nach internationalen Protesten freigelassen wurde. Zwar besteht freier Zugang zu Online-Medien, und die Internetnutzung hat in den letzten Jahren zugenommen, aber regimekritische Blogger riskierten staatliche Verfolgung und Haft­strafen.71 Auch auf Nichtregierungsorganisationen, die sich zum Thema Korruption äußerten, übte die Staatsmacht Druck aus.72 Einige Reformsignale, auf die noch einzugehen sein wird, ließen 2019 ver­muten, dass sich die Situation in diesem Bereich

verbessern könnte: Der langjährige Präsidentenberater Ali Hasanow, der die repressive Medienpolitik verkör­pert hatte, wurde entlassen. In einer Fernsehsendung räumten alle Teilnehmer öffentlich ein, dass Medien­freiheit bislang nicht gewährleistet war.73

Internationale Organisationen verlangen von post­sowjetischen Staaten, die Unabhängigkeit der Justiz zu garantieren. Im Hinblick auf Aserbaidschan sind hier große Defizite zu beklagen.74 Schon vor dem Beitritt des Landes zum Europarat 2001 verpflichtete sich die Regierung in Baku, das Justizsystem zu refor­mieren. Doch die Justiz wurde in erster Linie den Kontrollmöglichkeiten des Regimes angepasst.75 Die sogenannte Telefonjustiz, also direkte Weisungen staat­licher Behörden und der Präsidialverwaltung an Richter, wurde hier besonders in politisch relevanten Fällen angewandt – obwohl die Verfassung Einschrän­kungen vorsieht, welche die Justiz vor Übergriffen der Exekutive schützen sollen. Zu solchen politisch relevanten Fällen gehörten Hinweise von Journalisten auf Korruption. Auch das staatliche Ausschreibungswesen war von Korruption und Vetternwirtschaft durchsetzt. Oft wurden Tenderverfahren simuliert, bei denen als Bieter Unternehmer auftraten, die den betreffenden Staatsbeamten nahe standen.76

Die Notwendigkeit, Schmiergeld zu entrichten, durchzieht viele Lebensbereiche der Bevölkerung des Landes. Laut einer Umfrage der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung von 2010 hatten 72 Prozent der Befragten nach eigenem Bekunden Bestechungsgeld im Gesundheitswesen bezahlt, 65 Prozent im Bildungsbereich, 66 Prozent an die Steuerpolizei, 60 Prozent für den Erwerb offizieller Dokumente, 63 Prozent für Sozialhilfe und 61 Pro­zent im Gerichtswesen.77 Von Korruption befallen ist auch der besonders wichtige Verteidigungs- und Sicherheitssektor. Aserbaidschan gehört zu den Ländern mit den höchsten Militärausgaben im GUS-Raum.78

Bürokratische Oligarchie

Unter neopatrimonialen und rentierstaatlichen Rah­menbedingungen entfaltete sich eine mit der Präsi­dentenfamilie eng verbundene Machtelite, die als »bürokratische Oligarchie« wahrgenommen wird.79 Auch in Aserbaidschan verbieten die nationale Gesetz­gebung und die Verfassung (in Artikel 89), dass Parla­mentarier und Regierungsbeamte unternehmerisch tätig sind, doch Verstöße wurden nicht geahndet. Hohe Staatsbeamte ließen ihre Firmen und ihr Eigen­tum unter dem Namen von Familienangehörigen, Freunden oder Untergebenen registrieren. Auch in Aserbaidschan begann der Aufstieg von Oligarchen im Kontext der Privatisierungsprozesse. Schon in sow­jetischer Zeit war in der Unionsrepublik eine Schatten­wirtschaft etabliert, die in der nachsowjetischen Ent­wicklung von geschätzt 30 Prozent des BIP im Jahr 1990 auf mehr als 60 Prozent anwuchs.80 In seinen jüngsten Reformansagen wies Präsident Alijew im Februar 2020 darauf hin, dass die Schattenwirtschaft im Land »ein unerträgliches Niveau erreicht« habe.81

Nach einer Phase des ökonomischen Niedergangs stellten sich erste Zeichen von Wirtschaftswachstum ein, seit im Jahr 1994 der »Vertrag des Jahrhunderts« über die Erschließung kaspischer Ölvorkommen mit Beteiligung internationaler Konsortien unter­zeichnet worden war. Nun beschleunigte die Regierung unter Präsident Heydar Alijew die Privatisierung der Wirt­schaft. Allein im Sommer 1996 stellte sie 32 Millionen Voucher aus, also Gratisgutscheine über Anteile an bisher staatlichen Firmen. Diese Gutscheine wur­den von Oligarchen aufgekauft, die auf diese Weise Privatbesitzrechte unter Marktpreisniveau erwarben. In der Folgezeit häufte sich die Verbindung von Wirt­schaftsmacht und Amt. Als schlagendes Beispiel dafür gilt die Karriere des Ministers für Katastrophenschutz, Kamaladdin Heydarow, dessen Ministerium zum Bei­spiel die Bauwirtschaft auf Risiken hin kontrolliert. In diesen Sektor fließt ein bedeutender Teil der staat­lichen Ausgaben. Heydarow führte bereits 2005 eine Liste der reichsten Personen an, damals noch als Lei­ter des Zollkomitees. Heute reichen die Besitz­tümer seiner Familie weit über Aserbaidschan hinaus.82 Als ein anderes prominentes Beispiel für hochrangige Beamtenoligarchie mit familiärer Verbindung zur nationalen und internationalen Geschäftswelt wurde Ali Nagijew angeführt, der stellvertretende Leiter des Generaldirektorats für Korruptionsbekämpfung bei der Generalstaatsanwaltschaft. Zu seinen Aufgaben zählten Ermittlungen gegen Staatsbeamte im Fall von Interessenkonflikten, Vetternwirtschaft und anderen Delikten und Missständen. Seine engsten Familien­angehörigen sind an Wirtschaftsimperien beteiligt, die sich von Baku über die Türkei und Tschechien bis zu den Britischen Jungferninseln erstrecken. Einige der superreichen Familienmitglieder waren zuvor selbst in Staatsämtern tätig.83

Über dieser Beamtenoligarchie, an der Spitze der politisch-ökonomischen Machtpyramide, steht die Präsidentenfamilie. Auch deren Brücke in die Geschäftswelt ragt noch weit über Aserbaidschan hinaus. Seit 2013 wurden verstärkt Nachrichten über Offshore-Unternehmen verbreitet, die für Mitglieder der Alijew-Familie, etwa die Präsidententöchter Arzu und Leyla, beispielsweise auf den Britischen Jungferninseln verwaltet werden.84

Was Clanstrukturen in dieser Oligarchie betrifft, traten in Aserbaidschan anfangs – das heißt unter der Herrschaft Heydar Alijews – vor allem zwei Gruppen hervor: der Nachitschewan- und der Yeraz-Clan. Die erste Gruppe bestand aus Personen, die wie Heydar Alijew in der zu Aserbaidschan gehörenden autonomen Exklave Nachitschewan geboren wurden, die zweite aus Aserbaidschanern, die aus Armenien stammten wie seine Eltern. 1969 war Heydar Alijew von Moskau als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Aserbaidschans eingesetzt worden, um den dortigen Kaderapparat gründlich zu »säubern«. Etwa 80 Prozent der Kader wurden entlassen. Gleichzeitig rekrutierte Alijew seine eigenen Netzwerke, und zwar besonders aus den erwähnten beiden Gruppen, die dann unter seiner Präsidentschaft im unabhängig gewordenen Aserbaidschan einen Kern der Oligarchie bildeten. Das änderte sich unter seinem Nachfolger, seinem Sohn Ilham. Die Anhäufung von Reichtum hatte inzwischen dazu geführt, dass neue Machtgruppen entstanden, die sich weniger über regionale Identität definierten und stattdessen vor allem durch Loyalität gegenüber dem Präsidenten auswiesen.85 Neue Netzwerke traten hervor, darunter besonders der Pashajew-Clan, welcher von der Verwandtschaft der First Lady Mehriban Alijewa gebildet wird. Inner­halb der Beamtenoligarchie waren profitable Posi­tio­nen in der Verwaltung, der Armee und im Bildungswesen käuflich zu erwerben. Privatunternehmer bedurften eines Protektors (einer »kryscha«, was »Dach« bedeutet) in der Machtpyramide, an den ein Teil der Gewinne weitergeleitet werden muss.

»Kaviardiplomatie« und »aserbaidscha­nischer Waschsalon«: Ausstrahlung von Korruption nach außen

Auf finanzieller Ebene greifen Vetternwirtschaft und Korruption in postsowjetischen Machteliten allemal nach außen aus – so in Form von Geldwäsche, die mit Hilfe von Investitionen im Ausland betrieben wird. In Aserbaidschan gilt dies nicht zuletzt für den Energieriesen SOCAR (State Oil Company of Azerbaijan Republic). Er ist zuständig für die Exploration von Öl- und Gasfeldern, die Förderung dieser Rohstoffe sowie für Transport und Verkauf der Energieprodukte auf in- und ausländischen Märkten. Der Konzern unterhält viele Repräsentanzen im Ausland. Zuletzt wurde er mit einem aufsehenerregenden Korruptions­skandal in Malta in Verbindung gebracht.86 Auf der anderen Seite sind ausländische Unternehmen mit­unter in solche Skandale in GUS-Staaten verwickelt. Was Aserbaidschan anbelangt, traf dieser Vorwurf zum Beispiel die kanadische Firma Bombardier.87 Im Falle Aserbaidschans entbrannten aber auch Diskus­sionen über politische Dimensionen und Adressaten bei der Ausstrahlung von Korruption nach außen, so über die Bestechung von Lobbygruppen, die in Insti­tutionen wie dem Europarat die Regierung in Baku gegen Kritik an politischen Missständen verteidigen sollten.

Auswärtiger Kritik an solchen Missständen, etwa Menschenrechtsverletzungen, begegnete die aserbaidschanische Führung bislang auf zweierlei Weise. Zum einen betonte vor allem der (später abgesetzte) Präsi­dentenberater und Medienmogul Ali Hasanow, sein Land sei wichtig für die Wirtschaftsentwicklung im kaspisch-kaukasischen Raum sowie für die Energie­sicherheit Europas und müsse sich keine Einmischung in seine inneren Angelegenheiten gefallen lassen. Zudem wird Kritik von außen in Aserbaidschan gern mit dem angeblichen Einfluss »feindlicher Kräfte« in Verbindung gebracht, womit in erster Linie die welt­weite armenische Diaspora gemeint ist. Zum anderen investierte die Regierung während der letzten zehn Jahre in aufwendige Public-Relations-Initiativen. Sie sollen Aserbaidschan als modernes, weltoffenes Land präsentieren und seine Hauptstadt Baku als Austragungsort für alljährliche internationale Sport- und Kulturveranstaltungen anbieten.

Mit seiner Außenpolitik korrumpierte Aserbaidschan auch den Europarat.

Die Verbindung zu ausländischen Lobbygruppen spielt auch in der Außenpolitik anderer Staaten eine Rolle. So wurde auf Lobbynetzwerke hingewiesen, die Georgien in den USA unter Präsident Saakaschwili unterhalten haben soll. Auch die gegenwärtige Regie­rung unter der Partei Georgischer Traum hat zwei Lobbyfirmen in den USA angeheuert, um der Kritik aus Washington zu begegnen, die 2019 immer mehr anschwoll. Doch im Falle Aserbaidschans wühlte eine korrumpierende Außenpolitik vor allem den Europa­rat auf. 2012 prägte der Berliner Think-Tank European Stability Initiative (ESI) den Begriff »Kaviardiplomatie« für das Bemühen der Regierung in Baku, Lobbygruppen in internationalen Organisationen für eine be­schönigende Selbstdarstellung zu gewinnen.88 Weite­re Berichte des ESI, etwa jener zu den Präsidentschafts­wahlen in Aserbaidschan vom Oktober 2013, enthielten Hinweise auf fragwürdige Bewertungen durch solche Lobbygruppen. Und 2017 zeigten Leaks von Bankkonten an, dass Aserbaidschan allein zwischen 2012 und 2014 knapp drei Milliarden US-Dollar in Offshore-Fonds investiert hatte. Teile dieser Summe wurden dafür verwendet, das internationale Image des Landes weißzuwaschen. Im Zusammenhang mit diesen Praktiken Aserbaidschans geriet vor allem die Parlamentarische Versammlung des Europa­rats (Parliamentary Assembly of the Council of Europe, PACE) ins Zwielicht. Die Nichtregierungs­organisation Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) und Zeitungen wie The Guardian89 machten 2017 publik, dass es Fälle von Stimmenkauf in der Versammlung gegeben hatte. Daraufhin veröffentlichte das PACE-Büro im April 2018 einen Bericht über die Korruptionsvorwürfe.90 Darin bescheinigte es einigen ehemaligen Delegations­mitgliedern der Parlamentarischen Versammlung einen Interessenkonflikt in ihrem Verhältnis zu Aser­baidschan. Nachgezeichnet wurde, wie Abgeordnete aus verschiedenen Ländern und Parteien, darunter auch aus Deutschland, versucht hatten, Stellungnah­men über die Durchführung von Wahlen und über die Menschenrechtslage in Aserbaidschan zugunsten der dortigen politischen Führung zu beeinflussen. So stimmte PACE im Januar 2013 über einen Bericht zu politischen Gefangenen in Aserbaidschan ab. Verfasst hatte ihn der deutsche Bundestagsabgeordnete Chri­stoph Strässer, der später Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung wurde. Die Regierung in Baku, welche die Existenz politischer Gefangener leugnet, hatte zuvor versucht, den Bericht zu verhindern, und Strässer die Einreise nach Aserbaidschan verwehrt. Die Abgeordneten aus Russland und der Türkei stell­ten sich geschlossen hinter diese Blockade, aber auch einige Abgeordnete aus EU-Ländern ließen den Bericht durchfallen. Erst 2018 wurde die Stelle des PACE-Berichterstatters über politische Gefangene in Aserbaidschan wieder eingerichtet, nachdem die Untersuchung zu den Lobbyaktivitäten in der Ver­sammlung abgeschlossen war, die fünf Jahre zuvor zum Scheitern des Berichts geführt hatten.

Ansagen zur Korruptionsbekämpfung und neuerliche Reformsignale

Auch die Regierung in Baku verpflichtete sich zur Korruptionsbekämpfung und trat dabei mit inter­nationalen Organisationen in Verbindung. Aserbaidschan beteiligte sich an der 2003 gegründeten Initia­tive für Transparenz im rohstoffgewinnenden Sektor (Extractive Industries Transparency Initiative, EITI), einem Netzwerk von Regierungen, Unternehmen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Es will erreichen, dass globale Transparenzstandards in rohstoffreichen Ländern eingehalten werden. Präsident Ilham Alijew unterstrich auf internationaler Bühne, Aserbaidschan werde transparent und effizient mit seinem Energiereichtum umgehen. Der seit 1999 bestehende Staat­liche Ölfonds der Republik Aserbaidschan (State Oil Fund of the Azerbaijan Republic, SOFAZ) ist Haupt­organ des Ressourcenmanagements. Hier soll Ver­mögen für die Zeit nach dem Öl- und Gasboom an­gesammelt werden. Zudem werden öffentliche Inve­stitionen, darunter sozialpolitische Maßnahmen, durch den Fonds finanziert. Tatsächlich erfüllte Aser­baidschan die Forderungen des Netzwerks, so dass das Land 2009 den Status eines »Compliant Country« erlangte. Allerdings war hier mit Transparenz ledig­lich gemeint, dass Aserbaidschan seine Einnahmen aus dem Ölsektor zu dokumentieren hatte. Die Aus­gabenseite dagegen, auf der weiterhin korrupte Ausschreibungspraktiken obwalteten, blieb im Dun­keln.91 2017 schloss die Initiative Aserbaidschan aus ihrem Vorstand aus, da seine Behörden nach wie vor eine repressive Politik gegenüber Nichtregierungs­organisationen und zivilgesellschaftlichen Kräften verfolgten. Daraufhin zog sich das Land aus der Orga­nisation zurück.92

Schon zu Beginn der 1990er Jahre hatte Präsident Heydar Alijew Korruptionsbekämpfung als eine der Hauptherausforderungen für die Konsolidierung von Staatlichkeit bezeichnet. Im August 2000 unterzeichnete er ein Dekret über die »Stärkung des Kampfes gegen Korruption«. Zu diesem Zweck wurde 2005 unter seinem Sohn und Amtsnachfolger eine Kom­mission zur Korruptionsbekämpfung eingeführt. Die Regierung behauptete in der Folgezeit, die Qualität des öffentlichen Dienstes ständig zu verbessern und die Gesetzgebung in Hinsicht auf Korruptions­bekämp­fung an internationale Konventionen anzupassen. Aber hier wiesen die meisten Quellen auf eine erheb­liche Diskrepanz zwischen der Verabschiedung von Gesetzen und deren Umsetzung hin. Im Global Integrity Index von 2011 etwa galt der gesetzliche Rahmen für Korruptionsbekämpfung in Aserbaidschan als »strong«, die Implementierung hingegen als »very weak«.93 Dieses Missverhältnis wurde auch in nachfolgenden Berichten des Istanbuler Aktionsplans der OECD gegen Korruption oder von GRECO herausgestellt. Auch dort wurde konstatiert, dass Aserbaidschan nur wenige Empfehlungen der OECD und von GRECO im jeweiligen Berichtszeitraum ganz oder teilweise umgesetzt hat.94

Hoffnung darauf, dass sich die Bilanz zumindest bei der Reduktion von Korruption im öffentlichen Dienst verbessert, signalisiert die Abkürzung ASAN. Sie steht für »Azerbaijani Service and Assessment Network«, also Bürgeramtszentren auf Online-Basis. Diese Form der E-Governance soll es erleichtern, Bürgern Dokumente auszustellen, und dafür sorgen, dass korruptionsanfällige persönliche Kontakte zwischen Antragstellern und Beamten unterbleiben. In den ASAN-Leistungszentren arbeiten vorwiegend junge Leute, von denen viele im Ausland studiert haben. Die Zahlungen für Dienstleistungen werden online publik gemacht. ASAN wurde 2012 durch ein Präsidentendekret auf den Weg gebracht und unter­steht der Staatlichen Agentur für öffentliche Dienste und soziale Innovationen. Laut Monitoringberichten internationaler Organisationen sind durch ASAN Fortschritte bei der Korruptionsbekämpfung zu ver­zeichnen.95 Die Regierung bekundete, das politische System habe sich gegenüber der Gesellschaft geöffnet. Das tun auch andere autoritär regierte Staaten im GUS-Raum und verweisen darauf, dass sie Online-Beschwerdeportale für Bürger eingerichtet haben.96 Allerdings steht in Frage, ob sich damit im Umfeld autoritärer und im Falle Aserbaidschans dynastischer Herrschaftsstrukturen tiefgreifende Änderungen des Systems vollziehen.

Im Jahr 2019 schien sich ein politisches Tauwetter abzuzeichnen, doch die Parlamentswahl von 2020 sorgte für Ernüchterung.

Präsident Ilham Alijew traf 2019 einige Entscheidungen, die als Anzeichen für politisches Tauwetter gedeutet wurden. Im März amnestierte er 451 Straf­gefangene, darunter 51 Personen, deren Verurteilung internationale Menschenrechtsorganisationen als politisch motiviert gebrandmarkt hatten. Und im Herbst 2019 leitete er Umbesetzungen in der Macht­elite um ihn herum ein, die darauf hinausliefen, das Personal deutlich zu verjüngen und Fachkompetenz stärker zu berücksichtigen. Etliche Posten im Staats­apparat wurden mit jungen Leuten besetzt, die einen Universitätsabschluss im westlichen Ausland erwor­ben hatten. Hohe Staatsbeamte im Pensionsalter, die seit mehr als einem Vierteljahrhundert die Machtspitze gebildet hatten, wurden entlassen oder zum Rücktritt gedrängt. Dazu zählte der 81-jährige Leiter der Präsidialverwaltung, Ramiz Mehdijew, der jahr­zehntelang die rechte Hand in der Herrschaft von Vater und Sohn Alijew verkörpert und als die Nummer zwei in der Machtelite gegolten hatte. Präsident Ilham Alijew betonte in einer Rede am 15. Oktober 2019, wie dringlich Reformen seien, und beschuldigte Mit­glieder der alten Regierung, sie zu blockieren.97 In den folgenden Monaten wurden Amtsträger vor allem auf regionaler Verwaltungsebene wegen Korruption belangt, so im Bildungs- und im Gesundheitssektor. Die Entlassung des Leiters der Abteilung für Politik und Öffentlichkeit in der Präsidialverwaltung, des bereits erwähnten Ali Hasanow, bezeichnete die Nach­richtenagentur Turan als »die am sehnlichsten erhoff­te Neuerung für viele Menschen, die ihn für ... ideolo­gisch motivierte Probleme verantwortlich machten«. Damit waren Hasanows restriktive Kontrolle über die Medien und seine harsche Zurückweisung auswärtiger Kritik an den politischen Verhältnissen in Aser­baidschan gemeint.98 Ende 2019 initiierte die Regie­rungspartei Neues Aserbaidschan die Auflösung des Parlaments und vorgezogene Neuwahlen mit der Begründung, Reformpolitik erfordere auch, dass sich die Legislative personell neu formiere. Diese war in Aserbaidschan bislang durch ein reines Schatten­parlament vertreten. Präsident Alijew rief besonders die junge Generation auf, für ein neues Parlament einzutreten, und verwies dabei auf die Notwendigkeit, »das Erbe von Korruption und Bestechung zu überwinden«.99 Doch die Parlamentswahlen vom 9. Februar 2020 wurden von unabhängigen interna­tionalen Beobachtern wie alle Wahlen seit 1993 als »nicht frei und fair« bewertet. Die Regierungspartei Neues Aserbaidschan sicherte sich wieder einmal die absolute Mehrheit. Nur ein einziger Oppositions­kandidat kam in das neue Parlament.

Einer der prominentesten Oppositionspolitiker, Ali Karimli, wertete den angeblichen Reformkurs als lediglich kosmetische Korrekturen und meinte: »Korruption, Monopole und unfaire Gerichte werden auch weiterhin bestehen, weil die Regierung nicht wirklich den politischen Willen zur Veränderung hat.«100 Ein politischer Systemwechsel steht hier nicht an, bestenfalls eine Modernisierung autoritärer Herr­schaft, die graduelle Fortschritte in Richtung auf verbesserte Regierungsführung, darunter möglicherweise auch eine konsequentere Korruptionsbekämpfung umfasst.

Ausblick

Für eine europäische Politik gegenüber der östlichen Nachbarschaft ist die Frage von Bedeutung, ob und inwieweit gesetzlich verankerte Maßnahmen der Kor­ruptionsbekämpfung in den Partnerländern umgesetzt werden. In der Agenda ihrer Östlichen Partnerschaft, die 2019 ihr zehnjähriges Jubiläum feierte, betonte die EU ein Differenzierungsgebot im Umgang mit den betreffenden Staaten und sprach sich für maßgeschneiderte Politikansätze und Instrumente aus. Sie wurde diesem Differenzierungsansatz aber gerade beim Thema Korruption nicht immer gerecht, wie das Beispiel der Republik Moldova zeigte. Sie galt in den ersten fünf Jahren der Östlichen Partnerschaft als deren Hoffnungsträger, obwohl in dieser Periode die Korruption im Lande blühte und ein mächtiger Oligarch die Vereinnahmung des Staates (»state cap­ture«) betrieb. Erst 2015 zerfiel das Musterland-Image, als ein gewaltiger Geldwäsche- und Bankenskandal dazu führte, dass die EU-freundliche Regierung stürz­te und das Land in eine tiefe Wirtschaftskrise geriet.

Für den Südkaukasus gilt das Differenzierungs­gebot, da sich die politischen Systeme sowie die außen- und sicherheitspolitischen Ausrichtungen der drei Staaten teils stark unterscheiden. Georgien steht unter den dreien in den engsten Beziehungen zu EU-Part­nern und hat durch den Aufbau eines öffentlichen Dienstes, in dem Korruption reduziert wurde, eine Ausnahmestellung erlangt. In Anbetracht dieser Bilanz sollte Europa kritische Solidarität bekunden und Maßnahmen wie Reformen im Justizsektor ein­fordern und unterstützen, die bislang nur unzurei­chend umgesetzt wurden. Dabei kommt es derzeit darauf an, die politische Entwicklung in Georgien im Vorfeld von Parlamentswahlen zu beobachten, die für Oktober 2020 angesetzt sind. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil sich die politischen Auseinandersetzungen verschärfen. Ende 2019 waren auf inter­nationaler Ebene Warnungen vor innenpolitischem Tumult und Destabilisierung des »Musterlandes« zu vernehmen. Angesichts wachsender Polarisierung und pauschaler Schuldzuweisungen ist es ratsam, Aussagen aus dem Lager der ehemaligen Regierungspartei und heutigen Opposition einerseits und dem der amtierenden Regierungspartei Georgischer Traum andererseits mit Vorsicht zu bewerten und den von der Opposition und zivilgesellschaftlichen Kräften erhobenen Vorwurf zu überprüfen, die »graue Emi­nenz« Bidsina Iwanischwili betreibe als informeller politischer Akteur »state capture«. Aus dem Europäischen Parlament ebenso wie aus dem US-Kongress kamen zu Beginn des Jahres 2020 kritische Kommentare über Rückschritte in der demokratischen Ent­wicklung des Landes.

Armenien wirbt um internationale und dabei vor allem europäische Aufmerksamkeit für seinen Neu­start hin zu besserer Regierungsführung und für das Vorgehen seiner neuen politischen Führung gegen hochrangige Vertreter der alten Machtelite im Umfeld der abgewählten Republikanischen Partei. Dabei wird Korruptionsbekämpfung besonders herausgestellt und konsequenter als zuvor betrieben. Auf einem in Schweden abgehaltenen Seminar zur Östlichen Part­nerschaft hob der armenische Außenminister die »strategische Bedeutung« europäischer Werte und Standards für sein Land hervor. Die Samtene Revolu­tion in Armenien sei nur möglich gewesen, »da es einen Prozess gab, in dessen Mittelpunkt das europäi­sche Konzept stand, die gemeinsamen europäischen Werte«.101 Zugleich betont man in Eriwan die unan­getastete Kontinuität der strategischen Partnerschaft mit Russland. In seiner Politik gegenüber dem »nahen Ausland« hat Moskau allerdings nicht Korruptions­bekämpfung und verbesserte Regierungsführung im Sinn und setzt sich von »westlichen Werten« aus­drücklich ab. Zwei Jahre nach der Samtenen Revolu­tion bleibt der Neustart von innenpolitischem Streit flankiert. Vor allem zwischen dem Regierungschef Nikol Paschinjan und dem Vorsitzenden des Ver­fassungsgerichts, Hrayr Tovmasjan, spitzte sich die Auseinandersetzung zu.

Aserbaidschan steht zwar mit der EU in Verhandlungen über ein neues Rahmenabkommen, hält aber

Abstand von einer engeren Anbindung an europäische wie auch an eurasische Regionalorganisationen. Es setzt eher auf bilaterale Beziehungen zu einzelnen EU-Staaten. Aserbaidschanische Oppositionskräfte und Vertreter zivilgesellschaftlicher Gruppen warfen westlichen Akteuren häufig vor, im Umgang mit ihrem autoritär regierten Land energiewirtschaftlichen Interessen Vorrang vor normativen Ansprüchen wie dem auf Wahrung der Menschenrechte einzuräumen. Seit 2017 erklang allerdings verstärkt Kritik aus dem Europarat am Umgang staatlicher Stellen mit Journa­listen, Oppositionskräften und zivilgesellschaftlichen Akteuren, an »politischer Justiz« und anderen Miss­ständen in Aserbaidschan. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte forderte, politische Gefan­gene freizulassen. Zugleich intensivieren sich die energiewirtschaftlichen Beziehungen. Neue Pipeline­trassen für den Transport von Erdgas aus dem kaspi­schen Raum nach Europa werden in Betrieb genommen. Nachdem Präsident Ilham Alijew 2019 Reformsignale gesetzt und hohe Staatsämter mit jüngerem und fachkundigerem Personal besetzt hat, ist zwar kein politischer Systemwechsel zu erwarten, mög­licherweise aber das Bestreben nach verbesserter Regierungsführung. Die Entwicklungszusammen­arbeit mit Aserbaidschan könnte dabei auf Kräfte in der Administration setzen, die für konsequentere Korruptionsbekämpfung zu gewinnen sind. Ein Bei­spiel dafür sind die neuen Projektzentren (ASAN), die gegründet wurden, um die Qualität des öffent­lichen Dienstes zu erhöhen.

Im Frühjahr 2020 treffen in den drei Staaten die neueren politischen Entwicklungen, die hier im Kon­text von Korruption und ihrer Bekämpfung behandelt wurden, auf dramatische Herausforderungen durch die Corona-Krise. Als etwa die Führung in Aserbaidschan ankündigte, möglicherweise den Ausnahme­zustand auszurufen, zählte Präsident Alijew Oppositionskräfte zu den »Feinden im Inneren« und bezeich­nete sie als »fünfte Kolonne«, deren Vertreter in die Isolation gehörten.102 In der Folgezeit wurden Dutzen­de regierungskritische Aktivisten verhaftet. Diese Ent­wicklung stellte die vorherigen Reform- und Libera­lisierungssignale fundamental in Frage. Auswärtige Kritik, etwa des Europarats, an solchen Äußerungen und Maßnahmen wies Baku als feindselige Ein­mischung in die inneren Angelegenheiten Aserbaidschans zurück, so wie zu Zeiten der 2019 abgesetzten alten Spitze der Präsidialverwaltung. Kurz darauf erfolgte allerdings ein Schritt in die Gegenrichtung, mit dem Aserbaidschan Lob aus Brüssel und Washing­ton erntete. Die Strafverfahren gegen zwei prominente Oppositionsführer, Ilgar Mammadow und Rasul Jafarow, wurden eingestellt.103 Die Kampagne gegen Korruption wurde demonstrativ fortgeführt, um wachsender Frustration in der Bevölkerung zu begeg­nen. Ein neu ernannter Generalstaatsanwalt ordnete die Verhaftung Dutzender hoher Beamter auf regio­naler und lokaler Ebene an. Aserbaidschan verfügt unter den drei Staaten noch am ehesten über eigene ökonomische Ressourcen für die finanziellen Auf­wendungen in der Corona-Krise. Doch die wirtschaftlichen Folgen sind langfristig kaum zu bewältigen, geht diese Krise doch mit einem drastischen Verfall des für Aserbaidschan relevanten Ölpreises einher. In Georgien betonte Präsidentin Surabischwili, bevor das Parlament über einen befristeten Ausnahme­zustand abstimmte, dass damit weder die Medienfreiheit noch die politischen Rechte eingeschränkt werden dürften.104 Hier traten die zuvor eskalierten innenpolitischen Querelen zunächst hinter der gravierenden Herausforderung zurück, welche die Corona-Pandemie für Regierung und Gesellschaft darstellt. Frühzeitig ergriff die georgische Regierung strikte Maßnahmen, um die Infektionsketten zu unterbrechen, und wurde dafür von internationalen Organisationen gelobt. Die bisherigen Infektions-Fallzahlen sind in Georgien die mit Abstand niedrig­sten im Südkaukasus. Allerdings sind die ökonomischen Konsequenzen der Corona-Krise für das Land brisant. Das gilt vor allem für den Tourismussektor, den die Regierung nun möglichst rasch aus dem »Lockdown« herausführen möchte. In Armenien, das Ende April 2020 die höchste Infektionsrate im Süd­kaukasus aufwies, droht diese Krise die wirtschaft­lichen Fortschritte des Neustarts zunichtezumachen.

Die Anforderungen an gute Regierungsführung nehmen in der Corona-Krise weltweit noch deutlich zu. Dies gilt nicht zuletzt für die Forderung nach Transparenz, die auch im Kontext mit Korruption und ihrer Bekämpfung im Vordergrund steht.

Abkürzungsverzeichnis

ASAN Azerbaijani Service and Assessment Network

BIP Bruttoinlandsprodukt

CPI Corruption Perceptions Index

CRRC Caucasus Research Resource Center

EITI Extractive Industries Transparency Initiative

ERCAS European Research Centre for Anti-Corruption and State-Building

ESI European Stability Initiative

EU Europäische Union

GRECO Groupe d’États contre la Corruption

GUS Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

IFC International Finance Corporation

IRI International Republican Institute

Nato North Atlantic Treaty Organization

NDI National Democratic Institute for International Affairs

OCCRP Organized Crime and Corruption Reporting Project

OECD Orga­nisation for Economic Co-operation and Development

OGP Open Government Partnership

OSCE Organisation for Security and Co-operation in Europe

PACE Parliamentary Assembly of the Council of Europe

SIPRI Stockholm International Peace Research Institute

SOCAR State Oil Company of Azerbaijan Republic

Endnoten

1

 Angela E. Stent, Putin’s World. Russia against the West and with the Rest, New York/Boston 2019, S. 193.

2

 Als »Rentierstaaten« gelten Länder, die einen großen Anteil ihrer Staatseinnahmen aus »externen Renten« beziehen, zu denen Einkünfte aus der Förderung und dem Export von Erdöl und Erdgas gehören.

3

 Siehe Christian Timm, »Georgien: Staat im Markt. Vom Neoliberalismus zum gelenkten Kapitalismus«, in: Osteuropa, (2015) 7–10, S. 255–270; Johannes Wetzinger, »Political Risk Factors for the Business Environment in Georgia«, in: Johannes Leitner/Hannes Meissner (Hg.), State Capture, Political Risks and International Business. Cases from Black Sea Region Countries, London/New York: Routledge, 2017, S. 57–73.

4

 »NDI Poll – 63% of Interviewed Believes that Georgia’s Economic Situation Is Bad«, First Channel (online), 17.9.2019, <https://1tv.ge/en/news/ndi-poll-63-of-interviewed-believes-that-georgias-economic-situation-is-bad/>.

5

 The World Bank, Fighting Corruption in Public Services. Chronicling Georgia’s Reforms, Washington, D.C., 2012, <http:// documents.worldbank.org/curated/en/518301468256183463/ Fighting-corruption-in-public-services-chronicling-Georgias-reforms>.

6

 »At the same time, more complex forms of corruption persist, including clientelism and cronyism, due to the con­centration of power among the country’s elite, as well as allegations of kickback payments for the award of public contracts.« Transparency International, The State of Corruption: Armenia, Azerbaijan, Georgia, Moldova and Ukraine, Berlin 2015, S. 19.

7

 Martina Huber, State-building in Georgia: Unfinished and at Risk?, Den Haag: Netherlands Institute of International Rela­tions Clingendael, Februar 2004, S. 48.

8

 The World Bank, Fighting Corruption in Public Services [wie Fn. 5], S. 8.

9

 Reform of the Security Service in Georgia. Results and Challenges, Tbilisi 2018, <https://www.dcaf.ch/sites/default/files/publica tions/documents/TI_EMC_DCAF_Reform%20of%20the%20Security%20Service%20in%20Georgia_0.pdf>.

10

 Christofer Berglund/Johan Engvall, »How Georgia Stamped out Corruption on Campus«, in: Foreign Policy (online), 3.9.2015, <https://foreignpolicy.com/2015/09/03/ how-georgia-stamped-out-corruption-on-campus>.

11

 Im September 2019 wurde in Tbilisi die erste Europäische Schule außerhalb der EU für Studierende aus Ländern der Östlichen Partnerschaft feierlich eröffnet. Alexandra Brzozowski, »In Georgia, EU Opens First European School outside the Bloc’s Borders«, Euractiv, 17.9.2019, <https://www. euractiv.com/section/eastern-europe/news/in-georgia-eu-opens-first-european-school-outside-the-blocs-borders/>.

12

 Lincoln A. Mitchell, Uncertain Democracy. U.S. Foreign Policy and Georgia’s Rose Revolution, Philadelphia: University of Penn­sylvania Press, 2009, S. 6.

13

 International Crisis Group (ICG), Georgia: Sliding Towards Authoritarianism?, Tbilisi/Brüssel, 19.12.2007 (Europe Report Nr. 189), <https://www.crisisgroup.org/europe-central-asia/ caucasus/georgia/georgia-sliding-towards-authoritarianism>.

14

 Wojciech Konónczuk/Denis Cenuşa/Kornely Kakachia, »Oligarchs as Key Obstacles to Reform«, in: Michael Emerson et al. (Hg.), The Struggle for Good Governance in Eastern Europe, Brüssel/London: Centre for European Policy Studies (CEPS)/ Rowman & Littlefield, 2018, S. 56–134.

15

 European Stability Initiative (ESI), Georgia’s Libertarian Revolution. Part Three: Jacobins in Tbilisi, Berlin/Tbilisi/Istanbul, 25.4.2010, S. 20.

16

 Transparency International Georgia, Ivanishvili’s Companies – the Forge for Government Officials, Tbilisi u.a., 1.5.2015, <https:// www.transparency.ge/en/blog/ivanishvilis-companies-forge-government-officials>.

17

 So heißt es in einer Analyse, in der Georgien mit Moldova und der Ukraine verglichen wird: »The Georgian case is the least obvious, and it would be an exaggeration to claim that it is a ›captured state‹ but its current leadership could lead the country in this direction.« Konónczuk/Cenuşa/ Kakachia, »Oligarchs as Key Obstacles to Reform« [wie Fn. 14], S. 66.

18

 Siehe z.B. Eastern Partnership Civil Society Forum, Eastern Partnership Index 2017. Charting Progress in European Integration, Democratic Reforms, and Sustainable Development, Brüssel, Dezember 2018, S. 57, <https://eap-csf.eu/wp-content/uploads/ EaP-Index-2017.pdf>.

19

 Ebd., S. 68.

20

 »Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ent­scheidet über den Fall der Eigentümerschaft von Rustavi 2 TV«, Caucasus Watch (online), 19.7.2019, <https://caucasus watch.de/news/1833.html>.

21

GRECO/Council of Europe, Third Evaluation Round. Addendum to the Second Compliance Report on Georgia, Straßburg, 2.12.2016, S. 8, <https://rm.coe.int/CoERMPublicCommon SearchServices/DisplayDCTMContent?documentId=09000016806cc315>.

22

 »Südkaukasus-Staaten im Weltbank-Geschäftsbericht 2020«, Caucasus Watch (online), 25.10.2019, <https://caucasus watch.de/news/2153.html>.

23

 Katie Ruth Davies, »Businesses See Near-zero Corruption in Georgia, Claims IFC Survey«, in: Georgia Today (online), 30.6.2016, <http://georgiatoday.ge/news/4132/Businesses-See-Near-Zero-Corruption-in-Georgia,-Claims-IFC-Survey>.

24

 »Georgia Ranked the 17th in Law and Order Index«, First Channel (online), 29.6.2018, <https://1tv.ge/en/news/georgia-ranked-17th-place-law-order-index/>.

25

 European Parliament, Report on the Implementation of the EU Association Agreement with Georgia (2017/2282 (INI)), Straß­burg/Brüssel, 15.10.2018, <http://www.europarl.europa.eu/ doceo/document/A-8-2018-0320_EN.pdf?redirect>.

26

 Institute for Development of Freedom of Information (IDFI), The Georgian National Anti-Corruption System Is Ineffective against High Level Corruption, Tbilisi, 12.10.2018, <https://idfi. ge/en/fight_against_elit_corruption_is_still_a_challenge_in_ georgia>.

27

 »Explainer: Why Is Georgian Billionaire Ivanishvili Waging War against the Country’s Most Popular Bank?«, in: JAMnews (online), 16.1.2019, <https://jam-news.net/explainer-why-is-georgian-billionaire-ivanishvili-waging-war-against-the-countrys-most-popular-bank/>.

28

Sonja Schiffers/Franziska Smolnik, Stühlerücken in Georgien, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, 4.9.2019 (SWP Kurz gesagt).

29

 »Tbilisi Protests Wrap up, Get Ready for 2020 Polls«, in: Civil Georgia (online), 21.9.2019, <https://civil.ge/archives/ 321104>.

30

 Kornely Kakachia/Bidzina Lebanidze, »Georgia’s Danger­ous Slide Away from Democracy«, Carnegie Europe (online), 10.12.2019, <https://carnegieeurope.eu/strategiceurope/ 80542>.

31

 Economist Intelligence Unit, Country Report Armenia, 2. Quartal 2019, London 2019, S. 6.

32

 Yevgenya J. Paturyan/Christoph H. Stefes, »Doing Business in Armenia. The Art of Manoeuvring a System of Corruption«, in: Leitner/Meissner (Hg.), State Capture, Political Risks and International Business [wie Fn. 3], S. 50.

33

 Raffi Elliott, »Tackling Corruption Is Good, but Judicial Reform and Sound Fiscal Policies Are Better«, in: Armenian Weekly (online), 11.7.2018, <https://armenianweekly.com/ 2018/07/11/tackling-corruption-good-judicial-reform-sound-fiscal-policies-better/>.

34

 »Armenien und Georgien im Mittelpunkt der Versammlung des Europarats«, Caucasus Watch (online), 15.4.2019, <https://caucasuswatch.de/news/1544.html>; Armen Grigor­yan, »One Year After Armenia’s ›Velvet Revolution‹: The Plans and Challenges Ahead«, in: Eurasia Daily Monitor (online), 26.4.2019, <https://jamestown.org/program/one-year-after-armenias-velvet-revolution-the-plans-and-challenges-ahead/>.

35

 »EU Pledges Financial Support for Large Infrastructure Projects«, in: EaP Think Bridge, (Mai 2019) 12, S. 5.

36

 Yulia Antonyan, »Being an ›Oligarch‹ in the Armenian Way«, in: dies. (Hg.), Elites and ›Elites‹. Transformation of Social Structures in Post-Soviet Armenia and Georgia, Eriwan 2016, S. 110–171; David Petrosyan, »Oligarchy in Armenia«, in: Caucasus Analytical Digest, 53–54 (Juli 2013), S. 11–18.

37

 »Almost all important industries in Armenia that make up the lion’s share of internal consumption and export belong to the oligarchs, and are divided and monopolized by them.« Antonyan, »Being an ›Oligarch‹ in the Armenian Way« [wie Fn. 36], S. 124f.

38

 Giorgi Lomsadze, »In Armenia, MP Can Mean ›Millionaire in Parliament‹«, in: Eurasianet (online), 24.10.2014, <https://eurasianet.org/in-armenia-mp-can-mean-millionaire-in-parliament>.

39

 Antonyan, »Being an ›Oligarch‹ in Armenia« [wie Fn. 36], S. 129.

40

 »Corruption in Armenia«, in: Wikipedia, <https://en. wikipedia.org/wiki/Corruption_in_Armenia>.

41

 Siehe hierzu OECD, Anti-corruption Reforms in Armenia. 4th Round of Monitoring of the Istanbul Anti-Corruption Action Plan, Paris 2016, S. 21–28.

42

 »Armenian Deputy Minister Detained for Alleged Bribery«, BBC Monitoring Caucasus, 5.12.2019.

43

 Tigran Petrosyan, »Machtwechsel: Was von der Revo­lution in Armenien übrig bleibt«, in: Zeit online, 21.4.2019, <https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-04/machtwechsel-armenien-revolution-nikol-paschinjan-korruption-justiz-regierung>.

44

 »Dr. Nadja Douglas, ›Paschinjan muss mit den alten Eliten zusammenarbeiten‹«, Interview, Caucasus Watch (online), 10.6.2019, <https://caucasuswatch.de/news/1726. html>.

45

 Siehe hierzu besonders Policy Forum Armenia, Corrup­tion in Armenia, Washington, D.C., Oktober 2013, <https:// www.pf-armenia.org/document/corruption-armenia>.

46

 »Wettrüsten zwischen Armenien und Aserbaidschan«, Caucasus Watch (online), 29.6.2019, <https://caucasuswatch.de/ news/1782.html>.

47

 »›Largest Corruption Case in History of Armenia‹ – Army General and MP Suspected in Theft of Soldier Rations«, in: JAMnews (online), 18.6.2018, <https://jam-news.net/largest-corruption-case-in-history-of-armenia-army-general-and-mp-suspected-in-theft-of-soldier-rations/>.

48

 »Armenian Army Suffered over 422 Million Damage Due to Corruption«, in: Defence.az (online), 14.2.2019, <http://defence.az/en/news/133691/armenian-army-suffered-over-422-million-damage-due-to-corruption>.

49

 »Recent Resignation ›First Sign of Discord‹ in Armenian Government«, BBC Monitoring Caucasus, 7.10.2019.

50

 Paturyan/Stefes, »Doing Business in Armenia« [wie Fn. 32], S. 52.

51

 »Nationale IRI-Umfragen zu Armenien«, Caucasus Watch (online), 13.12.2019, <https://caucasuswatch.de/news/ 2277.html>.

52

 Open Society Foundations Armenia/Center for Applied Policy, Strengthening Integrity and Fighting Corruption in Education: Armenia, Eriwan 2015, <http://www.osf.am/wp-content/ uploads/2017/01/Integrity-Report_ENG_PUBLISHED_ 16.01.2017.pdf>.

53

 Policy Forum Armenia, Corruption in Armenia [wie Fn. 45], S. 28.

54

 Paturyan/Stefes, »Doing Business in Armenia« [wie Fn. 32], S. 51f.

55

Policy Forum Armenia, Corruption in Armenia [wie Fn. 45], S. 28.

56

 »FIFA World Cup, at Least 5 Million Population and Nagorno-Karabakh as Part of Armenia: Pashinyan Presents Long-term Goals of his Government«, Caucasus Watch (online), 6.8.2019, <https://caucasuswatch.de/news/1895.html>.

57

 »Armenia Significantly Improves Positions in Fight against Corruption – OECD«, Armenpress (online), 10.7.2018, <https://armenpress.am/eng/news/940441/>.

58

 »EU Ambassador: New Armenia Government Takes the Fight against Corruption Seriously«, in: News.am (online), 28.6.2018, <https://news.am/eng/news/459089.html>.

59

 »Newspaper: Armenia Develops New Anticorruption Action Plan«, in: News.am (online), 11.6.2019, <https:// news.am/eng/news/517674.html>.

60

 »Kotscharjan frei, Paschinjan wütend: Die Situation in Armenien ist angespannt«, Caucasus Watch (online), 21.5.2019, <https://caucasuswatch.de/news/1672.html>.

61

 »Die Venedig-Kommission nimmt zu den Justizreformen in Armenien Stellung«, Caucasus Watch (online), 16.10.2019, <https://caucasuswatch.de/news/2131.html>.

62

 »Armenian MPs Approve Initiative of Ousting Constitutional Court Head«, BBC Monitoring Caucasus, 4.10.2019.

63

 »President of Armenian Constitutional Court Charged with Abuse of Power«, Caucasus Watch (online), 27.12.2019, <https://caucasuswatch.de/news/2313.html>.

64

 »Armenian PM Warns against Possible ›Counterrevolution‹ in Karabakh«, BBC Monitoring Caucasus, 10.5.2019.

65

 »Armenian PM Praises Budget Revenue Growth«, BBC Monitoring Caucasus, 2.8.2019.

66

 »Armenian PM Lambasts ›Corrupt‹ TV Channels«, BBC Monitoring Caucasus, 17.1.2020.

67

 Hannes Meißner, Der »Ressourcenfluch« in Aserbaidschan und Turkmenistan und die Perspektiven von Effizienz- und Transparenzinitiativen, Münster: LIT Verlag, 2013 (Demokratie und Ent­wicklung, Nr. 66), S. 98. Zum Begriff Rentierstaat siehe Fn. 2 dieser Studie.

68

 Economist Intelligence Unit, New EU Agreement Still Proving Elusive, London, 28.5.2019, <https://country.eiu.com/ article.aspx?articleid=1928060376&Country=Azerbaijan& topic=Politics>.

69

 Siehe Caucasus Analytical Digest, 114 (März 2020), darin zu Aserbaidschan Farid Guliyev, »Formal-Informal Relations in Azerbaijan«, S. 7–10; Hannes Meissner, »Corruption, Favouritism and Institutional Ambiguity as Political Risks. Insights from the Concept of Neopatrimonialism«, in: Leitner/Meissner (Hg.), State Capture, Political Risks and International Business [wie Fn. 3], S. 11–25; Rail Safiyev, Hinter der glitzernden Fassade. Über die Macht der Informalität in der Kaukasusrepublik Aserbaidschan, Bielefeld: transcript, 2018, S. 23–47.

70

Siehe hierzu Marcy E. McCullaugh, »Typical Tin-Pots: Wealth without Welfare in Azerbaijan«, in: Ghia Nodia/Christoph H. Stefes (Hg.), Security, Democracy and Development in the Southern Caucasus and the Black Sea Region, Bern u.a.: Peter Lang Verlag, 2015 (Interdisciplinary Studies on Central and Eastern Europe, Bd. 14), S. 71–92.

71

 Im März 2017 wurde der Blogger Mehman Huseynov wegen Verleumdung und übler Nachrede zu zwei Jahren Haft verurteilt. Auch er hatte besonders über Bereicherung in der Machtelite berichtet und Bilder von deren Luxusbesitztümern gepostet. Im Juni 2019 wurden Polad Aslanow, seine Frau und seine Tochter verhaftet. Der Chefredakteur zweier Nachrichten-Websites sah sich einer Anklage wegen Hochverrats ausgesetzt. Er habe geheime Informationen an ausländische Regierungen verkaufen wollen. Sein Anwalt teilte mit, Aslanow habe einen Artikel vorbereitet, in dem über Korruption bei Pilgerreisen und Tourismus berichtet und Namen hochrangiger Beamter genannt werden sollten. Siehe »Polad Aslanov«, in: Welt (online), 11.7.2019, <https:// www.welt.de/print/welt_kompakt/print_politik/article196685323/Free-them-all-Polad-Aslanov.html>.

72

 So musste Transparency Azerbaijan 2017 zwei Rechtshilfezentren in den Städten Ganja und Guba schließen und die Aktivität seines Hauptbüros in Baku einschränken. Siehe Durna Safarova, »Azerbaijan Suffocation of NGOs Raises Questions about Donor Strategy«, in: Eurasianet (online), 10.10.2017, <https://eurasianet.org/azerbaijan-suffocation-of-ngos-raises-questions-about-donor-strategy>.

73

 »Journalists Call for Media Freedom at Public TV Talk Show«, BBC Monitoring Caucasus, 26.12.2019.

74

 Der Index of Public Integrity des Europäischen Forschungszentrums für Anti-Korruption und Staatsbildung (European Research Centre for Anti-Corruption and State-Building, ERCAS) verortete das Land 2017 bei der Bewertung von »judi­cial independence« an 65. Stelle von 109 erfassten Staaten (Georgien an 45. Stelle). Open Azerbaijan, Corruption in Azer­baijan: Past Five Years, o.O., 2019, S. 14, <http://openazerbai jan.org/site/assets/files/1412/corruption_in_azerbaijan_past_5_years.pdf>.

75

 Safiyev, Hinter der glitzernden Fassade [wie Fn. 69], S. 167.

76

 Ebd., S. 257; Meißner, Der »Ressourcenfluch« [wie Fn. 67], S. 143f.

77

 Farid Guliyev, »The Informal Economy in Azerbaijan«, in: Caucasus Analytical Digest, 75 (17.7.2015), S. 7–10 (9).

78

 Ein Index von Transparency International aus dem Jahr 2015 platziert Aserbaidschan in eine »very high risk category for corruption in the defence and security sector«. Trans­parency International Defence and Security, Government Defence Anti-Corruption Index 2015, <https://government. defenceindex.org/generate-report.php?country_id=6256>.

79

 Rail Safiyev, »State Capture in Azerbaijan between Clan Politics and ›Bureaucratic Oligarchy‹ in Black Sea Countries«, in: Leitner/Meissner (Hg.), State Capture, Political Risks and Inter­national Business [wie Fn. 3], S. 74–88 (78).

80

 Safiyev, Hinter der glitzernden Fassade [wie Fn. 69], S. 203–206.

81

 »Alijew spricht über den Zustand der Schattenwirtschaft Aserbaidschans«, Caucasus Watch (online), 5.2.2020, <https:// caucasuswatch.de/news/2377.html>.

82

 Safiyev, Hinter der glitzernden Fassade [wie Fn. 69], S. 273.

83

 Pavla Holcova/Khadija Ismayilova/Leyla Avshar, »The Corruption Fighter’s Hidden Empire«, OCCRP, 11.9.2017, <https://www.occrp.org/en/azerbaijanilaundromat/the-corruption-fighters-hidden-empire>.

84

 Stefan Candea, »Offshore Companies Provide Link between Corporate Mogul and Azerbaijan’s President«, International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), 3.4.2013, <https://www.icij.org/investigations/offshore/offshore-compa nies-provide-link-between-corporate-mogul-and-azerbaijans-president/>; »London Law Firm Helped Azerbaijan’s First Family Set up Secret Offshore Firm«, in: The Guardian (online), 5.4.2016, <https://www.theguardian.com/news/2016/apr/05/ panama-papers-london-law-firm-helped-azerbaijan-first-family-set-up-secret-offshore-firm>.

85

 Meißner, Der »Ressourcenfluch« [wie Fn. 67], S. 138f.

86

 »Azerbaijan’s SOCAR, Billion Dollar Deal with Maltese Gov’t at Centre of Investigation into Maltese Journalist’s Murder«, in: JAMnews, 2.12.2019, <https://jam-news.net/ azerbaijans-socar-billion-dollar-deal-with-maltese-govt-at-centre-of-investigation-into-maltese-journalists-murder/>; »SOCAR May Be Dragged into a Corruption and even Criminal Scandal«, in: Contact.az (online), 23.11.2019, <https:// www.contact.az/ext/news/2019/11/free/politics%20news/en/85382.htm>.

87

 »Bombardier Facing World Bank Ban over Azerbaijan Corruption Allegations«, in: CTVnews.ca (online), 10.5.2019, <https://www.ctvnews.ca/business/bombardier-facing-world-bank-ban-over-azerbaijan-corruption-allegations-1.4417175>.

88

 European Stability Initiative (ESI), Caviar Diplomacy. How Azerbaijan Silenced the Council of Europe, Berlin/Brüssel/Istanbul, 24.5.2012, <https://www.esiweb.org/publications/caviar-diplomacy-how-azerbaijan-silenced-council-europe>.

89

 »UK at Centre of Secret $3 bn Azerbaijani Money Laundering and Lobbying Scheme«, in: The Guardian (online), 4.9.2017, <https://www.theguardian.com/world/2017/sep/ 04/uk-at-centre-of-secret-3bn-azerbaijani-money-laundering-and-lobbying-scheme>.

90

 Council of Europe, Report of the Independent Investigation Body on the Allegations of Corruption within the Parliamentary Assembly, Straßburg, 15.4.2018, <http://assembly.coe.int/ Communication/IBAC/IBAC-GIAC-Report-EN.pdf>.

91

 Hierzu ausführlich Meißner, Der »Ressourcenfluch« [wie Fn. 67], S. 187–200.

92

 Thomas de Waal, »Azerbaijan’s Lost Transparency«, Carnegie Europe (online), 20.3.2017, <https://carnegieeurope. eu/strategiceurope/68332>.

93

 »Global Integrity Report 2011 – Data«, Global Integrity (online), 2011, <https://www.globalintegrity.org/resource/gir-2011-data/>.

94

 Siehe hierzu Open Azerbaijan, Corruption in Azerbaijan [wie Fn. 74], S. 15–20.

95

 OECD, Anti-corruption Reforms in Azerbaijan. 4th Round of Monitoring of the Istanbul Anti-Corruption Action Plan, Paris 2016, <http://www.oecd.org/corruption/anti-bribery/OECD-ACN-Azerbaijan-Round-4-Monitoring-Report-ENG.pdf>; siehe auch Centre for Public Impact, Azerbaijani Service and Assessment Network (ASAN) Case Study, London/Arlington, VA, 15.4.2016, <https://www.centreforpublicimpact.org/case-study/azerbai jani-service-and-assessment-network-asan/>.

96

 Sebastian Schiek, Kasachstans autoritäre Partizipations­politik, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, August 2019 (SWP-Studie 20/2019), S. 20.

97

 Thomas de Waal, »Is Change afoot in Azerbaijan?«, Carnegie Europe (online), 5.11.2019, <https://carnegieeurope. eu/strategiceurope/80271>.

98

 »Azeri President Sacks Domestic Policy Aide«, BBC Moni­toring Caucasus, 29.11.2019.

99

 »You know, corruption and bribery is a legacy we inherited. Therefore, to get rid of them we need awareness rising, a correct policy should be carried out of course, but at the same time a generational change is needed. I pin my hopes on the youth.« »Azeri Leader Urges Youth to Stand for Parliament«, BBC Monitoring Caucasus, 8.12.2019.

100

 »Azeri Oppositon Leader Sceptical about Recent Reshuffles«, BBC Monitoring Caucasus, 24.10.2019.

101

 »Hochrangiges Seminar zur Östlichen Partnerschaft in Schweden abgehalten«, Caucasus Watch (online), 8.11.2019, <https://caucasuswatch.de/news/2185.html>.

102

 »Alijew schließt den Ausnahmezustand in Aserbaidschan nicht aus«, Caucasus Watch (online), 20.3.2020, <https:// caucasuswatch.de/news/2524.html>.

103

 »Der Oberste Gerichtshof von Aserbaidschan beendete Strafverfahren gegen Oppositionelle«, Caucasus Watch (online), 27.4.2020, <https://caucasuswatch.de/news/2651.html>.

104

 »Georgien: Ausnahmezustand ausgerufen«, Caucasus Watch (online), 24.3.2020, <https://caucasuswatch.de/news/ 2538.html>.

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