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Policy Workshop I: Wie neue externe Akteure Einfluss auf afrikanische Konflikte und Volkswirtschaften nehmen

Megatrends Spotlight 2022 08, 24.05.2022

Russland, die Türkei, die Vereinigten Arabischen Emirate oder China. Immer mehr Akteure engagieren sich verstärkt in Afrika. Sie beeinflussen besonders Wirtschaft und Sicherheit auf dem Kontinent. Während unseres ersten Megatrends Afrika Policy Workshops haben wir ihre Rolle mit internationalen Expert*innen diskutiert. Wie engagieren sich „die Neuen“ auf dem Kontinent? Was bedeutet das für das deutsche und europäische Engagement?

Sie investieren, sie intervenieren, sie involvieren sich – immer mehr externe Akteure bringen sich auf dem afrikanischen Kontinent ein. Damit gemeint sind sogenannte „neue“ externe Akteure. Über China liest man da viel. Aber auch zunehmend über Russland, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Immer geht es um eine größere Bedeutung dieser Staaten in der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Entfaltung afrikanischer Staaten und Gesellschaften. Von einem wachsender Einfluss ist die Rede. Im Grundsatz geht es um ein „Mehr“, das in Konkurrenz zu den Beziehungen stehen kann, die der Kontinent zu anderen Partnern unterhält  - die wir allgemeinhin als die traditionellen internationalen Partner bezeichnen.

In unserem ersten Policy Workshop im April 2022 haben wir uns „die Neuen“ genauer angeschaut und von internationalen Expert*innen einordnen lassen: Wie bringen sich diese Akteure in Afrika ein – und – was heißt das für bestehenden Initiativen Deutschlands und Europas?

Das Engagement ist vielfältig. Vielleicht am prominentesten werden der Einfluss auf Dynamiken in afrikanischen Konflikten oder die Wirkung ihres Engagements auf Wirtschaft, Gesellschaft und Politik Afrikas besprochen. Beiden Politikfeldern haben wir jeweils ein Panel gewidmet.

Panel 1: Afrikanische Konflikte und die multipolarer (Un-)Ordnung

Die Diskussion zum Thema Konflikte verglich Handelsmuster und Interessen Russlands, der Türkei und der VAE. Die Handlungsorte ihrer Interventionen: gewaltsame Auseinandersetzungen in Äthiopien, Libyen, Somalia oder der Zentralafrikanischen Republik (ZAR). Die Krisenherde sind allen bekannt. Weniger bekannt ist das komplexe Akteursgefüge dieser Konflikte.

Denn ähnlich wie schon seit längerem in Nah- und Mittelost, entsteht derzeit eine multipolare (Un-)Ordnung auf dem afrikanischen Kontinent. Dieser Megatrend verändert die Kräfteverhältnisse in Konflikten und stellen neue Anforderungen an internationale und regionale Bemühungen, diese beizulegen. Friedensmissionen der Vereinten Nationen (VN) oder der Afrikanischen Union (AU) müssen einen Umgang mit den neuen Akteuren finden.

In der ZAR stützt Präsident Faustin Archange Touadéra seine Macht auf die Unterstützung durch die russische Gruppe Wagner. Die der russischen Führung nahestehende Söldnergruppierung erlaubte es ihm, Aufständische zurückzudrängen. Für das Touadéra-Regime ist Russland inzwischen der Partner der Wahl. Unterdessen, so unsere Expert*innen, sei das Land in eine tiefe Finanzkrise gestürzt. Die innenpolitische Machtsicherung habe aber zur außenpolitischen Isolation des Landes geführt - erst recht seit der russischen Invasion der Ukraine im Februar 2022. So ist ZAR derzeit noch anfälliger für russische Einflussnahme.

Türkei und VAE intervenieren immer mehr, besonders am Horn von Afrika

Wenn Ankara in afrikanischen Konflikten in Libyen oder Äthiopien interveniert oder Waffen exportiert, spielt innenpolitisches Kalkül meist eine zentrale Rolle. Die aufstrebende Militärindustrie des Landes, vor allem ihr Angebot vergleichsweise kostengünstiger Drohnen, öffnet der Türkei Türen auf dem Kontinent. Gleichzeitig bemühe man sich, argumentierten die geladenen Wissenschaftler*innen, die Stimmungslage in Westafrika auszunutzen, welche sich immer mehr gegen die ehemalige Kolonialmacht Frankreich richtet.

Am Horn von Afrika wiederum haben wir in den letzten Jahren einen Rückzug westlicher Staaten beobachtet. Das geopolitische Vakuum füllen nun Staaten wir die VAE, die Türkei, China oder sogar Taiwan. Sie stehen im Wettstreit miteinander. Dabei geht es mehr um den Grad der Einflussnahme als darum, ideologische Differenzen durchzusetzen, fassten unsere Panelist*innen zusammen.

Panel 2: Covid-19 führt zum Umdenken in der chinesische Afrikapolitik

Auf der wirtschaftlichen Seite dominiert China, zumindest auf den ersten Blick. Peking ist in den letzten Jahren zum zentralen Wirtschaftspartner des Kontinents aufgestiegen: Haupthandelspartner, größter Kreditgeber – und seit der Corona-Pandemie auch ein wichtiger Partner im Bereich Gesundheit. Dabei müsse Covid-19 als Zäsur in den Beziehungen wahrgenommen werden, so unsere Panelist*innen. Seit 2020 wandelt sich die Kooperation Pekings mit afrikanischen Staaten in all diesen Bereichen. Die Kreditvergabe erlahmt. Das Thema Umschuldung drängt und entwickelt sich zusehends in ein systemisches Problem.

Gleichzeitig nimmt die humanitäre und entwicklungspolitische Zusammenarbeit Gesundheit und medizinische Versorgung verstärkt in den Blick. Finanzströme in diesem Bereich werden dezentraler. Doch weiterhin bestimmen politische Kriterien, wohin  Geld und Kredite fließen. Die chinesische Führung knüpft ihre Unterstützung daran, dass die sogenannte Ein-China-Politik anerkannt wird oder sich das Wahlverhalten innerhalb der VN an chinesischen Prioritäten orientiert.