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Große Erwartungen, Impulse, und viele offene Fragen: zum Abschluss von Joint Futures

blog Joint Futures 47, 15.02.2024

Auf Joint Futures haben deutsche, europäische und afrikanische Autor*innen eine Vielfalt von Themen behandelt, die für die deutsche Afrikapolitik von Relevanz sind. Haben wir damit die Arbeit an den neuen Leitlinien einfacher oder schwieriger gemacht? Hier ziehen wir eine Bilanz.

 

Mit der Blog-Serie Joint Futures hat Megatrends Afrika seit September 2023 die Überarbeitung der afrikapolitischen Leitlinien durch die Bundesregierung begleitet. Die Themen und Meinungen, die sich in den 46 Blogbeiträgen widerspiegeln, sind so heterogen wie der Kontinent selbst, und so vielschichtig wie die Herausforderungen, die sich für die deutsche Afrikapolitik stellen. Möglicherweise hat der Blog mit seiner Themenvielfalt den Auftrag der Entscheidungsträger*innen nicht leichter, vielleicht sogar schwieriger gemacht. Denn ihre Arbeit ist es, diese Themen zueinander ins Verhältnis zu setzen, zu gewichten, zu priorisieren. Auch wenn es sich um Leitlinien und nicht um eine Strategie handelt, so bedarf ein ergebnisorientiertes und ressortübergreifendes Handeln eine deutliche Richtung und klar definierte Ziele.

Die Beiträge zeigen aber auch, dass es gerade die Vielfalt ist, die es zu suchen gilt. Die Herausforderung für die afrikapolitischen Leitlinien besteht eben darin, der Heterogenität des Kontinents gerecht zu werden. So kann man gleichzeitig das Wirtschaftswachstum des Kontinents und die Rolle privater Investitionen betonen und argumentieren, dass es stärkerer Mobilisierung privaten Kapitals in Schlüsselsektoren bedarf, auch um deutschen Wirtschaftsinteressen gerecht zu werden, aber sicherheitspolitische Herausforderungen und die beschränkten Einflussmöglichkeiten Europas bei Konfliktlösungen und Mediationsversuchen nicht aus dem Auge verlieren. Und dann wären da noch die großen Themen der Zukunft: Kooperation bei der Migration, bei Energie und Rohstoffen, in der Klimaaußenpolitik.

Große Erwartungen

Aus vielen Beiträgen wird deutlich, dass es große Erwartungen sowohl von afrikanischer Seite als auch von deutscher Seite an eine Neuausrichtung der deutschen Afrikapolitik gibt. Vielleicht sind die Erwartungen auch zu groß. Zwar ist allen klar, dass neue Ansätze gefragt sind: angesichts globaler Machtverschiebungen und einem rasanten Wandel auf dem Kontinent wie auch aufgrund von gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland, die den Bezug zur eigenen kolonialen Vergangenheit oder zur medialen Berichterstattung über Afrika ändern. Aber es bleibt eben oftmals vage, wie genau eine neue deutsche Afrikapolitik aussehen kann.

Das gilt zum Beispiel für die immer wiederkehrende Forderung an die deutsche Diplomatie, man müsse ein neues Kapitel aufschlagen, endlich auf der vielbeschworenen Augenhöhe miteinander umgehen. Doch droht diese Forderung zu einem Klischee zu verkommen, zumal sie selten auf einen klaren Befund darüber aufbaut, woran genau die deutsche Afrikapolitik denn bislang gekrankt hat. Auch die Frage, wie genau deutsche Unternehmen dazu bewegt werden können, sich auf dynamischen afrikanischen Märkten nicht abhängen zu lassen, bleibt weitgehend offen. Und so unstrittig es mittlerweile ist, dass das sicherheitspolitische Engagement Deutschlands in der Sahelzone an der Seite Frankreichs gescheitert ist, so unklar bleibt es, was auf die verfehlten Ansätze folgen könnte.

Neue Impulse

Trotz solcher offenen Fragen gehen aus den Beiträgen auch konkrete, neue Impulse hervor, die es sich lohnt, aufzunehmen und weiterzudenken. Um nur einige herauszugreifen: es wird in letzter Zeit viel darüber gesprochen, dass Europa Infrastrukturinvestitionen auf dem afrikanischen Kontinent als strategisch betrachten müsse. Doch was das genau bedeutet, und welche Zielkonflikte sich dadurch ergeben können, wurde bisher selten berücksichtigt – zwei Beiträge bieten hierfür erste Anhaltspunkte. Bedenkenswert ist auch der Vorschlag, afrikanische Stimmen bereits frühzeitig in sie betreffende Prozesse beratend einzubinden und hierbei die afrikanische Diaspora in Deutschland als Brücke zu nutzen. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem afrikanischen Digitalmarkt, auch jenseits großer Infrastrukturprojekte, kann dazu beitragen, neue Wirtschaftspartnerschaften vor allem zwischen mittelständischen Unternehmen und einen vertrauenswürdigen Datenaustausch zwischen den zwei Kontinenten zu begünstigen. Weitere Beiträge liefern Vorschläge für eine Neuausrichtung der Handelspolitik und Migrationskooperation.

Innenpolitischer Wandel in afrikanischen Staaten und vor allem eine rasant zunehmende Neuordnung des internationalen Systems verlangen nach einem Umdenken und einer Anpassung der Beziehungen zwischen Deutschland und seinen afrikanischen Partnern. Die Einigkeit in diesem Punkt geht einher mit der schwierigen Aufgabe, das „Neue“, das „Wie“ und „Wohin“ zu definieren und zu gestalten. Diesen Weg zu begleiten war das Kernanliegen von Joint Futures. Im Sinne eines Ideenlabors und Diskussionsraums haben wir Debatten angestoßen und auf bisher Abwesendes hingewiesen. Gleichzeitig kann ein Blog wie dieser aber auch nur Ausgangs- und Referenzpunkt für die notwendige öffentliche Debatte sein, die Antworten auf die Herausforderungen sucht, denen sich die deutsche Afrikapolitik stellen muss.

Benedikt Erforth (IDOS) und Wolfram Lacher (SWP) sind Projektleiter von Megatrends Afrika.

Die Verantwortung für den Inhalt, die geäußerten Meinungen und die in den Artikeln und Interviews verwendeten Quellen liegt bei den jeweiligen Autor*innen.