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Katars Außenpolitik

Entscheidungsprozesse, Grundlinien und Strategien

SWP-Studie 2022/S 12, 31.10.2022, 36 Pages

doi:10.18449/2022S12

Research Areas
  • Katars Politik beruht seit den 1990er Jahren auf drei Grundlinien: Das Emirat baut seine Gasförderung aus und liefert verflüssigtes Gas in möglichst viele Länder; es versichert sich des militärischen Schutzes durch die USA, indem es Stützpunkte bereitstellt; es führt eine »Soft Power«-Kam­pagne in Form von Investitionen in Medien und Sport.

  • Während des Arabischen Frühlings ging Katar in die Offensive, was einen Bruch in seiner Regionalpolitik darstellte. Damals zielte es auf nichts weniger ab als eine Revision der regionalen Ordnung in der arabischen Welt. Seit dem Amtsantritt von Emir Tamim 2013 hat Doha seine Ambitio­nen zwar zurückgeschraubt, will aber weiter als Regionalmacht an­erkannt werden.

  • Katar versucht Regionalkonflikte zu entschärfen, indem es sich als Ver­mittler positioniert. Es unterhält gute Beziehungen zu Iran, zu dessen Verbündeten in der Region sowie zu militanten Gruppen wie der Hamas und den Taliban. Dies und seine Unterstützung der Muslimbruder­schaft provoziert immer wieder Konflikte mit Saudi-Arabien und anderen Nach­barn. In der Folge hat Katar die Türkei als neue Schutzmacht iden­tifiziert.

  • Katar ist ein attraktiver Partner für Deutschland und Europa und kann ein wichtiger Gaslieferant werden, etwa wegen seiner Flexibilität bei Lie­fe­rungen und seinem Interesse am europäischen Markt. Es war ein schwerer Fehler deutscher Politik, nicht viel früher auf katarisches Gas zu setzen. Langfristige Bestellungen desselben könnten ihn korrigieren.

  • Wenn es tatsächlich eine sicherheitspolitische »Zeitenwende« geben soll, muss Deutschland sich auch auf Gefahren einstellen, die aus dem Nahen Osten drohen (Stichworte: Migration, Terrorismus, nukleare Proliferation). Dazu gehört, dass Deutschland und Europa prowestliche Verbündete benötigen – wie Katar.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Noch Mitte der 1990er Jahre war Katar ein unbedeutender und weitgehend unbekannter kleiner Staat am Persischen Golf, der international kaum in Erscheinung trat. Das Land war nicht viel mehr als ein saudi-arabisches Protektorat, denn in außenpolitischen Fragen folgte es meist den Vorgaben seines großen Nachbarn. Seine begrenzten Ölreserven gingen lang­sam zur Neige, nachdem die Förderung schon Ende der 1970er Jahre ihren Höhepunkt erreicht hatte.

Nur zweieinhalb Jahrzehnte später ist Katar trotz seiner geringen Größe zu einem regionalen Schwergewicht geworden, das zwischen 2017 und 2021 von seinen Nachbarn (angeführt von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, VAE) mit einer gut dreieinhalbjährigen Blockade zu Land, zur See und in der Luft belegt wurde. Grund dafür war die eigenständige und kontroverse Außenpolitik Katars. Dass die Blockade beendet wurde, ohne dass Katar Zugeständnisse machen musste, hat die neuerdings starke Position des kleinen Emirats bestätigt. Möglich wurde diese rasante Entwicklung durch die Förderung von Erdgas: Katar verfügt nach Russland und Iran über die drittgrößten Gasreserven weltweit und hat Produktion und Export seit Mitte der 1990er Jahre massiv ausgeweitet. Das Land hat großen Reichtum erworben und kann es sich sogar leisten, Großereignisse auszurichten, die ihm weltweit Aufmerksamkeit verschaffen, etwa die Fußballweltmeister­schaft 2022.

Die kleine Gasgroßmacht ist nicht nur viel sicht­barer, prominenter und einflussreicher geworden, sondern auch Gegenstand kontroverser Debatten über ihre Außenpolitik. Die Gegner Katars in der Region und darüber hinaus werfen ihm vor, eine revisionis­tische Politik zu führen. Diese umfasse enge Beziehungen zu den (staatlichen) Feinden der arabischen Golfstaaten, namentlich Iran, was dessen Wunsch nach einer Revision der regionalen Ordnung im Nahen Osten entgegenkomme. Außerdem, so vor allem die Regierungen Saudi-Arabiens und der VAE, unterstütze Katar Islamisten und islamistische Terroristen. Die beiden Regierungen kritisieren die tatsächliche oder vorgebliche Hilfe des Emirats für schiitische Milizen (die Hisbollah im Libanon, verschiedene Gruppierungen im Irak) ebenso wie für sunnitische Gruppen, etwa al-Qaida, den Islamischen Staat (IS), die Hamas und die Taliban. Zudem halten sie Doha vor, die Mus­lim­bruderschaft zu fördern, die von Riad und Abu Dhabi als terroristische Organisation eingestuft wird.

Katar selbst und seine Unterstützer dagegen argumentieren, Doha wolle seine engen Beziehungen zu Iran, (bis 2011) zu Syrien sowie zu militanten Grup­pierungen wie der Hisbollah, der Hamas und den Taliban hauptsächlich dafür nutzen, zwischen diesen und ihren Gegnern zu vermitteln, regionale Spannungen abzubauen und diplomatische Lösungen zu finden. Die Muslimbruderschaft, meinen die Vertreter dieser Position, sei keine terroristische Organisation. Katar habe infolge des Arabischen Frühlings 2011 lediglich Partei ergriffen für die Bevölkerungen in Staaten wie Ägypten, Libyen und Tunesien, die ihre autoritären Regierungen gestürzt hätten – während die anderen Golfstaaten sich auf die Seite der Dikta­turen geschlagen hätten. Wo die Muslimbruderschaft Wahlen gewonnen habe, müsse dies akzeptiert wer­den. In Syrien sei es überdies darum gegangen, ein besonders gewalttätiges Regime zu beseitigen. Katar habe zu diesem Zweck aber keine Terroristen wie al‑Qaida oder den IS unterstützt.

Diese und ähnliche Debatten haben das Bild eines Landes verfestigt, dessen Politik eklatante und unver­söhnliche Widersprüche aufweist. Diese Studie arbei­tet die Grundlinien und Strategien katarischer Außen­politik jenseits polemischer Debatten heraus. Bei ge­nauerer Untersuchung zeigt sich nämlich, dass die Politik Katars in drei Bereichen ohne größere Wider­sprüche auskommt und die Führung in Doha sich viel­mehr an deutlich erkennbaren Grundlinien orientiert:

  • Erstens baut Katar seit den frühen 1990er Jahren seine Gasförderung gezielt aus und setzt vor allem auf verflüssigtes Gas (LNG). Das Emirat ist eine Gas­großmacht geworden, die sich einen Ruf als verläss­licher Lieferant und professioneller Energiepartner erworben hat und deshalb über schier un­erschöpfliche Geldquellen für seine Außenpolitik verfügt.

  • Zweitens versichert sich Katar des Schutzes der USA, indem es ihnen Basen zur Verfügung stellt, ame­rikanische Waffensysteme kauft und als regio­naler Partner bereitsteht. Die US-Luftwaffenbasis al-Udaid ist die wichtigste in der Region und schützt Katar vor seinen aggressiven Nachbarn Iran und Saudi-Arabien.

  • Drittens folgt Katar einer »Soft Power«-Strategie, in­dem es in Medien, Kultur, Erziehung und Bildung, Tourismus und Sport investiert. Insbesondere mit Sportereignissen macht es von sich reden. Die Fuß­ballwelt­meisterschaft 2022 ist der bisher größte Erfolg dieser Strategie – selbst wenn die verbreitete Kritik an der Weltmeisterschaft vor allem in europäischen Medien ihn schmälert.

In der katarischen Regionalpolitik gibt es einen mar­kanten Bruch in den Jahren 2011 bis 2013, als das Emirat während des Arabischen Frühlings in die Offen­sive ging und im Bündnis mit der Muslimbruder­schaft auf nichts weniger abzielte als eine Revision der regio­nalen Ordnung in der arabischen Welt. Doha hat seine Ambitionen seitdem zwar zurückgeschraubt, doch besteht der Wunsch fort, im Nahen Osten Ein­fluss zu nehmen und als Regionalmacht anerkannt zu werden. Auch die katarische Regionalpolitik weist – bis 2011 und erneut seit 2013 – eine bemerkenswerte Kontinuität auf, die auf drei Strategien beruht:

  • Erstens versucht Katar, als Vermittler Regionalkonflikte zu entschärfen. Zu diesem Zweck setzt es – bei gleichzeitiger enger Anbindung an die USA und an prowestliche Staaten im Nahen Osten – auf gute Beziehungen zu Iran und dessen Verbündeten in der Region, aber ebenso zu militanten Gruppen wie der Hamas und den Taliban.

  • Zweitens unterstützt Katar die Muslimbruderschaft und verwandte islamistische Gruppierungen. Nach einer interventionistischen Phase von 2011 bis 2013, während der es teils militante Islamisten in Ägypten, Libyen, Syrien und anderswo massiv förderte, ist die katarische Politik vorsichtiger geworden – ohne ihre Unterstützung einzustellen.

  • Drittens wird die Regionalpolitik Katars von seiner Konkurrenz mit Saudi-Arabien (und auch den VAE) geprägt. Die Beziehungen schwanken zwischen Pha­sen der Entspannung und Krisenzeiten, da Katar das Bündnis mit seinen Nachbarn nicht auf­kündi­gen und die Stabilität am Persischen Golf nicht gefährden will. In den letzten Jahren zeigt seine An­näherung an die Türkei jedoch, dass Doha nach Alternativen sucht.

Im Folgenden werden als Erstes die Ent­scheidungs­prozesse in der katarischen Führung und deren Bedro­hungsperzeptionen erläutert. Der zweite Teil der Studie befasst sich mit Katars internationaler Rolle; dort finden sich die großen Konstanten seiner Politik, das heißt seine Entwicklung zu einem der wich­tigsten Gasexporteure, seine sicherheitspolitischen Beziehun­gen zu den USA sowie seine Nutzung von »Soft Power«-Strategien. Im dritten Teil geht es um die regionale Dimension katarischer Politik, in der das Verhältnis zu Saudi-Arabien und Iran im Zentrum steht.

Herrscher und Herrscher­familie in Katar

Katar ist ein autoritärer Staat, in dem alle wichtigen politischen Entscheidungen von nur wenigen Einzel­personen getroffen werden. Die beherrschende Figur ist der aktuelle Emir Tamim Bin Hamad Al Thani, der seit 2013 im Amt ist und seine Position in zwei schweren Krisen konsolidiert hat, als Nachbarstaaten, angeführt von Saudi-Arabien, 2014 und 2017–2021 versuchten, Katar dazu zu zwingen, seine eigenständige Regionalpolitik aufzugeben. Die größte Gefahr für die Herrschaft Emir Tamims (wie schon vorher für die seines Vaters) geht von wiederholten Versuchen der Nachbarstaaten aus, konkurrierende Mitglieder der Familie Thani für Putschversuche zu gewinnen. Diese Bedrohungswahrnehmung prägt auch seine Außenpolitik, die auf Distanz zu Saudi-Arabien setzt.

Emir Tamim und der »Emir Vater«

Emir Tamim Bin Hamad Al Thani ist im Juni 2013 auf seinen Vater Hamad Bin Khalifa gefolgt. Der 1980 geborene Tamim ist der viertälteste Sohn seines Vaters. Seine Mutter, Mauza Bint Nasir Al Misnid, ist die zweite von insgesamt drei Frauen des ehemaligen Emirs; ihr wird ein besonders großer Einfluss auf die katarische Politik nachgesagt. Tamim ging in England zur Schule und besuchte wie sein Vater die Militär­akademie Sandhurst, bevor er 2003 zum Kronprinzen ernannt wurde. Zum Zeitpunkt seines Amtsantritts hatte Tamim bereits einige politische Erfahrungen gesammelt: Ab 2010 wurde der Thronfolger immer sichtbarer und hatte sich bis 2013 vor allem als Innen­politiker einen Namen gemacht.1 Doch er über­nahm auch erste außenpolitische Funktionen, etwa als er 2011 dem Obersten Militärrat in Ägypten einen Besuch abstattete.2

Der Rücktritt des Vaters kam trotzdem über­raschend, denn die Herrscher in den arabischen Golf­staaten treten in der Regel nicht zurück, sondern sterben im Amt oder werden gestürzt. Emir Hamad war aber erst 61 Jahre alt, als er sein Amt abgab, und handelte aus freiem Willen. Als Grund für den Ver­zicht des katarischen Emirs werden meist gesundheitliche Probleme angegeben.3 Vielleicht wollte Hamad verhindern, dass es im Falle seines plötz­lichen Todes oder einer schweren Erkrankung zu Widerstand gegen die Nachfolge seines Sohnes kom­men würde. Der Verzicht des Vaters bot Tamim auf jeden Fall die Möglichkeit, seine Herrschaft zu kon­solidieren.

Emir Hamad selbst hatte seinen Vater 1995 in einem unblutigen Staatsstreich entmachtet.4 Seitdem hatte er fast alle strategischen Entscheidungen allein getroffen und war für sein Mikromanagement bekannt. Nur der Außenminister (1992–2013) und Ministerpräsident (2007–2013) Hamad Bin Jassim Bin Jabr Al Thani besaß in außenpolitischen Fragen eigenen Entscheidungsspielraum und gilt als Architekt der katarischen Außenpolitik bis 2013. In vielen Quellen wird auch Hamads Ehefrau Shaikha Mauza als ein­flussreiche Persönlichkeit beschrieben, jedoch dürfte sich ihr Wirkungskreis vornehmlich auf Erziehung / Bildung, Soziales und Kultur beschränkt haben.5 So wurden der Emir und sein Außenminister zu den prägenden Figuren der Amtszeit Hamads – bis 2010 auch Tamim in diesen innersten Zirkel aufgenommen wurde. Die Beschränkung auf einen ganz kleinen Kreis von Entscheidungsträgern erlaubte es zwar, Ent­scheidungen schnell und effektiv durchzusetzen; doch wurden weitreichende politische Beschlüsse oft nicht hinreichend durchdacht und vorbereitet, eine kontinuierliche Befassung mit den vielen Themen katarischer Regionalpolitik war kaum möglich.6

Nach seiner Machtübernahme 2013 hat Emir Tamim schnell ein eigenes Profil entwickelt – sein Vater zog sich zurück.

In den letzten Jahren gab es immer wieder Berichte, der nun »Emir Vater« (al-Amir al-Ab) genannte Hamad nehme im Hintergrund als graue Eminenz weiter Einfluss auf die Politik seines Sohnes.7 Zwar ist die Macht des ehemaligen Emirs von außen nur schwer einzuschätzen; dennoch gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass Tamim den Prozess der Entscheidungsfindung in Doha nicht nur theoretisch, sondern eben­falls faktisch dominiert. Um seinen Anspruch auf vollständige Kontrolle zu demonstrieren, bildete der neue Emir bereits kurz nach seiner Amtsübernahme sein Kabinett um. Der so mächtige Ministerpräsident und Außenminister Hamad Bin Jassim trat zurück und wurde durch zwei deutlich blassere Nach­folger ersetzt, die noch dazu ihrerseits nach wenigen Jahren ausgetauscht wurden.8 Der Vorgang war ein wichtiges Indiz dafür, dass Tamim darauf bedacht war, seine Position in der Regierung zu festigen.

Tamim hat ab 2013 also schnell an Statur gewonnen, wohingegen sich der ehemalige Emir aus der Öffentlichkeit zurückzog. Während der Krisen 2014 und 2017–2021, als die Nachbarstaaten versuchten, Katar zu einer grundlegenden Änderung seiner Regio­nalpolitik zu zwingen, vermittelte Emir Tamim den Eindruck, die volle Kontrolle über das Vorgehen seiner Regierung zu haben. Hinzu kam, dass die Kata­ris sich angesichts des äußeren Drucks geschlossen hinter ihre Führung stellten. Diese entwickelte einen regelrechten Personenkult, indem sie ein stilisiertes Profilbild von Tamim herstellen ließ, das ab Frühjahr 2017 an vielen öffentlichen und Privatgebäuden in Katar aufgehängt und oft mit der Unterschrift »Tamim der Ruhmreiche« (Tamim al-Majd) versehen wurde.9 Die Einwohner Katars meldeten sich auch in den so­zialen Medien zu Wort, wo zahlreiche populäre Hash­tags auftauchten, in denen sie die Haltung Tamims und Katars lobten.10 Selbst wenn die öffent­liche Dar­stellung nur teilweise Aufschluss gibt über die Position des Emirs in der Herrscherfamilie, dürfte dieser Zu­spruch seine Stellung gestärkt haben.

Zudem hat der junge Emir Änderungen in der katarischen Außenpolitik durchgesetzt, indem er sich vorsichtig von der aktivistischen Regionalpolitik ab­wandte, die sein Vater und dessen Außenminister verfolgt hatten. Emir Hamad hatte während des Ara­bischen Frühlings Partei ergriffen für die Opposi­tion in Ägypten, Tunesien, Libyen und Syrien und gegen die dort herrschenden Regime. In vielen Fällen unter­stützte Katar islamistische Gruppen, darunter die ägyptische Muslimbruderschaft und verwandte Orga­nisationen, aber auch militante Salafisten und Dschihadisten. Emir Tamim versuchte nun, zu der Ver­mittlerrolle zurückzukehren, die Katar vor 2011 eingenommen hatte. Er akzeptierte den Staatsstreich des ägyptischen Militärs gegen Präsident Muhammad Mursi und seine Muslimbruderschaft, der im Juli 2013 stattfand, also nur wenige Tage nach Tamims Amtsübernahme. Die Unterstützung für militante Gruppierungen in Syrien und Libyen wurde bis 2015 erheblich reduziert. Vor allem bemühte sich Tamim, die stark angeschlagenen Beziehungen zu Saudi-Ara­bien zu reparieren – ohne dass dies gelang, wie die Blockade von 2017 bis 2021 zeigte.

Tamim und seine Gefolgsleute waren außerdem bestrebt, die bis dahin überwiegend personalisierte Außenpolitik des Landes zu professionalisieren und zu institutionalisieren. Während der Interventionen Katars in Libyen und Syrien 2011 bis 2013 fehlte es dem Außenministerium in Doha an Personal für die Vielzahl von diplomatischen Aktivitäten, so dass das Ressort sich häufig auf ausländische Mittler teils islamistischer Orientierung stützen musste, die in Katar als Exilanten lebten – sofern Initiativen nicht ganz im Sande verliefen.11 In den Jahren ab 2013 wurde das Bemühen um verbesserte Organisation erkennbar, namentlich bei den Vermittlertätigkeiten Katars in den palästinensischen Gebieten und in Afghanistan. Besonders deutlich wurde dies nach der Ernennung des neuen Außenministers Muhammad Bin Abdarrahman Al Thani im Februar 2016. Damals wurden im Außenministerium ein Beauftragtenposten für Konfliktmediation und einer für den Wiederaufbau von Gaza geschaffen, ein klarer Hinweis auf den Ausbau professioneller Strukturen in dem Ressort.12

Die Furcht vor Saudi-Arabien und der eigenen Familie

Die katarische Führung sieht in Saudi-Arabien die größte unmittelbare Gefahr für die eigene Herrschaft und die Unabhängigkeit des Landes. Diese Furcht geht auf historische Ansprüche des Nachbarn auf Katar zurück sowie auf mindestens einen restaurativen Putschversuch im Februar 1996, der scheiterte. Die Nachbarn stützten sich schon damals auf Angehörige der katarischen Herrscher­familie, die den alten Emir Khalifa wieder einsetzen wollten, der im Vorjahr von seinem Sohn Hamad gestürzt worden war, und / oder eigene Ambitionen hegten. Wie in den anderen Golf­staaten droht der Führung in Katar innenpoli­tische Gefahr in erster Linie durch Widerstand inner­halb der Herrscherfamilie selbst; eine organisierte Op­position gibt es im Land nicht. Es ist die Bedrohung durch Saudi-Arabien zusammen mit der Op­posi­tion einzelner Verwandter, die die Politik der kata­rischen Führung insgesamt prägt.

Die Sicht Hamad Bin Khalifas und seines Sohnes Tamim auf das eigene Land und die Nachbarstaaten wurde durch die irakische Invasion Kuwaits im Jahr 1990 maßgeblich beeinflusst. Damals zeigte sich, dass entgegen aller Lippenbekenntnisse zu panarabischer Solidarität nicht nur Iran, sondern auch arabische Staaten eine Bedrohung für die kleineren Länder am Golf darstellen können. Schon in der Vergangenheit dürfte es vor allem die britische Präsenz gewesen sein, die das kleine Katar vor einer Übernahme durch Saudi-Arabien geschützt hatte – wo wiederholt Stimmen laut wurden, die Anspruch auf die Halb­insel erhoben.13 Ein Konflikt über die Grenzziehung sowie kleinere gewaltsame Zwischenfälle an der kata­risch-saudi-arabischen Grenze in den Jahren 1992 und 1994 überzeugten den damaligen Kronprinzen Hamad Bin Khalifa schon früh, dass die von dem Nachbarn ausgehende Gefahr mehr als nur theoretisch war.14

Wie groß die Bedrohung tatsächlich war, wurde nach dem Sturz Emir Khalifas durch seinen Sohn Hamad im Juni 1995 offenkundig. Bis Oktober 1996 soll es insgesamt drei Putschversuche gegeben haben, an denen Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain – kata­rischen Quellen zufolge auch Ägypten – beteiligt gewesen sein sollen.15 Die unmittelbaren Nachbarn wollten Emir Hamad stürzen, weil dieser einen weit­reichenden Modernisierungskurs und (allerdings nur anfangs) eine politische Liberalisierung angekündigt hatte.16 Der gefährlichste und aufsehenerregendste Putschversuch war der vom Februar 1996, als franzö­sische Söldner im Auftrag Saudi-Arabiens und der VAE gemeinsam mit Angehörigen des Stammes der Al Murra (die traditionell im Südosten Saudi-Arabiens und in Katar leben) Emir Hamad festsetzen und die Kontrolle über wichtige militärische, politische und mediale Schaltstellen in Doha übernehmen sollten.17 In katarischen Quellen heißt es, der ehemalige Poli­zei­chef, Wirtschaftsminister und Cousin von Emir Hamad, Hamad Bin Jassim (Bin Hamad) Al Thani, sei der An­führer der Putschisten im Land selbst gewesen.18 Der Plan wurde indes vorab bekannt und auf­gegeben.

Wie ernst die katarische Führung diese Planungen nahm, belegen Maßnahmen, die sie in den Jahren 1999 und 2000 traf. Zunächst schaffte sie den ehe­ma­ligen Polizeichef Hamad Bin Jassim unter unge­klärten Umständen aus Beirut nach Doha, wo ein Gericht ihn im Februar 2000 der Rädelsführerschaft bei dem Putschversuch schuldig sprach und zu lebens­langer Haft verurteilte.19 Die beteiligten Stammesangehö­ri­gen der Al Murra bestrafte die katarische Führung durch die Ausbürgerung von 5.000 bis 6.000 Per­so­nen, die später allerdings zurückgenommen wurde.20 Die Ereignisse von 1996 hinterließen bei Emir Hamad ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber den Nachbarn Saudi-Arabien, VAE und Bahrain und wirkten sich auf seine Politik aus, die darauf abzielte, Katar von saudi-arabischem Einfluss zu befreien.

Wie sehr die Geschehnisse von 1996 die Haltung der katarischen Herrscher­familie bis heute bestimmen, unterstreicht eine Aussage Emir Tamims im Oktober 2017, wenige Monate nach Beginn der Katar-Blockade: In einem Interview mit CBS News sagte er, er glaube, es gehe Saudi-Arabien, den VAE, Bahrain und Ägypten um einen Regimewechsel in Doha, und setzte die Situation 2017 mit derjenigen 1996 gleich.21 Tatsächlich gibt es starke Hinweise, dass die Blockade­staaten im Juni 2017 eine militärische Intervention planten und nur direkte Ermahnungen aus Washington sie davon abhielten, den Nachbarn anzugreifen.22

Gegner Katars können bei ihren Umsturzplänen stets auf Mitglieder der Familie Thani zählen, die den Thron für sich beanspruchen.

Die prominente Rolle des Polizeichefs Hamad Al Thani unter den Putschisten 1996 zeigt eine gra­vie­rende Schwachstelle im katarischen politischen Sys­tem auf: Die Gegner Katars können bei ihren Planun­gen immer darauf zählen, dass sich mehr oder weni­ger prominente Mitglieder der Familie Thani finden wer­den, die glauben, einen Anspruch auf den Thron zu haben oder auf eine andere wichtige Position in der katarischen Politik. Der Grund liegt in der Geschichte und Struktur der Herrscherfamilie, die aus mindestens 20.000 Mitgliedern besteht.23 Damit ist die Fami­lie Thani nach absoluten Zahlen eine der größten Dynastien der arabischen Welt und im Verhältnis zur Bevölkerungszahl Katars (rund 300.000 Staatsbürger bzw. 2,5 bis 3 Millionen Einwohner insgesamt) die bei Weitem größte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass es in der Vergangenheit immer wieder Flügelkämpfe und Konflikte um die Thronfolge gab. Keiner der fünf Thronwechsel im 20. Jahrhun­dert (1913, 1949, 1960, 1972 und 1995) lief reibungslos ab.

Das Problem innerfamiliärer Konkurrenz beschäftigte Emir Hamad nach dem Sturz seines Vaters offen­bar sehr, denn er traf Vorkehrungen, um die Nach­folge seiner Kinder zu sichern. Zunächst ließ er in der Verfassung von 2003 festschreiben, dass nur seine männ­lichen Nachkommen Herrscher werden dürf­ten – nachdem vorher nur die Regel galt, dass der Herrscher der Familie Thani entstammen müsse.24 Ebenfalls 2003 ersetzte Tamim seinen älteren Bruder Jassim als Kronprinz. Anschließend bekam der Thron­folger die Gelegenheit, sich durch die Übernahme politischer Aufgaben auf seine künftigen Funktionen vorzubereiten. Von besonderer Relevanz aber war der freiwillige Rücktritt Emir Hamads im Juni 2013, der Tamim die Möglichkeit bot, zu Leb­zeiten und unter dem Schutz seines mächtigen Vaters die eigene Herr­schaft zu festigen.

Emir Hamad versuchte, oppositionelle Bestrebungen innerhalb der Familie auch dadurch einzudämmen, dass er Angehörigen anderer Familienzweige Ministerposten, Beamtenstellen und Leitungspositionen staatlicher Firmen zusprach. Diese Politik hat dazu beigetragen, dass es innerhalb der Familie kaum sicht- oder vernehmbaren Widerstand gegen Tamim gibt.

Wie wichtig diese Vorkehrungen waren, wurde während der Blockade durch die Nachbarstaaten ab Juni 2017 deutlich: Saudi-Arabien und die VAE prä­sentierten einzelne Mitglieder der Familie Thani als oppositionelle Alternativen zu Tamim. Der prominenteste von ihnen war Abdallah Bin Ali, dessen Vater Ali (1949–1960) und dessen Bruder Ahmad Bin Ali (1960–1972) als Herrscher Katars amtiert hatten. Abdallah spielte in der katarischen Politik bis dahin keine Rolle, wurde nach Beginn der Blockade aber von saudi-arabischen Medien bei Treffen mit König Salman in Tanger gezeigt.25 In der Presse des König­reichs wurde er sogar als legitimer Herrscher Katars dargestellt, der nun die Blockade unterstütze.26 Im Januar 2018 ließ er jedoch aus dem Exil in Abu Dhabi verkünden, er werde dort wie ein Gefangener behan­delt.27 Danach kehrte Abdallah Bin Ali nach Katar zu­rück, woraufhin seine kurze politische Karriere endete.

Saudi-arabische Medien präsentierten noch weitere angeblich oppositionelle Al Thanis, doch blieb oft unklar, inwieweit sie sich tatsächlich gegen den Herr­scher stellten. Keiner von ihnen scheint wirklich an Ein­fluss gewonnen zu haben.28 Dass es ihnen nicht ge­lang, innerhalb der Herrscherfamilie Gefolgsleute zu finden, ist ein Indiz dafür, dass die Familienpolitik Emir Hamads erfolgreich war.

Katar international

Katar verfolgt seit Mitte der 1990er Jahre drei Strate­gien, um von Saudi-Arabien unabhängiger zu wer­den: Erstens hat es seine Gasförderung erweitert und sich dabei auf verflüssigtes Gas konzentriert, was das Emirat zu einem weltweit gefragten Gaslieferanten gemacht hat, dessen Bedeutung für die entsprechenden Märkte weiter wächst. Zweitens setzt Katar auf militärischen Schutz durch die USA, die den Luft­waffenstützpunkt al-Udaid nahe Doha zu ihrem wich­tigsten im Nahen Osten ausgebaut haben. Drittens hat Doha eine »Soft Power«-Kampagne gestartet, indem es in Medien, Kultur, Erziehung und Bildung, Tourismus und Sport investiert, um so den eigenen Bekanntheitsgrad zu erhöhen und in diesen Bereichen ebenso unentbehrlich zu werden wie als Gas­großmacht und nahöstlicher Verbündeter der USA.

Die Gasgroßmacht

Seit den 1990er Jahren hat die katarische Führung das Land zielgerichtet zu einem zentralen Gas­expor­teur auf dem Weltmarkt gemacht, der vor allem ver­flüssigtes Gas (Liquefied Natural Gas, LNG) ausführt.29 Katars Ambition ist es, ein unverzichtbarer Bestandteil der globalen Gasmärkte und der Weltwirtschaft insgesamt zu werden – aus wirtschaftlichen Grün­den und damit möglichst viele Staaten ein Interesse an seiner (Fort-)Existenz haben. Das Emirat verfügt nach Russland und Iran über die drittgrößten Gas­reserven weltweit, im Unterschied zu diesen beiden aber auch über Zugang zu moderner Technologie, die ihm die Produktion von Erdgas erleichtert, ebenso dessen Transport und dessen Weiterverarbeitung. Hinzu kommt, dass Katar aufgrund der Sanktionen gegen Russland und Iran auch Zugang zu Märkten hat, die diesen beiden Staaten bis auf Weiteres verschlossen bleiben. So wichtig ist Katar auf den Gasmärkten geworden, dass das Land in der Literatur häufig als »das Saudi-Arabien des Erdgases« oder »das Saudi-Arabien für LNG« bezeichnet wird.30

Katar verfügt über das größte weltweit bekannte Gasfeld, das North Field, das vor der katarischen Küste im Persischen Golf liegt. Etwa ein Drittel des Feldes befindet sich unter iranischen Hoheitsgewässern und wird in Iran South Pars genannt. Entdeckt wurde es bereits 1971 von der Ölfirma Royal Dutch Shell, aber erst für wertlos gehalten, weil es kein Öl enthielt und Gas damals noch schwer zu transportieren war. Erst als die Ölpreise zu Beginn der 1980er Jahre fielen, setzte in Doha ein Umdenken ein. Katars Ölproduktion hatte ihren Höhepunkt schon Ende der 1970er Jahre überschritten und belief sich in den 1980er Jahren nur noch auf etwa 300.000 Barrel pro Tag (sie wurde später wieder angehoben).31 Da Katar seine Ausgaben in der vorangegangenen Hochpreisphase deutlich gesteigert hatte, häufte die Regierung Haushaltsdefizite an, so dass sie sich Anfang der 1980er Jahre entschied, Gas zu fördern.

Mit Beginn der Förderung aus dem North Field 1991 suchte das Emirat Abnehmer außerhalb der Golf­region und setzte ganz auf verflüssigtes Gas, das 1996 erstmals exportiert wurde. Die katarische Füh­rung ging damals ein immenses Risiko ein, denn die Energiepreise waren in den 1990er Jahren sehr niedrig und der Export von LNG wegen der dafür benötigten Infrastruktur teuer, weshalb sich das Emirat Milliarden leihen musste. Doch die Risiko­bereitschaft der Führung in Doha zahlte sich aus: Ab 2002 stieg die Nachfrage nach Gas in Asien an und mit ihr die Preise, so dass die Einnahmen des Emirats geradezu explodierten. Schon 2006 war Katar der größte LNG-Expor­teur und der zweitgrößte Gasproduzent weltweit.

Über Jahre lieferte Katar rund ein Drittel des welt­weit konsumierten LNG. Die katarische Führung baute ihre Infrastruktur aus und profitierte von tech­nologischen Neuerungen, die die Verflüssigung billi­ger machten und den Bau modernerer und größerer Tankschiffe ermöglichten.32 Katar investierte hohe Summen in eine eigene Tankerflotte, die 2015 mit mehr als 60 hochmodernen Schiffen größer war als die jedes Konkurrenten und Katar größtmögliche Flexibilität bot.33

Obwohl es Katar bald gelang, Zugang zu Märkten in aller Welt zu bekommen, hatte das Emirat in den USA ab 2011 Probleme. Da die USA die Förderung von Schiefergas (shale gas) rasch ausweiteten – eine Ent­wicklung, die oft als Schiefer­revolution (shale revolution) bezeichnet wird –, wurden sie selbst zum Gasproduzenten und -exporteur, so dass sich Katar Richtung Europa orientierte.34 Im wirtschaftlich starken Europa stieß es allerdings ebenfalls auf Schwierigkeiten, weil die Konkurrenz aus Russland, Norwegen und Alge­rien dort besonders groß war und LNG als zu teuer galt. Deshalb konzentrierte sich Katar auf Asien, und Japan, China, Südkorea, Indien und Taiwan wurden zu den wichtigsten Abnehmern katarischen Gases.35 Parallel dazu bemühte sich Katar um eine Diversifizierung der Abnehmerländer, die heute auf allen Kontinenten (mit Ausnahme Australiens) liegen.36

Der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg Katars wurde nur durch ein »Moratorium« für den weiteren Ausbau der Förderung aus dem North Field aufgehalten, das zwischen 2005 und 2017 in Kraft blieb. Als Grund für den Stopp aller neuen Projekte nannten katarische Politiker und Fachleute vor allem die Not­wendigkeit, technische Untersuchungen vorzunehmen, um eine möglichst schonende und effektive spätere Ausbeutung des Feldes vorzubereiten. Ein anderes Argument lautete, Katar wolle nicht zu schnell zu viel Gas auf den Markt werfen, um so eine »Über­hitzung« zu vermeiden.37 Beide Begründungen waren nachvollziehbar und mögen eine Rolle gespielt haben, doch waren viele Beobachter der Meinung, dass es auch oder sogar in erster Linie darum ging, Iran nicht zu verärgern, weil Katar das Gas so viel schneller und effektiver aus dem gemeinsamen Gas­feld förderte als der mächtige Nachbar – der bereits damals unter Sanktionen litt und nur wenig Gas fördern konnte.38

Die lange Begrenzung der Produktion im North Field hatte zur Folge, dass Katar Marktanteile an die Konkurrenz verlor, was sich bis in die Gegenwart auswirkt. Australien baute seine LNG-Exporte so weit aus, dass es Katar seinen seit 2006 angestammten Platz als weltgrößter LNG-Exporteur 2018 erstmals streitig machte – woraufhin sich die beiden Staaten mehrfach an der Spitzenposition abwechselten. In den USA zog die Produktion von Schiefergas in den 2010er Jahren an; in der ersten Jahreshälfte 2022 wurde das Land sogar zeitweise zum größten LNG-Exporteur.39 Australien und die USA exportieren nach Asien, wo auch Katars Hauptabsatzmärkte liegen, weshalb das Emirat Marktanteile einbüßte und die Preise unter Druck gerieten.40 Die Situation wurde dadurch erschwert, dass die mehr als ein Jahrzehnt dauernde Hochpreisphase für Öl und Gas 2014 endete.

Katar reagierte aber nicht mit einer Reduzierung der Förderung, um auf diese Weise die Preise in die Höhe zu treiben. Vielmehr verkündete der damalige CEO der staatlichen Energiefirma Qatar Petroleum (heute QatarEnergy) Saad al-Kaabi im April 2017 das Ende des Moratoriums. Katar werde die Fördermenge innerhalb von fünf bis sieben Jahren durch eine in­tensivierte Ausbeutung des North Field von 77 auf 100 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen.41 Die kata­rische Führung akzeptierte damit kurz- und auch mittelfristig noch niedrigere Preise. Diese sind für das Emirat aber weniger problematisch als für alle seine Konkurrenten, weil die Produktionskosten dort weit unter denen in Australien, den USA oder Russland liegen. Kaabi machte denn auch keinen Hehl dar­aus, dass es seiner Regierung darum ging, den Kon­kur­ren­ten Marktanteile abzunehmen, selbst wenn dieses Ziel erst längerfristig erreicht werden könnte.42

Die katarische Regierung bestätigte diese Strategie im Juli 2017, kurz nach Beginn der Blockade.43 Im Folgejahr nannte Kaabi sogar die Zahl von 110 Millio­nen Tonnen pro Jahr als neue Zielmarke, 2019 sprach er bereits von 126 Millionen Tonnen jährlich, die 2027 realisiert werden sollen.44 Trotz der Blockade zeigten Firmen aus den USA, China, Europa, Russland und Indien großes Interesse an den katarischen Pro­jekten – während Katar gleichzeitig vermehrt in die Gasinfrastruktur in Abnehmerländern investierte.45 Die Gaspolitik trug so maßgeblich dazu bei, dass die von Katars Gegnern am Golf beabsichtigte Isolation des Emirats nicht gelang. Zu wichtig war Katar für die globalen Gasmärkte, als dass Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und Ägypten große Energiefirmen von Ge­schäften mit Katar abbringen konnten.

Katars Energiepolitiker bemühten sich außerdem darum, die Auswirkungen des politischen Konflikts auf das Gasgeschäft möglichst gering zu halten. Sie versicherten wiederholt, sie würden sich trotz der logistischen Schwierigkeiten an alle Vereinbarungen mit ihren Gasabnehmern halten. Dazu gehörte auch, dass sie weiter Gas an den Blockadestaat VAE liefer­ten, das seit 2007 über die Dolphin-Pipeline von Katar aus fließt.46 Für die Führung in Doha hatte Priorität, sich ihren internationalen Partnern als verlässlicher Energielieferant zu präsentieren.

Überdies nutzte Katar die Blockadezeit, um sich zu profilieren. Dies geschah durch den Austritt aus der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) im Dezember 2018. Katarische Stellen begründeten den Schritt mit dem Wunsch des Emirats, sich ganz auf die Zukunft seiner Gasindustrie zu konzentrieren.47 Tatsächlich hatten Katars Einkünfte aus dem Ölexport im Verhältnis zu den Erlösen durch Gas seit Jahren an Bedeutung verloren. Dennoch hatte Katar zu dem Zeitpunkt weiterhin großes Interesse an der Entwicklung des Ölpreises, da die Gaspreise an die Ölpreise gebunden sind, und das Emirat produziert bis heute immer noch rund 700.000 Barrel Öl pro Tag.48 Es dürfte Doha also vor allem darum gegangen sein, vor dem Hintergrund der Blockade die eigene Stärke sowie die Unabhängigkeit von der so sehr durch Saudi-Arabien geprägten Organisation zu demonstrieren.49

Risikobereitschaft und Investitionen haben sich ausgezahlt – Katar ist als Gaslieferant gefragt wie nie zuvor.

Wie stark die katarische Position war bzw. ist, zeigt sich im Jahr 2022. Der russische Überfall auf die Ukraine und die darauf folgenden Sanktionen gegen die russische Energiewirtschaft haben nicht nur zu massiv steigenden Preisen geführt, von denen Katar profitiert.50 Zudem ist seine Bedeutung als potentieller Gasversorger gewachsen, unter anderem weil es durch seine Konzentration auf LNG äußerst flexibel reagieren kann. Insbesondere hat sich dem Emirat die Möglichkeit eröffnet, auch in Europa neue Märkte zu erschließen. Schon in den Vorjahren hatte es seine Exporte nach Großbritannien und Polen ausbauen können; die Reduzierung der russischen Gaslieferungen im Frühjahr 2022 bot nun die Gelegenheit, auf Kosten des bis dahin dominanten Russland weiter zu expandieren, auch nach Deutschland. Katar ist sehr interessiert daran, seine Exporte nach Europa auszu­weiten.51 Nach der Aufhebung des Moratoriums hatten sich Kommentatoren oft noch gefragt, wer denn das ganze neue Gas aus Katar abnehmen solle.52 Im Jahr 2022 ist diese Frage beantwortet – Katar ist als Energiepartner gefragt wie nie zuvor.

Verbündeter der USA

Der wachsende Gasreichtum hat Katar verwundbar gemacht. Seit den 1990er Jahren fürchtet es vor allem seine Nachbarn Saudi-Arabien und Iran, die sich mehr­fach aggressiv gegenüber den kleinen Golfstaaten ver­hielten. Die Führung des Emirats versuchte, seine Schwäche in erster Linie durch eine enge Bin­dung an die USA auszugleichen. Spätestens mit dem Beginn der US-amerikanischen Präsenz auf dem Luft­waffen­stützpunkt al-Udaid im Jahr 2003 hat Katar dieses Ziel erreicht. Die Wahrung und der Ausbau der Beziehungen zu den USA blieb aber auch danach das mit Ab­stand wichtigste Ziel der katarischen Außen- und Sicherheitspolitik – bis heute.

Mit der beginnenden Gasförderung im North Field 1991 wurde Katar schutzbedürftiger, denn Konflikte mit Iran wurden wahrscheinlicher. Bei fortschreitender Ausbeutung des Feldes würden die Förderanlagen immer näher zusammenrücken, so dass es leicht zu Grenzstreitigkeiten kommen könnte. Zwar hegte Iran Anfang der 1990er Jahre noch die Hoffnung, seine Gasförderung in South Pars schnell aufnehmen und ausbauen zu können.53 Jedoch schaffte Teheran es aufgrund seiner chronischen Finanzprobleme nicht, die für die Gasproduktion hohen Anfangsinvestitionen aufzubringen und die notwendige Technologie zu beschaffen. Die iranische Führung sah den raschen Ausbau der Förderung durch Katar deshalb kritisch. Da sich das Verhältnis zwischen Teheran auf der einen und dessen regionalen und internationalen Gegnern auf der anderen Seite krisenhaft entwickelte, rechnete Doha immer mit Gefahren für seine Gas­infrastruktur. Mithilfe der Präsenz der USA wollte es ihnen begegnen.

Schon 1992 band sich Katar mit einem bilateralen Sicherheitsabkommen (das 2013 zum zweiten Mal für zehn Jahre erneuert wurde) enger an die USA. Zwar ist der Text geheim, doch sollen darin erstmals die Modalitäten für den Zugang des US-Militärs zu kata­rischen militärischen Einrichtungen und für die Lage­rung von Militärgerät in dem Land geregelt worden sein, auch Training für katarische Truppen war vor­gesehen.54 Seit 1992 nutzten die USA die katarische Basis as-Sailiya, um dort militärisches Gerät zu lagern. Es handelte sich zeitweise um die größte Vorpositionierungsbasis (pre-positioning base) außerhalb der USA weltweit. Dort befanden sich immer Waffen, Muni­tion und Ausrüstung für eine Brigade, so dass im Konfliktfall nur das Personal nach Katar transportiert werden musste.55

In den folgenden Jahren versuchte Emir Hamad, die US-Regierung zu bewegen, noch mehr Truppen in Katar zu stationieren. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen stand der hochmoderne Luftwaffenstützpunkt al-Udaid südwestlich von Doha, den das Emirat 1996 zu Kosten von mehr als 1 Milliarde US-Dollar errichten ließ. Da Katar zu diesem Zeitpunkt über keine nennenswerte Luftwaffe verfügte, galt dieser Schritt als Angebot an die USA, Truppen im Land zu stationieren.56

Als Saudi-Arabien die Amerikaner vor dem Irakkrieg im Jahr 2003 zum Rückzug ihrer Streitkräfte aus dem Königreich aufforderte, stand die alternative Infrastruktur in Katar bereit. Nicht nur rund 100 Kampf­flugzeuge, auch die regionale Kommandozentrale der US-Luftstreitkräfte (U. S. Central Command’s Combined Air Operations Center) zogen nach al-Udaid um, das zur wichtigsten US-Luftwaffenbasis im Nahen Osten wurde. Außerdem richtete das für die Region zwischen dem Jemen und Afghanistan zuständige Central Command des US-Militärs (mit Sitz in Tampa, Florida) Ende 2002 seine regionale Zentrale (namens U. S. Central Command Forward) in Katar ein. Für das Emirat bedeutete die massive Präsenz von zwischen 8.000 und 11.000 US-Militärs, besser denn je vor seinen mächtigen Nachbarn geschützt zu sein. In den nächsten Jahren flog die US-Luftwaffe von Katar aus Angriffe in Afghanistan, im Irak und ab 2014 auch gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien. Die US-Prä­senz in al-Udaid blieb der Kern des Bündnisses zwi­schen den beiden Staaten.57

Die seit den 1990er Jahren sehr engen Beziehungen Katars zu den USA gerieten 2017 in eine schwere Krise.

Trotz der engen Verflechtungen kam es 2017 zu einer schweren Krise zwischen Katar und den USA, weil der damalige US-Präsident Donald Trump an­fangs die Katar-Blockade der Nachbarstaaten unter­stützte. Die Führungen der VAE und Saudi-Arabiens hatten ihre Beziehungen zu der neuen US-Regierung bereits vor dem Amtsantritt Trumps ausgebaut und nahmen schon früh Einfluss auf den außen- und sicherheits­politisch unerfahrenen Schwiegersohn Trumps, Jared Kushner, der zum Nahostberater seines Schwieger­vaters aufstieg.58 Erstes sichtbares Resultat dieser Lobbyarbeit war der Besuch Präsident Trumps in Saudi-Arabien im Mai 2017. Dass die Blockade schon am 5. Juni und damit kurz nach dem Gipfeltreffen von Riad begann, wurde als ein mögliches Indiz dafür gewertet, dass Trump seine Gastgeber dazu ermutigt haben könnte. In diese Rich­tung wies auch ein Tweet des US-Präsidenten vom 6. Juni 2017, in dem er die Blockade als Erfolg beschrieb und andeu­tete, von dem Schritt gewusst zu haben.59

Die feindselige Haltung Trumps gefährdete die seit den 1990er Jahren intensiven Beziehungen zwischen Katar und den USA. Aus katarischer Sicht war die Situ­ation bedrohlich, da das Emirat befürchten musste, nicht wie erwartet von dem großen Verbündeten vor seinen regionalen Feinden beschützt zu werden. Doch wusste auch die US-Regierung unter Trump um die Bedeutung Katars, nicht nur weil es den USA die Luft­waffenbasis al-Udaid zur Verfügung stellte und als verlässlicher Gaslieferant für die Weltwirtschaft rele­vant war. Die Regierung Trump hatte sich von Beginn an einer Politik des »maximalen Drucks« auf Iran verschrieben, für die eine gemeinsame Front der ara­bischen Golfstaaten wichtig war. Die Katar-Blockade drohte also ein zentrales außenpolitisches Vorhaben der Administration zu erschweren. Mehreren Berich­ten zufolge mussten Außenminister Rex Tillerson und Verteidigungsminister James Mattis die Führungen in Riad und Abu Dhabi sogar ermahnen, auf eine militärische Intervention in Katar zu verzichten. An­schließend versuchte vor allem Tillerson – der als vormaliger CEO von ExxonMobil enge Kontakte nach Katar unterhalten hatte –, den Präsidenten umzustimmen und die Konfliktparteien zu einem Dialog zu bewegen.60

Im September 2017 schwenkte Donald Trump auf die Linie seiner Ressortchefs um und unterstützte Vermittlungsbemühungen des Emirs von Kuwait.61 Damit war die Blockade zwar nicht beendet, doch die allergrößte Gefahr für Doha gebannt. Präsident Trump bekräftigte seine Kursänderung im Januar 2018 in einem Telefongespräch mit Emir Tamim und bei einem Besuch des Kataris im Weißen Haus im April.62 In den Monaten zuvor hatte sich die katarische Führung intensiv um das Verhältnis zu den USA bemüht. Zentral waren milliardenschwere Waffen­geschäfte, die in den Golfstaaten, wichtigen Absatzmärkten, immer auch eine Methode sind, das Inter­esse der US-Regierung wachzuhalten – und die ebenso Präsident Trump als Mittel zur Beziehungspflege schätzte.

Zwischen Juni und Dezember 2017 schloss Katar mehrere Verträge mit den USA über den Kauf von insgesamt 72 hochmodernen F‑15-Kampfflugzeugen zu einem geschätzten Preis von 21 Milliarden US-Dollar.63 Zwar hatte Katar bereits 2013 um die Flug­zeuge nachgesucht, aber es nutzte die Gelegenheit vier Jahre später, um in Washington zu punkten. Das Emirat bestellte zudem 24 Rafale-Kampfflugzeuge in Frankreich (2015) und 24 Eurofighter in Groß­britannien (September 2017).64 Die Geschäfte waren aufsehenerregend, wenn man bedenkt, dass Katars Luftwaffe bis dahin im Wesentlichen aus zwölf älte­ren Mirage-Jets bestanden hatte. Militärisch ist es wenig sinnvoll, drei verschiedene Kampfflugzeug­typen als Ersatz für einen alten zu bestellen, so dass davon auszugehen ist, dass Doha vornehmlich sein Bündnis mit den USA und seinen europäischen Alli­ierten stärken wollte.

Hinzu kamen weitere Maßnahmen, die vor allem zum Ziel hatten, die USA von der Kooperationsbereitschaft Dohas zu überzeugen. Hierzu gehört eine Über­einkunft, die bei einem Besuch Tillersons in Doha im Juli 2017 geschlossen wurde und in der Katar und die USA gemeinsame Initiativen zur Bekämpfung von Terrorismus und seiner Finanzierung verabredeten.65 Außerdem starteten sie einen neuen strategischen Dialog zu Sicherheitsfragen, der mit einem Treffen im Januar 2018 begann.66 Noch wichtiger aber waren der weitere Ausbau der US-Basis al-Udaid und die Moder­ni­sierung der dortigen Kommandozentrale für die Luft­streitkräfte, die zu großen Teilen von Katar be­zahlt wurden.67 Das war auch deshalb so bedeutsam, weil Politiker der VAE wiederholt eine Schließung der Basis forderten und einen Umzug des amerikanischen Militärs auf die Basis al-Dhafra in Abu Dhabi anbo­ten.68 Katar ging noch einen Schritt weiter, indem es den neuen Hafen Hamad Port, der im September 2017 offiziell eröffnet wurde, so gestaltete, dass ihn US-Kriegsschiffe der Fünften Flotte nutzen können, und dies auch vorschlug.69 Das war eine direkte Kampf­ansage an Bahrain, wo die US-Marine ihr Haupt­quar­tier für die Golfregion unterhält.

Auf diese Weise nahm Katar der von Saudi-Arabien und den VAE befeuerten und in Teilen der US-Politik verbreiteten Kritik die Spitze. Ab 2021 profitiert es zusätzlich von dem Regierungswechsel in Washington. Während die Trump-Administration ausgesprochen enge Beziehungen zu Riad und Abu Dhabi unter­hielt, wahrt der neue Präsident Joe Biden Abstand. Stattdessen haben sich die Beziehungen zu Katar ver­bessert, das während des Abzugs der USA aus Afgha­nistan zu einem immer wichtigeren Partner Washingtons wurde.

Im Winter 2021/2022 haben der drohende Krieg Russlands gegen die Ukraine und seine energiepolitischen Folgen Katars Position auf den Gasmärkten gestärkt. Im Januar 2022 lud Präsident Biden Emir Tamim ins Weiße Haus ein und verkündete, die US-Regierung werde Katar als »wichtigen Nicht-Nato-Alliierten« (major non-Nato ally) einstufen.70 Diese Kate­gorisierung ist den bedeutendsten Verbündeten der USA außerhalb der Nato vorbehalten. Sie begrün­det zwar keine Beistandspflicht, doch gilt sie als Ausweis besonders enger Beziehungen zu den USA. Am Per­sischen Golf gehörten bis 2022 nur Kuwait und Bahrain zu dieser Staatengruppe, im Nahen Osten außerdem Israel, Jordanien, Ägypten, Tunesien und Marokko.71 Verbunden mit der Aufnahme in diesen exklusiven Klub treuer Freunde der USA ist der Zu­gang zu Militär- und Sicherheitstechnologie, aus­ge­wählten Waffensystemen und Ausbildung durch das US-Militär.72 Entscheidend für Katar dürfte aber der Prestigegewinn gewesen sein, denn seinen eben­falls mit den USA verbündeten Gegenspielern Saudi-Ara­bien und VAE blieb der Status als major non-Nato ally bisher verwehrt.

Katars »weiche Macht«

Katar setzt seit Mitte der 1990er Jahre auch auf »Soft Power«, also die Form von Macht, die auf der Über­zeugungskraft und Attraktivität eines politischen Akteurs beruht und die dieser nutzt, um politischen Einfluss zu gewinnen.73 Indem es in Medien, Kultur, Erziehung und Bildung investiert, den Tourismus för­dert und Sportereignisse austrägt, versucht das Emirat, seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen und in diesen Bereichen ebenso unverzichtbar zu werden wie als glo­baler Gaslieferant und als Verbündeter der USA am Golf. Auch hier lautet der Anspruch Katars, in möglichst vielen Staaten ein Interesse an seinem Fort­bestand zu wecken. Die katarische Führung arbei­tet zielgerichtet darauf hin, Doha zu einem medialen, kulturellen und sportlichen Zentrum der arabischen Welt und darüber hinaus zu machen.

Al-Jazeera

Der erste Baustein dieser Politik war die Gründung des arabischsprachigen TV-Senders al-Jazeera im Novem­ber 1996, dessen 24-stündiges Nachrichten­programm über Satellit in der gesamten arabischen Welt zu empfangen ist.74 Dieser Schritt erwies sich als Revolution der arabischen Medienlandschaft, denn die meisten Fernsehzuschauer in der Region waren Mitte der 1990er Jahre noch auf die heimischen, von den jeweiligen Regimen strikt kontrollierten Sender angewiesen. Al-Jazeera wurde innerhalb weniger Monate zum populärsten Nachrichtensender der ara­bi­schen Welt; er beanspruchte für sich in den 2000er Jahren, weltweit rund 35 bis 40 Millionen Zuschauer zu haben.75 Emir Hamad gab eine Anschubfinanzierung von 137 Millionen US-Dollar für die ersten fünf Jahre und auch in den Folgejahren dürfte der kata­rische Staat der wichtigste Geldgeber des Senders geblieben sein.76

Al-Jazeera machte Furore, weil er detaillierte Nachrichten zu allen arabischen Staaten lieferte – wohl­gemerkt außer zu Katar – und auch Oppositionelle und kritische Intellektuelle aus diesen Ländern zu Wort kommen ließ, ebenso israelische Politiker, Regierungs- und Armeesprecher. Der Leitspruch des Senders »die Meinung und die andere Meinung« (ar‑Ra’i wa-r-ra’i al-akhar) wurde in der ganzen Region zum geflügelten Wort.

Vermutlich ging es Emir Hamad vor allem darum, Doha als Zentrum der arabischen Medienlandschaft zu etablieren und so die neue Unabhängigkeit Katars zu demonstrieren. Viele arabische Regierungen re­agierten feindselig auf den neuen Sender, namentlich die saudi-arabische Regierung wehrte sich vehement. Al-Jazeera berichtete nicht nur über die innenpolitische Situation im Königreich, sondern bot saudi-ara­bischen Dissidenten ein oft genutztes Forum – was 2002 sogar dazu führte, dass Saudi-Arabien seinen Bot­schafter aus Doha abzog.77 Auch die USA re­agier­ten oft verärgert, weil der Sender die Video- und Audiobotschaften der al-Qaida-Führung schon seit 1998 exklusiv zugespielt bekam und mehrfach un­kommentiert und teils in voller Länge wiedergab. Dies weckte ab 2001 den Zorn der Bush-Administ­ration, die sich häufig öffentlich über die Bericht­erstattung echauffierte und Druck auf die katarische Regierung wie den Sender ausübte, Botschaften von al-Qaida nicht auszustrahlen.78 Während diese Epi­so­den in der westlichen Welt für Aufmerksamkeit sorgten, waren die wichtigsten Themen in der Bericht­erstattung des Senders in den 2000er Jahren der isra­elisch-palästinensische Konflikt und der Irak. In der arabischen Welt fanden die Nachrichten großen Widerklang.79

Infolge des Arabischen Frühlings ergriff al‑Jazeera für die Muslimbruderschaft Partei und verlor dadurch viele Zuschauer.

Erst infolge des Arabischen Frühlings von 2011 und der Parteinahme für die oppositionelle Muslimbruderschaft verlor al-Jazeera an öffentlichem Zu­spruch. Schon vorher hatte er Islamisten unterschiedlicher Couleur eine Plattform geboten, wo sie sich ihren Heimatländern und der gesamten Region prä­sen­tieren konnten. Besonders populär war die Sendung »Die Scharia und das Leben« (ash-Shari‘a wa-l-hayat), in der einmal pro Woche ein muslimischer Religionsgelehrter in einem Interview seine Interpretation des Islam vorstellte. Bis 2013 handelte es sich meist um den prominenten ägyptischen Islamisten Yusuf al-Qaradawi (1926–2022).80 In seinen Auftritten forderte er einen Heiligen Krieg (jihad) gegen Israel und vertrat wiederholt die Auffassung, Selbstmord­attentate der Hamas und anderer Organisationen seien erlaubt.81 Im August 2004 argumentierte er außerdem, der »Widerstand« (muqawama, ein im Ara­bi­schen wie im Deutschen positiv besetztes Wort) gegen die Amerikaner im Irak sei nicht nur legitim, sondern sogar eine Pflicht.82

Ab Frühjahr 2011 berichtete al-Jazeera wochenlang live von den Protesten, ergriff nach einigen Monaten aber nicht mehr nur offen Partei für die Protest- und Oppositions­bewegungen, sondern vor allem für die Muslimbruderschaft und verwandte Strömungen.83 Viele Zuschauer hatten die sehr kritische Sicht des Senders auf die Politik Israels gegenüber den Paläs­ti­nensern und auf die der USA im Irak geteilt – nun lehnten sie seine Nähe zu den Islamisten ab.84 Zahl­reiche Beobachter kritisierten, al-Jazeera spiegele die Linie der katarischen Regierung allzu deutlich wider und sei damit zum Instrument der Mächtigen ver­kommen. Hierzu trug auch bei, dass der Sender zwar die Proteste in Tunesien, Ägypten und anderswo feierte, aber kaum zu ähnlichen Vorkommnissen im benach­barten und verbündeten Bahrain berichtete, wo ins­besondere schiitische Demonstranten gegen die Regie­rung protestierten.85 Viele Zuschauer hatten aller­dings bis dahin übersehen, dass al-Jazeeras redak­tio­nelle Linie schon vor 2011 den Interessen Katars ent­sprach – was indes weniger auffiel, weil die Poli­tik Dohas auf eine Mittlerposition in der Region ab­zielte und von vielen als ausgewogen wahrgenommen wurde. Als jedoch die Unterstützung der islamis­ti­schen Op­position in Ägypten, Tunesien, Libyen und Syrien in den Mittelpunkt katarischer Politik und der Bericht­erstattung des Senders rückte, kehrten ihm etliche Zu­schauer den Rücken. Al-Jazeera wurde in ihren Augen zum Instrument, mit dem der Aufstieg der Muslimbruderschaft und anderer Islamisten in der Region befördert werden sollte; im Sender selbst gaben nun die Unterstützer der Islamisten den Ton an.

Hinzu kam, dass viele Staaten ab 2011 im Verlauf der von Saudi-Arabien und den VAE angeführten Gegenrevolution Maßnahmen gegen al-Jazeera ergrif­fen. Büros des Senders wurden geschlossen, Sende­lizenzen entzogen, Journalisten verhaftet und ver­urteilt, sogar international zur Fahndung ausgeschrie­ben. Die Gegner Katars forderten wiederholt seine Schließung. Während der Krise zwischen Katar und seinen Nachbarn 2014 sagte Emir Tamim im Novem­ber 2014 letztlich zu, al-Jazeera daran zu hindern, Gruppen oder Einzelpersonen ein Forum zu bieten, die in Opposition zur ägyptischen Regierung standen. Außerdem schloss Katar al-Jazeera Mubashir Misr (»al‑Jazeera Ägypten live«), einen Spartensender von al‑Jazeera, der sich vor allem der politischen Live-Berichterstattung aus Ägypten widmete und seinen Gegnern als Sprachrohr der ägyptischen Muslim­bruderschaft galt.86

Dass al-Jazeera den Gegnern Katars insgesamt ein Dorn im Auge blieb, zeigte sich 2017, als die vier Blockadestaaten Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Bahrain unter anderem seine Schließung ver­langten,87 was Katar ablehnte. Im Jahr 2022 ist al‑Jazeera immer noch der populärste Nachrichten­sender der arabischen Welt, doch ist seine Reichweite im Vergleich zu 2011 eingeschränkt.

Kultur, Tourismus und Sport

Mit den wachsenden Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport begann Katar seine »Soft Power«-Strategie auf Erziehung, Bildung, Wissenschaft und Kultur aus­zudehnen. Wichtigster Treiber dieser Entwicklung ist die 1995 gegründete Qatar Foundation, der Shaikha Mauza vorsteht, die einflussreiche Mutter des Emirs, und die in einem Compound namens Education City in Doha Zweigstellen US-amerikanischer, britischer und französischer Universitäten und Denkfabriken einrichten ließ.88 Auch Kulturinstitutionen wurden gegründet, darunter das 2008 eröffnete Museum für Islamische Kunst in Doha, das Philharmonische Orches­ter Katar 2008, das Opernhaus Katar 2010 und das neue Gebäude des Nationalmuseums von Katar 2019.89 Diese Maßnahmen haben zum Ziel, Katar zu einer Tourismusdestination und – teils damit einher­gehend – zu einem Drehkreuz der internationalen Luftfahrt zu machen. Letzteres belegen die Eröffnung des neuen Flughafens Hamad International Airport 2014 und der Ausbau der staatlichen Fluglinie Qatar Airways.

Zusätzlich setzt Katar auf Investitionen in Sport sowie auf große Sport­ereignisse in Doha und hat damit immense Aufmerksamkeit erlangt. In den 2000er Jah­ren erlaubte der einsetzende Gasreichtum, die Sport­förderung rasant auszuweiten. Im Jahr 2006 fanden in Katar die Asienspiele statt – eine Art asiatische Olym­pische Spiele und damit das bis dahin größte Event im Land überhaupt. Prominente Handball- und Leichtathletikveranstaltungen kamen hinzu. Parallel baute Katar seine Sportinfrastruktur massiv aus. Kern­stück war die 2005 eröffnete Aspire Zone, die erst­mals für die Asienspiele genutzt wurde. Es handelt sich um eine große, hochmoderne Sportstätte mit der Multi­funktionssporthalle Aspire Dome, mehreren Fußball­feldern, Sportanlagen aller Art, einer Schwimm­halle, zwei Hotels und einem Einkaufszentrum.90

Dass Katar im Jahr 2010 die Austragung der FIFA-Fußballweltmeisterschaft 2022 zugesprochen wurde, war das Ergebnis jahrelanger Aufbauarbeit. Der Zu­schlag war für Katar ein epochales Ereignis, wird doch damit das weltweit größte Einzelsportereignis zum ersten Mal im Nahen Osten ausgerichtet. Gleich­sam über Nacht wurde das kleine Land der ganzen Welt ein Begriff.91

In den Folgejahren stellte Katar sein ganzes Potential unter Beweis in dem Bemühen, über den Sport global bekannt zu werden. Das Emirat investierte nicht nur in die für das Großereignis benötigte Infra­struktur (Stadien, Hotels, Transportmittel) und löste damit einen beispiellosen Bauboom aus,92 sondern verstärkte auch seine Anstrengungen, Doha zu einer internationalen Sporthauptstadt zu machen. Die Klub-WM der Handballer fand zwischen 2010 und 2018 jedes Jahr in dem Emirat statt, ebenso die Hand­ball-WM 2015. Seit 2010 werden regelmäßig Teil­veranstaltungen der Diamond League der Leicht­athletik in Doha ausgetragen. Es folgten 2011 die Asienmeister­schaft der Fußballer, 2013 die Fußball-Westasienmeisterschaft, 2014 die Kurzbahn-Welt­meister­schaften im Schwimmen und 2016 die Straßen-Weltmeisterschaft der Radrennfahrer. 2021 absolvierte Katar mit dem Arab Cup, einem Fußballturnier für die Nationalmannschaften der arabischen Welt, den letzten großen WM-Testlauf.93

Bei der Blockade 2017–2021 gingen Saudi-Arabien und die VAE auch sportpolitisch gegen Katar vor.

Die Weltmeisterschaft in Katar und damit die ge­samte Sportstrategie des Emirats geriet während der Blockade ab 2017 kurzzeitig in große Gefahr, da die Blockadestaaten auch sportpolitisch gegen das Emirat vorgingen. Wie weit die saudisch-emiratischen Pläne reichten, zeigte sich im November 2017, als Nachrichten vom Hotmail-Account des VAE-Botschafters in den USA, Yousef Al Otaiba, geleakt wurden. Otaibas Aussagen waren deshalb so wichtig, weil er ab spätes­tens 2017 als besonders prominenter antikatarischer Propagandist fungierte.94 Die Nachrichten legten die Strategie der VAE gegen Katar offen, in der Fußball und die anstehende Weltmeisterschaft eine zentrale Rolle spielten. Unter anderem meinte Otaiba dort, die Folgen der Blockade zielten auch darauf ab, es Katar zu erschweren, die für die WM notwendige Infra­struktur aufzubauen und (vor allem im Luft­verkehr) aufrechtzuerhalten. Der FIFA solle vorgeschlagen werden, die WM in mehreren Staaten auszutragen, mit dem Argument, dies werde der Stabilisierung der Region dienen. Ziel eines solchen Vorgehens sei es, die WM 2022 auch in die VAE zu holen.95

Wahrscheinlich war es ein erster Erfolg dieser Lobby­arbeit der VAE und der Saudis, dass FIFA-Präsi­dent Gianni Infantino 2018 verlauten ließ, der Ver­band wolle das Turnier in Katar von 32 auf 48 Mann­schaften aufstocken. Gleichzeitig nannte er Saudi-Arabien als möglichen Co-Gastgeber, da Katar nicht über die Infrastruktur für ein derart vergrößertes Sportereignis verfüge.96 Es könnte ein Zusammenhang bestanden haben zwischen diesem Plan der FIFA und dem Angebot einer nahöstlich-asiatischen Inves­to­ren­gruppe, in der Saudi-Arabien besonders stark ver­treten gewesen sein soll. Diese bot der FIFA im April 2018 25 Milliarden Dollar für die Rechte an einer neuen Klub-WM und einer ebenfalls neuen weltweiten Liga der Nationalmannschaften. Viele Beobachter hielten dies für einen Versuch Riads, sich noch kurz­fristig in eine deutlich ausgeweitete WM 2022 ein­zu­kaufen. Die Aufstockung der Teilnehmerteams für 2022 wurde indes einige Monate später fallengelassen, möglicherweise weil Katar sich heftig wehrte und drohte, die FIFA zu verklagen. Daraufhin verschob Infantino seine Pläne, wie ursprünglich vorgesehen, auf die Weltmeisterschaft 2026.

Mit der Blockade begann darüber hinaus ein Kon­flikt über die Übertragung von Sportveranstaltungen im Fernsehen. Al Jazeera Sports wurde nach seiner Gründung 2003 zum wichtigsten Sportsender der ara­bischen Welt, der Milliarden in Übertragungsrechte investierte. Anfang 2014 ging diese Sportsparte von al‑Jazeera in der BeIn [= Sei dabei!] Media Group auf, die nach dem Beginn der Blockade im Juni 2017 zum Ziel konzertierter Angriffe der Saudis und Emiratis wurde. Die Übertragungen des Senders wurden in den Blockadestaaten gestoppt und durch einen Piratensender mit dem Namen BeOutQ (= Sei draußen, K(atar)!) gehijackt. Dieser übertrug in der arabischen Welt nun zahlreiche internationale Fußballspiele und andere Sportereignisse aus dem Programm von BeIn, ohne für die Rechte bezahlt zu haben.97 Für den kata­ri­schen Sender bedeutete der Diebstahl Milliarden­verluste.

In einem im September 2019 veröffentlichten Untersuchungsbericht stellten mehrere Fußball­verbände und -ligen (unter ihnen die FIFA) fest, dass die Übertragungen über die saudi-arabische Kommunikationsfirma Arabsat abgewickelt wurden und saudi-arabische Regierungsstellen die Piraterie dul­de­ten.98 Doch trotz der klaren Faktenlage gelang es den Verbänden nicht, Anwälte zu finden, die es gewagt hätten, den Fall in Saudi-Arabien vor Gericht zu brin­gen. Katar musste bis zum letzten Jahr der Blo­ckade auf eine Lösung des Konflikts warten. BeOutQ hat 2020 seinen Betrieb eingestellt, seit Januar 2021 kann BeIn wieder in Saudi-Arabien emp­fangen werden.99

Ein vielleicht noch gravierenderer Rückschlag für die katarische Sport- und »Soft Power«-Strategie be­steht darin, dass die enorme Aufmerksamkeit, die der Zuschlag für die Weltmeisterschaft schuf, das Augen­merk zumindest der westlichen Öffentlichkeit auf die schlechte Situation der Arbeitsmigranten in Katar ge­lenkt hat. Saudi-Arabien und die VAE befeu­er­ten die Kritik an dem Nachbarland, indem sie ihm in regel­rechten Propagandakampagnen systematische und groß angelegte Terrorismusunterstützung unter­stell­ten – ein Vorwurf, der in westlichen Medien eben­falls aufgegriffen wurde. Insgesamt betrachtet ist Katar zwar bekannter geworden, sein Image hat in vielen westlichen Staaten aber Schaden genommen.

Katar, der Nahe Osten und der Persische Golf

Auch in der katarischen Regionalpolitik gibt es klar erkennbare Strategien: Erstens versucht Katar Regional­konflikte zu entschärfen, indem es sich als Vermittler anbietet. Zweitens unterstützt es die Muslimbruderschaft und verwandte islamistische Gruppierungen, heute allerdings vorsichtiger als in den Jahren 2011 bis 2013, als es mithilfe der Muslimbruderschaft an­strebte, die regionale Ordnung zu revidieren und sich selbst in eine Führungsposition zu katapultieren. Drittens wird die katarische Regionalpolitik von seiner Konkurrenz mit Saudi-Arabien (und auch den VAE) geprägt, die während der Katar-Blockade ab 2017 dazu führte, dass sich Doha mit der Türkei eine neue regio­nale Schutzmacht gesucht und so die Macht­verhält­nisse am südlichen Ufer des Persischen Golfs zu seinen Gunsten verändert hat.

Vermittler in Regionalkonflikten

Mit dem Regierungsantritt von Emir Hamad 1995 demonstrierte Katar seine Unabhängigkeit von Saudi-Arabien und nutzte die steigenden Einnahmen aus dem Gasexport sowie den Schutz durch das US-Mili­tär, um eine regionalpolitische Mittlerposition ein­zu­neh­men. Zu diesem Zweck näherte Katar sich in den frühen 2000er Jahren Iran an, dem großen regionalen Gegenspieler Saudi-Arabiens, damals wie heute. An­fangs war diese Politik stark von der geografischen Lage Katars beeinflusst, denn das gemeinsame Gasfeld North Field / South Pars zwang Doha zur Kooperation mit seinem mächtigen Nachbarn. Als sich das Ver­hält­nis zwischen Iran und Saudi-Arabien und ihren jewei­ligen Verbündeten ab 2005 merklich verschlechterte, trat Katar immer häufiger als Vermittler zwischen den Lagern auf.

Mit dieser Neupositionierung versuchte Katar zu verhindern, dass die Spannungen zwischen den beiden mächtigen Nachbarn eskalierten, da in so einem Fall seine Sicherheit beeinträchtigt würde. Außerdem wollte sich Katar als eine eigenständige Macht neuer Art etablieren, die mangels eigener Stärke auf eine Mittlerrolle setzte. Auf diese Weise beabsichtigte das Emirat, auch den USA und dem Westen zu zeigen, dass es zur Lösung von Problemen im Nahen Osten und darüber hinaus beitragen kann.100 Ab 2005 ver­mittelte Doha in erster Linie in Konflikten, an denen Verbündete der beiden Regionalmächte Iran und Saudi-Arabien beteiligt waren, so etwa unter den Paläs­tinensern (Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) und Hamas), im Sudan (Rebellen in Darfur und Regierung), im Jemen (Huthi-Rebellen und Regie­rung) und im Libanon. Als größter Erfolg galt lange die Vermittlung Katars im Libanon 2008, wo sich die irantreue Hisbollah und Verbündete Saudi-Arabiens in einer politischen Krise gegenüberstanden, die im Mai des Jahres sogar in Kämpfe in West-Beirut und ande­ren Gegenden mündete. Aufgrund eines kurz dar­auf in Doha geschlossenen Abkommens wurde in Beirut eine Regierung der Nationalen Einheit gebil­det, die eine weitere Zuspitzung des Konflikts ver­hinderte.101

Im Verlauf der jahrelangen Vermittlungsbemü­hun­gen im Libanon baute die katarische Führung um Emir Hamad enge Beziehungen zum Assad-Regime in Syrien, zur libanesischen Hisbollah und zur palästinen­sischen Hamas auf, die Doha zu einer wichtigen Ad­resse in der Politik des Nahen Ostens machten. Aller­dings wirkte die katarische Politik damals oft un­geplant, denn Emir Hamad und sein Außenminister unternahmen mehrere Vermittlungsversuche zur gleichen Zeit, ohne dafür über einen ausreichend gro­ßen und erfahrenen diplomatischen und / oder nach­richtendienstlichen Apparat zu verfügen. Außer mit der persönlichen Überzeugungskraft der beiden An­führer konnte Doha vor allem mit viel Geld auf­war­ten, mit dessen Hilfe die jeweiligen Parteien zu Kom­promissen bewogen wurden. Jedoch konnten selbst in den Fällen, in denen wie im Libanon kon­krete Ergeb­nisse erzielt wurden, keine längerfristigen Lösungen für Konflikte gefunden werden; im Libanon endete die Vermittlung mit dem Abkommen und nach einer Weile brachen erneut Auseinandersetzungen aus.102

Unter Emir Tamim hat Katar seinen außenpolitischen Apparat ausgebaut, um einzelne Konflikte intensiv bearbeiten zu können.

Mit dem Beginn des Arabischen Frühlings gab Katar seine Mittlerposition in mehreren Konflikten auf und unterstützte die Protestbewegungen und isla­misti­schen Kräfte in Libyen, Syrien, Tunesien, Ägyp­ten und anderen Ländern. Mit dem Amtsantritt von Emir Tamim im Juni 2013 kehrte die katarische Führung schrittweise zur Politik der Jahre vor 2011 zurück. Der vielleicht wichtigste Unterschied zu den Jahren 2011 bis 2013 bestand darin, dass der neue Emir und seine Regierung den außenpolitischen Apparat aus­bauten, um eine intensivere Bearbeitung der einzel­nen Konflikte zu ermöglichen, und die Vermittlungsbemühungen auf wenige relevante Pro­jekte beschränk­ten.

Die mit Abstand bedeutendsten waren die zwischen der Hamas und ihren Gegnern in Israel / Paläs­tina und die zwischen den Taliban und den USA. Im Verhältnis zu Israel hatte Katar schon früh Schlagzeilen gemacht, als Emir Hamad 1996 Ministerpräsident Shimon Peres empfing und ein israelisches Handelsbüro in Doha eröffnet wurde. Auch in den Folgejahren traf Hamad sich wiederholt mit israelischen Politikern, was in der arabischen Welt teils heftig kritisiert wurde.103 Par­allel weitete Katar seine Beziehungen zur von der PLO / Fatah gestellten Palästinensischen Autorität aus, die es seit den 1990er Jahren auch finanziell unter­stützte.

Noch wichtiger wurden die Kontakte zur Hamas, die Büros in Doha unterhält und deren ehemaliger Politikchef Khalid Mishal (amtierte 1996–2017) zwi­schen 1999 und 2001 und erneut ab Februar 2012 in Katar lebte bzw. lebt.104 Diese Beziehungen versetzten Katar in die Lage, zwischen den palästinensischen Gruppierungen zu vermitteln, als der Konflikt zwischen PLO und Hamas die Palästinensergebiete 2006 an den Rand eines Bürgerkriegs brachte. Obwohl Saudi-Ara­bien Katar damals den Rang ablief und im Mekka-Ab­kommen vom Februar 2007 die Bildung einer Regie­rung der Nationalen Einheit verabredet wurde, blieb Katar ein zentraler Akteur – schon allein deshalb, weil es der Hamas-Regierung in Gaza hohe Geldsummen zukommen ließ.105

Katars Beziehungen zur Hamas gewannen an Be­deu­tung, als diese im Juni 2007 gewaltsam die Kont­rolle über den Gazastreifen übernahm. Kurz darauf endete die katarische Annäherung an Israel anlässlich des dreiwöchigen Gazakriegs im Dezember 2008 und Januar 2009; Israel reagierte damals mit einer Militär­offensive auf den fortgesetzten Raketenbeschuss durch die Hamas und andere militante Gruppierungen aus dem Gazastreifen. Emir Hamad kritisierte Israel scharf, ließ das israelische Handelsbüro schlie­ßen und forderte sogar eine Aussetzung der arabischen Friedensinitiative von 2002, in der die arabi­schen Staaten Israel Frieden angeboten hatten, wenn es sich auf die Grenzen von 1967 zurückziehe.106

In den nächsten Jahren bemühte sich Doha vor allem darum, die Spaltung der palästinensischen Riva­len durch Gespräche zu überwinden, konnte da­bei aber keine nachhaltigen Erfolge erzielen. Nach Beginn des Arabischen Frühlings bezog Katar auch im innerpalästinensischen Konflikt deutlicher als zuvor Position für die Islamisten. Da die Hamas der paläs­ti­nensische Ableger der Muslimbruderschaft ist, passte diese Annäherung zur verstärkten Förderung der Islamisten durch Katar ab 2011. Die besondere Nähe zur Hamas zeigte sich während eines Besuchs von Emir Hamad im Gazastreifen im Oktober 2012: Er ver­sprach 400 Millionen US-Dollar Wiederaufbauhilfe für Wohnhäuser, das Gesundheitswesen und die Infra­struktur in dem von den wiederkehrenden Waffen­gängen stark in Mitleidenschaft gezogenen Gebiet. Von der israelischen Regierung erntete der katarische Emir dafür heftige Kritik, weil sie in dem Besuch eine Aufwertung der Hamas und einen Bei­trag zur Stabi­lisierung ihrer Herrschaft im Gazastreifen sah. Sie befürchtete, dass die Organisation direkt oder in­direkt von den finanziellen Hilfen Katars profitiere.107

Kurz nach der Amtsübernahme durch Emir Tamim nahm die israelische Kritik an der katarischen Politik ab, denn Doha setzte nun auf kontinuierliche Koope­ration mit Tel Aviv / Jerusalem, um humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zu ermöglichen. Zu diesem Zweck arbeitet Katar eng mit einer Einheit im israe­lischen Verteidigungsministerium zusammen, die für die Genehmigung des Transports von Baumaterial und Hilfsgütern nach Gaza verantwortlich ist. Der kata­ri­sche Gaza-Beauftragte Mohammed al-Emadi ver­tei­digte dieses pragmatische Vorgehen wiederholt als notwendig, wenn den Menschen in Gaza geholfen werden solle.108 Katarische Stellen beteuern bis heute, die Unterstützung für den Gazastreifen sei rein huma­nitärer Natur und gelte nicht der Hamas als Organisation. Doch ist davon auszugehen, dass auch die Orga­nisation – die weiterhin in Doha präsent ist – Hilfe erhält.

Aufgrund der engen Beziehungen zur Hamas blieb Katar auch nach 2012 als Vermittler gefragt, so etwa während des Waffengangs im Juli und August 2014.109 Im August 2020 spielten Katar und eine katarische Geldzahlung an die Hamas sogar eine wichtige Rolle bei der Vermittlung eines Waffenstillstands zwischen der Hamas und Israel.110 Die israelische Seite hat Katar in diesen Jahren als Akteur akzeptiert, der Ein­fluss auf die Hamas ausübt, mit seiner finanziellen Hilfe die wirtschaftliche Not in Gaza lindert und gleich­zeitig keine anti­israelische Agenda hat. Daran ändert auch nichts, dass Katar israelkritisch geblieben ist und einen Frieden mit dem jüdischen Staat selbst dann noch abgelehnt hat, als die Nachbarn VAE und Bahrain 2020 die sogenannten Abraham-Abkommen mit Israel schlossen. Im April 2022 unterstrich Katar ein weiteres Mal seine Bedeutung als Vermittler im israelisch-palästinensischen Konflikt, als sich auf dem Tempelberg in Jerusalem Unruhen ereigneten. War es im Jahr zuvor anlässlich ähnlicher Vorkommnisse noch zu einer militärischen Konfrontation zwischen Israel und der Hamas gekommen, teilten diesmal beide Seiten über katarische Offizielle mit, dass sie kein Interesse an einer Eskalation hätten.111

Ähnlich entwickelte sich Katars Rolle als Vermittler zwischen den USA und den Taliban. Die ersten Kontakte Katars mit den afghanischen Islamisten gehen auf die späten 1990er und frühen 2000er Jahre zurück, als diese mehrfach die Gelegenheit ergriffen, ihre Sicht der Dinge im katarischen Sender al-Jazeera dar­zustellen. Al-Jazeera war der einzige internationale TV-Sender, der vor und während der amerikanischen Invasion aus dem Taliban-Gebiet senden konnte.112 Die katarischen Beziehungen zu den Taliban wurden spätestens 2010 wichtig, als die US-Regierung des damaligen Präsidenten Barack Obama sich für erste Gespräche mit ihnen entschied.113 In den folgenden Jahren fanden wiederholt einzelne Treffen statt, je­doch nie kontinuierlich. Katar war von zentraler Bedeutung, weil bereits 2011 sowohl in den USA als auch in Afghanistan überlegt wurde, ein Verbindungs­büro der Taliban im Ausland zu eröffnen, in dem autorisierte Vertreter der Organisation als Ansprechpartner fungieren könnten. Die US-Regierung favo­ri­sierte schon früh Doha, so dass das Taliban-Büro dort im Juni 2013 offiziell eingerichtet wurde.114 Damit wurde Katar endgültig zum Mittelpunkt der Afgha­nistan-Diplomatie der nächsten Jahre.

Im Jahr 2014 mündeten Gespräche zwischen US-Vertretern und Taliban in Doha in einen Gefangenen­austausch, bei dem Letztere erstmals bewiesen, dass sie tatsächlich für die Taliban-Führung sprachen und Ergebnisse liefern konnten. Doha wurde erneut zum zentralen Ort des Geschehens, als sich die Trump-Administration 2017 zu Gesprächen mit den Taliban entschloss, um einen raschen Abzug der US-Truppen aus Afghanistan zu ermöglichen. Resultat war das Doha-Abkommen vom Februar 2020, in dem die USA den Rückzug ihrer Truppen bis zum 1. Mai 2021 zu­sagten, während die Taliban sich verpflichteten, ihre Verbindungen zur Terrororganisation al-Qaida zu kappen.115 Trumps Nachfolger Joe Biden setzte die Abzugsankündigung seines Vorgängers im Sommer 2021 in die Tat um, woraufhin die afghanische Regie­rung zusammenbrach und die Taliban die Macht übernehmen konnten.

Abermals bot sich eine Gelegenheit für Katar, sich den USA als nützlicher Verbündeter zu präsentieren, denn die Supermacht hatte es versäumt, eigene Staats­bürger und Afghanen, die für das US-Militär gearbeitet hatten, rechtzeitig auszufliegen. Katar stellte nicht nur zahlreiche Flugzeuge von Qatar Airways zur Ver­fügung, die Tausende aus Kabul evakuierten. Das Emirat nahm anschließend insgesamt 60.000 Evaku­ierte auf, bis deren Anträge auf Weiterreise in die USA oder andere Länder geprüft waren.116 Da war es nur folgerichtig, dass auch die amerikanische Bot­schaft Kabul nach ihrer Schließung im August 2021 nach Doha verlegt wurde und Katar die USA seit dem Jahr 2022 in der afghanischen Hauptstadt diplomatisch vertritt.117 In Afghanistan leistet Katar humanitäre Hilfe und unterstützte gemeinsam mit der Türkei die Taliban in dem Bemühen, den Flughafen von Kabul wieder funktionsfähig zu machen. Die Grenzen des katarischen Einflusses auf die Taliban zeigen sich indes darin, dass diese in der Innenpolitik auf eine kom­pro­misslos islamistische Linie setzen, obwohl Doha sie aufgefordert hat, gemäßigt aufzutreten und eine mög­lichst inklusive Regierung zu bilden.118

Unterstützer der Islamisten

Schon seit den 1950er Jahren war Katar ein Zufluchts­ort für Anhänger der Muslimbruderschaft, die vor der Repression in Ägypten und anderen arabischen Ländern an den Golf flohen. Dort übernahmen sie vor allem Positionen im neu entstehenden Erziehungs­wesen. Ihr wichtigster Vertreter war der ägyptische Religionsgelehrte Yusuf al-Qaradawi, der nach Jahren der Verfolgung in seinem Heimatland 1961 nach Doha flüchtete, wo er an der örtlichen Scharia-Fakultät der Universität Katar lehrte. In den folgenden Jahrzehnten entwickelte er sich zum bedeutendsten religiösen Vordenker der Muslimbruderschaft. Mithilfe von al‑Jazeera und der Webseite islamonline.net wurde er in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre prominent – und zum weltweit bekanntesten und einflussreichsten sunnitischen Religionsgelehrten.119 Um den Ägypter herum bildete sich eine wachsende Gemeinde exilier­ter Muslimbrüder aus verschiedenen Ländern, die al‑Jazeera als Forum nutzten und ansonsten auf einen politischen Umschwung in ihren Heimatländern war­teten. Katar ließ zu, dass die Islamisten ein intellektu­elles und politisches Zentrum mit weltweiter Strahl­kraft aufbauten – das von den Ländern, in denen die Muslimbruderschaft eine starke Opposition darstellte, als immer bedrohlicher wahrgenommen wurde.

Während des Arabischen Frühlings sah die katarische Führung in den Muslimbrüdern die politischen Kräfte der Zukunft.

Mit Beginn des Arabischen Frühlings änderte die katarische Führung ihre Strategie und trat nur noch selten als Vermittler auf. Sie ergriff nun offen Partei für die Protestbewegungen in Tunesien, Ägypten, Libyen und Syrien sowie für islamistische Kräfte aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft, die sich im Laufe des Jahres 2011 als die Gewinner der Umbrüche zu entpuppen schienen. Katar zielte offenbar darauf ab, im Bündnis mit den Islamisten eine neue regio­nale Ordnung zu schaffen, in der das Emirat eine be­herrschende Rolle einnehmen würde. Dabei sah die Führung in Doha die Emanzipation der Muslimbruder­schaft und radikalerer Gruppierungen als Gelegenheit und nicht als Gefahr. Dies erläuterte Emir Hamad im September 2011 in einem Interview mit al-Jazeera:

Er erklärte dort, Islamisten würden in erster Linie deshalb zu Extremisten, weil diktatorische Regime (zu denen er Katar offensichtlich nicht zählte) sie unterdrückten. Mit Blick auf die Lage in Libyen, wo bewaff­nete Aufständische gerade das Regime von Muammar al-Gaddafi gestürzt hatten, sagte er: »Was ist denn der Grund, der die Extremisten zu solchen macht? Der Extremismus ist das Ergebnis von tyran­nischen, dikta­torischen Regierungen oder Führern, die ihnen [den Extremisten] keine Gerechtigkeit geben, die ihnen keine Sicherheit gewähren. Das ist es, was zum Extre­mismus führt. Wenn das Volk aber politisch partizi­pieren darf, dann bin ich der Über­zeugung, dass Sie sehen werden, dass dieser Extremis­mus sich zu einem zivilen / zivilisierten Leben [hayat madaniya] und zu einer zivilisierten Gesellschaft ver­wandeln wird.«120

Außer der offenkundigen Sympathie des Emirs für die Islamisten fiel an diesem Interview auf, dass Hamad nicht nur von der Muslimbruderschaft sprach, die auch viele westliche Beobachter als gemäßigt und poten­tielle Partner einstufen; vielmehr schloss er eben­so Salafisten und al-Qaida ausdrücklich ein – eine sehr kontroverse Sicht auf Islamisten, die die katari­sche Politik zumindest bis 2013 prägte.

Vertreter Katars betonen in Debatten über die Rolle ihres Landes im Arabischen Frühling immer wieder, es habe die Protestbewegungen insgesamt unterstützt und nicht nur die Islamisten. Das ist zwar im Prinzip korrekt, doch wurden die Muslimbruderschaft und andere islamistische Organisationen bald zu den bevor­zugten Partnern Dohas. Dies dürfte jedoch weniger ideologischen als vielmehr pragmatischen Erwägungen geschuldet gewesen sein. Die Muslimbruderschaft und verwandte Gruppierungen waren 2011 die ein­zige organisierte Opposition zu den herrschenden Regimen. Nur die Islamisten verfügten über Strukturen sowie eine große und disziplinierte Anhängerschaft, so dass auch nur sie sich realistischerweise Hoffnung darauf machen konnten, in Tunesien, Libyen, Ägypten und Syrien rasch eine Alternative zu den herrschenden Regimen zu bieten.

Offenbar waren Emir Hamad und sein Außen­minister der Meinung, die Muslim­brüder wären in der arabischen Welt die politischen Kräfte der Zukunft, und entschieden sich, ihren Griff zur Macht mit allen Mitteln zu unterstützen.121 Zu ihrer Sorglosigkeit trug bei, dass die vielen Muslimbrüder, die sich in Katar niedergelassen hatten, ihre politischen Aktivitäten auf das Ausland beschränkten, den katarischen Be­hör­den nie Anlass zu Misstrauen gaben und der schwache katarische Ableger der Organisation sich in voraus­eilendem Gehorsam 1999 aufgelöst hatte.122 Überdies hängen die Kataris fast alle dem Wahhabismus an und sind religiös, sozial und kulturell sehr konservativ, weshalb ihnen Teile des Programms der Muslimbruderschaft nicht vollkommen fremd sind. Für die Führung um Emir Hamad dürfte die islamistische Kom­bination von konservativer Religiosität und poli­tischem Pragmatismus ebenfalls attraktiv gewesen sein, so dass sie Bündnisse mit der Bewegung für unproblematisch hielt.

In den Jahren 2011 bis 2013 ergriff die katarische Führung in Libyen und Syrien die Initiative und das Emirat wurde kurzzeitig zu einer Führungsmacht der arabischen Welt. Katar drängte die Mitglieder der Ara­bischen Liga, die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen und damit eine Militärintervention zu fordern, die mit der Resolution 1973 des UN-Sicher­heitsrates vom 17. März 2011 dann auch möglich wurde.123 Katar war zudem das erste arabische Land (und das erste überhaupt nach Frankreich), das Ende März 2011 den Nationalen Übergangsrat in Benghazi als legitime Regierung Libyens anerkannte. Es betei­ligte sich anschließend selbst mit sechs Kampfflugzeugen an der Intervention und schickte in Abstimmung mit den USA, Großbritannien und Frankreich Spezialkräfte, die Aufständische im Kampf gegen das Gaddafi-Regime finanzierten, bewaffneten und aus­bildeten. Darüber hinaus unterstützte das Emirat die Rebellen, indem es Öl aus Gebieten, die sie kontrollierten, für sie transportierte und verkaufte.

Al-Jazeera berichtete täglich stundenlang von den Ausein­andersetzungen und Yusuf al-Qaradawi rief mehrmals dazu auf, das Gaddafi-Regime zu stürzen und die Rebellen zu unterstützen. Katar bemühte sich, seine Hilfen in erster Linie islamistischen Rebel­len zukommen zu lassen, nur ein kleiner Teil der Waffen und des Geldes ging an den Nationalen Über­gangsrat. In den Jahren nach 2011 unterstützte das Emirat weiterhin islamistische Gruppierungen, die sich 2014 dem von den VAE und Ägypten geförderten Kriegsfürsten Khalifa Haftar entgegenstellten.124 Von Katar unterstützte Milizen waren zum Beispiel maß­geblich an dem Kampfbündnis Morgenröte Libyens (Fajr Libiya) beteiligt, das im Sommer 2014 die Haupt­stadt Tripolis einnahm.125

Ähnlich entschlossen ging die katarische Führung 2011 in Syrien vor, wo sich im Frühjahr und Sommer ebendieses Jahres friedliche Proteste zu einem be­waffneten Auf­stand gegen das Regime von Präsident Bashar al‑Assad ausweiteten. Anfangs zögerten der Emir und sein Außenminister allerdings, denn beide hatten in der zweiten Hälfte der 2000er Jahre enge Beziehungen zum Assad-Regime aufgebaut, Milliarden in Syrien investiert und so Erfolge wie das Doha-Ab­kom­men zum Libanon von 2008 möglich gemacht. Außer­dem hoffte die katarische Führung lange, den syrischen Diktator von einem weniger konfrontativen Vorgehen überzeugen zu können.

Als die Entscheidung gegen Assad gefallen war, wurde die katarische Führung zunächst in der Arabi­schen Liga aktiv. In einem aufsehen­erregenden Schritt suspendierte die Liga im November 2011 die Mitglied­schaft Syriens und kündigte kurz danach Wirtschaftssanktionen an.126 Doch erst als der Aufstand im Früh­jahr 2012 zum Bürgerkrieg eskalierte und sämtliche Hoffnungen auf eine friedliche Beilegung des Kon­flikts schwanden, beschloss Doha, bewaffnete Gruppen zu unterstützen.127 Gemeinsam mit der Türkei – die ab 2011 eine ähnliche Strategie verfolgte – setzte die katarische Führung auf Gruppierungen, die der syri­schen Muslimbruderschaft nahestanden, und auf Sala­fis­ten.128 Zum wichtigsten Klienten Dohas und Anka­ras wurden die Ahrar ash-Sham (Die Freien Männer Syriens), eine islamistisch-salafistische Gruppierung, die bis 2017 über einen starken jihadistischen Flügel und viel Rückhalt unter Muslimbrüdern verfügte und lange die größte Rebellengruppe des Landes war.129

Umstritten ist, ob Katar auch die jihadistische Nusra-Front (Jabhat an-Nusra) unterstützte, die bis 2016 als syrischer al-Qaida-Ableger operierte. Die Regierung des Emirats leugnet eine solche Beziehung, jedoch sind die Beteuerungen wenig glaubhaft. Dies zeigte sich während mehrerer Geiselkrisen 2013 und 2014, bei denen katarische Offizielle mit der Nusra-Front verhandelten und die Entführten freigelassen wur­den. Das weckte den Verdacht, Doha habe deshalb so guten Zugang gehabt, weil es zu den Unterstützern der Orga­nisation gehöre.130 Viele Quellen gehen von Mil­lio­nen­zahlungen Katars an die Jihadisten aus.131

Mittlerweile gilt ebenfalls als gesichert, dass Katar und Saudi-Arabien im Frühjahr 2015 eine Rebellenkoalition mit Geld und Waffen unterstützten, die sich Armee der Eroberung (Jaish al-Fath) nannte und inner­halb von drei Monaten fast die ganze Provinz Idlib eroberte.132 Da dieses Bündnis von den Ahrar ash-Sham und der Nusra-Front angeführt wurde (und beide Gruppierungen ohnehin routinemäßig und arbeitsteilig zusammenarbeiteten), ist davon auszu­gehen, dass es zumindest bis 2015 eine enge Koope­ra­tion zwischen Katar und der Nusra gab. Der ehema­lige Außenminister und Ministerpräsident Hamad Bin Jassim schien das 2017 indirekt zu bestätigen, als er sagte, es habe »vielleicht« Kontakte zwischen seiner Regierung und der Nusra-Front gegeben, diese seien aber abgebrochen worden.133

Spätestens 2015 soll Katar seine Hilfen für die meisten militanten Islamistengruppen in Syrien und Libyen auf Druck der Obama-Regierung eingestellt haben.134 In Libyen verlor Katar an Bedeutung (auch wenn es weiter die Gegner Khalifa Haftars unterstützte), weil die Türkei zum wichtigsten Unterstützer der Regierung in Tripolis wurde. In Syrien sagte sich die Nusra-Front im Juli 2016 von al-Qaida los und be­mühte sich um Bündnisse mit anderen Rebellengrup­pen. Dabei soll die katarische Führung eine Rolle gespielt haben.135 In den nächsten Jahren versuchte die Nusra-Front – ab Juli 2016 unter dem Namen Eroberungsfront Syriens (Jabhat Fath ash-Sham, JFS) und ab Januar 2017 als Befreiungskomitee Syriens (Hai’at Tahrir ash-Sham, HTS) – sich als gemäßigte Islamistentruppe zu präsentieren, die den Taliban ähnele und auf Terrorismuslisten nichts zu suchen habe.136 Eine solche Mäßigung war schon seit Jahren ein erklärtes Ziel der katarischen Politik, so dass der Verdacht naheliegt, Katar habe an den Entwicklungen einen Anteil gehabt.137 Doch auch in Syrien nahm der Einfluss Dohas nach 2015 zugunsten der Türkei erheb­lich ab. Diese schuf in der syrischen Provinz Idlib nach 2017 ein regelrechtes Protektorat, in dem die Nusra-Front die Rebellenszene dominierte.

Die Grenzen der neuen Politik Katars zeigten sich aber am deutlichsten in Ägypten. Bei den dortigen Protesten, die im Februar 2011 zum Sturz von Macht­haber Hosni Mubarak führten, spielten die Islamisten der Muslimbruderschaft nur eine Nebenrolle, obwohl sie die mit Abstand größte Oppositionsbewegung des Landes waren. In den folgenden Monaten versuchte die ägyptische Militärführung in Gestalt des Obersten Rats der Streitkräfte, den Übergang bis zur Bildung neuer Strukturen zu kontrollieren. Zu diesem Zweck erhielten die Militärs Unterstützung von Saudi-Ara­bien und den VAE. Indes gewann die gut organisierte Muslimbruderschaft die Parlamentswahlen vom Novem­ber 2011 bis Januar 2012 und ihr Kandidat Muhammad Mursi setzte sich bei den Präsidentschafts­wahlen vom Juni 2012 durch. Dass sich die Beziehungen zwischen Riad und Abu Dhabi einerseits und Kairo andererseits nun rapide verschlechterten, nutzte Katar, um selbst einzuspringen und der neuen Regie­rung zu Hilfe zu kommen. In den Jahren 2012 und 2013 wurde Doha zum wichtigsten ausländischen Geld­geber Ägyptens.138

Doch schon am 3. Juli 2013 stürzte das Militär unter Führung von General Abd al-Fattah as-Sisi die Regierung, wobei es von Riad und Abu Dhabi unter­stützt wurde, und übernahm die Macht. Aufflammende Proteste der Islamisten wurden brutal nieder­geschlagen; mehr als tausend Demonstranten starben allein auf dem seither weltbekannten Rabi‘a-al-Adawiya-Platz in Kairo. Zehntausende wurden ver­haftet, darunter Mursi und alle Führer der Muslimbruderschaft, derer die neuen Herrscher habhaft wer­den konnten. Die Muslimbruderschaft selbst wurde verboten und im Dezember 2013 zur terroristischen Organisation erklärt.139

Damit war die regionalpolitische Offensive Katars gescheitert; die Unterstützung für die Muslimbruderschaft blieb trotz allem eine Leitlinie seiner Politik. Dass sich die Position der katarischen Führung seit 2011 nicht grundsätzlich geändert hat, machte Außen­minister Muhammad Bin Abdarrahman Al Thani in einem Interview 2018 deutlich, als er sagte: »Ich bin nicht hier, um die Muslimbruderschaft zu verteidigen. Aber unsere Position ist es, dass jeder, der bereit ist, an einem politischen Prozess, einem demokratischen Prozess offen und transparent teil­zunehmen – gebt ihm eine Chance in dem Prozess und treibt ihn nicht in den Untergrund und lasst ihn Verbrechen begehen.«140

Konkurrent Saudi-Arabiens und Bündnis mit der Türkei

Eine dritte Grundlinie der katarischen Regionalpolitik ist die Konkurrenz zu Saudi-Arabien, die eine direkte Folge des Versuchs ist, sich von dem Nachbarn un­abhängig zu machen und eine regionalpolitische Mittler­position einzunehmen. Saudi-Arabien (und seit einigen Jahren auch die VAE) waren bisher nicht bereit, eine solch eigenständige Politik Katars zu dul­den. Dabei wechseln sich seit 1995 Phasen der Ent­spannung mit denen des offenen Konflikts ab. Höhe­punkt war die Blockade Katars durch Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Bahrain von Mitte 2017 bis Anfang 2021. Obwohl der Konflikt oberflächlich bei­gelegt wurde, haben Riad und seine Verbündeten ihr Ziel – eine vollständige Abkehr Dohas von seiner bisherigen Regionalpolitik – nicht erreichen können. Vielmehr hat Katar vor allem seine Beziehungen zur Türkei vertieft, die eine neue Konstante der Politik Dohas werden könnten.

Schon die Politik Emir Hamads ab Mitte der 1990er Jahre war klar darauf ausgelegt, aus der saudi-arabi­schen Hegemonie über die kleinen Golfstaaten aus­zubrechen. Die Gründung von al-Jazeera war ein Ver­such, eine regionale (Meinungs-)Führungsrolle in Abgrenzung zu Saudi-Arabien zu übernehmen, und wurde von Riad als Provokation aufgefasst. Im Jahr 2002 führte die al-Jazeera-Sendung »Die entgegen­gesetzte Richtung« (al-Ittijah al-mu‘akis) zum offenen Bruch. Ein saudi-arabischer Dissident kritisierte die Friedensinitiative des Königreichs für Israel und Palästina heftig und warf dem damaligen König Fahd Verrat vor.141 Daraufhin zog Saudi-Arabien seinen Botschafter aus Katar ab; es folgte eine fünf Jahre dauernde diplomatische Eiszeit. Erst seit Spätsommer 2007 entspannte sich das Verhältnis zwischen Saudi-Arabien und Katar wieder, 2008 kehrte auch der saudi­sche Botschafter nach Doha zurück. Wahrschein­lich war der sich zuspitzende Konflikt über das iranische Atomprogramm der Grund für die Annäherung: Die katarische Führung befürchtete im Falle eines ameri­ka­nischen oder israelischen Militärschlags Vergeltungs­maßnahmen Teherans gegen Katar; deshalb suchte sie die Nähe Riads.142

Die interventionistische katarische Regionalpolitik der Jahre 2011 bis 2013 löste eine erneute Krise im saudisch-katarischen Verhältnis aus. Es dürften vor allem die Politik Katars gegenüber Ägypten und seine Förderung der Muslimbruderschaft in Libyen, Syrien und Tunesien gewesen sein, die eine Gegenreaktion hervorriefen. Der Staatsstreich des Militärs in Kairo war ein wichtiger Wendepunkt, verdeutlichten Saudi-Arabien und die VAE dem Rivalen doch auf diese Weise, dass er nicht in der Lage war, die Muslimbruder­schaft in Ägypten vor ihren mächtigen Gegnern im Militär, in Riad und in Abu Dhabi zu schützen. Diese Botschaft scheint Katar verstanden zu haben, denn der neue Emir Tamim reagierte versöhnlich und zeigte sich sehr viel kooperativer als sein Vater. Unter ande­rem ratifizierte Katar im August 2013 ein Abkommen zur Inneren Sicherheit der Staaten des Golfkoopera­tionsrats (GKR), das darauf abzielte, bei der Über­wachung interner Gegner stärker zusammenzuarbeiten. Außerdem wurde Qaradawis Sendung »Die Scharia und das Leben« auf al-Jazeera eingestellt, ebenso wie seine Freitagspredigten, in denen er den Staatsstreich in Ägypten kritisiert hatte.143

Tamim suchte eine Aussöhnung mit Saudi-Arabien, doch blieb die Verstimmung über die katarische Poli­tik in Riad groß. Ein Grund dafür war vermutlich die Tatsache, dass Doha aus Kairo geflohenen Anführern der Muslimbruderschaft Zuflucht bot und al-Jazeera die Ereignisse in Ägypten weiterhin sehr kritisch kommentierte.144 Die fortgesetzte Unterstützung der Muslimbruderschaft machte darüber hinaus klar, dass Tamim sich zwar von der aktivistischen und inter­ventionistischen Politik seines Vaters entfernte, an ihren Grundlinien aber festhielt. Saudi-Arabien ver­langte dagegen einen Bruch Tamims mit der Politik seines Vaters und schien darauf zu hoffen, dass der junge und unerfahrene Emir sich dem Druck beugen würde. Tatsächlich konnte König Abdallah bei einem Treffen mit Emir Tamim in Riad im November 2013 wichtige Forderungen durchsetzen. In einer Über­einkunft – die nach Beginn der Katar-Blockade 2017 an CNN durchgestochen und von dem Sender ver­öffentlicht wurde – verpflichtete sich die katarische Führung, auf die politische und finanzielle Unterstützung von islamistischen Gruppierungen im All­gemeinen und der Muslimbruderschaft im Besonderen zu verzichten.145

Aus Sicht der Führung in Riad und ihrer Verbündeten hielt sich Katar jedoch nicht an die Vereinbarung, so dass im März 2014 Saudi-Arabien, die VAE, Bahrain und kurz darauf auch Ägypten ihre Bot­schafter aus Doha abzogen. Die katarische Führung beschimpfte Präsident Sisi als »arabischen Diktator alten Stils«, der seine eigenen Leute töte, worauf die Ägypter Katar vorwarfen, »Terroristen« zu unterstützen.146 Die Golfstaaten veröffentlichten Listen ter­ro­ristischer Organisationen, die jeweils die ägyptische Muslimbruderschaft sowie viele Gruppierungen aus ihrem Umfeld aufführten, die von Katar Hilfen er­hiel­ten oder erhalten hatten. Unter diesem Druck lenkte Katar wiederum ein und forderte die wichtigsten Führungspersönlichkeiten der ägyptischen Muslimbruderschaft in Katar auf, das Land zu verlassen.147 Daraufhin ebbte der Konflikt ab und im November kehrten die Botschafter wieder nach Doha zurück, nachdem ein weiteres Abkommen geschlossen worden war, in dem Katar unter anderem zusagte, al‑Jazeera daran zu hindern, der ägyptischen Opposi­tion ein Forum zu bieten.148

Wieder sandte Tamim im Anschluss an die Krise Entspannungssignale an Riad, zum Beispiel indem er im Syrien-Konflikt eng mit der saudi-arabischen Führung kooperierte und gemeinsam mit ihr die Jaish-al-Fath-Offensive in Idlib im Frühjahr 2015 mög­lich machte. Zudem entsandte Katar im September 2015 1.000 Soldaten in das Königreich, wo sie die saudi-arabische Grenze vor Angriffen der Huthi-Rebellen schützen sollten. Zusätzlich flog die katarische Luft­waffe einige Angriffe auf die Huthis.149 Doch hatte sich die Situation durch den Thronwechsel in Saudi-Arabien verändert: Im Januar 2015 war König Salman auf seinen verstorbenen Bruder Abdallah gefolgt, sein Sohn Mohammed Bin Salman wurde zum Verteidigungsminister und stellvertretenden Kronprinzen er­nannt. Dieser baute seine Macht planmäßig und rück­sichts­los aus, bis er im Juni 2017 Kronprinz wurde. Gleichzeitig setzte er gemeinsam mit dem starken Mann der VAE, dem damaligen Kronprinzen von Abu Dhabi Mohammed Bin Zayed Al Nahayan, auf eine aggressive antiiranische und antiislamistische Strate­gie und nahm den Nachbarn Katar ins Visier. Beide waren nicht mehr bereit, die eigenständige Außen­politik des Nachbarn zu dulden, und begannen mit den Planungen für die Blockade.

Anlass für die Eskalation der Spannungen war eine Geiselkrise im Irak, die sich bis nach Syrien auswirkte. Im April 2017 wurden katarische Geiseln, unter ihnen Angehörige der Herrscherfamilie, freigelassen, die auf einem Jagdausflug im Südirak Ende 2015 entführt worden waren. Bei den Geiselnehmern handelte es sich um die iranloyale irakische Schiitenmiliz Hisbollah-Bataillone (Kata’ib Hizbullah). Die Freilassung war Teil eines größeren Dreiecksgeschäfts, bei dem die ira­nischen Revolutionsgarden Regie führten und einen wichtigen Erfolg verbuchen konnten. Es umfasste das Vier-Städte-Abkommen in Syrien, bei dem die sun­ni­tischen Bewohner zweier Orte zwischen Damaskus und der libanesischen Grenze evakuiert wurden, damit dort die libanesische Hisbollah nach langer Belagerung die Kontrolle übernehmen konnte. Dies war für Iran relevant, weil von dieser Gegend aus seit den 1980er Jahren die Waffen für die Hisbollah in den Libanon gebracht werden. Außerdem wurden die schi­itischen Bewohner zweier Dörfer im Süden der Provinz Idlib evakuiert, die von den Rebellengruppen Jabhat an-Nusra und Ahrar ash-Sham eingeschlossen waren.

Zu dem Deal gehörten aber auch zwei- und drei­stellige Millionenzahlungen an die Hisbollah-Batail­lone im Irak, an die libanesische Hisbollah, die syri­sche Nusra-Front und die Ahrar ash-Sham.150 Dass Iran, irantreue schiitische Milizen und sunnitische Terroristen als Gewinner aus der Affäre hervorgingen, führte dazu, dass sich die in Abu Dhabi und Riad über Jahre angestaute Wut auf Doha entlud.

Am 5. Juni 2017 kappten Saudi-Arabien, die VAE, Ägypten und Bahrain sämtliche Beziehungen zu Katar und verhängten eine Blockade, indem sie die Land-, Luft- und Seegrenzen zu dem Nachbarstaat schlossen. Bis auf Ägypten forderten die Staaten zu­dem ihre Bürger auf, das Emirat zu verlassen, und zwangen ihrerseits Kataris zur Ausreise. Am 22. Juni veröffentlichten die Blockadestaaten ein Ultimatum, in dem sie Katar nur zehn Tage Zeit gaben, eine Liste von 13 Forderungen zu erfüllen: Doha sollte den Fernsehsender al-Jazeera schließen, alle Beziehungen zu islamistischen Organisationen aufkündigen und detaillierte Informationen zu seinen Zahlungen an arabische Oppositionelle liefern. Überdies sollte es die (kleine) türkische Militärbasis auf seinem Territorium schließen und seine diplomatischen Beziehungen zu Iran herabstufen. Die Blockadestaaten verlangten, dass Katar sich politisch und wirtschaftlich an der Politik der Nachbarn im GKR orientiere und darüber hinaus akzeptiere, dass regelmäßig überprüft werde, ob diese Forderungen umgesetzt würden.151 Diese waren indes so weitgehend, dass Doha nicht einwilligen konnte. Emir Tamim sagte in einem Interview im Oktober, die Forderungen kämen derjenigen nach einem Ende der staatlichen Unabhängigkeit Katars gleich und würden nicht erfüllt.152

Die Konsequenzen waren gravierend, denn die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bindungen Katars an seine Nachbarstaaten sind eng. Über die Landgrenze mit Saudi-Arabien importierte es im Jahr 2017 noch rund 40 Prozent seiner Lebensmittel.153 Doch schon innerhalb weniger Wochen hatte die kata­rische Führung große Teile des Außenhandels des Emirats neu organisiert und die anfängliche Versorgungskrise überwunden. Dabei kam ihr zugute, dass der 7 Milliarden US-Dollar teure neue Containerhafen Hamad Port, obgleich noch nicht offiziell eröffnet, bereits ab Dezember 2016 genutzt wurde. Nun konn­ten auch große Frachtschiffe Doha direkt anlaufen, statt wie bis dahin in Jebel Ali in den VAE oder ande­ren großen Häfen zu entladen und die Waren an­schließend auf kleineren Schiffen nach Doha zu trans­portieren.154 Die Fluggesellschaft Qatar Airways er­höhte die Zahl ihrer Frachtflüge und bestellte neue Flugzeuge; der Luftfrachtterminal in Doha war ganz neu und groß genug. Lebensmittel kamen nun vor allem aus Iran und der Türkei, andere Güter aus aller Welt.

Während in den ersten Tagen die teure Luftfracht dominierte, kamen die meisten Lieferungen schon Ende Juni wieder per Schiff ins Land. Schätzungen zu­folge subventionierte die Regierung die kommer­zielle Umorientierung mit 38 Milliarden US-Dollar allein in den ersten drei Monaten.155 Da der katarische Staats­fonds damals auf etwa 340 Milliarden Dollar geschätzt wurde, konnte sich Doha sicher sein, die Blockade lange durchhalten zu können.156

Katar hat in der Türkei eine neue regionale Schutzmacht gefunden – für Saudi-Arabien und die VAE eine Provokation.

In der Krise zeigte sich, dass die Beziehungen Katars zu Iran und zur Türkei überlebenswichtig waren. Doha baute diese ab 2017 weiter aus. Iran lieferte nicht nur sofort nach Beginn der Blockade Lebens­mittel, son­dern stellte auch längerfristig Häfen zur Verfügung und öffnete seinen Luftraum für zahl­reiche Flüge von und nach Doha – der letzte freie Luftkorridor für Katar. In Anerkennung der iranischen Hilfe stellte die katarische Führung volle diplomatische Beziehungen wieder her; seit Angriffen auf die saudi-arabische Bot­schaft in Teheran im Januar 2016 waren sie aus Soli­da­rität mit Riad herabgestuft.157

Noch folgenreicher war die Annäherung Katars an die Türkei infolge der Blockade. Doha und Ankara arbeiteten damals schon länger bei der Unterstützung ihrer Verbündeten in Libyen und Syrien zusammen und pflegten beide ein enges Verhältnis zur Muslimbruderschaft. Nun intensivierten sich die Beziehungen zwischen Katar und der Türkei und beschränkten sich nicht mehr nur auf den raschen Ausbau des Han­dels. Besonders wichtig war die Aufstockung der türkischen Militärpräsenz – bereits seit 2014 unterhielt die Türkei eine kleine Militärbasis in dem Emirat. Am 7. Juni 2017 ratifizierte das türkische Parlament zwei Ab­kom­men, die schon vor Beginn der Blockade ge­schlos­sen worden waren und vorsahen, die militärische Zusam­menarbeit auszuweiten und weitere türki­sche Trup­pen in Katar zu stationieren.158 Die Zahl türki­scher Soldaten dort wuchs bis 2019 auf mehr als 1.500 an, verteilt auf nunmehr zwei Basen.159 Allein die Tat­sache ihrer Präsenz auf kata­rischem Boden illustriert, wie eng die Beziehungen zwischen Doha und Ankara schon 2017 waren – und bis heute sind. Die Türkei ist zur neuen Schutzmacht Katars geworden, das dem Partner mit großzügiger finanzieller Unterstützung dankt. Für Saudi-Arabien und die VAE war und ist diese Allianz eine Provokation, denn Riad und Abu Dhabi sehen in der Türkei ebenso wie in Katar einen wichtigen regionalpolitischen Kon­kur­renten.

Da die Herabstufung der diplomatischen Beziehun­gen zu Iran und die Schließung der (anfangs nur einen) türkischen Basis zu den Forderungen der Blockadestaaten gehört hat­ten, war es ein deutliches Indiz für das Scheitern der Aktion, dass Katar stattdessen seine Beziehungen zu Iran und der Türkei vertiefte. Das Emirat nutzte die Blockade, um wirtschaftlich und poli­tisch noch ein­mal unabhängiger von Saudi-Ara­bien und den VAE zu werden. Schon 2019 suchten Riad und Abu Dhabi nach einem Ausweg aus der Krise und Riad begann Gespräche mit dem Nachbarn. Gründe dürften der eigene Misserfolg, der anhaltende Konflikt über das iranische Atomprogramm und – ab Novem­ber 2020 – die saudi-arabien-kritische Position des neuen US-Präsi­denten Joe Biden gewesen sein. Auf dem Gipfel­treffen des GKR im saudi-arabischen al-Ula im Januar 2021 wurde der Konflikt auf Initiative Riads beigelegt und die Blockade beendet.160 Im Laufe des Jahres tauschten Riad und Doha Botschafter aus und grün­deten einen bilateralen Kooperationsrat.161 Es han­delte sich um einen Punktsieg für Katar, denn es gab keine Hinweise, dass Doha irgendeine der Forde­rungen von 2017 erfüllen musste. Doch die Differenzen waren und sind bis heute nicht ausgeräumt. Folg­lich ist davon auszugehen, dass die Nachbarn Katar wei­ter­hin nicht als verlässlichen politischen Partner ansehen und der Konflikt wieder ausbrechen kann, wenn sich die politische Situation verändert.

Empfehlungen für die deutsche Politik

Die zunehmende Bedeutung Katars am Persischen Golf, im Nahen Osten und vereinzelt auch in der Weltpolitik macht das Emirat zu einem attraktiven Partner für Deutschland und Europa:

  • Katar ist zuvorderst ein wichtiger energiepolitischer Partner, denn aufgrund seiner enormen Gas­reserven und seiner Flexibilität bei Lieferungen (dank der Konzentration auf LNG) ist es eines der wenigen Länder, die Lücken in der Gasversorgung Europas zumindest mittelfristig füllen können. Außerdem ist Katar ein verlässlicher Lieferant, der großes Interesse an engeren Energiebeziehungen zu Deutschland und Europa hat. Es war ein schwer­wiegender Fehler deutscher Politik, nicht viel frü­her auf katarisches Gas zu setzen; wäre das geschehen, hätte sie eine zu große Abhängigkeit von Russland vermeiden können. Dieses Versäumnis sollte durch langfristige Bestellungen katarischen Gases korrigiert werden.

  • Auch sicherheitspolitisch ist Katar ein potentieller Partner, weil es durch seine enge Bindung an die USA und die Aufwertung zum major non-Nato ally indirekt ebenfalls mit Deutschland verbündet ist. In den letzten Jahren beschränkte sich dessen sicherheitspolitische Rolle in Katar weitestgehend darauf, Waffensysteme wie den Leopard 2 A7+ und die Panzerhaubitze PzH 2000 (deren Export 2012 genehmigt wurde) zu liefern. Deutschland hat ebenso wie seine Verbündeten ein Interesse am Fortbestand Katars als unabhängiger Staat und sollte – sofern der Wunsch besteht – auch in Zu­kunft Waffen dorthin exportieren.

  • Katars »Soft Power«-Politik betrifft die Bundes­repub­lik vor allem insofern, als seine neue Prominenz hierzulande auf oft besonders heftige und grundsätzliche Kritik stößt, bis hin zu der Forderung, die Fußballwelt­meister­schaft zu boykottieren. Sieht man von dem berechtigten Ärger von Fußballpuristen über ein solches Turnier in einem Land ohne Fußballtradition ab, sind die Gründe für diese Kritik oft nicht nachzuvollziehen: Zwar ist Katar ein autoritärer Staat, aber nach innen freundlicher und nach außen deutlich kooperativer und friedfertiger als fast alle seine Nachbarn. Darauf sollte die deutsche Politik offensiver hinweisen und sich selbstbewusst zu intensiven Bezie­hungen zu dem Emirat bekennen.

In der Regionalpolitik könnte Katar ebenfalls ein bedeutender Partner sein, doch haben Deutschland und die Europäische Union dort seit 2011 stark an Einfluss verloren. In Katar selbst gelten Großbritannien und Frankreich als wichtige Verbündete, während Deutschland fast nur als Wirtschaftsnation wahr­genommen wird. Faktisch hat die Bundesrepublik den Verlust ihres (auch in der Vergangenheit begrenzten) Einflusses im Nahen Osten im letzten Jahrzehnt weit­gehend passiv hingenommen – es gibt in der deut­schen Politik nicht einmal eine Debatte über die künf­tige Politik gegenüber der Region. Das ist ein Fehler, denn Konflikte dort haben unmittelbare Auswir­kun­gen auf Europa (Stichworte: Flüchtlinge, Terroris­mus, nukleare Proliferation). Wenn es tatsächlich eine sicherheitspolitische »Zeitenwende« geben soll, muss Deutschland sich auch auf die aus dem Nahen Osten drohenden Gefahren einstellen. Dazu gehört, dass Deutschland und Europa prowestliche Verbündete benötigen, zu denen Katar zählt:

  • Katar ist als Vermittler in der Regionalpolitik in­zwischen schwer zu ersetzen. Die Bundesrepublik hat das in den vergangenen Jahren bereits mehrfach anerkannt – beispielsweise als sie an Gesprächen mit den Taliban teilnahm. Die Bundesregierung sollte auch künftig die guten Beziehungen Katars zu den problematischeren Akteuren der Regionalpolitik nutzen. Bis auf Weiteres sollte sie sich aber bewusst sein, dass das deutsche wie das europäische regionalpolitische Gewicht sehr gering sind – so dass sie wann immer möglich gemeinsam mit den USA handeln sollte.

  • Katars gutes Verhältnis zur Muslimbruderschaft ist heute nicht mehr so relevant wie noch vor wenigen Jahren, weil die Organisation ihren politischen Einfluss in Ägypten, Tunesien, Libyen und Syrien weitgehend eingebüßt hat. Katar scheint aber dar­auf zu setzen, dass sie künftig noch einmal eine Rolle in der Regionalpolitik spielen wird – und da­mit würden seine Kontakte auch für die deutsche und die europäische Politik wichtig. Ob dies der Fall sein wird, wird sich erst in den nächsten Jah­ren und Jahrzehnten zeigen.

  • Problematisch ist vor allem, dass Katar ebenfalls die Muslimbruderschaft in Europa mit Geld unterstützt, obwohl diese in Deutschland und anderen Staaten als extremistische – wenn auch nicht als terroristische – Organisation gilt. Katar sollte auf­gefordert werden, diese Finanzierung zu unter­lassen (und Deutschland eine härtere Linie gegenüber den Islamisten im Inland einschlagen).

  • Schließlich sollte die deutsche Politik Doha auf die Gefahren hinweisen, die verbunden sind mit einer zu engen Zusammenarbeit mit militanten Islamisten wie dem HTS in Syrien oder den Taliban in Afghanistan. Das Bewusstsein für die von diesen Gruppierungen ausgehenden Gefahren scheint in Katar unterentwickelt zu sein. Sympathien für sie sind in der politischen Elite in Doha immer noch verbreitet.

Abkürzungen

CEO

Chief Executive Officer

CRS

Congressional Research Service

EU

Europäische Union

FIFA

Fédération Internationale de Football Association

GCC

Gulf Cooperation Council

GKR

Golfkooperationsrat

HTS

Hai’at Tahrir ash-Sham (Befreiungskomitee Syriens)

IS

Islamischer Staat

JFS

Jabhat Fath ash-Sham (Eroberungsfront Syriens)

LNG

Liquefied Natural Gas (verflüssigtes Gas)

LSE

London School of Economics

MEED

Middle East Economic Digest

Nato

North Atlantic Treaty Organization

OPEC

Organization of the Petroleum Exporting Countries (Organisation erdölexportierender Länder)

PLO

Palestine Liberation Organization (Palästinensische Befreiungsorganisation)

PM

Prime Minister

UAE

United Arab Emirates

UN

United Nations (Vereinte Nationen)

VAE

Vereinigte Arabische Emirate

Literaturhinweise

Guido Steinberg

Regionalmacht Vereinigte Arabische Emirate. Abu Dhabi tritt aus dem Schatten Saudi-Arabiens

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 2/2020)

Guido Steinberg

Krieg am Golf. Wie der Machtkampf zwischen Iran und Saudi-Arabien die Weltsicherheit bedroht

München: Droemer, 2020

Endnoten

1

Rod Nordland, »In Surprise, Emir of Qatar Plans to Ab­dicate, Handing Power to Son«, in: The New York Times, 24.6.2013, <https://www.nytimes.com/2013/06/25/world/ middleeast/qatar-transfer-of-power.html>; Christopher Dickey, »Qatar’s Succession Drama«, The Daily Beast, 25.6.2013 (aktualisiert 11.7.2017), <https://www.thedailybeast.com/ qatars-succession-drama>.

2

Kristian Coates Ulrichsen, »Foreign Policy: Discourse, Tools, and Implications«, in: Mahjoob Zweiri/Farah Al Qawasmi (Hg.), Contemporary Qatar. Examining State and Society, Singapur: Springer, 2021 (Gulf Studies, Bd. 4), S. 59–71 (65f).

3

 Nordland, »In Surprise, Emir of Qatar Plans to Abdicate« [wie Fn. 1].

4

 Joseph A. Kéchichian, Power and Succession in Arab Monarchies. A Reference Guide, Boulder/London: Lynne Rienner Pub­lishers, 2008, S. 210.

5

 Vgl. z. B. Dickey, »Qatar’s Succession Drama« [wie Fn. 1].

6

 Kristian Coates Ulrichsen, »The Return of Qatari Media­tion«, Baker Institute Blog, 1.8.2014, <https://blog.baker institute.org/2014/08/01/the-return-of-qatari-mediation/>.

7

 Diese These äußerte beispielsweise der emiratische Bot­schafter in den USA, Yousef al-Otaiba, der zu den schärfsten Kritikern Katars gehört. Vgl. Kathy Gilsinan/Jeffrey Goldberg, »Emirati Ambassador: Qatar Is a Destructive Force in the Region«, in: The Atlantic, 28.8.2017, <https://www.theatlantic. com/international/archive/2017/08/yousef-al-otaiba-qatar-gcc/538206/>.

8

 Rob Nordland, »Qatar’s Emir Names New Cabinet and Premier«, in: The New York Times, 27.6.2013, <https://www.ny times.com/2013/06/28/world/middleeast/qatar-names-new-cabinet.html?searchResultPosition=1>.

9

 Zu Beispielen der Poster vgl. »Qatar: Beyond the Blockade. Featured Documentary«, Al Jazeera English, 15.2.2018, <https:// www.youtube.com/watch?v=Dc6n31wIuHI>, bis Minute 4:00 und Minute 19:00.

10

 Betul Dogan-Akkas/Gilla Camden, The Political Culture in Qatar: Beyond the Rentier State, Alsharq Forum, 13.4.2020, <https://research.sharqforum.org/download/14862/>.

11

 Ulrichsen, »Foreign Policy: Discourse, Tools, and Impli­cations« [wie Fn. 2], S. 67. Zu einer besonders kritischen Darstellung vgl. Elizabeth Dickinson, »The Case against Qatar«, in: Foreign Policy, 30.9.2014, <https://foreignpolicy. com/2014/09/30/the-case-against-qatar/>.

12

 Ulrichsen, »Foreign Policy: Discourse, Tools, and Impli­cations« [wie Fn. 2], S. 67. Zu den Beauftragten im Detail vgl. auch Kristian Coates Ulrichsen, Qatar and the Gulf Crisis, London: Hurst Publishers, 2020, S. 192–196.

13

 Vgl. z. B. Allen J. Fromherz, Qatar. A Modern History, London: I. B. Tauris, 2012, S. 33, 67f und 73f.

14

 Ulrichsen, Qatar and the Gulf Crisis [wie Fn. 12], S. 29f.

15

 Zur ägyptischen Beteiligung vgl. »Qatar 1996 Coup Plot: New Details Reveal Saudi-UAE Backing«, Al Jazeera English, 19.12.2018, <https://www.youtube.com/watch?v=Ig2 wsUhIgVc>.

16

 »Royal jigsaw in Qatar«, in: The Economist, 29.7.1999, <https://www.economist.com/international/1999/07/29/royal-jigsaw-in-qatar>.

17

 Vgl. z. B. Simon Henderson, Qatar without Tamim, Washing­ton, D. C.: The Washington Institute for Near East Policy, Juni 2020 (Policy Note 83), S. 11, <https://www. washingtoninstitute.org/policy-analysis/qatar-without-tamim-sudden-succession-essay-series>. Zu den Plänen aus katari­scher Sicht vgl. die kurze Fassung in: »Qatar 1996 Coup Plot« [wie Fn. 15]. Besonders ausführlich (und bildreich) ist die Darstellung in diesem Video, in dem auch der französische Söldnerführer Paul Barril ausgiebig zu Wort kommt: »Das Versteckte ist größer: ›Der französische Rambo‹ enthüllt das Verborgene … Wie unterstützten Golfstaaten den Staatsstreich von 1996?« (arabisch), Al Jazeera, o. D. [2018], <https:// www.youtube.com/watch?v=OvF9zgDa2Tg>. Das emiratische Außenministerium leugnete diese Informationen und be­zich­tigte Barril der Lüge: »Gargash bezichtigt einen franzö­sischen ›Söldner‹ der Lüge, der die Emirate mit dem Putsch­versuch in Katar 1996 in Verbindung brachte« (arabisch), CNN Arabic, 17.12.2018, <https://arabic.cnn.com/middle-east/ article/2018/12/17/gargash-opaul-barrel-qatar-uae>.

18

 »Qatar 1996 Coup Plot« [wie Fn. 15].

19

 »Life Sentences for Qatari Coup Plotters«, BBC News, 29.2.2000, <http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/660887. stm>. Später wurden Beteiligte an diesem Putschversuch und einem folgenden vom Oktober 1996 begnadigt. Hamad Bin Jassim kam 2008 frei.

20

 Mehran Kamrava, »Royal Factionalism and Political Liberalization in Qatar«, in: Middle East Journal, 83 (2009) 3, S. 401–420 (403). Zur Rücknahme der Anweisung vgl. Fromherz, Qatar. A Modern History [wie Fn. 13], S. 74.

21

 Tamim sagte: »Es ist … so offensichtlich. Die Geschichte sagt uns, lehrt uns, dass sie das schon früher versucht haben, 1996, als mein Vater Emir wurde. So, und sie haben es auch in den letzten Wochen so offensichtlich gemacht.« Charlie Rose, »Qatar’s Emir Stands Defiant in Face of Blockade«, CBS News, 29.10.2017, <https://www.cbsnews.com/ news/qatars-emir-stands-defiant-in-face-of-blockade/>.

22

 Zu diesem Aspekt vgl. im Kapitel »Verbündeter der USA« Seite 16f.

23

 Henderson, Qatar without Tamim [wie Fn. 17], S. 6. Die Zahlen könnten höher liegen. Fromherz spricht schon für die 1980er Jahre von 20.000 Familienmitgliedern und einem anschließenden Zuwachs. Vgl. Fromherz, Qatar. A Modern History [wie Fn. 13], S. 138.

24

 Kamrava, »Royal Factionalism and Political Liberaliza­tion in Qatar« [wie Fn. 20], S. 414.

25

 Henderson, Qatar without Tamim [wie Fn. 17], S. 10.

26

 Khaled M. Batarfi, »Sept. 15 – The Failed Plot«, in: Saudi Gazette, 18.9.2017, <https://saudigazette.com.sa/article/517 497/Opinion/OP-ED/Saudi-Arabia>.

27

 Callum Paton, »Who Is Sheikh Abdullah bin Ali al‑Thani, the Qatari Royal Held ›Prisoner‹ in the UAE?«, in: Newsweek, 15.1.2018, <https://www.newsweek.com/who-sheikh-abdullah-bin-ali-al-thani-qatari-royal-held-prisoner-uae-781399>.

28

 Genannt wurden beispielsweise Sultan Bin Suhaim, ein Cousin Emir Hamads, der nach 1972 als erster Außen­minister Katars amtierte, und sogar Abdalaziz Bin Khalifa, ein Bruder Emir Hamads. Vgl. Henderson, Qatar without Tamim [wie Fn. 17], S. 10.

29

 Bei LNG handelt es sich um Erdgas, das in einem seit Ende der 1960er Jahre angewandten und sehr energie­aufwen­digen Verfahren in großen Anlagen so weit gekühlt wird, bis es sich verflüssigt. Anschließend wird es in Spezial­schiffe gepumpt und am Zielhafen wiederum in einer Regasi­fizierungsanlage in den ursprünglichen gasförmigen Zustand versetzt und über Pipelines an den Bestimmungsort verbracht.

30

 Vgl. z. B. Justin Dargin, »Qatar’s Natural Gas: The Foreign-Policy Driver«, in: Middle East Policy, 14 (2007) 3, S. 136–142 (142), <https://onlinelibrary.wiley.com/doi/ epdf/10.1111/j.1475-4967.2007.00318.x>.

31

 Rory Miller, »Qatar, Energy Security, and Strategic Vision in a Small State«, in: Journal of Arabian Studies, 10 (2020) 1, S. 122–138 (125).

32

 Dargin, »Qatar’s Natural Gas: The Foreign-Policy Driver« [wie Fn. 30], S. 141.

33

 Nikolay Kozhanov, »Navigating Troubled Waters: Geo­politics of Qatar Natural Gas in the Age of Shale Revolution and COVID Pandemic«, in: Zweiri/Al Qawasmi (Hg.), Contemporary Qatar [wie Fn. 2], S. 171–193 (179).

34

 Ebd., S. 177.

35

 2014 nahmen asiatische Staaten zwei Drittel des kata­rischen Gases ab. Vgl. Stanley Reed, »Liquefied Natural Gas Makes Qatar an Energy Giant«, in: The New York Times, 5.8.2015, <https://www.nytimes.com/2015/08/06/business/energy-environ ment/liquefied-natural-gas-makes-qatar-an-energy-giant.html>.

36

 Zu einer Liste der Abnehmerländer im Jahr 2020 vgl. Miller, »Qatar, Energy Security, and Strategic Vision in a Small State« [wie Fn. 31], S. 133.

37

 Kozhanov, »Navigating Troubled Waters« [wie Fn. 33], S. 180.

38

 Vgl. z. B. David B. Roberts, Qatar Coming to Grips with New Realities of Global Energy Markets, Washington, D. C.: The Arab Gulf States Institute in Washington, 2015 (Issue Paper 8), S. 11, <https://agsiw.org/wp-content/uploads/2015/11/Roberts_ Qatar-LNG_2.pdf>; Kozhanov, »Navigating Troubled Waters« [wie Fn. 33], S. 180.

39

 Ausgelöst wurden die hohen Exporte vor allem durch die rasant wachsende Nachfrage in Europa. Vgl. U. S. Energy Information Administration, »The United States Became the World’s Largest LNG Exporter in the First Half of 2022«, Washington, D. C., 25.7.2022, <https://www.eia.gov/todayin energy/detail.php?id=53159>.

40

 Kozhanov, »Navigating Troubled Waters« [wie Fn. 33], S. 182f.

41

 »Qatar Lifts Development Moratorium on World’s Biggest Gas Field«, in: The National (Abu Dhabi), 3.4.2017, <https://www.thenationalnews.com/business/qatar-lifts-devel opment-moratorium-on-world-s-biggest-gas-field-1.77097>.

42

 Kozhanov, »Navigating Troubled Waters« [wie Fn. 33], S. 187.

43

 Stanley Reed, »Qatar to Ramp Up Gas Production Amid Feud With Arab Neighbors«, in: The New York Times, 4.7.2017, <https://www.nytimes.com/2017/07/04/business/energy-environment/qatar-gas-lng-saudi-blockade.html>.

44

 Justin Dargin, »Crossing the Rubicon: Qatar’s Journey to Natural Gas Dominance«, Doha: Al Jazeera Centre for Studies, 14.11.2021, <https://studies.aljazeera.net/en/analyses/crossing- rubicon-qatar%E2%80%99s-journey-natural-gas-dominance>.

45

 Miller, »Qatar, Energy Security, and Strategic Vision in a Small State« [wie Fn. 31], S. 134.

46

 Der katarische Energieminister Muhammad as-Sada sagte beispielsweise im September 2017: »During this block­ade we have never missed a single shipment of oil or gas to any of our consumer partners.« Zitiert nach: Anthony Di Paola, »Qatar Says It’s Fulfilling Oil and Gas Deals Despite Gulf Crisis«, Bloomberg, 13.9.2017.

47

 Miller, »Qatar, Energy Security, and Strategic Vision in a Small State« [wie Fn. 31], S. 134.

48

 Kenneth Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy, Washington, D. C.: Congressional Research Service (CRS), 11.4.2022 (R44533), S. 2, <https://crsreports.congress.gov/ product/pdf/R/R44533>. Im letzten Jahrzehnt schwankte die Produktion meist zwischen 600.000 und 700.000 Barrel pro Tag. Vgl. Di Paola, »Qatar Says It’s Fulfilling Oil and Gas Deals Despite Gulf Crisis« [wie Fn. 46].

49

Kristian Coates Ulrichsen, »Why Is Qatar Leaving OPEC?«, in: The New York Times, 10.12.2018, <https://www.nytimes. com/2018/12/10/opinion/qatar-leaving-opec-saudi-arabia-blockade-failure.html?searchResultPosition=4>.

50

 In Europa stiegen die Preise bis Juli um das Siebenfache, in Asien um das Dreifache. Vgl. Gerson Freitas Jr/Stephen Stapczynski/Anna Shiryaevskaya, »Natural Gas Soars 700%, Becoming Driving Force in the New Cold War«, Bloomberg, 5.7.2022, <https://www.bloomberg.com/news/articles/2022-07-05/the-global-energy-crisis-just-got-even-worse-here-s-why?sref=N7ngA6uG>.

51

 Indrajit Sen, »Qatar Looks to Extend a Helping Hand to Europe«, in: MEED Business Review, 7 (2022) 3, S. 18f.

52

 Vgl. z. B. Kozhanov, »Navigating Troubled Waters« [wie Fn. 33], S. 188.

53

 Im November 1990 verkündeten Katar und Iran, dass sie bis 1994 ein gemeinsames Projekt zur Ausbeutung des Gas­felds starten würden. Vgl. »Iran–Qatar Gas Field«, in: The New York Times, 14.11.1990, S. 11, <https://www.nytimes.com/ 1990/11/14/business/iran-qatar-gas-field.html>.

54

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48].

55

 Ebd., S. 14. Die Basis wurde im Juni 2021 geschlossen, im August aber wieder eröffnet, um aus Afghanistan evaku­ierte Personen zeitweilig aufzunehmen.

56

 Christopher M. Blanchard, Qatar: Background and U. S. Relations, Washington, D. C.: CRS, 4.11.2014 (RL31718), S. 10, <https://sgp.fas.org/crs/mideast/RL31718.pdf>. Im Jahr 1996 verfügte Katar über sechs Alpha-Jets und fünf Mirage; erst im Jahr 1997 wurden 12 neue fran­zösische Mirage-Kampf­flugzeuge geliefert, die seitdem das Rückgrat der katarischen Luftwaffe bildeten. Vgl. »Middle East and North Africa«, in: The Military Balance, 97 (1997) 1, S. 115–144 (120 und 139).

57

 Die Kosten für Ausbau und Unterhalt der Basis wurden zu einem Großteil von katarischer Seite getragen. Vgl. Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 13f.

58

 Zu diesen Beziehungen vgl. Guido Steinberg, Regionalmacht Vereinigte Arabische Emirate. Abu Dhabi tritt aus dem Schatten Saudi-Arabiens, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 2/2020), S. 15f, <https:// www.swp-berlin.org/publications/products/studien/2020 S02_sbg.pdf>.

59

 Trump schrieb: »During my recent trip to the Middle East I stated that there can no longer be funding of Radical Ideology. Leaders pointed to Qatar – look!« Zitiert nach: Declan Walsh, »Tiny, Wealthy Qatar Goes Its Own Way, and Pays for It«, in: The New York Times, 22.1.2018, <https://www. nytimes.com/2018/01/22/world/middleeast/qatar-saudi-emir-boycott.html?action=click&module=RelatedLinks&pgtype=Article>.

60

 Alex Emmons, »Saudi Arabia Planned to Invade Qatar Last Summer. Rex Tillerson’s Efforts to Stop It May Have Cost Him His Job«, in: The Intercept, 1.8.2018, <https://theintercept. com/2018/08/01/rex-tillerson-qatar-saudi-uae/>.

61

 Declan Walsh, »Trump’s Bid to End Saudi-Qatar Stale­mate Ends in Recriminations«, in: The New York Times, 9.9.2017, <https://www.nytimes.com/2017/09/09/world/middleeast/trump-qatar-saudi-arabia.html>. Zu den Bemühungen Tillersons vgl. Jason Zengerle, »Rex Tillerson and the Unraveling of the State Department«, in: The New York Times Magazine, 17.10.2017, <https://www.nytimes.com/2017/10/17/magazine/rex-tillerson-and-the-unraveling-of-the-state-department.html>.

62

 Peter Baker, »Trump Now Sees Qatar as an Ally against Terrorism«, in: The New York Times, 10.4.2018, <https://www. nytimes.com/2018/04/10/world/middleeast/trump-qatar-terrorism.html>.

63

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 14f.

64

 Zachary Keck, »Why Is Qatar Building a Massive Air Force?«, in: The National Interest, 29.9.2017, <https://national interest.org/blog/the-buzz/why-qatar-building-massive-air-force-22541>.

65

 Gardiner Harris, »Tillerson Tries Shuttle Diplomacy in Qatar Dispute«, in: The New York Times, 11.7.2017, <https:// www.nytimes.com/2017/07/11/world/middleeast/tillerson-qatar-mideast.html?action=click&module=RelatedCoverage &pgtype=Article&region=Footer>.

66

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 12.

67

 Ulrichsen, Qatar and the Gulf Crisis [wie Fn. 12], S. 215f.

68

 Vgl. z. B. folgenden Beitrag des VAE-Botschafters in den USA: Yousef Al Otaiba, »Qatar Cannot Have It Both Ways«, in: Wall Street Journal, 12.6.2017, <https://www.wsj.com/ articles/qatar-cannot-have-it-both-ways-1497307260>. Vgl. auch Simon Henderson, »White House Meeting with Emir of Qatar Holds Potential for Deal, or Two«, The Hill, 8.4.2018, <https://thehill.com/opinion/international/382025-white-house-meeting-with-emir-of-qatar-holds-potential-for-deal>.

69

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 14.

70

 The White House, »Remarks by President Biden and His Highness Sheikh Tamim Bin Hamad Al-Thani, Amir of the State of Qatar before Bilateral Meeting«, 31.1.2022, <https:// bit.ly/3SlKcXx_RemarksBiden>.

71

 Hinzu kommen Argentinien, Australien, Brasilien, Japan, Neuseeland, Pakistan (!), die Philippinen, Südkorea und Thailand. Taiwan hat diesen Status faktisch inne. Afgha­nistan befindet sich auf der Liste, gehört seit der Macht­übernahme der Taliban aber nicht mehr dazu. Kolumbien wurde 2022 aufgenommen.

72

Michael D. Shear, »Biden Designates Qatar as a Major Non-NATO Ally«, in: The New York Times, 31.1.2022, <https://www. nytimes.com/2022/01/31/us/politics/biden-qatar-nato.html>.

73

 Zu einem kurzen Überblick über das Konzept vgl. Joseph S. Nye, »Soft Power«, in: Foreign Policy, (1990) 80, S. 153–171.

74

 Al-Jazeera bedeutet übersetzt »die Insel«; gemeint ist die Arabische Halbinsel (Shibh al-Jazira al-Arabiya), die im täg­lichen Sprachgebrauch oft verkürzend die Arabische Insel (al-Jazira al-Arabiya) genannt wird.

75

 Christopher Marquis, »U. S. Protests Broadcasts by Arab Channels«, in: The New York Times, 29.4.2004, <https://www.ny times.com/2004/04/29/world/the-struggle-for-iraq-the-media-us-protests-broadcasts-by-arab-channels.html>.

76

 Zur Anschubfinanzierung vgl. Hugh Miles, Al-Jazeera. The Inside Story of the Arab News Channel That Is Challenging the West, New York: Grove Press, 2005, S. 28. Im Jahr 2001 erhielt der Sender weitere 130 Millionen US-Dollar für fünf Jahre. Vgl. ebd., S. 172. Presseberichten zufolge soll das jährliche Budget 2013 bei mehreren Hundert Millionen Dollar gelegen haben. Vgl. z. B. Nordland, »In Surprise, Emir of Qatar Plans to Ab­dicate« [wie Fn. 1].

77

 Zu dieser Krise vgl. im Kapitel »Konkurrent Saudi-Ara­biens« Seite 30.

78

 Zunächst versuchte Außenminister Colin Powell Emir Hamad zu überzeugen, die Bericht­erstattung von al-Jazeera einzuschränken. Vgl. Miles, Al-Jazeera [wie Fn. 76], S. 122f. Im November 2001 wurde das al-Jazeera-Büro in Kabul von der US-Luftwaffe bombardiert. Vgl. ebd., S. 164–166.

79

 Im Jahr 2006 gründete al-Jazeera einen englisch­sprachi­gen Sender (https://www.aljazeera.com/), der weltweit aus­gestrahlt wird.

80

 Zu seiner Person vgl. den Anfang des Kapitels »Unter­stützer der Islamisten«, Seite 26.

81

 Miles, Al-Jazeera [wie Fn. 76], S. 43 und 192.

82

Neil MacFarquhar, »Muslim Scholars Increasingly Debate Unholy War«, in: The New York Times, 10.12.2004, <https:// www.nytimes.com/2004/12/10/world/middleeast/muslim-scholars-increasingly-debate-unholy-war.html>.

83

 Kristian Coates Ulrichsen, »Qatar’s Maverick Streak Leaves It Friendless in the Gulf«, in: Current History, 116 (2017) 794, S. 342–347 (345).

84

 Jared Malsin, »In the Eye of the Storm: Can Al Jazeera Survive the Gulf Crisis?«, in: Time, 21.8.2017, <https://time. com/4896791/al-jazeera-qatar-middle-east-saudi-arabia-crisis/>.

85

 Lina Khatib, »Qatar’s Foreign Policy: The Limits of Prag­matism«, in: International Affairs, 89 (2013) 2, S. 417–431 (428), <https://doi.org/10.1111/1468-2346.12025>.

86

 Jim Sciutto/Jeremy Herb, »Exclusive: The Secret Docu­ments That Help Explain the Qatar Crisis«, CNN, 11.7.2017, <https://edition.cnn.com/2017/07/10/politics/secret-docu ments-qatar-crisis-gulf-saudi/index.html>. Das Original des Textes und eine englische Übersetzung finden sich hier: <http://i2.cdn.turner.com/cnn/2017/images/07/10/translation. of.agreementsupdated.pdf>.

87

 Vgl. z. B. Ben Hubbard, »Arab Nations Demand Qatar Shut Al Jazeera, Cut Islamist Ties and Detail Funding«, in: The New York Times, 23.6.2017, <https://www.nytimes.com/ 2017/06/23/world/middleeast/qatar-saudi-arabia-al-jazeera. html>.

88

 Zur Rolle der Stiftung im politischen System Katars vgl. Kamrava, »Royal Factionalism and Political Liberalization in Qatar« [wie Fn. 20], S. 407.

89

 Robin Pogrebin, »Qatari Riches Are Buying Art World Influence«, in: The New York Times, 22.7.2013, <https://www. nytimes.com/2013/07/23/arts/design/qatar-uses-its-riches-to-buy-art-treasures.html?pagewanted=all&_r=0>.

90

 Christian Spiller/Andrea Böhm, »Höher, schneller, Katar«, in: Die Zeit, 11.6.2015.

91

 Vgl. hierzu und im Folgenden: Marlon Saadi/Guido Steinberg, »Konkurrenten auf dem Rasen und abseits des Platzes: Der Konflikt zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar«, in: Jan Busse/René Wildangel (Hg.), Das rebellische Spiel. Die Macht des Fußballs im Nahen Osten und die Katar-WM, Bielefeld: Die Werkstatt, 2022, S. 58–71.

92

 Zum Bauboom zwischen 2010 und 2022 vgl. z. B. »Qatar Set for New Phase of Development«, in: MEED Business Review, 28.4.2022, <https://www.meed.com/qatar-set-for-new-phase-of-development>.

93

 Olaf Jansen, »Arab Cup 2021: No Football Fervor in Qatar«, Deutsche Welle, 1.12.2021.

94

 Zu Otaibas Position in der Politik der VAE vgl. Steinberg, Regionalmacht Vereinigte Arabische Emirate [wie Fn. 58], S. 14f.

95

 Ryan Grim/Ben Walsh, »Leaked Documents Expose Stun­ning Plan to Wage Financial War on Qatar – and Steal the World Cup«, in: The Intercept, 9.11.2017, <https://theintercept. com/2017/11/09/uae-qatar-oitaba-rowland-banque-havilland-world-cup/>.

96

 »Mega-WM am Golf; 48 Teams 2022 denkbar: Will die Fifa Saudi-Arabien mit ins Boot holen?«, in: Frankfurter All­gemeine Zeitung, 27.10.2018.

97

 Tariq Panja, »The Brazen Bootlegging of a Multibillion-Dollar Sports Network«, in: The New York Times, 9.5.2018, <https://www.nytimes.com/2018/05/09/sports/bein-sports-qatar-beoutq.html>.

98

 Fédération Internationale de Football Association (FIFA), »Joint Statement by FIFA, the AFC, UEFA, the Bundesliga, LaLiga, Lega Serie A, LFP and the Premier League on the Publication of an Investigative Report into the Operations of BeOutQ«, 16.9.2019, <https://www.fifa.com/about-fifa/ commercial/fifa-tv/news/joint-statement-by-fifa-the-afc-uefa-the-bundesliga-laliga-lega-serie-a-ligue-1->.

99

 Jonathan Easton, »Saudi Arabia Reportedly Ends beIN Blackout«, Digital TV Europe, 20.1.2021, <https://www.digital tveurope.com/2021/01/20/saudi-arabia-reportedly-ends-bein-blackout/>.

100

 Zu einer ausführlichen Darstellung der Gründe für die neue katarische Politik vgl. Khatib, »Qatar’s Foreign Policy« [wie Fn. 85], S. 418f.

101

 Zum Text des Doha-Abkommens vgl. Doha Agreement »On the Results of the Lebanese National Dialogue Conference«, 21.5.2008, <https://peacemaker.un.org/sites/peacemaker. un.org/files/Lebanon_DohaAgreement2008_Engl.pdf>.

102

 Courtney Freer, Qatar and the UAE in Peacemaking and Peacebuilding, London: LSE Middle East Centre, März 2022 (LSE Middle East Centre Paper Series 60), S. 12, <http:// eprints.lse.ac.uk/114561/3/Qatar_and_UAE_in_Peacemaking_and_Peacebuilding_1_.pdf>. Im Libanon konnte die Regie­rung der Nationalen Einheit bis Januar 2011 regieren, bevor sie auseinanderbrach und die libanesische Politik erneut vom Konflikt der feindlichen Lager gelähmt wurde.

103

 Dies gilt auch für die Interviews, die israelische Politi­ker auf al-Jazeera geben durften, so etwa eines von Minister­präsident Ehud Barak im Januar 2001. Vgl. Miles, Al-Jazeera [wie Fn. 76], S. 97.

104

 Bis 1999 hielt sich Mishal in Jordanien auf und 2001 bis 2012 in Damaskus.

105

 Zu diesem Ablauf vgl. Guido Steinberg, Saudi-Arabien als Partner deutscher Nahostpolitik, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2008 (SWP-Studie 35/2008), S. 21f, <https://www.swp-berlin.org/publikation/saudi-arabien-partner-deutscher-nahostpolitik>. Zu den damaligen Zah­lungen Katars an die Hamas vgl. Robert F. Worth, »Qatar, Playing All Sides, Is a Nonstop Mediator«, in: The New York Times, 9.7.2008, <https://www.nytimes.com/2008/07/09/ world/middleeast/09qatar.html>.

106

 Andrew England/Tobias Buck, »Two Arab States Suspend Links with Israel«, in: Financial Times, 17.1.2009.

107

 Jodi Rudoren, »Qatar’s Emir Visits Gaza, Pledging $400 Million to Hamas«, in: The New York Times, 23.10.2012, <https://www.nytimes.com/2012/10/24/world/middleeast/pledging-400-million-qatari-emir-makes-historic-visit-to-gaza-strip.html>.

108

 Ulrichsen, »Foreign Policy: Discourse, Tools, and Impli­cations« [wie Fn. 2], S. 67f.

109

 Ulrichsen, »The Return of Qatari Mediation« [wie Fn. 6].

110

 David M. Halbfinger/Adam Rasgon, »Israel and Hamas Agree to Cool Hostilities, for Now«, in: The New York Times, 31.8.2020 (aktualisiert 24.9.2020), <https://www.nytimes. com/2020/08/31/world/middleeast/hamas-gaza-israel-corona virus.html>.

111

 Patrick Kingsley/Raja Abdulrahim, »Israeli Government Crisis Deepens after Closing of Major Mosque«, in: The New York Times, 17.4.2022 (aktualisiert 6.5.2022), <https://www.ny times.com/2022/04/17/world/middleeast/jerusalem-al-aqsa-mosque.html>.

112

 Miles, Al-Jazeera [wie Fn. 76], S. 112 und 115.

113

 Barnett Rubin, »A Tale of Two Scepticisms: Fighting and Talking with the Taliban during the Obama Years«, War on the Rocks, 26.2.2020, <https://warontherocks.com/2020/02/a-tale-of-two-skepticisms-fighting-and-talking-with-the-taliban-during-the-obama-years/>.

114

 Wie schwierig der Prozess war, zeigt sich schon daran, dass die Eröffnung bereits im Januar 2012 angekündigt wurde. Vgl. Matthew Rosenberg, »Taliban Opening Qatar Office, and Maybe Door to Talks«, in: The New York Times, 3.1.2012, <https://www.nytimes.com/2012/01/04/world/asia/ taliban-to-open-qatar-office-in-step-toward-peace-talks.html>.

115

 Mujib Mashal, »Taliban and U. S. Strike Deal to With­draw American Troops From Afghanistan«, in: The New York Times, 29.2.2020 (aktualisiert 23.8.2021), <https://www.ny times.com/2020/02/29/world/asia/us-taliban-deal.html>.

116

 Ben Hubbard, »From Afghanistan to the World Cup, Tiny, Wealthy Qatar Steps Up«, in: The New York Times, 7.9.2021 (aktualisiert 12.11.2021), <https://www.nytimes. com/2021/09/07/world/middleeast/afghanistan-qatar-airlift.html>.

117

 »Qatar to Represent US Interests in Afghanistan«, VOA News, 12.11.2021 (aktualisiert 13.11.2021), <https://www.voa news.com/a/qatar-to-represent-us-interests-in-afghanistan-/6311070.html>.

118

 Zu diesen Aufforderungen aus Katar vgl. z. B. Hubbard, »From Afghanistan to the World Cup« [wie Fn. 116].

119

 Zu seiner Biografie vgl. Peter Mandaville, »Qaradāwī, Yūsuf al-«, in: The Oxford Encyclopedia of the Islamic World, 2007–2008, <http://www.oxfordislamicstudies.com/article/ opr/t236/e1230>.

120

 »Liqa’ Khass: Shaikh Hamad Ibn Khalifa Al Thani: Die Situation in der arabischen Region« (arabisch), Al Jazeera, 10.9.2011, <http://bit.ly/2OWin9w>.

121

 So argumentierte beispielsweise ein Berater Emir Tamims im Gespräch mit der Forscherin Courtney Freer: »[Emir Hamad] is the only Arab leader who looked at Arab public opinion. He saw that Islamists were most popular, so he supported them. He supported many liberals and secularists too. Many secular opposition leaders were taken in by Qatar.« Zitiert nach: Freer, Qatar and the UAE in Peace­making and Peacebuilding [wie Fn. 102], S. 18.

122

 David B. Roberts, »Qatar and the Brotherhood«, in: Survival, 56 (2014) 4, S. 23–31 (26).

123

 Vgl. hierzu und im Folgenden: Guido Steinberg, Katar und der Arabische Frühling. Unterstützung für Islamisten und anti-syrische Neuausrichtung, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Poli­tik, Februar 2012 (SWP-Aktuell 7/2012), S. 5, <https://www. swp-berlin.org/publikation/katar-und-der-arabische-fruehling>.

124

 David B. Roberts, Reflecting on Qatar’s ›Islamist‹ Soft Power, Washington, D. C.: The Brookings Institution, April 2019 (Policy Brief), S. 3, <https://www.brookings.edu/research/ reflecting-on-qatars-islamist-soft-power/>.

125

 Zu diesen Ereignissen vgl. Steinberg, Regionalmacht Vereinigte Arabische Emirate [wie Fn. 58], S. 23.

126

 Vgl. hierzu und im Folgenden: Steinberg, Katar und der Arabische Frühling [wie Fn. 123], S. 5f.

127

 Kristian Coates Ulrichsen, »Qatar and Its Rivals in Syria’s Conflict«, in: Raymond Hinnebusch/Adham Saouli (Hg.), The War for Syria. Regional and International Dimensions of the Syrian Uprising, London: Routledge, 2020 (Routledge/St. Andrews Syrian Studies Series), S. 101–119 (110).

128

 Tom Perry/Suleiman Al-Khalidi, »Gulf Crisis Seen Widening Split in Syria Rebellion«, Reuters, 14.6.2017, <https://www.reuters.com/article/us-gulf-qatar-syria/gulf-crisis-seen-widening-split-in-syria-rebellion-idUSKBN19517O>.

129

 Die Ahrar ash-Sham gelten in Deutschland und Öster­reich als terroristische Organisation, fehlen aber auf den ein­schlägigen Terrorismuslisten der UN, der EU und der USA.

130

 David Roberts, »Is Qatar Bringing the Nusra Front in from the Cold?«, BBC News, 6.3.2015, <https://bbc.in/1G6MzBs>.

131

 Andrew Norfolk, »Qatar ›Funnelled Millions of Dollars to Nusra Front Terrorists in Syria‹«, in: The Times, 4.6.2021, <https://www.thetimes.co.uk/article/qatar-funnelled-millions-of-dollars-to-nusra-front-terrorists-in-syria-x5rnbsr3l>.

132

 Ulrichsen, »Qatar and Its Rivals in Syria’s Conflict« [wie Fn. 127], S. 116.

133

 »Qatar ›Maybe‹ Supported al-Qaeda in Syria, Says Former PM«, Middle East Eye, 31.10.2017, <https://www. middleeasteye.net/news/qatar-maybe-supported-al-qaeda-syria-says-former-pm>.

134

 Walsh, »Tiny, Wealthy Qatar Goes Its Own Way« [wie Fn. 59].

135

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 10.

136

 Guido Steinberg, Gutachten zum Befreiungskomitee Syriens (Hai’at Tahrir ash-Sham, HTS) als terroristische Organisation (unveröffentlichtes Gerichtsgutachten), Berlin, 17.10.2021, S. 24 und 26.

137

 Zu dieser Zielvorstellung vgl. Roberts, »Is Qatar Bringing the Nusra Front in from the Cold?« [wie Fn. 130].

138

 Imad K. Harb, »An Economic Explanation for Egypt’s Alignment in the GCC Crisis«, Washington, D. C.: Arab Center, 9.8.2017, <http://arabcenterdc.org/policy_analyses/an-economic-explanation-for-egypts-alignment-in-the-gcc-crisis/>.

139

 »Egypt’s Muslim Brotherhood Declared ›Terrorist Group‹«, BBC News, 25.12.2013, <https://www.bbc.com/ news/world-middle-east-25515932>.

140

 Zitiert nach: Roger Cohen, »The Prince Who Would Remake the World«, in: The New York Times, 21.6.2018, <https://www.nytimes.com/2018/06/21/opinion/sunday/saudi-arabia-women-drivers.html>.

141

 Miles, Al-Jazeera [wie Fn. 76], S. 196–199.

142

 Robert F. Worth, »Al Jazeera No Longer Nips at Saudis«, in: The New York Times, 4.1.2008, <https://www.nytimes.com/ 2008/01/04/world/middleeast/04jazeera.html>.

143

 Ulrichsen, Qatar and the Gulf Crisis [wie Fn. 12], S. 56.

144

 Abigail Hauslohner, »For Some Brotherhood Leaders, Havens Abroad«, in: The Washington Post, 7.11.2013.

145

 Sciutto/Herb, »Exclusive: The Secret Documents That Help Explain the Qatar Crisis« [wie Fn. 86].

146

 David D. Kirkpatrick, »Egypt Pulls Ambassador from Qatar«, in: The New York Times, 6.3.2014, <https://www.ny times.com/2014/03/07/world/middleeast/egypt-withdraws-ambassador-from-qatar.html>.

147

 Zu diesen Personen vgl. »The Brotherhood Diaspora«, Mada Masr (Ägypten), 30.9.2014, <https://www.madamasr. com/en/2014/09/30/feature/politics/the-brotherhood-diaspora/>.

148

 »Saudi Arabia, UAE and Bahrain End Rift with Qatar, Return Ambassadors«, Reuters, 16.11.2014, <https://www. reuters.com/article/us-gulf-summit-ambassadors/saudi-arabia-uae-and-bahrain-end-rift-with-qatar-return-ambassadors-idUSKCN0J00Y420141116>. Zum Text des Abkommens vgl. <http://i2.cdn.turner.com/cnn/2017/images/07/10/translation. of.agreementsupdated.pdf>.

149

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 10.

150

 Zu den Vorgängen im Detail vgl. Robert F. Worth, »Widening Gyre«, in: The New York Times, 18.3.2018. In einem Pressebericht ist die Rede von Zahlungen von 1 Milliarde Dollar. Vgl. Erika Solomon, »The $1bn Hostage Deal That Enraged Qatar’s Gulf Rivals«, in: Financial Times, 5.6.2017.

151

 Zu einer Liste der Forderungen vgl. »List of Demands on Qatar by Saudi Arabia, Other Arab Nations«, Associated Press News, 23.6.2017, <https://apnews.com/article/bahrain-qatar-iran-saudi-arabia-united-arab-emirates-3a58461737 c44ad58047562e48f46e06>.

152

 Tamim sagte: »Actually, what they’re saying in a very simple way, Give up your independence.‹« Rose, »Qatar’s Emir Stands Defiant in Face of Blockade« [wie Fn. 21].

153

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 18.

154

 Bis Frühjahr 2017 kamen 85 Prozent der katarischen Seeimporte aus Jebel Ali. Vgl. Ulrichsen, Qatar and the Gulf Crisis [wie Fn. 12], S. 10.

155

 Miller, »Qatar, Energy Security, and Strategic Vision in a Small State« [wie Fn. 31], S. 132.

156

Ben Hubbard, »Qatar Adapts to Blockade with a Retooled Economy«, in: The New York Times, 20.12.2018.

157

 Faisal Mukhyat Abu Sulaib, »Understanding Qatar’s Foreign Policy, 1995–2017«, in: Middle East Policy, 24 (2017) 4, S. 29–44 (33), <https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/ 10.1111/MEPO.12306>.

158

 »Turkish Parliament Approves Bill to Deploy Troops in Qatar«, Reuters, 7.6.2017, <https://www.reuters.com/article/ gulf-qatar-turkey-idUSL8N1J45G5>. Ausführlicher zu den katarisch-türkischen Beziehungen vgl. Ulrichsen, Qatar and the Gulf Crisis [wie Fn. 12], S. 220–223.

159

 Katzman, Qatar: Governance, Security, and U. S. Policy [wie Fn. 48], S. 16.

160

 Nader Kabbani, »The Blockade on Qatar Helped Strengthen Its Economy, Paving the Way to Stronger Regio­nal Integration«, Order From Chaos (Blog), 19.1.2021, <https:// www.brookings.edu/blog/order-from-chaos/2021/01/19/the-blockade-on-qatar-helped-strengthen-its-economy-paving-the-way-to-stronger-regional-integration/>. Zum Text der Gipfel­erklärung vgl. Tuqa Khalid, »Full Transcript of AlUla GCC Summit Declaration: Bolstering Gulf Unity«, Al Arabia News, 6.1.2021, <https://english.alarabiya.net/News/gulf/2021/ 01/06/Full-transcript-of-AlUla-GCC-Summit-Declaration-Bolstering-Gulf-unity>.

161

 Mariam Nihal, »Saudi Arabia and Qatar to Establish Co-ordination Council«, in: The National (Abu Dhabi), 26.8.2021, <https://www.thenationalnews.com/gulf-news/2021/08/26/ saudi-arabia-and-qatar-to-establish-co-ordination-council/>.

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