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Der vierte saudische Staat

Reformen des Kronprinzen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft

SWP-Studie 2025/S 15, 27.10.2025, 34 Pages

doi:10.18449/2025S15

Research Areas

Dr. Guido Steinberg ist Wissenschaftler in der Forschungsgruppe Afrika und Mittlerer Osten.

  • Die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen dienen dem Ziel, die Herrschaft des saudischen Kronprinzen Muhammad Bin Salman langfristig zu festigen.

  • Bin Salman zentralisiert die Entscheidungsfindung in seiner Person und kontrolliert die gesamte Politik des Landes.

  • Der neue Autoritarismus des Kronprinzen ist weitaus durchgreifender und kompromissloser, als es in Saudi-Arabien bis 2015 der Fall war.

  • Von Beginn an setzte Bin Salman auf einen ausgeprägten saudischen Nationalismus, den viele Beobachter als »Saudi-First-Politik« beschreiben.

  • Aus Sicht des Kronprinzen ist eine soziale und kulturelle Liberalisierung Grundvoraussetzung für das Gelingen seiner Wirtschaftsreformen und damit für das langfristige Überleben des Königreichs und der Herrscherfamilie.

  • Die Reformen zeitigen nur begrenzten Erfolg, denn trotz wirtschaftlicher Belebung bleibt Saudi-Arabien unverändert von seinen Öleinnahmen abhängig.

Problemstellung und Schlussfolgerungen

Seit der Thronbesteigung seines Vaters König Salman im Jahr 2015 hat der saudische Kronprinz Muhammad Bin Salman umfangreiche Reformen in Politik, Gesell­schaft und Wirtschaft des Königreichs ein­geleitet. Die Reformen sind so einschneidend, dass Beobachter bereits von einem vierten saudischen Staat sprechen, weil sich das heutige Saudi-Arabien schon nach weni­gen Jahren der De-facto-Herrschaft des Kronprinzen so fundamental von den drei Vor­gängerstaaten (1744/45–1818, 1824–1891, 1901–2015/17) unter­scheidet. Tatsächlich handelt es sich um das ehr­geizigste und radikalste Reformprogramm eines isla­misch geprägten Landes seit der Zeit Kemal Atatürks in der Türkei nach dem Ersten Weltkrieg.

Saudi-Arabien ist heute die Führungsmacht der arabischen Welt. Nicht nur im Nahen Osten übt das Land großen politischen, wirtschaftlichen und gesell­schaftlichen Einfluss aus, sondern auch – als Ölgroß­macht und Land der Heiligen Stätten von Mekka und Medina – weit darüber hinaus. Vor allem die wäh­rend der letzten Jahre stetig gewachsene Bedeutung Saudi-Arabiens in der internationalen Politik macht die Frage nach Stand und Perspektiven der Reformen für den Nahen Osten und andere Länder so dringlich. Leitfrage dieser Studie ist daher, welche Ergebnisse das saudische Reformprogramm nach knapp einem Jahrzehnt vorweisen kann und welche weiteren Aus­sichten auf Erfolg es hat.

Dabei ist zwar analytisch zwischen den politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen zu unterscheiden. Doch all dies dient dem übergeordneten Ziel, die Herrschaft des Kronprinzen Muhammad Bin Salman langfristig zu festigen. Dies gilt erstens (und besonders offenkundig) für die politischen Ver­änderungen: Die wichtigsten Konkurrenten um die Nachfolge König Salmans wurden ausgeschaltet, die gesamte Macht wurde in des Kronprinzen Person zen­tralisiert, und es wurde ein umfassender und durch­greifender Autoritarismus praktiziert, das heißt, gegen politische Opposition und sogar gegen bloß abweichende Meinungen wurde mit teils drastischen Maß­nahmen vorgegangen. Mit Stand Herbst 2025 gibt es in Saudi-Arabien keine Opposition mehr, die in der Lage wäre, die Herrschaft Bin Salmans zu gefährden.

Auch die gesellschaftlichen Reformen hatten zum Zweck, die alte Machtbasis zu zerstören und eine neue aufzubauen, und haben Saudi-Arabien noch tiefgreifender verändert. Die wesentlichste Maßnahme ist die Abwertung des alten Bündnisses zwischen Herrscherfamilie und religiösem Establishment. Seit 1744/45 bezieht die Familie Saud religiöse Legitimität aus einem Bündnis mit den wahhabitischen Reli­gionsgelehrten, doch ab 2017 wurde der gesellschaftliche Einfluss der Kleriker massiv zurückgedrängt. Stattdessen setzte Bin Salman nun auf einen saudi­schen Nationalismus, in dem die Rolle der Herrscherfamilie betont wird. Diese Verschiebung hat den Weg für eine weitreichende gesellschaftliche Liberalisierung freigemacht, welche die konservativen Gelehrten bis dahin verhindert hatten. Die Liberalisierung wirkt sich vor allem in vor wenigen Jahren noch undenkbaren Freiheiten für Frauen aus, aber auch in einem wachsenden Unterhaltungssektor. Infolge­dessen genießt der Kronprinz die mitunter begeisterte Unterstützung jüngerer und liberalerer Teile der Bevölkerung.

Die wirtschaftlichen Reformen dienen in ihrem Kern ebenfalls der autoritären Konsolidierung. Sie wurden schon 2016 mit dem Label »Vision 2030« versehen, die nach Darstellung der damals neuen Führung zum Ziel hat, die stark vom Öl abhängige saudische Wirtschaft zu diversifizieren. Wichtigstes Instrument der Wirtschaftspolitik ist der saudische Staatsfonds (Public Investment Fund, PIF), der seit 2016 deutlich gestärkt wurde und nach eigenen Angaben über Einlagen von mehr als 900 Milliarden US-Dollar verfügt. Er soll durch Investitionen in städtebauliche Megaprojekte, Tourismus und Trans­portinfrastruktur, aber auch durch den Aufbau neuer Industrien wie Sport und Unterhaltung Alternativen zum Öl schaffen und die Privatwirtschaft ankurbeln. Dass es sich beim Staatsfonds zugleich um ein Macht­instrument handelt, wird klar, wenn man sich ver­gegenwärtigt, dass der Kronprinz und einige enge Gefolgsleute die ausschließliche Kontrolle über den Fonds mit demnächst über einer Billion US-Dollar Einlagen haben.

Versucht man Bilanz der Reformen zu ziehen, muss man zwischen der autoritären Strategie des Kronprinzen und den sonstigen Inhalten unterscheiden. Bin Salman ist enorm erfolgreich bei der auto­ritären Konsolidierung seiner Herrschaft. Er muss keine politischen Konkurrenten und keine Opposi­tion fürchten, hat die religiösen Eliten weitgehend entmachtet und bei jungen Leuten und Frauen neue Unterstützer gefunden. Mit dem Staatsfonds verfügt er über viel Geld, um seine Herrschaft auch im Fall innerer Krisen zu sichern. Untersucht man aber die Reformen im (politischen, gesellschaftlichen und wirt­schaftlichen) Detail, ergibt sich ein ambivalentes Bild:

Die Konzentration der Macht in einer Person und der neue, durchgreifende Autoritarismus haben die Grundlage dafür geschaffen, dass das Königreich zu einem außen- und innenpolitisch viel dynamischeren Akteur geworden ist als in den Jahrzehnten zuvor. So wurde es erst möglich, dass der Kronprinz durch die Förderung eines neuen Nationalismus und das Zurück­drängen des Einflusses der religiösen Eliten die alte Legitimitätsbasis des Königreichs Saudi-Ara­bien opfern konnte. Stattdessen setzt er in erster Linie auf Unterstützung durch die jungen Saudis. Ob all dies so bleibt, hängt aber vornehmlich davon ab, ob der Kron­prinz die saudische Wirtschaft tatsächlich für die Zeit nach dem Öl leistungsfähig machen kann. Zwar haben der Ausbau des Staatsfonds zum zentralen Akteur der Reformen und die vielen Megaprojekte für große Dynamik und wirtschaftliche Belebung gesorgt, allerdings nach wie vor mit Einnahmen aus dem Öl. Es gibt kaum Anzeichen, dass sich an der starken Abhängigkeit vom Ressourcenexport irgendetwas än­dert. Dies lässt darauf schließen, dass die wirtschaft­lichen Ziele der Reform schwerlich erreicht werden und Saudi-Arabien mit einer weiter wachsenden Bevöl­kerung, anhaltend hoher Jugendarbeitslosigkeit und fehlenden Arbeitsplätzen bald in neue innen­politische Krisen rutschen könnte.

Reformen I: Politik

Muhammad Bin Salman begann seine politischen Reformen, indem er die ehrgeizigsten Konkurrenten um die Nachfolge seines Vaters ausschaltete, bevor er die gesamte Macht in seiner Person zentralisierte und eine neue Machtelite um sich scharte, die ohne Aus­nahme von seiner Gunst abhängt. Dies hat es ihm ermöglicht, sich auf einen umfassenden und durch­greifenden Autoritarismus zu stützen, der sich gegen jede politische Opposition wendet. Das rigorose Vor­gehen gegen abweichende Meinungen machte den Weg frei für die gesellschaftlichen und wirtschaft­lichen Reformen, die zwar kontrovers sind, aber keine öffentlichen Kontroversen auslösen, weil Saudis nicht mehr den Mut haben, die Politik der Regierung zu kritisieren.

Der Aufstieg Muhammad Bin Salmans

Vor dem 2015 einsetzenden Aufstieg Muhammad Bin Salmans befand sich das politische System Saudi-Arabiens in einer schweren und anhaltenden Krise. Das Land wurde von einer Clique untereinander konkurrierender Greise regiert, die oft gravierende gesundheitliche Probleme hatten, so dass sie der Regierungsarbeit nur noch sporadisch nachgingen. Dies war auch deshalb ein Problem, weil wichtige Entscheidungen meist im Konsens der führenden Prinzen getroffen werden mussten. Daher gestaltete sich die politische Entscheidungsfindung mühsam und langwierig. Riad schien vielen seiner Partner kaum mehr zu entschlossener Politik fähig.

Der Hauptgrund für diesen Zustand war eine Nach­folgeregelung, die in Saudi-Arabien seit dem Tod des Staatsgründers Abd al-Aziz Ibn Saud im Jahr 1953 Bestand hatte. Demnach folgte der jeweils älteste Sohn Ibn Sauds auf seinen verstorbenen (Halb-)Bru­der, sofern er von den führenden Persönlichkeiten der Familie nicht als unfähig oder aus anderen Grün­den inakzeptabel betrachtet wurde. Ibn Saud hatte bis Anfang der 1940er Jahre mehr als 40 Söhne gezeugt, so dass es lange Zeit qualifizierte Prätendenten gab. Doch dieses System bewirkte, dass die Thronfolger immer älter wurden. Spätestens ab 2005 kündigte sich die kommende Krise an, als nach dem Tod von König Fahd (amtierte 1982–2005) der bereits 80-jäh­rige Kronprinz Abdallah König wurde. Bis zu seinem Tod 2015 verschlechterte sich dessen gesundheitlicher Zustand, so dass der neue König oft nicht handlungsfähig war. Da viele Entscheidungen ohne ihn nicht getroffen werden konnten, schien das Königreich vor 2015 politisch oft gelähmt.

Allerdings waren die saudischen Souveräne spä­testens seit dem Tod des starken Königs Faisal 1975 keine Alleinherrscher. Damals hatte sich innerhalb der Herrscherfamilie eine informelle Gruppe beson­ders mächtiger Prinzen gebildet. Zu ihr zählten in erster Linie der König, sein Kronprinz und andere Söhne Ibn Sauds, welche die bedeutendsten Ministerposten innehatten. Hinzu kamen einflussreiche Enkel Ibn Sauds, wie vor allem die Söhne König Faisals. Es handelte sich um eine Gruppe von geschätzt einem Dutzend oder mehr Prinzen, welche die wichtigsten Entscheidungen im Konsens trafen.

Ein Grund für das Beharren der greisen Prinzen auf ihren Posten war, dass sich mehrere von ihnen Hoff­nungen machten, den Thron eines Tages selbst bestei­gen oder für einen eigenen Sohn sichern zu können. Doch zeigte sich spätestens in den Jahren 2011 und 2012, dass die hergebrachte Nachfolgeregelung ihre biologischen Grenzen erreicht hatte. Damals starben mit Verteidigungsminister Sultan und Innenminister Naif in schneller Folge zwei Kronprinzen, die zum Zeitpunkt ihres Todes bereits 83 bzw. 79 Jahre alt waren. Die schwerwiegendste unmittelbare Folge des Ablebens der beiden Brüder war, dass Salman (gebo­ren 1935), der Vater von Muhammad Bin Salman, 2012 zum Kronprinzen ernannt wurde und gleich­zeitig die Leitung des Verteidigungsministeriums übernahm. Als Salman im Januar 2015 König wurde, berief er Muqrin, den 1943 geborenen jüngsten Sohn des Staatsgründers Ibn Saud, zum neuen Kronprinzen. Muqrins Stellvertreter wurde Muhammad Bin Naif (geboren 1959), ein Neffe des Königs.

Mit der Ernennung von Muhammad Bin Naif – der in der Nachfolge seines Vaters auch Innenminister war – wurde eine entscheidende Weiche gestellt. Denn Bin Naif gehörte einem Flügel der Familie an, der als die »Sudairi-Sieben« oder »die Familie Fahd« (Al Fahd) bekannt geworden war. Ursprünglich waren es sieben Vollbrüder unter den Söhnen Ibn Sauds, die bereits seit den 1960er Jahren eng zusammengearbeitet hatten, um ihre Position in der Familie zu stärken. Zu der Gruppe zählten neben König Fahd, Verteidigungsminister Sultan und Innenminister Naif auch der neue König Salman und – als Vertreter der näch­sten Generation – dessen stellvertretender Kronprinz Muhammad Bin Naif. Infolge der Neuregelung 2015 schien also absehbar, dass die Sudairis sich im Kampf um den Thron durchsetzen würden.

Schon 2016 wurde in Saudi-Arabien kaum mehr diskutiert, ob, sondern nur noch wann Muhammad Bin Salman Kronprinz werden würde.

Dies galt umso mehr, als Salman schon im April 2015 Muqrin – der nicht zu den Sudairis gehörte – absetzte und Bin Naif als neuen Kronprinzen be­stimmte. Zugleich aber beförderte Salman seinen eigenen Sohn Muhammad Bin Salman zum stellvertretenden Kronprinzen und deutete damit an, dass er vielleicht nicht nur auf die Nachfolge eines Sudairis (nämlich seines Neffen Muhammad Bin Naif), son­dern sogar seines direkten Nachkommen abzielte. Muhammad Bin Salman machte sich nun rasch daran, die eigene Position auf Kosten seines Cousins auszubauen. Schon im Januar 2015 berief ihn sein Vater zum Verteidigungsminister, Vorsitzenden eines neuen Wirtschaftskabinetts und Chef des königlichen Hofes. Bin Salman startete eine Initiative nach der anderen, unter denen vor allem die Vorstellung des wirtschaftlichen Reformprogramms »Vision 2030« im April 2016 herausragte. Schon im Jahr 2016 wurde in Saudi-Arabien kaum mehr diskutiert, ob, sondern nur noch wann Muhammad Bin Salman seinen Vetter als Kronprinz ersetzen werde.

Im Juni 2017 sah Muhammad Bin Salman die Gele­genheit gekommen, Muhammad Bin Naif zu stürzen. Wenige Tage zuvor hatte die saudische Regierung gemeinsam mit den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), Bahrain und Ägypten eine Blockade gegen den Nachbarn Katar verhängt. Bin Naif soll diesen Schritt abgelehnt, eine diplomatische Lösung gefordert und ohne Bin Salmans Wissen einen geheimen Gesprächs­kanal zu dem katarischen Emir Tamim aufgebaut haben. Daraufhin scheint Bin Salman seinen Vater überzeugt zu haben, gegen Bin Naif vorzugehen. Dieser wurde in König Salmans Palast in Mekka gela­den, wo er von einem Gefolgsmann Muhammad Bin Salmans unter Drohungen aufgefordert wurde, ein Rücktrittsschreiben zu unterzeichnen und dem neuen Kronprinzen Bin Salman Treue zu geloben. Als Bin Naif sich zunächst weigerte, soll er die Nacht über festgehalten worden sein, wobei ihm Medikamente gegen Bluthochdruck und Diabetes verweigert wor­den seien. Als Bin Naif seinen Widerstand am näch­sten Morgen aufgab, wurde er in einen Raum geführt, wo Bin Salman auf ihn wartete und Bin Naif seinem Cousin vor laufender Kamera Gefolgschaft schwören musste.1

Damit war zwar das Kronprinzenamt gesichert, doch in Gestalt von Mitab Bin Abdallah gab es einen weiteren potentiellen Rivalen. Dieser Sohn des ver­storbenen Königs Abdallah hatte zwar keine entsprechenden Ambitionen gezeigt, amtierte aber als Kom­mandeur der starken Nationalgarde. Prinz Mitab wurde Anfang November 2017 entmachtet. Damals ließ der Kronprinz insgesamt etwa ein Dutzend Prin­zen und rund 200 Unternehmer, Geschäftsleute, Beamte und Offiziere verhaften und im Hotel Ritz-Carlton am Rand von Riad unter Hausarrest stel­len. Die saudischen Medien stellten die Festnahmen als Teil einer großen, von Bin Salman initiierten Anti­korruptionskampagne dar. In den folgenden Wochen wurden die Inhaftierten gezwungen, angeblich un­recht­mäßig erworbenes Geld und Besitztümer dem Staat zu überschreiben, bevor sie wieder freigelassen wurden. Zeugen berichteten sogar von Folter und Gewalt; einer der Festgehaltenen kam im Hotel zu Tode. Bin Salman wertete die Aktion trotzdem als vollen Erfolg und sagte in Interviews, dass rund 100 Mil­liar­den US-Dollar zurück an den saudischen Staat geflossen seien.2

Mitab Bin Abdallah soll gezwungen worden sein, eine Milliarde US-Dollar an den saudischen Staat zu zahlen.3 Doch dürfte er in erster Linie deshalb zum Ziel der Kampagne geworden sein, weil er die Natio­nal­garde kommandierte und in dieser Funktion Minis­terrang hatte. Kurz vor seiner Inhaftierung wurde er seines Amtes enthoben und durch einen loyalen Gefolgsmann des neuen Kronprinzen ersetzt. Seit 2017 dürfte er sich in Hausarrest befinden. Damit war Bin Salman nicht nur Kronprinz, sondern hatte auch die Kontrolle über das Verteidigungsministerium, das Innenministerium und das Ministerium für die Nationalgarde und damit über alle bewaffneten Kräfte des Landes. Seit November 2017 müssen König Salman und Kronprinz Muhammad Bin Salman nicht mehr befürchten, dass ein rivalisierender Prinz seine Hausmacht nutzt, um einen Staatsstreich in Szene zu setzen.

Zentralisierung der innenpolitischen Entscheidungsfindung

Der Aufstieg Muhammad Bin Salmans war von einer Zentralisierung der politischen Entscheidungsfindung in der Person des Kronprinzen begleitet, bis dieser die gesamte Politik des Landes beherrschte. Bin Salman übernahm zunächst die Kontrolle über einen 2015 neu gegründeten Wirtschafts- und Entwicklungsrat und später über einen Rat für Politik- und Sicherheits­fragen, mit deren Hilfe er die Arbeit der Fachministerien steuerte. Die beiden Räte wurden zu zentralen Gremien in der staatlichen Bürokratie. Dabei umgab der Kronprinz sich mit einem Kreis von Getreuen, unter denen bis 2019 vor allem die rücksichtslosen Vollstrecker Saud al-Qahtani und Turki al-Sheikh auf sich aufmerksam machten, die halfen, Konkurrenten wie Muhammad Bin Naif und Mitab Bin Abdallah aus dem Weg zu räumen. Außerdem setzte Bin Salman auf eine Gruppe von loyalen, aber kompetenten Per­sonen und einigen weniger prominenten Prinzen, die unter seiner Ägide wichtige Ministerien und Behör­den übernahmen. Ihnen allen war gemein, dass sie vollständig von der Gunst des neuen Herrschers ab­hängig waren.

Wirtschafts- und Sicherheitsrat

Muhammad Bin Salman ersetzte die dezentrale Entscheidungsfindung, die zuvor im Konsens der führenden Prinzen stattgefunden hatte, rasch durch eine Zentralisierung in der eigenen Person. Dabei scheint er die Unterstützung seines Vaters Salman gehabt zu haben, der zum Zeitpunkt seiner Thron­besteigung im Januar 2015 bereits 79 Jahre alt war. Vielen Berichten zufolge hatte er schon vorher min­destens einen Schlaganfall erlitten und litt Gerüchten zufolge auch unter Demenz. Dass Salman seinem Sohn weiten Handlungsspielraum geben wollte, war schon wenige Tage nach der Thronbesteigung zu erkennen, als Bin Salman zum Verteidigungsminister, Chef des königlichen Hofes und Vorsitzenden eines neu gegründeten Rates für Wirtschafts- und Entwicklungsfragen ernannt wurde.4 Formal handelte es sich um einen Unterausschuss des Ministerrates. Faktisch aber war er den mit Wirtschaftsfragen betrauten Fach­ministerien übergeordnet, die er koordinierte und kontrollierte.5 Über diese Institution, der 25 Mit­glieder angehören, nahm Muhammad Bin Salman sofort beherrschenden Einfluss auf die Wirtschafts­politik und überwachte die Arbeit der mit Wirtschafts­fragen befassten Fachministerien. Im Frühjahr 2015 übernahm der Königssohn auch die Kontrolle über die staatliche Ölgesellschaft Aramco und den Staatsfonds PIF und setzte loyale Gefolgsleute an deren Spitze.6 Damit beherrschte er die gesamte Wirt­schafts-, Finanz- und Energiepolitik des Landes.

Länger dauerte es, bis Bin Salman seine Entscheidungsgewalt auch auf die Sicherheitspolitik Saudi-Arabiens ausweiten konnte. Zwar hatte er das Ver­teidigungsministerium von seinem Vater übernommen, doch war Muhammad Bin Naif der starke Mann der inneren Sicherheit des Königreichs. Mit der Aus­schaltung seines Cousins im Juni 2017 konnte sich Bin Salman auch hier durchsetzen. Es war ein Rat für Politik- und Sicherheitsfragen gegründet worden, der die Kontrolle über die Ministerien innehatte und dessen Vorsitz Bin Salman im Juni 2017 übernahm.7 Unmittelbar im Anschluss reorganisierte die neue Führung die Sicherheitsbehörden. Dem bis dahin besonders mächtigen Innenministerium wurde die Kontrolle über seine starken Spezialkräfte und den Inlandsnachrichtendienst entzogen und – zusammen mit der Zuständigkeit für die Terrorismusbekämpfung – einer neuen Behörde namens Präsidium für Staatssicherheit (Ri’asat Amn ad-Daula) übertragen. Diese wurde direkt dem königlichen Hof und damit dem Kronprinzen unterstellt. Leiter wurde Abd al-Aziz al-Huwairini, ein General aus dem Innenministerium, der als loyaler Gefolgsmann Bin Salmans gilt.8

Der Kronprinz zeigte sich vollkommen überzeugt, dass sein Aufstieg der hergebrachten Ordnung der Dinge entsprach.

Vielen Berichten zufolge soll Bin Salman tatsächlich die wichtigsten Entscheidungen in allen genann­ten Politikbereichen gefällt haben. Es dürfte sich um die bewusste Entscheidung König Salmans gehandelt haben, seinem Sohn weitgehend freie Hand zu lassen. Nur in strategisch essentiellen Fragen und in Krisen­zeiten (wie beispielsweise nach dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018) soll er korrigierend eingegriffen haben – obwohl es für diese Interventionen keine hinreichenden Belege gibt.9 Der Kronprinz vertrat offen seinen Anspruch auf die alleinige Macht in Saudi-Arabien und zeigte sich vollkommen überzeugt, dass sein Aufstieg der hergebrachten Ordnung der Dinge entsprach. Dies war umso bemerkenswerter, weil erst 2012 überhaupt absehbar wurde, dass sein Vater doch noch König werden könnte und Bin Salman erst mit der Thronbesteigung Salmans im Januar 2015 zu einem ernsthaften Prätendenten wurde. Unmittelbar darauf begann der Kronprinz, Entscheidungen zu treffen, ohne die bis dahin übliche Praxis der Konsensbildung unter den führenden Prinzen zu beachten.10 Seine Unterstützer feierten den neuen Politikstil als kühn und entschlussfreudig, seine Gegner schmähten ihn als unbedacht und rücksichtslos.11

Bin Salman machte sich rasch einen Namen als besonders fleißiger Politiker, der mit großer Energie bis weit in die Nacht arbeitet und auch von seinen Untergebenen vollen Einsatz fordert. Allerdings weisen die vielen Berichte auch auf eine Neigung zu Kontrollwut und Mikromanagement hin. Dies war vor allem deshalb problematisch, weil der Kronprinz rasch in Kontakt mit einer Bürokratie kam, in der häufig nur wenig, sehr langsam und ohne sichtbare Ergebnisse gearbeitet wurde. Oft traf der Zorn des Kron­prinzen Minister, deren Häuser seine Erwartungen nicht erfüllten. Als Inseln der Effektivität in einem wenig leistungsfähigen Apparat galten lange Zeit vorrangig das Ölministerium, die staatliche Ölgesellschaft Aramco und Teile des Innenministe­riums. Um seine Pläne trotzdem voranzutreiben, verließ sich Bin Salman auf einen kleinen Kreis treu ergebener Anhänger, die er in Schlüsselstellungen brachte, wo sie seine Ideen in die Tat umzusetzen hatten.

Die wichtigsten Berater

In den Jahren 2015 bis 2019 machten besonders Saud al-Qahtani und Turki al-Sheikh von sich reden, die in den innersten Machtzirkel rund um Bin Salman auf­stiegen und im Kampf gegen die Widersacher des Kron­prinzen als loyale Vollstrecker auftraten. Saud al-Qahtani scheint bis 2018 der engste Vertraute Bin Salmans gewesen zu sein. Er begann als unbedeutender Verwaltungsangestellter am königlichen Hof und kümmerte sich um das Medienmonitoring, bevor er 2015 zum Berater des Kronprinzen im Ministerrang avancierte. Er wurde damit betraut, den Aufstieg Muhammad Bin Salmans teils offen und teils verdeckt mit elektronischen Mitteln zu befördern. Zu diesem Zweck leitete er eine Stelle, die Saudi Center for Studies and Media Affairs genannt wurde. Von dort aus machte Qahtani Saudi-Arabien zu einem »Labor des elektronischen Autoritarismus« (Ben Hubbard). Neben einem eigenen Twitter-Account mit mehr als einer Million Follower betrieben er und sein Stab zahlreiche Bots, welche die Propaganda des Kronprinzen verbreiteten. Im Inland weitete Qahtani die elek­tronische Überwachung in einem bis dahin ungekann­ten Maße aus.12

Außerdem hackten sich Qahtanis Leute in die Mobiltelefone von Persönlichkeiten im Ausland ein, indem sie modernste Spyware einkauften und nutz­ten – in erster Linie das Programm Pegasus, mit dem sich Smartphones aus der Entfernung über­wachen lassen. Diese Kampagne richtete sich zuvor­derst gegen saudische Dissidenten, vor allem Jamal Kha­shoggi. Es gilt als erwiesen, dass Saud al-Qahtani für den Mord an dem Journalisten im saudischen Konsulat in Istanbul am 2. Oktober 2018 verantwortlich war (die amerikanischen Nachrichtendienste gehen davon aus, dass der Auftrag, Khashoggi fest­zunehmen oder zu töten, von Bin Salman stammte) und mit den Tätern – die aus saudischen Sicherheits­behörden stammten – über Skype in Kontakt stand.13 Kurz nach dem Mord verlor Qahtani seine offiziellen Titel, wurde aber von der – ohnehin intransparen­ten und vermutlich nur für die Außendarstellung gemein­ten – Strafverfolgung in Saudi-Arabien aus­genommen.14 Im Mai 2021 begann eine monatelange Kampagne prosaudischer Accounts in den sozialen Medien, die Saud al-Qahtani als »Helden«, »Patrioten« und »Führer« feierten und ihn auf Bildern in Videos gemeinsam mit Bin Salman zeigten.15 Außerdem wurde berichtet, dass er zum ersten Mal wieder am königlichen Hof gesehen wurde. Ob er erneut eine Rolle als Berater des Kronprinzen einnahm – oder ob er die Rolle je aufgegeben hatte –, wurde nicht deutlich.16

Turki al-Sheikh entstammte den Sicherheitsbehörden und war ursprünglich ein Leibwächter des Kron­prinzen, der ihn mit einigen besonders fragwürdigen Aufträgen betraute. Es war Turki al-Sheikh, der im Juni 2017 Muhammad Bin Naif im Palast von König Salman in Mekka festsetzte und mit Drohungen und Medikamentenentzug zwang, als Kronprinz zugunsten von Muhammad Bin Salman zurückzutreten.17 Im November 2017 waren Turki al-Sheikh und seine Leute für die teils gewaltsame Festsetzung von hun­der­ten Prinzen und Geschäftsleuten im Hotel Ritz-Carlton in Riad verantwortlich.18 Offiziell stand er zunächst der General Sports Authority vor, die sich um die Sportförderung im Land kümmert. Im Dezem­ber 2018 wurde er zum Chef der im Mai 2016 ge­grün­deten General Entertainment Authority ernannt, die für den raschen Ausbau des Unterhaltungssektors zuständig war.19 Während der folgenden Jahre kon­zentrierte sich Turki al-Sheikh hauptsächlich auf diesen Arbeitsbereich, der für den Erfolg der Vision 2030 besonders bedeutsam war, und betätigte sich weiter in der Sportpolitik. Zwar blieb er eine öffent­liche Person, fiel aber nicht mehr als Vollstrecker des Kronprinzen auf.

Neuorganisation des Beraterkreises

Nach dem Mord an Khashoggi wurde der Kreis um Bin Salman neu organisiert. Während Qahtani und Sheikh zumindest nach außen hin an Prominenz verloren, rückten bis dahin weniger bekannte und Bin Salman nicht ganz so nahestehende Personen in den Blick, die sich seit 2015 vorwiegend als wirt­schaftspolitische Berater einen Namen gemacht hatten. Zu ihnen gehörten Muhammad Al al-Sheikh, der zumindest in den ersten Jahren nach 2015 als einflussreichster Wirtschaftsberater des Kronprinzen galt. Er ist Staatsminister, Mitglied im 2015 gegründeten Wirtschaftsrat des Kronprinzen und auch Mitglied im Direktorium des Staatsfonds – wobei seine Bedeu­tung noch größer sein dürfte, als es die offi­ziellen Positionen wiedergeben.20 Unter anderem soll er eine zentrale Rolle bei den Verhandlungen mit den fest­gesetzten Prinzen und Geschäftsleuten im Hotel Ritz‑Carlton 2017 gespielt haben.21 Bekannter als Al al‑Sheikh ist Yasir al-Rumayyan, Direktor des Staatsfonds PIF und Privatbankier des Kronprinzen.22

Auch Muhammad al-Jadaan and Muhammad al-Tuwaijiri werden zu den maßgeblichsten Gefolgs­leuten des Kronprinzen gezählt. Muhammad al‑Jadaan ist seit November 2016 Finanzminister und Mitglied im Direktorium des Staatsfonds. Dort ist auch Muhammad al-Tuwaijiri vertreten, der nach einigen Jahren als Wirtschaftsminister (2017–2020) als poli­tischer Berater am königlichen Hof im Ministerrang fungiert. Hinzu kommt – vielleicht eine Stufe unter den bisher genannten Personen – Ahmad al-Khateeb, der seit Februar 2020 als Tourismusminister amtiert, aber auch als Chef der staatlichen Rüstungsfirma Saudi Arabian Military Industries aktiv ist und eben­falls dem Direktorium des Staatsfonds angehört.

Ferner gibt es weitere Personen, die aus der Bürokratie stammen und denen enge Beziehungen zum Kronprinzen unterstellt werden, weil sie die saudische Politik in wichtigen Feldern nach außen ver­treten. Zu ihnen zählte etwa Energieminister Khalid al‑Falih, der sein Amt im September 2019 verlor, 2020 aber zum Investitionsminister ernannt wurde. Er war ein Fachmann für Ölpolitik, denn er war in der staat­lichen Ölfirma Aramco aufgestiegen, bevor er 2008 ihr Chief Executive Officer (CEO) wurde und 2016 das Ministeramt übernahm.23 Sein Einfluss dürfte aber deutlich geringer sein als jener der engeren Vertrauten Bin Salmans. Zu nennen sind schließlich auch einige Prinzen, die Ministerposten innehaben und als wichtige Persönlichkeiten in der Regierung gelten, etwa Verteidigungsminister Khalid Bin Salman Al Saud und Außenminister Faisal Bin Farhan Al Saud.

Interne Säuberungen

Um seine Herrschaft zu stabilisieren, identifizierte Muhammad Bin Salman schon ab 2015 mehrere Per­sonengruppen, die er als Gefahr betrachtete und die seitdem (und vermehrt ab Sommer 2017) zu Opfern einer verschärften Repression wurden. Darunter fielen erstens Angehörige der Herrscherfamilie wie unter anderem Muham­mad Bin Naif, die trotz ihrer vorherigen Entmachtung erneut ins Visier der Sicher­heitsbehörden gerieten. Zweitens traf es Religions­gelehrte, die mehrheitlich nicht dem einst mächtigen religiösen Establishment, sondern einer Bewegung ohne offizielle Funktionen zuzurechnen und gerade deshalb populär waren. Drittens wurden Journalisten, Publizisten und politische Aktivisten unterschied­licher Ausrichtung zu Objekten der Verfolgung, weil sie Bin Salman und seine Politik offen kritisiert hatten. Insgesamt wurde Bin Salmans Autoritarismus sehr viel durchgreifender und kompromissloser, als das bis 2015 der Fall gewesen war.

Herrscherfamilie

Die Entmachtung des Kronprinzen Muhammad Bin Naif und jene des Kommandeurs der Nationalgarde Mitab Bin Abdallah kamen einem Staatsstreich gleich und offenbarten, dass Bin Salman konkurrierende Mitglieder der Herrscherfamilie als die größte Bedro­hung seiner Herrschaft betrachtete. Dies zeigte sich erneut im März 2020, als mehrere führende Prinzen und ihre Gefolgsleute ins Fadenkreuz des Kron­prinzen gelangten.

Wieder war Muhammad Bin Naif das Hauptziel der Maßnahmen. Er hatte nach seiner Abdankung als Kronprinz im Juni 2017 unter Hausarrest gestanden, war aber Ende 2019 erstmals wieder in der Öffentlichkeit aufgetaucht. Im März 2020 wurde er jedoch gemeinsam mit anderen Familienangehörigen ver­haftet. Große öffentliche Aufmerksamkeit rief vor allem die Festnahme von Ahmad Bin Abd al-Aziz (geboren 1942) hervor. Bei diesem handelt es sich um einen jüngeren Vollbruder von König Salman, ein Mitglied der »Sudairi-Sieben« und einen Onkel von Bin Naif und Bin Salman. Zwischen 1975 und 2012 war Prinz Ahmad stellvertretender Innenminister und dann für einige Monate Innenminister, bis er das Amt im November 2012 an seinen Neffen Muham­mad Bin Naif weitergab. Ahmad gehörte seit spätestens 2012 zu den prominentesten Prinzen, und einige führende Familienmitglieder sollen ihn an­stelle von Bin Salman und Bin Naif ab 2015 als Kronprinzen vorgeschlagen haben. 2018 hatte sich Ahmad in London kritisch über die Politik der neuen saudischen Führung geäußert, war aber trotz War­nun­gen nach Saudi-Arabien zurückgekehrt, weil er auf sein gutes Verhältnis zu König Salman vertraut haben soll.24 Muhammad Bin Naif und Ahmad Bin Abd al-Aziz wurden seit März 2020 nicht mehr gese­hen, so dass davon auszugehen ist, dass sie entweder unter Hausarrest stehen oder in Haft sind.

Die Regierung soll den beiden Prinzen bei der Fest­nahme im März 2020 einen Putschversuch vor­ge­worfen haben.25 Anderen Quellen zufolge habe Bin Salman die Geduld mit seinem Cousin und seinem Onkel verloren, weil sie im Familienkreis missbilligend über ihn geredet hatten.26 Offensichtlich arg­wöhnte der Kronprinz, ihm drohe ernsthaft Gefahr. Dafür spricht, dass er das Innenministerium als Zen­trum des Widerstands identifiziert zu haben scheint, denn außer den beiden Prinzen – die dieses Ressort lange (mit-)geführt hatten – trafen die neuen Maß­nahmen mindestens eine weitere Person mit einem Hintergrund in der inneren Sicherheit. Dabei ging es um Generalmajor Saad al-Jabri, der bis zu seiner Ent­lassung durch König Salman die Nummer zwei im Innenministerium und engster Mitarbeiter von Muhammad Bin Naif gewesen war. Zwar war es Jabri gelungen, das Königreich im Frühjahr 2017 gerade noch rechtzeitig zu verlassen, doch befand er sich seitdem im Visier der Häscher des Kronprinzen. Im März 2020 verschärfte Muhammad Bin Salman sein Vorgehen und ließ zwei erwachsene Kinder Jabris verhaften, um diesen zur Rückkehr nach Saudi-Arabien oder auch zum Wohlverhalten im Exil zu zwingen.27

Religionsgelehrte und Prediger

Bei der zweiten Gruppe, die zum Ziel der Repression Bin Salmans wurde, handelte es sich um Religions­gelehrte und Prediger wie vor allem Salman al-Auda, Awad al-Qarni und Ali al-Omari, die als konservative Stars galten und Millionen Anhänger im Internet aufwiesen. Sie fielen im September 2017 einer Ver­haftungswelle zum Opfer, die postwendend auf den erzwungenen Rücktritt Muhammad Bin Naifs folgte. Zwar traf es damals ein breites Spektrum von tat­säch­lichen und potentiellen Dissidenten, zu denen neben den Gelehrten auch Intellektuelle, Akademiker und zahlreiche Menschenrechtsaktivisten gehörten. Die genannten drei jedoch waren die bekanntesten Gesich­ter dieser frühen Repressionswelle.

Der 1956 geborene Salman al-Auda ist der mit Abstand wichtigste Vertreter einer oppositionellen Bewegung, die meist as-Sahwa al-Islamiya (Islamische Wiedererweckung) genannt wird und in den 1980er Jahren entstand. Ihre Vertreter verbinden die Politik­orientierung und teils revolutionäre Ideologie der Muslimbruderschaft mit dem gesellschaftlichen und kulturellen Konservatismus der saudischen Wahha­biten. Nach fünf Jahren im Gefängnis gab Auda seine oppositionellen Aktivitäten 1999 auf und wurde zu einem über Saudi-Arabien hinaus prominenten Gelehr­ten und Intellektuellen, der vor allem enge Beziehungen zur internationalen Muslimbruderschaft pflegte und im Netz ein Millionenpublikum fand. Zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung im September 2017 hatte er auf Twitter 14 Millionen Follower. Es dürfte in erster Linie die Verbindung von revolutionärem Gedankengut und sozial-kulturellem Konservatismus der Sahwa gewesen sein, die Bin Salman als potentielle Gefahr erschien. Zwar war Auda längst kein Revolutionär mehr, doch waren der Einfluss der Muslimbruderschaft auf sein Denken und seine Ver­bindung zu der Organisation nicht zu übersehen.28

Zeitweise schien dem prominenten Oppositionellen Salman al-Auda die Hinrichtung zu drohen.

Die saudische Führung betrachtete die Muslim­bruderschaft als Bedrohung der inneren Sicherheit des Königreichs und als Gefahr für die Stabilität der Region, so dass sie sie schon im März 2014 auf ihre Liste terroristischer Organisationen setzte.29 Ein Aus­druck dieser Politik war die Blockade Katars durch Saudi-Arabien (gemeinsam mit den VAE, Bahrain und Ägypten), die im Juni 2017 begann und unter ande­rem darauf abzielte, die Unterstützung des Emirats für die Muslimbruderschaft zu stoppen. Anlass für die Inhaftierung Audas im September 2017 war denn auch ein Tweet, in dem dieser kurz nach einem Tele­fonat zwischen Bin Salman und Emir Tamim seine Hoffnung äußerte, dass die Führungen Saudi-Ara­biens und Katars sich versöhnten.30 Dass es aber um mehr als Audas Sympathie für Katar ging, offenbarte sich in den Folgejahren. Im September 2018 wurde bekannt, dass die saudischen Ankläger die Todesstrafe für Auda beantragen wollten; im Mai 2019 verbreitete sich die Nachricht, dass die Hinrichtung für kurz nach dem kommenden Ramadan geplant sei.31 Das erwies sich zwar als Falschmeldung, doch blieb der Gelehrte in Haft. Da der Konflikt zwischen Riad und Doha im Januar 2021 beigelegt wurde, ging es wohl eher darum, einen potentiellen konservativen Oppo­sitionellen aus dem Umfeld der Muslimbrüder mund­tot zu machen.

Die beiden anderen Sahwa-Vertreter waren nicht ganz so bekannt wie Salman al-Auda. Der 1957 gebo­rene Religionsgelehrte Awad al-Qarni hatte aber eben­falls eine formale Ausbildung als Religionsgelehrter durchlaufen und gehörte schon früh zu den nach Auda einflussreichsten Vertretern der Sahwa. Er hatte über seinen Twitter-Account – dem mehr als zwei Mil­lionen Menschen folgten – mehrfach zu einer Verbesserung der Beziehungen zu Katar aufgerufen.32 Seine Strafverfolger warfen ihm außerdem vor, sich öffentlich für die Muslimbruderschaft ausgesprochen zu haben.33 Der deutlich jüngere Ali al-Omari (gebo­ren 1973) war der am wenigsten bekannte der drei, hatte aber ebenfalls eine religiöse Ausbildung absol­viert und war unter jungen Saudis populär, denen er als liberal-konservativer Fernsehprediger bekannt war. Wie Auda war auch er ein Mitglied der Gelehrten­vereinigung Globale Union der Muslimischen Religionsgelehrten (al-Ittihad al-‹Alami li-‹Ulama al-Mus­limin/International Union of Muslim Scholars, IUMS) mit Sitz in Doha und Dublin. Sie gilt als Sprachrohr und Interessenvertretung der Muslimbruderschaft und wurde in Saudi-Arabien im August 2017 als ter­roristische Organisation gelistet.34 Schon die Tatsache, dass die drei Gelehrten auch nach der Aussöhnung mit Katar in Haft blieben, ließ darauf schließen, dass es nicht nur um ihre engen Beziehungen nach Katar, sondern um das oppositionelle Potential von Sahwa und Muslimbruderschaft ging.

Politaktivisten, Menschenrechtler und Oppositionelle

Muhammad Bin Salman und seine Gefolgsleute mach­ten sich auch daran, öffentliche Debatten in Saudi-Arabien einzudämmen, die seit 2012 vor allem auf Twitter stattfanden. Zu diesem Zweck sorgten sie für eine engmaschige technische Überwachung der Inhalte sozialer Medien und ließen kritische Stimmen aller Art verfolgen. Viele bekannte Aktivisten wurden Opfer der großen Verhaftungswelle im September 2017, aber auch in den folgenden Jahren wurden pro­minente Kritiker ebenso wie Menschen- und Frauen­rechtler festgenommen. Sie wurden zur Abschreckung oft zu langjährigen Haftstrafen und in Einzel­fällen sogar zum Tode verurteilt. Ziel war es, eine bis dahin teils sehr lebhafte Debattenkultur zu zerstören.

Bis 2017 gab es in Saudi-Arabien zwar keine Mei­nungs­freiheit, doch im Vergleich zu vielen anderen Staaten des Nahen Ostens einige Freiräume. Vor 2011/12 wurde im privaten und halböffentlichen Raum intensiv über die Politik des Landes diskutiert. Dabei galten die Herrscherfamilie und die Religion als Tabus, und wer sich an diese hielt, konnte Debatten führen. Mit dem Aufkommen sozialer Medien weitete sich der öffentliche Diskurs beträchtlich. Viele Saudis nutzten die Möglichkeit, auf Twitter anonym zu debat­tieren. Nirgendwo sonst weltweit wurde dieses Medium seit dem Arabischen Frühling von einem so hohen Anteil an der Gesamtbevölkerung genutzt wie in Saudi-Arabien. Besonders die Korruption der Herr­scherfamilie und die verbreitete Misswirtschaft wur­den zu Gegenständen öffentlicher Kritik. Auch das Thema liberale und islamistische politische Gefan­gene wurde prominent diskutiert.35

Muhammad Bin Salman scheint das Medium früh als Gefahr ausgemacht zu haben, denn schon 2014/15 begann er mit den Vorbereitungen für eine Kampagne gegen saudische Twitter-Nutzer. Hauptverantwortlich für die Abwicklung dürften Saud al-Qahtani und sein Saudi Center for Studies and Media Affairs gewesen sein, doch den Anfang machte eine Spionageoperation in den USA. Dabei verschafften sich zwei Mitarbeiter der Firma Twitter in Seattle Zugang zu mehr als 6.000 Accounts und gaben Informationen über die Identität der Halter an saudische Stellen weiter.36 Nicht in jedem Fall ist zu klären, ob die anschließenden Maß­nahmen auf den Datenabfluss bei Twitter zurück­gingen, doch erhielt die saudische Führung die Namen mehrerer bis dahin anonymer Kritiker und weitere Informationen über sie. Es begann eine regelrechte Jagd auf Saudis, die Twitter zur Kritik an der eigenen Regierung nutzten.

Die genaue Zahl der Betroffenen ist unbekannt, aber es gibt Berichte über mindestens sechs saudische Twitter-Nutzer, die auf Grundlage der 2014/15 gewon­nenen Informationen (und möglicherweise unbekannt gebliebenen Operationen danach) verhaftet und ver­urteilt wurden. Ein etwas prominenterer Fall war der Satiriker Abd al-Rahman al-Sadhan, der in seinem bür­gerlichen Leben für den Saudischen Roten Halb­mond – das lokale Äquivalent zum Roten Kreuz – arbeitete. Darüber hinaus aber unterhielt er einen beliebten anonymen Twitter-Account (@sama7ti), auf dem er sich über die Herrscherfamilie lustig machte. Er wurde im März 2018 verhaftet und verschwand bis Februar 2020, als er seine Familie erstmals telefonisch kontaktieren durfte.37 Im April 2021 wurde er schließ­lich zu zwanzig Jahren Haft verurteilt.38

Repressionen richteten sich aber auch gegen offen auftretende Kritiker der Regierung oder einzelner Aspekte ihrer Politik. Zu ihnen gehörte etwa der be­kannte Wirtschaftswissenschaftler und Unternehmer Issam al-Zamil, der die Pläne des Kronprinzen kriti­sierte, Anteile am Ölkonzern Aramco zum Verkauf anzubieten. Er wurde im September 2017 verhaftet und im Oktober 2020 zu 15 Jahren Haft verurteilt.39 Ähnliches erlitt der liberale Schriftsteller und Jour­nalist Jamil Farsi, der sich ebenfalls kritisch über den Verkauf von Aramco-Anteilen geäußert und überdies für politische Gefangene eingesetzt hatte. Nach seiner Verhaftung im September 2017 verbrachte er sieben Jahre im Gefängnis.40

Reformen II: Gesellschaft und Kultur

Mit den politischen und ökonomischen Reformen des Kronprinzen gehen einschneidende gesellschaftliche Veränderungen einher, die seine Position und Beliebt­heit stärkten. Vor allem drängte Bin Salman den bis 2015 großen Einfluss der wahhabitischen Religions­gelehrten zurück und ebnete damit den Weg für seinen Modernisierungskurs. Anstelle der Legitima­tion durch die religiösen Eliten setzte er auf einen saudischen Nationalismus, in dessen Zentrum die Herrscher­familie steht. Die früher starke Stellung der Gelehrten lief seinem autoritären Selbstverständnis zuwider, dem zufolge keine parallelen Machtzentren geduldet werden dürfen. Außerdem gelten ihm die strikten Einschränkungen im öffentlichen Leben offen­bar als Wachstumshemmnis, denn sie verhindern unter ande­rem, dass Frauen in großer Zahl am Arbeitsleben teilnehmen. Ferner mussten die Restrik­tionen ge­lockert werden, um mehr qualifiziertes aus­ländisches Personal ins Land zu locken, Investitionen einzuwerben und auch den Tourismus zu fördern. Besonders viel Aufsehen erregte die Emanzipation der Frauen im Königreich.

»Moderater Islam«

Muhammad Bin Salman forderte schon früh im Inter­view mit dem US-amerikanischen Nachrichtensender Fox News einen »moderaten, ausbalancierten Islam, der der Welt, allen Religionen, allen Traditionen und Völkern offen gegenüberstehen« solle.41 In Interviews führte er diesen Gedanken aus, nannte 1979 als Wen­de­punkt und sagte, dass es ihm darum gehe, das libe­ralere Saudi-Arabien der 1960er und 1970er Jahre wiederauferstehen zu lassen. Tatsächlich war das Jahr 1979 ein Epochenjahr in der saudischen Geschichte und im Verhältnis zwischen Staat und Religion im Königreich. Der Grund lag darin, dass die Herrscherfamilie damals eine konservative Restauration ein­leitete, die Saudi-Arabien in den folgenden Jahrzehnten prägte. Wichtigster Auslöser für die Wende von 1979 war die Besetzung der Großen Moschee von Mekka durch mehrere hundert wahhabitische Fana­tiker, die gegen die Modernisierung des Landes pro­testierten. Sie nahmen hunderte Pilger als Geiseln und konnten erst nach zwei Wochen aus der Moschee vertrieben werden. Hunderte Moscheebesetzer, Sicher­heitskräfte und Pilger verloren ihr Leben.42

Die Wahhabiten sind Anhänger einer puristischen Reformbewegung. Der Wahhabismus wurde ab 1744/45 zur offiziellen Islaminterpretation des saudi­schen Staates. Ihre bedeutendsten Vertreter sind die führenden wahhabitischen Religionsgelehrten, die seit dem 18. Jahrhundert bis zu den Reformen des Kronprinzen darüber wachten, dass sich Staat und Gesellschaft Saudi-Arabiens streng an den Vorschriften der Wahhabiten orientieren. Dazu gehörten unter anderem das strikte Verbot von Musik und Tanz, die Verbannung der Frau aus der Öffentlichkeit und eine feindselige Haltung gegenüber Anhängern anderer Glaubensrichtungen und Religionen. Mit der Herr­scher­familie verband die wahhabitischen Gelehrten eine Allianz, die ihnen durchgreifenden Einfluss auf die saudische Gesellschaft, die Justiz und die Erzie­hung verschaffte, während sie den saudischen Herr­schern religiöse Legitimität verlieh.

Der Sturm auf die Große Moschee war nicht nur deshalb problematisch, weil er die religiöse Legitimität der Herrscherfamilie und ihre Kontrolle über das Heiligtum von Mekka in Frage stellte. Hinzu kam, dass es sich bei den Besetzern um radikale Wahha­biten handelte, die zurück zu den Ursprüngen der Bewegung wollten, die Modernisierung des Landes ablehnten und die Sympathie vieler führender Ge­lehrter genossen. Einige der Moscheebesetzer waren sogar Schüler des damals mächtigsten Klerikers und späteren Großmuftis Abd al-Aziz Ibn Baz (amtierte 1993–1999), der ihr Unbehagen ob der Politik des Königreichs in vielen Aspekten teilte. Dennoch ent­schieden sich die führenden Gelehrten, die Regierung zu unterstützen, und formulierten ein Rechtsgutachten (fatwa), das den Sicherheitskräften trotz des in der Großen Moschee geltenden Waffenverbots erlaubte, die Anlage zu stürmen.

Im Anschluss an die Wiedereinnahme bemühte sich die Herrscherfamilie, durch eine religionspoli­tische Wende die Unterstützung der Wahhabiten im Land zurückzugewinnen. Den führenden Religions­gelehrten wurde gestattet, ihren Einfluss auf das öffent­liche Leben in Saudi-Arabien massiv auszu­bauen. Fortan setzten sie rigorosere Kleidungs- und Verhaltensvorschriften durch. Frauen mussten das traditionelle schwarze Gewand (abaya) mit einem Kopftuch (hijab) tragen. Während der Gebetszeiten hatten sämtliche Geschäfte zu schließen. Kinos und Musikgeschäfte gab es nicht mehr. Überwacht wurde die öffentliche Moral von einer Religionspolizei, die nach 1979 deutlich gestärkt wurde. Sie patrouillierte in den Straßen der saudischen Städte, kontrollierte die Einhaltung der verschärften Regeln und drang sogar in Privathäuser ein, wenn der Verdacht bestand, dass dort illegale Feiern aller Art – von Alkohol- und Drogenpartys bis zu christlichen Gottesdiensten – stattfanden.

Spektakulär sind die zahlreichen Musikfestivals und Massenpartys, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren.

Wenn der Kronprinz laut eigener Aussage in die Zeit vor 1979 zurückkehren will, bedeutet dies zu­nächst, dass er die Auswüchse dieser konservativen Wende zurückfahren möchte. Schon im April 2016 verbat Bin Salman der Religionspolizei, Delinquenten zu verfolgen oder festzunehmen; vielmehr habe sie Verstöße der Polizei zu melden.43 Obwohl die Behör­de formal fortbestand, verschwanden ihre von vielen Saudis gefürchteten Trupps seit damals von den Stra­ßen des Königreichs. In der Folge hob der Kronprinz das Verbot von Kinos und Musikveranstaltungen auf. Dies führte zu einem Wandel im öffentlichen Leben, der viele Saudis ihr Land nicht wiedererkennen lässt. Besonders spektakulär sind die zahlreichen Musikfestivals und Massenpartys, die vor wenigen Jahren noch undenkbar waren, seit 2017 aber in großer Zahl und mit hunderttausenden Besuchern stattfinden. Dar­über hinaus ist das tägliche Leben in Saudi-Arabien sehr viel freier geworden, weil niemand mehr die ehemals strikte Geschlechtertrennung überwacht und vor allem Frauen weit mehr Freiheiten genießen als früher. Auffällig ist jedoch, dass die Religionspolizei nicht aufgelöst wurde und ihre vielen Büros und Stütz­punkte im Land weiterbestehen – ohne dass die Truppe in der Öffentlichkeit noch sichtbar ist.44 Mög­licherweise versucht die Führung den Saudis auf diese Weise zu verdeutlichen, dass die neuen Freiheiten jederzeit zurückgenommen werden können.

Die Religionspolizei galt als schlagkräftiges Instru­ment der wahhabitischen Religionsgelehrten, die seit jeher die Führungspositionen dieser Behörde beset­zen. Deshalb legte ihre Entmachtung nahe, dass es dem Kronprinzen vornehmlich darum ging, den Ein­fluss des religiösen Establishments zu beschneiden. Doch galten die Forderungen nach einem »moderaten Islam« und die Kritik an der wahhabitischen Wende von 1979 zunächst vielmehr der Sahwa-Bewegung und der Muslimbruderschaft. In dem Interview mit Fox News, in dem Bin Salman seinen »moderaten, aus­balancierten Islam« forderte, beschrieb er die Ereig­nisse nach 1979 als Folge der Ausbreitung der Sahwa in Saudi-Arabien und darüber hinaus.45 Zwar stimmt es, dass diese Bewegung in den 1980er Jahren erstmals sichtbar auftrat und rasch erstarkte, doch bestand sie damals aus meist sehr jungen Studenten und angehenden Gelehrten, die keinen Einfluss auf die saudische Religionspolitik hatten. Es waren viel­mehr die weitaus älteren, führenden Gelehrten des wahhabitischen Establishments, die für die Verschärfung des Kurses verantwortlich waren.

Offenbar wollte Bin Salman die Botschaft ver­mitteln, dass die Sahwa-Bewegung und die Muslimbruderschaft die religionspolitischen Hauptfeinde des neuen Saudi-Arabien seien. Kurz bevor sich der Kronprinz im Oktober 2017 öffentlich zum »moderaten Islam« äußerte, wurden in Gestalt von Salman al‑Auda und seinen Kollegen die wichtigsten Vertreter der Strömung festgenommen. Aber auch wenn die wahhabitischen Gelehrten nicht betroffen waren, dürften die Festnahmen und die neue Rhetorik ihnen als Warnung gegolten haben. Offensichtlich ist diese Botschaft angekommen, denn es gab keinen sicht­baren Widerstand gegen die Entmachtung der Reli­gionspolizei und die Maßnahmen gegen die Sahwa al‑Islamiya. Auch später folgende, direkter gegen füh­rende Gelehrte gerichtete Repressionen riefen keine Proteste hervor.

Neuer Nationalismus

Direkte Angriffe des Kronprinzen auf das religiöse Establishment ließen noch einige Jahre auf sich warten. Er setzte aber von Beginn an auf einen aus­gepräg­ten saudischen Nationalismus, den viele Beobachter als »Saudi-First-Politik« beschrieben und der sich stark von der panarabischen und panislamischen Ausrichtung abhob, die bis dahin in der saudi­schen Eigendarstellung dominiert hatte. Mit dieser Neuorientierung ging eine Geschichts- und Erinnerungs­politik einher, in welcher der Anteil wahhabitischer Gelehrter an Entstehung und Überleben des saudischen Staates weitgehend geleugnet und allein die Herrscherfamilie Saud in den Mittelpunkt der staat­lichen Propaganda gestellt wurde. Statt auf reli­giöse Legitimität zu bauen, spekulierte Muhammad Bin Salman auf die Unterstützung der jungen Bevöl­kerung, die besonders von den Reformen profitiert.

Der neue Nationalismus in Saudi-Arabien hatte seine Wurzeln schon in der Regierungszeit von König Abdallah (2005–2015), der 2005 den 23. September – den Tag der Proklamation des Königreichs Saudi-Ara­bien im Jahr 1932 – zu einem öffentlichen Feiertag machte. Zwar blieb der Widerstand der Gelehrten ver­halten, doch lehnen diese alle weltlichen und musli­mischen Feiertage bis auf das Opferfest (Id al-Adha) und das Fest des Fastenendes (Id al-Fitr) als unislamisch ab. Erst Bin Salman folgte ab 2017 dem schon älteren Trend aus den kleinen Golfstaaten und suchte durch neue Feiertage, die Restaurierung historischer Stätten sowie den Neu- und Umbau von Museen einen saudischen Nationalismus zu befördern. Im saudischen Fall besaß diese Politik anders als in Katar und den VAE jedoch besondere Sprengkraft, weil die saudische Herrscherfamilie sich seit jeher auf reli­giöse Legitimität stützte, die ihr das Bündnis mit den Religionsgelehrten verschaffte. Möglicherweise war es die jahrhundertealte und weiterhin starke Bin­dung, die Bin Salman lange zögern ließ, den Einfluss der Kleriker noch weiter zurückzudrängen, als ihm dies mit der Entmachtung der Religionspolizei 2016 gelungen war.

Ein erstes Indiz, dass Bin Salman weitergehende Ziele verfolgte, war die Entscheidung, die Nabatäer­ruinen von al-Ula zum attraktivsten Touristenziel im Land auszubauen. Der Ort und seine Umgebung sind für mehr als 100 nabatäische Gräber berühmt, die ungefähr gleichzeitig mit jenen im weltberühmten jordanischen Petra entstanden sind und den Bauten dort stark ähneln. Diese Entscheidung war weitreichend und äußerst kontrovers, denn obwohl die Rui­nen schon lange bekannt waren, galt ihr Besuch vielen Saudis als verpönt, da das religiöse Establish­ment sie als heidnische Überbleibsel aus vorislamischer Zeit beschrieb und ihren Besuch verbat. Bin Salman setzte sich über die Vorbehalte der religiösen Elite des Landes hinweg. In einer pompösen Zeremonie legte er im Februar 2019 den Grundstein für das Projekt mit dem Titel »al-Ula Vision« und ließ den Ort als Reiseziel entwickeln.46 Obgleich es sich für die Wahhabiten im Land um einen beispiellosen Tabu­bruch handelte, blieb offener Widerstand aus. Die weitgehende Ruhe dürfte vor allem der Furcht vor Konsequenzen geschuldet gewesen sein.

Drei Jahre später ließ der Kronprinz einen weiteren Schritt folgen, der das religiöse Establishment erst recht in seinen Grundfesten erschütterte. Bin Salman führte den »Tag der Gründung« (Yaum at-Ta’sis) als zu­sätzlichen Nationalfeiertag ein, der am 22. Februar 2022 erstmals gefeiert wurde. Die saudische Führung behauptete, der erste saudische Staat sei schon 1727 ins Leben gerufen worden, als der Begründer der Dy­nas­tie Muhammad Ibn Saud (regierte 1727–1765) die Macht in der Ortschaft Dir’iya übernahm – der alten Hauptstadt Saudi-Arabiens. Dies widersprach der im Land bis dahin verbreiteten Darstellung, der erste saudische Staat sei erst 1744/45 durch das Bündnis zwischen diesem Herrscher und dem Religionsgelehrten Muhammad Ibn Abd al-Wahhab entstanden – dem Begründer des Wahhabismus.47 Offenbar wollte der Kronprinz die Rolle seiner eigenen Familie für die saudische Geschichte aufwerten und den wahhabitischen Gelehrten, unter denen bis heute viele von Ibn Abd al-Wahhab abstammen, eine untergeordnete Position zuweisen.

Bin Salman war darüber hinaus bestrebt, glaubwürdig darzulegen, wie sehr er selbst in der Tradition der Dynastie der Familie Saud steht. Dies erreichte er vor allem dadurch, dass er seine Verbindung zu Abd al-Aziz Ibn Saud hervorhob – seinem Großvater, Gründer des dritten saudischen Staates, der das Land bis zu seinem Tod 1953 mehr als ein halbes Jahrhundert beherrscht hatte. Auf riesigen Plakatwänden an öffentlichen Plätzen, in Regierungsgebäuden und Hotels wurden nun im ganzen Land die drei Porträts des Großvaters, des Sohnes König Salman und des Enkels Kronprinz Muhammad Bin Salman nebeneinander gezeigt. Parallel bemühte sich die regierungstreue Propaganda, die – bei neutraler Betrachtung doch sehr begrenzten – Ähnlichkeiten zwischen Groß­vater und Enkel herauszuarbeiten. Mit dem Rück­bezug auf den mächtigen Ibn Saud hatte die saudi­sche Führung im Sinn, Kontinuitäten hervorzuheben, die zentrale Stellung der saudischen Dynastie zu beto­nen und ihren Herrschaftsanspruch ebenso wie den des Kronprinzen ideologisch zu untermauern.48

Die Bemühungen des Kronprinzen um einen neuen Nationalismus und die verschärfte Unterdrückung ab­weichender Meinungen wirkten sich prompt auf die öffentliche Debatte des Königreichs aus, denn diese wurde deutlich einheitlicher und nationalistischer. Ablesen ließ sich das beispielsweise an zahl­reichen Kom­mentaren zu einem Besuch Joe Bidens in Riad im Juli 2022. Vor seiner Wahl zum US-Präsiden­ten im November 2020 hatte dieser Saudi-Arabien wegen des Mordes an Jamal Khashoggi als »Pariastaat« bezeichnet. Als nach Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine 2022 jedoch der Ölpreis und die Inflations­rate in den USA stiegen, reiste Biden nach Riad, um Bin Salman zu überzeugen, die saudische Ölproduktion hochzufahren. Viele, auch liberale Saudis hatten die Bemerkung Bidens aber als gegen ihr Land gerich­tet interpretiert und verlangten in sozialen Medien, den US-Präsidenten unverrichteter Dinge ziehen zu lassen. Tatsächlich zeigte sich der Kronprinz kom­promisslos und beschloss gemeinsam mit Russland im Oktober 2022, die Produktion um zwei Millionen Barrel pro Tag zu senken.49

Der neue Nationalismus in der saudischen poli­tischen Kultur offenbarte sich auch in einem neuen, teils übersteigerten Selbstbewusstsein. Viele Saudis scheinen sich ein Vorbild an Bin Salman genommen zu haben, der seit jeher zu großen Worten neigt, wenn es um die Stellung Saudi-Arabiens in der Welt geht. So sagte er auf einem Investitionsforum in Riad im Oktober 2018, dass »der Nahe Osten das neue Europa ist«.50 Solche und ähnliche Aussagen hört man seitdem auch vermehrt von saudischen Offiziel­len und Bürgern, wenn sie sich etwa eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes verbitten. Die Neue Zürcher Zeitung beispielsweise zitierte einen saudischen Banker, der über den Westen sagte: »Ihr glaubt immer noch, ihr wärt das Zentrum der Welt. Aber dem ist nicht mehr so.«51 Da sich das Gespräch um Saudi-Arabien drehte, implizierte die Aussage, dass die Bedeutung des Königreichs wachse und es selbst zu einem neuen Zentrum aufsteige. Diese und ähnliche Aussagen spiegeln einen Wandel im saudi­schen nationalen Selbstbild, der seine Wurzeln in den Reformen des Kronprinzen hat.

Bin Salman unternahm einen weiteren Schritt, mit dem er den Einfluss der einst mächtigen Religions­gelehrten noch mehr einschränkte. In einem Inter­view mit dem staatlichen Fernsehsender al-Saudiya im Frühjahr 2021 kündigte er erstmals eine revolutio­näre Neuerung im islamischen Recht des Königreichs an. Dabei ging es um die ahadith (Singular hadith), also die Berichte über Worte und Taten des Propheten Muhammad, die zusammengenommen als Sunna bezeichnet werden und gemeinsam mit dem Koran die wichtigsten Quellen des sunnitischen islamischen Rechts darstellen. Für die wahhabitischen Gelehrten ist die Hadithwissenschaft fundamental, weil sie glau­ben, auf Basis dieser Quellen detailgenau rekonstruieren zu können, wie der Prophet und die ersten Gene­rationen der Muslime gelebt und geglaubt haben (und sie versuchen, getreu diesem Vorbild des Propheten und der Urmuslime zu handeln und zu denken). Dies ist der tiefere Grund etwa für die Einschränkung von Frauenrechten in Saudi-Arabien, die Verpflichtung zum Gebet in der Gemeinschaft und das Verbot von Musik und Tanz.

In dem Interview verkündete der Kronprinz erstmals, dass er eine Überprüfung der Authentizität mehrerer zehntausend Hadithe in Auftrag gegeben habe. Das Ziel sei es, nur eine kleine Zahl besonders authentischer Texte (wahrscheinlich im dreistelligen Bereich) auszuwählen, die auch künftig eine Grund­lage für das islamische Recht in Saudi-Arabien blei­ben würden. Zehntausende sonstige Texte würden aussortiert.52 So logisch ein solcher Schritt auch schei­nen mag, weil die meisten dieser Berichte erst lange nach dem Tod des Propheten aufgeschrieben und kompiliert wurden und mehr Dichtung als Wahrheit enthalten, so revolutionär war dieses Vorhaben des Kronprinzen. Denn zum einen bestritt Bin Salman das Monopol der Gelehrten auf Auswahl und Aus­legung religiöser Texte, das diese seit fast drei Jahr­hunderten beanspruchen und das die saudischen Herrscher nie prinzipiell in Frage gestellt haben. Zum anderen drohte er, indem er eine radikale Reduzierung verbindlicher Texte ankündigte, mit dem Aus­schluss zahlreicher für die Wahhabiten grundlegender Texte und damit einer weitgehenden Reform und einer weiteren Säkularisierung des Rechts in Saudi-Arabien.

Gerade junge Leute und Frauen reagieren meist euphorisch auf die gesellschaftliche Liberalisierung.

In den nächsten Jahren wiederholte Bin Salman seine Absichten auch gegenüber englischsprachigen Medien und verwies darauf, dass die Auswahl der Hadithe noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.53 Obwohl die damals genannte Frist von etwa zwei Jahren schon lange überschritten ist, liegt bisher keine Kompilation vor, so dass eine Bewertung noch nicht möglich ist. Doch allein durch die Pläne zu einer Reform des islamischen Rechts (und die anderen Schritte gegen den Einfluss der Wahhabiten) verzich­tete Bin Salman auf einen substantiellen Teil der Legi­timität, welche die Unterstützung durch den Klerus allen seinen Vorgängern verschafft hatte. Es ist unklar, was genau den Kronprinzen zu diesem Vor­gehen bewog. Aber es spricht viel dafür, dass er soziale und kulturelle Liberalisierung als Grund­voraussetzung für den Erfolg seiner wirtschaftlichen Reformen betrach­tet und damit für das langfristige Überleben des König­reichs einschließlich der Herr­scherfamilie. Außer­dem dürfte er aufmerksam beob­achtet haben, wie groß die Zustimmung zu seinen Reformen und zu seiner Person unter der jungen Bevölkerung des Königreichs ist. Tatsächlich reagieren gerade junge Leute und Frauen meist euphorisch auf die gesellschaftliche Liberalisierung. Zwar sind sich viele be­wusst, dass gleichzeitig Repression und Überwachung verschärft werden, betrachten dies aber als akzep­tablen Preis dafür, dass so viele vollkommen inak­zep­table Einschränkungen ihrer Freiheit aufgehoben wurden.54

Besserstellung der Frauen

Ein wichtiger Eckpunkt der Reformen ist die Besser­stellung der Frau in der saudischen Gesellschaft. Schon in der Vision 2030 wurden weitgehende Refor­men angekündigt. Dort hieß es, eine moderne Gesell­schaft solle entstehen, in der Frauen Auto fahren und ohne die Erlaubnis eines männlichen Verwandten eine Arbeit aufnehmen dürfen. Die Erwähnung dieses Themas bereits in diesem Dokument ließ darauf schließen, dass es Muhammad Bin Salman in erster Linie darum ging, Frauen als Arbeitskräfte zu mobi­lisieren und damit zu einer neuen Dynamik in der saudischen Wirtschaft beizutragen. Möglicherweise hielt der Kronprinz die weitreichenden Diskriminierungen von Frauen wie so viele jüngere Saudis auch einfach für einen Anachronismus, den es zu besei­tigen galt. Vielleicht wurde Bin Salman aber auch von populistischen Motiven getrieben und suchte nach möglichst vielen Unterstützern für seinen Kurs, mit dem er sich unter den Konservativen viele Feinde machen würde.

Tatsächlich setzte der Kronprinz zunächst vor allem auf die Erlaubnis für Frauen, Auto zu fahren. Im September 2017 kündigte die saudische Führung die Aufhebung des Fahrverbots für Ende Juni 2018 an. Als dies geschah, nahmen viele saudische Frauen das Angebot begeistert an. Das Projekt war geschickt gewählt, denn mit keiner anderen Maßnahme hatte Saudi-Arabien in den letzten Jahrzehnten weltweit so viel Empörung und Unverständnis hervorgerufen wie mit diesem Verbot. Folgerichtig sorgte die Liberalisierung für viel positive Presse. Dass Bin Salman jedoch mehr als nur PR im Sinn hatte, machte er schon früh in Interviews klar. Darin deutete er an, dass weitere Verbesserungen der Rechtsstellung der Frau folgen könnten. Zunächst machten sich jedoch faktische Ver­änderungen bemerkbar, wie beispielsweise die Lockerung der Kleidervorschriften. Fortan bestand keine Pflicht mehr, Kopftuch (hijab) und langen schwar­zen Mantel (abaya) zu tragen, wenngleich viele saudi­sche Frauen sich weiter auf diese Weise kleiden. Auch im Sport entstanden neue Freiheiten. Sie hatten unter anderem einen regelrechten Ansturm auf Mädchen- und Frauen-Fußballklubs zur Folge, die überall im Land gegründet wurden.

Von Beginn an machte Bin Salman jedoch deutlich, dass es sich hierbei um von oben gewährte Gunst­bezeugungen handelte und nicht um durch den jahrzehntelangen Aktivismus saudischer Frauen erkämpfte Zugeständnisse. Im Mai 2018, kurz vor der Aufhebung des Fahrverbots, ließ er knapp ein Dutzend Aktivistinnen verhaften, die seit Jahren genau diesen Schritt gefordert hatten. Auf diese Weise stellte der Kronprinz klar, dass es Akteuren der Zivil­gesellschaft nicht gestattet werden würde, Erfolge wie die Aufhebung des Fahrverbots für sich zu reklamieren. Mehr noch, in den regierungstreuen Medien wurden die Festgenommenen in dem nun typischen nationalistischen Diskurs des »Verrats« bezichtigt und beschuldigt, im Kontakt mit nicht genannten aus­ländischen Kräften zu stehen, um die Sicherheit und Stabilität des Königreichs zu unterminieren.55

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand der schon 2014 bekannt gewordene Fall der Frauenrechtlerin Loujain al-Hathloul. Deren Vergehen hatte darin bestanden, dass sie – am Steuer eines Autos sitzend – versucht hatte, von den VAE nach Saudi-Arabien ein­zureisen.56 Dafür wurde sie mit mehr als 70 Tagen Haft bestraft und rasch auch international bekannt. Das dürfte ein Grund gewesen sein, dass sie 2018 er­neut unter den Festgenommenen war. In den Mona­ten nach der Ankündigung vom September 2017 hatte sie wiederholt öffentlich gefordert, dass nun auch alle weiteren Einschränkungen für Frauen fallen müss­ten.57 Wie ernst die Regierung sie nahm, zeigte sich daran, dass sie kurz vor ihrer Festnahme in den VAE entführt, nach Saudi-Arabien verschleppt und dort zu sechs Jahren Haft verurteilt wurde. Hathloul blieb bis Februar 2021 im Gefängnis und wurde anschließend mit einem Reiseverbot belegt.58

Offenbar haben sich zahlreiche Frauen unabhängig von der Rechtslage viele Freiheiten einfach genommen.

Besonders am Herzen lag den meisten Frauen aber die Beseitigung des »Vormundschaftssystems« und damit der Verpflichtung, für jede auch nur halbwegs relevante Entscheidung in ihrem Leben die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einzuholen. Bei diesem konnte es sich je nach Familiensituation um den Vater, den Ehemann, einen Sohn oder auch einen Bru­der handeln. Erteilt werden musste die Zustimmung etwa für Reisen ins In- und Ausland, die Auf­nahme eines Studiums oder einer Ausbildung, die Berufswahl, eine Heirat, aber auch die Eröffnung eines Kontos oder den Kauf eines Autos. Das neue Personenstandsgesetz von 2022 enthielt nach wie vor manche Einschränkungen, vor allem, dass eine Heirat das Plazet eines Vormunds erforderte.59 Für Reisen wird eine solche Genehmigung jedoch seit einigen Jahren nicht mehr verlangt.60 Überhaupt scheint es, als hätten zahlreiche Frauen sich unabhängig von der Rechtslage viele Freiheitsrechte einfach genommen. So berichten Saudis davon, dass Frauen sich viel häufiger als frü­her von ihren Ehemännern trennen oder scheiden lassen und Frauen in Saudi-Arabien erstmals auch alleine leben.61

Bemerkenswert waren darüber hinaus die neuen Freiheiten von Frauen im Berufsleben. Einige Frauen tauchten in Spitzenjobs auf, was von der staatlichen Propaganda besonders lautstark und ausgiebig gefei­ert wurde. Auffälliger aber war, dass Frauen plötzlich auch in der Gastronomie arbeiteten, was bis dato wegen des zwangsläufig entstehenden Kontakts zu fremden Männern ausgeschlossen war. Insgesamt scheint es kaum mehr Berufe zu geben, in denen Frauen nicht arbeiten dürfen – wobei die Kampfeinheiten des Militärs oft als einzige bekannte Ausnahme genannt werden.62 In der Vision 2030 war als Ziel vorgegeben worden, dass der Anteil von Frauen an der Arbeitnehmerschaft von rund 20 auf 30 Prozent stei­gen solle. 2025 lag dieser Anteil bereits bei 36 Prozent.63

Reformen III: Wirtschaft

Die wirtschaftlichen Reformen wurden 2016 unter dem Label »Vision 2030« eingeleitet, einem Reformprogramm mit dem Ziel, die saudische Wirtschaft zu diversifizieren. Wichtigstes Instrument der Wirt­schaftspolitik wurde der saudische Staatsfonds, der nach eigenen Angaben heute über Einlagen von mehr als 900 Milliarden US-Dollar verfügt. Zum einen soll er strategische Investitionen in städtebauliche Mega­projekte, Tourismus und die Transportinfrastruktur tätigen. Zum anderen soll er neue Industrien etwa in den Bereichen Sport und Unterhaltung aufbauen. Beides dient dazu, Alternativen zum Öl und für die Zeit nach dem Öl zu schaffen und die Privatwirtschaft anzukurbeln. Darüber hinaus wird der Staatsfonds zu einem Machtinstrument des Kronprinzen ausgebaut. Allerdings zeichnet sich ab, dass die Reformen nur begrenzten Erfolg zeitigen. Trotz einer wirtschaft­lichen Belebung bleibt Saudi-Arabien unverändert von seinen Öleinnahmen abhängig.

Die Vision 2030 und die Diversifizierung weg vom Öl

Die Wirtschaftsreformen des Kronprinzen begannen früher als die Verschärfung der Repression, da ihm bereits kurz nach der Thronbesteigung seines Vaters die Kontrolle über die Wirtschafts- und Finanzpolitik übertragen worden war. Unter dem Titel »Vision 2030« wurde sein Reformprogramm am 25. April 2016 der breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.64 Es zielt darauf ab, durch teils gigantische Investitionen in Städtebau, Transport und Logistik, Sport und Unterhaltung sowie Tourismus die Privatwirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze für eine rasch wachsende Bevölkerung zu schaf­fen und die saudische Wirtschaft auf die Zeit nach dem Ende des Ölzeitalters vorzubereiten. Die Reformen hatten von Anfang an auch eine politische Dimension, denn ohne erfolgreiche wirtschaftliche Diversifizierung droht dem Königreich längerfristig Instabilität, die auch die Herrschaft der Familie Saud bedrohen könnte.

Am Anfang der Reformen stand die Diagnose, dass die saudische Wirtschaft zu abhängig vom Öl und damit anfällig für Krisen auf den Weltölmärkten ist. Dabei ist Saudi-Arabien die Ölgroßmacht weltweit, denn das Land verfügt über die nach Venezuela welt­weit zweitgrößten Reserven an Erdöl und weist mit mehr als zwölf Millionen Barrel pro Tag die nach den USA zweithöchsten Förderkapazitäten auf. Dieser Reichtum hat aber eine besonders große Abhängigkeit hervorgebracht, die das Königreich wiederholt in Krisen stürzte. Der Anteil der Erlöse aus dem Ölver­kauf an den Einnahmen des Staates beträgt im lang­jährigen Mittel über 80 Prozent, in den fünf Jahren vor dem Amtsantritt König Salmans (2010–2014) lag er sogar über 90 Prozent.65 Schon in der Phase niedri­ger Preise zwischen 1982 und 2002 hatten die Einnah­me­­­ausfälle schwere innenpolitische Krisen begünstigt. Zwischen 2003 und 2014 waren die Preise hin­gegen durchweg hoch, so dass das Königreich die Kon­trolle wiedergewann. Doch 2015 zeigten sich die Folgen der Abhängigkeit vom Öl erneut. Der Preis für das Barrel Öl fiel damals auf rund 30 US-Dollar, und das saudi­sche Haushaltsdefizit stieg auf fast 100 Milliarden US‑Dollar. Die Wirtschaftskrise zwang die Regierung, zahlreiche öffentliche Aufträge zu stoppen, Subventionen für Benzin, Wasser und Strom zu kürzen und erstmals eine Mehrwertsteuer zu erheben.66 Trotzdem hatte Saudi-Arabien auch 2016 und 2017 mit hohen Defiziten zu kämpfen.67

Ein weiteres Problem war die hohe Arbeitslosigkeit vor allem unter jungen Saudis. Die Hauptursache da­für liegt in der Demographie des Königreichs, dessen Bevölkerung jährlich um ungefähr zwei Prozent wächst. Deshalb drängen jedes Jahr hunderttausende auf einen Arbeitsmarkt, wo der Staat der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber ist – aber schon in der Öl-Hochpreisphase bis 2014 nicht in der Lage war, aus­reichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Hätte die Phase niedriger Ölpreise ähnlich lange gedauert wie zwischen 1982 und 2002, wären Un­ruhen in Saudi-Arabien vorauszusehen gewesen. Zwar trat dieser Fall nicht ein, da die Ölpreise zwi­schen 2017 und 2019 im Jahresmittel auf mehr als 50 US-Dollar und (nach einem sehr schwachen Jahr 2020, in dem das Barrel knapp 40 US-Dollar kostete) ab 2022 bis heute auf mehr als 70 US-Dollar anstiegen. Dennoch war das Ende des Ölzeitalters schon zu Beginn von Bin Salmans Wirken absehbar.68 Wer klug vorausschaute, wusste, dass das Öl seine alles über­ragende Bedeutung als Energieträger in wenigen Jahr­zehnten verlieren könnte. Ohne grundlegende Ände­rungen würde Saudi-Arabien dann nicht mehr annä­hernd in der Lage sein, seine Ausgaben zu finan­zieren.

Bin Salman sorgte für Aufsehen mit seiner Bekundung, er wolle den staatlichen Ölkonzern Aramco teilprivatisieren.

Die Reformen der Vision 2030 sollten Lösungen für diese Probleme bringen. Im Frühjahr 2016 erklärte der Kronprinz, dass Saudi-Arabien in Zukunft nicht mehr vom Ölexport abhängig sein wolle. Stattdessen solle besonders der Privatsektor gefördert werden, mit dem Ziel, seinen Anteil am Bruttoinlands­produkt von 40 Prozent im Jahr 2016 auf 60 Prozent 2030 zu steigern. Außerdem solle der Wert der Nichterdöl­exporte von 16 auf 50 Prozent der Gesamtexporte wachsen. Auch der Wert von Investitionen aus dem Ausland solle sich signifikant erhöhen, nämlich von 3,8 auf 5,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.69 Ferner solle das Bildungssystem umgebaut werden, um junge Saudis auf ein Arbeitsleben in einer moder­nen Volkswirtschaft vorzubereiten. Auf diese Weise solle auch die Arbeitslosigkeit von offiziell knapp zwölf auf sieben Prozent verringert werden.70 Für Aufsehen sorgte Bin Salman mit seiner Bekundung, dass er den staatlichen Ölkonzern Aramco teilpriva­tisieren wolle. Aramco ist seit den frühen 1980er Jahren ein staatseigener Betrieb und war im letzten Jahrzehnt zeitweise das wertvollste Unternehmen der Welt. Für 2018 kündigte der Kronprinz den Verkauf von Anteilen von bis zu fünf Prozent an diesem Kon­zern an. Der erwartete Erlös von mehr als 100 Mil­liarden US-Dollar sollte in einen Staatsfonds fließen. Dieser werde die Hälfte der Mittel im Ausland inves­tieren, um Dividenden zu erwirtschaften, während ein anderer Teil für den industriellen Umbau des Landes und die Förderung der Privatwirtschaft bereit­gestellt werde.71

Am Design des Plans war leicht abzulesen, wie stark die Wirtschaftsreformen in Saudi-Arabien dem Beispiel der Vereinigten Arabischen Emirate folgten. Diese verfügen über mehrere große Staatsfonds und haben durch den massiven Einsatz ihrer Öleinnahmen ihren wirtschaftlichen Erfolg möglich gemacht – und die Kontrolle der Herrscherfamilien von Abu Dhabi und Dubai gestärkt. Schon seit Jahrzehnten sind die Emirate (vor allem Dubai) bestrebt, zu Kno­ten­punkten des regionalen und internationalen Handels sowie der Transportinfrastruktur und zu lukra­tiven Märkten für internationales Kapital zu werden. Allerdings ist umstritten, ob die Wirtschaft der VAE eines Tages ganz ohne die hohen Einnahmen aus dem Ressourcenexport bestehen kann. Eine War­nung erfolgte während der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09, als nur eine Hilfszahlung von 20 Mil­liar­den US-Dollar aus Abu Dhabi das Emirat Dubai vor dem Bankrott rettete.72 Und selbst wenn man Abu Dhabi und Dubai als Erfolgsmodell einstuft, ist un­klar, ob ein ähnliches Konzept auch in Saudi-Arabien greifen kann. Das Königreich hat mit heute über 37 Mil­lionen Einwohnern, darunter rund 27 Millionen Staatsbürger, eine weitaus größere Bevölkerung als die VAE mit ihren knapp zehn Millionen (darunter etwa eine bis 1,5 Millionen Einheimische). Seine Öl­reserven und -einnahmen pro Kopf liegen deshalb deutlich unter denen der VAE.

Der Staatsfonds PIF

Zum bedeutendsten Instrument der Reformpolitik des Kronprinzen wurde der Staatsfonds Public Investment Fund (PIF). Staatsfonds sind ein in Ressourcenstaaten beliebtes Mittel, um die Schwankungen der Preise von Rohstoffen – meist Öl und Gas – abzufedern und für die Zeit nach einem Rückgang oder Ende der För­de­rung weiter Geld zur Verfügung zu haben. Zu diesem Zweck weist ihnen der Staat einen Teil der Einnahmen aus dem Ressourcenverkauf zu, den die Fonds möglichst gewinnbringend anlegen und ver­walten. Der größte Staatsfonds im Jahr 2025 war derjenige Norwegens mit rund 1,7 Billionen US-Dollar Einlagen, gefolgt von den chinesischen China In­vest­ment Corporation (1,3 Billionen) und SAFE Investment Company (knapp 1,1 Billionen). Die Staatsfonds von Abu Dhabi und Kuwait (beide etwas mehr als eine Billion) fanden sich auf Platz vier und fünf, gefolgt vom saudischen PIF.73

Der saudische Staatsfonds wurde zwar schon 1971 gegründet, gewann aber erst mit der Vision 2030 an Bedeutung für die saudische Wirtschaftspolitik. Dies konnte man zunächst an den rapide steigenden Sum­men ablesen, die er verwaltete. Sie verdoppelten sich zwischen 2016 und 2019 auf über 300 Milliarden US- Dollar und erreichten Ende 2024 925 Milliarden US-Dollar.74 Das rasante Wachstum ging jedoch nicht von Beginn an auf den Verkauf von Aramco-Aktien zurück, denn der geplante Börsengang wurde schon 2018 vorläufig gestoppt. Innerhalb des Konzerns und in Teilen der Herrscherfamilie und der Regierung soll es Widerstand gegeben haben.75 Es dürften vor allem die mit einem Börsengang einhergehende Verpflichtung zur Transparenz und Meinungsverschieden­heiten über den Wert der Firma (Bin Salman ging von zwei Billionen US-Dollar aus, während internationale Banken von 1,1 bis 1,7 Billionen sprachen) gewesen sein, die damals einen Börsengang verhinderten.76

Stattdessen nutzte der Kronprinz einstweilen andere Methoden, um den Fonds mit Kapital anzu­füllen. Aramco wurde angehalten, den Chemie- und Metallkonzern Saudi Basic Industries Corporation (SABIC) zu kaufen, an dem der Staatsfonds 70 Prozent der Anteile hielt. Diese kosteten die Ölfirma knapp 70 Milliarden US-Dollar, die 2019 in den Fonds flossen.77 Außerdem setzte Bin Salman in den Folgejahren seine Bemühungen fort, Aramco-Aktien zugunsten des Staats­fonds zu verkaufen, musste seine Ambitionen jedoch zurückfahren. Im Jahr 2019 bot der saudische Staat Anteile von nunmehr knapp zwei Prozent des Ölkonzerns auf dem saudischen Kapitalmarkt an (und nicht international, wo es mehr Transparenzpflichten gibt) und erzielte dabei einen Preis von rund 26 Mil­liar­den US-Dollar.78 In den Jahren 2022 und 2023 über­trug das Königreich dem Fonds je vier Prozent Anteile an Aramco im Wert von zusammen ungefähr 160 Milliarden US-Dollar.79 Damit wurde der Staats­fonds erstmals zu einem direkten Empfänger von Geld aus den Ölexporten. Darüber hinaus wurden wei­tere Finanzierungsmodelle genutzt. Wichtig waren bei­spiels­weise Kapitaltransfers durch die saudi­sche Zen­tralbank (Saudi Arabian Monetary Authority, SAMA). Außerdem gab es Gerüchte, dass auch private Ver­mögen saudischer Prinzen und Geschäftsleute an den Fonds geflossen sein sollen. Dem Kronprinzen zufolge sollen bei der Antikorruptionskampagne im Hotel Ritz-Carlton 2017 rund 100 Milliarden US-Dollar an den saudischen Staat gezahlt worden sein. Laut eini­gen Berichten kam dieses Geld dem Fonds zugute.80 Der Staatsfonds nahm auch selbst Kredite auf und konnte im Lauf der Zeit eigene Investitionserträge erzielen, erst recht ab dem Zeitpunkt, an dem er die ersten Dividenden aus den Aramco-Beteiligungen erhielt.81

Der Fonds wurde eng in die seit 2015 entstandenen neuen Machtstrukturen der Wirtschaftspolitik ein­ge­bunden und wird seitdem vollständig von Bin Salman beherrscht. Dies geschah, indem der PIF der Kontrolle des Finanzministeriums entzogen und dem neu gegründeten Wirtschafts- und Entwicklungsrat unter­stellt wurde. Diesem saß der Kronprinz ebenso vor wie dem Vorstand (Board of Directors) des Staatsfonds.82 Zwar sind in beiden Gremien mehrere Fach­minister vertreten, etwa jene für Finanzen, Wirtschaft und Investitionen, doch das entscheidende Auswahlkriterium ist ihre Loyalität zu Muhammad Bin Salman und nicht ihre Zugehörigkeit zur Regierung. Als be­son­ders enge Gefolgsleute des Kronprinzen im heute zehnköpfigen Vorstand des Staatsfonds sind etwa Staatsminister Muhammad Al al-Sheikh, Finanz­minister Muhammad al-Jadaan und der Berater am königlichen Hof Muhammad al-Tuwaijiri zu nennen.83 Die bedeutendste Figur ist jedoch der mittler­weile weithin bekannte Yasir al-Rumayyan, der als »Gouverneur« des Staatsfonds fungiert und damit als zweiter Mann hinter Bin Salman für die laufenden Geschäfte zuständig ist. Wie so viele Angehörige der neuen Machtelite in Riad verdankt Rumayyan seinen kometenhaften Aufstieg ausschließlich der Gunst des Kronprinzen. Rumayyan war ein gewöhnlicher In­vest­mentbanker ohne jedes politische Profil. Nach König Abdallahs Tod 2015 wurde er von Bin Salman an den königlichen Hof berufen, wo er innerhalb weniger Monate zu einem der wichtigsten Berater des Kron­prinzen aufstieg. Viel sichtbarer ist er in seiner Funk­tion als Gouverneur des Staatsfonds, die er seit Sep­tember 2016 innehat. Im August 2016 wurde er auch Mitglied im Vorstand von Aramco, zu dessen Vor­sit­zendem er im September 2019 bestimmt wurde.84 Das machte ihn zu einer der herausragenden Persönlichkeiten der saudischen Wirtschaftspolitik. Darüber hin­aus wurde er einer breiteren Öffentlichkeit be­kannt, weil er auch in Führungsfunktionen solcher Unternehmen gelangte, an denen der Staatsfonds An­teile erworben hatte. Große Aufmerksamkeit erregten die Übernahmen im Sport, vor allem die des tradi­tions­reichen englischen Fußballklubs Newcastle United.

Der saudische Staatsfonds ist nicht in erster Linie ein Sparfonds, in dem Geld angelegt wird, um Rück­lagen für schlechtere Zeiten zu bilden. Vielmehr handelt es sich um einen »Stabilisierungs- und Ent­wicklungsfonds«, der drei Ziele hat: Erstens soll er die in den letzten Jahrzehnten wiederholt hohen Schwan­kungen der Ölpreise ausgleichen, zweitens neue Wirtschaftsbereiche und Einnahmequellen erschließen und drittens ausländische Unternehmen und Know-how nach Saudi-Arabien holen.85 Die Rolle als »Wachstumsmotor« (Stephan Roll) für die saudi­sche Wirtschaft stand in den ersten Jahren nach 2016 meist im Mittelpunkt der Aktivitäten des PIF. Aller­dings sind erhebliche Zweifel angebracht, wenn als Ziel des Reformprogramms die Förderung der Privat­wirtschaft angegeben wird. Das hätte bedeutet, dass der Staatsfonds, nachdem er die Kontrolle über beste­hende Unternehmen übernommen oder neue gegrün­det hat, auf eine Privatisierung hinarbeitet. Das auf­gewendete Geld wäre damit einer Anschubfinanzierung gleichgekommen. Aber auch ein Jahrzehnt nach Veröffentlichung der Vision 2030 gibt es keine Hin­weise darauf, dass sich der Fonds aus neu gegründeten Unternehmen zurückgezogen hätte. Eine Stär­kung des Privatsektors war nicht zu beobachten.86

Durch den Staatsfonds hat Bin Salman die Verfügungsmacht über große Geldsummen, die er nach Gutdünken verwenden kann.

Dies deutet darauf hin, dass der PIF vorrangig auf die Zentralisierung des Wirtschaftslebens unter Bin Salmans Kontrolle abzielt und der Sicherung seiner Herrschaft mindestens ebenso sehr dient wie der Reform der saudischen Wirtschaft.87 Mit dem Staats­fonds entstand eine zur Regierung parallele Struktur, mit der sich Bin Salman die alleinige Verfügungsmacht über große Geldsummen verschaffte, die er nach Gutdünken verwenden kann. Zwar dient das Kapital des Staatsfonds bisher vor allem dazu, die wirtschaftspolitischen Teile der Vision 2030 in die Tat umzusetzen. Hier handelt es sich aber um einen staatlich gesteuerten und beherrschten Reform­prozess, der nicht nur wirtschaftliche Ziele hat, son­dern auch die Position des Kronprinzen stärken soll.

Aktivitäten

Der Staatsfonds hat die Initiative bei der Erschließung neuer Wirtschaftsbereiche in Saudi-Arabien übernommen. Er konzentriert sich seit 2016 auf Investi­tionen in städtebauliche Megaprojekte, Tourismus und Transportinfrastruktur und die Schaffung neuer Branchen, etwa in Sport und Unterhaltung.

Städtebauliche Großprojekte

Ab 2016 präsentierte die saudische Regierung eine Reihe von städtebaulichen Großprojekten, unter denen Neom herausragt und seitdem zum Symbol der städtebaulichen Ambitionen des Kronprinzen gewor­den ist.88 Offiziell wird Neom als »Gigaprojekt« ein­geordnet. Im Jahr 2025 gab es fünf davon, unter denen Neom das mit Abstand ehrgeizigste ist.

Der Begriff Neom bezeichnet eine futuristische Region und Stadt, die für Bin Salman hohe Priorität hat und für die gigantische Summen ausgegeben werden. Dieser Name ist ein Kofferwort, das aus dem griechischen »neo« für neu und dem Anfangsbuchstaben »m« des arabischen Wortes für Zukunft (mustaqbal) zusammengesetzt ist. Bin Salman stellte das Projekt im Oktober 2017 vor und erklärte wieder­holt, es bilde das zentrale Einzelvorhaben der Vision 2030. Gebaut werden soll Neom am Ostufer des Golfs von Aqaba in der Provinz Tabuk ganz im Nordwesten des Landes. Sie wird von der Zentralregierung in Riad traditionell stark vernachlässigt und hat nur etwa eine Million Einwohner. Auf einem Gebiet ungefähr der Größe Belgiens sind als Teile von Neom unter anderem die Millionenstadt The Line, die Gebirgsstadt und das Skiresort Trojena und die Industriestadt mit Hafen Oxagon geplant.89 Anfangs wurden Kosten von 500 Milliarden US-Dollar veranschlagt, doch dürfte das Gesamtprojekt mit zwischen einer und 1,5 Bil­lio­nen US-Dollar deutlich teurer werden.90

Das Teilprojekt The Line präsentierte Bin Salman im Januar 2021 im saudischen Fernsehen. Die Stadt soll nicht in die Breite, sondern in die Länge und Höhe gebaut werden. Geplant ist ein zusammenhängender, 170 Kilometer langer verspiegelter Bau, der 500 Meter hoch und 200 Meter breit ist. Bis zu neun Millionen Menschen sollen langfristig in The Line leben. In ihrem Untergrund sollen Hochgeschwindigkeitszüge fahren, und auch für die Versorgung der Stadt sind Tunnel vorgesehen. Die Stadt soll autofrei sein und vollständig mit erneuerbaren Energien ver­sorgt werden.91 Noch aber ist unklar, wer überhaupt Interesse daran haben wird, in Neom zu leben. Das Gebiet befindet sich weit von den traditionellen Sied­lungszentren im Westen, Zentrum und Osten des Landes.

Ebenso wenig ist abzusehen, inwieweit die Vision des Kronprinzen tatsächlich Gestalt annehmen wird. Zwar wurde bereits wenige Monate nach der ersten Präsentation im Januar 2021 mit Bauarbeiten begon­nen. Doch die meisten Fortschritte sind überwiegend bei den am wenigsten anspruchsvollen Teilen des Vor­habens zu verzeichnen, beispielsweise des Luxus­resorts auf der Insel Sindalah, das 2024 fertiggestellt wurde.92 Vor allem die enormen Kosten von Neom scheinen dafür gesorgt zu haben, dass erste Abstriche an den ehrgeizigen Plänen gemacht wurden. Ursprünglich war vorgesehen, schon im Jahr 2030 Wohnraum für 1,5 Millionen Menschen bereitzustellen. Diese Zahl wurde kurzerhand auf weniger als 300.000 verringert, und bis 2030 sollen auch nur 2,4 der insgesamt 170 Kilometer von The Line fertig­gestellt sein.93 Die vielen Teilprojekte der Vision 2030 und von Neom wurden neu gewichtet und diejenigen bevorzugt, die an feste Ereignisse wie etwa die Expo 2030 oder die Fußball-Weltmeisterschaft 2034 gebun­den sind.94

Kritiker monieren die hohen Kosten und schlechten Planungen der Städtebauprojekte und bezweifeln, dass diese technisch machbar sind.

Insgesamt wurden Zweifel lauter, ob ein Abschluss der Arbeiten bis 2045 tatsächlich möglich sei. Die Unter­stützer des Kronprinzen und seines Projektes bleiben dabei, dass Neom und The Line kühne, aber seriös geplante Projekte sind, gestehen aber neuerdings ein, dass vielleicht nicht alle Vorhaben so ver­wirklicht werden wie ursprünglich anvisiert. Sie verweisen gerne darauf, dass auch das große Vorbild Dubai aus der Wüste gestampft wurde. Kritiker hin­gegen monieren die immensen Kosten, die chaotischen Planungen und vollkommen unrealistische Vorstellungen davon, welche Teile von The Line und Trojena technisch überhaupt machbar sind.95 Damit meinen sie Projekte wie die Asiatischen Winterspiele 2029 in Trojena, die in einem heißen Land wie Saudi-Arabien tatsächlich absurd anmuten. In Riad gilt es heute als offenes Geheimnis, dass die Winterspiele gar nicht oder erst einige Jahre später in Saudi-Ara­bien stattfinden werden.96 Auch The Line soll zuletzt verbreiteten Berichten zufolge vor dem Aus stehen.97 Bisher wird an den meisten Projekten aber weiter mit Hochdruck gearbeitet – vor allem an denen, die bis 2029, 2030 und 2034 fertig sein müssen.

Tourismus und Luftverkehr

Ein wesentliches Ziel der Vision 2030 ist die Förderung des Tourismus in Saudi-Arabien. Im Jahr 2016 wurden 100 Millionen Besucher für 2030 angepeilt. Schon wenige Jahre später lagen die von saudischen Offiziellen genannten Zahlen sogar noch höher. Im vorgesehenen Zeitrahmen sollten so eine Million neue Arbeitsplätze entstehen. Dementsprechend fin­den sich unter den fünf offiziellen »Gigaprojekten« der Vision 2030 drei touristische Vorhaben. Hinzu kommt der Ausbau der Nabatäerruinen von al-Ula zum bedeutendsten Touristenziel im Königreich. Teils um dies zu ermöglichen, ist auch die Vergrößerung der Transportinfrastruktur in vollem Gange. Zu ihr gehören der neue Großflughafen King Salman Inter­national in Riad und die Fluglinie Riyadh Air, welche die größte der Region werden soll.

Die wichtigsten Tourismusprojekte sind Diriyah und Red Sea. Bei Diriyah Gate in Riad handelt es sich um ein Projekt rund um die alte saudische Hauptstadt Dir’iya (die 1818 zerstört wurde, woraufhin Riad an ihre Stelle trat). Es beinhaltet vor allem zahlreiche Hotels, eine Flaniermeile, ein Opernhaus und auf­wän­dige Restaurierungen der Ruinen. Für das Projekt waren anfangs rund 20 Milliarden US-Dollar veran­schlagt, doch sind die Kosten auf geschätzt 63 Milliar­den gestiegen.98 Das Red Sea Project oder Red Sea Global ist im Westen des Landes nördlich von Jidda beheimatet und soll an mehreren Dutzend Stand­orten auf einem Archipel und an Land 50 Hotels und über 1000 Wohnanlagen umfassen. Die veranschlagten Kosten belaufen sich auf fast 24 Milliarden US-Dollar.99 Im September 2023 wurde der zum Projekt gehörende Flughafen Red Sea International eröffnet.

Zu diesen Projekten kommt die Entwicklung von al-Ula, das nicht weit entfernt von Red Sea im Inland liegt. Der Ort und seine Umgebung sollen zur bedeut­samsten Tourismusregion des Landes ausgebaut werden. Anfang 2019 verkündete der Kronprinz die Errichtung eines ersten Luxushotels und die Eröffnung eines Naturreservats in al-Ula.100 Anschließend begann der Bau einer Tourismusinfrastruktur, die aus al-Ula eine internationale Attraktion machen soll. 15 Milliarden US-Dollar sind für das Projekt vor­gesehen.101

Umstritten sind in erster Linie die von der saudischen Regierung vorgegebenen Zahlen für den Aus­bau des Tourismussektors. Der 2016 verkündeten Zielmarke von 100 Millionen Besuchern für das Jahr 2030 stand die Zahl von gerade einmal 17,5 Millionen ausländischen Besuchern im Jahr 2019 gegenüber.102 Viele Beobachter bezweifelten deshalb, dass das Ziel auch nur annähernd erreicht werden könnte. In den Folgejahren erhöhte Bin Salman in Interviews die Zielvorgabe trotzdem auf 150 Millionen Besucher.103 Immerhin stieg die tatsächliche Zahl nach Abklingen der Covid-Pandemie auf fast 30 Millionen im Jahr 2024.104 Das Hauptziel der Regierung lautete, für Arbeitsplätze im Tourismus zu sorgen. Außerdem sollten in diesem Bereich zehn Prozent des Brutto­inlandsprodukts erwirtschaftet werden.105

In der Tat wurden im Tourismus viele Arbeits­plätze geschaffen, die oft von jungen Saudis eingenommen werden. Allerdings ist die Arbeitslosigkeit gerade in dieser Bevölkerungsgruppe nach wie vor besonders hoch. Das in der Vision 2030 genannte Ziel einer generellen Arbeitslosenquote von sieben Pro­zent wurde laut offiziellen Angaben schon 2024 erreicht.106 Dagegen liegt die Quote für junge Leute offiziell bei etwa zwölf Prozent, den meisten unab­hängigen Schätzungen zufolge aber über 20 oder sogar bis knapp 30 Prozent.107 Das anhaltend hohe Bevölkerungswachstum ist die Ursache dafür, dass jedes Jahr etwa 300.000 junge Menschen auf den Arbeitsmarkt drängen, denen die saudische Wirtschaft weiterhin nicht genügend Arbeitsplätze bietet.

Der Ausbau der Transportinfrastruktur und in erster Linie des Luftverkehrs ist ein wesentlicher Bestandteil der Tourismusstrategie des Landes. Saudi-Arabien errichtet seit 2016 mehrere neue Flughäfen und modernisiert und erweitert einige bereits beste­hende. Das größte Projekt dieser Art ist der neue Groß­flughafen King Salman International nahe dem alten Hauptstadtflughafen King Khalid International. Mit einer Kapazität von 120 Millionen Passagieren im Jahr 2030 soll der neue Flughafen zu einem inter­national bedeutenden Drehkreuz und einem der größ­­ten der Welt werden.108 Für das Jahr 2050 rech­net die saudische Führung sogar mit 185 Millionen Passagieren.109 Er würde dann den heute wichtigsten Flughäfen in der Region – Dubai International und Hamad International in Doha – Konkurrenz machen. Um diese Zahlen zu erreichen, wird die 2023 gegrün­dete Fluggesellschaft Riyadh Air auf dem neuen Flug­hafen ihren Sitz haben. Sie soll noch vor der bereits bestehenden nationalen Fluggesellschaft Saudia zu einer weltweit operierenden Airline werden.110 Außer­dem werden in Saudi-Arabien mehrere regio­nale Flughäfen errichtet oder ausgebaut, um Besucher in alle Teile des Königreichs, vor allem in den Nord­westen, bringen zu können.

Am geplanten Ausbau von Tourismus und Luft­verkehr lässt sich besonders gut erkennen, wie sehr Dubai und Katar der Vision 2030 als Blaupause dien­ten. Die Flughäfen Dubai International und Hamad International sind die mit Abstand wichtigsten nah­östlichen Drehkreuze im internationalen Luftverkehr, und die Fluggesellschaften Emirates und Qatar Air­ways sind weit über ihre Herkunftsregion hinaus aktiv und erfolgreich. Mit dem Ausbau des neuen Hauptstadtflughafens und der Gründung von Riyadh Air tritt Saudi-Arabien in Konkurrenz zu den eta­blier­ten Flughäfen und Fluggesellschaften am Persischen Golf. Der Ausgang dieses Wettbewerbs ist ungewiss, aber Saudi-Arabien hat mit seinen heute rund 37 Mil­lionen Einwohnern und einem deutlich größeren Binnenmarkt einen substantiellen Vorteil gegenüber den etablierten, aber kleineren Nachbarn. Ein wei­terer Vorteil besteht darin, dass Saudi-Arabien mit al‑Ula ein potentiell sehr attraktives Besucherziel vorweisen kann und etwa zwölf Millionen Menschen (im Jahr 2024) schon heute jedes Jahr die Pilgerzentren Mekka und Medina besuchen. Fraglich bleibt jedoch, ob ein internationales Publikum bereit ist, das Land als Tourismusdestination oder Zwischenstopp zu entdecken.

Unterstützt werden die saudischen Ambitionen seit mehreren Jahren von groß angelegten Werbekampagnen, die westliche Touristen anlocken sollen. Diese Aktivitäten werden zunehmen, sobald Flüge mit einer international akzeptablen Airline und ent­sprechenden Flughäfen ebenso wie genügend Hotels und lokale Transportmöglichkeiten verfügbar sind. Zu diesen Kampagnen gehören die immer häufigeren sportlichen Großereignisse im Königreich. Hier sind die Asiatischen Winterspiele 2029 hervorzuheben, die – wenn sie denn stattfinden – besonders genau beobachtet werden dürften, weil sie in Trojena und Neom ausgetragen werden sollen und einen genaueren Einblick in den Stand der Bauvorhaben dort erlau­ben würden. Für die Expo 2030 in Riad wird ebenfalls groß gebaut. Das mit Abstand spektakulärste Ereignis wird aber die Fußball-Weltmeisterschaft 2034 sein, die das Augenmerk großer Teile der Welt­bevölkerung auf das Königreich lenken wird.

Unterhaltung und Sport

Der Aufbau einer Unterhaltungs- und Sportindustrie ist ein zentraler Baustein der Reformen des Kron­prinzen. Es geht darum, das Bild des Königreichs im Ausland als offen, modern und dynamisch zu prägen, um Investitionen anzuziehen und auch das Interesse an touristischen Besuchen oder einer Nutzung der neuen Luftverkehrsinfrastruktur zu wecken. Nach innen soll das wachsende Unterhaltungsangebot die vielen jungen Saudis für die Politik des Kronprinzen gewinnen. Angestrebt wird aber auch, Arbeitsplätze zu schaffen und Saudis dazu zu bringen, mehr Geld im Inland auszugeben.

Schon in der Vision 2030 war der rasche Aufbau einer Unterhaltungsindustrie vorgesehen. Im Mai 2016 wurde die General Entertainment Authority gegründet, die seitdem tausende Ereignisse orga­ni­siert hat.111 Vor allem ab 2017 wurde der Unter­haltungs­sektor stark ausgebaut. Anfang 2018 verkün­dete der damalige Chef der Behörde Ahmad al-Khateeb, dass das Königreich im folgenden Jahrzehnt 64 Mil­liar­den US-Dollar in diesen Bereich investieren werde.112 Eine wichtige Wegmarke war die Eröffnung der ers­ten Kinos im Jahr 2018. Hinzu kamen Musikveranstal­tungen, die von großen Konzerten internationaler Stars wie Mariah Carey über Raves in der Wüste bis zu kleinen Konzerten lokaler Bands reichten. Aus­gesprochen erfolgreich war das »Soundstorm«-Festi­val, das seit 2019 (mit einer Ausnahme wegen der Covid-Pandemie 2020) jedes Jahr in Riad veranstaltet wird und hunderttausende Besucher anzieht.113 Als »Riyadh Season« wird eine Reihe von Sport-, Musik- und Tanzereignissen bezeichnet, die seit 2019 jähr­lich im Winter ebenfalls in Riad stattfinden.114 Auch wenn die meisten Events aus westlicher Perspektive harmlos erscheinen, waren sie bis vor wenigen Jahren undenkbar. Gab es in der Anfangszeit der Reformen noch einige Einschränkungen des gemeinsamen Besuchs von Männern und Frauen, scheint auch diese Praxis mittlerweile der Vergangenheit anzugehören. Seit 2017 werden zahlreiche Erholungs- und Ver­gnü­gungsparks geplant. Hierzu gehört etwa der gigan­tische King Salman Park, der auf einer ehemaligen Luftwaffenbasis in Riad entstehen und den Bewohnern als Naherholungsort dienen soll. Zu nennen ist ferner eine Reihe von Freizeitparks, unter denen das »Gigaprojekt« Qiddiya herausragt. In diesem mehrere hundert Quadratkilometer großen Gebiet südwestlich von Riad sollen riesige Vergnügungsstätten, ein Golf­platz und ein Formel-1-Rennkurs errichtet werden. Dafür steht ein Budget von knapp 10 Milliarden US-Dollar zur Verfügung.115

Im Sport folgte Saudi-Arabien dem Vorbild der Nachbarn, wobei vor allem Katar mit der Austragung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 Maßstäbe setzte. Seit der Machtübernahme des Kronprinzen häuften sich die Großereignisse in Wrestling, Boxen, Formel 1, Tennis und Golf, in die hohe Summen inves­tiert wurden. Über allem aber steht der Fußball. Ein erster Schritt war die Übernahme des englischen Tra­ditionsklubs Newcastle United durch den saudischen Staatsfonds im Oktober 2021. Im Dezember 2022 schloss der saudische Klub al-Nassr aus Riad mit dem portugiesischen Weltstar Cristiano Ronaldo einen Vertrag, der Presseberichten zufolge ein Volumen von rund 200 Millionen Euro hatte. Im Juni 2023 schließ­lich kündigte der Fonds an, er werde jeweils 75 Pro­zent an vier Teams der Saudi Pro League übernehmen – al-Ahli, al-Ittihad, al-Hilal und al-Nassr. Im selben Jahr lockte der PIF auch Dutzende meist ältere Spieler aus den europäischen Topligen in die saudische Liga. Ins­gesamt bezahlten saudische Klubs im Sommer 2023 fast eine Milliarde US-Dollar für neue Spieler.116 Schlag­artig wurde die saudische Liga attraktiver und zog viele begeisterte Besucher an – allerdings über­wiegend aus dem Inland.

Die Einkäufe dürften auch zum Ziel gehabt haben, Aufmerksamkeit für das saudische Vorhaben zu wecken, die Fußball-Weltmeisterschaft 2034 ins Land zu holen. Deadline für die Bewerbungen war der 31. Oktober 2023, und da Australien sich an jenem Tag zurückzog und lediglich Länder aus Asien und Ozeanien zur Bewerbung zugelassen waren, blieb nur Saudi-Arabien übrig. Im Dezember 2024 wurde das Königreich offiziell als Ausrichter bestätigt. Dies war vor allem deshalb überraschend, weil mit Katar bereits ein Land vom Persischen Golf kurz zuvor eine Welt­meisterschaft ausgetragen hatte. Doch das König­reich hatte die Unterstützung des FIFA-Chefs Gianni Infan­tino, der mit verschiedenen Winkelzügen maßgeblich dazu beitrug, dass Saudi-Arabien den Zuschlag bekam.117 Mittlerweile haben die Planungen für das Turnier begonnen und sind Bestandteil des Ausbaus der Infrastruktur im Land. Insgesamt 14 teils spek­ta­kuläre Fußballstadien werden neu gebaut oder aus­gebaut. Dazu gehört das King Salman Stadium in Riad, das 92.000 Zuschauer fasst. Dort sollen das Eröff­nungsspiel und das Finale 2034 stattfinden.118

Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die deutsche Politik

Das saudi-arabische Reformprogramm ist so revolu­tionär, dass mit Fug und Recht von einem »vierten saudischen Staat« gesprochen werden kann. Ob es Muhammad Bin Salman gelingt, seine Macht durch autoritäre Reformen zu erhalten und zu konsolidieren oder ob er eines Tages durch Konkurrenten inner­halb oder außerhalb der Herrscherfamilie ersetzt wird, werden die nächsten Jahre zeigen. Zurzeit sieht es aber so aus, als könnte sich der Kronprinz lang­fristig an der Macht halten, so dass deutsche und europäische Politik dies akzeptieren müssen. Berlin und Brüssel können zwar versuchen, auf Riad ein­zuwirken, wenn es um die schlimmsten Auswüchse des neuen Autoritarismus geht. Sie können den Kron­prinzen auffordern, die Repression gegenüber Anders­denkenden und die wachsende Zahl von Hinrichtungen zurückzufahren. Sie sollten aber nicht erwarten, dass Bin Salman solchen Aufforderungen nachkommt.

Gleichzeitig hat Deutschland ein großes pragma­tisches Interesse daran, dass die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Reformen im König­reich im Einzelnen von Erfolg gekrönt sein werden. Das gilt für die Politik, weil eine Fortschreibung des Zustands vor 2015/17 die Entscheidungs­findung im Königreich zunächst weiter gelähmt und anschließend mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Thron­folge­konflikten zwischen verschiedenen Prä­tendenten und Fraktionen innerhalb der Herrscherfamilie geführt hätte. Andererseits birgt die teils extreme Zentralisierung in der Person Bin Salman die Gefahr, dass ein plötzlicher Ausfall des Kronprinzen das gesamte poli­tische System Saudi-Arabiens zum Zusammenbruch führen könnte. Deutsche Politik sollte sich auf solche Szenarien soweit möglich vorbereiten.

Größer ist das deutsche und europäische Interesse an den gesellschaftlichen Reformen des Muhammad Bin Salman, denn der Wahhabismus war nicht nur ein Grund für die soziale Rückständigkeit des König­reichs, die sich unter anderem in der Marginalisierung der saudischen Frauen auswirkte. Die Besser­stellung der Frauen macht Saudi-Arabien zu einem viel einfacheren Partner als früher, als dieses Thema die Beziehungen wiederholt belastete. Der Wahhabis­mus war auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die innere Sicherheit des Königreichs wiederholt von isla­mistischen Terroristen bedroht wurde. Saudi-Arabien seinerseits exportierte sogar tausende Terroristen, die sich seit den 1980er Jahren in Gruppierungen wie al‑Qaida und dem Islamischen Staat (IS) in vielen Ländern der islamischen Welt organisierten. Dass der Einfluss der Wahhabiten zurückgedrängt wird, schwächt eine wichtige Wurzel des islamistischen Terrorismus.

Auch wirtschaftlich hätte Saudi-Arabien ohne die Reformen des Kronprinzen weiter stagniert und wäre in kommenden Jahren und Jahrzehnten Gefahr gelau­fen, in dem Maße an Einnahmen und Wirtschaftskraft zu verlieren, wie die Bedeutung von Öl für die Weltwirtschaft zurückgeht. Deutschland und Europa haben deshalb auch ein Interesse am Erfolg der Wirt­schaftsreformen – zumindest wo sie nicht nur dem Machterhalt und dem Prestigestreben des Kron­prinzen dienen. Saudi-Arabien ist gleichzeitig Ölgroß­macht, Führungsmacht der arabischen Welt und ein zentraler Staat in der islamischen Welt. Auch wenn Ber­lin und Brüssel keinen Einfluss auf die Wirtschafts­politik des Königreichs haben, weist die neue Dynamik in Saudi-Arabien darauf hin, dass das Land insgesamt an Bedeutung zulegt. Es gibt deshalb keine vernünftige Alternative zu möglichst engen politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bezie­hungen.

Abkürzungsverzeichnis

CEO

Chief Executive Officer

IS

Islamischer Staat

IUMS

International Union of Muslim Scholars

PIF

Public Investment Fund

PR

Public Relations

SABIC

Saudi Basic Industries Corporation

SAMA

Saudi Arabian Monetary Authority

VAE

Vereinigte Arabische Emirate

Literaturhinweise

Guido Steinberg

»Der ultimative Deal« im Nahen Osten.
Zu den Perspektiven eines Friedens zwischen Israel und Saudi-Arabien

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Januar 2025 (SWP-Aktuell 3/2025)

Guido Steinberg

Katars Außenpolitik. Entscheidungsprozesse, Grundlinien und Strategien

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2022 (SWP-Studie 12/2022)

Guido Steinberg

Regionalmacht Vereinigte Arabische Emirate. Abu Dhabi tritt aus dem Schatten Saudi-Arabiens

Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 2/2020)

Endnoten

1

 Zu einer detaillierten Schilderung vgl. Anuj Chopra, »›The Godfather, Saudi-Style‹: Inside the Palace Coup That Brought MBS to Power«, in: The Guardian (online), 29.11.2022, <https://www.theguardian.com/world/2022/nov/29/mbs-v-mbn-the-bitter-power-struggle-between-rival-saudi-princes> (eingesehen am 21.7.2025). Bei dem loyalen Gefolgsmann soll es sich um Turki al-Sheikh gehandelt haben.

2

 Norah O’Donnell, »Saudi Arabia’s Heir to the Throne Talks to 60 Minutes«, CBS News (online), 19.3.2018, <https:// www.cbsnews.com/news/saudi-crown-prince-talks-to-60-minutes/> (eingesehen am 21.7.2025).

3

 »Saudi Anti-Corruption Drive: Prince Miteb Freed ›after $1bn Deal‹«, BBC News (online), 29.11.2017, <https://www. bbc.com/news/world-middle-east-42161552> (eingesehen am 21.7.2025).

4

 Peter Waldmann, »The $2 Trillion Project to Get Saudi Arabia’s Economy Off Oil«, Bloomberg, 21.4.2016, <https:// www.bloomberg.com/news/features/2016-04-21/the-2-trillion-project-to-get-saudi-arabia-s-economy-off-oil> (eingesehen am 8.7.2025).

5

 Zu einer offiziellen Darstellung des Rates vgl. »Council of Economic and Development Affairs (CEDA)«, Saudipedia, <https://saudipedia.com/en/article/152/government-and-politics/government-affairs/council-of-economic-and-devel opment-affairs-ceda> (eingesehen am 9.7.2025).

6

 Zu Aramco vgl. Mathias Brüggmann, »Prinz Mohammed Bin Salman: Revolution im Königreich«, in: Handelsblatt, 4.5.2015. Zum Staatsfonds vgl. »Saudi Arabia Reshuffles Government Funds under Finance Ministry«, Gulf Business, 24.3.2015, <https://gulfbusiness.com/saudi-arabia-reshuffles-government-funds-finance-ministry/> (eingesehen am 28.7.2025).

7

 Ahmed Al Omran/Andrew England, »Saudi Crown Prince’s Inner Circle Vulnerable to Shake-up«, in: Financial Times (online), 12.12.2018, <https://www.ft.com/content/ 718085ae-f8b0-11e8-8b7c-6fa24bd5409c> (eingesehen am 9.7.2025).

8

 Hadeel Al Sayegh, »Saudi King Overhauls Security Ser­vices Following Royal Shakeup«, Reuters (online), 20.7.2017, <https://www.reuters.com/article/us-saudi-decrees/saudi-king-overhauls-security-services-following-royal-shakeup-idUSKBN 1A52N9/> (eingesehen am 9.7.2025).

9

 Zur Beziehung zwischen Vater und Sohn allgemein vgl. Christopher M. Davidson, From Sheikhs to Sultanism. Statecraft and Authority in Saudi Arabia and the UAE, London: Hurst & Com­pany, 2021 (Oxford Scholarship Online Political Science), doi: 10.1093/oso/9780197586488.001.0001.

10

 Jonathan Rugman, »Power, Oil and a $450m Painting – Insiders on the Rise of Saudi’s Crown Prince«, BBC News (online), 19.8.2024, <https://www.bbc.com/news/articles/ c4gz8934wrro> (eingesehen am 22.7.2025).

11

 Vgl. z.B. Samuel Willner, »The Saudi Arabia of Moham­med Bin Salman: Adapting to the Changing World and Preserving the Monarchy«, in: Israel Journal of Foreign Affairs, 16 (2022) 3, S. 365–378.

12

 Ben Hubbard, »The Rise and Fall of M.B.S.’s Digital Henchman«, in: The New York Times (online), 13.3.2020, <https://www.nytimes.com/2020/03/13/sunday-review/mbs-hacking.html> (eingesehen am 9.7.2025).

13

 Julian E. Barnes/David E. Sanger, »Saudi Crown Prince Is Held Responsible for Khashoggi Killing in U.S. Report«, in: The New York Times (online), 26.2.2021, <https://www. nytimes.com/2021/02/26/us/politics/jamal-khashoggi-killing-cia-report.html> (eingesehen am 30.9.2025).

14

 Hubbard, »The Rise and Fall of M.B.S.’s Digital Hench­man« [wie Fn. 12].

15

 »Pro-government Saudi Twitter Hails Embattled Royal Adviser«, BBC Monitoring Middle East, 23.5.2021.

16

 Martin Chulov, »Saudi Aide Accused of Directing Khashoggi Murder Edges Back to Power«, in: The Guardian (online), 8.10.2021, <https://www.theguardian.com/world/ 2021/oct/08/saudi-aide-accused-of-directing-khashoggi-moves-closer-back-to-power> (eingesehen am 9.7.2025).

17

 Chopra, »›The Godfather, Saudi-Style‹« [wie Fn. 1].

18

 Gus Garcia-Roberts, »Saudi Arabia’s Tightening Grip on Sports«, in: The Washington Post (online), 9.11.2023, <https:// www.washingtonpost.com/sports/2023/11/09/saudi-arabia-wwe-sports/> (eingesehen am 9.7.2025).

19

 »Turki Al-Sheikh: from Cultural Activism to Head of Saudi Entertainment Authority«, Al Arabiya English (online), 27.12.2018, <https://english.alarabiya.net/life-style/entertain ment/2018/12/27/Turki-al-Sheikh-new-Chairman-of-the-General-Authority-for-Entertainment> (eingesehen am 9.7.2025).

20

 Zu seinen offiziellen Funktionen vgl. »Mohammad Bin Abdulmalik Al al-Sheikh«, Saudipedia, <https://saudipedia. com/en/article/922/figures/officials/mohammad-bin-abdul malik-al-al-sheikh> (eingesehen am 9.7.2025). Zu seiner Rolle kurz nach der Machtübernahme König Salmans im Januar 2015 vgl. Karen Elliott House, Profile of a Prince. Promise and Peril in Mohammed bin Salman’s Vision 2030, Cambridge, MA: Belfer Center for Science and International Affairs, April 2019 (Senior Fellow Paper), S. 13, <https://www.belfer center.org/sites/default/files/2024-08/ProfileofaPrince.pdf> (eingesehen am 22.7.2025).

21

 Human Rights Watch, The Man Who Bought the World. Rights Abuses Linked to Saudi Arabia‹s Public Investment Fund and Its Chairman, Mohammed Bin Salman, New York, November 2024, <https://www.hrw.org/sites/default/files/media_2024/ 11/saudiarabia1124web.pdf> (eingesehen am 22.7.2025).

22

 Zu seiner Person im Detail vgl. Jacob Whitehead, »Yasir Al-Rumayyan: A Life of Power, Privilege and Risk for Golf’s Most Powerful Man«, in: The Athletic (online), 29.3.2023, <https://www.nytimes.com/athletic/4343985/2023/03/29/yasir-al-rumayyan-newcastle-profile/> (eingesehen am 22.7.2025).

23

 Zu einem etwas älteren Überblick über die wichtigsten Persönlichkeiten und ihre Funktionen vgl. Omran/England, »Saudi Crown Prince’s Inner Circle Vulnerable to Shake-up« [wie Fn. 7]. Vgl. auch Davidson, From Sheikhs to Sultanism [wie Fn. 9], S. 113f.

24

 Summer Said/Justin Scheck/Warren Strobel, »Top Saudi Royal Family Members Detained«, in: The Wall Street Journal, 6.3.2020, <https://www.wsj.com/articles/top-saudi-royal-family-members-detained-11583531033> (eingesehen am 22.7.2025).

25

 Dies berichteten beispielsweise Quellen des Wall Street Journal. Ebd.

26

 David D. Kirkpatrick/Ben Hubbard/Eric Schmitt, »Round­up of Saudi Royals Expands with Detention of a 4th Prince«, in: The New York Times, 7.3.2020, <https://www.nytimes.com/ 2020/03/07/world/middleeast/saudi-arabia-mohammed-bin-salman.html> (eingesehen am 22.7.2025).

27

 Robert Fife/Steven Chase, »Saudi Arabia Presses Canada to End Refuge for Saad Aljabri, Ex-Intelligence Officer«, in: The Globe and Mail (online), 6.7.2020, <https://www.theglobe andmail.com/politics/article-saudis-press-canada-to-end-refuge-for-ex-intelligence-officer/> (eingesehen am 22.7.2025).

28

 Besonders deutlich zeigte dies seine Mitgliedschaft in der Gelehrtenvereinigung International Union of Muslim Scholars, die als zumindest stark von der Muslimbruderschaft beeinflusst gilt. Er war dort stellvertretender Generalsekretär.

29

 »Saudi Arabia Declares Muslim Brotherhood ›Terrorist Group‹«, BBC News (online), 7.3.2014, <https://www.bbc.com/ news/world-middle-east-26487092> (eingesehen am 22.7.2025).

30

 Die englische Übersetzung des Tweets lautete: »May God harmonise between their hearts for the good of their people.« Florence Dixon, »Son of Saudi Death Row Cleric Blasts ›Brutal Regime‹«, in: The New Arab (online), 5.9.2018, <https://www. newarab.com/news/son-saudi-death-row-cleric-blasts-brutal-regime> (eingesehen am 22.7.2025).

31

 Dies berichtete die prokatarische Nachrichtenagentur Middle East Eye. David Hearst, »Saudi Arabia to Execute Three Prominent Moderate Scholars After Ramadan«, Middle East Eye (online), 21.5.2019, <https://www.middleeasteye.net/ news/exclusive-saudi-arabia-execute-three-prominent-moderate-scholars-after-ramadan> (eingesehen am 22.7.2025).

32

 »Saudi Arabia ›Arrests Clerics in Crackdown on Dis­sent‹«, BBC News (online), 13.9.2017, <https://www.bbc.com/ news/world-middle-east-41260543> (eingesehen am 23.7.2025).

33

 Stephanie Kirchgaessner, »Saudi Prosecutors Seek Death Penalty for Academic over Social Media Use«, in: The Guardian (online), 15.1.2023, <https://www.theguardian.com/world/ 2023/jan/15/saudi-arabian-academic-on-death-row-for-using-twitter-and-whatsapp> (eingesehen am 23.7.2025).

34

 Zu Omari vgl. Kristian Coates Ulrichsen/Giorgio Cafiero, »Fate of Saudi Religious Scholars on Death Row«, Lobe Log, 14.6.2019, <https://lobelog.com/fate-of-saudi-religious-scholars-on-death-row/> (eingesehen am 23.7.2025).

35

 Robert F. Worth, »Twitter Gives Saudi Arabia a Revolution of Its Own«, in: The New York Times (online), 20.10.2012, <https://www.nytimes.com/2012/10/21/world/middleeast/twitter-gives-saudi-arabia-a-revolution-of-its-own.html> (ein­gesehen am 23.7.2025).

36

 Aruna Viswanatha/Betsy Morris, »Former Twitter Em­ployees Charged with Spying for Saudi Arabia by Digging into the Accounts of Kingdom Critics«, in: The Washington Post (online), 6.11.2019, <https://www.washingtonpost.com/ national-security/former-twitter-employees-charged-with-spying-for-saudi-arabia-by-digging-into-the-accounts-of-kingdom-critics/2019/11/06/2e9593da-00a0-11ea-8bab-0fc209e065a8_story.html> (eingesehen am 23.7.2025).

37

 Ebd.

38

 Stephanie Kirchgaessner, »Saudi Arabia Jails Alleged Satirist ›Identified in Twitter Infiltration‹«, in: The Guardian (online), 9.4.2021, <https://www.theguardian.com/world/ 2021/apr/09/saudi-arabia-jails-alleged-satirist-identified-in-twitter-infiltration> (eingesehen am 23.7.2025).

39

 »Prominent Saudi Economist Sentenced to 15 Years in Jail ›for Not Publishing MbS Interview‹: Report«, in: The New Arab (online), 6.10.2020, <https://www.newarab.com/news/ prominent-saudi-economist-sentenced-15-year-imprison ment-report> (eingesehen am 23.7.2025).

40

 Sakina Fatima, »Saudi Arabia Releases Journalist Jamil Farsi after 7 Years in Prison«, in: The Siasat Daily (online), 31.10.2024, <https://www.siasat.com/saudi-arabia-releases-journalist-jamil-farsi-after-7-years-in-prison-3123464/> (ein­gesehen am 23.7.2025).

41

 Zitiert nach »Crown Prince Says Saudis Want Return to Moderate Islam«, BBC News (online), 25.10.2017, <https:// www.#bbc.com/news/world-middle-east-41747476> (ein­gesehen am 24.7.2025).

42

 Yaroslav Trofimov, The Siege of Mecca. The Forgotten Up­rising in Islam‹s Holiest Shrine, London: Penguin Books, 2008, passim.

43

 Sewell Chan, »Saudi Arabia Moves to Curb Its Feared Religious Police«, in: The New York Times (online), 15.4.2016, <https://www.nytimes.com/2016/04/16/world/middleeast/saudi-arabia-moves-to-curb-its-feared-religious-police.html> (ein­gesehen am 24.7.2025).

44

 Persönliche Beobachtungen des Autors, Riad, Februar 2023.

45

 Cole M. Bunzel, »Refounding the Kingdom: Saudi Arabia from Islamism and Wahhabism to ›Moderate‹ Islam«, in: Middle Eastern Studies (online), 2.4.2025, doi: 10.1080/ 00263206.2025.2482632.

46

 Mo Gannon/Noor Nugali, »Saudi Arabia’s Crown Prince Launches Mega Tourism Projects in Ancient Area of Al-Ula«, in: Arab News (online), 10.2.2019, <https://www.arabnews. com/node/1449911/saudi-arabia> (eingesehen am 24.7.2025).

47

 Bunzel, »Refounding the Kingdom« [wie Fn. 45].

48

Eman Alhussein, Saudi First: How Hyper-Nationalism Is Transforming Saudi Arabia, London: European Council on Foreign Relations, Juni 2019, S. 7, <https://ecfr.eu/wp-content/ uploads/saudi_first_how_hyper_nationalism_is_transforming_saudi_arabia.pdf> (eingesehen am 24.7.2025).

49

 Hanna Ziady, »OPEC Announces the Biggest Cut to Oil Production since the Start of the Pandemic«, CNN Business (online), 5.10.2022, <https://edition.cnn.com/2022/10/05/ energy/opec-production-cuts> (eingesehen am 24.7.2025).

50

 »Saudi Crown Prince: the New Europe Is the Middle East, Even Qatar«, Al Arabiya English (YouTube), 24.10.2018, <https://www.youtube.com/watch?v=0sE9xCDfuuU> (ein­gesehen am 24.7.2025).

51

 Daniel Böhm, »Gaza-Krieg und Saudi-Arabien: ein Land, wie geschaffen von künstlicher Intelligenz«, in: Neue Zürcher Zeitung, 19.6.2024, <https://www.nzz.ch/international/saudi arabien-und-der-gaza-krieg-ein-land-wie-erschaffen-von-einer-kuenstlichen-intelligenz-ld.1829918> (eingesehen am 28.7.2025).

52

 Zu einem Überblick über die Inhalte des Interviews vgl. Kamel Abderrahmani, »Mohammed Bin Salman Attempts to Reform Islam«, in: PIME Asia News (online), 8.5.2021, <https://www.asianews.it/news-en/Mohammed-Bin-Salman-attempts-to-reform-Islam-53085.html#_edn1> (eingesehen am 24.7.2025). Das Original findet sich hier: »Ein Treffen mit Kronprinz Muhammad Bin Salman mit dem Fernsehsender Al Saudiya anlässlich des fünften Jahrestages des Starts der saudi-arabischen Vision 2030« (arabisch), Saudi Broadcasting Authority (YouTube), 28.4.2021, <https://www.youtube.com/ watch?v=eriiLN1XIa0>.

53

 Graeme Wood, »Absolute Power«, in: The Atlantic, (April 2022), <https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2022/ 04/mohammed-bin-salman-saudi-arabia-palace-interview/ 622822/> (eingesehen am 24.7.2025).

54

 Interviews des Autors, Riad, Februar 2023.

55

 Alhussein, Saudi First: How Hyper-nationalism Is Trans­forming Saudi Arabia [wie Fn. 48], S. 7.

56

 Ben Hubbard, MBS: The Rise to Power of Mohammed Bin Salman, New York: Crown, 2021, S. 230.

57

 Ebd., S. 231.

58

 »Drei Aktivist*innen – drei Schicksale«, in: Amnesty – Magazin der Menschenrechte (September 2024), <https:// www.amnesty.ch/de/ueber-amnesty/publikationen/magazin-amnesty/2024-3/drei-aktivist-innen-drei-schicksale#> (ein­gesehen am 24.7.2025). Hathlouls Familie berichtete, dass Loujain in der Haft misshandelt, gefoltert und mit dem Tode bedroht wurde.

59

 Megan K. Stack, »The West Is Kidding Itself about Women’s Freedom in Saudi Arabia«, in: The New York Times (online), 19.8.2022, <https://www.nytimes.com/2022/08/ 19/opinion/saudi-arabia-women-rights.html> (eingesehen am 24.7.2025).

60

 Interview des Autors, Riad, Februar 2023.

61

 Interview des Autors, Riad, Februar 2023.

62

 Karen Elliott House, Saudi First. Kingdom Pursues Independ­ent Path, Cambridge, MA: Belfer Center for Science and Inter­national Affairs, Juli 2023, S. 19, <https://www.belfercenter. org/sites/default/files/pantheon_files/files/publication/Paper_ SaudiFirst_v7.pdf> (eingesehen am 24.7.2025).

63

 »Saudi Society Has Changed Drastically. Can the Economy Change, Too?«, in: The Economist, (online), 8.5.2025, <https://www.economist.com/briefing/2025/05/08/saudi-society-has-changed-drastically-can-the-economy-change-too> (eingesehen am 24.7.2025). In einer anderen Quelle ist von 37 Prozent schon im Jahr 2022 die Rede. Vgl. House, Saudi First. Kingdom Pursues Independent Path [wie Fn. 62], S. 17.

64

 Saudi Vision 2030, <https://www.vision2030.gov.sa/en> (eingesehen am 24.7.2025).

65

 Bassam Albassam, »Public Finance in Saudi Arabia: The Need for Reform«, in: Middle East Policy, 26 (2019) 3, S. 35–44 (36).

66

Waldmann, »The $2 Trillion Project to Get Saudi Arabia’s Economy Off Oil« [wie Fn. 4].

67

 Stephan Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Juni 2019 (SWP-Studie 13/2019), S. 7, doi: 10.18449/2019S13.

68

 Zu den Ölpreisen zwischen 2015 und 2025 im Detail vgl. Macrotrends, »WTI Crude Oil Prices – 10 Year Daily Chart«, <https://www.macrotrends.net/2516/wti-crude-oil-prices-10-year-daily-chart> (eingesehen am 24.7.2025).

69

 Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], S. 8.

70

 Ebd.

71

 Waldmann, »The $2 Trillion Project to Get Saudi Arabia’s Economy Off Oil« [wie Fn. 4].

72

 Guido Steinberg, Regionalmacht Vereinigte Arabische Emirate, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (SWP-Studie 2/2020), S. 9f, doi: 10.18449/2020S02.

73

 Sovereign Wealth Fund Institute, »Top 100 Largest Sovereign Wealth Fund Rankings by Total Assets«, <https:// www.swfinstitute.org/fund-rankings/sovereign-wealth-fund> (eingesehen am 24.7.2025). Das Bild ist leicht dadurch ver­zerrt, dass es in den Emiraten noch weitere, etwas kleinere Fonds gibt.

74

 Zu den Zahlen 2019 vgl. Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], S. 5; zu den Zahlen Ende 2024 vgl. z.B. »Saudi‹s PIF to Anchor New Gulf-focused Funds from Gold­man Sachs«, Reuters (online), 3.3.2025, <https://www.reuters. com/business/finance/saudis-pif-anchor-new-gulf-focused-funds-goldman-sachs-2025-03-03/> (eingesehen am 24.7.2025).

75

 Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], S. 14; »Exclusive – Saudi King Tipped the Scale Against Aramco IPO Plans«, Reuters (online), 27.8.2018, <https://www.reuters. com/article/world/uk/exclusive-saudi-king-tipped-the-scale-against-aramco-ipo-plans-idUSKCN1LC1N5/> (eingesehen am 24.7.2025).

76

 Samantha Gross, The Saudi Aramco IPO Breaks Records, But Falls Short of Expectations, Washington, D.C.: Brookings, 11.12.2019, <https://www.brookings.edu/articles/the-saudi-aramco-ipo-breaks-records-but-falls-short-of-expectations/> (eingesehen am 24.7.2025).

77

 Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], S. 15.

78

 Stanley Reed, »Saudi Aramco Sets Its Market Value at up to $1.7 Trillion«, in: The New York Times, 17.11.2019, <https:// www.nytimes.com/2019/11/17/business/aramco-ipo.html> (ein­gesehen am 24.7.2025).

79

 Dana Khraiche/Matthew Martin, »Saudi Arabia Transfers Another 4% of Aramco to Wealth Fund«, Bloomberg, 16.4.2023, <https://www.bloomberg.com/news/articles/2023-04-16/saudi-completes-4-aramco-stake-transfer-to-sovereign-fund-unit> (eingesehen am 24.7.2025); Pesha Magid/Yousef Saba/Clauda Tanios, »Saudi Arabia Doubles Sovereign Fund’s Stake in Aramco«, Reuters (online), 7.3.2024, <https://www.reuters. com/markets/commodities/saudi-arabia-transfers-8-aramco-pif-portfolio-spa-reports-2024-03-07/> (eingesehen am 24.7.2025).

80

 Vgl. z.B. Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], S. 13.

81

 Ebd., S. 14.

82

 Ebd., S. 10f.

83

 Zu einem Schaubild mit den 2024 (neben dem Kron­prinzen) neun Mitgliedern des Vorstands vgl. Human Rights Watch, The Man Who Bought the World [wie Fn. 21].

84

Zu seinem Aufstieg im Detail vgl. Whitehead, »Yasir Al‑Rumayyan« [wie Fn. 22].

85

 Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], S. 10.

86

 Vivian Nereim, »The Making of Saudi Inc. How MBS Has Presided over the Sovereign Wealth Fund’s Oil-Powered Takeover«, Bloomberg, 7.7.2022, <https://www.bloomberg. com/news/articles/2022-07-07/making-saudi-inc-how-mbs-drove-the-sovereign-wealth-fund-s-oil-fueled-takeover> (eingesehen am 24.7.2025).

87

 Vgl. z.B. die ausführliche Argumentation in Roll, Ein Staatsfonds für den Prinzen [wie Fn. 67], passim.

88

 Colin Foreman, »Funding Impacts Saudi Projects«, in: MEED Business Review, 9 (2024) 9, S. 7.

89

 Zu einem Überblick vgl. »NEOM: Made to Change«, <https://www.neom.com/en-us> (eingesehen am 24.7.2025).

90

 Christian Hensen, »Wunderstadt ›The Line‹ in Schwie­rig­keiten: Saudis fahren Pläne offenbar zurück«, in: Stern (online), 10.4.2024, <https://www.stern.de/digital/technik/ wunderstadt--the-line---saudis-fahren-plaene-offenbar-zurueck-34614410.html> (eingesehen am 24.7.2025).

91

 Vivian Nereim, »MBS’s $500 Billion Desert Dream Just Keeps Getting Weirder«, Bloomberg, 14.7.2022, <https://www. bloomberg.com/features/2022-mbs-neom-saudi-arabia/> (ein­gesehen am 24.7.2025).

92

 Samer Al-Atrush, »Failed Beach Party Left Boss of Saudi Neom Project High and Dry«, in: The Times (online), 22.11.2024, <https://www.thetimes.com/business-money/ companies/article/failed-beach-party-left-boss-of-saudi-neom-project-high-and-dry-zhqtb9sct> (eingesehen am 25.7.2025).

93

 Zainab Fattah/Matthew Martin, »Saudis Scale Back Ambition for $1.5 Trillion Desert Project Neom«, Bloomberg, 5.4.2024, <https://www.bloomberg.com/news/articles/2024-04-05/saudis-scale-back-ambition-for-1-5-trillion-desert-project-neom> (eingesehen am 25.7.2025).

94

 Colin Foreman, »Riyadh Reins in Spending«, in: MEED Business Review, 9 (2024) 6, S. 10–11 (10).

95

 Nereim, »MBS’s $500 Billion Desert Dream Just Keeps Getting Weirder« [wie Fn. 91].

96

 Als alternativer Austragungsort wird meist Südkorea genannt. Gespräche des Autors, Riad, Oktober 2025.

97

 Marco Dittmer, »Arbeiten an der Mega-Stadt ›The Line‹ vor dem Aus«, in: Bild (online), 2.10.2025, <https://www. bild.de/news/ausland/arbeit-an-mega-stadt-mit-stadion-und-skigebiet-in-der-wueste-vor-dem-aus-68dba2cda429f108c 5621ff7> (eingesehen am 21.10.2025).

98

 Neil Halligan, »Saudi Arabia Megaprojects 2024: From Neom to AlUla, 17 Developments Shaping Its Future«, in: The National (online), 3.2.2024, <https://www.thenational news.com/business/economy/2024/02/03/saudi-arabia-mega projects-17-developments-set-to-shape-the-kingdoms-future/> (eingesehen am 25.7.2025).

99

 »Inside Saudi Arabia’s Red Sea: Everything You Need to Know«, Arabian Business (online), 7.12.2022, <https://www. arabianbusiness.com/industries/travel-hospitality/inside-saudi-arabias-red-sea-global-everything-you-need-to-know> (eingesehen am 25.7.2025); Halligan, »Saudi Arabia Mega­projects 2024: From Neom to AlUla« [wie Fn. 98].

100

 Gannon/Nugali, »Saudi Arabia’s Crown Prince Launches Mega Tourism Projects« [wie Fn. 46].

101

Halligan, »Saudi Arabia Megaprojects 2024: From Neom to AlUla« [wie Fn. 98].

102

Eva Levesque, »Saudi Arabia Showcases Tourism Plans«, in: MEED Business Review, 8 (2022) 6, S. 34.

103

 »›Good Negotiations‹: Saudi Crown Prince Says ›Every Day‹ Is a Day Closer to Peace with Israel«, Fox News (YouTube), 22.9.2023, <https://www.youtube.com/watch?v=Y_u8ghPr3 HE>; Miguel Hadchity, »Saudi Arabia’s International Tourism Revenue Soars by 148%, Leading G20 Nations«, in: Arab News (online), 27.4.2025, <https://www.arabnews.com/node/ 2598626/business-economy> (eingesehen am 25.7.2025).

104

 Colin Foreman, »Beaches and Luxury Drive Regional Tourism«, in: MEED Business Review, 10 (2025) 4, S. 18–19 (18).

105

 Levesque, »Saudi Arabia Showcases Tourism Plans« [wie Fn. 102].

106

 Mohammed Al-Kinani, »Saudi Arabia’s Job Market Strengthens as Unemployment Falls to 7% in Q4 2024«, in: Arab News (online), 27.3.2025, <https://www.arabnews.com/ node/2595043/business-economy> (eingesehen am 25.7.2025).

107

 Die Schätzungen der Jugendarbeitslosigkeit gehen weit auseinander. Für das Jahr 2021 schätzte die Weltbank sie auf knapp 30 Prozent. In einem Artikel von 2023 wird jedoch von einer Halbierung der Jugendarbeitslosigkeit im Jahr 2022 und einem neuen Wert von 16,8 Prozent berichtet. John Bambridge, »Riyadh Prioritises Stability over Headline Growth«, MEED, 28.9.2023, <https://www.meed.com/riyadh-prioritises-stability-over-headline-growth> (eingesehen am 25.7.2025).

108

 Der King-Khalid-Flughafen hat eine Kapazität von 25 Millionen Passagieren pro Jahr. Giorgio Cafiero, »Saudi Arabia Eyes Aviation Expansion to Get in on Crucial Tourism Market«, in: Al Jazeera (online), 31.7.2023, <https://www. aljazeera.com/news/2023/7/31/saudi-arabia-eyes-aviation-expansion-to-get-in-on-crucial-tourism-market> (eingesehen am 28.7.2025).

109

 Levesque, »Saudi Arabia Showcases Tourism Plans« [wie Fn. 102].

110

 Daniel Böhm, »Saudiarabien gründet eine neue Flug­gesellschaft«, in: Neue Zürcher Zeitung, 22.6.2023, <https:// www.nzz.ch/wirtschaft/luftkampf-ueber-arabien-saudi arabien-gruendet-eine-neue-grossfluggesellschaft-ld. 1743701> (eingesehen am 28.7.2025).

111

 Ben Hubbard, »Saudi Arabia Lightens Up, Building Entertainment Industry from Scratch«, in: The New York Times (online), 17.3.2018, <https://www.nytimes.com/2018/03/17/ world/middleeast/saudi-arabia-entertainment-economy. html> (eingesehen am 28.7.2025).

112

 »Saudi Arabia to Invest $64 Billion in Entertainment Sector over Coming Decade«, in: Arab News (online), 22.2.2018, <https://www.arabnews.com/node/1251891/saudi-arabia> (ein­gesehen am 28.7.2025).

113

 House, Saudi First. Kingdom Pursues Independent Path [wie Fn. 62], S. 16.

114

 Bandar al-Mosalam, »Riyadh Season Attracts 20 Million Visitors with 100% Qualitative Leap«, in: Asharq Al-Awsat, 11.3.2024, <https://english.aawsat.com/business/4904441-riyadh-season-attracts-20-million-visitors-100-qualitative-leap> (eingesehen am 28.7.2025).

115

 Halligan, »Arabia Megaprojects 2024: From Neom to AlUla« [wie Fn. 98].

116

 Edmund O’Sullivan, »Saudi Arabia’s Football Vision Goes Global«, in: MEED Business Review, 8 (2022) 10, S. 43–44 (43).

117

 Zu einer ausführlichen Darstellung des Ablaufs vgl. Tariq Panja, »Inside Man: How FIFA Guided the World Cup to Saudi Arabia«, in: The New York Times (online), 15.11.2023, <https://www.nytimes.com/2023/11/15/world/middleeast/saudi-arabia-fifa-world-cup.html> (eingesehen am 28.7.2025).

118

 Steve Luckings, »Saudi Arabia Unveils Plans for 92,000-Capacity King Salman Stadium to Stage 2034 World Cup Final«, in: The National (online), 19.11.2024, <https://www. thenationalnews.com/sport/football/2024/11/19/saudi-arabia-king-salman-stadium-world-cup/> (eingesehen am 28.7.2025).

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