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Von Lima nach Paris: Neues Klimaabkommen braucht mehr Zeit

Der VN-Klimagipfel in Lima hat gezeigt, dass die Staaten noch mehr Zeit brauchen werden, um sich auf einen tragfähigen internationalen Rahmen für die Klimapolitik zu einigen, meint Susanne Dröge. Das Pariser Abkommen darf daher nicht der Endpunkt der internationalen Bemühungen sein.

Kurz gesagt, 16.12.2014 Research Areas

Der VN-Klimagipfel in Lima hat gezeigt, dass die Staaten noch mehr Zeit brauchen werden, um sich auf einen tragfähigen internationalen Rahmen für die Klimapolitik zu einigen, meint Susanne Dröge. Das Pariser Abkommen darf daher nicht der Endpunkt der internationalen Bemühungen sein.

Vor dem Klimagipfel in Peru waren die Anzeichen für mehr internationale Zusammenarbeit in der Klimapolitik sehr positiv. Insbesondere die frühen Zusagen der EU, der USA und Chinas über eigene Anstrengungen im Klimaschutz und die finanzielle Aufstockung des grünen Klimafonds (Green Climate Fund) der Vereinten Nationen durch die OECD-Staaten hatten die politische Ausgangslage scheinbar positiv beeinflusst. So war zu hoffen, dass in Lima ein erster substantieller Textentwurf für das neue Klimaabkommen aufgesetzt wird, das in einem Jahr in Paris verabschiedet werden soll.

Allerdings war der »Goodwill« zügig verflogen, als die Verhandler sich Zeile für Zeile über eine erste Version des Textes beugten. Es zeigte sich, dass die Verhandlungspositionen der Staaten nach wie vor von sehr unterschiedlichen, zum Teil widersprüchlichen Erwartungen an ein neues Regime geprägt sind. Immer noch stehen vor allem die Industrieländer als Klimasünder am Pranger, obwohl inzwischen auch China und Indien zu den größten Verschmutzern aufgerückt sind. Viele der großen aufstrebenden Schwellenländer wollen ihre Mitverantwortung für die künftige Entwicklung des Klimawandels nicht in einem neuen Abkommen fixiert sehen, sie bevorzugen einen freiwilligen Beitrag; immerhin ein erster Schritt. Auch viele Industrieländer wehren sich dagegen, den Klimaschutz völkerrechtlich zu regeln und bestehen auf Unverbindlichkeit. Es überrascht daher nicht, dass in Lima auch die Vorstellungen von Transparenz und Überprüfbarkeit der Zusagen noch weit auseinandergingen. Uneinigkeit bestand vor allem beim Verfahren für die nationalen Beiträge zum Klimaschutz und bei der Klimafinanzierung.

Verfahren für die nationalen Beiträge zum Klimaschutz

In Warschau wurde 2013 beschlossen, dass Klimaschutzziele als sogenannte beabsichtigte, national festgelegte Beiträge in das Pariser Abkommen eingehen. Diese werden anders als unter dem Kyoto-Protokoll nicht rechtlich verbindlich sein. Die EU und weitere Staaten hatten nun gefordert, dass im Verlauf des Jahres 2015 überprüft wird, welchen Effekt diese Zielwerte auf den Klimaschutz ab 2020 haben. Damit haben sie sich nicht durchgesetzt: In Lima ist beschlossen worden, dass erst nach Eingang aller Meldungen auf der Webseite der UNFCCC, wenige Wochen vor dem Pariser Gipfel, nachgerechnet werden soll. Diese Abschwächung der Transparenz geht vor allem auf die Gruppe der »Like-minded Developing Countries« zurück, zu denen u.a. China und Venezuela gehören. Diese Gruppe möchte nicht riskieren, an den Pranger gestellt zu werden, sollte sich zeigen, dass ihre Beiträge letztlich wenig Substanz haben. Doch je später nachgerechnet wird, desto schwieriger wird es sein, vor Paris noch einmal nachzubessern.

Klimafinanzierung

Immerhin ist es in Lima gelungen, die vom UNFCCC-Sekretariat angemahnte Mindestsumme von 10 Milliarden US Dollar für die Startphase des »Green Climate Fund« zusammenzubekommen, mit dem Klimaschutz und Klimaanpassung in armen Ländern finanziert werden sollen. Sogar Peru und Kolumbien haben Geld zugesagt, obwohl dies eigentlich Aufgabe der OECD-Staaten ist. Damit ist die Klimafinanzierung jedoch nicht in dem Maße gesichert, wie es unter der UNFCCC vorgesehen ist, nämlich langfristig und mit dem Anspruch, ab 2020 jährlich 100 Milliarden US Dollar an zusätzlichen Mitteln bereitstellen zu können. Da es keine rechtliche Basis für die dauerhafte Einzahlung in den Fonds gibt und die Staaten an die nationalen Budgets und Verfahren gebunden sind, wird es kaum schnelle Zusagen für die Zeit nach 2020 geben. Immerhin konnte im Textentwurf das Bekenntnis der Geberländer festgehalten werden, diese Ressourcen langfristig aufzubringen. Der Textentwurf betont auch, dass die Mittel vor allem in die Anpassung an den Klimawandel fließen sollen. Dies soll dem Umstand Rechnung tragen, dass private Investoren bisher vor allem Interesse am Klimaschutz, nicht aber an Anpassungsinvestitionen zeigen.

Erwartungen an Paris 2015 niedrig halten

Für die französische Regierung, die im Jahr 2015 eine erfolgreiche Klimakonferenz anstrebt, haben die Verhandlungen in Lima nicht den erhofften Erfolg gebracht. Nur wenige Teile des Textentwurfs wurden konkretisiert, umso mehr wurden verworfen – trotz des offenkundigen Bedarfs, den internationalen Klimaschutz zu stärken. Offenbar braucht die seit Kopenhagen 2009 zu beobachtende Zeitenwende in der internationalen Klimapolitik hin zu einer ausgewogenen Beteiligung aller Staaten noch sehr viel Zeit. Mehr Zeit, als bis zum entscheiden Gipfel in Paris bleibt. Eigentlich ist allen Beteiligten längst klar, dass Klimapolitik effektiv durch nationale Politik und das Engagement vieler nicht-staatlicher Akteure funktioniert und die UNFCCC hierfür einen Rahmen bieten kann – nicht mehr und nicht weniger. Dennoch halten sich die Staaten immer wieder damit auf, Zweifel an der Leistungsfähigkeit des VN-Systems zu formulieren und ihre althergebrachten Erwartungen zu reproduzieren. Dies zu überwinden, wird noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Die größte Aufgabe des Gastgebers Frankreich wird daher nun darin bestehen, die Erwartungen an das Pariser Abkommen niedrig zu halten und für Möglichkeiten zu sorgen, nach 2015 weiter zu verhandeln.

Der Text ist auch bei EurActiv.de erschienen.