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Konflikte in Verhandlungen zu UN-Reformen

Einsichten in den und aus dem Review des Hochrangigen Politischen Forums zu Nachhaltiger Entwicklung

SWP-Studie 2021/S 22, 09.12.2021, 35 Pages

doi:10.18449/2021S22

Research Areas

Viele Staaten schätzen das Hochrangige Politische Forum zu Nachhaltiger Entwicklung (HLPF) der Vereinten Nationen: Es gilt als wichtiger Ort, an dem Vertreterinnen und Vertreter aus den Hauptstädten, dem UN-System und von Stakeholdern diskutieren, wie die 2030-Agenda und die dort verankerten Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) umgesetzt werden. In dieser Studie werden die 2020/21 geführten Verhandlungen unter der UN-Generalversammlung zum HLPF analysiert.

Die beabsichtigte Stärkung des HLPF scheiterte an zahlreichen Konflikten im Bereich Umwelt und Entwicklung ebenso wie an übergreifenden Konfliktlinien, welche die internationale Ordnung betreffen. Daraus sollten Schlüsse für zukünftige UN-Reformprozesse gezogen werden.

In den Resolutionen wurde im Wesentlichen der Status quo festgeschrieben. Die wenigen inkrementellen Verbesserungen sollten nun aufgegriffen werden. So sollten die Bundesregierung und die EU dafür eintreten, das hochrangige Treffen im Juli besser vorzubereiten und nachzuhalten. Eine wichtige Chance bietet hierfür das neue Koordinierungssegment des UN-Wirtschafts- und Sozialrates (ECOSOC), welches erstmals im Februar 2022 stattfindet.

Die Bundesregierung und die EU sollten jährlich eine ambitionierte UN-Strategie entwickeln, die ihre Arbeit im ECOSOC und beim HLPF ein­bezieht. Dabei sollten sie die identifizierten Konfliktthemen im Blick behalten.

Der Bericht »Our Common Agenda« des UN-Generalsekretärs, von den UN-Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben und im September 2021 publiziert, öffnet ein Gelegenheitsfenster, UN-Reformen voranzutreiben.

Anfang 2024, wenn der nächste HLPF-Review ansteht, sollten die Bundes­regierung und die EU ihre Reformvorschläge formuliert haben. Im Rahmen der Allianz für den Multilateralismus sollten sie dafür rechtzeitig werben.

Problemstellung und Empfehlungen

Viele Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (United Nations, UN) rufen gerne nach einem effektiven Multilateralismus und fordern Reformen. Gleichzeitig sind es die Staaten selbst, die sowohl multilaterale Prozesse als auch Reformbemühungen blockieren. Grund sind unvereinbare Positionsdifferenzen, also Konflikte, zu verschiedenen Gegenständen. In dieser Studie werden die Verhandlungen unter der UN-Generalversammlung zum Review des Hochrangigen Politischen Forums zu Nachhaltiger Entwicklung (High Level Political Forum on Sustainable Development, HLPF) analysiert, die in Zusammenschau mit dem Review des Wirtschafts- und Sozialrates (Eco­nomic and Social Council, ECOSOC) in den Jahren 2020 und 2021 geführt wurden. Alte und neue Kon­flikte im Themenfeld werden sichtbar, ebenso wie übergreifende Konfliktlinien, die auch zukünftige UN-Reform­prozesse beeinträchtigen werden.

Die Analyse der Verhandlungen und der verabschiedeten UN-Resolutionen zum HLPF- und ECOSOC-Review zeigt:

  • Die meisten Staaten schätzen das HLPF als Forum, bei dem Delegationen aus den Hauptstädten, Ver­treterinnen und Vertreter des UN-Systems sowie Stakeholder miteinander diskutieren, wie die 2030-Agenda und die in ihr verankerten Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) bislang umgesetzt wurden und was daraus zu lernen ist.

  • Dennoch scheiterte die beabsichtigte Stärkung des HLPF an zahlreichen Konflikten, sowohl zu Konfliktthemen im Bereich Umwelt und Entwicklung als auch zu übergreifenden Konfliktgegenständen, welche die internationale Ordnung betreffen. Divergierende Interessen und Narrative rund um UN-Mandate sowie Auseinandersetzungen über politisch aufgeladene Terminologie erschwerten es, Konsense zu Reformen zu erzielen.

  • Als Ergebnis wurde in den Resolutionen zu HLPF und ECOSOC im Wesentlichen der Status quo fest­geschrieben. Möglich waren nur einige inkrementelle Verbesserungen. Diese gilt es zu nutzen.

  • Vor dem nächsten HLPF im Juli 2022 eröffnet das in der Resolution zum ECOSOC beschlossene neue Koordinierungssegment die Möglichkeit, Prozesse früh im Jahr ergebnisorientierter für das Forum im Juli zu gestalten. Anfang Februar 2022 bietet sich dafür die erste Chance.

  • Nach dem HLPF sollten vielversprechende Ergeb­nisse sowohl der formellen als auch der infor­mellen HLPF-Formate aufgearbeitet und in Folgeprozesse eingebracht werden.

  • Die Bundesregierung und die Europäische Union (EU) sollten die verabschiedeten Resolutionen zum ECOSOC und zum HLPF möglichst progressiv inter­pretieren. Beide sollten jährlich eine ambitionierte UN-Strategie entwickeln und dabei ihre Arbeit im ECO­SOC und beim HLPF einbeziehen. Eine frühzeitig abgestimmte Strategie könnte helfen, die Tref­fen des ECOSOC im ersten Halbjahr 2022 proaktiv zu nutzen, um bis zum HLPF im Juli deutlich sicht­barere inhaltliche Akzente zu setzen. Um greifbare Ergebnisse zu erzielen, sollten die Bundesregierung und die EU in ihren Strategien darlegen, wo und auf welche Weise sie selbst vorangehen wollen. Die Bundesregierung sollte ihre Strategie für das HLPF bei ihrer jährlichen nationalen HLPF-Konferenz zur Diskussion stellen.

Auch prozessual sollten sie die eigenen Werte vor­leben und verteidigen. Beispielsweise sollte die Bun­desregierung nichtstaatliche Akteure sinnvoll an eigenen Prozessen beteiligen und sich verstärkt im NGO-Ausschuss des ECOSOC engagieren. Bis Anfang 2024, wenn der nächste Review von ECOSOC und HLPF ansteht, sollten sich die Bundesregierung und die EU darüber klarwerden, was sie von den beiden Institutionen erwarten, und entsprechende Reform­ideen entwickeln.

Die identifizierten Konfliktlinien – vor allem zwischen der EU auf der einen Seite, den Ländern der G77+China und der Russischen Föderation auf der anderen –, welche die Verhandlungen zum HLPF-Review belasteten, sollten im Blick behalten werden, sowohl bei der Er­arbeitung der jährlichen UN-Strate­gie als auch der Reformvorschläge. Zu diesen Konflikt­linien gehören Souveränitätsvorbehalte, Sorge vor relativen Machtverlusten und geopolitische Konflikte, divergierende Schwerpunkte im Bereich Menschenrechte und unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich des Rechts auf Entwicklung oder der Beteiligungs­rechte nichtstaatlicher Akteure, Budget- und Ver­teilungsfragen sowie Wertekonflikte um die Themen Umwelt und Entwicklung, Gender und Familie.

Insgesamt hat der Review des HLPF nicht dazu geführt, dass die UN-Strukturen im Bereich nach­haltiger Entwicklung hinreichend gestärkt wurden. Der Bericht »Our Common Agenda« des UN-General­sekretärs, von den UN-Mitgliedstaaten in Auftrag gegeben und im September 2021 publiziert, öffnet ein Gelegenheitsfenster, Reformen weiter voranzutreiben. Deutschland und die EU sollten die Vor­schläge des Generalsekretärs für einen zukunftsorientierten, inklusiveren und vernetzten Multilateralismus aktiv unterstützen. Die neue Bundesregierung sollte frühzeitig entsprechende Ziele formulieren. Im Rahmen der EU und der Allianz für den Multilateralismus sollten dann Unterstützer geworben und kon­krete gemeinsame Initiativen entwickelt werden.

Der Review des Hochrangigen Politischen Forums zu Nachhaltiger Entwicklung

Im Jahr 2015 einigten sich die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen (United Nations, UN) auf die 2030-Agenda für nachhaltige Entwicklung und die darin enthaltenen 17 Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), die bis zum Jahr 2030 erreicht werden sollen.1 Das Hochrangige Politische Forum zu Nachhaltiger Entwicklung (High-level Political Forum on Sustainable Development, HLPF) wurde als dasjenige Forum bestimmt, welches »eine zentrale Rolle« in einem »Netzwerk von Weiter­verfolgungs- und Überprüfungsprozessen« (»Follow-up and Review«) zur Umsetzung der SDGs spielen soll.2 Das Ziel lautet, auf der Basis des Austauschs beim Forum politische Empfehlungen für die weitere Um­setzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung zu formulieren (»political leadership, guidance and rec­ommendations«).3 Das Forum findet jährlich unter der Schirmherrschaft des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen (Economic and Social Council, ECOSOC) statt und alle vier Jahre auch unter der Schirmherrschaft der UN-Generalversammlung (United Nations General Assembly, UNGA).

Diese Studie knüpft an frühere Befunde an, nach denen das HLPF trotz einiger positiver Entwicklungen bislang nicht in der Lage ist, sein Mandat zu erfüllen.4 Das gilt für alle drei wesentlichen Bestandteile des Forums (siehe Grafik 1, S. 8): Erstens fehlt es an einer ziel­führenden Vor- und Nachbereitung für die thema­tischen und SDG-Reviews, die alljährlich beim HLPF statt­finden. Mit ihnen wird überprüft, inwieweit Fort­schrit­te erreicht wurden beziehungsweise warum nicht. Zwei­tens werden die ebenfalls beim HLPF präsentierten freiwilligen nationalen Umsetzungsberichte (Voluntary National Reviews, VNRs) zwar gerne als Erfolg bezeich­net, weisen aber Defizite auf. Seit 2016 bis einschließlich 2021 haben fast alle Mitgliedstaaten, nämlich 176, beim HLPF vorgetragen, wie sie die SDGs umsetzen. Manche taten dies sogar mehrfach, so dass es ins­ge­samt 247 VNRs gab.5 Wegen des hohen Interesses bleibt jedoch beim HLPF nur wenig Zeit für die einzel­nen Berichte, je Land rund 15 Minuten für die Präsen­tation und 15 Minuten für die Diskussion. Zudem ist die Qualität der Berichte und der ihnen zugrunde­liegenden nationalen und lokalen Überprüfungs­prozesse uneinheitlich und verbesserungswürdig.6 Schließlich sind die Konsequenzen der Berichterstat­tung beim HLPF unklar. Das wirft Fragen nach deren Relevanz jenseits eines reinen Schau­laufens auf. Drittens gehen die Befunde all dieser Reviews nicht in die jährliche Ministererklärung ein, die beim HLPF verabschiedet wird. Diese wird schon vor dem Forum ausgehandelt und an dessen Ende nur noch angenommen. Auch fehlt ein politisch relevantes Follow-up, weshalb das Dokument bislang als nur wenig wirkungsvoll eingeschätzt wird.

Grafik 1

Bereits 2013 hatten die Mitgliedstaaten in der Reso­lution zur Einsetzung des HLPF einen Passus mit dem Auftrag verankert, nach einer ersten Anlaufphase zu überprüfen, ob Format und organisatorische Aspekte (»format and organizational aspects«) des Forums zu seinem Mandat passen (im Folgenden kurz HLPF-Re­view genannt).7 Einen solchen Review früh zu planen ist sinnvoll, um »lernende Institutionen« zu schaffen.8 Allerdings waren UN-Reformen noch nie einfach;9 und wie sich zeigen wird, sind sie in der seit einigen Jahren diagnostizierten Krise des Multilateralismus nicht leichter geworden.

Schon 2016, kurz nach dem ersten HLPF nach Ver­abschiedung der 2030-Agenda, berieten die Mitgliedstaaten über Details der Verfahren beim HLPF zum »Follow-up and Review« der 2030-Agenda und SDGs.10 Sie präzisierten einige Regeln und verschoben auch den Zeitpunkt für den ersten HLPF-Review, um vorher einen vollen Vier-Jahres-Zyklus (2016–2019) als Test­phase zu haben. Dieser erste Zyklus endete mit dem Treffen des Forums unter der Schirmherrschaft der Generalversammlung im September 2019. Auf diesem sogenannten SDG-Gipfel verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs eine Politische Erklärung mit zehn Aktionspunkten. In einem davon verpflichten sie sich erneut, das HLPF durch einen ambitionierten und effektiven Review seines Formats zu stärken:

»To demonstrate our determination to implement the 2030 Agenda and achieve the Sustainable Development Goals, we need to do more and faster. To this end, we commit to …

Box 1 Projektkontext und empirische Grundlagena

Im Rahmen eines vom Bundesministerium für wirtschaft­liche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) geförderten For­schungsprojektes konnte das Projektteam die Verhandlungs­prozesse zum HLPF-Review von November 2019 bis Juni 2021 begleiten. Bis März 2020 war die teilnehmende Beobachtung vor Ort möglich.b In zwei Projektveranstaltungen tauschten sich am Prozess beteiligte und interessierte Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik, und Gesellschaft aus.c 2021 hatte die Autorin dieser Studie Zugang zu den pandemiebedingt virtuell geführten zwi­schenstaatlichen Verhandlungen.d Die Fülle dieses Mate­rials liegt dieser Studie zugrunde. Darin wird nun der Gesamtprozess in den Blick genommen, analysierend nach­gezeichnet und ausgewertet.

a Siehe auch Projekt-Website »HLPF-Review: Prozesse, Positio­nen, Politics & praktikable Reformoptionen. Wis­senschaftliche Begleitung der Reform des Hochrangigen Politischen Forums zu Nachhaltiger Entwicklung«, <https://www.swp-berlin.org/die-swp/ueber-uns/organisa tion/swp-projekte/hochrangiges-politisches-forum-zu-nachhaltiger-entwicklung-hlpf> (eingesehen am 8.7.2021) Besonderer Dank gebührt Felicitas Fritzsche und Chiara Miescher für ihre Arbeit im und Beiträge zum Projekt.

b In den Jahren 2019 und 2020 konnten Mitglieder des Pro­jektteams persönlich an von DESA organisierten Expert Group Meetings, an Arbeitstreffen verschiedener Netzwerke und an einem der frühen Treffen der ersten Verhandlungsrunde teilnehmen. Außerdem konnten sie weitere Hintergrundgespräche mit involvierten Akteurinnen und Akteuren führen.

cDie Zwischenergebnisse dieser Arbeit finden sich in diversen Publikationen und Beratungspapieren, siehe etwa Marianne Beisheim/Steven Bernstein, »The High-Level Politi­cal Forum Review 2020: An Opportunity to Fulfill the HLPF’s Mandate«, in: Friends of Governance for Sustainable Development (Hg.), Challenges and Opportunities for Implementing the 2030 Agenda for Sustainable Development, New World Frontiers, Februar 2020 (Governance for Sus­tainable Development, Bd. 4), S. 138–145. Weiteres im »Themendossier Globale Nachhaltigkeitspolitik« der Stif­tung Wissenschaft und Politik, <https://www.swp-berlin. org/themen/dossiers/globale-nachhaltigkeitspolitik> (ein­gesehen am 8.7.2021).

d Das Projektteam wertete mindestens zwei unabhängig erstellte Mitschriften zu den sieben Verhandlungsrunden (»informals«) vergleichend aus. Ebenso verglich es die sie­ben Entwürfe der Resolution(en) sowie die beiden finalen Reso­lutionstexte und bezog ergänzend schriftliche Einga­ben der Verhandlungsgruppen und Mitgliedstaaten ein. Zwischen den Verhandlungsrunden und nach Ende der Verhandlungen führte das Team Gespräche mit Beteiligten, um die Einschätzungen der Ergebnisse zu vergleichen.

(j) Strengthening the high-level political forum: we pledge to carry out an ambitious and effective review of the format and organizational aspects of the high-level political forum and follow-up and review of the 2030 Agenda for Sustainable Develop­ment at the global level during the seventy-fourth session of the General Assembly with a view to better addressing gaps in implementation and link­ing identified challenges with appropriate responses, including on financing, to further strengthen the effective and participatory character of this intergovernmental forum and encourage the peer-learning character of the voluntary national reviews.«11

Dabei wird auch die Zielsetzung des Reviews spezi­fiziert. So sollen die sich abzeichnenden Lücken in der Umsetzung wirkungsvoller bearbeitet und für identifizierte Herausforderungen angemessene Ant­worten gefunden werden, inklusive zu deren Finan­zierung. Das intergouvernementale Forum soll zugleich effektiver und partizipativer werden. Und schließlich soll die freiwillige Berichterstattung der Staaten gestärkt werden, allerdings »nur« in Bezug auf ihren weichen »peer learning«-Charakter. In den gewählten Formulierungen zeichnen sich bereits erste Konfliktthemen ab.

2018 hatten sich die Mitgliedstaaten außerdem darauf geeinigt, die Verhandlungen zum HLPF-Review in Verbindung mit (»in conjunction with«) jenen zur Stärkung des ECOSOC führen zu wollen.12 Gleichwohl wurde später deutlich, dass die Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was diese Übereinkunft bedeuten sollte, sowohl für Ablauf und Ergebnis der Verhandlungen als auch für das Zusammenspiel von ECOSOC und HLPF.

Im Gegensatz zum HLPF tagt der ECOSOC ganz­jährig, hat ein weit­reichendes Mandat zu wirtschaft­lichen und sozialen Fragen und verfügt als Haupt­organ der UN mit 54 Mitgliedstaaten über einen entsprechenden Unter­stützungsapparat. Die Arbeit des ECOSOC und der ihm zugeordneten Organisationen und Prozesse war bereits zuvor im Kontext der 2030-Agenda thematisch und organisatorisch weiter­entwickelt worden, vor allem mit Blick auf Reformen des UN-Entwicklungssystems.13 Für die Arbeit des HLPF war besonders relevant, dass der ECOSOC-Kalen­der verändert wurde: Das eintägige Integrations­segment des ECOSOC, das die Ergebnisse aus den ver­schiedenen ECOSOC-Prozessen zusammenführen soll, fand seit 2019 am Tag vor Beginn des HLPF statt.14 Aller­dings war es unmöglich, die Eingaben in der kurzen Zeit sinnvoll zu verarbeiten. Ebenso wenig können die Ergebnisse des HLPF beim unmittelbar folgenden, mit dem Ministersegment des HLPF ver­wobenen Hochrangigen Segment des ECOSOC (High-level Segment, HLS) reflektiert werden.

Konflikte und Konfliktlinien bei den Vereinten Nationen

Die Verhandlungsprozesse zum HLPF-Review sind Gegenstand dieser Studie, deren Leitfrage lautet: Welche Positionen vertraten die wichtigsten Akteure, und welche Konflikte lassen sich identifizieren? Ein Konflikt konstituiert sich durch eine »unvereinbare Positionsdifferenz zwischen mindestens zwei Akteuren« und ist eine »Situation, in der zwei oder mehrere Akteure unvereinbare Ziele anstreben oder aber unterschied­liche Mittel wählen wollen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen«.15 Konfliktakteure sind hier die Mitglied­staaten16 beziehungsweise deren Verhandlungsgruppen, die in den untersuchten Verhandlungen eigene Positionen formulieren beziehungsweise Positionen anderer Mitgliedstaaten oder Verhandlungsgruppen ausdrücklich widersprechen. Weitere Konfliktakteure können auch UN-Personal oder nichtstaatliche Akteu­re sein, die jedoch bei dieser Analyse der zwischenstaatlichen Verhandlungen nicht im Vordergrund stehen.17

Jenseits der Konflikte zu spezifischen Einzelfragen des HLPF-Reviews werden schließlich in dieser Studie übergreifende Konfliktlinien in den Blick genommen. Definiert sind sie als wiederkehrende Positionsdifferenzen zwischen denselben Akteuren über mehrere Konfliktthemen oder ‑gegenstände hinweg.18 Nach Ende des Ost-West-Konflikts, der die Arbeit der UN zunächst dominiert hatte, offenbarten sich alte und neue Konfliktlinien in UN-Verhandlungen, vor allem zu Entwicklungsmodellen und Modellen gesellschaftlicher und internationaler Ordnung.19 Generell unter­scheidet die Konfliktforschung in der internationalen Politik zwischen Werte-, Interessen- und Mittelkonflikten sowie Machtkonflikten.20 Die unvereinbaren Positionsdifferenzen bestehen mithin entweder über normative Fragen, über die Verteilung von Macht oder anderer umstrittener Güter oder über den Weg, der einzuschlagen ist, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Dies sind Idealtypen, und in der Realität spielen oft mehrere Aspekte eine Rolle. Jedoch zeigt die empirische Forschung, dass Wertekonflikte beson­ders schwer durch Kompromisse zu lösen sind. Die übergreifenden Konfliktlinien, die beim HLPF-Review eine Rolle gespielt haben, werden im Schlusskapitel gesondert diskutiert. Dabei handelt es sich um Souve­ränitätsvorbehalte, divergierende Schwerpunkte im Bereich Menschenrechte, Differenzen über Beteiligungsrechte nichtstaatlicher Akteure, relative Macht­verluste, geopolitische Konflikte, Budget- und Res­sourcenfragen sowie Wertekonflikte um die Themen Gender und Familie.

Box 2

Verhandlungen unter der UN-Generalversammlung

Abstimmungen über Resolutionen und Beschlüsse in der UN-Generalversammlung werden mit Hilfe informeller Vorverhandlungen (»informals«) vorbereitet. Dabei spielen Verhandlungsgruppen eine wichtige Rolle, die je nach Themengebiet unterschiedlich zusammengesetzt sind.

Der größte Verhandlungsblock ist die Gruppe der 77 (G77).a 1964 haben sich darin 77 Länder des Globalen Südens zusammengeschlossen. Zurzeit umfasst die Gruppe über 130 Mitglieder. Die Volksrepublik China (China) sieht sich zwar nicht (mehr) als Mitglied, doch die Positionen werden meist koordiniert, und dann tritt die Gruppe als G77+China auf. Chinas Einfluss auf die G77 ist gewachsen, ebenso Spannungen innerhalb der Gruppe. Einigend wirkt die Forderung nach Respekt für nationale Souveränität sowie ökonomische und soziale Rechte. Die Außenminister und ‑ministerinnen der Gruppe treffen sich jährlich zu Beginn der UN-General­versammlung. Die G77 hat Vertretungen an den wichtig­sten UN-Standorten. Der Vorsitz rotiert jährlich zwischen den Regionen. Für das Jahr 2021 hat ihn die Republik Guinea inne.

In der Gruppe der Entwicklungsländer stehen beim Thema nachhaltige Entwicklung die am wenigsten ent­wickelten Länder (Least Developed Countries, LDCs) und die kleinen Inselentwicklungsländer (Small Island Develop­ing States, SIDS) besonders im Fokus. Ihren Belangen wird oft erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet.

Im Interesse der Mitgliedstaaten der Europäischen Union führt die New Yorker EU-Delegation die Verhandlungen in der UN-Generalversammlung und im UN-Wirtschafts- und Sozialrat.b Zuvor wird die konsentierte Position über mehrstufige Koordinierungs- und Konsultationsrunden

erarbeitet. Organisatorisch läuft dies über die Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten in New York. Einbezogen werden dabei auch relevante EU-Institutionen. Die EU-Kommission verfügt über den offiziellen Beobachterstatus in der UN-Generalversammlung.

Zu Beginn eines Verhandlungsprozesses setzt der Präsi­dent der Generalversammlung zwei Ko-Fazilitatoren ein, je eine Botschafterin oder einen Botschafter aus dem Globa­len Norden und Süden. Sie organisieren die informellen Vorverhandlungen und leiten die Abstimmungsprozesse zum Textentwurf. Dabei unterstützt sie das UN-Sekretariat.

Am Ende des Prozesses steht ein Verfahren, mit dessen Hilfe der Konsens festgestellt werden soll. Darin leitet der Präsident der Generalversammlung ein Schreiben der Ko-Fazilitatoren mit dem abgestimmten Textentwurf weiter und setzt eine Frist für mögliche Einwände (»silence proce­dure«). Bricht eine Verhandlergruppe oder ein Staat das Schweigen, wird informell weiterverhandelt, bis ein über­arbeiteter Entwurf vorliegt und erneut unter Schweigen gestellt wird. Verstreicht die Frist, ohne dass ein Mitglied­staat Bedenken vorbringt, wird der Resolutionsentwurf in einer der folgenden Sitzungen der Generalversammlung formell aufgerufen und im Konsens verabschiedet oder auf Verlangen zur Abstimmung gestellt. Im Kontext der Covid-19-Pandemie wurde mangels persönlicher Zusammenkünfte diese Art von Umlaufverfahren wichtiger.

Resolutionen und Beschlüsse der UN-Generalversamm­lung sind nicht völkerrechtlich bindend, sondern haben empfehlenden Charakter. Nachverfolgungs- und Über­prüfungsmechanismen sind daher meist weicher Natur.

a Siehe dazu die Website der G77, <https://www.g77.org/> (eingesehen am 14.10.2021).

b Siehe dazu die Website der Delegation der Euro­päischen Union bei den Vereinten Nationen in New York, <https://eeas.europa.eu/delegations/un-new-york_en> (eingesehen am 14.10.2021).

Analyse der Verhandlungen: Dynamiken, Konflikte und Ergebnisse

Im Jahr 2020 begannen die UN-Mitgliedstaaten mit Verhandlungen zum HLPF-Review. Aufgrund der Covid-19-Pandemie verschoben sie dann aber die meisten ungeklärten Fragen der inhaltlichen Debatte dieser ersten Verhandlungsrunde auf die nächste Generalversammlung. Die zweite Runde startete im Frühjahr 2021. Themen und teils auch Konflikte (siehe Grafik 2, S. 15) der beiden Runden ähnelten sich. Spürbare Unterschiede bestanden allerdings in ihrer Dynamik und in der Heftigkeit der Auseinan­der­setzungen zu einzelnen Konfliktthemen (siehe Grafik 4, S. 25). Zunächst werden für die beiden Runden jeweils die Dynamiken der Verhandlungen kurz skiz­ziert, wobei auch die wichtigsten Konflikt­akteure identifiziert werden. Vor diesem Hintergrund werden dann die inhaltlichen Auseinandersetzungen analy­siert und die Ergebnisse dargestellt, die in ins­gesamt drei Resolutionen festgeschrieben wurden.

Erste Runde 2019/20 – Dynamiken in den Verhandlungen

Nach längerer Suche beauftragte der Präsident der Generalversammlung (President of the General Assembly, PGA) Mitte Januar 2019 die UN-Botschafter Georgiens und Benins damit, als Ko-Fazilitatoren die intergouvernementalen Verhandlungen sowohl zum Review des ECOSOC als auch des HLPF zu führen. Zuvor hatte es Streit gegeben, ob es nur ein oder zwei Paar Ko-Fazilitatoren geben sollte. Die G77+China hätte zwei Paar bevorzugt, um die Prozesse klarer getrennt zu halten – Anzeichen einer Konfliktlinie, die noch bedeutsam werden sollte.

Bereits im November 2019 hatten Vertreterinnen und Vertreter von Staaten, UN-Institutionen und Nichtregierungsorganisationen begonnen, sich inten­siver auszutauschen. Dies geschah zunächst im Rahmen eines Arbeitstreffens außerhalb der UN, zu dem die UN-Vertretung Norwegens, die damals die ECOSOC-Präsidentschaft innehatte, und die UN-Foundation eingeladen hatten. An dem Treffen nahmen sowohl UN-Botschafterinnen und -Bot­schaf­ter, Vertreter­innen und Vertreter des UN-Systems als auch nicht­staatliche Akteure teil.21 Viele der staat­lichen und nichtstaatlichen Sprecherinnen und Sprecher plädierten dafür, das HLPF zu stärken.22 Vor allem die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen (Major Groups and other Stakeholders, MGoS) hatten bereits im Vorfeld großes Interesse an den Verhandlungen gezeigt. Seit 2018 hatten sie mehrere Ver­an­staltungen zum Thema organisiert und an Positionspapieren mit ehrgeizigen Vorschlägen gearbeitet.23 Das UN-Sekretariat (DESA) hatte 2019 zwei Expert Group Meetings organisiert: Beim ersten Treffen im Mai ging es stärker um Lehren aus dem ersten HLPF-Zyklus,24 beim zweiten im Dezember sollten konkrete Reform­ideen diskutiert werden. Während die gelade­nen Expertinnen und Experten ambitionierte Vor­schläge präsentierten, wurden seitens der teilnehmenden Mit­gliedstaaten auch skeptischere Stimmen laut, die weitreichende Reformen für kaum realistisch erachte­ten. Das Sekretariat hielt Erkenntnisse und Emp­fehlungen in einem Bericht fest.25 Unter den Mitglied­staaten setzte vor allem Mexiko starke Akzen­te mittels eines informellen Papiers, welches das Land als Chair der Freundesgruppe für die freiwilligen Staa­tenberichte (VNRs) und den HLPF-Review erarbeitet hatte – allerdings ohne dass dieses Papier von der Gruppe als Ganzes getragen wurde.26 Mexiko schlug vor, den Zyklus des HLPF von vier auf fünf Jahre zu verlängern, um darin ausführliche VNRs sämtlicher UN-Mitglied­staaten unterzubringen und mit Hilfe zusätzlicher Sitzungstage die jährliche Behandlung aller 17 SDGs zu ermöglichen. Dies wurde über­wie­gend kritisch beurteilt.

Trotz der informellen Vorabtreffen starteten die Mitgliedstaaten im Januar 2020 mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen in die Verhandlungen. Einige hatten sich aktiv an den bisherigen Zusammenkünften beteiligt und hegten daher hohe Erwartungen. Andere hingegen waren bis zu diesem Zeitpunkt nicht in die Diskussion eingestiegen, weil sie keinen großen Reformbedarf sahen. Auch schwebte etlichen Betei­ligten zwar vor, was sie prinzipiell verbessert sehen wollten, doch fehlten ihnen konkrete Ideen, wie dies zu erreichen sein könnte.

Die beiden Ko-Fazilitatoren eröffneten im Februar 2020 die Verhandlungen mit einem ersten explora­tiven Treffen. Anfang März publizierten sie ein Non-Paper27 und luden zwei Expertinnen ein, um den Mitgliedstaaten in New York bei einer informellen Zusammenkunft die bisher diskutierten Reformideen zu präsentieren:28 Zum einen berichtete die ehemalige ECOSOC-Präsidentin Inga Rhonda King (St. Vincent und die Grenadinen) über ihre Erfahrungen und gab darauf basierende Empfehlungen ab. Zum anderen stellte die Autorin dieser Studie Handlungsoptionen zum HLPF-Review vor,29 darunter drei im Rahmen des Projekts erarbeitete Vorschläge.30 Anschließend woll­ten sich die Mitgliedstaaten zu einer ersten Verhandlungssitzung treffen, was jedoch wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt wurde. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Positionen nunmehr schriftlich übermitteln. Über den Inhalt dieser eingereichten Papiere wurde aber nicht mehr diskutiert.

Die Pandemie bremst die UN-Verhandlungen zum HLPF aus.

Aufgrund der Pandemie verliefen die weiteren, online geführten Verhandlungen äußerst schleppend und wurden schließlich größtenteils auf die 75. UN-Generalversammlung (2020/21) verlegt. Bereits im April 2020 hatten die Ko-Fazilitatoren darauf hin­gewiesen, man müsse unbedingt die Auswirkungen der Pandemie in den Review einbeziehen und solle diesen daher besser vertagen. Auch die sichtbar werdenden Konflikte trugen dazu bei, dass sich die Mitgliedstaaten darauf einigten, unter den schwie­rigen Bedingungen nur die zeitlich drängenden Vor­gaben für den nächsten HLPF-Zyklus (»only immedi­ate provisions«) weiterzuverhandeln. Ende April legten die Ko-Fazilitatoren den Erstentwurf (»zero draft«) einer sehr kurzen Resolution vor, zu dem eini­ge Mitgliedstaaten im Vorfeld des nächsten Treffens Ende Mai ebenso kurze Stellungnahmen abgaben. Mitte Juni wurde ein revidierter Entwurf besprochen, und der finale Entwurf der Resolution am 7. Juli schließlich unter Schweigen gestellt. Dieses wurde gebrochen31 und eine geänderte Fassung am 28. Juli erneut unter Schweigen gestellt, diesmal erfolgreich. Anfang August 2020 nahmen die Mitgliedstaaten schließlich die kurze Resolution an. Darin wurden hauptsächlich das Thema und die Schwerpunkt-SDGs des HLPF 2021 festgelegt sowie die restlichen Ver­handlungen (und damit auch die meisten Konflikte) verschoben.32

Erste Runde 2019/20 – Konflikte und Ergebnisse

Grafik 2

In seinem ersten Zyklus (2016–2019) hatte das HLPF pro Jahr ein übergreifendes Thema und darunter eine Auswahl von sechs bis sieben SDGs in den Fokus seiner Überprüfungen gestellt. Jedes Jahr wird außer­dem SDG 17 zu den Mitteln für die Umsetzung betrachtet. Schon länger hatten einige Mitgliedstaaten kritisiert, dass die jährlichen Fokus-SDGs in der 2016 verabschiedeten Resolution ad hoc und ohne erkenn­bare Logik festgelegt worden seien.33 Als die Verhandlungen im Januar 2020 starteten, entwickelte sich diese Frage des jährlichen sogenannten Clustering einzelner SDGs zum Konfliktthema. Einige Mitgliedstaaten, am vehementesten vertreten durch Mexiko, hielten den Cluster-Ansatz für falsch. Größere Zusam­menhänge und Wechselbeziehungen (»interlinkages«) könnten nicht hinreichend in den Blick genommen werden, wenn Themen in »Silos« gesteckt würden. Zu­dem komme es darauf an, die gesamte Regierung zu mobilisieren, nicht nur einzelne Mini­sterien. Andere waren überzeugt, dass wegen des engen zeitlichen Rahmens des HLPF nur eine begrenz­te Anzahl von SDGs hinreichend vertieft überprüft werden könne. Zudem könne nur über die klare Be­nennung von Fokus-SDGs die Teilnahme relevanter sektorspezifischer Akteure sichergestellt werden, was eine der großen Errungenschaften des HLPF sei. Letztlich wurde dies nicht ausdiskutiert, auch weil im Zuge der Ent­wicklungen das Thema Pandemie­bewältigung immer stärker in den Vordergrund drängte. So übten die Entwicklungsländer hohen Druck aus, beim näch­sten HLPF 2021 vorrangig die SDGs 1­–3 (Armut, Hunger, Gesundheit) zu behandeln. Im Gegenzug argwöhnten andere Akteure, dies könne dazu führen, einzelne SDGs zu priorisieren, was wiederum die Integrität der 2030-Agenda gefährde. Geeinigt haben sich die Mitgliedstaaten auf ein breites Thema für 2021. Dabei wird die Erholung von der Pandemie in den Mittelpunkt gestellt, doch es werden auch die Anliegen der Politischen Erklärung von 2019 auf­recht­erhalten.34 Unter diesem Thema werden in der Reso­lution dann deutlich mehr SDGs als in den Vorjahren für eine Überprüfung beim HLPF im Juli 2021 benannt (SDGs 1, 2, 3, 8, 10, 12, 13, 16 und 17).35

Mexiko unterbreitete in der ersten Verhandlungsrunde weitere Vorschläge. Unter anderem sollten dem HLPF Sitzungstage des ECOSOC zugeschlagen werden, um jährlich mehr Zeit für die Reviews aller SDGs und auch für ausführlichere VNR-Berichte möglichst aller Länder zu erhalten. Das ist deshalb bemerkenswert, weil Mexiko 2013 noch als erklärter Gegner eines starken HLPF aufgetreten war, denn der damali­ge mexikanische Botschafter befürchtete, das Forum könne die Bedeutung des ECOSOC schwächen. Schließ­lich wurde auch darüber nicht weiter debat­tiert. Das Thema zusätzliche Sitzungstage ist aber wegen der damit verbundenen Kosten grundsätzlich ein rotes Tuch für die Hauptbeitragszahler, und so zeich­nete sich Widerstand ab, vor allem von Seiten der Vereinigten Staaten von Amerika (United States of America, USA), Japans, der Europäischen Union (EU), des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (Vereinigtes Königreich) und der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Schweiz). Ledig­lich Nor­wegen war zunächst bereit, einen zusätz­lichen Tag zu finanzieren, bevorzugte aber ebenfalls, den Tag durch Streichung eines anderen Sitzungs­tages zu kompensieren.

In diesem Zusammenhang tauchte erneut die Frage auf, wie man die regionalen UN-Nachhaltigkeitsforen effektiver zur Vorbereitung des HLPF nutzen könnte, welche die fünf UN-Regionalkommissionen jeweils im Frühjahr organisieren. Darüber war bereits 2015 im Kontext der Verhandlungen zur 2030-Agenda Streit entbrannt, da die Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Regionalorganisationen und vor allem Nachbarländer unterschiedlich bewerten. Auch diesmal blieb es bei einer freundlich, aber offen-unverbindlich formulierten Beibehaltung des Status quo.

Der Konflikt um gesellschaftliche Beteiligungsrechte wird offenbar.

Als weiteres Konfliktthema stellten sich die Beteiligungsrechte nichtstaatlicher Akteure heraus, sowohl hin­sichtlich ihrer Einbindung beim jährlichen HLPF als auch bei den Verhandlungen zum Review selbst. Die Mitgliedstaaten hatten 2013 in der Resolution zum HLPF vergleichsweise weitreichende Beteiligungsrechte nichtstaatlicher Akteure festgelegt.36 Zu Beginn der Verhandlungen wurde deutlich, dass einige Mitgliedstaaten, darunter die Russische Föderation und die G77+China, diese Rechte zu untergraben versuchten, indem sie die Einführung einer »no objection«-Klausel propagierten. Sie besagt, dass Vertreterinnen und Ver­treter nichtstaatlicher Organisationen nur dann teil­nehmen dürften, wenn zu Anfang der Sitzung kein Mitgliedstaat dem widerspricht. Der Versuch, diese Klausel durchzusetzen, ist kein Einzelfall, sondern Teil einer schon länger bestehenden Strategie.37 Wäre diese Prozedur für das HLPF eingeführt worden, hätte das die Beteiligungsrechte nichtstaatlicher Akteure stark eingeschränkt.

Zahlreiche Mitgliedstaaten lehnten es außerdem ab, nichtstaatliche Akteure an den Verhandlungen zum ECOSOC- und HLPF-Review teilhaben zu lassen. Ein Absatz im finalen Entwurf der Resolution, in dem vorgeschlagen wurde, nichtstaatliche Akteure im folgenden Jahr in den weiteren Review einzubinden, wurde ersatzlos gestrichen, nachdem die Russische Föderation und die G77+China unter anderem des­halb das Schweigen gebrochen hatten.

Strittig waren darüber hinaus einige schon länger bekannte Formulierungskonflikte. Beispielsweise war man sich über die Verwendung des Begriffs »grün« nicht einig, was sich auch in der Diskussion über Maß­nahmen gegen Covid-19 und das Plädoyer für ein »green recovery« niederschlug. Auch in diesem Punkt wurde das Schweigen gebrochen, so dass die kontro­verse Formulierung schließlich getilgt wurde.38 Der­selbe Konflikt behinderte die Verhandlungen zur HLPF-Ministererklärung, die im Juni 2020 begonnen hatten und sich wie in den Vorjahren als schwierig erwiesen. Sie scheiterten erstmals, denn es konnte kein Konsens zum Textentwurf der Ministererklärung erzielt werden, und wegen der Pandemieregelungen war während des HLPF im Juli 2020 keine Abstimmung mit Mehrheit möglich. Deswegen konnte die Minister­erklärung nicht angenommen werden.

Die Frage, wie es mit der jährlichen Ministererklärung weitergehen solle, war auch bei den Verhandlungen zum HLFP-Review ein Thema. Zahlreiche Mitgliedstaaten zeigten sich unzufrieden mit dem Status quo. Einige Länder, auch aus der EU, plädierten dafür, die Ministererklärung abzuschaffen: Aufgrund anhal­tender politischer Differenzen im Zuge der Verhand­lungen werde die Erklärung stets stark verwässert und biete daher zu wenig Mehrwert. Andere, darunter auch Deutschland, sehen sie als nützliches Mittel, um politische Aufmerksamkeit zu schaffen und An­reize für die Teilnahme hochrangiger politischer Vertreterinnen und Vertreter am HLPF zu setzen. Aber auch dieses Thema wurde in der ersten Runde nicht aus­diskutiert. Andere Konfliktthemen wurden eben­falls nicht weiter behandelt, als sich abzeichnete, dass die Verhandlungen verschoben werden würden. Das gilt zum Beispiel für alle Themen rund um die freiwilligen nationalen Berichte (VNRs).

Insgesamt zeigte sich in der ersten Runde zum ECOSOC- und HLPF-Review, dass seit 2012/13 zwar einige Staaten, am deutlichsten Mexiko, ihre Position verändert haben, aber gleichzeitig viele Konflikte aus der Zeit der Verhandlungen über die ersten Resolu­tionen zum HLPF nach wie vor akut sind. Interessant war, dass sich die Auseinandersetzungen meist um das HLPF drehten, während die Reformanliegen zum ECOSOC in der ersten Verhandlungsrunde kaum thematisiert wurden. Das sollte sich in der zweiten Runde ändern.

Zweite Runde 2020/21 – Dynamiken in den Verhandlungen

Die zweite Runde der Verhandlungen begann Ende Januar 2021, nun mit zwei neuen, erfahrenen Ko-Fazilitatoren, den UN-Botschaftern Österreichs und Senegals. Anders als ihre beiden Vorgänger präsentierten die Verhandlungsführer früh eine Roadmap mit Terminen. Der finale Resolutionsentwurf sollte Anfang April vorliegen, der Prozess noch vor Beginn der Verhandlungen zur Ministererklärung des Jahres 2021 abgeschlossen sein. Diese klare Marschroute führte dazu, dass die Mitgliedstaaten und Verhandlungsgruppen schneller und entschiedener begannen, ihre Positionen zu den Reformthemen zu entwickeln. Außerdem war zu bemerken, dass alle Beteiligten mittlerweile über eine gewisse Routine bei den virtu­ellen Verhandlungsmodalitäten verfügten. Auch gingen die beiden Ko-Fazilitatoren proaktiv auf die nichtstaatlichen Akteure zu und konsultierten sie mehrmals informell. Vertreterinnen und Vertreter der MGoS erhielten sogar Zugang zu den virtuell geführten Verhandlungen.

Die Verhandlungen zogen sich lange hin, da alle Gruppen bei den sieben Treffen zunächst Maximal­positionen bezogen, um Verhandlungsmasse zu erzeu­gen. Gänzlich anders als in der ersten Runde war die Dynamik der Verhandlungen. Zwar kamen über­wiegend dieselben Themen zur Sprache, aber die Schwerpunkte hatten sich verschoben, und die Aus­einandersetzungen waren viel grundsätzlicher. Die Konflikte erwiesen sich als deutlich ausgeprägter und verschärften sich rasch. All das lag auch daran, dass die Ko-Fazilitatoren nach einer ersten Phase des Zuhörens einen Resolutionsentwurf vorlegten, der weit anspruchsvoller war als jedes in der ersten Runde offiziell diskutierte Papier.39 Während die EU positiv auf das Papier reagierte, antwortete die G77+China eher zurückhaltend. Die Gruppe nahm sich viel Zeit, um ihre Kritikpunkte auf den Tisch zu legen, wohl auch weil sie intern offenbar große Schwierigkeiten hatte, sich zu einigen. Bis dahin hatte ein Botschafter der Republik Guinea, welche die G77 im Jahr 2021 leitete, vorformulierte Statements verlesen.40 In der folgenden »heißen Phase« der Verhandlungen dele­gierte er die Sprecherinnenrolle an eine erfahrene Verhandlungsführerin, die ausführlich und vehement Kritik am Resolutionsentwurf übte. Sie traf dabei auf eine ebenfalls versierte und nicht weniger energisch argumentierende Verhandlungsführerin der EU-Dele­gation. Beide lieferten sich lange und teils heftige Wortgefechte, welche die Verhandlungen prägten.41

Konflikte zwischen EU und G77+China dominieren die zweite Verhandlungsrunde.

Der Konflikt begann schon bei der Frage, wie das Format der Resolution(en) aussehen sollte. Die G77+China betonte, man habe sich zwar darauf eingelassen, die Reviews von ECOSOC und HLPF zusammen zu verhan­deln (»in conjunction«), aber das bedeute nicht, dass man beides in eine einzige Resolution gießen könne. Dies sei nicht angemessen, handele es sich beim ECO­SOC doch um ein Hauptorgan der UN, während das HLPF nur ein Forum sei. Dieser Unterschied im Status müsse auch formal reflektiert werden. Darauf­hin reg­ten die beiden Ko-Fazilitatoren an, eine einzige Reso­lution mit je einem Anhang zum ECOSOC und zum HLPF zu formulieren. Das wies die G77+China zurück und schlug im Gegenzug vor, den Review des HLPF als Annex zur Resolution zum ECOSOC zu be­handeln. Diese Lösung wiederum konnte die EU nicht akzep­tieren. So hat das HLPF universelle Mitgliedschaft und ist institutionell »unter der Schirmherrschaft« (»under the auspices«) des ECOSOC (also nicht »unter dem« ECOSOC) angesiedelt, zudem alle vier Jahre zusätzlich unter der Schirmherrschaft der Generalversammlung. Aus diesem Grund ist das HLPF im Organigramm des UN-Systems nicht unter dem ECOSOC verortet.42 Es scheiterte auch der nächste Vorschlag der Ko-Fazilita­toren, nämlich die Beschlüsse in zwei Resolutionen mit einem identischen Chapeau-Text zu fassen. Beim letzten informellen Treffen Ende April unterstrich die G77+China, die Formatfrage bilde eine rote Linie, und daher seien zwei Resolutionen notwendig, deren Text die Unterschiede zwischen ECOSOC und HLPF angemessen spiegele. Schließlich einigte man sich auf zwei Resolutionen mit ähnlichen Chapeau-Texten und einer einzigen Dokumentennummer (75/290), versehen mit den Zusätzen A und B. Dieser Streit um das Format schlug sich auch in inhaltlichen Diffe­renzen zum Status von ECOSOC und HLPF nieder (siehe nächster Abschnitt).

Ein Nebenschauplatz dieses Konfliktes war die Frage, wie der Zyklus der zukünftigen ECOSOC- und HLPF-Reviews aussehen solle. Die EU setzte sich dafür ein, die beiden Reviews auch weiterhin zusammen zu ver­handeln, und zwar alle vier Jahre und mit nur einem Paar Ko-Fazilitatoren. Dagegen verwies die G77+China darauf, es sei festgelegt, alle zwei Jahre über die wei­tere Stärkung des ECOSOC zu verhandeln. Geeinigt haben sich die Mitgliedstaaten auf eine nächste Ver­handlungsrunde in der 78. Generalversammlung, also voraussichtlich im Frühjahr 2024. Dabei sollen das Jahresthema für das HLPF 2024 sowie die zu diskutierenden Fokus-SDGs bereits im Vorjahr in einem sepa­raten Prozess festgelegt werden, um die rechtzeitige Vorbereitung durch Sekretariat und System der UN zu gewährleisten.

Nach drei Monaten Arbeit am Text wurde der finale Entwurf der beiden Resolutionen Mitte Mai 2021 unter Schweigen gestellt.43 Die G77+China und die Russische Föderation brachen dieses. Informelle Vermittlungsversuche in Kleingruppentreffen hinter den Kulissen blieben lange fruchtlos. Eine zweite Fassung wurde Anfang Juni in das Konsensverfahren gegeben. Erneut brach die G77+China das Schweigen, woraufhin auch die EU und andere ihre Forderungen übermittelten, um bei den Vermittlungsversuchen nicht übergangen zu werden. Kurz darauf stellten die Ko-Fazilitatoren eine dritte Fassung unter Schweigen. Sie enthielt weitere Abschwächungen, die dafür sorg­ten, dass zunächst scheinbar ein Durchbruch erzielt werden konnte – zumindest hielt das Schweigen bis Fristende. Am 16. Juni 2021, direkt am Folgetag, soll­ten die Resolutionen in der Generalversammlung an­genommen werden. Dann aber forderte die G77+China plötzlich weitere Änderungen, die sie zuvor nicht hatte durchsetzen können. Verlangt wur­den zusätz­liche Verweise auf Entwicklungsagenden sowie Rela­tivierungen oder Streichungen von Formu­lierungen zu Menschenrechts-, Gender- und SDG-16-Themen.44

Dieses Vorgehen ist unüblich. Deshalb war die EU aufgeschreckt und besorgt, dass auf diese Weise ein Präzedenzfall geschaffen werden könne: Bringe eine Gruppe nach Ablauf einer Schweigefrist ohne Bruch weitere, nicht abgestimmte Änderungsanträge ein, stelle dies den bewährten Prozess informeller, durch Ko-Fazilitatoren angeleiteter Vorverhandlungen samt anschließender »silence procedure« in Frage.45 Schließlich wurde am 25. Juni 2021 in der Generalversammlung abgestimmt. Trotz letzter Appelle der Ko-Fazilitatoren hielt die G77+China an den geforderten Änderungen (Amendments) fest und setzte sie per Mehrheitsentscheidung durch. Der Sprecher der Gruppe erläuterte, diese habe mehrfach versucht, die Ko-Fazilitatoren zu Modifikationen im Resolutionsentwurf zu bewegen. Das sei aber vergeblich gewesen, so dass sie sich zu ihrem Vorgehen gezwungen gese­hen habe.46

In der Abstimmung über die geänderte Resolution zum ECOSOC enthielten sich die Mitgliedstaaten der EU, die USA (die sich recht spät und nicht besonders proaktiv im Prozess engagiert haben) und andere, während die Resolution zum HLPF ohne Abstimmung im Konsens angenommen werden konnte. Bei den anschließenden Erläuterungen zur Abstimmung grenzten sich einige Länder von den Änderungen ab, welche die G77+China erwirkt hatte.47 Chile, Argen­tinien, Costa Rica, Kolumbien, El Salvador, Honduras, Libanon und Uruguay erklärten, dass Genderfragen in allen ECOSOC-Prozessen behandelt werden sollten. Auch Guatemala unterstützte diese Haltung und betonte darüber hinaus, dass sich die Arbeit von ECO­SOC und HLPF an der UN75-Deklaration orientieren solle. Diesen Verweis hatte die G77+China bei der Abstimmung streichen lassen.

Zweite Runde 2020/21 – Konflikte und Ergebnisse

Besonders drastisch traten in der zweiten Verhandlungsrunde Konflikte um den Status und das Verhältnis zwischen ECOSOC und HLPF in den Vordergrund. Schon bei den Verhandlungen zum Mandat des HLPF im Jahr 2013 hatten diese Auseinandersetzungen eine dominante Rolle gespielt.48

Differenzen zum Verhältnis zwischen ECOSOC und HLPF prägen die zweite Verhandlungsrunde.

Die Konfliktkonstellation 2021 war ähnlich: Nicht wenige Mitgliedstaaten, vor allem aus der EU, aber auch aus der G77, hätten das HLPF gerne gestärkt gesehen. Doch die G77+China und die Russische Föde­ration blieben strikt bei ihrer Linie, dass die Autorität des ECOSOC als (gemäß Charta) Hauptorgan der UN dadurch keinesfalls geschwächt werden dürfe. Aus ihrer Sicht ist das HLPF lediglich eine »Plattform« für den informellen Austausch zwischen Staatenvertreterinnen und -vertretern. Die Sprecherin der Gruppe formulierte, das HLPF sei schließlich »nur« ein Segment »unter« dem ECOSOC, so wie alle anderen. Dieses »Monster« solle nicht weiter aufgeblasen werden. Über diese formal-institutionelle Begründung hinaus führte die G77+China inhaltliche Aspekte an. Es gebe unter dem ECOSOC auch relevante Mandate und Prozesse jenseits der 2030-Agenda – welche die Gruppe allerdings nicht weiter spezifizierte. Daher sei der ECOSOC nicht für das HLPF da und dürfe das HLPF den ECOSOC nicht dominieren.49

Die divergierenden Bewertungen des ECOSOC haben auch die Positionen zu dessen parallel mit­ver­handeltem Review beeinflusst. So gab es zu den ECO­SOC-Prozessen sehr unterschiedliche Forderungen: von einer deutlichen Straffung durch die Abschaf­fung ganzer Segmente und Foren bis hin zu deren Ausbau. Die USA, das Vereinigte Königreich und die EU ver­langten zum Beispiel, sowohl das Development Co­operation Forum (DCF) als auch das Hochrangige Seg­ment (High-level Segment, HLS) des ECOSOC abzuschaffen, da diese die Arbeit in neueren Gremien unnötig duplizierten und keinen Mehrwert produzierten. Dagegen hielt die G77+China an beiden fest. Die Gruppe forderte generell, zu die­sem Zeitpunkt auf drastische Änderungen besser zu verzichten und stattdessen das existierende Gerüst des ECOSOC zu stärken. Bei den meisten Punkten einigte man sich darauf, den Status quo beizubehalten.

Eine bedeutende Ausnahme ist das neu geschaffene Koordinierungssegment (Coordination Segment). Es soll im Februar jedes Jahres die Hauptphase der Arbeit des ECOSOC einläuten und ist das einzige, was von der wichtigsten Reformidee des österreichischen Ko-Fazi­litators übrig geblieben ist. Ursprünglich hatte er sich für eine ECOSOC Focus Week im Februar eingesetzt. An deren Beginn sollte eine gut sichtbare Auftakt­veranstaltung dafür sorgen, dass sich politisch hoch­rangige Delegationen auf den Weg nach New York machen. Auf diese Weise wollte er in den Hauptstädten mehr politische Aufmerksamkeit für die Arbeit des Wirtschafts- und Sozialrates erzeugen. Doch die verhandelnden Parteien sahen hier verschiedene Pro­bleme, einschließlich der Reisekosten für die nationa­len Delegationen. Schließlich verständigte man sich auf ein ein- bis zweitägiges Koordinierungssegment – und zwar anstelle des bisherigen eintägigen Inte­gra­tionssegments und des alljährlich Ende Januar termi­nierten halbtägigen Treffens der ECOSOC-Präsident­schaft mit den Chairs der ECOSOC-Fachkommissionen und -Expertengremien (Functional Commissions und Expert Bodies). Zunächst hatte die G77+China diesen Streichungen widersprochen. Um über dieses neue Segment die Arbeit des ECOSOC effektiv koordinieren zu können, ist es vom Termin her vor dem ersten Arbeitstreffen der ECOSOC-Nebenorgane (»subsidiary bodies«) angesetzt (siehe Grafik 3, S. 21).50 Damit unterstützend auch nichtstaatliche Akteure mobilisiert werden können, soll das eintägige ECOSOC Partnership Forum direkt davor oder danach stattfinden (»back-to-back«). Dessen Format wird beibehalten, denn einer breiteren Aufstellung als Multi-Stake­holder Partnership Forum hatte die G77+China wider­sprochen.

Konflikte gab es auch zur Frage, wie die Ergebnisse des neuen Koordinierungssegments festgehalten wer­den sollten: Eine weitere formelle Resolution wollte niemand aushandeln, erst recht nicht im Januar. Zu­nächst wehrte sich vor allem die G77+China gegen ein informelles Ergebnispapier der ECOSOC-Präsident­schaft, da dieses formal nicht den Status hätte, politi­sche Vorgaben zu formulieren. Dennoch einigte man sich auf eine nicht verhandelte »faktische« Zusammen­fassung (»non-negotiated factual summary«), welche die ECOSOC-Präsidentschaft in Abstimmung mit dem ECOSOC Bureau erstellen soll.51 Offizielle Empfehlungen werden also nach wie vor nur in der Ministererklärung formuliert werden können, die wei­terhin jedes Jahr im Juli von den UN-Mitgliedstaaten zunächst beim Ministersegment des HLPF und an­schließend im Hochrangigen Segment des ECOSOC beschlossen wird. Für diese Erklärung finden sich in den Resolutionen blumige Worte – konzise, fokus­siert, handlungsorientiert und vorausschauend (»con­cise, focused, action oriented and forward looking«) soll sie sein und Prioritäten (»priority areas«) definieren –, aber es bleibt weiterhin unklar, über welche Prozesse dies erreicht werden soll.52

Grafik 3

Für das HLPF könnte es sich positiv auswirken, dass das neue Koordinierungssegment das explizite Mandat hat, eine Brücke zwischen den ECOSOC-Jahren zu bauen: Es soll die Ergebnisse der Befassungen des Vor­jahres und die dazugehörigen Beschlüsse, unter anderem die ECOSOC/HLPF-Ministererklärung, in das Arbeitsprogramm des aktuellen Jahres einspeisen.53 Das könnte ein Ansatzpunkt sein, um das mangelnde Follow-up zur Ministererklärung und damit deren geringe Relevanz für die weitere Arbeit der UN anzu­gehen. Als Basis dafür soll der UN-Generalsekretär in seinem Bericht an den ECOSOC die wichtigsten Lehren (»lessons learned«) aus den thematischen Reviews und VNRs des Vorjahres-HLPF einschließen, zusammen mit Empfehlungen für ein Follow-up seitens der Mitgliedstaaten, der verschiedenen ECO­SOC-Segmente und -Foren, des UN-Systems und relevanter Stakeholder.54 Darüber hinaus ist das UN-Sekretariat gebeten, eine informelle Mitteilung (»informal note«) vorzubereiten, die entsprechende Empfehlungen enthalten soll.55 Ein besseres Follow-up wird auch dadurch angeregt, dass die Teilnehmen­den der HLPF-Treffen in 2022 und 2023 in einem Passus der Resolution beauftragt werden, sowohl die Umsetzung der Politischen Erklärung von 2019 (ver­abschiedet beim HLPF unter der Schirmherrschaft der Generalversammlung) als auch der vorherigen Mini­stererklärungen zu überprüfen und nachzuhalten.56

Zwar entspricht das neue Koordinierungssegment nicht der von Deutschland unterstützten Idee eines Frühjahrstreffens (»spring meeting«), welches einer besseren Vorbereitung der thematischen und SDG-Reviews beim HLPF dienen sollte, geht aber zumindest in diese Richtung. Zudem werden auch die vom UN-Sekretariat organisierten Expertentreffen in der Resolution als vorbereitende Grundlage für diese Reviews genannt (und damit offiziell bestätigt), eben­so der Weltnachhaltigkeitsbericht (Global Sustainable Development Report, GSDR).57 Außerdem soll das Management Segment des ECOSOC bei seinem Treffen im Juni über die wichtigsten Erkenntnisse und Emp­fehlungen aus der Arbeit des aktuellen Jahres disku­tieren und diese dann in Form eines Berichts dem im Juli folgenden HLPF zur Verfügung stellen.58 All das ist darauf angelegt, Prozesse besser zu verbinden und kontinuierlich weiterzuentwickeln, auf dass sie greif­bare Resultate erbringen. Ob das zukünftig gelingen kann und wird, hängt vor allem davon ab, wie es die ECOSOC-Präsidentschaft, das Sekretariat (DESA) und die Mitgliedstaaten umsetzen.

Hinsichtlich der thematischen Schwerpunktsetzung waren sich die Mitgliedstaaten relativ rasch einig, dass die Bewältigung der Covid-19-Pandemie auch für 2022 und 2023 hohe Priorität genießen wird und sich daher in der Themenwahl widerspiegeln sollte.59 Gleichzeitig wurde in den informellen Hintergrundgesprächen und Verhandlungen klar, dass sich trotz der Erfahrungen mit der Pandemie Positionen und Forderungen nicht grundsätzlich verschoben hatten. Vielmehr wurden die Auswirkungen der Pandemie argumentativ eingesetzt, um bereits zuvor geäußerte Ansprüche nachdrücklicher zu vertreten. Das betrifft vor allem Ressourcenfragen, also Forderungen der G77-Länder nach zusätzlichen Mitteln sowohl für die UN als auch für die Entwicklungszusammenarbeit. Diese Forderungen stießen auf Zurückhaltung bei Hauptzahlern beziehungsweise Geberländern. Gene­rell wurde der Wunsch geäußert, dass der ECOSOC und das HLPF wegen der Pandemie an Bedeutung gewinnen sollten. Es bestand aber kein Konsens, wie das genau umzusetzen sein sollte. Zudem sahen sich viele G77-Länder nicht in der Lage, sich jetzt auch noch mit UN-Reformen zu beschäftigen, bei denen unklar ist, wie sie sich auf ihre Anliegen auswirken werden.

Zündstoff bestand bis zuletzt bei der Frage, welche Querschnittsthemen (»cross-cutting issues«) und the­matischen Querbezüge (»interlinkages«) dem ECOSOC und dem HLPF in der jeweiligen Resolution ins Man­dat geschrieben werden sollten.60 Es scheiterten meh­rere Versuche der Verhandlungsführer, eine konsen­suale Liste zu erarbeiten. Noch kurz vor An­nah­me der Resolution in der Generalversammlung kritisierten die G77+China und die Russische Födera­tion, dass im finalen Entwurf der Resolution zum ECOSOC das Gender-Thema unverhältnismäßig her­vor­gehoben werde, und setzten mittels Abstimmung durch, dass der Passus gestrichen wurde.61

Zu den übergreifenden thematischen Befassungen gehörte in der Vergangenheit eine spezielle Sitzung während des HLPF für diejenigen Länder, die vor besonderen Herausforderungen stehen (»countries in special situations«). Die betroffenen Länder insistierten darauf, diese Sitzung zu behalten, und wiesen die Idee zurück, ihre Anliegen eher durchgängig als Querschnittsthema zu behandeln. Zudem flackerte eine Debatte auf, welche Länder in der Resolution auf die Liste dieser Länder gesetzt werden sollten. Konsens ist, dass afrikanische Länder, die am wenigsten ent­wickelten Länder (Least Developed Countries, LDCs) und kleinen Inselentwicklungsländer (Small Island Developing States, SIDS) sowie die Binnenentwicklungsländer (Landlocked Developing Countries, LLDCs) dazugehören. Umstritten ist die Formulierung zu Ländern, die unter (Bürger-)Krieg leiden oder litten. Geeinigt hat man sich hier – wie bereits in der 2030-Agenda – auf »Länder in Konfliktsituationen und Postkonfliktländer« (»countries in conflict and post-conflict situations«).62 Auf einer gesonderten Liste und in abgeschwächter Formulierung werden erneut auch die Länder mit mittlerem Einkommen (»middle-income countries«) aufgeführt. Diese verweisen dar­auf, dass sie wegen ihres Status keinen Zugang zu klassischer Entwicklungsfinanzierung haben. Als weitere Schwierigkeit stellte sich die Formulierung in den Entwürfen zu territorialer Integrität und natio­naler Souveränität von Staaten heraus (»territorial integrity and national sovereignty of states«). Dazu gab es Unstimmigkeiten innerhalb der G77+China.63

Während zu den Reviews einzelner Fokus-SDGs in der ersten Verhandlungsrunde große Differenzen existier­ten, spielte dieses Thema in der zweiten Runde eine nachgeordnete Rolle. Man einigte sich recht schnell darauf, die nach 2021 verbleibenden acht SDGs auf die Jahre 2022 und 2023 zu verteilen.64 Kleine Schar­mützel um die Frage, ob nun einzelne SDGs besser in das eine oder andere Jahr passen würden, hatten nicht zur Folge, dass rote Linien gezogen wurden. Lediglich der Versuch der Verhandlungsführer, den von Liechtenstein früh eingebrachten Vorschlag einer jährlichen Überprüfung von SDG 16 aufzunehmen, stieß auf entschiedenen Widerstand seitens der G77+China und der Russischen Föderation, die dies schließlich als »definitive rote Linie« auswiesen. Innerhalb der EU fanden einige die Idee zwar grund­sätzlich interessant, befürchteten aber, dadurch werde womöglich die Büchse der Pandora geöffnet und eine Neuverhandlung der 2030-Agenda und der SDGs heraufbeschworen. Daher unterstützten sie den Vorschlag wenn überhaupt nur halbherzig. In die Resolution schaffte er es am Ende nicht.

Die verhandelnden Staaten können sich nicht darauf einigen, die VNRs stärker zu verregeln.

Was die freiwilligen nationalen Berichte (VNRs) betraf, sah es zunächst so aus, als überwöge der Konsens zu ihnen. Allgemein waren sich die Verhandelnden einig, dass diese Komponente des HLPF als Erfolg gelten darf. Nicht wenige Mitgliedstaaten hatten anfangs sogar mehr Zeit für die VNRs gefordert, also zusätzliche Sitzungstage. Jedoch verweigerten die Hauptbeitragszahler zum UN-Budget zusätzliche Res­sourcen für die Finanzierung weiterer Tage. Einige Länder äußerten zudem Bedenken, ob Delegationen ärmerer Länder es sich leisten könnten, über eine längere Zeit teil­zunehmen.

Zudem bestand Dissens in der Frage, wofür die zusätzliche Zeit verwendet werden sollte. Während eher konservative Mitgliedstaaten mehr Zeit für hoch­rangige nationale Delegationen verlangten, um die Berichte zu präsentieren, befürworteten die EU und andere vor allem mehr Zeit für die interaktive Diskus­sion der Berichte. Im Entwurf der Resolution wurden die Länder eingeladen, Feedback, Vorschläge und gezielte Empfehlungen zu teilen (»feedback, proposals and targeted recommendations«).65 Allerdings arg­wöhnte die G77+China, dass sich dahinter »naming and shaming« verbergen könne. Die Sprecherin erläuterte, man befürchte, dies könne Länder davon abhalten, auch zukünftig freiwillig zu berichten, und plädierte für Streichung. Man solle die VNRs nicht stärker verregeln (»harden«), sondern sie weiter als freiwillige Lernprozesse behalten (»keep them voluntary and for peer learning«). Im Ergebnis wurde der Text weicher gefasst.66

Darüber hinaus war es den Verhandlungsführern ein Anliegen, informelle Formate und gute Praktiken bei der Vorbereitung und Präsentation der VNRs nun expliziter zu mandatieren, beispielsweise die vom Sekretariat (DESA) organisierten Vorbereitungsworkshops und vertiefenden VNR Labs. Doch die G77+China befand, dass die VNRs gut funktionierten, wie sie seien (»works fine as it is«), und deswegen kein weitergehend mandatiertes Format notwendig sei. Daher forderte die G77+China, jegliche Formulierungen zu den VNRs jenseits derer in existierenden Reso­lutionen zu streichen. So haben es nur wenige, sehr weiche Formulierungen in die Resolution geschafft.67 Zum Beispiel werden Länder ermutigt (»encouraged«), sich an den vom Sekretariat organisierten Vorbereitungstreffen zu beteiligen, und es steht nun jedem Land, das seinen VNR vorstellt, prioritär Raum und Zeit während des HLPF für eine Nebenveranstaltung zu (»side event«). Alle Länder sollen darauf hinwirken, dass ihre Berichte auf Fakten und solider Analyse beruhen (»strengthening the evidence, science, evalu­ation and data basis«). Jene Länder, die wiederholt berichten, sollen, soweit möglich, die Wirkung der bislang ergriffenen Maßnahmen darstellen (»impact of measures taken since the last review«). Daran fehlt es der Berichterstattung bisher. Zudem werden alle Länder ermutigt, einmal im vierjährigen HLPF-Zyklus zu berichten – was 2015 noch nicht konsensfähig war –, besonders jene Länder, die bislang noch gar nicht berichtet haben.

Eine bereits 2015 kontroverse Formulierung zu Rechenschaftspflichten (»accountability to citizens«) hat es diesmal nicht in das finale Dokument geschafft. Hier ging es darum, dass die VNRs auch dazu dienen könnten, den Bürgerinnen und Bürgern Rechenschaft über die Umsetzung der SDGs abzulegen. Tauchte die Formulierung im Erstentwurf (»zero draft«) der Reso­lution noch auf, heißt es im finalen Text nur noch, dass Staaten ihre Berichterstattung nutzen könnten, um das Bewusstsein (»awareness«) für die Umsetzung der SDGs zu fördern.68 Überdies war (erneut) umstrit­ten, ob die Parlamente im Zusammenhang mit den VNRs genannt werden sollten. In der Resolution wird immerhin an dieser Stelle der Begriff der Rechenschaft auf nationaler Ebene weiter genutzt.69 Die G77+China lehnte es auch ab, dass Bezüge zwischen VNRs und menschenrechtlichen Verpflichtungen erwähnt werden. Dies sei von den Mandaten der VNRs und des HLPF nicht gedeckt.

Als Fortschritt darf wohl die positive Erwähnung der freiwilligen lokalen Berichte in einem eigenen Ab­satz gelten, deren Rolle damit anerkannt wird. Immer mehr Städte und lokale Autoritäten hatten in den letzten Jahren solche »voluntary local reviews« (VLRs) beim HLPF vorgestellt. Die G77+China wies während der Verhandlungen darauf hin, dass diese VLRs keinen offiziellen Status besäßen, wenn sie nicht vom eige­nen Land anerkannt würden. Auf Vorschlag der Gruppe wurde der Text dazu im Zuge der Verhandlungen abgeschwächt und eine übliche Öffnungsklausel hinzugefügt.70

Ein weiteres umkämpftes Thema der Verhand­lungen war die Beteiligung der Zivilgesellschaft. Hier dürfte als Erfolg zu verbuchen sein, dass bestimmte Forderungen keinen Eingang in die beiden Reso­lutionen fanden. So hatten die G77+China und die Russische Föderation bereits in der ersten Verhandlungsrunde verlangt, beim HLPF die »no objection«-Prozedur anzuwenden. Die EU und andere Staaten aber wiesen dies zurück, denn sie werteten es als gravierenden Verstoß gegen die Beteiligungsrechte, die in den vorhandenen Resolutionen zum HLPF verankert sind. In der zweiten Verhandlungsrunde brachten die G77+China und die Russische Föderation ihre Forderung während der ersten Treffen erneut vor, aber nur noch für den ECOSOC. Später verlangte die G77+China, in beiden Resolutionsentwürfen überall von »relevanten« Stakeholdern zu sprechen. Dies wirft die Frage auf, von wem und wie hätte entschieden werden sollen, wer relevant ist – was möglicherweise dann doch eine Art »no objection«-Prozedur hätte bedeuten können. Man einigte sich auf einen Kompromiss: Die beiden Resolutionen verweisen auf die bestehenden Regelungen für das HLPF und den ECOSOC und enthalten die Formu­lierung »relevant stakeholders« nur insofern, als diese zusätzlich zu den MGoS und den beim ECOSOC akkreditierten Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organizations, NGOs) beteiligt werden können. Innovativ ist, dass für das HLPF dabei erwo­gen wird, nichtstaatliche Akteure auch über internetbasierte Formate (»innovative web-based interfaces«) mitwirken zu lassen.71 Allerdings war dies aufgrund von Vorbehalten etwa der Russischen Föderation nur durchzusetzen, indem die Formel »unter Beibehaltung des zwischenstaatlichen Charakters des Forums« (»while retaining the intergovernmental nature of the forum«) hinzugefügt wurde.

Grafik 4

Es gab weitere Konflikte, die hier aus Platzgründen nicht behandelt werden können. Diese beziehen sich eher auf den ECOSOC und sind für das HLPF weniger bedeutsam. Dazu gehören Diskussionen über die spezifischen Mandate für Berichte und andere ECO­SOC-Segmente, wie beispielsweise das Humanitäre Segment (Humanitarian Affairs Segment). Hier spielt die Debatte über den sogenannten Triple-Nexus eine Rolle (ein Ansatz, mit dem humanitäre Hilfe, Ent­wicklungszusammenarbeit und Friedensförderung besser verzahnt werden sollen). Verweise auf Sicher­heitsthemen und Querbezüge zur Arbeit des UN-Sicherheitsrats waren im Text der Resolution zum ECOSOC umstritten. Auch diese Themen reihen sich in die Konfliktlinie zwischen der EU einerseits und der G77+China andererseits ein, mit jeweils weiteren Staaten auf beiden Seiten.

Im Ergebnis wurde überwiegend der Status quo festgeschrieben. Jedoch sind durchaus einige positive Neuerungen in den Texten erhalten geblieben. In der Resolution zum HLPF sind eher inkrementelle Verbes­serungen enthalten, vor allem dadurch, dass existie­rende informelle Formate, etwa die VLRs, bestätigt wurden. Die interessanteste institutionelle Neuerung findet sich in der Resolution zum ECOSOC: das viel­versprechende neue Koordinierungssegment, das sich aber erst noch beweisen muss.

Im Nachgang zur Ver­abschiedung in der General­versammlung betonten sowohl die G77+China als auch die EU sowie weitere Länder, dass es notwendig sei, weiter vertieft über die Reform von ECOSOC und HLPF nachzudenken. Die Mitgliedstaaten haben in den Resolutionen festgelegt, dass dies während der 78. Generalversammlung 2023/24 geschehen soll. Festzuhalten ist zweierlei: Erstens belasteten konkrete Konflikte rund um das Format des HLPF beziehungsweise des ECOSOC die Verhandlungen. Zweitens wur­den diese auch durch länger bestehende, übergrei­fende Konfliktlinien erschwert, vor allem zwischen der EU auf der einen, den Ländern der G77+China und der Russischen Föderation auf der anderen Seite (siehe Grafik 4, S. 25). Beides wird im Schlussteil diskutiert, zusammen mit möglichen Folgen sowohl für die weitere Arbeit des Forums als auch für zukünftige UN-Reformprozesse.

Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen

Die weitere Arbeit des HLPF: Erwartbare Konflikte und Empfehlungen

Die Bundesregierung und die EU sollten sich dafür einsetzen, dass die UN-Resolutionen zum ECOSOC und HLPF progressiv interpretiert und umgesetzt werden. Dafür wäre es sinnvoll, wenn die Bundes­regierung rechtzeitig eine Strategie für das jährliche HLPF erarbeiten würde (als Teil ihrer UN-Strategie). Diese sollte möglichst frühzeitig bei der nationalen HLPF-Konferenz vorgestellt und diskutiert werden. In ihrer HLPF-Strategie sollte die Bundesregierung festlegen, welche übergreifenden Botschaften und Erkenntnisse sie aus ihrer aktuellen Arbeit teilen möchte, und zwar mit Blick auf das Jahresthema, die jeweils zu überprüfenden SDGs und die angekündigten Länder­berichte (VNRs). Auf diese Botschaften sollten dann sowohl die Eingaben in die EU-Koordi­nation als auch die eigenen Statements im Plenum sowie Neben­veranstaltungen (»side events«) beim HLPF abgestimmt werden, um so eine möglichst große Sichtbar- und Wirksamkeit zu erzielen. Die Strategie samt Bot­schaften sollte ressortübergreifend erarbeitet werden. Dabei sollten die vom UN-System im Vorfeld des HLPF erstellten (Synthese-)Berichte berücksichtigt werden. Politikfelder sollten dabei sinnvoll verbunden werden. Ein solches integriertes, systemisches Heran­gehen legt auch der Staatssekretärsausschuss in seinem Per­spektivenpapier für nachhaltige Entwicklung nahe, das er im Juni 2021 verabschiedete.72 Dort heißt es außerdem, die Verwirklichung der Ziele der 2030-Agenda sei eine »Gestaltungsaufgabe von höch­ster Priorität«73 – das sollte sich auch beim Engagement für das HLPF zeigen.

Es gilt, im Februar 2022 das neue ECOSOC-Koordinierungssegment zu formen.

Wichtig wäre, dass die Mitgliedstaaten, inklusive der Bundesregierung und auch der EU, das neue Koordinierungssegment des ECOSOC proaktiv nutzen. Sie sollten im Februar 2022 konkrete Vorschläge für die Arbeit von ECOSOC und HLPF parat haben. Diese sollten sich zum einen inhaltlich auf das Jahresthema beziehen. Zum anderen sollten sie gute Ideen liefern, welche Beschlüsse der Ministererklärung des letzten Jahres das ECOSOC-System wie aufgreifen sollte. Außerdem wird die Ministererklärung weiterhin vor dem HLPF über die New Yorker Botschaften verhandelt werden. Daher ist inhaltliches Engagement im Koordinierungs- und auch im Management Segment des ECOSOC im Juni 2022 gefragt: Hilfreich wäre ein starkes inhaltliches Statement der EU, welche Aspekte und Empfehlungen aus dem Vorjahres-HLPF und aus den aktuellen ECOSOC-Prozessen Eingang in die 2022er Ministererklärung finden sollten. Wünschens­wert wäre, wenn die Hauptstädte sich dafür einsetzen, dass diese und andere inhaltliche Eingaben statt der üblichen New Yorker Konfliktlinien die Verhandlungen dominieren könnten.

Weiche, informelle Prozesse und Initiativen rund um das HLPF werden von den meisten Mitgliedstaaten grundsätzlich begrüßt. Die Analyse der Verhandlungen zum Review von ECOSOC und HLPF hat indes erwie­sen, dass eine offizielle Mandatierung dieser Formate oder formelle Anerkennung ihrer Ergebnisse keinen Konsens findet – sei es wegen damit verbundener Kosten oder weil es als nicht angemessen für inter­gouvernementale Prozesse gesehen wird. Beide Hal­tun­gen werden sich auf absehbare Zeit nicht ändern. Daher werden interessante Ergebnisse, die beispielsweise die VNR Labs oder andere Parallelveranstaltungen beim HLPF produzieren, sich nur dann in offi­ziellen Dokumenten wie der Ministererklärung nieder­schlagen, wenn Staatenvertreterinnen oder ‑vertreter diese aufgreifen und hineinverhandeln. Sonst bleiben wichtige Stärken des Forums ungenutzt.

Das Format und die organisatorischen Abläufe von ECOSOC und HLPF sollen 2024 erneut gemeinsam verhandelt werden. Die meisten Länder werden wohl auch weiterhin striktere Vorgaben für zielführendere HLPF-Prozesse ablehnen und dafür politische oder finanzielle Gründe nennen. Ohne diese Vorgaben jedoch werden die Review-Panels eine Aneinanderreihung von Statements mit tendenziell beschönigenden Darstellungen und abstrakten Forderungen bleiben. Die erhofften Lernprozesse dazu, wie die SDGs rasch und effizient erreicht werden können, drohen so weiter auszubleiben.

Der Vergleich zwischen den Verhandlungen in den Jahren 2020 und 2021 belegt, wie wichtig die Ko-Fazilitatoren sind, ihr Ambitionsniveau, das gegen­seitige Vertrauen, ihr Standing innerhalb der eigenen Verhandlungsgruppe (hier G77 beziehungsweise EU), ihr Organisations- und Verhandlungstalent. Diesen Faktoren verdanken sich die interessantesten Ergeb­nisse der Verhandlungen des Jahres 2021. Die Erfah­rung lehrt, dass es sich empfiehlt, engen Kontakt zu den Ko-Fazilitatoren zu halten, erst recht zum Ende hin, so dass man auch noch während der finalen Konsensverfahren konsultiert und nicht übervorteilt wird. Der kluge strategische Einsatz von Verhandlungsmasse hat sich bewährt. Gleichzeitig beeinträchtigt ein übermäßiges und streitbares Festhalten an Maximalforderungen die Arbeit der Verhandlungsführer.

Prägend bleibt zweifellos der Dissens zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden über inhaltliche Ausrichtung, Leistungsfähigkeit und Finanzierung des ECOSOC sowie sein Verhältnis zum HLPF. Das wirkt sich auf fast alle weiteren Reform­themen aus, etwa die Forderungen nach Straffung versus Vertiefung beziehungsweise nach Ausbau der Arbeit von ECOSOC und HLPF. Die Forderung vor allem der USA und des Vereinigten Königreichs, das Hochrangige Segment des ECOSOC abzuschaffen, birgt die Gefahr, unbeabsichtigt auch das Minister­segment des HLPF zu schwächen. Das sollten Deutsch­land und die EU bei ihWebrer Positionierung bedenken. Hinsichtlich des Verhältnisses von ECOSOC und HLPF sollten sie an die Bedeutung der 2013 bewusst gewähl­ten Formulierung »under the auspices« von ECOSOC und Generalversammlung erinnern, was eben nicht dasselbe ist wie »under ECOSOC«. Wie erläutert, ist dieser in der Ursprungsresolution (67/290) festgelegte hybride Status des HLPF wichtig – es gilt daran festzuhalten, sonst würde das HLPF massiv unter­miniert.

Bis Anfang 2024 sollten die Bundesregierung und die EU eine Vision entwickeln, was sie vom ECOSOC und vom HLPF erwarten, um dann Reformvorschläge im Sinne von »form follows function« zu erarbeiten. Die aktuellen Strategiepapiere der EU zu den Schwer­punkten in der kommenden Generalversammlung oder auch zur Zukunft des Multilateralismus enthal­ten weder Aussagen zum ECOSOC noch zum HLPF.74 Eine Möglichkeit wäre zu überlegen, zukünftig die Vorteile beider Institutionen noch besser zu kombinieren: jene des HLPF, das eine Vielzahl an hoch motivierten Teilnehmenden aus allen Mitgliedstaaten anzieht, jedoch in Mandat und Dauer eingeschränkt ist, und jene des ganzjährig tagenden ECOSOC mit seinem weitreichenden Mandat und Apparat als Hauptorgan der UN mit Vertreterinnen und Ver­tretern aus 54 Mitgliedstaaten.75 Der Umstand, dass die Reviews der beiden Institutionen auch künftig verknüpft sein sollen, bietet die Chance, das Zusammenspiel von ECOSOC- und HLPF-Prozessen weiter zu verbessern. Mag ein beherzter Umbau des ECOSOC sich kurzfristig nicht verwirklichen lassen, so könnte es gerade deshalb sinnvoll sein, existierende Synergien bestmöglich zu nutzen.

Darüber hinaus sollte die Bundesregierung längerfristige Reformvisionen in Richtung eines wirkmächtigeren UN-Nachhaltigkeitsrates weiterentwickeln.76 Dazu sollte sie mit interessierten Partnern sowohl innerhalb der EU als auch weltweit in der Diskussion bleiben.

Zukünftige UN-Reformen: Konfliktlinien und Erfahrungen

Insgesamt zeigt die Analyse der Ergebnisse, dass es auch im Jahr des 75. Geburtstages der UN wenig »Appetit« auf tiefgreifende oder weitreichende Ver­änderungen gab. Dahinter verbergen sich unterschiedliche Motive und Konfliktlinien, mit denen sich die Bundesregierung und die EU auseinandersetzen sollten. Nicht nur bei dem hier analysierten Prozess scheiterten UN-Reformen unter anderem an über­greifenden Konfliktlinien, die auch für zukünftige Verhandlungen zu UN-Reformen weiter relevant sein dürften. Dabei geht es um Souveränität, Macht, Werte und Interessen.

Souveränitätsvorbehalte verhindern tiefere und breitere Kooperation.

Grundsätzliche Souveränitätsvorbehalte der Mitgliedstaaten bilden eine schwer zu bewältigende Hürde für tiefergehende Kooperation in den UN. Eine breite Mehrheit ist nicht willens, die eigene Souveränität und das Nichteinmischungsgebot in Frage zu stellen und eine supranationale Qualität von UN-Prozessen zuzulassen.77 Wie relevant diese Konfliktlinie ist, lässt sich an der Gründung einer Freundesgruppe Anfang Juli 2021 ablesen, der Group of Friends in Defense of the Charter of the United Nations. Gründungsmitglieder sind unter anderen Weißrussland, die Volksrepu­blik China, die Republik Kuba, die Demokratische Volksrepublik Korea, die Islamische Republik Iran, die Russische Föderation, die Arabische Republik Syrien und die Bolivarische Republik Venezuela. Die Gruppe mit 17 Mitgliedern setzt sich vor allem für die souveräne Gleichheit aller Staaten und das Nicht­einmischungsgebot ein – und es sind auch diese Staaten, die am nachdrücklichsten die Vorbehalte zu UN-Reformen artikulieren und dabei auf die UN-Charta verweisen. Dies wird als Wertekonflikt gerahmt und wird daher besonders schwer zu über­winden sein.

Diese Vorbehalte sind weder neu noch auf die genannten Staaten beschränkt. Generell interpretiert die Fachliteratur die Situation in der internationalen Umwelt- und Nachhaltigkeitsgovernance so, dass sich die UN-Mitgliedstaaten maximal auf schwache Governance-Modelle einigen konnten.78 Auf globaler Ebene werden demnach lediglich Ziele gesetzt, aber wie sie konkret verwirklicht werden, ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten. So bleibt es die souveräne Entscheidung der Länder, mit welchen Aktivitäten sie die Ziele zuhause oder anderswo umsetzen, also was sie zur Lösung globaler Probleme beitragen wollen. Nachgehalten und überprüft wird das seitens der UN wenn überhaupt nur mittels schwacher, meist frei­williger Berichtsmechanismen. Je geringer der Status des Dokuments – sei es ein völkerrechtlich bindender Vertrag oder, wie im Falle der 2030-Agenda, eine nicht bindende Resolution der Generalversammlung –, desto schwächer ist tendenziell der Mechanismus, den die Staaten für die Überprüfung akzeptieren. Aus den Reihen der G77 werden häufig Kapazitätsprobleme beklagt. Das ist sicherlich teils berechtigt, mag andererseits teils vorgeschoben sein. Laut der Russischen Föderation sei es nicht angemessen, die 2030-Agenda einem ähnlich harten Überprüfungs­mechanismus zu unterwerfen wie geltendes Völkerrecht.

Der Konflikt um nationale Souveränität und Nicht­einmischung in die inneren Angelegenheiten der Staaten schlägt sich auch im Streit um die Bedeutung oder unterschiedliche Auslegung der Menschenrechte nieder.79 Schon bei den Verhandlungen über die 2030-Agenda und die SDGs gab es Auseinandersetzun­gen darüber, inwieweit die SDGs menschenrechts­basiert formuliert werden sollen, sowohl hinsichtlich wirtschaftlich-sozialer und kultureller als auch poli­tisch-bürgerlicher Rechte (letzteres vor allem im Kon­text von SDG 16). So gelang es 2014/15 nicht, »die SDGs systematisch mit dem Menschenrechtssystem zu verbinden und den politischen Zielen damit einen rechtsverbindlichen Charakter zu geben«.80

Darüber hinaus spiegelt sich die unterschiedliche Interpretation individueller Rechte versus Gruppenrechte in der Debatte über die Auslegung des Prinzips »leaving no one behind«, das in der 2030-Agenda grundlegend ist. Die EU sieht dieses Prinzip auf der Ebene des Indi­viduums und macht sich dafür stark, dass bei Umset­zung der Ziele die Rechte und der Zugang bisher mar­ginalisierter Personen gesondert in den Blick genom­men werden. Dagegen legt die G77 das Prinzip in dem Sinne aus, dass schwächere Länder nicht zurückgelassen werden sollten. Ähnlich spielt die Auseinandersetzung über das Recht auf Entwicklung (»right to devel­opment«) hinein: Während die Entwicklungsländer dieses als Recht für Staaten interpretieren und einen Wandel der internationalen (ökonomischen) Ordnung fordern, sehen die Industrieländer darin eher eine Pflicht der Entwicklungsländer, durch interne Ver­änderungen dafür zu sorgen, dass ihre Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Entwicklung verwirklichen können.81 Auch diese Konfliktlinie wird bei zukünf­tigen Verhandlungen wichtig bleiben.

Mit Bezug auf die äußere wie innere Souveränität lehnen viele Mitgliedstaaten, darunter die Russische Föderation und China, es ebenfalls ab, nichtstaatliche Akteure an UN-Prozessen (stärker) zu beteiligen, weil sie dadurch den intergouvernementalen Charakter des Forums beziehungsweise der UN insgesamt kom­promittiert sehen. Die in den hier untersuchten Verhandlungen geforderte »no objection«-Prozedur wurde im Menschenrechtsbereich von der Mehrheit der Staaten bereits festgeschrieben.82 Darüber hinaus ist die Frage umstritten, welche nichtstaatlichen Akteure wie eingebunden werden sollen. Die Russi­sche Föderation und einige Schwellen- und Entwicklungsländer sprechen sich gerne dafür aus, die Wirt­schaft und teils auch die Wissenschaft einzubeziehen. Menschenrechtsgruppen hingegen haben es immer schwerer, Zugang zu bekommen.83 Für die Zusammen­arbeit der UN mit nichtstaatlichen Akteuren ist der ECOSOC zuständig. Er beheimatet den NGO-Ausschuss, in dem gewählte UN-Mitgliedstaaten über den Kon­sultativstatus nichtstaatlicher Organisationen bei der UN entscheiden. 2030-Agenda und HLPF-Mandat sehen vor, dass gesellschaftliche Akteure sich umfas­send an der Umsetzung der SDGs und an allen Prozes­sen des HLPF beteiligen. Dem sollten die Aktivitäten des NGO-Ausschusses nicht entgegenstehen. Dafür sollten sich die EU-Staaten zusammen mit den USA wieder aktiver einsetzen.

Die Sorge vor Machtverlust erschwert UN-Reformen.

Bedenken, sie könnten Macht oder andere Vorteile, die sie aufgrund des Status quo genießen, aus der Hand geben, treibt die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats (P5-Staaten)84 und die EU ebenso um wie die G77-Länder. Letztere befürchten eine wachsende Dominanz des Globalen Nordens, erstere ihre Unterordnung unter die Mehrheit der UN-Mitgliedstaaten. Dies ist auch Ausdruck eines tiefen Misstrauens zwischen den Staaten der UN, die hinter Reformvorschlägen gerne verborgene Absichten (»hidden agenda«) der Gegenseite vermuten. Gleichzeitig dürfte schiere Überforderung ein wichtiger Grund dafür sein, dass viele Repräsentantinnen und Repräsentanten jener Staaten mit personell schwach besetzten UN-Vertretungen sich eher konservativ verhalten. Damit hoffen sie relative Machtverluste zu vermeiden, für die ihre Regierung sie eventuell rügen könnte.

Auch geopolitische Konflikte tragen dazu bei, in den UN jegliche Verhandlungen zu torpedieren. So erweist sich der Nahostkonflikt in fast jeder Resolution oder verhandelten Erklärung zum Thema Nachhaltigkeit am Schluss als Problem, da die G77 regelmäßig einen Passus zu »besetzten Gebieten« einfordert.85 Infolgedessen bedurfte es beispielsweise 2018 und 2019 in der Schlusssitzung des HLPF einer Abstimmung, um die Ministererklärung statt im Konsens mit Mehrheit anzunehmen. Ähnlich können auch Entwicklungen in parallelen Verhandlungen oder auf politischen Gipfeln sich positiv oder negativ auswirken. Generell beeinträchtigt der sich in den letzten Jahren verschärfende Systemwettbewerb zwischen den USA und China die Verhandlungen zu UN-Reformen. So behaupteten die USA, China unterwandere DESA und andere UN-Organisationen, und benannten im Januar 2020 einen Sonderbeauftragten (Special Envoy), der dies in den Blick nehmen soll.86

Was Machtfragen betrifft, ist schließlich der pre­käre Zusammenhalt der G77+China hervorzuheben. Einige Entwicklungsländer dürften nicht in allen Details mit dem Kurs der starken Staaten in der Ver­handlungsgruppe einverstanden sein. Dennoch ordnen sie sich unter, weil sie aus machttaktischen Gründen nicht den Rückhalt der Gruppe verlieren wollen. Nur selten ist zu beobachten, dass Staaten sich vor oder nach Abstimmungen vorsichtig von der Gruppenposition distanzieren. Immer wieder gibt es strategische Überlegungen und Versuche, einzelne Länder aus der Gruppe herauszulösen. Sind gemeinsame Interessen erkennbar vorhanden, können Ko­operationsangebote gewiss sinnvoll sein. Aus macht­politischer Perspektive gibt es jedoch wenig Anreiz, den größten Verhandlungsblock in den UN zu ver­lassen.

Altbekannte Interessenkonflikte zwischen Umwelt und Entwicklung treten erneut hervor.

Die soeben beschriebenen Konfliktlinien sind eng mit diversen Interessen- und Wertekonflikten verwoben. So verbirgt sich hinter inhaltlichen Gegensätzen zu Nachhaltigkeitsthemen häufig ein Zielkonflikt, da zwischen Umwelt- und Entwicklungsbelangen ab­ge­wogen werden muss. Das beginnt bei generellen Fragen nach den Hauptursachen und der Verantwortung für nicht nachhaltige Entwicklung. Und es endet oft in Gefechten um Begriffe wie »green econo­my« und jetzt auch »green recovery«. Dabei befürchten Entwicklungsländer, ihre Wachstumschancen könn­ten durch Auflagen beschnitten und ihre Finan­zierungsoptionen mit Konditionen versehen werden.

Hier spielt ein weiteres wichtiges Interesse der Geberländer bei UN-Reformen hinein, nämlich Budget- und Ressourcenfragen. Zum einen ist kaum ein Land willens, seine Beiträge zum Kernbudget der UN zu erhöhen. Im Rahmen der Ressortabstimmung sind es die nationalen Finanzministerien, welche derartige Zusagen verhindern. Sie blockieren damit auch jeg­liche Reformvorschläge, die sich auf den UN-Haushalt auswirken würden (»programme budgetary implications«). Zum anderen geht es bei der Finanzierung im Kontext der Entwicklungszusammenarbeit oft um die Fairness in Verteilungsfragen. Im Nachhaltigkeitskontext ist der Konflikt um gemeinsame, aber unter­schiedliche Verantwortlichkeiten (Common But Differentiated Responsibilities, CBDR) als eines der Rio-Prinzipien wohlbekannt.87 Die SDG-Verhand­lungen haben diesen Konflikt nur überkleistert, aber nicht gelöst.88

Ein Wertekonflikt, der den Abschluss von UN-Verhandlungen immer wieder erschwert, besteht rund um Fragen zu Gender, Abtreibung und Familie. Streitigkeiten über diese Themen sind eine altbekann­te Konfliktlinie, die bereits bei den Weltkonferenzen der 1990er Jahre dominant war.89 Auch bei den Ver­handlungen über die Resolutionen zum ECOSOC- und HLPF-Review brachten die Russische Föderation und die G77+China oder der Heilige Stuhl ihre konservativen Positionen zu diesen Fragen ein.

Bisweilen können zudem Themenvorlieben einzel­ner Mitgliedstaaten oder Diplomaten bedeutsam sein. Sie möch­ten, dass Verträge oder Prozesse, die in ihren Ländern verhandelt wurden oder angesiedelt sind, international sichtbar bleiben. Beispiele dafür sind das Sendai-Rahmenwerk für Katastrophenvorsorge (Sendai Framework for Disaster Risk Reduction), auf das Japan besonderen Wert legt, oder der Standort Genf, den die Schweiz nicht geschwächt sehen möchte. Auch setzen sich UN-Botschafter und ‑Botschafte­rinnen gerne für jene Resolutionen oder Erklärungen ein, die sie feder­führend verhandelt haben. So warb beispielsweise Schweden für einen Verweis auf die Politische Erklä­rung des HLPF 2019.

Erfahrungen etwa aus den Verhandlungen der SDGs und der 2030-Agenda lehren, dass ein »Stock­taking«-Prozess hilfreich sein kann, also eine Art Bestandsaufnahme zu Anfang von Verhandlungen.90 Dabei sollte versucht werden, frühzeitig Befindlichkeiten zu klären, alte und neue Konfliktthemen zu identifizieren, Missverständnisse auszuräumen, Ownership für Verhandlungsergebnisse aufzubauen und ein akzeptables Narrativ samt konsensfähiger Wortwahl für konfliktive Themen zu erkunden. Wäh­rend der Pandemie haben die virtuellen Verhandlungen dies erschwert, da sie zu wenige Möglichkeiten für vertraulichen Austausch boten. Es empfiehlt sich, hierfür zukünftig wieder Orte zu schaffen, auch um bei der Bearbeitung übergreifender Konfliktlinien die »dickeren Bretter zu bohren«.

Ausblick: »Our Common Agenda« – ein Gelegenheitsfenster

Die aktuell dominierenden souveränitätsschonenden »bottom up«-Modelle globalen Regierens sind nicht geeignet, Staaten und Gesellschaften weltweit auf einen Kurs hin zur »Transformation unserer Welt« (so der Titel der 2030-Agenda) in Richtung nachhaltiger Entwicklung zu bringen. Ein notwendiger nächster Schritt wäre, multilateral nicht nur Ziele zu verein­baren, sondern sich auch möglichst verbindlich auf konkrete politische Leitplanken für die Wege dorthin zu verständigen.

In der Erklärung anlässlich des 75. Jubiläums der Vereinten Nationen formulierten die UN-Mitglied­staaten: »Die Agenda 2030 … ist der Fahrplan, dem wir folgen müssen, um unser Überleben zu sichern. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Deshalb sind wir hier nicht zusammengekommen, um zu feiern, sondern um zu handeln.«91 Es folgen zwölf Selbstverpflichtungen (»commitments«), von denen eine lautet: »Wir werden die Vereinten Nationen modernisieren« (»We will upgrade the United Nations«, Absatz 14). Am Ende der Erklärung fordern die Mitgliedstaaten den UN-Generalsekretär auf, Vorschläge zu entwickeln, wie all dies umgesetzt werden könnte.

Den entsprechenden Bericht mit dem Titel »Our Common Agenda« legte der UN-Generalsekretär im September 2021 vor (siehe Box 3, S. 33). Die anstehen­de Debatte über den Bericht bietet ein Gelegenheits­fenster, notwendige UN-Reformen voranzubringen.

ECOSOC und HLPF werden im Bericht nur relativ oberflächlich behandelt. Das ist auch im Weißbuch Multilateralismus92 der Fall, welches die Bundes­regie­rung im Mai 2021 vorgelegt hat. Dabei ist Deutschland de facto eine Art ständiges Mitglied im Wirtschafts- und Sozialrat und stellt einen Großteil des Budgets. Der ECOSOC könnte aufgrund seiner Ko­ordinierungsfunktionen – nun auch mit dem neuen Koordinierungssegment – ein wichtiger Knotenpunkt eines stärker vernetzten Multilateralismus sein. Das HLPF bildet bereits eine besonders innovative Keimzelle für einen inklusiven und vernetzten Multi­lateralismus. Dafür sprechen die Panels mit Beiträgen aus der Breite des UN-Systems, die hohe Anzahl frei­williger Staatenberichte, die Parallelforen und die Masse, aber auch Klasse der Nebenveranstaltungen (»side events«) mit umfassender Stakeholder-Beteili­gung und die insgesamt thematisch integrierte und partizipativ-inklusive Arbeit des Forums.93

Box 3

Der Bericht »Our Common Agenda«a

Abstimmungen über Resolutionen und Beschlüsse in der UN-Generalversammlung werden mit Hilfe informeller Vorverhandlungen (»informals«) vorbereitet. Dabei spielen Verhandlungsgruppen eine wichtige Rolle, die je nach Themengebiet unterschiedlich zusammengesetzt sind.

In seinem Bericht greift UN-Generalsekretär António Guterres alle zwölf Verpflichtungen der Erklärung zum 75. UN-Jubiläum auf. Das führt dazu, dass der Bericht thematisch breit angelegt ist und eine Vielzahl an Vorschlägen enthält.b Nach einem Problemaufriss folgen vier Kapitel. Darin geht es um (1) einen neuen sozialen Vertrag, (2) einen neuen Generationenvertrag, (3) einen neuen weltweiten Deal zu globalen Gemeinschaftsgütern und (4) notwendige Anpassungen der Vereinten Nationen.

Unter anderem greift Guterres seine Vision eines inklusiven und vernetzten Multilateralismus auf. Die Covid-19-Pandemie habe die Fragilität einer miteinander verbun­denen Welt offengelegt. Mit einem inklusiven und vernetzten Ansatz könne multilaterales Handeln effektiver und resilienter werden. Das gelte besonders im Hinblick auf die von den UN-Mitgliedstaaten ausgerufene Dekade des Handelns für die 2030-Agenda und die SDGs. »Inklusiv« ziele darauf, alle relevanten Akteure und auch nichtstaat­lichen Stakeholder zu mobilisieren und einzubinden. »Vernetzt« bedeute, dass die UN vorhandene institutionelle

Kapazi­täten besser bündeln wolle, um komplexe Probleme integriert bearbeiten zu können und so sektorübergreifend effektive und effiziente Lösungen zu finden.

Der Bericht enthält weitere Vorschläge für institutionelle Neuerungen. Unter anderem wird folgendes empfohlen:

  • ein »Future Summit« im Jahr 2023 mit entsprechen­den Vorbereitungsprozessen, unter anderem über »UN Futures Labs«

  • ein Bericht zu strategischer Vorausschau und globalen Risiken (alle fünf Jahre) und eine Notfallplattform für komplexe Krisen

  • ein UN-Sondergesandter für zukünftige Generationen und ein UN Youth Office

  • ein verändertes Mandat für den UN-Treuhandrat im Sinne eines »Multi-Stakeholder Body«, der neue Herausforde­rungen berät und als deliberatives Forum im Sinne zukünf­tiger Generationen handelt

  • ein Hochrangiger Beirat zur verbesserten Governance globaler Güter

  • Anlaufstellen (»focal points«) für zivilgesellschaftliche Organisationen in allen UN-Einheiten

  • ein Gipfel zu Finanzierungsfragen (alle zwei Jahre), unter Teilnahme von G20, UN-Wirtschafts- und Sozialrat, UN-Generalsekretär sowie der Chefs und Chefinnen der internationalen Finanzinstitutionen

aUN, Our Common Agenda – Report of the Secretary-General, New York 2021, <https://www.un.org/en/content/common-agenda-report/> (eingesehen am 14.10.2021). Der Bericht wurde von einem UN-Team unter Leitung von Volker Türk (Beigeordneter Gene­ralsekretär für strategische Koordina­tion im UN-Sekretariat) erarbeitet. Dies wurde von intensi­ven Konsultationsprozessen begleitet.

b Einen guten Überblick bietet das Schema zu den wichtigsten Empfehlungen des Berichts zu den zwölf Selbstverpflichtungen, siehe ebd., S. 6f, oder <https:// www.un.org/en/content/common-agenda-report/assets/ pdf/Common_Agenda_Key_Proposals_English.pdf> (eingesehen am 14.10.2021).

Gleichzeitig offenbart die Analyse der Verhand­lungen zum Review von HLPF und ECOSOC, dass zwischen den Mitgliedstaaten über just diese Art von Multilateralismus jenseits rein intergouvernementaler Beziehungen ein tiefgreifender Konflikt besteht. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass dieser in nächster Zeit ausgeräumt wird. Dennoch könnte versucht werden, zumindest Brücken zu bauen. So könnten etwa Multi-Stakeholder-Initiativen enger mit klassischen inter­gouvernementalen Prozessen und Strukturen verbun­den werden. Beispielsweise könnte die Allianz für den Multilateralismus daran arbeiten, ihre Vorreiter-Initiativen besser an UN-Prozesse anzudocken. Dafür müssten auch die UN-Partnerschaftsstrukturen um­gebaut werden. Das HLPF soll qua Mandat eine »Platt­form für Partnerschaften« anbieten.94 Zusätzlich trifft sich alljährlich das ECOSOC Partnership Forum, welches künftig durch das Zusammenspiel mit dem neuen ECOSOC-Koordinierungssegment mehr Auf­merksamkeit erzielen könnte.95 Statt Partnerschaftsinitiativen lediglich eine Bühne zu bieten, wäre es sinnvoller, einen kohärenten UN-Ansatz zu entwickeln, der auf legitime und effektive Partnerschaften ausgerichtet ist.96 Im Bericht wird vorgeschlagen, das UN Office on Partnerships zu stärken.97 In der Vergangenheit waren hier Finanzierungsfragen ein Problem;98 jetzt wird auf digitale Lösungen gesetzt. Deutschland sollte sich in der Arbeitsgruppe »Streng­thening Institutions« der Allianz für den Multilateralismus dafür einsetzen, einen Vorschlag für einen effektiven UN-Netzwerkknoten für Multi-Stakeholder-Initiativen zu formulieren. Idealerweise sollte ein gestärktes Office beziehungsweise ein digitaler Hub sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Bürokratie der Vereinten Nationen in die Lage versetzen, solche Partnerschaften kompetent und effizient zu begleiten.

Mit der Allianz für den Multilateralismus ist die neue Bundesregierung gut positioniert, sich fortan intensiver in UN-Reformdiskussionen einzubringen. Bislang hat sich Deutschland in New York vor allem in der Debatte zur Reform des UN-Sicherheitsrats engagiert. Als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats machte sich Deutschland für Themen wie »Klima und Sicherheit« oder »Frauen, Frieden, Sicherheit« stark. Dies verdeutlicht, dass es sich lohnen dürfte, den ECOSOC und das HLPF in einer stärker integrierten (Reform-)Strategie mitzudenken.99 Alle zwei Jahre erarbeitet die Bundesregierung rückblickend einen Bericht zur Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, der im Kabinett diskutiert wird. Vielleicht noch wichtiger wäre eine kohärente jährliche UN-Strategie, mit der die Bundesregierung ihre Aktivitäten plant und abstimmt. Falls es gelingt, 2022 eine erste solche Strategie zu formulieren, sollte sie Überlegungen enthalten, welche der Reformvorschläge des UN-Generalsekretärs Deutschland und die EU wie unter­stützen möchten und welche Anliegen sie im ECOSOC sowie beim HLPF thematisieren wollen.

Abkürzungsverzeichnis

BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

CBDR Common But Differentiated Responsibilities

DCF Development Cooperation Forum

ECOSOC Economic and Social Council (UN)

EU Europäische Union

FfD Financing for Development

G20 Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer

G77 Gruppe der 77 (Verhandlungsgruppe von Ländern des Globalen Südens)

GSDR Global Sustainable Development Report

HAS Humanitarian Affairs Segment (des ECOSOC)

HLPF High-level Political Forum on Sustainable Development (UN)

HLS High-level Segment (des ECOSOC)

IISD International Institute for Sustainable Development (Winnipeg, Manitoba, Canada)

LDCs Least Developed Countries

LLDCs Landlocked Developing Countries

MGoS Major Groups and other Stakeholders

NGO Non-Governmental Organization

OAS Operational Activities for Development Segment (des ECOSOC)

PGA President of the General Assembly

QCPR Quadrennial Comprehensive Policy Review

SDG Sustainable Development Goal

SIDS Small Island Developing States

UN United Nations

UN DESA United Nations Department of Economic and Social Affairs

UNDP United Nations Development Programme

UNGA United Nations General Assembly

USA United States of America

VLR Voluntary Local Review

VNR Voluntary National Review

Lektüreempfehlungen

Marianne Beisheim

UN-Generalversammlung der »Hoffnung«. Eine kooperativere Debatte, ein innovativer Bericht und ein SDG-Moment

SWP-Aktuell 64/2021, October 2021

Marianne Beisheim/Felicitas Fritzsche

»Nachhaltigkeitsaußenpolitik«,

in: Günther Maihold et al. (Hg.), Deutsche Außenpolitik im Wandel. Unstete Bedingungen, neue Impulse, Berlin: SWP, September 2021 (SWP-Studie 15/2021), S. 63–65

Themendossier Globale Nachhaltigkeitspolitik der Stiftung Wissenschaft und Politik, <https://www.swp-berlin.org/themen/dossiers/globale-nachhaltigkeitspolitik>

Endnoten

1

 United Nations General Assembly (UNGA), Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, New York, Oktober 2015 (A/RES/70/1), <https://www.un.org/Depts/ german/gv-70/band1/ar70001.pdf> (eingesehen am 8.7.2021). Im Folgenden wird dieses Dokument kurz 2030-Agenda genannt.

2

 Ebd., Absatz 82.

3

 UNGA, Format and Organizational Aspects of the High-level Political Forum on Sustainable Development, New York, August 2013 (A/RES/67/290), Absatz 29, <https://undocs.org/A/RES/ 67/290> (eingesehen am 19.4.2021).

4

 Siehe dazu Marianne Beisheim, UN-Reformen für die 2030-Agenda. Sind die Arbeitsmethoden und Praktiken des HLPF ›fit for purpose‹?, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2018 (SWP-Studie 22/2018).

5

 Persönliche Kommunikation der Autorin dieser Studie mit Vertreterinnen des UN Department of Economic and Social Affairs (UN DESA), Dezember 2021.

6

 Partners for Review. Voluntary National Reviews Submitted to the 2019 High-level Political Forum for Sustainable Development – a Comparative Analysis, Bonn: Deutsche Gesellschaft für Inter­nationale Zusammenarbeit, 2019; Ana de Oliveira/Shannon Kindornay, Progressing National SDG Implementation: An Independent Assessment of the Voluntary National Review Reports Sub­mitted to the United Nations High-level Political Forum in 2020, Ottawa: Cooperation Canada, 2021.

7

 UNGA, Format and Organizational Aspects (A/RES/67/290) [wie Fn. 3], Absatz 29.

8

 Thorsten Benner u. a., »Internationale Bürokratien und Organisationslernen. Konturen einer Forschungsagenda«, in: Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 16 (2009) 2, S. 203–236. Sie definieren Organisationslernen als »wissensbasierten Prozess der Infragestellung und Ver­änderung von Organisationsregeln zur Veränderung der Organisationspraxis«. Ebd., S. 218.

9

 Klaus Hüfner/Jens Martens, UNO-Reform zwischen Utopie und Realität. Vorschläge zum Wirtschafts- und Sozialbereich der Vereinten Nationen, Frankfurt a. M. 2000.

10

 UNGA, Follow-up and Review of the 2030 Agenda for Sustainable Development at the Global Level, New York, August 2016 (A/RES/70/299), Absatz 21, <https://undocs.org/A/RES/70/299> (eingesehen am 10.8.2021).

11

 UNGA, Political Declaration of the High-level Political Forum on Sustainable Development Convened under the Auspices of the General Assembly, New York, Oktober 2019 (A/RES/74/4) [Hervorhebung im Original], <https://undocs.org/A/RES/74/4> (eingesehen am 14.5.2021).

12

 UNGA, Review of the Implementation of General Assembly Resolution 68/1 on the Strengthening of the Economic and Social Council, New York, Juli 2018 (A/RES/72/305), Absatz 2, <https:// undocs.org/A/RES/72/305> (eingesehen am 10.8.2021).

13

 Max-Otto Baumann/Silke Weinlich, Wichtige Fortschritte, ungelöste Probleme: Bewertung der neuesten UNDS-Reformresolution, Bonn: Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, 2018 (Analysen und Stellungnahmen 10/2018).

14

 UNGA, Review of the Implementation of GA Resolution 68/1 (A/RES/72/305) [wie Fn. 12], Absatz 11, 12.

15

 Michael Zürn, Interessen und Institutionen in der internationalen Politik. Grundlegung und Anwendungen des situationsstrukturellen Ansatzes, Wiesbaden 1992, S. 139, doi: 10.1007/978-3-663-10384-4.

16

 Eine Besonderheit des HLPF ist seine universelle Mitgliedschaft. Nicht nur die aktuell 193 Mitgliedstaaten der UN sind vertreten, sondern auch die Mitglieder einzelner UN-Sonderorganisationen. So sind der Inselstaat Niue und die Cook-Inseln, der Heilige Stuhl/Vatikan und die Palästinen­sischen Gebiete ebenfalls beim HLPF repräsentiert.

17

 Bei den Positionsdifferenzen können auch sachfremde Aspekte eine Rolle spielen, etwa Domäne- oder Ressortinter­essen (wie Revierkämpfe um Mandate und Budgets) sowie persönliche Karriereerwägungen oder Präferenzen. Empirisch war dies wissenschaftlich seriös nicht zu erfassen und zu belegen, denn diese Aspekte wurden wenn überhaupt nur als Anekdoten hinter vorgehaltener Hand berichtet, ohne dass sich jemand zitieren lassen wollte.

18

 Siehe ähnlich Lars Brozus, Globale Konflikte oder Global Governance?, Wiesbaden 2002, S. 37.

19

 Ebd.

20

 Angelehnt an Michael Zürn u.a., »Problemfelder und Situationsstrukturen in der Analyse internationaler Politik. Eine Brücke zwischen den Polen?«, in: Volker Rittberger (Hg.), Theorien der Internationalen Beziehungen. Bestandsaufnahme und Forschungsperspektiven, Wiesbaden 1990 (Politische Viertel­jahresschrift, Sonderheft 21), S. 151–174 (156f).

21

 »The Future of the HLPF: Reflections and Next Steps«, Retreat am 1.11.2019.

22

 Die hier genannten Treffen fanden unter der Chatham-House-Rule statt. Daher können die Positionen nicht genauer zugeordnet werden.

23

 Zuletzt beispielsweise die Women’s Major Group, Position Paper on HLPF Review, Februar 2021, <https://www. womensmajorgroup.org/wp-content/uploads/2021/01/HLPF-Review-FINAL-1.pdf> (eingesehen am 27.7.2021).

24

 UN DESA, »Expert Group Meeting on Lessons Learned from the First Cycle of the High-Level Political Forum on Sustainable Development (HLPF)«, Mai 2019, <https://sustain abledevelopment.un.org/content/documents/23135Summary_of_EGM_on_HLPF_review_FINAL.pdf> (eingesehen am 8.7.2021).

25

 UN DESA, »Expert Group Meeting. The Way Forward – Strengthening ECOSOC and the High-level Political Forum on Sustainable Development«, Dezember 2019, <https://sustain abledevelopment.un.org/content/documents/25424Summary_of_EGM_on_HLPF_Review_34_December.pdf> (eingesehen am 8.7.2021).

26

Unveröffentlichtes Papier. Zu den Inhalten des Non-Papers siehe Marianne Beisheim, Reviewing the HLPF’s ›Format and Organizational Aspects‹ – What’s Being Discussed?, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Februar 2020 (Working Paper, Global Issues Division, 2020/01), <https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/arbeitspapiere/WP_ Beisheim_Reviewing_the_HLPf_s_200205.pdf> (eingesehen am 7.10.2020).

27

 Non Paper by the Co-facilitators: High-level Political Forum on Sustainable Development: Thematic Reviews, VNRs and Other HLPF-related Issues, New York: United Nations, 5.3.2020, <https:// www.un.org/ecosoc/sites/www.un.org.ecosoc/files/files/en/2020doc/HLPF-ECOSOC-Review-Thematic-Meetings_Nonpaper _HLPF.pdf> (eingesehen am 5.8.2021).

28

 President of the General Assembly, Letter from the Co-facilitators for the Intergovernmental Negotiations for the Review Process of the ECOSOC and the HLPF, Conveying the Dates of the Forthcoming Thematic Review Meetings, New York: United Nations, 26.2.2020, <https://www.un.org/pga/74/wp-content/ uploads/sites/99/2020/02/HLPF-ECOSOC-Review-Thematic-Meetings.pdf> (eingesehen am 5.8.2021).

29

 Siehe Beisheim, Reviewing the HLPF’s ›Format and Organizational Aspects‹ [wie Fn. 26].

30

 Die Reform-Optionen »Sherpa«, »Spring Meeting« und »GSDR-informed SDG Reviews«. Siehe die Handouts dazu unter <https://www.swp-berlin.org/die-swp/ueber-uns/orga nisation/swp-projekte/hochrangiges-politisches-forum-zu-nachhaltiger-entwicklung-hlpf>(eingesehen am 28.7.2021).

31

 President of the General Assembly, Letter from the Co-facilitators for the Intergovernmental Negotiations for the Review Process of the Economic and Social Council and the High-Level Political Forum, on the Breaking of the Silence Procedure, New York: United Nations, 9.7.2020, <https://www.un.org/pga/74/2020/ 07/09/review-process-of-economic-and-social-council-ecosoc-and-the-high-level-political-forum-on-sustainable-develop ment-hlpf/> (eingesehen am 5.8.2021).

32

 UNGA, Review of the Implementation of General Assembly Resolution 67/290 on the High-level Political Forum on Sustainable Development, Resolution 70/299 on the Follow-up and Review of the 2030 Agenda for Sustainable Development at the Global Level and Resolution 72/305 on the Strengthening of the Economic and Social Council, New York, August 2020 (A/RES/74/298), <https://un docs.org/en/A/RES/74/298> (eingesehen am 10.8.2021).

33

 UNGA, Follow-up and Review (A/RES/70/299) [wie Fn. 10].

34

 Das Thema des HLPF 2021 lautete »Sustainable and resilient recovery from the COVID-19 pandemic that promotes the economic, social and environmental dimensions of sustainable development: building an inclusive and effective path for the achievement of the 2030 Agenda in the context of the decade of action and delivery for sustainable development«.

35

 UNGA, Review of the Implementation of GA Resolution 67/290 (A/RES/74/298) [wie Fn. 32], Absatz 4.

36

 UNGA, Format and Organizational Aspects (A/RES/67/290) [wie Fn. 3], Absatz 14, 15, 16¸ 22.

37

 International Service for Human Rights (ISHR), »Accredi­tation Procedure Threatens to Undercut Civil Society Partici­pation at UN Meeting«, Genf/New York, 24.4.2013, <https:// ishr.ch/latest-updates/accreditation-procedure-threatens-undercut-civil-society-participation-un-meeting/> (eingesehen am 5.8.2021).

38

 President of the General Assembly, Letter from the Co-facilitators for the Intergovernmental Negotiations for the Review Process of the Economic and Social Council and the High-Level Poli­tical Forum, on the Breaking of the Silence Procedure [wie Fn. 31].

39

 President of the General Assembly, Zero Draft of the Resolution on the Review of the Implementation of General Assembly Resolution 72/305 on the Strengthening of the Economic and Social Council and on the Review of the Implementation of General Assembly Resolutions 67/290 on Format and Organizational Aspects of the High-level Political Forum on Sustainable Development and 70/299 on the Follow-up and Review of the 2030 Agenda for Sustainable Development at the Global Level, New York, 12.2.2021, <https:// www.un.org/pga/75/wp-content/uploads/sites/100/2021/02/ PGA-letter-HLPF-ECOSOC-Review-zero-draft.pdf> (eingesehen am 5.8.2021).

40

 Republik Guinea im Namen der G77 und China, »State­ment on Behalf of the Group of 77 and China«, New York, 26.2.2021, <https://www.g77.org/statement/getstatement. php?id=210226> (eingesehen am 8.7.2021).

41

 Die Ausführungen zu den Verhandlungen beruhen auf Mitschriften des Projektteams, siehe Box 1, S. 9.

42

 United Nations Department of Global Communications, The United Nations System, New York, Juli 2021, <https:// www.un.org/en/pdfs/un_system_chart.pdf> (eingesehen am 5.8.2021).

43

 President of the General Assembly, Letter from the Co-facilitators for the Intergovernmental Negotiations for the Review Process of ECOSOC and the HLPF Regarding the Final Draft Resolution for the Silence Procedure, New York: United Nations, 12.5.2021, <https://sustainabledevelopment.un.org/content/documents/ 27619PGA_Letter_HLPF_ECOSOC_Silence_Procedure.pdf> (eingesehen am 22.7.2021).

44

 UNGA, Guinea (on Behalf of G77+China): Amendment to Draft Resolution A/75/L.101, New York, Juni 2021 (A/75/L.104), <https://undocs.org/A/75/L.104> (eingesehen am 12.8.2021). Unter allen Nachhaltigkeitszielen war SDG 16 »Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen« von Anfang an politisch am heftigsten umstritten.

45

 European Union, Explanation of Position at Adoption of Resolution on the ECOSOC/HLPF Review on Behalf of the European Union and Its Member States, 16.6.2021 (in Sitzung verlesen).

46

 Republik Guinea im Namen der G77 und China, »State­ment on the Adoption of the Resolutions on ›Review Process of the Implementation of General Assembly Resolution 67/290 and 70/299 on the Follow-up‹ and ›Review of the 2030 Agenda for Sustainable Development at the Global Level and Resolution 72/305 on the Strengthening of the Economic and Social Council‹«, New York, 25.6.2021, <https://www.g77. org/statement/getstatement.php?id=210625> (eingesehen am 8.7.2021).

47

 United Nations, »Adopting 2 Texts, General Assembly Calls for Stronger Economic and Social Council Role, Agrees to Establish High-Level Political Forum Format at Seventy-Seventh Session«, New York, 25.6.2021 (Meetings Coverage), <https://www.un.org/press/en/2021/ga12342.doc.htm> (ein­gesehen am 5.8.2021).

48

 Marianne Beisheim, Ein Review-Mechanismus für die Post-2015-Ziele nachhaltiger Entwicklung. Vorschläge zu seiner Ausgestaltung, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Oktober 2014 (SWP-Studie 16/2014).

49

 Dabei war das Forum anfangs durchaus als eine Art Spitzengremium (»apex body«) gehandelt worden, welches politische Leitlinien für die weitere Umsetzung der Agenda 2030 vereinbaren sollte, die dann auch die Arbeit des ECOSOC-Systems hätten anleiten können. International Institute for Sustainable Development (IISD), HLPF 2015 Highlights: Friday, 26 June 2015, 29.6.2015 (Earth Negotiations Bulletin), <https://enb.iisd.org/events/hlpf-2015/report-main-proceedings-26-june-2015> (eingesehen am 5.8.2021); Jan-Gustav Strandenæs, The Beginning of a New Future – The World of HLPF and the 2030 Global Agenda on Sustainable Development. An Independent Study on HLPF Undertaken for UNDESA, Juli 2020, <https://stakeholderforum.org/wp-content/uploads/2020/07/ The-Beginning-of-a-New-Future_The-World-of-HLPF-and-the-2030-Global-Agenda-on-Sustainable-Development.pdf> (eingesehen am 5.8.2021).

50

 Siehe UNGA, Review of the Implementation of General Assem­bly Resolution 72/305 on the Strengthening of the Economic and Social Council. Review of the Implementation of General Assembly Resolutions 67/290 on the Format and Organizational Aspects of the High-level Political Forum on Sustainable Development and 70/299 on the Follow-up and Review of the 2030 Agenda for Sustainable Development at the Global Level. A: Economic and Social Council, New York, Juni 2021 (A/RES/75/290 A), Absatz 16, <https://un docs.org/A/RES/75/290%20A> (eingesehen am 12.8.2021).

51

 Ebd. Das Bureau besteht aus fünf Vize-Präsidenten, also gewählten UN-Botschaftern oder ‑Botschafterinnen der fünf UN-Regionalgruppen.

52

 UNGA, Review of the Implementation of General Assembly Resolution 72/305 on the Strengthening of the Economic and Social Council. Review of the implementation of General Assembly Resolutions 67/290 on the Format and Organizational Aspects of the High-level Political Forum on Sustainable Development and 70/299 on the Follow-up and Review of the 2030 Agenda for Sustainable Development at the Global Level. B: High-level Political Forum on Sustainable Development, New York, Juni 2021 (A/RES/75/290 B), Absatz 33, <https://undocs.org/A/RES/75/290%20B> (eingesehen am 12.8.2021).

53

UNGA, Review of the Implementation, A: ECOSOC (A/RES/75/290 A) [wie Fn. 50], Absätze 4, 17, 18, 20.

54

Ebd., Absatz 4.

55

Ebd., Absatz 20.

56

UNGA, Review of the Implementation, B: HLPF (A/RES/75/290 B) [wie Fn. 52], Absatz 15.

57

Ebd., Absatz 16.

58

UNGA, Review of the Implementation, A: ECOSOC (A/RES/75/ 290 A) [wie Fn. 50], Absatz 28. Gemeint ist hier der bereits existierende Synthesebericht zu den Eingaben der Fachkommissionen des Wirtschafts- und Sozialrats und anderer zwischenstaatlicher Organe und Foren zum Thema des HLPF (Synthesis of voluntary submissions by functional commissions of the Economic and Social Council and other intergovernmental bodies and forums).

59

 Die Themen lauten für 2022 »Building back better from the coronavirus disease (COVID-19) while advancing the full implementation of the 2030 Agenda for Sustainable Development« und für 2023 »Accelerating the recovery from the coronavirus disease (COVID-19) and the full implementation of the 2030 Agenda for Sustainable Development at all levels«.

60

UNGA, Review of the Implementation, A: ECOSOC (A/RES/75/290 A) [wie Fn. 50], Absatz 19; UNGA, Review of the Implementation, B: HLPF (A/RES/75/290 B) [wie Fn. 52], Absatz 32. In den Entwürfen der Resolutionen waren zwischenzeitlich unterschiedliche Themen gelistet (poverty eradication, integration of a gender perspective, human rights, governance, effective rule of law and good governance, social protection, climate change and environmental issues, the principle of Leaving No One Behind).

61

 UNGA, Guinea (on Behalf of G77+China):* Amendment to Draft Resolution (A/75/L.104) [wie Fn. 44].

62

 UNGA, Review of the Implementation, B: HLPF (A/RES/75/ 290 B) [wie Fn. 52], Absatz 17.

63

 Hier hatte sich Marokko distanziert.

64

 2022: SDGs 4, 5, 14, 15 und 17; 2023: SDGs 6, 7, 9, 11 und 17.

65

 President of the General Assembly, Zero Draft of the Resolution on the Review of the Implementation of General Assembly Resolution 72/305 [wie Fn. 39].]

66

 Dort heißt es, Länder seien eingeladen, »to continue to share their own experience and lessons learned, constructive feedback and ideas to accelerate progress«. UNGA, Review of the Implementation, B: HLPF (A/RES/75/290 B) [wie Fn. 52], Absatz 20.

67

 Ebd., Absatz 18–27.

68

 Ebd., Absatz 27.

69

 Ebd., Absatz 21.

70

 Ebd., Absatz 30. Die in diesem Kontext oft verwendete Öffnungsklausel lautet »im Einklang mit nationalen Gegeben­heiten, Politiken und Prioritäten« (»in accordance with natio­nal circumstances, policies, and priorities«).

71

 Ebd., Absatz 35.

72

 Bundesregierung, Transformation erreichen – Perspektiven für die Deutsche Nachhaltigkeitspolitik. Beschluss des Staatssekretärsausschusses für nachhaltige Entwicklung, Berlin, 14.6.2021, <https://www.bundesregierung.de/resource/blob/998006/1929114/ca92930c559b0c86789b8380bfad6bd4/2021-06-14-perspektivenbeschluss-data.pdf?download=1> (eingesehen am 12.7.2021).

73

 Ebd., S. 3.

74

 Council of the European Union, EU Priorities at the United Nations and the 75th United Nations General Assembly, September 2020–September 2021. Council Conclusions (13 July 2020), (Dok. Nr. 9401/20), Brüssel, 13.7.2020; European Commission/High Representative of the Union for Foreign Affairs and Security Policy, Joint Communication to the European Parliament and the Council on Strengthening the EU’s Contribution to Rules-based Multi­lateralism, Brüssel, 17.2.2021.

75

 Marianne Beisheim/Felicitas Fritzsche, ECOSOC und HLPF Review 2021: Bau- und Andockstellen für einen vernetzten Multilateralismus, Bonn: Global Policy Forum, März 2021.

76

 Siehe dazu die Diskussion in Marianne Beisheim/Corne­lia Füllkrug-Weitzel/Lisi Maier/Imme Scholz/Silke Weinlich/ Heidemarie Wieczorek-Zeul, Reformoptionen für eine effektive UN-Nachhaltigkeitsgovernance, Berlin: Rat für Nachhaltige Ent­wicklung, Februar 2021 (Politikpapier).

77

 Marianne Beisheim, UN@75: weder versammelt noch vereint. Die UN, die wir brauchen für die Zukunft, die wir wollen, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, November 2020 (SWP-Aktuell 90/2020).

78

 Siehe etwa Marjanneke J. Vijge u.a., »Governance through Global Goals«, in: Frank Biermann/Rakhyun E. Kim (Hg.), Architectures of Earth System Governance. Institutional Complexity and Structural Transformation, Cambridge (UK) 2020, S. 254–274.

79

 Dies vor allem im Kontext der Debatte über »humani­täre Interventionen«. Siehe dazu Peter Rudolf, Menschenrechte und Souveränität: Zur normativen Problematik »humanitärer Inter­vention«, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, Dezember 2001 (SWP-Studie 40/2001).

80

 Walter Eberlei, »Global nachhaltige Entwicklung mit­gestalten: Agenda 2030 und Zivilgesellschaft«, in: Tobias Debiel (Hg.), Entwicklungspolitik in Zeiten der SDGs, Duisburg/ Bonn: Institut für Entwicklung und Frieden, 2018, S. 89–92 (90).

81

 Felix Kirchmeier, The Right to Development – Where Do We Stand?, Genf: Friedrich-Ebert-Stiftung, 2006 (Occasional Papers, Nr. 23), S. 10, <https://library.fes.de/pdf-files/iez/ global/50288.pdf>; Karin Arts/Atabongawung Tamo, »The Right to Development in International Law: New Momentum Thirty Years down the Line?«, in: Netherlands International Law Review, 63 (2016) 3, S. 221–249 (224).

82

 International Service for Human Rights, »States Should Reject Procedure That Results in Exclusion of Non-govern­ment Organisations from UN«, 1.2.2013, <https://ishr.ch/ latest-updates/states-should-reject-procedure-results-exclusion-non-government-organisations-un/> (eingesehen am 22.7.2021).

83

 Kristin M. Bakke u. a., »When States Crack Down on Human Rights Defenders«, in: International Studies Quarterly, 64 (2020) 1, S. 85–96.

84

 USA, China, Russische Föderation, Frankreich und Vereinigtes Königreich.

85

 So beispielsweise im Fall der HLPF-Ministererklärung 2021: »We call for further effective measures and actions to be taken, in conformity with international law, to remove the obstacles to the full realization of the right to self-deter­mination of peoples living under colonial and foreign occu­pation, which continue to adversely affect their economic and social development as well as their environment.« Siehe United Nations, Ministerial Declaration of the High-level Segment of the 2021 Session of the Economic and Social Council and of the 2021 High-level Political Forum on Sustainable Development, Juli 2021, Absatz 29, <https://sustainabledevelopment.un.org/ content/documents/28530MD_Rev4_for_Silence_Procedure. pdf> (eingesehen am 22.7.2021).

86

 Colum Lynch, »U.S. State Department Appoints Envoy to Counter Chinese Influence at the U.N.«, in: Foreign Policy (online), 22.1.2020, <https://foreignpolicy.com/2020/01/22/us-state-department-appoints-envoy-counter-chinese-influence-un-trump/> (eingesehen am 22.7.2021); siehe auch Courtney J. Fung/Shing-hon Lam, »Chinas ›bürokratischer Fußabdruck‹ in den UN«, in: Vereinte Nationen, 68 (2020) 6, S. 243–248.

87

 Siehe auch Clara Nobbe, Universality, Common But Differ­entiated Responsibilities and the Sustainable Development Goals, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, April 2015 (Work­ing Paper, Global Issues Division, 2015/01).

88

 Manuel Rivera, »Entpolitisierung im Konsens: Ein kritischer Blick auf die Entstehung der SDG«, in: Philipp Lepenies/Elena Sondermann (Hg.), Globale politische Ziele, Baden-Baden, 2017, S. 219–246; siehe Jean-Philippe Thérien/ Vincent Pouliot, »Global Governance as Patchwork: The Making of the Sustainable Development Goals«, in: Review of International Political Economy, 27 (2020) 3, S. 612–636 (629). Letztere sprechen von »normative bricolage that conceals deep value cleavages« (S. 629).

89

Brozus, Globale Konflikte oder Global Governance? [wie Fn. 18], S. 210.

90

 Pamela S. Chasek/Lynn M. Wagner, »Breaking the Mold: A New Type of Multilateral Sustainable Development Nego­tiation«, in: International Environmental Agreements: Politics, Law and Economics, 16 (2016) 3, S. 397–413.

91

 UNGA, Erklärung zum fünfundsiebzigsten Jahrestag des Bestehens der Vereinten Nationen, New York, September 2020 (A/RES/75/1), Absatz 6, <https://www.un.org/Depts/german/gv-75/band1/ar75001.pdf> (eingesehen am 12.8.2021).

92

Gemeinsam für die Menschen. Weißbuch Multilateralismus der Bundesregierung, Berlin 2021.

93

 Marianne Beisheim/Felicitas Fritzsche, »Für einen vernetzten Multilateralismus«, Peace Lab (Blog), 18.1.2021, <https://peacelab.blog/2021/01/fuer-einen-vernetzten-multi lateralismus> (eingesehen am 12.7.2021).

94

 UNGA, Format and Organizational Aspects (A/RES/67/290) [wie Fn. 3], Absatz 8c.

95

 UNGA, Review of the Implementation, A: ECOSOC (A/RES/75/290 A) [wie Fn. 50], Absatz 15.

96

 Siehe dazu auch UNGA, Erklärung zum fünfundsiebzigsten Jahrestag (A/RES/75/1) [wie Fn. 91], Absatz 16.

97

Siehe UN, Our Common Agenda – Report of the Secretary-General, New York 2021, <https://www.un.org/en/content/ common-agenda-report/> (eingesehen am 14.10.2021)., S. 75, Absatz 122.

98

Marianne Beisheim/Nils Simon, »Multistakeholder Partnerships for the SDGs: Actors’ Views on UN Metagovern­ance«, in: Global Governance: A Review of Multilateralism and International Organizations, 24 (2018) 4, S. 497–515.

99

 Siehe auch Marianne Beisheim/Felicitas Fritzsche, »Nachhaltigkeitsaußenpolitik«, in: Günther Maihold u.a. (Hg.), Deutsche Außenpolitik im Wandel. Unstete Bedingungen, neue Impulse, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik, September 2021 (SWP-Studie 15/2021), S. 63–65.

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