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Chinas Diasporapolitik unter Xi Jinping

Inhalte, Grenzen und Herausforderungen

SWP-Studie 2022/S 09, 09.09.2022, 33 Pages

doi:10.18449/2022S09

Research Areas
  • China schätzt die weltweite Zahl der chinastämmigen Menschen außer­halb der Volksrepublik auf 60 Millionen Personen. Peking betrachtet sie, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, allesamt als Angehörige Chinas.

  • Auslandschinesen spielen aus Sicht Xi Jinpings eine »unersetzliche Rolle« für Chinas Aufstieg zur Weltmacht. Peking bemüht sich intensiv darum, auslandschinesische Ressourcen für eigene Zielsetzungen in den Be­reichen Wirtschaft, Wissenschaft und Technik sowie Diplomatie und Soft Power nutzbar zu machen.

  • Auch von Menschen chinesischer Herkunft in Deutschland fordert Peking, die Beziehungen zwischen China und Deutschland zu vertiefen. Aber nicht nur das: Sie sollen als »inoffizielle Botschafter« auch Chinas Narra­tive in der deutschen Öffentlichkeit verbreiten, Chinas »Kerninteressen« verteidigen und beim Wissens- und Technologietransfer nach China helfen.

  • Chinas Diasporapolitik sind gleichwohl Grenzen gesetzt: Die Reaktionen chinesischer Migranten auf Chinas Ambitionen fallen heterogen aus. Sie reichen von der Bereitschaft zur Kooperation bis hin zu Desinteresse oder offener Ablehnung.

  • Deutsche Akteure sollten ein umfassendes Verständnis der chinesischen Diasporapolitik und der damit verknüpften Ziele und Praktiken ent­wickeln. So wie in Peking auch sollte die Diasporapolitik als wichtiger Bestandteil der chinesischen Außenpolitik wahrgenommen werden.

  • Erst auf dieser Basis können dort, wo deutsche Interessen, Rechtsprinzipien oder gesellschaftliche Werte berührt sind, Antworten auf Chinas Ambitionen gefunden werden – ohne damit zugleich Menschen chinesischer Herkunft einem Generalverdacht auszusetzen. Auch sollten deutsche Akteure ihr Engagement in Communities von Menschen mit chinesischem Migrationshintergrund ausbauen, anstatt dieses Feld chinesischen Behörden zu überlassen.

Problemstellung und Empfehlungen

Die Zahl der chinastämmigen Menschen, die außer­halb der Volksrepublik China leben, wird auf etwa 60 Millionen geschätzt; das entspricht ungefähr der Bevölkerung Italiens. Viele von ihnen besitzen keine chinesische Staatsbürgerschaft und haben – als Nachfahren chinesischer Einwanderer – nie in China gelebt; sie sind sozio-kulturell und politisch äußerst divers. Trotzdem versteht Peking sie als homogene Einheit und Teil der »großen chinesischen Familie« unter der Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Seit Beginn der Reformpolitik (1978) sieht die KPCh in »ihrer Diaspora« eine wichtige Res­source für die Entwicklung und den Aufstieg des Landes zur Weltmacht. Entsprechend leitete Peking in den späten 1970er Jahren eine Diasporapolitik ein, die sich um die Anbindung der Auslandschinesen an China bemüht. Inzwischen ist diese Politik hoch­gradig institutionalisiert und wird von einer Vielzahl an Behörden gestaltet und umgesetzt.

Dieser politische Apparat hat es zur Aufgabe, Ver­bände und Medien chinastämmiger Menschen welt­weit an den chinesischen Parteistaat anzubinden und sie für Chinas Zielsetzungen einzuspannen. Im Ein­klang mit der Verschärfung der chinesischen Außen­politik unter Xi Jinping sind dabei auch in der chine­sischen Diasporapolitik Neuausrichtungen erkennbar. Dies zeigt sich zum einen auf einer inhaltlichen Ebene: Ging es der Diasporapolitik lange ausschließlich um den Zugriff auf finanzielles und intellektuelles Kapital, das China in den Auslandschinesen sah – und bis heute weiterhin sieht –, erfolgte unter Xi Jinping die Eingliederung der Diasporapolitik in die sogenannte Einheitsfrontpolitik, die darauf zielt, ein günstiges internationales Umfeld für Chinas Ambitio­nen zu schaffen. Damit ist die Diasporapolitik heute stärker denn je mit zentralen außenpolitischen Zielen Chinas verbunden – etwa Pekings Bestreben, »inter­nationale Diskursmacht aufzubauen«, die Außen­propaganda zu stärken, den Chinesischen Traum zu verwirklichen und Chinas »Kerninteressen« zu schüt­zen. Zum anderen hat sich die Diasporapolitik unter Xi Jinping auch organisatorisch verändert. Seit 2018 ist sie stärker zentralisiert und steht unter direkter Führung der Einheitsfrontabteilung der Partei.

Nachdem die chinesische Einwanderung nach Deutschland in den vergangenen beiden Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen hat, ist diese Politik inzwischen auch hierzulande spürbar. Institutionen des chinesischen Parteistaats sind regelmäßig in Deutschland aktiv, um Beziehungen zu Verbänden und Medien von chinastämmigen Menschen auf­zubauen. Der chinesische Staat unterhält heute zahl­reiche Kontakte zu Akteuren innerhalb der chinastämmigen Community in Deutschland. Die meisten chinesischsprachigen Medien in Deutschland haben sich zu Sprachrohren der KPCh gewandelt. Auch wenn die Gründe, aus denen sich China den china­stämmigen Menschen weltweit zuwendet, nachvollziehbar sind und Versuche der wirtschaftlichen Ver­einnahmung auslandschinesischer Ressourcen legitim sind, kann Chinas Diasporapolitik auch Interessen von Aufenthaltsländern zuwiderlaufen: China nutzt bestehende Kommunikationskanäle nach Deutschland, um Auslandschinesen auf Zielsetzungen der KPCh einzuschwören und chinesischen Nationalismus zu verbreiten. Chinas Behörden erklären dabei nicht nur sämtliche chinastämmigen Menschen – das heißt auch deutsche Staatsbürger – zu Angehörigen Chinas, indem sie Abstammung und Bluts­verwandtschaft als die wesentlichen Zugehörigkeits­kategorien propagieren; das Land erwartet von diesen Menschen auch eine Unterstützung der eigenen außen- und außenwirtschaftspolitischen Interessen. Chinesische Studierende in Deutschland werden auf­gefordert, Know-how nach China zu transferieren, notfalls durch Spionage; Unternehmer werden mobilisiert, ihre Ressourcen in den wirtschaftlichen Aufbau Chinas zu investieren; Verbände werden aufgerufen, Chinas Image zu stärken und die deut­sche Öffentlichkeit im Sinne Chinas zu beeinflussen. Proteste und Kundgebungen, die chinastämmige Menschen in Deutschland in den letzten Jahren organisiert haben – etwa zur Unterstützung der chinesischen Hongkong-Politik –, gingen auf Ver­bände zurück, die mit dem chinesischen Parteistaat in Verbindung stehen, der selbst jedoch stets im Hintergrund blieb. Kurzum: Peking ist es gelungen, in den letzten Jahren Beziehungen zu regimetreuen Menschen in Deutschland aufzubauen.

Beispiele aus anderen Ländern wie Australien lassen den Schluss zu: Die chinesische Einflussnahme auf Menschen chinesischer Herkunft wird auch in Deutschland zunehmen. Für deutsche Entscheidungsträger ist es daher wichtig, Chinas Diasporapolitik mitsamt ihren Akteuren, Zielsetzungen und Folgewirkungen wahrzunehmen und zu problematisieren – nicht nur, weil Peking sie als Grundpfeiler eigener außenpolitischer Ambitionen begreift, sondern auch, weil sie Interessen und gesellschaftlichen Grund­werten in Deutschland zuwiderlaufen kann. Auch wenn nicht alle diasporapolitischen Maßnahmen Chinas problematisch sind und sich manche zum Beispiel positiv auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen China und Deutschland auswirken können, gilt: Für Peking sind Menschen chinesischer Herkunft in erster Linie Interessenvertreter der KPCh; ihre finanziellen und unternehmerischen, intellektuellen und poli­tischen Ressourcen müssen zuerst, so die unmiss­verständliche Botschaft, in den Dienst der Volks­republik gestellt werden. Mehr noch: Durch den offen formulierten Anspruch auch auf Deutsche chinesischer Herkunft und durch die Verbreitung offizieller politischer Standpunkte exportiert die KPCh gezielt rassisches und illiberales Gedankengut nach Deutsch­land, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.

Aus deutscher Sicht sollte darauf gedrängt werden, dass China die politische Unabhängigkeit auslandschinesischer Medien und Verbände in Deutschland genauso respektiert wie die Heterogenität der »Dia­spora« – und sie nicht als vermeintliche Verfügungs­masse der KPCh missbraucht. Zugleich dürfen china­stämmige Menschen von deutscher Seite keinem Generalverdacht ausgesetzt und als »fünfte Kolonne« Pekings missverstanden werden – auch wenn Peking diese Narrative gezielt nach Europa exportiert. Das Gros der heterogenen Gruppe chinesischer Migranten arbeitet nicht mit dem chinesischen Staat zusammen und lässt sich mit den häufig simplen Zugehörigkeitsmustern der chinesischen Diasporapolitik nicht gewinnen; einige Gruppierungen bekämpfen ihn gar. Diejenigen wiederum, die Kontakte zum chinesischen Staat suchen, tun dies teils aus Motiven, die mit denen Pekings nicht im Einklang stehen. Trotzdem: Vor dem Hintergrund des zunehmenden diaspora­politischen Engagements Chinas sollten Akteure in Deutschland, darunter etwa das Auswärtige Amt mit seinen »Bürgerdialogen«, selbst beginnen, stärker Präsenz unter Verbänden chinastämmiger Menschen in Deutschland zu zeigen – nicht zuletzt, um damit die Brückenfunktion zwischen China und Deutschland, die viele chinastämmige Menschen dank ihrer transnationalen Verbindungen einnehmen können, selbst aktiv und im Sinne Deutschlands zu fördern.

Einleitung

Nach wie vor ist die Frage nach dem Ausgangspunkt des Corona-Virus unbeantwortet. Längst ist sie ein Politikum – spätestens seit Peking im November 2020 Strafzölle gegen Australien verhängte, nachdem das Land eine unabhängige Untersuchung zur Ur­sprungsfrage gefordert hatte. Auf kuriose Weise bekam auch Deutschland Chinas Einfluss in dieser Frage zu spüren. Im Juni 2020 veröffentlichte der Hamburger Carlsen Verlag das Kinderbuch Ein Corona-Regenbogen für Anna und Moritz, in dem sich der Satz fand: »Das Virus kommt aus China und hat sich von dort aus auf der ganzen Welt ausgebreitet.« Aus Sicht Pekings eine Provokation: Im März vergangenen Jahres warfen Chinas Staatsmedien dem Verlag Ras­sis­mus vor. Mehr noch: Laut der offiziellen, KPCh‑nahen Website German.china.org.cn forderte »die chinesische Gemeinde [in Deutschland] einen Rückruf des Buches«.1 Zeit­gleich veröffentlichte das chinesische Generalkonsulat in Hamburg eine ähnliche Stellungnahme – und just einen Tag später reagierte auch die »chine­sische Bevölkerung« in Deutschland. Binnen weniger Stun­den tauchten auf Amazon bei­nahe 40 Negativ­rezen­sionen auf, in denen der Verlag unisono des »Rassismus« bezichtigt wurde. Die Reaktion des Carlsen Verlags? Er gab dem Druck nach und zog das Buch zurück; es wird seither ohne den Satz zum Ursprung des Virus verkauft.2

Die Diasporapolitik Chinas ist auch ein Spiegel seiner neuen Außenpolitik.

Auch wenn über die Hintergründe wenig bekannt ist, ist das koordinierte Auftreten der »chinesischen Bevöl­kerung« in Deutschland, der chinesischen Staats­medien und des chinesischen Generalkonsulats gegen ein Buch, das zum Zeitpunkt dieser offenkundig orchestrierten Empörung schon seit neun Monaten auf dem Markt war, doch bemerkenswert. Der Vorfall ist symptomatisch für eine Politik, die unter Xi Jin­ping neue Ausmaße angenommen hat: des Versuchs der Diskurssteuerung im Ausland. Diese Politik ist wiederum Teil des von Peking seit einigen Jahren de­klarierten Ziels, »zurück ins Zentrum der Weltbühne« (zoujin shijie wutai zhongyang) zu treten. In Xis Amtszeit durchlief Chinas Außenpolitik einen strukturellen und konzeptionellen Wandel: Strukturell ist eine Zentralisierung der Entscheidungsfindung zu erken­nen, konzeptionell die Abkehr von der alten außen­politischen Zurückhaltung. China verfolgt heute aktiv die Umgestaltung der internationalen Ordnung, in dem Bestreben, ein für Chinas Aufstieg günstiges Umfeld zu schaffen. Eine Folge hiervon ist auch ein zunehmend lautes und teils aggressives Auftreten des Landes auf diplomatischer, wirtschaft­licher und militärischer Ebene. Die geschätzten 60 Millionen Menschen chinesischer Herkunft, die außerhalb Chinas leben, werden von Xi Jinping als zentrale »Kraft« für diese Ambitionen Chinas gesehen. Stärker noch als in den Jahren zuvor versucht die KPCh heute, Einfluss auf »ihre Diaspora« auszuüben, um sie für eigene Zielsetzungen nutzbar zu machen. Ging es der Diasporapolitik lange um den Zugriff auf wirtschaft­liche und wissenschaftliche Ressourcen im Rahmen der Reformpolitik, ist sie unter Xi Jinping darüber hinaus Teil der chinesischen »Diskursmacht«-Ambi­tio­nen geworden. Die Diasporapolitik ist damit mehr denn je auch ein Spiegel der neuen Außen­politik.

Trotzdem: In Deutschland wird das Thema bislang wenig beachtet.3 Das hängt unter anderem mit der noch jungen Geschichte chinesischer Migration nach Deutschland zusammen: Zwar kamen die ersten chine­sischen Einwanderer bereits Mitte des 19. Jahr­hunderts nach Deutschland. Doch blieben die Ein­wanderungszahlen insgesamt lange niedrig und beliefen sich bis Mitte der 1930er Jahre auf nur etwa 1.800 Personen; im Zuge des Zweiten Weltkriegs mussten beinahe alle von ihnen das Land wieder verlassen (und wurden teils deportiert). Auch nach dem Krieg stiegen die Zahlen nur langsam; erst in den letzten beiden Jahrzehnten nahm die Einwanderung an Rasanz zu. Gegenwärtig leben 215.000 Menschen mit chinesischem Migrationshintergrund im Land, 164.000 von ihnen mit eigener Migrationserfahrung.4 Etwa 145.000 haben die chinesische Staatsbürgerschaft. Waren die meisten Chinesen bis in die 1970er Jahre in der Gastronomie tätig, so kamen mit der Reform- und Öffnungspolitik in den 1980er Jahren erstmals auch Geschäftsleute und Studierende nach Deutschland; insbesondere die letzte Gruppe macht heute mit 43.500 Personen einen beträchtlichen Anteil der chinesischen Staatsbürger im Land aus.

Während die Auseinandersetzung mit Chinas Diasporapolitik auch in der internationalen China­forschung lange eine Randerscheinung war,5 schen­ken ihr in jüngerer Zeit politische Denkfabriken in einzelnen Ländern vermehrt Beachtung (z. B. in Tschechien,6 Australien7 und Schweden8); vor allem in den USA, in Australien oder Kanada ist Chinas Diasporapolitik zugleich in den Fokus der Politik gerückt. Chinas Vorgehen in diesen Staaten zeigt: Die politische Einflussnahme auf die »Diaspora« wird auch in Deutschland ausgebaut werden. Für die deutsche Politik ist es wichtig, dieses Politikfeld, seine Akteure, die damit verknüpften Zielsetzungen und Wirkungen wahrzunehmen, einzuordnen und da, wo nötig, stra­tegische Antworten darauf zu finden – nicht nur, weil Peking die Diasporapolitik als Grundpfeiler eige­ner außen- und außenwirtschaftspolitischer Ambitio­nen begreift, sondern auch, weil diese Ambitionen deutsche Interessen und Grundwerte sowie Fragen des internationalen Rechts berühren können.

Die Studie skizziert an exemplarischen Fällen Chinas Diasporapolitik und die Versuche Pekings, den eigenen Einfluss mit Hilfe von »Auslandschinesen in Deutschland«9 auszuweiten. Damit soll der Blick auf die chinesische Außenpolitik durch die Linse der Diasporapolitik erweitert und zugleich veranschaulicht werden, wie breit das Spektrum an Akteuren inzwischen ist, die Chinas Außen- und Außenwirtschaftspolitik prägen.

Die Studie basiert auf der Auswertung auslandschinesischer Medien, chinesischer Staatsmedien, politischer Reden, chinesischer Kaderlehrbücher, chinesischer Studien sowie behördlicher Bekannt­machungen aus China. Im ersten Teil der Studie werden die chinesische Diasporapolitik und die ihr zugrundeliegenden Diskurse, Zielsetzungen, Insti­tutionen und Methoden dargestellt. Im zweiten Teil rücken die Migranten als Zielgruppe der Diaspora­politik in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es wird analysiert, inwiefern die angestrebte Vereinnahmung gelingt – und wo sie an ihre Grenzen stößt. Ab­schließend werden die mit der chinesischen Diaspora­politik einhergehenden Risiken für Deutschland und Handlungsempfehlungen für politische Entscheidungs­träger skizziert.

Inhalte der chinesischen Diasporapolitik

Chinas offizieller Diskurs: Wer gehört zur »chinesischen Diaspora«?

Um Pekings diasporapolitische Ambitionen zu ver­stehen, muss man die Leitgedanken der chinesischen Regierung, die diesen zugrunde liegen, erfassen und die damit einhergehenden Diskurse beleuchten. China erkennt keine doppelte Staatsbürgerschaft an; in der Konsequenz sind geschätzte 80 Prozent aller Auslandschinesen Angehörige anderer Staaten. Trotz­dem zählt Peking sie zur »chinesischen Nation«: Der politisch gängigste chinesische Begriff für Auslands­chinesen (huaqiaohuaren) umfasst sowohl chinesische Staatsbürger im Ausland (huaqiao) als auch chinastämmige Menschen mit nicht-chinesischer Staatsbürgerschaft (huaren). Xi Jinping bezeichnet sie alle »als Mitglieder der großen chinesischen Familie«, die »ihr Heimatland China niemals vergessen« und »niemals das Blut der chinesischen Nation in ihren Körpern verleugnen« würden.10 Das heißt: Peking definiert die Zugehörigkeit zur chinesischen Nation nicht juristisch, sondern in erster Linie ethnisch und rassisch; entsprechend werden alle Auslandschinesen als Teil der Volksrepublik China betrachtet – egal, welchen Pass sie besitzen und seit wie vielen Genera­tionen ihre Familien im Ausland leben. Im Einklang damit richtet sich die chinesische Diasporapolitik, so ein Kaderlehrbuch, nicht nur an »chinesische Staats­bürger im Ausland, sondern auch an ethnische Chinesen mit ausländischer Staatsbürgerschaft«.11

Konsequenterweise verbreiten auch die chinesischen Konsulate in Deutschland auf Blutverwandtschaft und Abstammung fußende Vorstellungen von Zugehörigkeit. Bei einem Empfang zum Neujahrsfest in Düsseldorf behauptete der Generalkonsul im Januar 2018 vor 300 versammelten Auslandschinesen, sie seien, »egal, wie sich Pass und Personalausweis ver­ändert haben«, weiter »Mitglieder der großen chine­sischen Familie«.12 Ein Jahr zuvor hatte er er­klärt, dass Auslandschinesen »ihre Heimat ebenso wenig vergessen wie das Blut des chinesischen Volkes, das in ihren Adern fließt«. Deutschland wiederum bezeichnete er als »Ausland« für chinastämmige Menschen.13 Deutsche chinesischer Herkunft – so die Botschaft des chinesischen Staates – sind Chinesen, keine Deutschen. Das juristische Kriterium der Staats­bürgerschaft wird von China nicht anerkannt; statt­dessen gelten »Abstammung« und »Rasse« als zentrale Zugehörigkeitsmarker, wenn es um die Zuordnung von Menschen chinesischer Herkunft in Deutschland geht.

Warum Diasporapolitik? Chinas Interessen und Ziele

Die Diasporapolitik ist seit jeher aufs Engste mit der chinesischen Reformpolitik verknüpft; die Vereinnahmung von Auslandschinesen ist seit den späten 1970er Jahren wesentlicher Teil des chinesischen Modernisierungsprozesses. Mit Blick auf die Zahlen ist das wenig verwunderlich: Das Büro für auslandschinesische Angelegenheiten (Overseas Chinese Affairs Office, OCAO) im chinesischen Staatsrat geht, wie erwähnt, von 60 Millionen chinastämmigen Menschen weltweit aus; etwa zehn Millionen sollen China nach Beginn der Reformpolitik im Jahre 1978 verlassen haben.14 Für das offizielle China waren und sind sie ein »Glücksfall« (Deng Xiaoping), eine »Schatz­kammer« (Jiang Zemin) und eine »wichtige Kraft« (Hu Jintao), die in das chinesische Modernisierungsprojekt inte­griert werden sollte. Die Ziele, die Peking mit der Diasporapolitik verbindet, haben sich dabei im Zuge der Ausweitung der Reform- und Öffnungspolitik und der damit verbundenen Ambi­tionen ebenfalls suk­zessive erweitert. Heute erstrecken sich Chinas kon­krete Interessen auf drei Felder.

Wirtschaftliche Hilfe

Peking erhofft sich erstens Hilfe für den »Wirtschaftsaufbau«. Hier liegt der ursprüngliche Kern der Dia­sporapolitik, die in den späten 1970er Jahren ein­geleitet wurde: Mit Beginn der Wirtschaftsreformen gerieten auch die bis dato als »kapitalistische Spione« diffamierten Auslandschinesen in den Blick der chine­sischen Politik. Insbesondere bemühte sich Peking, die wohlhabenden Auslandschinesen in Süd­ostasien zu umgarnen; die ersten Sonderwirtschaftszonen wurden dementsprechend in chinesischen Auswandererregionen angesiedelt, um auf auslands­chinesisches Kapital zugreifen zu können. Ging es Peking dabei zunächst vor allem um Rücküberweisungen, verlegte sich der Fokus in den 1980er Jahren bald auf auslandschinesische Direktinvestitionen und den Import von Managementwissen. Heute schätzt die Pekinger Denkfabrik Center for China and Globa­lization das Kapital der »Diaspora« auf 5 Billionen US-Dollar, womit sie die »drittgrößte Wirt­schaftsmacht der Welt« wäre.15 Zugleich verspricht sich Peking Unterstützung für chinesische Unternehmen im Aus­land16 und für die Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen China und anderen Staa­ten.17 Seit dem Machtantritt Xi Jinpings wird die Diasporapolitik explizit mit der Realisierung der Neuen Seidenstraße (Belt and Road Initiative, BRI) verknüpft.18 Hier wird von Auslandschinesen ins­besondere erwartet, dass sie chinesische Unternehmen dabei unterstützen, im Ausland aktiv zu werden.

Technologietransfer

Zweitens geht es Peking mit seiner Diasporapolitik um den Zugriff auf moderne Technologie, auf moder­nes Know-how und auf »Talente« (rencai). Vor allem seit Beginn des 21. Jahrhunderts forciert Peking den Übergang hin zu einem von technologischer Innova­tion geleiteten Wirtschaftsmodell, mit dem es gelin­gen soll, ein nachhal­tiges Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten.19 Auch die Diasporapolitik wurde seit der Amtszeit Hu Jintaos an diese neuen politischen Ambitionen angeglichen und ist seither unmittelbar von diesen Zielsetzungen geprägt. Vier Millionen Auslandschinesen sollen heute als Führungskräfte in Sektoren wie Wissenschaft und Hochtechnologie tätig sein; fast 1,5 Millionen studieren im Ausland. Ent­sprechend bemüht sich Peking heute verstärkt um den Zuzug von Fachkräften und den Import von modernen Technologien mit Hilfe dieses Teils der »Diaspora«. Zielte die Diasporapolitik zunächst darauf, chinesische Studierende und Forscher wieder nach China zu locken, wurde die Strategie unter Xi Jinping angepasst, zu einem Zeitpunkt, als deutlich geworden war, dass die Mehrheit von ihnen nicht nach China zurückkehrte. Im Oktober 2013 forderte Xi Jinping in diesem Sinne von Chinas Auslandsstudierenden: »Kommt ihr nach Hause, heißen wir euch mit offenen Armen willkommen. Bleibt ihr im Ausland, helfen wir euch dabei, dem Land auf unterschiedlichsten Wegen zu dienen. Eines müsst ihr fest im Kopf behalten: Egal, wo ihr seid, ihr bleibt die Söhne und Töchter Chinas.«20

»Geschichten über China gut erzählen«

Im Jahre 2011 wurde »öffentliche Diplomatie« erst­mals als neue Kernaufgabe der Diasporapolitik definiert.21 Nach Xi Jinpings Machtantritt erhielt diese konzeptionelle Neuausrichtung der Diasporapolitik mehr Gewicht. Wurden in den beiden vorher genann­ten Bereichen unter Xi Jinping lediglich Anpassungen vorgenommen, lässt sich hier der deutlichste inhalt­liche Wandel in diesem Politikfeld ausmachen. Heute geht es in der Diasporapolitik auch darum, die »Dis­kurshoheit« des Westens zu durchbrechen, das Image Chinas zu verbessern sowie chinesische »Kerninteressen« und »die Einheit Chinas« zu schützen.22 Neu sind diese politischen Ziele nicht; neu ist unter Xi Jinping aber, dass chinesische Diskurspositionen mit Hilfe der Auslandschinesen auch jenseits offizieller Kanäle in westlichen Öffentlichkeiten verbreitet werden sollen.

Die KPCh sieht sich in einem »ideologischen Kampf« um »Diskursmacht«.

Unter Xi sieht sich die KPCh in einem »ideologischen Kampf« um »Diskursmacht«, in dem »feindliche westliche Kräfte« die Gegner sind.23 Xi Jinping selbst forderte im Juni 2021 im Politbüro, China müsse »ein günstiges internationales Umfeld von öffentlicher Meinung für Chinas Entwicklung« schaffen und die eigene Diskursmacht ausbauen. Daher sei es wichtig, die Auslandspropaganda auszuweiten und den »Kampf um die öffentliche Meinung« zu gewinnen. In diesem Sinne gehe es darum, »Geschichten über China gut zu erzählen«.24 Dieser Leitsatz ist inzwischen ins Zen­trum der Diasporapolitik gerückt; Xi Jinping forderte ent­sprechend, Auslandschinesen müssten »der Stimme Chinas Gehör verschaffen«.25

Die drei Punkte machen deutlich, dass der Diaspora­politik im chinesischen Modernisierungsprojekt höchste Bedeutung beigemessen wird. Unter Xi Jin­ping hat diese Politik einen weiteren Bedeutungs­zuwachs erfahren. Im Oktober 2014 betonte Xi, dass Auslandschinesen eine »unersetzliche Rolle« für Chinas Aufstieg bis Mitte des Jahrhunderts zukomme.26 Anders als seine Amtsvorgänger hat der der­zeitige Partei- und Staatschef daher die »Diaspora« explizit in den Leitslogan seiner Regierungszeit inte­griert: »Chinesischer Traum«. Für dessen Verwirk­lichung stellten die Auslandschinesen eine »kostbare Ressource« dar. Das heißt auch: Hatte die Diaspora­politik in den ersten Jahrzehnten nach 1978 eine vornehmlich wirtschaftliche Stoßrichtung, erhielt sie unter Xi Jinping einen stärker politischen Akzent; sie wurde im vergangenen Jahrzehnt zu einem immer wichtigeren Bestandteil der internationalen Einflussarbeit Chinas.

Neustrukturierung des diasporapoliti­schen Behördenapparats unter Xi Jinping

Die konzeptionellen Veränderungen unter Xi Jinping finden auch strukturell-organisatorisch ihren Nieder­schlag. Die Ursprünge des politischen Apparats, der mit der Ausarbeitung und Implementierung der Auslandschinesen-Politik betraut ist, gehen auf die späten 1970er Jahre zurück. Die beiden wichtigsten Behörden waren lange das OCAO im chinesischen Staatsrat (dessen Rolle mit der des Kabinetts in Deutschland vergleichbar ist) und die All-China Federation of Returned Overseas Chinese (ACFROC), die der Politischen Konsultativkonferenz des Chine­sischen Volkes zugeordnet ist, einem Organ, das Nicht-KPCh-Mitgliedern Mitwirkungsmöglichkeiten an der politischen Meinungsbildung in China bieten soll. Beide Behörden waren für den Aufbau direkter Verbindungen zu auslandschinesischen Organisationen weltweit zuständig, um auf diese Weise Kooperationen zwischen China und der »Diaspora« forcieren zu können.27 Daneben sind sie in der Politikberatung und praxisbezogenen Forschung tätig. Das OCAO unterhält eigene Forschungseinrichtungen (Qiaowu lilunyanjiu) in unterschiedlichen Provinzen und ist eng mit der universitären Forschung in China verknüpft. Unter Mitwirkung des OCAO erscheint jährlich der Annual Report on Overseas Chinese Study, der Analysen zu auslandschinesischen Communities weltweit und Empfehlungen zur Diasporapolitik versammelt. Seit den 1990er Jahren ist dieser Apparat sukzessive auf ein Dutzend weitere Einrichtungen angewachsen, die sich ebenfalls um die institutionelle Anbindung von Überseechinesen an China und die Ausarbeitung diasporapolitischer Richtlinien bemühen, darunter die China Overseas Exchange Association (Zhongguo haiwai jiaoliu xiehui) oder die Zhigong-Partei.28

Unter Xi Jinping wurde der Diasporaapparat grundlegend umstrukturiert.

Unter Xi Jinping erfolgte dann eine grundlegende Umstrukturierung dieses Diasporaapparats; diese steht in direktem Zusammenhang zum beschriebenen neuen konzeptionellen Fokus auf den Kampf um Diskursmacht. 2018 wurde das OCAO in die Einheitsfrontabteilung (EFA) der KPCh eingegliedert. Diese Restrukturierung ist zugleich Teil umfassender Ver­änderungen der EFA, die unter Xi einflussreicher denn je geworden ist. Die EFA untersteht dem Zentral­komitee der KPCh und dient dem Aufbau von Bezie­hungen zu Akteuren außerhalb der Partei (im In- und Ausland), um sich deren Unterstützung für die Partei­agenden zu sichern.29 Xi Jinping erklärte die Einheits­frontarbeit im Jahre 2015 zur »Zauberwaffe« auf dem Weg zur Realisierung des Chinesischen Traums. Unter seiner Führung wuchs die Abteilung von ursprünglich sechs auf heute 15 Büros an. Zwei der neuen Büros sind für die Diasporapolitik zuständig: das Over­seas Chinese Affairs General Bureau und das Overseas Chinese Affairs Bureau; sie haben die Auf­gaben des OCAO übernommen (dessen Name aller­dings bis heute teilweise noch in der Kommunikation mit Chinastämmigen genutzt wird). Daneben sind auch andere Büros in die Aufgaben der Diasporapolitik involviert – etwa das neu eingerichtete Xinjiang-Büro. Die Umstrukturierung bezweckt zum einen ein höheres Maß an Koordination und Zentralisierung der Diasporapolitik unter direkter Führung der Partei (und nicht mehr des Staates), zum anderen soll von ihr eine Intensivierung der Verbindungen zwischen Peking und der »Diaspora« ausgehen.30

All das ist Ausdruck einer wachsenden strategischen Bedeutung der Diasporapolitik, die hier eine institutionelle Aufwertung erfährt. Zu den Kern­elementen der Einheitsfrontarbeit unter Xi Jinping zählen der »Schutz chinesischer Kerninteressen«, die »Verbreitung der chinesischen Kultur« und die »Wah­rung und Förderung der Einheit Chinas« vor allem in Bezug auf Taiwan und Hongkong.31 Die Diaspora­politik ist heute unmittelbar diesen Interessen unter­geordnet.

Einbindungspraktiken: Die Strukturen und Instrumente in Deutschland

Ziel des chinesischen Diasporaapparats ist es, die direkte Einflussnahme Chinas in auslandschinesischen Communities sicherzustellen, Identitätspolitik zu betreiben und linientreues Verhalten zu garantieren.32 Daher versucht die Volksrepublik, auslands­chinesische Organisationen bzw. die Vorsitzenden solcher Verbände – die im Chinesischen als »aus­lands­chinesische Führer« (qiaoling) bezeichnet wer­den – institutionell eng an den chinesischen Staat anzubinden; dabei wird angenommen, dass »auslandschinesische Führer einen immensen Einfluss auf andere Auslandschinesen haben« und entsprechend als Unterstützer gewonnen werden müssen.33 Trotz der teilweisen inhaltlichen und organisatorischen Neuerungen unter Xi Jinping hat sich dabei an den Methoden der Diasporapolitik wenig geändert: Die Versuche, Chinastämmige in Deutschland näher an den chinesischen Staat heranzuführen, ähneln denen, die sich in anderen Ländern bereits seit den 1990er Jahren bewährt haben. In vier Feldern wird das deutlich; diese zu verstehen ist von Bedeutung, um Bewegungsspielräume chinesischer Akteure in Deutschlands adäquat erfassen zu können.

Bereich 1:
Gründung auslandschinesischer Verbände

Ein Element der chinesischen Diasporapolitik ist die von China aus begleitete Etablierung auslandschinesischer Organisationen zu dem Zweck, über direkte Kommunikationskanäle zu den Communities welt­weit zu verfügen. Auch in Deutschland wurden zahl­reiche Vereine chinastämmiger Menschen bei ihrer Gründung von chinesischen Behörden flankiert oder angeleitet. Mit dieser Politik wurde bereits vor Xi Jin­ping begonnen, sie wurde unter ihm aber weiter forciert. In Kooperation mit chinesischen Behörden wurden in Deutschland unter anderem Verbände ins Leben gerufen, die sich in ihren Zielsetzungen an politischen Leitlinien Chinas orientieren; darunter fallen der Verband zur Förderung der friedlichen Einheit Chinas (im Jahre 2001, Deguo huaqiaohuaren zhongguo heping tongyi cujinhui), der Verein für öffent­liche Diplomatie der Chinesen in Deutschland (2013, Deguo huaqiaohuaren gonggongwaijiao xiehui) – der die deut­sche Gesellschaft »positiv anleiten« will, das »demokratische und offene«34 China zu sehen – oder der Verein zur Förderung des Seidenstraßen-Handels in Deutschland (2018, Deguo zhongde yidaiyilumaoyi cujinhui). Daneben gibt es zahlreiche landsmannschaftliche Organisationen – etwa der Chinesen aus Hubei (2017, Deguo hubei shetuan lianhehui)35 – und diverse Berufsvereinigungen, zum Beispiel für chine­sische Gastronomen (2015, Deguo zhongcanpengren lianhehui).36 Meist waren chinesische Generalkonsulate bei den Gründungszeremonien anwesend. Einrich­tungen wie das OCAO oder die ACFROC waren ent­weder ebenfalls zugegen oder schickten Glückwunsch­schreiben, die auf diesen Feiern verlesen wurden. Teilweise erfolgt die Gründung auch unter direkter Anleitung der ACFROC. Diese auslandschinesischen Organisationen bzw. ihre Vorsitzenden treten in chinesischen Com­munities in Deutschland immer wieder offen als Unterstützer der KPCh auf und for­dern diese Rolle auch von anderen Chinastämmigen in Deutschland ein.

Bereich 2:
Die Rolle der Botschaft und der Konsulate

Eine Schlüsselrolle bei der Implementierung der Diasporapolitik kommt der chinesischen Botschaft und den Konsulaten in Frankfurt a. M., Hamburg, Düsseldorf und München zu, die enge Beziehungen zu Diasporaverbänden pflegen. Erstens geschieht dies über Veranstaltungen wie das chinesische Neujahrsfest, die stets auch gezielt dazu genutzt werden, um Identitätspolitik zu betreiben und Auslandschinesen aufzufordern, zur Verwirklichung politischer und wirtschaftlicher Ziele Chinas beizutragen. Im Januar 2018 etwa sprach der Generalkonsul auf einer vom Konsulat in Düsseldorf veranstalteten Feier vor 300 versammelten Auslandschinesen von der »weisen Führung« unter Xi Jinping und vom »einheitlichen Zusammenstehen der Söhne und Töchter Chinas im In- und Ausland«. Man »erwarte«, dass die Auslands­chinesen »für die Verwirklichung des chinesischen Traumes kämpfen«.37 Auch offizielle Leitlinien und Zielsetzungen werden auf diesen Veranstaltungen propagiert. Bei besagter Feier ging es unter anderem um die BRI und den Aufbau chinesischer Diskursmacht; bei einem Neujahrstreffen im Düsseldorfer Konsulat ein Jahr später um die »Verteidigung der territorialen Souveränität und der maritimen Rechte und Interessen Chinas«, den »Schutz der Einheit Chinas« sowie darum, »Geschichten über China gut zu erzählen«.38

Die Auslandschinesen sollen »für die Verwirklichung des chinesischen Traumes kämpfen«.

Teils richten sich Neujahrfeste der Auslandsvertretungen auch an bestimmte Gruppierungen. Auf einer Neujahrsfeier etwa, die chinesische Studierende in Berlin im Januar 2019 organisierten, machte der chinesische Botschafter Shi Mingde seinen Zuhörern deutlich, welche Studierenden sich China wünsche: Sie »bringen ein positives China-Image zur Geltung« und »bringen fortschrittliche Bildungskonzepte sowie Wissenschaft und Technik aus dem Ausland zurück in die Heimat, um den Wirtschaftsaufbau Chinas voranzutreiben«. Er hoffe, dass sich Chinas »Studierende in Deutschland gegenüber den glühenden Er­wartungen von Generalsekretär Xi Jinping und allen Menschen des Vaterlands nicht als unwürdig erwei­sen«.39 Diese Appelle sind eine Reaktion auf die im Jahre 2015 geäußerte Forderung des Partei- und Staatschefs, Auslandsstudierende seien »als wesent­licher Teil unseres Talentpools zum neuen Schwerpunkt der Einheitsfrontarbeit« zu machen.40

Daneben werden zweitens Veranstaltungen zu politisch aktuellen Themen organisiert. Auf einem Symposium zum Südchinesischen Meer im Juli 2016 im Düsseldorfer Konsulat wurde etwa der in Den Haag gefällte Schiedsspruch in dieser Angelegenheit zu­rückgewiesen; die Auslandschinesen, so der Tenor der Konferenz, sollten sich vielmehr für den Schutz der »Souveränität und territorialen Integrität« Chinas ein­setzen.41 Auf einer Veranstaltung zur Taiwan-Frage im Januar 2019 wiederum »studierten« zwanzig »Ver­treter« auslandschinesischer Verbände mit dem Frank­furter Konsulat eine entsprechende Rede Xi Jinpings; auch hier wurden Auslandschinesen aufgerufen, »noch mehr Ausländer zu beeinflussen«.42 Derartige Konferenzen, bei denen in der Regel nur Verbandsvorsitzende anwesend sind, erfolgen meist in Reaktion auf Debatten in der deutschen Öffentlichkeit, deren Grundtendenz den »Kerninteressen« von Chinas Staats- und Parteiführung zuwiderläuft.

Zum Dritten gehören Feiern zur Verabschiedung und Begrüßung von Botschaftspersonal in diesen Kon­text; sie werden regelmäßig bei Führungswechseln der Behörde veranstaltet. Im März 2019 appellierte der scheidende Botschafter Shi Mingde vor 71 in Berlin versammelten Vereinsvertretern an das »histo­rische Missionsgefühl und nationale Ehrgefühl« auch der chinastämmigen Deutschen und forderte sie auf, für »die Einheit des Heimatlands und das deutsch-chinesische Verhältnis« zu arbeiten.43

Bereich 3: »Hinausgehen« und »Einladen«

Auch jenseits der Auslandsvertretungen versucht der chinesische Parteistaat, Präsenz im Ausland zu zeigen und institutionelle Beziehungen zwischen den Dia­sporabehörden und Verbänden weltweit zu knüpfen.44 In Deutschland ist das in den vergangenen Jahren zunehmend spürbar.

Eine Reihe chinesischer Institutionen, die Teil der Einheitsfront sind, war in den vergangenen Jahren in Deutsch­land aktiv.

Einerseits zeigt sich dies in der regelmäßigen Ent­sendung von Delegationen des OCAO, der ACFROC und anderer Behörden nach Deutschland. Das OCAO beispielsweise lud im Februar 2017 im Düsseldorfer Konsulat zu einem Symposium, auf dem Vertreter des Vereins der Fujian-Chinesen in Deutschland (Deguo fujian tongxiang lianhehui), des Verbands chinesischer Professoren in Deutschland (Deguo huaren jiaoshou lianhehui) und des Verbands der Auslandschinesen in Deutschland (Quande huaqiaohuaren lianhezonghui) an­wesend waren.45 Im Oktober des gleichen Jahres traf eine AFROC-Delegation in Berlin mit Vertretern von acht Organisationen deutscher Auslandschinesen zusammen – darunter der Verband zur Förderung der friedlichen Einheit Chinas.46 Daneben war in den vergangenen Jahren eine Reihe anderer chinesischer Institutionen, die Teil der Einheitsfront sind, vor Ort in Deutschland aktiv. Einige Beispiele:

Die Internationale Verbindungsabteilung des Zentralkomitees der KPCh (Zhonggong zhongyan duiwai lianluobu), die auf die Beeinflussung von Akteuren außerhalb Chinas hinarbeitet, traf im Dezember 2019 an unterschiedlichen Stationen in Deutschland mit Vertretern diverser Verbände zusammen, um, neben anderem, Fragen der wirtschaftlichen Zusammen­arbeit zu besprechen.47

Die China Overseas Friendship Association (Zhonghua haiwai lianyihui), eine Massenorganisation aus China, die sich um die Kooperation mit Auslandschinesen bemüht, besuchte im Oktober 2018 Deutschland und traf mit Verbänden wie dem German-Chinese Business Verein [sic!] (Deguo zhonghua zongshanghui) zusammen. Die Friendship Association formulierte dabei die »Er­wartung«, dass Auslandschinesen die deutsch-chine­sische Zusammenarbeit und Freundschaft fördern, als »inoffizielle Botschafter agieren« und sich »an Chinas Aufbau und Entwicklung beteiligen«.48

Die Zhigong-Partei, eine der acht sogenannten Blockparteien in China, die für sich in Anspruch nimmt, das Sprachrohr der Auslandschinesen zu sein, bereiste Deutschland im Juni 2016 und traf unter anderem mit der Chinese Enterprise Association in NRW (Beiweizhou zhongcan qiye xiehui) zusammen, um über die BRI und Chinas »nationale Going out-Strate­gie« zu sprechen, mit der Peking seit 1999 chinesische Unternehmen dabei unterstützt, im Ausland zu in­vestieren und Märkte zu erschließen.49

Umgekehrt gehören regelmäßige China-Reisen zum Profil vieler auslandschinesischer Vereine. Häufig treten das OCAO, die ACFROC und inzwischen die EFA als einladende Behörden auf; auch der China Council for the Promotion of Peaceful National Reunification spielt eine Rolle.50 Inhaltlich wird bei solchen Zusammenkünften meist der gleiche Ton gesetzt wie bei den beschriebenen Treffen auf deut­schem Boden.

Daneben werden Auslandschinesen immer wieder als nicht-stimmberechtigte Delegierte zur Politischen Konsultativkonferenz nach Peking eingeladen. Auf der Konferenz im März 2019 war aus Deutschland unter anderem der Vorsitzende des Vereins der Qing­tian-Chinesen in Deutschland (Deguo qingtian tong­xianghui)51 anwesend. Mit einer solchen Teilnahme ist keine politische Mitbestimmung verbunden. Ein­ladungen an Überseechinesen haben daher vor allem eine symbolische Funktion: Sie dienen dazu, die Nähe zwischen Staat und »Diaspora« zu demonstrieren.

Politische Einbindung erfolgt noch auf eine andere Weise: Die ACFROC hat ein sogenanntes Übersee­chinesenkomitee eingerichtet, in das Auslands­chinesen als »Berater« aufgenommen werden. Auch aus Deutschland sind einige Chinastämmige in dieser Rolle aktiv, darunter der Leiter des Vereins für öffent­liche Diplomatie.52 Obwohl diese Funktionen eben­falls eine symbolische Komponente haben, können sie genutzt werden, um politische Vorschläge zu unter­breiten. Meist dringt aber nicht nach außen, wie Auslandschinesen ihren »Beraterposten« konkret aus­füllen.

Einladungen nach China werden außerdem regelmäßig anlässlich größerer und kleinerer Konferenzen chinesischer Behörden ausgesprochen. Vertreter des Deutschen Zhejiang Unternehmen Vereins [sic!] (Deguo zhejiang zongshanghui) nahmen beispielsweise im Juli 2019 mit sechzig anderen Auslandschinesen aus 28 Ländern an der jährlich stattfindenden »Studienklasse für auslandschinesische Führer« (Haiwai qiaoling yan­xiuhui) der ACFROC in Nanjing teil; auch hier wurden die Gäste dazu angehalten, die BRI zu unterstützen, »Chinas Stimme gut zu verbreiten und ein gutes internationales Umfeld für Chinas Entwicklung zu kreieren«.53 Zu den jährlich abgehaltenen Großveranstaltungen gehört die vom OCAO organisierte Kon­ferenz der chinesischen Geschäftsleute in Übersee (Shiejie huaqiaohuaren gongshang dahui), bei deren zweiter Jahrestagung im Juni 2016 Chinas Ministerpräsident Li Keqiang 600 Gäste aus 105 Ländern – darunter Deutschland – begrüßte.54

Daneben werden themenspezifisch Ad-hoc-Meetings zu bestimmten Brennpunktthemen veranstaltet. Deut­sche Auslandschinesen nahmen etwa im Sep­tember 2021 an einer Online-Konferenz zum Thema Xinjiang teil, die die Xinjiang Overseas Friendship Association (Xinjiang haiwai lianyihui) organisiert hatte; die Teilnehmer wurden auf offizielle Narrative Chinas eingeschworen und zugleich vor »anti-chinesischen Kräften im Westen« gewarnt, die nicht glaubten, dass »Menschen in Xinjiang ein wunderschönes Leben haben«.55

Zwar hat Xi Jinping den Leitsatz ausgegeben, chine­sische Auslandsstudierende könnten auch »vom Aus­land aus […] China dienen«;56 zugleich aber hat der Staat rechtlich günstige Voraussetzungen für die Rückkehr insbesondere von Forschern geschaffen. Im Januar 2018 verabschiedete China entsprechende Visa-Regelungen: Ethnische Chinesen mit auslän­discher Staatsbürgerschaft können seit Februar 2018 ein Visum beantragen, das über einen Zeitraum von fünf Jahren Mehrfacheinreisen ermöglicht. China erhofft sich dadurch vor allem, junge Talente »mit innovativem und unternehmerischem Geist« an­locken zu können.57 Seitdem es Regelungen wie diese erlassen hat, behandelt China chinastämmige und nicht-china­stämmige Ausländer auch juristisch nicht mehr gleich. Mit sogenannten Pionier-Parks sollen ebenfalls auslandschinesische Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft für China angeworben werden. Zu den gesetzlich fixierten Vergünstigungen gehört zudem die Unterstützung für Angehörige von Heim­kehrern. Kindern wird der Zugang zum Bildungs­system erleichtert, Ehepartnern der in den Arbeitsmarkt. Auch steuerliche Vorteile sind vorgesehen,58 außerdem Maßnahmen zur Vereinfachung von Leistungsanerkennungen, Bevorzugungen bei Einfuhrzöllen oder Start-up-Finanzierungshilfen.59

Bereich 4:
Kontrolle chinesischsprachiger Medien

Chinas Präsenz im Ausland zeigt sich daneben in dem Bemühen, »Verbindungskanäle zwischen auslandschinesischen Medien und chinesischen Behörden aufzubauen«,60 um chinesischsprachige Diskurse im Ausland steuern zu können und eine Diskursbasis zu schaffen, von der aus Auslandschinesen Debatten vor Ort beeinflussen sollen. Die meisten chinesisch­sprachigen Presseerzeugnisse und Onlinemedien in Deutschland stehen heute in Kontakt zum chinesischen Diasporaapparat. Dies geschieht, erstens, über Zusammenkünfte in Deutschland. Bei einem Treffen im chinesischen Konsulat in Frankfurt a. M. im Januar 2016 waren 16 chinesische und auslands­chinesische Medienschaffende anwesend – darunter Vertreter der chinesischsprachigen, von Chinastämmigen betriebenen Print- und Onlinemedien Nou­velles d’Europe (Ouzhoushibao), Europe Times (Ouzhouxinbao), Chinesische Handelszeitung (Huashangbao) und Kaiyuan.61 Bei ihrem Deutschlandbesuch im Dezember 2017 wiederum brachte die China Overseas Friendship Association vor versammelten Medien­vertretern die Hoffnung zum Ausdruck, dass aus­landschinesische Medien »in der internationalen Gesellschaft Chinas Stimme verbreiten« und »Auslandschinesen die Stimme der Zentralregierung vermitteln«.62

Auslandschinesische Medien sollen „in der internationalen Gesellschaft Chinas Stimme verbreiten“.

Eine zweites Mittel zur Einflussnahme sind Medien­konferenzen, die von festlandschinesischen Institu­tionen organisiert werden und die auslandschinesische Medienschaffende mit Politikern der Volksrepu­blik in China zusammenbringen. Dazu gehört unter anderem das alle zwei Jahre stattfindende Weltforum chinesischsprachiger Medien (Shijie huawen chuanti luntan). Beim zehnten Weltforum im Oktober 2019 waren unter den 427 auslandschinesischen Medienvertretern aus 61 Ländern auch zehn aus Deutschland.63

Drittens arbeiten mittlerweile einige Medien in Deutschland, die ursprünglich unabhängig vom chinesischen Staat gegründet wurden, mit chinesischen Staatsmedien zusammen. Das gilt unter anderem für die Wochenzeitung Nouvelles d’Europe, die als auflagenstärkste Zeitung gilt und inzwischen deutschlandweit gratis in Asia-Supermärkten und China-Restaurants ausliegt. Die Wochenzeitung kooperiert mit der KPCh-Zeitung Xinmin Wanbao aus Shanghai,64 von der sie ihre Inhalte erhält, und ist mit dem chinesischen Konsulat in Düsseldorf ver­bunden.65 Sie hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Organ für politische Propaganda entwickelt. Zwar werden Auslandschinesen in der Zeitung immer wieder aufgefordert, sich in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren; dabei wird aber stets eine prinzipielle Zugehörigkeit zu China unterstellt. Manche der Bot­schaften der Volksrepublik in Europa stilisieren sich in Beiträgen der Zeitung zu Fürsprechern von Men­schen chinesischer Herkunft, um deren Sicherheit man besorgt sei (Ausgabe vom 26.6.2020, S. 6). Die Kooperation mit der Nouvelles d’Europe erlaubt es der KPCh, auf Debatten der deut­schen Öffentlichkeit zu reagieren und Auslands­chinesen im Sinne Pekings zu beeinflussen – immer dann, wenn China eigene Interessen durch öffentliche Diskussionen in Deutsch­land verletzt sieht. In den vergangenen zwei Jahren beherrschten dementsprechend die Themen Xinjiang, Hongkong und der Covid-Krise die Berichterstattung und die Kommentare der Zeitung. Leser bekamen darin ausschließlich eine unkritische Wiedergabe offizieller chinesischer Positionen präsentiert: das Virus stamme nicht aus China (8.5.2020, S. 6), Kritik an China wegen seiner Informationspolitik im Um­gang mit Corona sei »verlogen« oder »purer Unsinn« (22.5.2020, S. 2); stattdessen drückte eine Vertreterin der EFA in der Zeitung ihre Hoffnung aus, dass »Aus­landschinesen die Geschichte von Chinas Kampf gegen Covid gut propagieren und die Geschichte der Systemüberlegenheit des Sozialismus mit chinesischer Besonderheit gut erzählen« würden (29.5.2020, S. 9).

Das Beispiel zeigt, dass die chinesischsprachige Zeitung inzwischen in erster Linie ein Organ der chinesischen Botschaft – und damit der chinesischen Außenpolitik – geworden ist. Ihre auslandschinesischen Leser werden als Angehörige der chinesischen Nation angesprochen; zugleich demonstriert das Blatt seinen Lesern auf symbolische Weise die ständige Prä­senz des chinesischen Staates auch in Deutschland. Eine kritische, von Chinas offiziellen Narrativen ab­weichende Berichterstattung erreicht Auslandschinesen in der Konsequenz auch in Deutschland immer weniger, sofern sie sich auf den Konsum dieser Medien beschränken.

Zwischenfazit

Peking hat in den letzten Jahren mit großem Auf­wand Beziehungen zu Menschen mit chinesischem Migrationshintergrund in Deutschland ausgebaut. Eine Kurzrecherche für diese Studie ergab, dass mindestens 140 Vereine und Medien in Deutschland mit chinesischen Behörden in Kontakt stehen; Didi Kirsten Tatlow kam in einer Studie gar auf 230 Ver­bände.66 Trotzdem ist eine Beurteilung dieser Verbin­dungslinien nicht einfach: Nur einige dieser Vereine scheinen tatsächlich ein Nahverhältnis zum chinesischen Staat zu pflegen – darunter etwa der Verein der Fuzhou-Chinesen in Deutschland. Noch schwieriger ist es, die Relevanz dieser Verbände innerhalb chinesischsprachiger Communites einzuschätzen. Meist liegen keine verlässlichen Mitgliederzahlen vor. Zwar geben einige Vereine Zahlen von mehreren Hundert Personen an. An Versammlungen nehmen allerdings nur selten mehr als ein Dutzend Personen teil. Oft bleibt auch unklar, wie die Mitglieder zu den Verlautbarungen ihrer Vorsitzenden stehen. Zugleich ist diese Vereinsstruktur nicht historisch gewachsen, da viele Gründungen jüngeren Datums sind. Weil Gründungen zudem teils unmittelbar von China aus initiiert wurden, nicht aber durch demokratische Graswurzelprozesse, fehlt es vielen Vereinen an der nötigen Legitimation. Einen oder mehrere anerkannte Dachverbände gibt es nicht.

China versucht in Deutschland auch, offene Opposition zu unterdrücken.

Trotzdem: Die Verbindungskanäle zu auslands­chinesischen Organisationen zielen darauf, Menschen chinesischer Herkunft auf die Linie der KPCh zu bringen, ihre finanziellen, intellektuellen und poli­tischen Ressourcen dem chinesische Modernisierungs­projekt zuzuführen und Assimilation zu ver­hindern. Die zentralen Schlagworte und Narrative der chine­sischen Außenpolitik unter Xi Jinping spielen alle­samt eine wichtige Rolle in der Kommunikation mit Auslandschinesen. Diese Diskursvermittlung hat den Zweck, die Handlungsfähigkeit Pekings im Ausland zu erweitern und Auslandschinesen im Interesse der Volksrepublik zu mobilisieren.

China versucht in Deutschland dabei nicht nur, potentielle Verbündete zur Durchsetzung eigener Interessen zu finden, sondern auch offene Opposition dort, wo sie droht, zu unterdrücken. Dazu gehörte die gezielte Einschüchterung von Hongkong-Chinesen, die während einer Demonstration in Hamburg im August 2019 von regimetreuen Chinesen gefilmt wor­den sind.67 Noch drastischer sind Fälle aus dem Aus­land: Ein chinesischer Student etwa, der an der Uni­versity of Minnesota in den USA studierte, wurde bei einem Chinabesuch im Juli 2019 zu sechs Mona­ten Gefängnis verurteilt, weil er zuvor in den USA kri­tische Tweets über Xi Jinping versendet haben soll.68 Solche Fälle zeigen: Chinesische Staatsbürger im Ausland sind inzwischen in Gefahr, in ihrer Heimat nachträglich für Aktivitäten bestraft zu werden, die in ihrem Aufenthaltsland eigentlich rechtmäßig sind.

Wirkung und Effektivität der Diasporapolitik

Die »Diaspora« als »fünfte Kolonne« Pekings?

Die Bewertung der diasporapolitischen Effektivität fällt ambivalent aus. Will man den Statistiken aus China Glauben schenken und betrachtet man die Diasporapolitik aus einer globalen und zeithistorischen Perspektive, sprechen einige Aspekte durchaus für den Erfolg der Politik. In drei Bereichen wird das deutlich.

Bereich Wirtschaft und Finanzen

Auslandschinesen spielten eine Schlüsselrolle für das Gelingen der chinesischen Modernisierungspolitik seit 1978.69 Ihr gewaltiges Kapital sowie ihr techno­logisches, administratives und unternehmerisches Know-how kam dem Reformprozess immer wieder entscheidend zugute. China gilt beispielsweise als nach Indien weltweit größter Empfänger migrantischer Rücküberweisungen. Laut chinesischen Quellen sollen 2008 rund 47, sechs Jahre später, 2014, gar 64 Milliarden US-Dollar nach China überwiesen worden sein.70 Etwas niedriger schätzt die Weltbank die Zahlen ein; sie errechnete für 2014 knapp 30 Mil­liarden und für das Folgejahr 33 Milliarden US-Dollar. In den beiden Pandemiejahren sind die Überweisungen gesunken, lagen aber nach Berechnungen der Weltbank noch bei jeweils rund 20 Milliarden US-Dol­lar.71 Auch Investitionen fallen massiv aus: Allein bis ins Jahr 2000 – das heißt, bevor China der Welt­handelsorganisation beitrat – betrug das gesamte auslandschinesische Investitionsvolumen etwa 350 Milliarden US-Dollar. Das entspricht bis zu 80 Pro­zent der gesamten ausländischen Direktinvestitionen in dieser Zeitspanne.72 In absoluten Zahlen sind aus­landschinesische Investitionen seither weiter gestie­gen. 2016 sollen sie sich auf 126 Milliarden US-Dollar belaufen haben.73 Das Gros der Investitionen ging lange auf chinastämmige Personen aus Südostasien zurück; heute spielen auch Auslandschinesen aus den USA und Europa eine immer bedeutendere Rolle. Zahlen und Kalkulationen liegen in Bezug auf Deutschland nicht vor; der Beitrag, den chinastämmige Menschen von hier aus leisteten, ist allerdings aufgrund der jungen chinesischen Einwanderungs­geschichte als vergleichsweise gering einzuschätzen.

Auch wirtschaftlich ausgerichtete auslandschinesische Vereine in Deutschland helfen weniger dabei, Investitionen nach China zu bringen, als vielmehr bei der Implementierung der erwähnten »Going out«-Strategie, im Zuge deren Investitionen chinesischer Unternehmen im Ausland gefördert werden sollen. Zum Aufgabenprofil solcher Vereine gehört dabei an erster Stelle ihre Funktion als Anlaufstelle für Kon­zerne aus China, die sich über Deutschland informieren und Geschäftsbeziehungen aufbauen wollen. Viele Ver­eine organisieren in diesem Rahmen Infor­mationsveranstaltungen, zu denen teilweise auch deutsche Wirtschaftsfachleute eingeladen werden; die Technology and Commerce Association of Chinese in Germany (Deguo huaqiaohuaren keji gongshang xiehui) etwa informierte im März 2018 chinesische Industrie- und Handelskammern sowie Firmen über Investitions­möglichkeiten in Deutschland.74 Zudem empfangen solche »Handelskammern« chinesische Wirtschaftsdelegationen in Deutschland; der Chinesische Verein für wirtschaftliche und kulturelle Kommunikation soll zwischen 1999 und 2019 beispielsweise 180 Dele­gationen in Deutschland betreut haben.75 Verbände, in denen Chinastämmige engagiert sind, können überdies im Rahmen von deutsch-chinesischen Städtepartnerschaften von Bedeutung sein; dies gilt etwa für den Verein chinesischer Wissenschaftler und Studierender (meist sind in solchen Verbänden mehr­heitlich indes nicht-chinastämmige Deutsche aktiv).76 Belastbare Daten über die Anzahl erfolgreich in Deutschland eingeführter Unternehmen oder dabei umgesetzter Gewinne liegen allerdings nicht vor.

Zweitens gehört zum Aufgabenprofil solcher »Handelskammern« die Begleitung – auch offizieller – deutscher Delegationen nach China im Rahmen der chinesischen »Einladen«-Strategie (qing jinlai). Der Chinesische Verein für wirtschaftliche und kulturelle Kommunikation hat in den vergangenen zwanzig Jahren zwölf Delegationsreisen nach China organisiert,77 der Deutsche Zhejiang Unternehmen Verein reiste im Oktober 2018 mit einer Wirtschaftsdelega­tion der Stadt Köln nach China, um Kooperationen mit chinesischen Unternehmen unter anderem in den Bereichen Digitalisierung, E-Mobilität und Hybrid­antriebstechnik auszuloten.78 Drittens kümmern sich auslandschinesische Wirtschaftsvereine um Spendenaktionen in Deutschland, zuletzt etwa im Kontext der Covid-Krise.

Bereich Wissenschaft und Technik

Wissenschaftliche und technologische Innovation ist langfristig ein entscheidender Faktor für wirtschaft­liches Wachstum. Offiziellen chinesischen Zahlen zufolge sind, vor allem durch Rückkehrerwellen in den vergangenen zehn Jahren, zwischen 1978 und 2017 insgesamt annähernd 84 Prozent aller chinesischen Studierenden im Ausland – das heißt rund 3,1 Millio­nen von 5,2 Millionen Personen – nach China zurückgekehrt.79 Ihr Beitrag für Innovation und tech­nologisches Know-how wird in China hoch geschätzt: In den 300 sogenannten Pionier-Parks für Auslandsrückkehrer, die es 2017 in China gab, sollen sich rund 24.000 Unternehmen angesiedelt haben, in denen etwa ebenso viele Rückkehrer beschäftigt sind.80 Sech­zig Prozent der heutigen chinesischen Universitätsrektoren sind zurückgekehrte Auslandschinesen.81 Das Gleiche gilt für 81 Prozent aller Mitarbeiter in den Wissenschaftsakademien und 50 Prozent der Ressortleiter im Minis­terium für Wissenschaft und Technologie.82 In Be­reichen wie Telekommunikation, E-Commerce, Luft- und Raumfahrt oder Pharmazie haben sie wichtige Innovationsimpulse nach China gebracht.83

Die Bedeutung Deutschlands ist in diesem Bereich in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen: Studierende aus China bilden hierzulande inzwischen die größte Gruppe ausländischer Studierender. Im Wintersemester 2019/20 waren in Deutschland ins­gesamt 319.902 ausländische Studierende immatrikuliert; davon kamen 44.490 – circa jeder Siebte – aus China; das sind etwa fünf Mal so viele wie im Jahr 2001.84 Einer Studie des Mercator Institute for China Studies aus dem Jahre 2015 zufolge war die Mehrheit der damaligen chinesischen Studierenden an Techni­schen Universitäten eingeschrieben. Beinahe 80 Pro­zent der Studierenden kehren nach dem Studium nach China zurück.85 Auch wenn die Gründe hierfür nicht allein in der Diasporapolitik zu suchen sind, arbeitet der chinesische Staat doch aktiv darauf hin: Seit 2003 vergibt die chinesische Botschaft beispielsweise in einer feierlichen Zeremonie jährlich Stipen­dien an »ausgezeichnete Auslandsstudierende«, die ermuntert werden sollen, »die Güte des Heimatlands zurückzuzahlen«. Chinas Botschafter Wu Ken nannte chinesische Studierende in Deutschland bei der Zeremonie vor zwei Jahren »frische Truppen für Chinas Entwicklung und den Aufschwung der Nation«. Das Stipendium wurde zwischen 2003 und 2019 an 467 chinesische Doktoratsabsolventen in Deutschland vergeben; 300 von ihnen sind nach China zurückgekehrt.86 Auch auslandschinesische Organisationen wie der mit der EFA und der ACFROC verbundene Verein zur Förderung der chinesischen Kultur in Deutschland (Deguo zhonghua wenhua cuxinhui) werben in der Community dafür, China »Fachkräfte und Talente« zur Verfügung zu stellen.87

Steckt im Bereich Wirtschaft und Finanzen viel Potential für transnationale und internationale Zu­sammenarbeit zwischen China und dem Ausland – etwa in Bezug auf Handelsperspektiven, die durch Migranten gezielt erweitert werden können –, ist die Situation im Bereich Wissenschaft und Technik komplexer: Zwar findet sich auch hier Raum für fruchtbare Kooperationen, bei denen chinastämmige Menschen eine wichtige Rolle spielen können; zudem sind Chinas Versuche, dem Braindrain-Trend der Vergangenheit entgegenzuwirken, nachvollziehbar. Allerdings können Wirtschaftsspionage und der Dieb­stahl von geistigem Eigentum hier ebenfalls von Be­lang sein. Das ist nicht nur im Handelsstreit zwischen China und den USA ein wesentliches Thema; auch der deutsche Verfassungsschutz hat in seinem jüngs­ten Bericht vom Juni 2022 explizit vor solchen Akti­vitäten Chinas ge­warnt.88 In Deutschland gibt es bis­her wenige Studien dazu. Es sind allerdings Einzel­fälle bekannt, in denen chinesische Studierende zur Spionage aufgefordert wurden.89 Sie zeigen, wie schwierig es sein kann, zwischen einer legitimen chinesischen Interessenpolitik – wie der Umkehr des Braindrains – und illegalen Aktivitäten wie Wirtschaftsspionage im Kontext der chinesischen Dia­spora­politik sauber zu trennen.

Bereich Auslandspropaganda und Diskursmacht

In den vergangenen zehn Jahren haben Protestaktivitäten auslandschinesischer Gruppen – mitunter glo­bal abgestimmt – spürbar zugenommen. Im August 2018 beispielsweise gingen regimetreue Chinesen weltweit zur Unterstützung der chinesischen Hong­kong-Politik auf die Straße.90 China bemüht sich auch in Deutschland um eine Beeinflussung der öffentlichen Debatten und macht sich dafür die »Diaspora« zu­nutze. Der chinesische Staat selbst bleibt bei diesen Desinformations- und Propagandakampagnen im Hintergrund.

Der chinesische Staat versucht, mit Hilfe regimetreuer Chinesen auf öffentliche Diskurse im Ausland Einfluss zu nehmen.

Im Dezember 2017 erklärte der stellvertretende chinesische Generalkonsul in Frankfurt a. M. während einer Konferenz anlässlich des Deutschland-Besuchs der China Overseas Friendship Association, das Kon­sulat wolle auslandschinesische Organisationen in ihren »anti-separatistischen« Aktivitäten »zukünftig anleiten«. Er hoffe, dass man »gemeinsam entschlossen die Einheit des Vaterlands schütz[e] und Chinas Politik propagier[e]«.91 Der auf der Konferenz an­wesende Verein der Fujian-Chinesen in Deutschland gehörte später zu den namentlich genannten Befür­wortern einer Kundgebung von 300 Chinesen in Frankfurt zur Unterstützung der Pekinger Hongkong-Politik am 24. August 2019. Hauptorganisator war der Neue Verband von Auslandschinesen und auslandschinesischen Geschäftsleuten in Deutschland (Deguo xinhuaqiaohuashang lianhehui), der Kontakte zu ACFROC und OCAO unterhält.92 Am 11. September folgte eine weitere Demonstration in Berlin, an der sich etwa 100 Chinesen beteiligten. Sie richtete sich gegen »ein­zelne deutsche Politiker und Medien, die radikalen, separatistischen Kräften in Hongkong falsche Signale senden« würden – gemeint war vor allem das Treffen des deutschen Außenministers Heiko Maas mit Joshua Wong, einem der Wortführer der Demokratie­bewegung in Hongkong. Dem deutschen Außen­ministerium wurde ein Protestbrief übergeben.93 Einer der Sprecher der Aktion war Yang Qianghua, der auch dem Überseekomitee der ACFROC angehört.94 Beide Kundgebungen waren als Veranstaltungen un­abhängiger Personen deklariert; tatsächlich standen dahinter aber Akteure, die ein Nahverhältnis zu chinesischen Behörden pflegen. Ähnliche Aktivi­täten fanden in Deutschland in den vergangenen Jahren mehrfach statt. Meist trafen solche Proteste in der deutschen Öffentlichkeit nur auf geringe Resonanz. Sie zeigen allerdings, dass der chinesische Staat mit Hilfe regimetreuer Chinesen versucht, verdeckt auf öffentliche Diskurse Einfluss zu nehmen.

Problematischer noch als diese Aktivitäten ist die sogenannte Canzheng-Arbeit, in deren Rahmen china­stämmige Menschen in einflussreichen poli­tischen Positionen im Ausland chinesische Interessen vertreten sollen. In Kanada, Neuseeland und Aus­tralien wurde man darauf aufmerksam, dass Personen mit Beziehungen zum chinesischen Staatsapparat in politischen Funktionen ihrer Aufenthaltsländer tätig waren.95 In Deutschland sind solche Aktivitäten bis­lang nicht bekannt, aber auch nicht auszuschließen. Im Jahr 2018 kandidierte etwa der in China geborene und eingebürgerte Yang Ming für das Amt des Bürger­meisters von Frankfurt a. M. Die Wahl gewann er zwar nicht, allerdings ist er heute Mitglied der Kom­munalen Ausländervertretung Frankfurts und Vize­präsident des Senate of Economy Europe.96 Eine Funk­tion fehlt indes in deutschsprachigen Auflistungen: 2019, ein Jahr nach seiner Kandidatur in Frankfurt, wurde Yang Mitglied der Politischen Konsultativ­konferenz des chinesischen Volkes.97 Dort brachte er unter anderem einen Antrag ein, in dem er um Unter­stützung bat, damit mehr chinastämmige Menschen im Ausland politisch aktiv werden könnten. Im Organ der KPCh, der Volkszeitung, wird er mit den Worten zitiert, jeder Auslands­chinese »müsse in einer Art, die der Westen versteht, gute Geschichten über China erzählen«. Die »gemeinsame Verantwortung aller Landsleute im Ausland« sei es daher, »Chinas Politik zu propagieren«.98 Obwohl die Motive der Verbindung Yang Mings zum chinesischen Staat unklar sind und sich von denen des chinesischen Staats unterscheiden mögen, entspricht die Annäherung Pekings an eine nach politischem Einfluss strebende Person mit chinesischem Migrationshintergrund doch einem diasporapolitischen Muster, das sich inzwischen auch in anderen Ländern immer klarer abzeichnet.

Chinas Diasporapolitik kann auf nachhaltige Er­folge blicken. Dies gilt in Bezug auf alle drei genannten Ziele, die Peking mit dieser Politik ver­bindet. Xi Jinping selbst lobte während eines Treffens mit Auslandschinesen im Juni 2014 in Peking deren historische Leistungen, die sie über Generationen hinweg für die »Erstarkung des chinesischen Volkes« erbracht hätten.99 Westliche Medien und Teile der Chinawissenschaften schließen sich dieser Sichtweise an: Der Sinologe James To etwa nannte Auslands­chinesen eine »hochgradig organisierte ethno-natio­nalistische Macht«, die China nicht nur als »finanzielle und fachliche Ressource« diene, sondern die dem Land auch als »griffbereites Soft-Power-Angebot« zur Verfügung stehe.100 Entsprechend sind Stimmen, die vor Chinas Diasporapolitik warnen, in Europa eben­falls lauter geworden.

Ein genauerer Blick auf bestehende Staat-»Dia­spora«-Verbindungen allerdings lässt weitaus kom­plexere Beziehungsmuster erkennen, die zeigen, dass die Auslandschinesen keineswegs »hochgradig ko­ordiniert« sind. Zur Einordnung der Diasporapolitik ist es daher wichtig, sich der durchaus heterogenen Reaktionen einer in sozioökonomischer, kultureller und politischer Sicht vielfältigen »Diaspora« auf Chinas Vereinnahmungsversuche bewusst zu werden.

Grenzen und ungewollte Nebeneffekte der Diasporapolitik: Die »Diaspora«-Gemeinschaften und ihre Agency

In der Haltung der Chinastämmigen gegenüber der chinesischen Diasporapolitik lassen sich, von den Unterstützern Pekings abgesehen, fünf weitere Posi­tio­nen bzw. Gruppen unterscheiden. Allein dieses Spektrum macht deutlich, dass die angestrebte Ver­einnahmung nicht ohne weiteres gelingt: erstens die Gruppe derer, die der Diasporapolitik keine Bedeutung beimessen (oder sie nicht wahrnehmen); zwei­tens die Gruppe der Dissidenten, die die KPCh aktiv bekämpfen; drittens die Gruppe derjenigen, die Chinas Politik im eigenen Interesse manipulieren; viertens hypernationalistische Gruppen und fünftens Gruppen, die ihrerseits Leistungen des Diaspora­staats einfordern.

1. Die »Gleichgültigen«

Chinas Diasporapolitik ist darauf ausgerichtet, über Organisationen und deren Vorsitzende die gesamte »Diaspora-Community« zu erreichen. Gerade hierin liegt eine Schwäche der Diasporapolitik: An der Mehr­heit der Chinastämmigen, die nicht in Vereinen ver­treten ist und keine Zeitungen liest, geht Pekings Politik vorbei. Dies bestätigen Gespräche mit China­stämmigen immer wieder. Auch weisen die Zahlen von 100 bis 300 Personen bei den erwähnten Protest­aktionen oder Berichte, dass sich zu Zusammenkünften mit Vertretern des chinesischen Staates häufig nur 10 bis 30 Personen einfinden, darauf hin, dass der Zugriff des chinesischen Staates auf die chinesischen Communities in Deutschland begrenzt ist. Mehr noch: Viele der im deutschen Vereinsregister gelisteten Verbände unterhalten keinerlei Beziehungen zum chinesischen Staat oder vermeiden bewusst chinesische Vereinnahmungsversuche; einige leisten wichtige Beiträge für die Integration von Neuankömm­lingen oder für die Stärkung kultureller Beziehungen zwischen China und Deutschland.101

Die angestrebte Vereinnahmung der Chinastämmigen geht häufig fehl.

Wichtig ist auch: In Bezug auf die Dichte und Qualität der Kontakte zu chinesischen Behörden gibt es zwischen den 140 Verbänden erhebliche Differenzen, weswegen eine ausschließlich quantitative Erfas­sung von Verbindungen nicht zielführend ist. Die Vereine pflegen mehrheitlich nur sporadische Bezie­hungen zu chinesischen Behörden, oft im Rahmen symbolischer Festivitäten wie der Neujahrsfeste in der chinesischen Botschaft. Solche Vereine sollten nicht mit denen gleichgesetzt werden, die immer wieder aktiv Chinas Interessen vertreten.

2. Die Dissidenten

Daneben gibt es Gruppen, die in direkter Opposition zu China stehen. Peking nennt diese Gruppen die »fünf Gifte«, gegen die vorzugehen Auslandschinesen regelmäßig aufgetragen wird: Gemeint sind damit Gruppen, die für die Unabhängigkeit Taiwans, Tibets und »Ost-Turkestans« (Xinjiangs) eintreten, Falun-Gong-Anhänger und Demokratieaktivisten.102 All diese Gruppierungen sind auch in Deutschland organisiert. Die tibetische Unabhängigkeitsbewegung wird unter anderem durch den Verein der Tibeter in Deutschland vertreten, der am Tibet-Gesprächskreis des Deutschen Bundestags (seit Januar dieses Jahres »Parlamentsgruppe Tibet«) beteiligt ist. Der Verein steht nicht nur in Kontakt zur tibetischen Exil-Regie­rung, sondern auch zu anderen Tibet-NGOs, darunter der Tibet-Initiative-Deutschland, in der vor allem deutsche Tibet-Unterstützer aktiv sind und die zu den weltweit größten Tibet-Unterstützungsgruppen zählt. Falun Gong, eine religiös-politische Gruppe, über deren Anhängerzahl in Deutschland allerdings keine belastbaren Daten vorliegen, betreibt das Falun-Dafa-Informationszentrum, das in seiner Öffentlichkeits­arbeit Menschenrechtsverletzungen in China an­prangert; mit der chinesischsprachigen Wochen­zeitung Epoch Times verfügt die Organisation zudem über eine der weltweit einflussreichsten Dissidentenzeitschriften, die auch in Deutschland vertrieben wird. Zu den taiwanischen Verbänden in Deutschland – hier leben heute etwa 9.150 taiwanische Staats­angehörige – zählen unter anderem die Deutsch-Taiwanische Gesellschaft, die die deutsch-taiwani­schen Beziehungen fördern möchte; hier sind neben Auslandstaiwanern auch Abgeordnete des Deutschen Bundestags vertreten.103 Relativ heterogen wiederum ist die Gruppe der Demokratieaktivisten. In Deutschland haben sich einige bekannte chinesische Dissiden­ten wie etwa der Menschenrechtsaktivist Liu Dejun niedergelassen, dessen Blog »Free in China« von meh­reren Zehntausend Nutzern gelesen wird, der Schrift­steller und Aktivist Liao Yiwu oder die Künst­lerin Liu Xia (die Ehefrau des verstorbenen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo).

Eine Sonderrolle spielt die exil-uigurische Diaspora in Deutschland: Sie ist mit 2000 Personen die größte in Europa; gewachsen ist sie in den letzten Jahren auch durch die deutliche Zunahme von Asylanträgen (2020 waren es 193). Allein in München leben 800 Uiguren. Die Stadt ist Sitz des Weltkongresses der Uiguren, der sich für die Unabhängigkeit »Ost-Turkes­tans« einsetzt. Der Kongress fungiert als Dachorganisation mehrerer kleinerer Gruppen, darunter der Uigu­rische Frauenverein München. Auch die Ost­turkestanische Union in Europa ist in der Stadt aktiv und veranstaltet regelmäßig Proteste vor dem chine­sischen Konsulat. Die drei Gruppen verstehen sich als Vertreter der Uiguren in China und treten auf Protest- und Kulturveranstaltungen häufig gemeinsam auf.104

Indem sie innerchinesische Konflikte exportiert, hat Chinas Diaspora­politik Folgen für den sozialen Frieden in Deutschland.

Neben diesen fünf Gruppen sind in Deutschland auch Demokratiebefürworter aus Hongkong aktiv, prominent vertreten unter anderem durch die Bürger­rechtler Glacier Kwong und Ray Wong, die in Deutsch­land Asyl erhielten. In Reaktion auf Chinas Hongkong-Politik hat sich 2019 außerdem der Verein Hong­konger in Deutschland gegründet, der regel­mäßig Protestveranstaltungen organisiert. Dass Chinas Narrative, die jede von den offiziellen Standpunkten abweichende Meinung als »anti-chinesisch« herabwürdigen, hier polarisierend wirken können, zeigen die erwähnten Proteste von Hongkong-Aktivisten in Hamburg, die von staatstreuen Chinesen durch Gegen­aufmärsche und Einschüch­terungen gestört wurden.105 Ähnliches ereignete sich auf einer Berliner Gedenkveranstaltung für den Regimekritiker und Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo im August 2018. Auch dort erschienen Personen, die die chinesischen Gäste der Veranstaltung abfotografierten.106 Hier hat Chinas Diasporapolitik durch den Export innerchinesischer Konflikte direkte Folgen für den sozialen Frie­den in Deutschland.

3. Die »Ein-Mann-Vereine«

Einige Auslandschinesen arbeiten zwar mit dem chinesischen Staat zusammen bzw. suchen Kontakt zu ihm, verfolgen dabei aber Ziele, die nicht im Ein­klang mit der Diasporapolitik stehen. Vor allem Chinas Strategie, Beziehungen zu Verbandsvorsitzenden aufzubauen, macht den chinesischen Staat an­fällig für eine Ausnutzung durch Einzelpersonen. Seit Jahren klagen chinesische Stellen über »Visiten­karten-Vorsitzende« (mingpian qiaoling)107 bzw. »Ein-Mann-Vereine« (yirenhui), mit denen Chinastämmige im Ausland auf den »Status auslandschinesischer Führer« aus seien. Solche Schein-Verbände seien »Instrumente zum Erreichen persönlicher Interessen«, indem sie den Zugang zu ranghohen Personen aus dem chinesischen Staat ermöglichten.108

Die hier angesprochenen »Visitenkarten-Vorsitzen­den« versuchen durch die öffentliche »patriotische« Wiedergabe offizieller Positionen zum Beispiel gegen­über chinesischen Funktionären, symbolisches und soziales Kapital zu akkumulieren, das bei Geschäften mit Partnern in China eine wichtige Rolle spielen und Transaktionen in der Volksrepublik erleichtern kann. Einen solchen geschickten Umgang mit Erwartungs­haltungen zur Durchsetzung eigener Ziele hat Edgar Wickberg »Identitätsperformance« genannt.109

Auch in Deutschland gibt es Hinweise auf dieses Phänomen: So richten sich nicht alle politischen Aktivitäten auslandschinesischer Verbände an ein deut­sches Publikum. Im August 2019 beispielsweise haben 69 auslandschinesische Verbände eine »Er­klärung« zu Hongkong veröffentlicht, die im Wort­laut Pekings offizielle Positionen wiedergibt.110 Das Statement liegt allerdings ausschließlich in chinesischer Sprache vor; es richtet sich an China, nicht an Deutschland. Einige der darin gelisteten Vereine verfügen zudem über keinerlei öffentliches Profil und scheinen überhaupt nicht zu existieren. Ein anderes Beispiel ist der Verein für öffentliche Diplomatie, der sich ebenfalls ausschließlich in chinesischer Sprache artikuliert; unter der angegebenen Adresse wiederum findet sich zugleich ein chinesisches Handelsunternehmen, das vom Vereinsvorsitzenden betrieben wird.

Auch wenn »Ein-Mann-Vereine« – deren verbreitete Existenz mithin zu den hohen Verbandszahlen in Deutschland beiträgt – die Stimme der chinesischen Regierung unter Chinesen in Deutschland verstärken und chinesische Diskurspositionen in Umlauf brin­gen, so tun sie dies zumeist in einer chinesischsprachigen Echokammer. Jenseits von Botschafts- und Verbandsfunktionären werden sie kaum gehört.

4. Die »Hypernationalisten«

Nicht immer stehen auslandschinesische Proteste im Einklang mit dem, was der chinesische Staat will. Relativ gut beforscht sind die auslandschinesischen Reaktionen auf die Tibet-Krise 2008. Der Fall liegt inzwischen einige Jahre zurück, bleibt aber beispielhaft für die Schwierigkeit, politische Agenden mit Hilfe von Menschen durchzusetzen, die man nicht unmittelbar beeinflussen und lenken kann. Im April 2008 gingen weltweit chinesische Migranten auf die Straße, um Pekings Tibet-Politik zu unterstützen. In der chinesischen Provinz waren im Monat zuvor Un­ruhen ausgebrochen, die die KPCh rasch militärisch unter Kontrolle bringen konnte. Während in west­lichen Medien die Niederschlagung des Tibet-Auf­stands lautstark kritisiert wurde, reagierte Peking mit einer massiven staatsmedialen Propagandakampagne, der zufolge die Proteste vom Dalai Lama und von »europäischen und amerikanischen Kräften« gesteuert worden seien. Vielfach ist gemutmaßt worden, dass die weltweiten Demonstrationen chinesischer Migran­ten gegen die vermeintlichen »Lügen« west­licher Medien staatlich organisiert gewesen seien. An eini­gen Orten – wie zum Beispiel in Wien – war die Lage allerdings komplexer, obschon auch hier die chine­sische Botschaft hinter der dortigen Protestveranstaltung von 500 Chinastämmigen im April 2008 stand: Zunächst nämlich hatte die Wiener Botschaft wenige Wochen zuvor noch eine Demonstration »zum Schutz des Vaterlandes« verhindert, die chinesische Studierende über eine von ihnen selbst betriebene chinesischsprachige Internetplattform für die österreichische Hauptstadt angekündigt hatten. Tagelang hatten die gleichen Studierenden zuvor in diesem Forum Österreicher und Tibeter rassistisch beleidigt. Einige hatten dabei auch zur Gewalt gegen Exiltibeter und Österreicher aufgerufen. Erst als sich der Zorn der Studierenden nach dem Eingreifen der Botschaft gegen die Botschaft selbst zu richten begann, entschied sich diese zu einer Kehrtwende – und kündigte nun selbst eine Kundgebung an. In einem öffentlichen Posting im Forum der Studierenden gab der mit der Botschaft assoziierte Studierendenverband dabei – offensichtlich besorgt über die han-nationalistischen Tendenzen vieler Studierender – exakte Anweisungen in Bezug auf erlaubte Gesänge und Plakate und formulierte präzise Sprach- und Verhaltensregeln, die es den Teilnehmern untersagten, während der Demonstration mit österreichischen Medienvertretern zu sprechen.111

Die Vorgänge zeigen, wie schnell chinesische Behörden im Ausland zu Getriebenen ihrer eigenen Propaganda werden können, wenn sich Protest­gruppierungen jene nationalistischen Narrative an­eignen, mit denen der chinesische Staat sie zu um­garnen versucht. Der Vorfall offenbart zugleich, dass auslandschinesischer Nationalismus nicht zwangs­läufig ein Ausdruck von Loyalität gegenüber dem chinesischen Diasporastaat ist, sondern auch gegen diesen gerichtet sein kann. Hier zeigen sich ebenfalls unerwünschte Nebeneffekte der Diasporapolitik.

5. Die »Forderer«

Zur Diasporapolitik gehört auch das Versprechen, Interessen der Auslandschinesen zu schützen. Vor diesem Hintergrund beklagen sich chinesische Migran­ten immer wieder, die chinesischen Behörden ließen es an Rückhalt fehlen, wenn man sich tatsächlich in einer Notlage befinde. So forderte zum Beispiel der in Deutschland gegründete Verein Chinesischer Rentner in Europa im Februar 2014 in einem öffentlichen Aufruf von der chinesischen Regierung, Renten an jene Auslandschinesen zu zahlen, die vor der Einfüh­rung des chinesischen Rentensystems in den 1990er Jahren einen Teil ihres Arbeitslebens in China ver­bracht hatten, heute vom chinesischen Staat aber keinerlei Unterstützung erhielten. Das Besondere ist hier weniger das Anliegen selbst als vielmehr die Art und Weise, wie es vorgetragen wurde: Der Verband spielte in seinem Aufruf geschickt mit Narrativen des offiziellen Diasporadiskurses und verwies auf die »patriotischen« Dienste der Auslandschinesen für China einerseits und die diesen entgegenstehende »soziale Ungerechtigkeit« andererseits, »die das Image der chinesischen Regierung erheblich schädig[e]«.112

Sozialfürsorge und andere Hilfe­leistungen sind nicht Teil der Diasporapolitik.

Diese Forderung trifft die chinesische Diaspora­politik an einer empfindlichen Stelle, gehören doch Sozialfürsorge und andere Hilfeleistungen faktisch nicht zur Diasporapolitik.113 China kommt stattdessen dem nahe, was Alan Gamlen einen »ausbeuterischen Staat« nannte, einen, »der Pflichten auferlegt, ohne Rechte zu gewähren«.114 Gamlen weiter: » Ich behaup­te, dass [solche Staaten], wenn ihnen dies [die Erwei­terung von bürgerlichen und sozialen Rechten auf die Diaspora] nicht gelingt und sie zugleich erwarten, sich eine gemeinsame nationale Identität zunutze machen zu können, um etwas umsonst von Emigranten zu bekommen, wenig Erfolgschancen haben. [...] Die Stärke der Ansprüche von Staaten, legitimerweise Vorteile aus ›ihren‹ Diasporas zu ziehen, hängt wohl unmittelbar davon ab, ob sie umgekehrt selbst staat­liche Unterstützungsleistungen bereitstellen.«115

In der Tat fehlt es der institutionellen Infrastruktur des chinesischen Diasporaapparats in weiten Teilen an Feedback-Möglichkeiten, mit deren Hilfe sich die Artikulationen migrantischer Bedürfnisse sinnvoll verarbeiten ließen. Reagiert hat Peking auf die Forde­rung des Rentnerverbands bisher nicht: Chinas Diasporapolitik folgt in erster Linie der Logik außen- und wirtschaftspolitischer Staatsinteressen – und nicht den Interessen von Migranten. Für China sind sie keine eigenständigen Akteure, sondern Manövrier­masse. Die Effektivität der Diasporapolitik leidet darunter.

Zwischenfazit

Die chinesische Diasporapolitik kann unter chinastämmigen Migranten nur bedingt Wirkung ent­falten. Viele Auslandschinesen ignorieren Chinas diasporapolitische Praktiken, bekämpfen sie oder machen sie sich zu eigen, um eigene Agenden – teils gegen den chinesischen Staat – durchzusetzen; sie alle machen deutlich, dass der Eindruck einer »vater­landstreuen Diaspora« zu einseitig ist. Der chinesische Staat verfügt mithin nicht über absolute Zugriffs- und Mobilisierungsmöglichkeiten in Bezug auf Auslands­chinesen. Chinas paternalistische, top-down-artige Herangehensweise an Auslandschinesen läuft in vielerlei Hinsicht den transnationalen Realitäten zuwider, in denen sich die Adressaten der Diaspora­politik häufig bewegen. Eine weitreichende propagandistische Wirkung lässt sich mit den bisherigen Instrumenten nicht entfalten. Können auslands­chinesische Erwartungen auf dem Weg der Kooperation mit chinesischen Partnern erfüllt werden – etwa in Bezug auf ökonomische Aktivitäten in China –, so mögen Chinastämmige den Zielen des chinesischen Parteistaats rasch zustimmen. Werden Erwartungen aber ent­täuscht, dann wenden sich solche Gruppen ebenso schnell gegen den chinesischen Staat.

Schlussfolgerungen

Chinas Diasporapolitik muss als Faktor der chinesischen Außenpolitik verstanden werden. Bei all den potentiellen Vorteilen, die sich aus subnationalen Beziehungen auch für Deutschland ergeben können, und trotz ihrer bislang begrenzten Wirkmacht birgt die chinesische Diasporapolitik auch Risiken für Deutschland.

1. China legt faktisch eine Alternativdefinition von nationalstaatlicher Zugehörigkeit vor und schafft einen de-territoria­lisierten Nationalstaat

Nicht nur chinesische Staatsbürger im Ausland, sondern auch chinastämmige Ausländer werden von Peking als Angehörige Chinas verstanden. Die Hal­tung, alle Menschen chinesischer Abstammung un­abhängig von ihrer Staatszugehörigkeit als Chinesen zu betrachten und entsprechend zu vereinnahmen, läuft dem in Deutschland geltenden Prinzip zuwider, Nationalität nicht rassisch/ethnisch, sondern staats­bürgerrechtlich zu definieren.116 Wenn Vertreter des chinesischen Staates auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland deutsche Staatsbürger chinesischer Herkunft auffordern, den Interessen Chinas zu dienen, dann hebt Peking gleichzeitig die territoriale Begrenztheit der Volksrepublik China auf. In Verbindung mit der Neudefinition von Zugehörigkeit vertritt China dabei eine Staatsvorstellung, die von dem Prinzip abweicht, dass eine Regierung auf einem umgrenzten Territorium für ein rechtlich definiertes Staatsvolk zuständig ist.

2. Chinas Diasporapolitik läuft der deutschen Integrations­politik zuwider

Die Identitätspolitik gegenüber chinastämmigen Deutschen steht der deutschen Integrationspolitik genauso entgegen wie anti-rassistischen Grundwerten der deutschen Einwanderungsgesellschaft. Durch die Inanspruchnahme deutscher Staatsbürger mit Migra­tionshintergrund und den Export von rassischem Gedankengut sowie überkommenen Vorstellungen von ethnisch homogenen Nationen verbreitet die chinesische Diasporapolitik Zugehörigkeitsvorstellungen, die im jüngsten Bericht der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integra­tionsfähigkeit explizit zurückgewiesen werden.117 In letzter Konsequenz gefährdet China damit den sozia­len Zusammenhalt in Deutschland. Peking legt gleichzeitig ein alternatives Begriffsverständnis von Integration vor. Beim chinesischen Begriff steht nicht die »möglichst chancengerechte Teilhabe und Teil­nahme an den zentralen gesellschaftlichen Bereichen«118 im Aufenthaltsland im Zentrum – so wie es die deutsche Bundesregierung definiert –, sondern die Prämisse, eine Teilhabe in Deutschland an Inte­ressen der KPCh auszurichten.

Nicht zuletzt: Die Aktivitäten Pekings können negative Folgen für die Wahrnehmung chinesischer Einwanderer haben. Auch in der deutschen Öffentlichkeit wurden in der Vergangenheit Stimmen laut, man müsse den Aus­landschinesen generell mit Skepsis begegnen und sie als verlängerten Arm der KPCh betrachten. Solche Debatten zeigen, wie anfällig das Thema für Stereo­typisierungen und General­verdächtigungen sein kann. Pekings Diasporapolitik läuft Gefahr, derartige Tendenzen zu verstärken.

3. Chinas Diasporapolitik exportiert Illiberalität

Mit den Diskursmacht-Aktivitäten, zu denen auch die Rechtfertigung bzw. Nichtanerkennung von Menschenrechtsbrüchen (etwa in Xinjiang) und Völkerrechtsbrüchen (in Hongkong) oder der Bruch des internationalen Seerechtsabkommens (im Südchinesischen Meer) gehören, exportiert China Vorstellungen von Recht und Rechtsstaatlichkeit, die mit politischen Werten und Prinzipien in Deutschland nicht verein­bar sind. Im Einklang und in Abstimmung mit dem Diasporastaat nehmen Anhänger des Regimes in Deutschland wiederum für sich Freiheitsrechte in Anspruch, um Chinas Regierung darin zu unter­stützen, Andersdenkenden oder Minderheiten bei­spielsweise in Tibet oder Hongkong ebendiese Rechte vorzuenthalten bzw. zu entziehen.

Zugleich wirkt sich Chinas Präsenz in Deutschland auf die Möglichkeiten regimekritischer Auslands­chinesen aus, von ihrem Recht auf freie Meinungs­äußerung und politische Partizipation Gebrauch zu machen. Die chinesische Regierung verfügt über ver­schiedene Mittel, Spielräume für Kritik einzuschränken; im Hinblick auf chinesischsprachige Medien hat sie dieses Ziel bereits weitgehend erreicht. Auch hier steht Chinas Diasporapolitik Werten entgegen, auf denen die freiheitlich-demokratische Grundordnung Deutschlands beruht.

4. Chinas Diasporapolitik fördert verdeckte Tätigkeit im Interesse der KPCh

Dieses Risiko bezieht sich auf unterschiedliche Be­reiche – von der Öffentlichkeitsarbeit über die Wissenschaft bis hin zu politischen Aktivitäten. Peking animiert Auslands­chinesen beispielsweise über nationalistische Appelle dazu, Technologie und Know-how nach China zu transferieren, in Einzel­fällen gar durch die Aufforderung zur Spionage. Die KPCh bemüht sich gleichzeitig verdeckt darum, politische Entscheidungsträger chine­sischer Abstammung zu vereinnahmen. Im Erfolgsfall kann sie dadurch unmittelbar Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse im Ausland neh­men. Demonstrationen anlässlich aktueller Konflikte wie dem in Hongkong wiederum zeigen, dass der chinesische Staat in Deutschland über ein Netzwerk regimefreundlicher Menschen verfügt, das im Bedarfsfall für Propagandaarbeit aktiviert werden kann. Proble­matisch ist dabei, dass Peking hier versucht, ein einseitiges, häufig falsches Bild der Geschichte und Gegenwart Chinas im Ausland zu verbreiten, um damit eigene politische Ziele zu legitimieren – etwa im Südchinesischen Meer. Narrative werden dann zu Instrumenten der Außenpolitik.

5. Chinas Diasporapolitik erweitert Chinas Desinformationspolitik

Der letztgenannte Punkt ist auch in anderer Hinsicht von Bedeutung: Das deutsche Auswärtige Amt be­trachtet Desinformationskampagnen als »eine außen­politische Herausforderung«. In dem dadurch herbei­geführten »Wettbewerb der Narrative« bemüht es sich, durch »strategische Kommunikation« und auf verschiedenen Vermittlungswegen für die eigene Politik und die eigenen Werte zu werben.119 Jenseits der staatlichen und staatsmedialen Kanäle arbeitet China heute verstärkt darauf hin, für die Auslandskommunikation Akteure zu nutzen, denen nicht das (negative) Image regierungsamtlicher Öffentlichkeitsarbeit anhaftet: Auslandschinesen sollen hier als »inoffizielle Botschafter« eine Schlüsselrolle spielen, ohne dass der Staat sichtbar wird. Chinas Diaspora­politik verändert damit die Definition von »strategischer Kommunikation«, in die letztlich jede chinastämmige Privatperson eingebunden werden soll.

Empfehlungen und Gegenmaßnahmen

Angesichts der veränderten politischen Ambitionen Chinas unter Xi Jinping und des damit einhergehenden, vermehrt zu beobachtenden aggressiven Auf­tretens der Volksrepublik auf internationaler Bühne sowie eingedenk der bereits in anderen Ländern gemachten Erfahrungen mit Versuchen, Einfluss auf die »Diaspora« zu nehmen, steht zu erwarten, dass Peking seine Diasporapolitik auch in Deutschland noch intensivieren wird. Aus der gegenwärtigen Lage in Deutschland und in Anbetracht der schon weiter fortgeschrittenen diasporapolitischen Aktivitäten in klassischen chinesischen Einwanderungsländern wie den USA, Australien oder Kanada lassen sich vier Empfehlungen ableiten, mit denen auf Chinas Dia­sporapolitik reagiert werden sollte.

1. Problembewusstsein und Chinakompetenzen stärken

Erstens sollten sich politische Akteure in Deutschland intensiver mit der chinesischen Diasporapolitik und ihren Methoden, Mitteln und Implikationen befassen, als das bisher der Fall war. Der vorliegende Überblick bildet die derzeitigen Strukturen und Akteure bei weitem nicht vollständig ab, sondern stellt nur einen ersten Schritt in diese Richtung dar. Daher sind weitere Studien zum Thema nötig, die sich erstens kritisch mit den unterschiedlichen diasporapolitischen Zielen auseinandersetzen, zweitens bestehende Diasporastrukturen in Deutschland nachzeichnen und drittens deren Wirkkraft beurteilen. In diesem Zusammenhang ist auch das regelmäßige Monitoring chinesischsprachiger Medien wie der Nouvelles d’Europe sinnvoll, um Chinas Diasporaaktivitäten in Deutschland im Blick zu behalten.

Für eine sicherheitspolitische Beurteilung der Diasporapolitik und insbesondere der Aktivitäten auslandschinesischer Verbände bieten die vorliegenden Befunde keine einfachen Formeln. Folgende Indikatoren (aufbauend auf Alex Joskes Arbeit zu Chinas Einheitsfrontaktivitäten)120 können Verbindungen zwischen Verbänden von Menschen mit chinesischem Migrationshintergrund und dem chinesischen Dia­sporaapparat nahelegen:

1)

Mitglieder pflegen regelmäßige Kontakte zu der Botschaft und den Konsulaten in Deutschland;

2)

Mitglieder empfangen parteistaatliche Delegationen aus China oder nehmen an Zusammenkünften teil, die diese in Deutschland abhalten;

3)

Mitglieder besuchen Diasporabehörden in China;

4)

Mitglieder partizipieren an einer der zahlreichen Globalkonferenzen, die der chinesische Parteistaat jährlich in China abhält;

5)

Mitglieder haben Positionen innerhalb parteistaatlicher Strukturen in China inne;

6)

Mitglieder vertreten und verbreiten öffentlich KPCh-Positionen;

7)

Vereine zählen »Kerninteressen« des chinesischen Staates – wie die Vereinigung mit Taiwan – oder Leitslogans des Regimes – wie den Chinesischen Traum – zu ihren Zielen.

Diese Indikatoren geben wichtige Hinweise auf mögliche diasporapolitische Kooperationen – wenn­gleich insbesondere allein auf Basis der ersten vier Punkte noch keine eindeutigen Beurteilungen vor­genommen werden sollten. Weil die Reaktion der Auslandschinesen auf Chinas Diasporapolitik sehr heterogen ausfällt, sollten Bewertungen in einem zweiten Schritt zugleich von Fall zu Fall erfolgen. So sind beispielsweise wirtschaftlich ausgerichtete Ver­bände a priori keinesfalls problematisch; sie können eine wichtige Brückenfunktion im deutsch-chinesi­schen Verhältnis einnehmen. Explizit politische Ver­bände wiederum können sich rasch als »Ein-Mann-Vereine« entpuppen. Und gerade radikal-natio­nalis­tisch auftretende Gruppen sind nicht notwendigerweise Teil diasporapolitischer »Orchestrierungen«; mitunter laufen sie Chinas Imagekampagnen sogar zuwider.

2. »Pluralitätskompetenzen« stärken

Die kritische Auseinandersetzung mit Chinas Dia­sporapolitik verlangt ein hohes Maß an Sensibilität für die Ambivalenzen, die sich aus dieser Politik ergeben. Der unter Xi Jinping gewachsene politische Wille der Volksrepublik, Auslandschinesen zu kon­trollieren, ist eindeutig. Pekings Politik darf allerdings erstens nicht dazu verleiten, »die Auslandschinesen« als Verfügungsmasse Pekings misszuverstehen – wie es zuweilen auch in der deutschen Debatte geschieht.121 Selbstverständlich sind nicht alle chinastämmigen Menschen »vaterlandstreu«. Deshalb ist es wichtig, dass das Narrativ Pekings, die KPCh repräsentiere alle chinastämmigen Menschen weltweit, in Deutschland genauso offensiv zurückgewiesen wird wie das falsche Bild, die Auslandschinesen in Deutschland seien eine homogene, gar patriotische Einheit.

Ähnliches gilt zweitens für Beziehungen, die Menschen chinesischer Herkunft nach China pflegen; auch diese sind häufig von transnationalen Agenden der Auslandschinesen selbst geprägt. Sie müssen da­her keineswegs ein Integrationshindernis darstellen. Für Deutschland wiederum ergeben sich aus solchen transnationalen Lebenskontexten und Mehrfach­zugehörigkeiten – die in einer Migrationsgesellschaft als normal angesehen werden müssen – viele Vor­teile. Vermittler und »Brückenbauer«, die sich in mehreren Kulturen auskennen oder heimisch fühlen, werden in unserer Epoche wachsender globaler Ver­flechtungen an Bedeutung gewinnen, sei es auf öko­nomischem, diplomatischem oder kulturellem Feld. Selbst wenn Elemente der chinesischen Politik Inter­essen der Einwanderungsländer zuwiderlaufen – transnationale Lebensentwürfe von Menschen mit Migrationshintergrund tun es nicht. Insofern darf eine kritische Auseinandersetzung mit Chinas Dia­sporapolitik nicht auf eine pauschale Ablehnung transnationaler Praktiken von Menschen mit Migra­tionshintergrund hinauslaufen.

In diesem Sinne ist Diasporapolitik nicht prinzipiell verwerflich, solange sie nicht zugleich gegen die jewei­ligen Ankunftsländer betrieben wird – wie es im Falle Chinas in Teilen geschieht. Die Gründe aller­dings, aus denen China sich Auslandschinesen zu­wendet, sind nachvollziehbar und verständlich. Sie ähneln in manchem jenen, die in Deutschland von Befürwortern einer Einwanderungsgesetzgebung angeführt werden: Wenn auch auf unterschiedliche Weise, geht es in beiden Ansätzen darum, aus eigenen Interessen auf Humankapital zuzugreifen, das außerhalb der eigenen Staatsgrenzen liegt. Das Bewusstsein dafür kann bei der Versachlichung einer Auseinandersetzung mit Chinas Diasporapolitik helfen. Die Zusammenarbeit Chinas mit Migrantenverbänden ist mithin wenig problematisch, solange deren politische Autonomie gewahrt wird. China muss die Vielfalt der »Diaspora« anerkennen. Das bedeutet auch, innerchinesische (und teils selbst für den Diasporaapparat schwer unter Kontrolle zu haltende) Konfliktlinien nicht in Deutschland zu reproduzieren. Insbesondere die deutsche Außenpolitik kann dazu beitragen, der chinesischen Seite zu vermitteln, welche Art von Diasporapolitik als problematisch und sogar inakzeptabel angesehen wird (etwa Spionageaufrufe und der Export von Rassismus) und welche nicht (etwa wirtschaftlicher Austausch und Techno­logiekooperation, an denen beide Staaten gleichermaßen Interesse haben).

3. Formulierung von Gegenmaßnahmen

Dort, wo deutsche Interessen berührt sind, sollten politische Entscheidungsträger angemessene Gegen­maßnahmen ergreifen. Hier können Erfahrungen mit Diasporapolitiken anderer Länder, etwa der Türkei, hilfreich sein. Es empfiehlt sich außerdem ein ver­stärkter Austausch mit Ländern, die eine längere Er­fahrung mit Chinas Diasporapolitik haben und deren Gegenmaßnahmen weiter fortgeschritten sind – wie zum Beispiel Australien oder den USA. An dieser Stelle ist zugleich ein Ausbau der deutschen Analysefähigkeiten in Bezug auf Desinformation sinnvoll. In letzter Konsequenz sollte es darum gehen, entsprechende Maßnahmen innerhalb der Europäischen Union zu koordinieren.

Gerade in Bezug auf Chinas wirtschaftliche und technologische Interessen wiederum ist es nicht immer einfach, zwischen legitimen und problematischen Anliegen zu unterscheiden. Für Deutschland muss es darum gehen, sich darüber klar zu werden, wo die Grenze zwischen erwünschter bzw. notwendiger Kooperation im Rahmen der Diasporapolitik und dem Schutz deutscher Wirtschaftsinteressen verläuft.

4. Staatliches und zivilgesellschaftliches Engagement in chinesischen Communities verstärken

Die deutsche Politik sollte sich stärker in Communities chinesischstämmiger Menschen vor Ort engagieren, um auf diese Weise diasporapolitischen Akti­vi­täten Chinas frühzeitig entgegentreten zu können. Dazu zählt, dass Behörden und Politiker gezielt die Nähe zu Verbänden von Menschen mit chinesischem Migrationshintergrund suchen und die Gründung neuer Vereinigungen aktiv unterstützen. Bislang wird dieses Feld oft chinesischen Behörden überlassen; der chinesische Parteistaat kann dann seine Propaganda­aktivitäten ungehindert entfalten.

Deutsche Behörden sollten ihrerseits chinesischsprachige Informationsmaterialien produzieren und Veranstaltungen organisieren, die nicht nur über die deutsche Integrationspolitik und die Grundrechte in Deutschland Auskunft geben, sondern auch Chinas Einflussarbeit thematisieren. Dabei gilt es nicht nur, den Unterschied zwischen deutschen und (offi­ziellen) chinesischen Rechts- und Gesellschaftsvorstellungen klar herauszuarbeiten sowie die chinesische Blut- und Abstammungsrhetorik als nicht-kompatibel mit Grundprinzipien einer Einwanderungsgesellschaft offensiv zurückzuweisen. Auch die gezielte Unterstützung chinesischsprachiger Medien in Deutschland wäre wünschenswert. Medien dürfen nicht, wie es gegenwärtig in Teilen der Fall ist, als Propaganda­instrumente des chinesischen Staates fungieren. Ins­besondere Behörden mit Integrationsaufgaben könn­ten chinesischsprachige Medien stärker als bisher als Plattformen für ihre eigenen Agenden nutzen. Mit Dialogforen ließe sich umgekehrt ein Raum schaffen, in dem Chinastämmige Bedürfnisse gegenüber deutschen Akteuren artikulieren können. Die strate­gische Kommunikation des Auswärtigen Amts bietet eben­falls Möglichkeiten für derartige Aktivitäten, etwa im Rahmen der bereits praktizierten »Bürger­dialoge«, mit denen sich in chinesischsprachigen Communities gezielt für demokratische Werte werben ließe und Deutschlands Politik erklärt werden könnte. Nicht zuletzt: Die Freiheitsrechte chinesischer Staats­bürger und Deutscher mit chinesischem Migrationshintergrund müssen gewährleistet und gegen die Einmischung chinesischer Behörden geschützt werden.

Die unter Xi Jinping betriebene Diasporapolitik Chinas muss ernst genommen werden. Dazu ist eine ausführliche Analyse und Erfassung der chinesischen Beeinflussungsaktivitäten und -fähigkeiten vonnöten – auch, um die Mehrheit der chinastämmigen Men­schen in Deutschland, die nicht mit Peking kooperiert, von jedem Verdacht freizusprechen. Sie ist keine »fünfte Kolonne« Pekings – auch wenn China mit seiner Diasporapolitik genau darauf zielt.

Abkürzungen

ACFROC

All-China Federation of Returned Overseas Chinese

BRI

Belt and Road Initiative (Neue Seidenstraße)

CCPPNR

China Council for the Promotion of Peaceful National Reunification

EFA

Einheitsfrontabteilung

KPCh

Kommunistische Partei Chinas

NGO

Non-Governmental Organization

NRW

Nordrhein-Westfalen

OCAO

Overseas Chinese Affairs Office of the State Council

PKKCV

Politische Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes

PRC

People’s Republic of China

VR

Volksrepublik

Endnoten

1

 »Chinesische Gemeinde verärgert über deutsches Kinderbuch«, German.china.org, 8.3.2021, <http://german.china.org.cn/txt/2021-03/08/content_77286813.htm> (Zugriff am 21.11.2021).

2

 Es gab dabei auch von deutscher Seite Rassismus-Vorwürfe, die die Entscheidung des Carlsen Verlags beeinflusst haben könnten. So hatten sich über Twitter auch Sinologen kritisch in die Debatte eingeschaltet.

3

 Eine kurze Studie stammt von Didi Kirsten Tatlow, »Mapping China-in-Germany«, Sinopsis. China in Context and Perspective, 2.10.2019, <https://sinopsis.cz/en/mapping-china-in-germany/> (Zugriff am 17.9.2021).

4

 Statistisches Bundesamt, »Bevölkerung in Privathaus­halten nach Migrations­hintergrund im weiteren Sinn nach ausgewählten Geburtsstaaten«, Destatis, Stand: 12.4.2021, <www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/ Bevoelkerung/Migration-Integration/Tabellen/ migrationshintergrund-staatsangehoerigkeit-staaten.html> (Zugriff am 13.6.2022).

5

 Ausnahmen sind unter anderem Elena Barabantseva, »Trans-nationalising Chineseness: Overseas Chinese Policies of the PRC’s Central Government«, in: Asien, 96 (2005),
S. 7–28; James To, »Beijing’s Policies for Managing Han and Ethnic-Minority Chinese Communities Abroad«, in:
Journal of Current Chinese Affairs, (2012) 41, S. 183–221; Mette Thuno, »China’s New Global Position: Changing Policies towards the Chinese Diaspora in the Twenty-first Century«, in: Bernhard Wong (Hg.), China’s Rise and the Chinese Overseas, New York 2018, S. 184–208.

6

 Filip Jirouš, »The Role of Coopted Diaspora Groups in Czech and European United Front Work«, in: China Brief, 20 (2020) 16, S. 20–27.

7

Alex Joske, The Party Speaks for You. Foreign Interference and the Chinese Communist Party’s United Front System, Canberra: Australian Strategic Policy Institute (ASPI), 2020 (Policy Brief Report 32/2020).

8

 Oscar Almén, The Chinese Communist Party and the Diaspora. Beijing’s Extraterritorial Authoritarian Rule, Stockholm: Swedish Defence Research Agency, März 2020 (FOI-R–4933–SE).

9

 Begriffe wie »Auslandschinesen« oder »Überseechinesen« sind nicht unproblematisch, da sie implizit eine Nähe zu China oder eine Identifikation mit der chinesischen Nation suggerieren können, die aber bei vielen Menschen chine­sischer Herkunft nicht gegeben ist. Wenn die Begriffe hier trotzdem immer wieder als Synonym für Menschen mit chinesischem Migrationshintergrund verwendet werden – vor allem, weil auf Basis chinesischer Quellen eine Differenzierung zwischen chinastämmigen Menschen mit oder ohne chinesische Staats­bürgerschaft meist nicht möglich ist –, sollen damit ausdrücklich keine bestimmten Zugehörig­keiten unterstellt werden.

10

 Xi Jinping, Tan zhiguolizheng [China regieren], Beijing: Foreign Language Press, 2014, S. 63f.

11

 Overseas Chinese Affairs Office of the State Council (OCAO), Qiaowu gongzuo gailun [Grundriss zur Auslands­chinesen-Arbeit], Beijing: Zhongguo zhigongdang chubanshe, 2006, S. 2.

12

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, »Zhu dusaierduofu zonglingshi feng haiyang zai 2018 nian lingqu qiaojie chunjie zhaodaihui shang de zhici« [Düsseldorfer Generalkonsul Feng Haiyang hält Rede vor Auslandschine­sen aus der Region anlässlich des chinesischen Neujahrs­empfangs 2018], 29.1.2018, <http://dusseldorf.china-consulate.org/chn/zlszl/zlszs/t1530052.htm> (Zugriff am 17.9.2021).

13

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, Rang zhongguomeng yu shijie jieban tongxing [Lasst den chinesischen Traum Hand in Hand mit der gesamten Welt gehen], 10.1.2017, <http://dusseldorf.china-consulate.org/chn/ zlszl/zlszs/t1429215.htm> (Zugriff am 17.9.2021).

14

 Gu Yimin (Hg.), Blue Book of Overseas Chinese. Annual Report on Overseas Chinese Study, Beijing: Shehui Kexue Wenxian Chubanshe, 2017, S. 214.

15

 Report on Development of World Overseas Chinese Entre­preneurs, Beijing: Center for China and Globalization (CCG), November 2016 (Special Report 2), S. 1, <http://en.ccg.org.cn/wp-content/uploads/2016/11/Report-on-Development-of-World-Overseas-Chinese-Entrepreneurs.pdf> (Zugriff am 10.10.2021).

16

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, Zhigongdang zhongyang daibiaotuan yu deguo beiweizhou zhongzi qiye xiehui zuotan [Informelle Diskussion zwischen einer Delega­tion der Zhigong Partei und dem Verband chinesisch-finan­zierter Unternehmen aus NRW], 15.6.2016, <http://dusseldorf.china-consulate.org/chn/rdzt/ zdcxhz/t1372627.htm> (Zugriff am 10.10.2021).

17

 Ministry of Commerce of the PRC, Di si jie zai de huaren shangmao xiehui daibiao zuotanhui chenggong juban [4. Konferenz von Vertretern des chinesischen Handelsverbands in Deutschland erfolgreich abgehalten], 7.4.2019, <http://de.mofcom.gov.cn/article/i/201907/20190702878969.shtml> (Zugriff am 10.10.2021).

18

 Gu (Hg.), Blue Book [wie Fn. 14], S. 247.

19

 Jost Wübbeke, »Übergang zum innovationsgetriebenen Wirtschaftsmodell«, in: Informationen zur politischen Bildung – Volksrepublik China, Bonn: Bundeszentrale für politische Bil­dung, 2018 (izpb 337), S. 67–70.

20

 »Xi jinping zai oumei tongxuehui chengli 100 zhounian qingzhu dahui shang de jianghua« [Rede Xi Jinpings bei den Feierlichkeiten anlässlich des einhundertjährigen Jubiläums der Western Returned Scholars Association], in: Renmin Ribao, 21.10.2013, <http://cpc.people.com.cn/n/2013/1022/c64094-23281641.html> (Zugriff am 10.8.2020).

21

 Huang Ping, Huaqiao huaren zai zhongguo ruanshili jianshe zhong de zuoyong yanjiu [Studie über die Rolle der Auslands­chinesen für Chinas Aufbau von Soft Power], Beijing: Eco­nomic Science Press, 2015, S. 192.

22

 Gu (Hg.), Blue Book [wie Fn. 14], S. 263.

23

 Liu Yazhou, »Xifang didui shili wangtu yi hulianwang bandao zhongguo« [Feindliche Kräfte im Westen versuchen, mit Hilfe des Internets China zum Sturz zu bringen], Sina, 15.10.2013, <http://mil.news.sina.com.cn/2013-10-15/0945744480.html> (Zugriff am 5.9.2022).

24

 »Xi jinping zai zhonggong zhongyang zhengzhiju di sanshi ce jiti xuexi shi qiangdao jiaqiang he gaijin guoji chuanbo gongzuo« [Xi Jinping betont auf der 30. Kollektivschulung des ZK der KPCh, die internationale Propaganda­arbeit müsse ausgebaut und vorangebracht werden], Xinhua, 1.6.2021, <http://www.xinhuanet.com/politics/2021-06/01/c_1127517461.htm> (Zugriff am 11.10.2021).

25

 Xi, Zhiguolizheng [wie Fn. 10], S. 64.

26

 Ebd.

27

 Qiu Jin (Hg.), Blue Book of Overseas Chinese. Annual Report on Overseas Chinese Study, Beijing: Shehui Kexue Wenxian Chubanshe, 2012.

28

 Ein Überblick findet sich bei Barabantseva, »Trans-nationalising Chineseness« [wie Fn. 5]. Konfuzius-Institute wiederum, die teilweise – und meist nur am Rande – ge­zielt Kurse für Nachfahren chinesischer Einwanderer anbie­ten, werden in dieser Studie nicht berücksichtigt; sie sind ein wichtiges Element der chinesischen Einheitsfrontpolitik, fokussieren dabei aber in erster Linie auf nicht-china­stämmige Ausländer.

29

 »Die Einheitsfront (China regieren)«, German.china.org, 3.12.2018, <http://german.china.org.cn/china/china_stichwoerter/2018-12/03/content_74235044.htm> (Zugriff am 10.10.2021).

30

 Zentralregierung der VR China, »Zhonggong zhongyang yinfa shenhua dang he guojia jigou gaige fangan« [ZK ver­öffentlicht Plan zur Vertiefung der Reform von Partei- und Staatsbehörden], 21.3.2018, <www.gov.cn/zhengce/2018-03/21/content_5276191.htm#1> (Zugriff am 11.10.2021).

31

 »Zhonggong zhongyang yinfa zhongguo gongchandang tongyi zhanxian gongzuo tiaoli« [ZK veröffentlicht Bestimmungen der Einheitsfrontarbeit der KPCh], Xinhua, 5.1.2021, <http://www.xinhuanet.com/politics/2021-01/05/c_1126949202.htm> (Zugriff am 11.10.2021).

32

 Barabantseva, »Trans-nationalising Chineseness« [wie Fn. 5], und Thuno, »China’s New Global Position« [wie Fn. 5], zum Beispiel haben das für verschiedene Länder gezeigt.

33

 »Xin zhongguo chengli qian zhonggong qiaowu gongzuo qiyuan yu fazhan« [Ursprung und Entwicklung der Diasporapolitik vor Gründung des neuen China], in: Renmin Wang, 16.7.2021, <www.chinaql.org/n1/2021/0716/c419651-32159550.html> (Zugriff am 13.6.2022).

34

 »Deguo huaqiaohuaren gonggong waijiao xiehui zheng­shi chengli« [Auslandschinesischer Verband für öffentliche Diplomatie in Deutschland offiziell gegründet], Homepage der ACFROC Zhengjiang, 8.4.2013, <www.zjsql.com.cn/index. php?m=content&c=index&a=show&catid=13&id=17042> (Zugriff am 9.10.2021).

35

 »Hubei zhengxie zhuxi wei deguo hubei shetuan lianhehui jiepai« [Vorsitzender der PKKCV in Hubei enthüllt Namensschild für Hubei-Verband in Deutschland], Haiwaiwang, 27.7.2017, <http://de.haiwainet.cn/n/2017/0727/ c457022-31041281.html> (Zugriff am 13.10.2021).

36

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, Tuidong zhongguo yinshi wenhua zouchuqu, zhongguopengren xiehui fangde [Verbreitung der chinesischen Esskultur fördern, Verband der chinesischen Küche besucht Deutschland], 12.10.2015, <http://dusseldorf.china-consulate.org/chn/rdzt/rwjlhz/ t1319818.htm> (Zugriff am 17.9.2021).

37

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, Deguo beiweizhou huajie xiying zhongguonian, gonghua xinshidai [Auslandschinesen aus NRW heißen erfreut das chinesische Jahr willkommen und diskutieren über das neue Zeitalter], 29.1.2018, <http://dusseldorf.china-consulate.org/chn/xwdt/ t1530046.htm> (Zugriff am 9.10.2021).

38

 »Zhongguo zhu dusaierduofu zonglingshi feng haiyang zai 2017 lingqu huajie xinnian zhaodaihui zhici« [Düssel­dorfer Generalkonsul Feng Haiyang hält Rede beim Neujahrsempfang von Auslandschinesen aus der Region], China Daily, 12.1.2017, <http://world.chinadaily.com.cn/2017-01/12/content_27937645.htm> (Zugriff am 9.10.2021).

39

 »2019 nian bolin ji bocitan diqu zhongguo liuxuesheng chunjie lianhuan wanhui chenggong juban« [Chinesische Neujahrsfeier chinesischer Austauschstudierender in Berlin und Potsdam 2019 erfolgreich organisiert], Abteilung für Bildungswesen der Botschaft der VR China in der BRD, 1.2.2019, <http://www.de-moe.org/article/read/12014-20190201-5137> (Zugriff am 9.10.2021).

40

 »Xi jinping: gonggu fazhan zui guangfa de aiguo tongyi zhanxian« [Xi Jinping: Eine größtmögliche patriotische Ein­heitsfront festigen und entwickeln], Xinhua, 20.5.2015, <www.xinhuanet.com//politics/2015-05/20/c_1115351358. htm>; siehe auch Gerry Groot, »The CCPs Grand United Front Abroad«, Sinopsis. China in Context and Perspective, 24.9.2019, <https://sinopsis.cz/en/the-ccps-grand-united-front-abroad/> (Zugriff jeweils am 9.10.2021).

41

»Zhu dusaierduofu zonglingguan juxing hanwei nanhai zhuquan zuotanhui« [Generalkonsulat in Düsseldorf ver­anstaltet Konferenz zum Schutz der Souveränität über das Südchinesische Meer], Außenministerium der VR China, 13.7.2016, <https://www.mfa.gov.cn/web/zwbd_673032/ jghd_673046/t1381074.shtml> (Zugriff am 9.10.2021).

42

 »Falankefu qiaojie juxing zuotan biaoda heping tongyi xinsheng« [Frankfurter Auslandschinesen halten Konferenz ab und drücken ihren Wunsch nach friedlicher Wieder­vereinigung aus], Ouzhou Shibao, 25.1.2019, <http://mobile. oushinet.com/qj/qjnews/20190125/312187.html> (Zugriff am 9.10.2021).

43

 »Deguo qiaojie longzhong juban shi mingde dashi he furen liren zhaodaihui« [Deutsche Auslandschinesen ver­anstalten feierlich einen Empfang für Botschafter Shi Mingde und seine Frau anlässlich seines Dienstaustritts], in: Chinesische Handelszeitung, 29.3.2019, <huashangbao.com/德国华人/德国侨界隆重举办史明德大使和夫人离任招待会/> (Zugriff am 9.10.2021).

44

 Siehe Barabantseva, »Trans-nationalising Chineseness« [wie Fn. 5]; Pal Nyiri, Chinese in Eastern Europe and Russia. A Middleman Minority in a Transnational Era, New York 2007.

45

 Außenministerium der VR China, »Guowuyuan qiaoban daibiaotuan yu deguo beiweizhou huaqiaohuaren daibiao juxing zuotanhui« [Delegation des OCAO hält Konferenz mit auslandschinesischen Vertretern aus NRW ab], 3.2.2017, <https://www.mfa.gov.cn/web/wjdt_674879/zwbd_674895/t1435548.shtml> (Zugriff am 13.10.2021).

46

 »Deguo yaoqing beijingshi qiaolian daibiaotuan canguan« [Deutschland lädt ACFROC-Peking zu Besuch ein], tzjedu.com, 23.10.2017, <http://tzjedu.com/3g/ display.asp?id=2938> (Zugriff am 1.10.2021).

47

 ACFROC Jiangsu, »Suzhushi qiaolian jingke wenhua jiaoliutuan fangwen deguoxuxiangqingmou hezuo« [Kulturaustausch-Delegation der ACFROC aus der Stadt Suzhou besucht Deutschland, um über Zuneigung zum Heimatort zu reden und nach Kooperationsmöglichkeiten zu suchen], 13.12.2019, <http://www.jsql.cn/gdql/szql/hdly/201912/ t20191213_6441813.shtml> (Zugriff am 10.10.2021).

48

 »Zhonghua haiwai lianyihui fuhuizhang tan tianxing fangwen deguo yu qiaobao zuotan« [Tan Xianxing, Vize­vorsitzender der China Overseas Friendship Association besucht Deutschland und diskutiert mit Landsleuten], Zhongguo Qiaowang, 1.11.2018, <http://www.chinaqw.com/ zhwh/2018/11-01/207043.shtml> (Zugriff am 13.10.2021).

49

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, 15.6.2016 [wie Fn. 16].

50

 China Council for the Promotion of Peaceful National Reunification (CCPPNR), »Guizhou tongcuhio jiedai fu qian canfang de deguo, hanguo, mosangbike deng haiwao tongcuhui renshi« [CCPPNR aus Guizhiu empfängt CCPPNR-Mitglieder aus Deutschland, Korea und Mosambik], 12.6.2019, <http://www.zhongguotongcuhui.org.cn/ hnwtchdt/201906/t20190612_12173289.html> (Zugriff am 10.10.2021).

51

 »Deguo qingtian tongxianghui mingyu huizhang zheng guangmin liexi quanguo zhengxie huiyi« [Zheng Guangmin, Ehrenvorsitzender des Vereins der Qingtian-Chinesen in Deutschland, nimmt als nicht-stimmberechtigtes Mitglied an der PKKCV teil], Ouhua Lianhe Shibao, 2.3.2019, <http://www.ouhuatimes.cn/m/view.php?aid=2786> (Zugriff am 10.10.2021).

52

 »Deguo huaqiao cheze meiguo cubao ganshe zhongguo neizheng« [Deutsche Auslandschinesen kritisieren USA wegen rüder Einmischung in interne Angelegenheiten Chinas scharf], Sohu, 25.11.2019, <https://www.sohu.com/a/ 355837641_162758> (Zugriff am 10.10.2021).

53

 Der Deutsche Zhejiang Unternehmen Verein, Wangqi huodong baogao yilan [Allgemeiner Überblick über vergangene Aktivitäten], 2019, <www.dzu-ev.de/wp-content/uploads/ 2019/12/往期活动报道一览2019.pdf> (Zugriff am 13.10.2021).

54

 »Bafaliya qiaoling shouyao canjia shijie huaoqiaohuaren gongshang dahui« [Auslandschinesische Führer aus Bayern nehmen Einladung zur Konferenz der chinesischen Geschäfts­leute in Übersee an], Haiwaiwang, 16.6.2017, <http://de.haiwainet.cn/n/2017/0616/c457022-30971158.html?nojump=1> (Zugriff am 10.10.2021).

55

 »20 guo huaqiaohuaren shetuan fuzeren jujiao xinjiang« [Verantwortliche auslandschinesische Verbände aus 20 Ländern fokussieren sich auf Xinjiang], China News, 28.9.2021, <http://www.chinanews.com/gn/2021/09-28/9575890.shtml> (Zugriff am 13.10.2021).

56

 »Xi Jinping: shi xiuxue renyuan huiguo you yong wu zhi di« [Xi Jinping: Dafür sorgen, dass heimkehrende Studierende reichlich Spielraum für ihre Fähigkeiten erhalten], Xinhua, 21.10.2013, <www.xinhuanet.com/politics/2013-10/21/c_117808372.htm> (Zugriff am 26.8.2018).

57

 An Baijie, »Overseas Chinese Can Help Build Belt, Road«, China Daily, 13.6.2017, <www.chinadaily.com.cn/china/2017-06/13/content_29719481.htm> (Zugriff am 1.9.2021).

58

 OCAO, Qiaowu gongzuo [wie Fn. 11], S. 108.

59

 »China Will Intensify Efforts to Encourage Return of Overseas Talent«, Xinhua, 4.4.2018, <www.xinhuanet.com/ english/2018-04/04/c_137088728.htm> (Zugriff am 11.10.2021).

60

 Qiu Jin (Hg.), Blue Book of Overseas Chinese. Annual Report on Overseas Chinese Study, Beijing: Shehui Kexue Wenxian Chubanshe, 2011, S. 342.

61

 »Hanwei nanhai zhuquan zuotanhui« [wie Fn. 41].

62

 »Zhonghua haiwai lianyihui yu falankefu qiaojie juxing fan du cu tong gongyuan zhongguomeng zuotanhui« [Die China Overseas Friendship Association hält mit Auslands­chinesen in Frankfurt eine Konferenz zum Kampf gegen Separatismus, zur Förderung der Einheit sowie zur gemeinsamen Verwirklichung des chinesischen Traums ab], Sohu, 7.12.2017, <https://www.sohu.com/a/209074062_542480> (Zugriff am 12.10.2021).

63

 »Di shi jie shijie huawen meiti luntan jingwai jiabin renyuan mingdan« [Teilnehmerliste ausländischer Gäste auf dem Weltforum chinesischsprachiger Medien], Sohu, 10.10.2019, <www.sohu.com/a/345976856_123753> (Zugriff am 13.10.2021).

64

 »Xinmin wanbao chuangkan 90 zhounian ji haiwai meiti hezuo zuotanhui lundun juxing« [Konferenz in London zum 90. Gründungsjubiläum der Xinmin Wanbao und zur Diskussion mit auslandschinesischen Medien abgehalten], Ouzhou Shibao, 13.12.2019, S. 5.

65

 Generalkonsulat der VR China in Düsseldorf, Ouzhou shibao shezhang zhang xiaobei baihui zhu dusai zonglingshi [Zhang Xiaobei, Chefredakteur der Nouvelles d’Europe, besucht Generalkonsulat in Düsseldorf], 30.3.2015, <http://dusseldorf.china-consulate.org/chn/xwdt/t1319886. htm> (Zugriff am 13.10.2021).

66

 Didi Kirsten Tatlow, »Das chinesische Streben nach Einfluss: verdeckt und vor aller Augen«, Zentrum Liberale Moderne, 20.12.2019, <https://libmod.de/tatlow-china-einheitsfront-einfluss-europa> (Zugriff am 9.10.2021).

67

 Peter Burghardt/Lea Deuber, »Warum Hongkonger in Hamburg Angst vor dem Protestieren haben«, in: Süddeutsche Zeitung, 30.8.2019, <www.sueddeutsche.de/politik/hongkong-hamburg-protest-1.4580538?reduced=true> (Zugriff am 10.8.2020).

68

 »Chinese Student Jailed over Cartoon Dig at Leaders in Tweets Posted in US«, in: South China Morning Post, 23.1.2020, <https://www.scmp.com/news/china/society/article/3047379/chinese-student-jailed-over-cartoon-dig-leaders-tweets-posted-us> (Zugriff am 14.10.2021).

69

 Jin Chongji, Ershi shiji zhongguo shigang, di si juan [Abriss zur Geschichte Chinas im 20. Jahrhundert, Band 4], Beijing: Shehui kexue wenxian chubanshe, 2009, S. 1168f.

70

 Carsten Schäfer, »Chinas kostbarste Ressource? Die chine­sische Diasporapolitik und die Rolle der Auslands­chinesen im Reformprozess«, in: Felix Wemheuer (Hg.), Jahrbuch für Historische Kommunismusforschung, Berlin 2020, S. 71–88.

71

 »Personal Remittances, Received (Current US$) – China«, The World Bank Data, 2020, <https://data.worldbank.org/ indicator/BX.TRF.PWKR.CD.DT?locations=CN> (Zugriff am 1.6.2022).

72

 Schäfer, »Chinas kostbarste Ressource« [wie Fn. 70], S. 80.

73

 Ten Features and Trends of World Chinese Entrepreneurs, Beijing: Center for China and Globalization, November 2017 (Special Report 11), <http://en.ccg.org.cn/wp-content/uploads/ 2017/11/Ten-Features-and-Trends-of-World-Chinese-Entrepreneurs.pdf> (Zugriff am 10.10.2021).

74

 »Zhongde shenru hezuo« [Vertiefung der deutsch-chine­sischen Beziehungen], Sohu, 30.3.2018, <www.sohu.com/ a/226623187_487708> (Zugriff am 1.6.2022).

75

 Website des Chinesischen Vereins für wirtschaftliche und kulturelle Kommunikation, <https://dcwkv.de/ueber-uns/> (Zugriff am 1.6.2022).

76

 Die Gesamtzahl deutsch-chinesischer Städtepartnerschaf­ten beläuft sich laut einer Studie der Servicestelle Kommunen im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf 132. Für mindestens 60 Prozent der beteiligten deutschen Gemeinden ist dabei das Engagement zivilgesellschaftlicher Verbände ein wesentlicher Faktor bei der Ausgestaltung von Partnerschaften. In der Hälfte der in der Studie genannten Verbände sind Deut­sche und Chinastämmige vertreten, siehe Anja Goette/ Qianlan Gao, Deutsch-chinesische Kommunalbeziehungen, Bonn: Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW), 2018 (Digital Global 19/2018), S. 10 und S. 42.

77

 Website des Chinesischen Vereins für wirtschaftliche und kulturelle Kommunikation [wie Fn. 75].

78

 Deguo Zhejiang Zongshanghui. Wangqi huodongbaogao [Deutscher Zhejiang Unternehmen Verein. Bericht über zurückliegende Aktivitäten], 2018, S. 8.

79

Ministry of Education, Brief Report on Chinese Overseas Students and International Students in China 2017, 1.4.2018, <http://en.moe.gov.cn/documents/reports/201901/t20190115_367019.html> (Zugriff am 1.6.2022).

80

 »›Brain-Gain‹ statt Brain-Drain: China erlebt größte Heim­kehrerwelle seit Jahren«, Beijing Rundschau, 24.2.2017, <http://german.beijingreview.com.cn/China/201702/t20170224_800088253.html> (Zugriff am 9.10.2021).

81

 Qiu (Hg.), Blue Book [wie Fn. 60].

82

 Ebd., S. 81.

83

 Report on Development [wie Fn. 15].

84

 Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), Ausländische Studierende in Deutschland: Anzahl & Entwicklung, 2020, <https://www.daad.de/de/der-daad/was-wir-tun/zahlen-und-fakten/mobilitaet-auslaendischer-studierender/> (Zugriff am 13.10.2021).

85

 »Zhongguo liuxuesheng biye weihe daduoshu likai deguo« [Warum verlassen die meisten chinesischen Austauschstudierenden nach ihrem Studium Deutschland], Haiwaiwang, 8.9.2018, <https://baijiahao.baidu.com/s?id= 1611083026471322158&wfr=spider&for=pc> (Zugriff am 13.10.2021).

86

 Volksregierung der VR China, Zhongguo zhude dashiguan xiang youxiu zifei liuxuesheng banfa jiangxuejin [Chinesische Bot­schaft in Deutschland vergibt Stipendien an herausragende, selbstzahlende Auslandsstudierende], 6.5.2019, <https://china.gov.cn.admin.kyber.vip/xinwen/2019-05/06/content_5389022.htm> (Zugriff am 14.10.2021).

87

 »Deguo qiaoling yixing dao fang fuzhou changle lianyi« [Eine Gruppe auslandschinesischer Führer aus Deutschland reist nach Changle in Fuzhou], in: Zhongguo Qiaowang, 8.5.2019, <http://www.chinaqw.com/qx/2019/05-08/222224.shtml> (Zugriff am 10.10.2021).

88

 Bundesministerium des Innern und für Heimat, Verfassungsschutzbericht 2021, Berlin 2022, S. 285f.

89

 Tatlow, »Das chinesische Streben nach Einfluss« [wie Fn. 66).

90

 Wang Qi, »Overseas Chinese Rally against Hong Kong Secessionists and Violence«, in: Global Times, 18.8.2019, <https://www.globaltimes.cn/content/1161827.shtml> (Zugriff am 13.10.2021).

91

»Zhonghua haiwai lianyihui« [wie Fn. 62].

92

 Website des Neuen Verbands von Auslandschinesen und auslandschinesischen Geschäftsleuten in Deutschland, »Aiguo huwang heping jihui« [Patriotisch Hongkong schützen, friedliche Versammlung], 20.8.2019, <www.chineseunion.de/爱国护港-和平集会/> (Zugriff am 13.10.2021).

93

 »Bolin huaren youxing kangyi dewaizhang yu luangangfenzi jianmian« [Auslandschinesen in Berlin demonstrieren gegen das Treffen des deutschen Außenministers mit Un­ruhestifter aus Hongkong], in: CCTV, 14.9.2019, <http://m.news.cctv.com/2019/09/14/ARTIPjqIcpXEJJxEuIlmBVP2190914.shtml> (Zugriff am 13.10.2021).

94

»Deguo huaqiao cheze meiguo« [wie Fn. 52].

95

 Almén, Beijing’s Extraterritorial Authoritarian Rule [wie Fn. 8], S. 38.

96

 Ilse Romahn, »KAV-Mitglied Ming Yang in Präsidium des Senate of Economy Europe gewählt«, Frankfurt Live, 13.11.2020, <https://www.frankfurt-live.com/kav-mitglied-ming-yang-in-pr-aumlsidium-des-senate-of-economy-europe-gew-aumlhlt-126731.html> (Zugriff am 9.10.2021).

97

 »Rongru deguo zhuliu shehui, jianghao zhongguo gushi« [In die deutsche Mehrheitsgesellschaft integrieren, Geschichten über China gut erzählen], NetEase, 2.3.2019, <https://www.163.com/dy/article/E99J1OS6054650GV.html> (Zugriff am 10.8.2021).

98

 »Rongru deguo zhuliu shehui, jianghao zhongguo gushi« [In die deutsche Mehrheitsgesellschaft integrieren, Geschichten über China gut erzählen], in: Renmin Ribao, 2.3.2019, <http://lianghui.people.com.cn/2019cppcc/n1/2019/ 0302/c425500-30953887.html> (Zugriff am 10.8.2021).

99

»Yi qiao jia qiao. Xi Jinping zheyang tan qiaowu gongzuo« [Mit den Auslandschinesen eine Brücke bauen. Xi Jin­pings Beiträge zur Diasporapolitik], CCTV, 29.5.2019, <news.cctv.com/2019/05/29/ARTI9uVgvrYLub6XLtIXWiW8190529.shtml> (Zugriff vom 15.6.2022).

100

 To, »Beijing’s Policies« [wie Fn. 5], S. 220.

101

 Dazu gehören Vereine wie die Deutsch-Chinesische Gesellschaft Braunschweig (http://www.dcgbs.de/); diese Information verdanke ich Andrea Frenzel.

102

 Huang, Zhongguo ruanshili [wie Fn. 21], S. 191.

103

 Statistisches Bundesamt, Ergebnis 12521-0002, 31.12.2021, <www-genesis.destatis.de/genesis/online? operation=ergebnistabelleUmfang&levelindex= 2&levelid=1660897821052&downloadname=12521-0002#abreadcrumb> (Zugriff vom 19.8.2022).

104

 Website des Weltkongresses der Uiguren, <www.uyghurcongress.org/de/> (Zugriff vom 15.6.2022).

105

 Burghardt/Deuber »Warum Hongkonger in Hamburg Angst vor dem Protestieren haben« [wie Fn. 67].

106

 Gespräch mit Didi Kirsten Tatlow, September 2021.

107

 »Jianshe hexie qiaotuan shi shixian hexie qiaoshe de guanlian« [Der Aufbau harmonischer auslandschinesischer Organisationen ist der Schlüssel für den Aufbau harmonischer auslandschinesischer Communities], Overseas Chinese Affairs Studies (online), (2008) 3, <http://qwgzyj.gqb.gov.cn/ bqch/142/1151.shtml> (Zugriff am 15.6.2022).

108

 »Qiaotuan guanli ruhe zouxiang guifan« [Wie die Verwaltung auslandschinesischer Verbände normiert werden kann], in: Renmin Ribao, 12.6.2017, <www.chinaql.org/n1/2018/0802/c419650-30201039.html> (Zugriff am 15.6.2022).

109

 Edgar Wickberg, »Global Chinese Migrants and Performing Chineseness«, in: Journal of Chinese Overseas, (2017) 3/2, S. 177–193.

110

 »Lüde huaqiaohuaren ji shetuan daibiao dui dangqian xianggang shitai fabiao lianhe shengming« [Auslandschine­sen und Verbandsvertreter in Deutschland veröffentlichen gemeinsame Erklärung zur gegenwärtigen Lage in Hong­kong], hinabian.com, 20.8.2019, <www.hinabian.com/theme/ detail/7975525573810783900.html> (Zugriff am 13.10.2021).

111

 Das Internetforum ist inzwischen offline; für weitere Informationen zu den Ereignissen im April 2008 siehe Carsten Schäfer, »Mobilität als zweischneidiges Schwert: Die chinesische Diasporapolitik und die Auslandschinesen«, in: Sigrun Abels et al. (Hg.), Jahrbuch der Deutschen Vereinigung für Chinastudien 15, Wiesbaden 2021, S. 188–191.

112

 Ebd., S. 191f.

113

 Elena Barabantseva/Tao Wang, »Diaspora Policies, Con­sular Services and Social Protection for Chinese Citizens Abroad«, in: Migration and Social Protection in Europe and Beyond, 3 (2020), S. 93–108 (95).

114

 Alan Gamlen, Diaspora Engagement Policies: What Are They, and What Kinds of States Use Them?, Oxford: University of Oxford, Centre on Migration, Policy and Society, 2006 (Policy and Society, Working Paper 06/32), S. 13 (»extracting obligations without extending rights«).

115

Ebd., S. 13 und 19 (»I argue that if [states fail to extend civil and social rights to their diasporas] and expect to lever­age shared national identity in order to get something for nothing from emigrants, they are playing against the odds […] The strength of states’ claims to legitimately extract benefits from ›their‹ diasporas arguably flows from their reciprocal provision of benefits«.)

116

 Zugleich ist diese Auslegung von Zugehörigkeit keines­wegs ein chinesisches Spezifikum. Siehe dazu Rogers Brubaker/Jaeeun Kim, »Transborder Membership Politics in Germany and Korea«, in: European Journal of Sociology, 52 (2011), S. 21–75.

117

 Fachkommission Integrationsfähigkeit, Gemeinsam die Einwanderungsgesellschaft gestalten. Bericht der Fachkommission der Bundesregierung zu den Rahmenbedingungen der Integrations­fähig­keit, Berlin 2021, <www.fachkommission-integrationsfähigkeit.de/resource/blob/1786706/1787474/fb4dee12f1f2ea5ce3e68517f7554b7f/bericht-de-data.pdf?download=1> (Zugriff am 14.10.2021).

118

 Ebd., S. 192.

119

 »Außenpolitik strategisch kommunizieren – Werte und Interessen gezielter vermitteln«, Auswärtiges Amt, 25.5.2018, <www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/ themen/-/2089138> (Zugriff am 15.6.2022).

120

 Joske, The Party Speaks for You [wie Fn. 7].

121

 Siehe zum Beispiel Wolfgang Hirn, »Die fünfte Kolonne«, in: Manager Magazin, 16.2.2012, <https://www.manager-magazin.de/politik/die-fuenfte-kolonne-a-48e70497-0002-0001-0000-000084027430> (Zugriff am 10.8.2020).

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