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Kenia und Simbabwe: Machtteilung kein Garant für erfolgreiche Wahlen

Die Wahlen in Kenia sind nach einer Phase der Machtteilung weitgehend positiv verlaufen. In Simbabwe ist ein solcher Erfolg nicht zu erwarten. Denn Machtteilung ist kein Selbstläufer, meint Judith Vorrath.

Kurz gesagt, 18.04.2013 Research Areas

Die Wahlen in Kenia sind nach einer Phase der Machtteilung weitgehend positiv verlaufen. In Simbabwe ist ein solcher Erfolg nicht zu erwarten. Denn Machtteilung ist kein Selbstläufer, meint Judith Vorrath.

Mit der Amtseinführung von Uhuru Kenyatta, dem Sieger der kenianischen Wahlen, endet für Kenia eine Phase des Übergangs. Beim letzten Urnengang 2007 war es zu groben Unregelmäßigkeiten und verheerenden Gewaltausbrüchen gekommen. Gemessen daran können die jüngsten Wahlen trotz der verbleibenden großen Herausforderungen überwiegend als Erfolg gewertet werden. Die 2008 vereinbarte Machtteilung in einer Regierung, in der die Hauptkontrahenten der Krise vertreten waren, bildete eine gute Grundlage für diesen Erfolg. In Simbabwe existiert eine ähnliche Konstruktion. Dennoch sind die Aussichten auf einen friedlichen und glaubwürdigen Verlauf der für Juli geplanten Wahlen dort gering.

Wozu Machtteilung?

Das Instrument der Machtteilung wird häufig eingesetzt, um bewaffnete Konflikte oder politische Krisen im Zuge von Wahlen zu beenden. In ausgehandelten Abkommen wird dabei in der Regel auch der Grundstein für einen politischen Übergangsprozess hin zu neuen Wahlen gelegt. Neben einer zeitweiligen Befriedung können solche Arrangements damit zumindest wichtige Reformen anstoßen. Gleichzeitig aber sind auch Nachteile mit der Machtteilung verbunden. Erstens kann sie demokratische Prozesse mittel- und langfristig unterminieren. Die Verteilung von Macht und Posten wird in einem kleinen Kreis von Eliten ausgehandelt - meist gerade von denjenigen, die eine Konfrontation heraufbeschworen haben. Dies kann dazu  anregen, dass Akteure bei den nächsten Wahlen wieder zu unlauteren Mitteln greifen, um sich auf dem Verhandlungsweg an der Macht zu halten. Zweitens wird ein Konflikt durch Machtteilung selten wirklich gelöst, sondern eher konserviert. Die Hauptkontrahenten und -lager bleiben in der Regel dieselben, auch wenn sie sich einander annähern. Bei neuen Wahlen brechen die alten Konflikte leicht wieder auf.

Bedingungen für den Erfolg in Kenia

Auf das im März 2008 ausgehandelte Abkommen folgten in Kenia weitreichende Reformen. Die Justiz ist unabhängiger geworden und die Macht des Präsidenten eingeschränkt - unter anderem durch die Schaffung dezentraler Regierungsstrukturen mit  47 neuen Regierungsbezirken ("counties"). Neben einer Reform des Wahlverfahrens wurde eine neue, unabhängige Wahlkommission eingesetzt, die Umfragen zufolge das Vertrauen einer sehr großen Mehrheit der Kenianer genießt. Auch deshalb konnten kritische Aspekte der Wahlen wie die massiven technischen Probleme bei der Datenübertragung, der sehr knappe Sieg Kenyattas oder der abgewiesene Einspruch des unterlegenen Raila Odinga vor dem Obersten Gerichtshof den friedlichen Ablauf nicht grundlegend gefährden. Darüber hinaus trug das Engagement zivilgesellschaftlicher Gruppen zur Prävention neuer Gewalt bei. Die blutigen Ereignisse von 2007/2008 wurden von der Waki-Kommission zumindest untersucht und Namen möglicher Verantwortlicher identifiziert - wenn auch nicht veröffentlicht.

Politiker wie Medien hielten sich so mit Hassreden zurück und richteten Friedensappelle an die Wählerinnen und Wähler, wozu wohl auch die große internationale Aufmerksamkeit beigetragen hat. Insgesamt bestand in Kenia der politische Spielraum für eine ausgewogene Teilung der Macht in der Zentralregierung und eine relativ offene Debatte.

Noch wichtiger aber war ein weiterer Faktor. Die Akteurskonstellation in Kenia hat sich an zwei zentralen Punkten verändert. Erstens konnte Präsident Mwai Kibaki, dessen äußerst umstrittener Wahlsieg 2007 die Krise ausgelöst hatte, wegen der Begrenzung auf zwei Amtszeiten nicht mehr antreten. Zwar hat er weiterhin Einfluss auf die kenianische Politik, doch er dominierte keines der zur Wahl stehenden Lager. Zweitens ist eine neue Allianz zwischen den ehemaligen Kontrahenten Kenyatta und Ruto entstanden, die ihre Anklage vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) zur gemeinsamen Mobilisierung von Wählern nutzten. Das Bündnis erhöhte nicht nur die Chancen auf einen Wahlsieg Kenyattas, sondern band mit den Kikuyu und Kalenjin diejenigen ethnischen Gruppen zusammen, zwischen denen 2007/2008 im Rift Valley die stärkste Gewalt ausgebrochen war. Dies trug vermutlich dazu bei, dass sich die Konfrontationen von damals nicht wiederholten.

Grund zur Sorge in Simbabwe

In Simbabwe dagegen hat sich trotz der Machtteilung keine gute Ausgangslage für die kommenden Wahlen entwickelt. Reformen haben nur sehr eingeschränkt stattgefunden. Wichtige Felder wie die Dezentralisierung und die Einschränkung der präsidentiellen Macht wurden in der neuen Verfassung weitgehend ausgespart. Vor allem konnte Amtsinhaber Mugabe seinen Zugriff auf die Sicherheitskräfte, den Justizsektor und die staatlichen Medien trotz der Machteilung wahren. Sein Hauptkontrahent Morgan Tsvangirai ist als Premierminister weitgehend zum Juniorpartner degradiert. Mugabe konnte so die Repression gegen Oppositionspolitiker, Journalisten und Aktivisten fortsetzen. Durch die Militarisierung der Politik gibt es kaum Raum für gesellschaftliche Kräfte und Initiativen, die einem Szenario wie 2008 entgegenwirken könnten. Damals hatten fragwürdige Präsidentschaftswahlen mit massiver staatlicher Repression in eine politische Sackgasse geführt. Zudem ist auch der externe Druck abgeflacht, nicht zuletzt mit der Aussetzung von Sanktionen durch die EU in Reaktion auf die Verabschiedung der neuen Verfassung.

Auch die politische Konstellation hat sich wenig verändert. Nach jetzigem Stand treten im Sommer die gleichen Protagonisten an wie bei den letzten Wahlen. Die Fronten zwischen der langjährigen Regierungspartei ZANU-PF und der MDC von Premier Tsvangirai sind weiter verhärtet, die politische Atmosphäre ist vergiftet. Ansätze für relevante neue Allianzen sind nicht erkennbar. So steht kaum zu erwarten, dass die kommenden Wahlen viel zur Lösung der massiven Probleme Simbabwes beitragen werden.

Am Beispiel Kenias und Simbabwes zeigt sich, dass Machtteilung einen Prozess hin zu friedlichen und glaubwürdigen Wahlen anstoßen kann, jedoch kein Selbstläufer ist. Vielmehr kommt es auf den Spielraum für Reformen und das Engagement politischer und gesellschaftlicher Gruppen an. Diese Rahmenbedingungen können negative Effekte der Machtteilung ausgleichen und neue politische Konstellationen ermöglichen.