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Institutionelle Herausforderungen

Die GASP der EU-27 erweist sich bislang insgesamt nur als sehr eingeschränkt handlungsfähig. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Einstimmigkeitserfordernis nach Art. 31. Abs. 1 EUV im Europäischen Rat und im Rat der EU. Zwar ist eine konstruktive Enthaltung möglich. Sie wurde bis dato aber nur einmal angewendet, als sich Zypern im Jahr 2008 bei der Abstimmung im Rat über eine EU-Zivilmission für Kosovo enthielt. Die mangelnde Bereitschaft, sich im Interesse einheitlichen Handelns konstruktiv zu enthalten, geht auf nationalstaatliche Vorbehalte zurück. Diese erlauben es der EU kaum, auf Fragen der globalen Ordnung im Sinne europäischer Interessen und Ziele Einfluss zu nehmen. Bewähren muss sich die strategische Handlungsfähigkeit der EU vor allem in der Krisendiplomatie und im Krisenmanagement in der südlichen und östlichen Nachbarschaft der EU – also im östlichen Mittelmeer, in Libyen, Syrien, in der Ukraine (Minsk-Prozess) und in Belarus.

Die Diskussion um die Reform der GASP bewegt sich zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite gibt es die Idee, die Außen- und Sicherheitspolitik aus den EU-Strukturen herauszulösen und damit den Regierungen der Mitgliedstaaten wieder mehr Gestaltungsspielraum zu geben. Auf der anderen Seite finden sich Bestrebungen, die GASP zu vergemeinschaften; damit würden Vorhaben von der Kommission initiiert und von Rat und Parlament mit qualifizierter Mehrheit entschieden. Ein Mittelweg wäre, qualifizierte Entscheidungen im Europäischen Rat zuzulassen; Kommission und Parlament blieben außen vor. Andere Stimmen fordern, stärker auf Minilateralismen zu setzen bzw. Maßnahmen ad hoc in jeweils unterschiedlichen Interessenkoalitionen oder über einen permanenten Europäischen Sicherheitsrat auf den Weg zu bringen. Die Reform der GASP wird ein wichtiges Thema der von Kommission und Europäischem Parlament initiierten Zukunftskonferenz der EU sein, die bis 2022 Ergebnisse vorlegen soll.

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