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Zivil-militärische Aufstandsbekämpfung

Analyse und Kritik der Counterinsurgency-Doktrin

SWP-Studie 2011/S 02, 26.01.2011, 20 Seiten Forschungsgebiete

Über die Nato und über die International Security Assistance Force (ISAF) in Afghanistan ist Deutschland strategisch und operativ in die Umsetzung der Doktrin integrierter zivil-militärischer Aufstandsbekämpfung (COIN) eingebunden. COIN ist mehr als eine Militärdoktrin; sie versteht sich als ein umfassendes Konzept für den Einsatz militärischer, politischer, wirtschaftlicher und propagandistischer Mittel in einem asymmetrischen kriegerischen Konflikt, in dem Regierung und Aufständische um die Kontrolle über die Bevölkerung konkurrieren. In der Studie wird die idealtypisch rekonstruierte COIN-Doktrin im Hinblick auf die Plausibilität der ihr zugrundeliegenden Annahmen und die sie stützende Evidenz analysiert und bewertet. Es geht dabei nicht darum, zu beurteilen, inwieweit die Doktrin gegenwärtig in Afghanistan umgesetzt wird. Beabsichtigt ist auch nicht, konkrete politische Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Vielmehr soll durch eine Konzept-Evaluation eine überfällige breitere Debatte über die COIN-Doktrin in Deutschland angestoßen werden. Scheitert der Ansatz in Afghanistan, so werden die Befürworter dies darauf zurückführen, dass der lange Atem, die politische Unterstützung und ein effektiver ziviler Beitrag fehlten. Vielfach wird es heißen: Die COIN-Doktrin sei an sich richtig, wurde bislang aber nirgendwo wirklich umgesetzt. Doch - und das ist die Kernthese dieser Arbeit - die Doktrin selbst ist problematisch. Sicher sind manche Elemente auf operativer und taktischer Ebene zweckmäßig; das erklärt ihre Attraktivität für militärische Organisationen und die Tendenz, die COIN-Doktrin zu dogmatisieren. Als eine die Komplexität reduzierende »Theorie« hat sie indes fundamentale Schwachpunkte.