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Reformfatigue in Japan

SWP-Studie 2007/S 32, 15.12.2007, 23 Seiten Forschungsgebiete

Nach sechs Jahren Reformpolitik unter den Premierministern Koizumi und Abe steht Japan vor einer gemischten Bilanz. Auf der Habenseite ist zu verbuchen, dass die quälend lange Phase konjunktureller Stagnation der verlorenen Dekade nachhaltig überwunden ist. Bürokratieabbau, Deregulierung, Dezentralisierung und zahlreiche Reformen haben den Staat schlanker, die Volkswirtschaft robuster und effizienter werden lassen. Diese Erfolge können indes nicht die fortbestehenden fundamentalen Schwächen Japans verdecken: Der binnenorientierte Teil der japanischen Volkswirtschaft ist im Gegensatz zum internationalen Teil von geringer Dynamik und Produktivität geprägt. Die Staatsverschuldung bleibt exorbitant hoch. Die ungünstige demographische Struktur der japanischen Gesellschaft lässt starke Belastungen der Sozialsysteme erwarten. Zudem steht der konjunkturelle Aufschwung auf tönernen Füßen. Angesichts dieser Probleme wird Japan weitere schmerzhafte Reformen nicht vermeiden können. Im derzeitigen politischen Umfeld haben sich die Aussichten dafür aber stark eingetrübt. Die Niederlage der Regierungspartei LDP bei den jüngsten Wahlen zum Oberhaus, der zweiten Kammer im japanischen Parlament, wird als Absage an den laufenden Reformprozess gewertet. Strukturreformen sind weithin diskreditiert, weil die ländlichen Regionen weniger durch Bauaufträge und Agrarsubventionen alimentiert werden und Japans Gesellschaft ein zunehmendes soziales Ungleichgewicht aufweist. Japan wird die Verschiebung von Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung teuer zu stehen kommen. Bei niedrigerem Wirtschaftswachstum und ergo abnehmendem ökonomischen Verteilungsspielraum werden die makroökonomischen Voraussetzungen für Japan sehr viel ungünstiger sein, den Herausforderungen von demographischem Wandel und Globalisierung wirkungsvoll zu begegnen.